Hendrik Lehnert – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Thu, 05 May 2016 21:06:17 +0000 de-DE hourly 1 Reden, die nicht enden wollen https://www.studentenpack.de/index.php/2016/05/reden-die-nicht-enden-wollen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2016/05/reden-die-nicht-enden-wollen/#respond Thu, 05 May 2016 21:05:41 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=234580
Präsident Lehnert eröffnet die VeranstaltungLukas Ruge | StudentenPACK.

Präsident Lehnert eröffnet die Veranstaltung

„Es waren sehr spannende und ich denke auch für die Universität extrem wichtige und zukunftsweisende erste 16 Monate […] der ersten Phase der Stiftungsuniversität“, beginnt Unipräsident Prof. Hendrik Lehnert seine Eröffnung des Jahresempfangs der Universität zu Lübeck. Mit Cervantes setzt Lehnert zudem das ironische Motto der Veranstaltung fest: „Fasse dich kurz, denn Reden, die nicht enden wollen, gefallen nicht.“

Die Eröffnungsrede endet nach 20 Minuten, ihr war bereits das Grußwort des Staatssekretärs Fischer (SPD) vorangegangen, vor dem wiederum Lehnert kurz gegrüßt hatte. Nach 47 Minuten wurden die letzten zwölf Monate ausführlich beschrieben und die Veranstaltung ist erfolgreich eröffnet.

Der Abend geht über zu den Preisverleihungen. Der erste Preis, der mit 1000 Euro dotierte Preis für besonderes studentisches Engagement, geht in diesem Jahr an die Redaktion dieser Zeitung, welche vertreten durch sieben Redakteure die Urkunde entgegennimmt. Prof. Till Tantau hält die Laudatio und hebt dabei insbesondere den Wert von freiwilligem Engagement hervor. „Lobt die Uni weiter, kritisiert die Uni weiter“ gibt Tantau den Preisträgern mit auf den Weg.

Auch etwas zurückgegeben: Die Redaktion übergibt Präsident Lehnert sein Portrait.Lukas Ruge | StudentenPACK.

Auch etwas zurückgegeben: Die Redaktion übergibt Präsident Lehnert sein Portrait.

Annika Munko hält für das StudentenPACK eine kurze Dankesrede. Bevor die Redaktion die Bühne verlässt übergibt sie Präsident Lehnert das Porträt von ihm, welches sie für die Januar-Ausgabe angefertigt hatte. Das Protokoll vermerkt Heiterkeit.

Nach dem studentischen Preis wird erstmalig der „Thomas-Fredenhagen-Preis“ verliehen, welcher kurz von Michael Weiß von der Kaufmannschaft Lübecks erklärt wird. Mit 10.000 Euro hochdotiert wird der Preis für besondere Erfolge im Transfer von Forschungsergebnissen zu wirtschaftlicher Leistung ausgelobt. Vier Forscherteams sind nominiert, erst hier auf der Veranstaltung soll verraten werden, an wen der Preis geht.

Die Benennung nach einem wenig bekannten Kaufmann aus dem 17. Jahrhundert mag den geneigten Hörer an die Umbenennungsdiskussion der Universität erinnert haben, bei welcher ein anderer Name eines Lübeckers aus dem 17. Jahrhundert wegen Unbekanntheit als unbrauchbar abgetan wurde.

Die Laudatio, oder vielmehr was die Laudatio sein sollte, hält Prof. Thorsten Buzug, welcher allerdings den Großteil seiner Redezeit mit allgemeinen Betrachtungen zum Technologietransfer und zur Notwendigkeit des wirtschaftlichen Denkens in der Forschung verbringt. Selbst als er selbst anmerkt, dass die Zeit zu knapp wird und er sich nun kurz fassen möchte, kommt er nicht sofort zu den vier nominierten Teams.

Prof. Dr. Alfred Vogel dankt in erster Linie seinen Miterfindern.Lukas Ruge | StudentenPACK.

Prof. Dr. Alfred Vogel dankt in erster Linie seinen Miterfindern.

Die erste Stunde der Verleihung ist vorbei als Buzug verkündet, dass der Thomas-Fredenhagen-Preis an das Team von Erfindern aus dem Institut für Biomedizinische Optik geht. Prof. Dr. Alfred Vogel scheint erst zu glauben, er müsse auf seine Rede verzichten, um den Verzug der Veranstaltung nicht noch zu erhöhen. Letztlich kann allerdings auch er noch eine Rede halten.

Wer bis hierhin durchgehalten hat, darf sich von großartiger Musik unterhalten lassen. Musikalisch untermalt die Band Yxalag den Abend mit schwungvollem Klezmer, zu dem man sich eigentlich bewegen müsste, was aber keiner tut. Das größtenteils Anzug tragende Publikum imitiert während des Stücks „Ershter Walz“ fünf Minuten lang Schaufensterpuppen, bevor das Programm seinen Lauf nimmt.

Yxalag bringen den Raum nicht zum Tanzen. Das ist aber nicht ihre schuld.Lukas Ruge | StudentenPACK.

Yxalag bringen den Raum nicht zum Tanzen. Das ist aber nicht ihre schuld.

Dietrich Herms hat beim gemeinnützigen Verein der „Alumni, Freunde und Förderer der Universität zu Lübeck“ neun Jahre lang ehrenamtlich die Bücher geführt. Er tat dies, so bemerkt Hendrik Lehnert in seiner Laudatio für den Mann, dem nun die Ehrennadel der Universität verliehen wird, so tadellos, dass es all die Jahre keine Beanstandung gegeben habe. Herms ist inzwischen zudem ehrenamtlicher Bürgermeister in seinem Heimatort geworden und legt sein Amt als Buchhalter nun nieder, Mitglied bei den Alumni bleibt er aber.

lange bei den "Alumni, Freunde und Förderer der Universität zu Lübeck": Dietrich Herms erhällt die EhrennadelLukas Ruge | StudentenPACK.

lange bei den “Alumni, Freunde und Förderer der Universität zu Lübeck”: Dietrich Herms erhällt die Ehrennadel

„Die Universität zu Lübeck verleiht Herr Dietrich Herms die Ehrennadel der Universität zu Lübeck in Würdigung seiner großen Verdienste um die Förderung der Universität zu Lübeck“, steht es auf der Urkunde, die Prof. Lehnert zusammen mit der Nadel übergibt. „Die stecke ich Ihnen aber nicht an“, scherzt Prof. Lehnert, „Ich weiß nicht ob ein Chirurg im Raum ist.“

Die Universität zu Lübeck verleiht Herr Gerd Rischau die Ehrenbürgerschaft der Universität zu Lübeck in Würdigung seiner herausragenden Verdienste um die Förderung der Universität zu Lübeck. Als Vorsitzender des Hochschulrates war er wichtiger und unverzichtbarer Ratgeber für die Universität. Er hat den Weg zur Stiftungsuniversität gestaltet und sich stets mit großem Engagement für die Verbundenheit von Stadt und Universität eingesetzt.Lukas Ruge | StudentenPACK.

Die Universität zu Lübeck verleiht Herr Gerd Rischau die Ehrenbürgerschaft der Universität zu Lübeck in Würdigung seiner herausragenden Verdienste um die Förderung der Universität zu Lübeck. Als Vorsitzender des Hochschulrates war er wichtiger und unverzichtbarer Ratgeber für die Universität. Er hat den Weg zur Stiftungsuniversität gestaltet und sich stets mit großem Engagement für die Verbundenheit von Stadt und Universität eingesetzt.

In die Reihen der Ehrenbürger der Universität reihen sich an diesem Abend zwei neue Bürger ein, Gerd Rischau und Renate Menken, beide gebürtige Lübecker. Die Laudatio für Rischau hält Dr. Helmuth Pfeifer, ebenfalls Ehrenbürger der Universität, der besonderen Einblick in das Leben des Gewürdigten hat, denn die beiden kennen sich seit Schulzeiten. „Gerd Rischau war für mich immer ein ehrenhafter Bürger“, sagt Pfeifer, „eigentlich ein Ehrenbürger aus sich selbst heraus.“ Rischau war 24 Jahre Finanzsenator Lübecks und hatte sich für das Laserzentrum an der Uni eingesetzt, dessen Aufsichtsratsvorsitzender er wurde. 2010 hat er mit der Uni gekämpft, war Vorsitzender des Hochschulrates von 2013 bis 2015 und Mitbegründer der inzwischen eingestellten International School of New Media.

Die Universität zu Lübeck verleiht Frau Renate Menken die Ehrenbürgerschaft der Universität zu Lübeck in Würdigung ihrer herausragenden Verdienste um die Förderung der Universität zu Lübeck. Als kluge Ratgeberin und tatkräftige Förderin ist sie der Universität seit vielen Jahren verbunden, sie hat mit ihrem großen Engagement die Vielfalt der Wissenschaft an der Universität zu Lübeck einer Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern bekannt gemacht.Lukas Ruge | StudentenPACK.

Die Universität zu Lübeck verleiht Frau Renate Menken die Ehrenbürgerschaft der Universität zu Lübeck in Würdigung ihrer herausragenden Verdienste um die Förderung der Universität zu Lübeck. Als kluge Ratgeberin und tatkräftige Förderin ist sie der Universität seit vielen Jahren verbunden, sie hat mit ihrem großen Engagement die Vielfalt der Wissenschaft an der Universität zu Lübeck einer Vielzahl von Bürgerinnen und Bürgern bekannt gemacht.

Die Laudatio für Renate Menken hält Björn Engholm, der ehemalige Ministerpräsident. Sie ist die erste Ehrenbürgerin, „eine sehr willkommene Erweiterung“. Menken hatte Pharmazie studiert und führte in Lübeck eine Apotheke. Allerdings hat sich Menken, und hier liegt die Begründung der Ehrenbürgerschft, ehrenamtlich und hauptamtlich dem Management der Possehl-Stiftung, welcher sie von 2009 bis 2015 vorsaß, verschrieben. In diesem Zusammenhang war sie unter anderem für die erhebliche finanzielle Unterstützung der Vorhaben der Studierenden im „Lübeck kämpft“-Sommer 2010 verantwortlich. Menken engagierte sich aber nicht nur für die Possehl-Stiftung, sondern setzte sich auch für den Studienfonds, die Schülerakademie und weitere Projekte ein. Zudem, so bemerkt Engholm, sei Menken für ihre oft trockenen, oft witzigen und manchmal scharfen Bemerkungen bekannt und bei einigen gefürchtet. Mutterwitz nennt er es, und er habe es meist eher genossen.

Ihre „Dankesrede“ halten Rischau und Menken gemeinsam, als Dialog. Der trockene Humor ihres Rückblicks ist ein Highlight des Abends.

Dankesrede als DialogLukas Ruge | StudentenPACK.

Dankesrede als Dialog

„Liebe Renate, wie lange kennen wir uns eigentlich schon?“

„Ach Gerd, ‘ne kleine Ewigkeit. Seit deiner Jugend und meiner Kindheit. Wir sind miteinander verwandt. So ist das hier in Lübeck, das ist so üblich. Aufgewachsen in einer aufregenden Zeit, als Lübeck um 100.000 Flüchtlinge gewachsen ist und stark wurde. Wir sind uns unzählige Male begegnet und haben trotzdem dabei nicht den Humor verloren. Aber warum fragst du mich das jetzt?“

„Weil ich mir nicht habe vorstellen können, dass wir, ich in meinem vorgerückten Alter, das hier gemeinsam erleben würden.“

„Das geht mir genauso, das mit dem vorgerückten Alter. Aber jetzt haben wir ja gehört, warum wir für würdig gehalten werden, Ehrenbürger unserer Universität zu sein, das Lob ist wie immer übertrieben. Ich bin dennoch tief gerührt über die Ehrung, freue mich darüber und bedanke mich sehr herzlich. Lieber Björn, ich bin auch dankbar und gerührt über das, was du über mich gesagt hast. Ich habe aber immer mit fremdem Geld tun dürfen, das ist ja das Einfachste von der Welt anderer Leute Geld auszugeben. Ich hab es allerdings mit großem Vergnügen getan. Und nun zu dir Gerd, du stehst ja so ein bisschen da wie ein begossener Pudel.“

„Das war jetzt kein Mutterwitz, das steht so in unserem Drehbuch drin. Aber im Ernst, stell dir vor Renate, auch ich bin mit etwas Muffensausen hierher gekommen und mit der Frage, was eigentlich so besonders an mir ist. Lieber Helmuth, einige Fragezeichen sind geblieben. Dennoch gebe ich zu, dass ich mich über diese Ehrung sehr, sehr freue. Deine Worte Helmuth, die Worte eines alten Freundes, die natürlich die Grenzen der Objektivität verlassen mussten, haben mich sehr bewegt. […] So, Renate, jetzt dürfen wir stolz sein!?“

„Du kennst mich doch, haste mich schomal stolz erlebt? Wenn unsere Eltern das noch erleben könnten: Unsere Väter wären stolz auf uns gewesen, und unsere Mütter hätten das alles geglaubt. Ich bin begeistert, total begeistert, aber stolz? Nein.“

„Und was hat dich in Verbindung mit unserer Universität mit Wissenschaft am meisten begeistert?“

„Ganz klar das riesige Engagement der vielen Studierenden, Lehrenden und der zig tausend Bürger Lübecks als es darum ging, 2010 die Universität nicht nur um ihrer selbst willen, sondern um der Stadt willen zu retten. Das war für mich eine besondere historische Leistung, die ich da beobachten durfte. Für mich war es ein besonders großes Erlebnis mit Helmuth, dir und vielen Anderen bei der Großdemo in Kiel unser Possehl-Stiftungs-Transparent hochhalten zu dürfen. Bei brütender Hitze. Ich habe um unser aller alter Leben gefürchtet.“

„Mich haben die gemeinsamen Anstrengungen von Universität und Hochschulen, von Politik und Wirtschaft, von Stiftungen und gemeinnützigen Vereinen begeistert, als es darum ging, Stadt der Wissenschaft zu werden. Die Initiative dazu kam aus dieser Universität, von dem damaligen Präsidenten Peter Dominiak zusammen mit der IHK Lübeck. Wir saßen alle in einem Boot, ein in dieser streitverliebten Stadt besonderes Erlebnis.“

„Das Wort ‚streitverliebt‘ löst bei mir ein sehr positives Echo aus. Bis an mein Lebensende werde ich gern streiten, wenn es sich zu streiten lohnt. Aber zurück zur Stadt der Wissenschaft. Mich begeistert, mit welcher Kreativität Universität und Hochschulen auch dank der Initiativen unseres Wissenschaftsmanagements aus ihren Mauern herausgegangen sind und Jugendliche und Kinder für Wissenschaft begeistert haben. […]“

„Wenn Kinder unsere Zukunft sind, kommt es darauf an im Zweifelsfall allen, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern, die Chance zu geben, an den Segnungen der Bildung teilzuhaben. Renate, du wirst hoffentlich einverstanden sein, wenn ich noch einmal eine Persönlichkeit aus dieser Universität nenne, einen Mann der uns mit seiner Initiative, seinem Engagement, und seinen Impulsen begeistert hat: Hans Arnold.“

„Weiß Gott. Sein Wirken war entscheidend dafür, dass wir mit ihm und anderen zusammen den Lübecker Bildungsfonds auf den Weg bringen konnten. In ihn zahlen acht Lübecker Stiftungen seit acht Jahren jährlich mehr als 1,5 Millionen Euro – ein in Deutschland bisher einzigartiges Modell. Wir können dankbar sein, dass wir immer wieder solche Wegbereiter in unserer Stadt haben und ich könnte stundenlang davon erzählen.“

„Aber bitte nicht heute Abend, guck auf die Uhr.“

Noch einmal spielt die Musik auf. Dann wieder Lehnert: „Wir kommen nun zur wichtigsten Auszeichnung, die die Universität zu Lübeck zu vergeben hat. Es geht um die Vergabe einer Ehrenpromotion und wir alle als Universitätsgemeinschaft freuen uns riesig, sind überaus stolz dir, lieber Peter, die Ehrendoktorwürde der Universität zu Lübeck, den Doktor h.c., verleihen zu dürfen.“

Lehnert: Ich habe immer gesagt, dazu stehe ich auch, wir sollen aufhören zu romantisieren. Das Jahr 2010 war 2010 und der Blick geht nach vorne.Lukas Ruge | StudentenPACK.

Lehnert: Ich habe immer gesagt, dazu stehe ich auch, wir sollen aufhören zu romantisieren. Das Jahr 2010 war 2010 und der Blick geht nach vorne.

„Lassen sie mich kurz einmal sagen, was uns bewogen hat und motiviert hat dies zu tun.“ Wenn es der Promovierende ist, der seine eigene Doktorarbeit verteidigt, so ist es wohl der Laudator, der eine Ehrenpromotion verteidigen muss, und so wird in den nächsten Minuten nicht nur die Biografie sondern auch das Wirken Dominiaks als Wissenschaftler und als Rektor und Präsident detailliert beschrieben.

„Wofür wird eine Ehrenpromotion verliehen? Ich will Ihnen einmal kurz aus der Ordnung unserer Universität für die Verleihung einer Ehrenpromotion zitieren: Sie wird verliehen entweder für eigene herausragende wissenschaftliche Verdienste oder für die Verdienste um die Wissenschaft, für die Wissenschaft auf dem Campus der Uni zu Lübeck.“

„Wir sind bei dir, Peter, in der glücklichen Lage, dies eigentlich für beide Aspekte tun zu dürfen, haben uns aber, trotz deiner unbestritten hohen wissenschaftlichen Verdienste, dazu entschlossen in der Begründung für die Verleihung der Ehrenpromotion den zweiten Halbsatz dieser Ordnung zu nutzen, nämlich ‘für die Verdienste um die Wissenschaft und für die Wissenschaft an der Universität zu Lübeck’. Dies hat seinen üblichen Gang durch die Gremien genommen und wir sind sehr froh und sehr stolz, dass mit sehr klarer Mehrheit im Senat die Entscheidung gefallen ist, dir diese Ehrenpromotion zu geben.“

Doch weil, wie Lehnert bemerkt, die meisten im Raum mit Prof. Dominiak bekannt sind, nimmt die Rede eine ungewöhnliche Wendung. Gute zehn Minuten nimmt der Präsident der Uni Lübeck das Publikum auf eine Reise durch die Bilddeutung mit, in welcher er ein sechs Jahre altes Bild von Peter Dominiak bei einer Demo zum Anlass nimmt, seine Bedeutung bei den Protesten der Uni im Jahre 2010 festzustellen.

Die Universität zu Lübeck verleiht Herr Professor Dr. Dominiak den Grad eines Doktors der Medizin ehrenhalber, Dr. med. h.c., aufgrund seiner großen Verdienste um die medizinische Wissenschaft, weil er durch die Aufhebung der Fakultätsgrenzen durch die Schaffung von Sektionen zukunftsweisende wissenschaftliche Strukturen etabliert hat, weil er den Weg zur Stiftungsuniversität maßgeblich gestaltet und so die Uni für die Zukunft der Universität zu Lübeck als international angesehener und vernetzter Standort medizinischer Wissenschaft gesichert hat, weil er mit großem persönlichen Engagement und vorbildhaft für alle Mitglieder der Universität für deren Erhalt eingetretenen ist.Lukas Ruge | StudentenPACK.

Die Universität zu Lübeck verleiht Herr Professor Dr. Dominiak den Grad eines Doktors der Medizin ehrenhalber, Dr. med. h.c., aufgrund seiner großen Verdienste um die medizinische Wissenschaft, weil er durch die Aufhebung der Fakultätsgrenzen durch die Schaffung von Sektionen zukunftsweisende wissenschaftliche Strukturen etabliert hat, weil er den Weg zur Stiftungsuniversität maßgeblich gestaltet und so die Uni für die Zukunft der Universität zu Lübeck als international angesehener und vernetzter Standort medizinischer Wissenschaft gesichert hat, weil er mit großem persönlichen Engagement und vorbildhaft für alle Mitglieder der Universität für deren Erhalt eingetretenen ist.

„Ich habe immer gesagt, dazu stehe ich auch, wir sollen aufhören zu romantisieren. Das Jahr 2010 war 2010 und der Blick geht nach vorne. Dennoch lohnt es sich hier einmal einen kleinen Blick zurück zu tun. Ich möchte, wenn Sie mir erlauben, in den nächsten fünf Minuten, ich versuche es so kurz wie möglich zu machen, Sie mitnehmen in das Prinzip der Bildbeschreibung und Ikonographie. Sie sehen eigentlich hier auf den ersten Blick nur einen Herren, der läuft, und hinter ihm formiert sich im Halbrund eine Gruppe jüngerer Leute in schwarz-gelben T-Shirts. So könnte man das Bild sehen. Am Ende meiner Betrachtungen, hoffe ich, werden Sie mit mir übereinstimmen, dass es wesentlich mehr ist und dass es vielleicht den Anschein einer fotografisch perfekten Komposition besitzt.“

Die Bilddeutung ist durchaus unterhaltsam, doch als sie vorbei ist, sind die vorgesehenen zwei Stunden der Veranstaltung bereits verstrichen und noch ist der Preis nicht vergeben.

Prof Dr. med, Dr h.c. Peter DominiakLukas Ruge | StudentenPACK.

Prof Dr. med, Dr h.c. Peter Dominiak

Bei so viel Lob ist dann auch Peter Dominiak platt und beginnt seine Rede mit den Worten „Jetzt muss ich erstmal Luft holen…“. Zu seiner Schlagfertigkeit findet der ehemalige Präsident schnell zurück. „Wenn Sie mir zugestehen als Dank an die Universität eine Minute über jedes Jahr zu reden, dass ich hier sehr gerne gearbeitet habe, dann sind wir schon in etwa 24 Minuten fertig. Es kommt keine Gegenwehr?“

„Wenn ich zurückdenke, was ich vor genau 28 Jahren, 1988, als der Lehrstuhl am’ Institut für Pharmakologie ausgeschrieben war, von Lübeck und seiner Universität wusste, dann waren es vom 50-DM-Schein das Holstentor, die Brüder Thomas und Heinrich Mann, Günter Grass, Willy Brandt und Björn Engholm und natürlich Lübecker Marzipan. Bevor ich meine Bewerbung nach Lübeck schickte, vergewisserte ich mich, ob es hier wirklich eine Universität gäbe (Lachen). Es gab sie, die Medizinische Universität zu Lübeck, kurz MUzL, und Professor Scriba, ihr ehemaliger Rektor, klärte mich in München auf, was das Akronym bedeutete, M.U.Z.L, MUzL: Münchner Universität, Zweigstelle Lübeck. Und als ich im August 1990 hier anfing und durch das damals ziemlich neue Zentralklinikum ging, hörte ich als Begrüßung tatsächlich häufig „Grüß Gott“.

wer hätte das damals, 1990, gedacht.Lukas Ruge | StudentenPACK.

wer hätte das damals, 1990, gedacht.

„Mittlerweile lebe ich hier seit 26 Jahren, viel länger als in meiner Heimatstadt Darmstadt, und der Austausch München – Lübeck ist ebenfalls Geschichte. Seither hat sich hier unglaublich viel verändert: Aus dem einzigen Studiengang, Medizin, mit insgesamt circa 1500 Studentinnen und Studenten im Jahre 1990, sind mittlerweile 14 Studiengänge entstanden mit rund 5000 Studentinnen und Studenten, aus dem beschaulichen Campus ist ein ganzer Hochschulstadtteil erwachsen, aus dem an beiden Hochschulen rund 11.000 bis 12.000 junge Menschen ihrem Studium nachgehen. Mit Fraunhofer-Institut, neuen Forschungsgebäuden, wie dem CBBM oder dem Hendrik-Lehnert-Bau (Lachen), Audimax und den, ich nenne sie einfach mal Mildner-Gebäuden und, und, und… Die überall gut sichtbaren Baukräne weisen darauf hin, dass hier die nächsten Jahre ein neues Klinikum des UKSH entsteht und weitere Forschungsgebäude aus dem Boden wachsen, wer hätte das damals, 1990, gedacht.“

Die Rede endet, wie sie enden muss, mit Dank bevor Hendrik Lehnert die Gäste mit Cervantes, dessen Warnung vor langen Reden am heutigen Abend unerhört blieb, zum Empfang im Foyer entlässt: „Sei mäßig im Trinken und bedenke, daß reichlich genossener Wein kein Geheimnis bewahrt.“

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Hendrik Lehnert an seinem ArbeitsplatzAnnika Munko | StudentenPACK.

Hendrik Lehnert an seinem Arbeitsplatz

Das Interview wurde per E-Mail geführt.

StudentenPACK: Inzwischen ist Ihr erstes Jahr als Präsident der Uni Lübeck zu Ende gegangen, haben Sie sich in diesem Jahr gut in das Amt eingefunden?

Hendrik Lehnert: Ja, unbedingt. Ich fühle mich in dem Amt sehr wohl. Wie gut ich mich dann tatsächlich eingefunden habe, müssen natürlich andere beurteilen.

PACK: Welche uni-internen Ereignisse aus dem letzten Jahr sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Lehnert: Ein wichtiges internes Anliegen ist uns gewesen, bei aller Dynamik, die die Entwicklung der Universität derzeit prägt, immer auch für diejenigen da zu sein, die neu hinzukommen. Das gilt natürlich, wie in jedem Jahr, für die Erstsemesterbegrüßung und die Vorwoche zum Studienbeginn. Wir konnten die Einführungsangebote 2015 nochmals deutlich ausweiten, nicht zuletzt dank der zusätzlichen Bundesmittel aus dem „Qualitätspakt Lehre“, für dessen zweite Förderperiode 2016 – 2020 wir gerade ebenfalls die Zusage erhalten haben. Unsere besonderen Anstrengungen müssen in der aktuellen Lage der Qualifizierung und Integration studieninteressierter Flüchtlinge gelten. Hierzu haben wir in den letzten Wochen ein umfassendes Konzept erarbeitet und umgesetzt. Aber unser „Willkommen“ gilt selbstverständlich in gleicher Weise allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die wir mit unseren neuen Angeboten auf der Plattform NEW („New Employees Welcome“) begrüßen. Den neu an die Universität berufenen Professorinnen und Professoren haben wir erstmals gemeinsam mit der „Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit“ einen Empfang in der Stadt bereitet. Und dann natürlich unsere Forschungserfolge – aber dazu kommen wir ja noch.

PACK: Das große Projekt des letzten Jahres ist sicherlich die Umsetzung der Stiftungsuniversität. Wo steht die Stiftungsuniversität heute?

Lehnert: Wir haben zusammen einen fulminanten Start der Stiftungsuniversität erlebt. Der Stolz und die Freude über das gemeinschaftlich erreichte Ziel kamen in vielen persönlichen Statements zum Ausdruck, die wir in den ersten Wochen 2015 auf der Homepage der Universität veröffentlicht haben. Inzwischen ist in zahlreichen konkreten Projekten spürbar, dass diese Kraft des Neuanfangs weiter trägt und in sichtbare Ergebnisse umgesetzt wird. Wir haben ein erfolgreiches Fundraising aufgebaut. Die Resonanz von außen zeigt uns, dass die Stiftungsuniversität uns eine gesteigerte Aufmerksamkeit und ein hohes Maß an Zuwendung und Unterstützung einbringt.

PACK: Wie viele Stiftungsgelder wurden bis Ende des Jahres 2015 eingeworben?

Lehnert: Die Gesamtsumme der 2015 durch die Stiftungsuniversität eingeworbenen Fördermittel beträgt aktuell 2,35 Millionen Euro. Die Förderer des ersten Jahres waren namentlich die Possehl-Stiftung, die Jürgen-Wessel-Stiftung, das Lübecker Software- und Beratungsunternehmen Mach AG, die Parcham’sche Stiftung, die Kaufmannschaft zu Lübeck, die Hans-Heinrich-Otte-Stiftung sowie ein hohes testamentarisches Vermächtnis. Weitere Zusagen stehen unmittelbar vor der Umsetzung.

PACK: Im Interview im April 2014 sagten Sie, es sollen mehr Forschungseinrichtungen auf den Campus geholt werden. Gab es Erfolge?

Lehnert: Ganz sicher. Sehen Sie sich nur an, wie eindrucksvolle Neubauten in den vergangenen Monaten entstanden sind. Wer einige Zeit nicht auf dem Campus war, braucht einen Wegbegleiter. Und die vielen Kräne zeigen, wie viel noch weiter hinzukommen wird. Die Highlights aus dem vergangenen Jahr sind die Eröffnung des Forschungsneubaus für die Fraunhofer-Einrichtung für Marine Biotechnologie und die Grundsteinlegung für das Zentrum für Infektions- und Entzündungsforschung Lübeck (ZIEL) neben dem CBBM-Gebäude. Aber auch vergleichsweise kleinere Baumaßnahmen wie die Erweiterung des GründerCubes markieren wichtige Entwicklungsfortschritte wie in diesem Fall für den Brückenbereich Entrepreneurship zwischen Universität und Fachhochschule und unseren Weg zum Gründercampus.

PACK: Im Februar haben Sie Ziele bis zum Jahr 2025 festgelegt, wie beispielsweise eine Studierendenzahl von 5000 oder die Fertigstellung von Forschungsgebäuden für Entzündungsforschung und Medizintechnik sowie ein Haus der Lehre. Nun wird schon jetzt das CBBM ein Jahr verspätet eröffnet. Sind die Ziele noch erreichbar?

Lehnert: Für die Forschung zu bauen, gehört in der Planung wie auch in der Realisierung zum anspruchsvollsten Bauen überhaupt. Unerwartete Verzögerungen lassen sich dabei nie ganz ausschließen. Die Ursachen, die beim CBBM eine Rolle gespielt haben, waren klar lokalisierbar und begrenzt, sodass das Gesamtprojekt zu keinem Zeitpunkt behindert gewesen ist. Manchmal dauert es ein wenig länger in Schleswig-Holstein – was nicht immer zu unserer Ungeduld passt. Die Forschungsgruppen, die unter dem Dach des CBBM zusammengeführt werden, arbeiten nur etwas länger in ihren bisherigen Laboren. Dadurch ist keines unserer Ziele berührt. Wir freuen uns sehr auf die feierliche Eröffnung im Februar.

PACK: Bei immer mehr Studierenden wird das Verhältnis zwischen Räumen zum Lernen und Arbeiten und den Studierenden immer schlechter. Man hört, es soll bis zum Jahr 2018 schlechter werden, ehe mit den neuen Gebäuden Besserung eintreten kann. Ist das eine begründete Befürchtung?

Lehnert: Nein, im Gegenteil. Mit Hilfe einer der ersten Stiftungen für die Stiftungsuniversität (Parcham’sche Stiftung) verbessern wir die Arbeitsbedingungen in der Hochschulbibliothek und schaffen dort 200 zusätzliche studentische Arbeitsplätze. An zusätzlichen Maßnahmen arbeiten wir.

PACK: Wann wird der Umbau der Hochschulbibliothek, also die Einrichtung der Parcham-Lounge, abgeschlossen sein? Und was sind es für zusätzliche Maßnahmen, von denen Sie sprechen?

Lehnert: Die Einrichtung der Parcham-Lounge ist für das kommende Frühjahr geplant. Weitere außerplanmäßige Maßnahmen hängen nicht zuletzt vom Einwerben der dafür erforderlichen Mittel ab.

Falls ihr keinen Platz mehr zum Lernen findet, wendet euch an Prof. Lehnert. Er bemüht sich dann um AbhilfeSora Enders-Comberg

Falls ihr keinen Platz mehr zum Lernen findet, wendet euch an Prof. Lehnert. Er bemüht sich dann um Abhilfe

PACK: Wenn es keine Räume für die Studierenden gibt, warum dann überhaupt die Bemühung, mehr Studierende an die Uni zu holen? Wäre es nicht sinnvoller, innezuhalten? Oder anders gefragt: Wo sollen wir eigentlich im Februar alle für die Klausuren lernen?

Lehnert: Ein Innehalten hieße, angesichts des doppelten Abiturjahrgangs die Augen zu verschließen und damit der gesellschaftlichen Aufgabe der Hochschulen für die gegenwärtige Generation nicht gerecht zu werden. Wer das Recht auf Bildung bejaht, kann starke Studienjahrgänge nicht sich selbst überlassen. Die Selbstverpflichtung der Universität zu einer Erhöhung der Studierendenzahl bringt uns auf der anderen Seite im Rahmen des Hochschulpakts 2020 mit dem Land Schleswig-Holstein einen Aufwuchs und die langfristige Sicherung unserer Grundfinanzierung. Die erforderlichen Räume für die neuen Studiengänge sind in unseren Planungen einkalkuliert. Kommen Sie gern jederzeit aktuell auf mich zu, wenn es konkrete Engpässe gibt. Wir bemühen uns dann um Abhilfe.

PACK: Die wachsenden Studierendenzahlen werden gelegentlich auch auf den Hochschulpakt III zurückgeführt, welcher der Uni Geld pro Studienanfänger verspricht. Wie stehen Sie zu diesem Finanzierungsprinzip?

Lehnert: Sie sprechen den Zusammenhang, wie er im Rahmen des Hochschulpakts 2020 (Hochschulpakt III) vereinbart ist, ganz zutreffend an. Gegen eine Finanzierung der Hochschulen nach Maßgabe dessen, wie sie der Erfüllung ihres Kerngeschäfts nachkommen, wird man vernünftigerweise kaum grundsätzliche Einwände vorbringen können.

PACK: Tauschen wir damit Qualität gegen Quantität? Beispielsweise sind die Laborräume schon jetzt voll ausgelastet und der Betreuungsschlüssel ist, zum Beispiel auch in Rankings, etwas, worauf sich die Uni Lübeck immer verlassen konnte.

Lehnert: Wir haben uns für Qualität statt für Quantität entschieden. Als nach wie vor eine der kleinsten Universitäten in Deutschland setzen wir auf die sinnvolle Erweiterung des Spektrums unserer Studiengänge im Bereich der Life Sciences statt lediglich auf die Erhöhung der Studierendenzahlen in den bestehenden Studiengängen. Dies verbreitert die fachliche Vernetzung und schafft größere Wahlmöglichkeiten für die Spezialisierung, wie es sich zuletzt beispielsweise mit dem neu hinzugekommenen Studiengang Psychologie gezeigt hat. Hervorheben möchte ich außerdem die Einrichtung unseres Dozierenden-Service-Centers, mit dem wir ein breites Angebot hochschuldidaktischer Qualifizierung geschaffen haben. Bessere Lehre ergibt besseren Studienerfolg.

PACK: Unter den Forschungsschwerpunkten und Profilbereichen der Uni in der Broschüre „Zukunft der Universität zu Lübeck als Stiftungsuniversität“ wird Informatik nicht genannt, stattdessen aber die an dieser Uni kaum nennenswert vertretenen Kulturwissenschaften. Wird die Informatik universitätsweit ausreichend wahrgenommen oder nicht etwas vernachlässigt?

Lehnert: Die Informatik ist einer der Leuchttürme in unserem Studien- wie auch im Forschungsspektrum. Mit den eigenständigen Studiengängen Medizinische Informatik und Medieninformatik haben wir in den vergangenen Jahren ehemalige Vertiefungsrichtungen auf eigene Beine gestellt. Die Nachfrage nach diesen Studiengängen hat die Entscheidungen bestens bestätigt – die Gesamtzahl der Informatik-Studierenden hat sich nicht, wie von einigen anfangs befürchtet, nur anders aufgeteilt, sondern ist deutlich gewachsen. Dass in unseren Forschungsschwerpunkten, wie auch in den Sektionen der Universität, die Informatik zusammen mit den technischen Fächern in Verbindung steht, unterstreicht die fachlichen Berührungspunkte und Kooperationen. Die Definition unserer Schwerpunkte ergibt ein klar konturiertes, deutliches Profil. Die Bedeutung der Kulturwissenschaften für die Universität wird in der traditionsreichen Hansestadt Lübeck, der Kulturhauptstadt Schleswig-Holsteins, mit dem bereits erfolgreich arbeitenden Zentrum für Kulturwissenschaftliche Forschung Lübeck (ZKFL) wachsen. Damit sehen wir in dem kulturwissenschaftlichen Angebot auch einen ganz wesentlichen Brückenschlag in die Stadt.

PACK: Mit der Psychologie, der Pflege und demnächst den Medizinischen Ernährungswissenschaften gibt es immer mehr Studiengänge, die sich um die Medizin herum einordnen. Werden die Medieninformatik und „Entrepreneurship in digitalen Technologien“ auf lange Zeit die einzigen wirklich von der Medizin losgelösten Studiengänge bleiben?

Lehnert: Unser Motto heißt „Im Focus das Leben“. Wer sich auch nur einmal die Studieninhalte der Medieninformatik ansieht, wird dies als einen in hohem Maße auf den Menschen bezogenen Informatik-Studiengang erkennen. Ebenso sind in Lübeck die digitalen Technologien, zu denen das Entrepreneurship-Studium die Gründerqualifikation vermittelt, ganz signifikant auf Anwendungen in der Kommunikation mit dem Menschen oder, wie in der Medizin, für den Menschen bezogen. Zwei von unzähligen Beispielen sind die Blick- und Gestensteuerung elektronischer Systeme in der Neuro- und Bioinformatik und die Echtzeitsynchronisation von Bestrahlungsgeräten in der Robotik.

PACK: Ein ernstes Thema, das uns im letzten Jahr leider begleitet hat, war der Rassismus. Es gab die uni-interne Umfrage zum Thema Alltagsrassismus, bei der deutlich wurde, dass es auch an der Uni Lübeck Probleme gibt. Wie groß sehen Sie den Handlungsbedarf?

Lehnert: Den Handlungsbedarf sehe ich als hoch. Sowohl derjenige, der sich in nicht akzeptabler Weise äußert oder verhält, als auch diejenigen, die es hören oder beobachten, müssen sensibilisiert werden. Alltagsrassismus verträgt sich nicht mit den Grundwerten der Universität und wird von uns nicht akzeptiert.

PACK: Es gab ja bereits eine Informationsveranstaltung zu dem Thema, bei der mehrfach betont wurde, dass es nicht nur bei diesem einen Infoabend bleiben darf, sondern dass Worten Taten folgen müssen. Welche Pläne gibt es, diese umzusetzen und wie geht es voran?

Lehnert: Die Gruppe, die als Auftakt den „Abend der Vielfalt“ am 2. Dezember vorbereitet und durchgeführt hat, besteht aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Uni-Verwaltung und des Gleichstellungs-Dezernats ebenso wie aus Studierenden. Sie beginnt ihre Arbeit mit dem erklärten Ziel, bei der Bewusstmachung und Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung einen langen Atem zu haben. Wir haben unser Dezernat für Gleichstellung schon entsprechend verstärkt und werden auch eine externe Partnerschaft zu dem Thema schließen.

PACK: Wenn sich bei Uni-Mitarbeitern klar diskriminierende Positionen offenbaren, kann und soll das Ihrer Meinung nach auch personelle Konsequenzen haben? Anders gefragt, was wird an der Uni Lübeck toleriert und was nicht?

Lehnert: Unsere Grundwerte haben wir im Leitbild der Universität verbindlich formuliert: Die Universität zu Lübeck „fühlt sich kommenden Generationen unabhängig von ihrer Herkunft in einer freiheitlichen Welt verpflichtet. Sie erwartet Offenheit gegenüber dem Neuen und Andersartigen. Eigenverantwortung und die Verantwortung für die Gemeinschaft sind Grundlage unseres Wertekanons. Chancengleichheit und Transparenz prägen unser Miteinander.“ Gegen Äußerungen, Haltungen oder Handlungen, die dem widersprechen, gehen wir vor.

PACK: Auf dem bereits angesprochenen „Abend der Vielfalt“ sprach die Hauptrednerin Noah Sow unter anderem von abweisenden Signalen, die eine Institution wie die Universität zu Lübeck auch unfreiwillig an ausländische Studenten schicken kann. Was für ein Signal glauben Sie, sendet ein Honorarprofessor wie Herr Stöcker an Studierende mit Migrationshintergrund oder anderer Religion?

Lehnert: Wir haben uns klar positioniert und Prof. Stöcker zur Klarstellung seiner diskriminierenden Äußerungen aufgefordert. Er hat sich öffentlich für seine „nicht angebrachten Formulierungen“, wie er schreibt, entschuldigt. Ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Volksverhetzung ist, da kein Straftatbestand erfüllt sei, von der Staatsanwaltschaft in Görlitz (Sachsen) Anfang November allerdings eingestellt worden.

PACK: In einem Artikel seines privaten Blogs vom 11. Dezember mit dem Titel „Aufruf zum Sturz der Kanzlerin Merkel“ (Archiv) schreibt Winfried Stöcker „Auch bei uns in Deutschland nimmt jetzt die Bedrohung zu, je mehr unser Kulturkreis von fremden Völkern und Religionen überrannt wird.“ Wie bewerten sie seine vergangene Entschuldigung im Hinblick auf diese neuesten Äußerungen? Inwieweit unterstützt dies die Willkommenskultur an unserer Uni und ab wann sähen Sie Bedarf, die Beziehung der Uni zu Herrn Stöcker neu zu bewerten?

Lehnert: Die Haltung der Universität zu den inkriminierten Äußerungen habe ich wiederholt und nachdrücklich sehr deutlich gemacht. Für eine Neubewertung ist aus meiner Sicht derzeit kein Anlass gegeben.

PACK: Es ist ein leidiges Streitthema, aber man kann ein Interview über das vergangene Jahr an der Uni Lübeck nicht führen, ohne über Thomas Mann zu reden. Woran ist die Umbenennung der Universität Ihrer Meinung nach gescheitert?

Lehnert: Die Idee zu einer Umbenennung hat uns in der Stadt viele Sympathien eingebracht. Allerdings ist ein solches Unternehmen immer ein demokratischer Prozess, der derzeit keine deutliche Mehrheit auf dem Campus hat. Schließlich muss so ein Schritt von allen Statusgruppen, auch den Studierenden, getragen werden. Meiner Meinung nach würde uns der Name „Thomas-Mann-Universität zu Lübeck“ nach wie vor gut zu Gesicht stehen und die Universität noch unverwechselbarer machen.

PACK: Wurden im Vorfeld der Umbenennung vermeidbare Fehler gemacht? Wenn ja, von wem?

Lehnert: Ich kann bei einem ausführlich diskutierten und offen geführten Meinungsbildungsprozess keinen Fehler erkennen. Vielleicht war das Anfangstempo etwas hoch, aber wir haben von Anfang an deutlich gemacht, dass für uns der demokratische Meinungsprozess höchste Priorität besitzt.

PACK: Sie hatten offen gelassen, ob sie die Umbenennung der Universität zu Lübeck ad acta legen oder später wieder anstreben. Wissen Sie inzwischen, ob der Plan eines Tages erneut vorgelegt werden wird?

Lehnert: Das hängt sicher auch davon ab, ob das Bedürfnis nach einer Namensänderung in der Universität neu artikuliert wird. Ein Name hat viel mit der eigenen empfundenen Identität zu tun.

PACK: Schlussendlich, dem Jahreswechsel entsprechend, ein Blick ins nächste Jahr. Was wünschen Sie sich für die Studierenden der Uni für 2016?

Lehnert: Ich wünsche den Studierenden Freude und Erfolg in ihrem Studium. Wenn das nicht gegeben ist, fehlt für alles, was sich anschließt, die erforderliche Begeisterung. Kalkulieren Sie mit ein: nicht alles gelingt auf Anhieb, und nicht immer sind die Rahmenbedingungen optimal. Für diese Fälle wünsche ich Ihnen, dass Sie immer den richtigen Ansprechpartner für weiterführende Gespräche haben. Wir werden alles tun, um den Studierenden mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

PACK: Wünschen Sie sich auch etwas von den Studierenden der Uni?

Lehnert: Vertrauen, Offenheit und Begeisterung für Ihre / unsere Universität.

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https://www.studentenpack.de/index.php/2016/01/den-handlungsbedarf-sehe-ich-als-hoch/feed/ 0
„Spannende Zeiten und große Aufgaben“ https://www.studentenpack.de/index.php/2014/04/der-neue-prasident/ https://www.studentenpack.de/index.php/2014/04/der-neue-prasident/#respond Wed, 09 Apr 2014 18:45:20 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=210652 Der Mediziner Professor Dr. Hendrik Lehnert wurde vom Senat am 9. April zum neuen Präsidenten gewählt. Lehnert übernimmt damit am 3. November das Präsidium von seinem Vorgänger Prof. Dr. Peter Dominiak. Das StudentenPACK hat nachgefragt, was man über den „Neuen“ wissen muss und wie es mit der Uni in den nächsten Jahren weitergehen wird.

Hendrik Lehnert an seinem Arbeitsplatz

Hendrik Lehnert an seinem Arbeitsplatz. [media-credit id=80 align="aligncenter" width="640"]

StudentenPACK: Warum sind Sie genau der richtige Präsident für unsere Uni?

Hendrik Lehnert: Das ist eine gute Frage. Ich glaube, dass die Universität zu Lübeck im Moment ganz spannende Zeiten und große Aufgaben vor sich hat. Da ist zum einen die Stiftungsuniversität, die uns helfen wird, die Universität wieder ein bisschen autarker zu machen. Das ist sicher eine der größten Aufgaben. Auf der anderen Seite ist es ganz wichtig, dass wir alles dafür tun, dass das Profil der Universität nicht nur in dieser Form erhalten bleibt, sondern weiter geschärft wird und dass man zwischen der Medizin, den Naturwissenschaften und der Informatik viele Brücken schlägt. Und dafür glaube ich, dass man jemanden benötigt, der relativ viel Erfahrung im universitären Leben hat. Jemand, der sich in der Forschung bewährt hat, in der Lehre hoffe ich auch und der mit diesen Erfahrungen und gewonnenen Kompetenzen für die Universität genau diese Ziele erreichen kann.

PACK: Sie sind eher in der Medizin präsent, sodass die Informatikstudenten bisher vermutlich nicht wissen, wer Sie sind. Die möchten Sie natürlich kennenlernen, deswegen fangen wir am besten am Anfang an: Wo kommen Sie her, was machen Ihre Eltern?

Lehnert: Ich stamme ursprünglich aus Westfalen. Mein Vater war Diplom-Ingenieur und hat lange in Schweden gearbeitet. Dann bin ich in Schweden geboren worden und wir sind wieder nach Westfalen zurückgegangen, wo ich meine Schulausbildung gemacht habe und anschließend auch mein Studium, in Münster.

PACK: Studiert haben Sie in Münster zunächst Psychologie. Was hat Sie daran so gereizt?

Lehnert: An der Psychologie, oder besser von Vornherein an der Kombination aus Medizin und Psychologie, hat mich gereizt, den Menschen  noch ganzheitlicher zu verstehen und mit der Psychologie ein viel größeres Spektrum an Methoden zu erlernen, die ich in der Medizin nicht erlernen konnte – angefangen von sozialwissenschaftlichen bis hin zu psychophysiologischen Ebenen der Erkenntnisgewinnung.

Als ich studiert habe, hatten wir noch die glückliche Zeit, dass man zwei Numerus Clausus-Fächer gleichzeitig studieren konnte, und daher kam der Berufswunsch, Psychologie und Medizin von Vornherein – mit einem Semester etwas zeitversetzt natürlich, aber doch primär gleichzeitig zu studieren.

PACK: Das war also schon lange geplant? Das klingt schon nach einer großen Aufgabe, die Sie sich da vorgenommen haben…

Lehnert: Eigentlich war das relativ spontan. Als ich Abitur gemacht habe, wollte ich zunächst philologische Fächer studieren, Germanistik und Philosophie. Damals machte man vorher noch Zivildienst oder ging zum Bund. Ich habe mich für den Zivildienst entschieden und damit auch für die Möglichkeit, in sozialen Bereichen zu arbeiten. Allein die Auseinandersetzung mit dieser Entscheidungsmöglichkeit hat mich dann dazu geführt, den Weg zur Psychologie und Medizin einzuschlagen.

PACK: Haben Sie Ihren Zivildienst direkt in einer medizinischen Einrichtung abgeleistet?

Lehnert: Ja, den Zivildienst habe ich in einer orthopädischen Klinik gemacht.

PACK: Wahrscheinlich haben nicht viele Studenten zwei anspruchsvolle Fächer parallel studiert. Waren Sie einfach so gut, dass das alles auch geklappt hat oder machen Sie dafür auch die damals anderen Bedingungen verantwortlich?

Lehnert: Vielleicht eine Mischung aus beidem. Die Bedingungen und das Studium waren damals definitiv anders, gerade das Medizinstudium war ein Studium mit viel weniger Präsenz als heute. Man darf eigentlich gar nicht laut sagen, wie wenig wir damals da waren, da wäre ich ein ganz schlechtes Vorbild. Damals gab es keine gut organisierte studentische Lehre, das fing erst langsam an. Es gab Vorlesungen und Seminare, zu denen man gehen konnte oder auch nicht. Präsenzpflicht bestand eigentlich nur im Präparierkurs, sodass wir alle, die ganze Generation, damals im Grunde sehr selbstständig gelernt haben. Auch die Praktika im Ausland hat jeder selber organisiert.

PACK: Dann ist das also alles eine Motivationsfrage?

Lehnert: Ja, für viele von uns war es wirklich überwiegend eine Motivationsfrage.

PACK: Als Sie mit dem Studium fertig waren, sind Sie in die Innere Medizin gegangen und haben sich auf die Endokrinologie spezialisiert. Weswegen das?

Lehnert: Die Entscheidungen kamen nacheinander. Nach dem Studium bin ich erstmal in die USA gegangen, war dann am MIT (Anmerkung der Redaktion: Massachusetts Institute of Technology) und in Harvard. Ich bin bewusst ins Labor gegangen, um dort wirklich nochmal in Ruhe auch Zeit zu haben zu forschen, vor der klinischen Ausbildung. Heute raten wir meist dazu, erstmal drei, vier Jahre lang in die Klinik zu gehen und danach denken wir über einen Auslandsaufenthalt nach. Es hat sich damals so ergeben, dass es für mich andersrum möglich war.

PACK: Auf welchem Gebiet haben Sie dort geforscht?

Lehnert: Ich habe mir als „wissenschaftliches Spielfeld“ damals die Neuroendokrinologie ausgesucht, weil ich an der Schnittstelle zwischen Innerer Medizin und Neurowissenschaften arbeiten wollte. Das habe ich dann auch zwei Jahre lang gemacht. Das hat mich darin bestärkt, bei der Inneren zu bleiben, weil sie ein sehr großes Fach ist und man lernt, sehr „weiträumig“ zu denken und vieles zu berücksichtigen. Sich dann in der Inneren Medizin nochmal zu spezialisieren ist sicher sinnvoll und die Endokrinologie ist da ein Fach, das alle Systeme, Organe und Funktionen betrifft.

PACK: Würden Sie für Medizinstudenten an der Uni Lübeck eine besondere Zukunftsfähigkeit in der Endokrinologie sehen, sodass man beispielsweise bei der Doktorarbeit über ein endokrinologisches Thema nachdenken sollte?

Lehnert: Ja, unbedingt. Ich könnte und dürfte hier ja nicht Nein sagen! Sie wissen bestimmt auch, dass wir hier um die ganze Endokrinologie- und Stoffwechselforschung herum ganz viel aufgebaut haben, wie mit dem CBBM (Anmerkung der Redaktion: Center of Brain, Behavior and Metabolism), das ja bald fertig ist. Mit einem Sonderforschungsbereich und dem Graduiertenkolleg, auch mit vielen Ausbildungsmöglichkeiten, speziell auch für Doktoranden. Von daher: Ja, unbedingt!

PACK: Was sind Ihrer Meinung nach für angehende Mediziner noch richtig spannende Themen mit Zukunft?

Lehnert: Wir haben hier wirklich sehr viele spannende Themen mit Zukunft. Man ist natürlich gut aufgehoben in einem Bereich, der auch in einem größeren Kontext steht. Sprich Fächer, die in der Verbundforschung hier bei uns gefördert werden – Entzündung zum Beispiel, Infektion, Immunologie, auch die Genetik. Das deswegen, weil man viele sehr große Arbeitsgruppen hat und sich an vielen orientieren, von ihnen lernen und mit ihnen arbeiten kann.

PACK: Als Präsident vertreten Sie auch die anderen Studiengänge. Wo sehen Sie für diese die Bereiche, in denen die Zukunft steckt, beispielsweise für Informatik oder MIW?

Lehnert: Da gibt es sehr, sehr viele. Gerade für die Informatik sehe ich eine Zukunft im Bereich der Robotik und anwendungsorientierten Softwareentwicklung. Das halte ich für extrem spannende Gebiete, sowohl für diagnostische wie für therapeutische Zwecke. Da ist eine hohe Schnittstelle gegeben, zum Beispiel mit den chirurgischen Fächern. Dort sehe ich eine ganz tolle Möglichkeit für Informatik und Chirurgie, zusammenzuarbeiten, wie das bisher auch schon gelebt wird. Für die medizinischen Ingenieurswissenschaften sehe ich eine riesige Stärke in den unterschiedlichen Methoden der Bildgebung und der Entwicklung neuer Bildgebungsverfahren. Das ist auch ein großes Thema in der Biomedizintechnik, zum Beispiel bei Prof. Buzug oder auch in vielen Kliniken und Instituten, unter anderem in der Radiologie und Kardiologie.

PACK: Die Zukunft der naturwissenschaftlichen Fächer sehen Sie in Lübeck also vorrangig in medizinischer Richtung?

Lehnert: Ja, und genauso auch umgekehrt. Jeder muss sich aufeinander zu bewegen und es gibt viele Fragestellungen, die ich als Mediziner überhaupt nicht alleine bearbeiten oder beantworten kann, zum Beispiel die Bildgebung, speziell auch die molekulare Bildgebung oder neue Diagnoseverfahren wie zum Beispiel Metabolomics. Hier muss sich der Mediziner hinbegeben zu den anderen Einrichtungen, ganz eindeutig. Dazu gehört beispielsweise auch das Fraunhofer-Institut, das für uns ein ganz hilfreicher und wichtiger Partner ist.

PACK: Ihren Facharzt haben Sie in Mainz gemacht und sind anschließend auch in der Lehre tätig geworden. Warum jetzt Lehre statt Forschung?

Lehnert: Die Lehre und die Arbeit mit Studenten hat mir immer irrsinnig viel Spaß gemacht. Wenn man es schafft, ein wenig der eigenen Begeisterung für sein Fach zu vermitteln, dann schafft man die Begeisterung auch bei anderen. Und man rekrutiert natürlich auch junge Leute, mit denen man wissenschaftlich arbeiten kann. Aber primär war es wirklich die große Freude an der Wissensvermittlung und der Wissensweitergabe.

PACK: Es hatte also nichts damit zu tun, dass Sie ein bisschen mehr Struktur ins Medizinstudium bringen wollten, die während Ihres Studiums noch fehlte?

Lehnert: Auch, natürlich. Aber ich habe mich  nie so sehr, wie das zum Beispiel wirklich sehr gut Prof. Westermann hier macht, mit Organisationsformen der Lehre beschäftigt, sondern habe meine primäre Aufgabe immer darin gesehen, Begeisterung für ein Fach zu vermitteln. Die Lehrstruktur habe ich unterstützt, diese ist schließlich auch sehr wichtig und ich bin extrem glücklich darüber, wie es hier in Lübeck läuft, doch ich habe andere Schwerpunkte gehabt – man kann ja auch nicht alles gleichzeitig machen.

PACK: Irgendwie hat es Sie dann nach Lübeck verschlagen. Wie ist das passiert, auf Ihren vorherigen Stationen, in Mainz beispielsweise, ging es Ihnen doch gut?

Lehnert: Ich bin damals von Mainz nach Magdeburg gegangen, habe eine Klinik in Magdeburg und danach eine große Universitätsklinik in Coventry / England geleitet und da ging‘s mir eigentlich überall gut, ja. Aber Lübeck war für mich zu dem Zeitpunkt, als die Stelle ausgeschrieben wurde und ich den Ruf bekam, perfekt. Das ist eine kleine Universität in einer tollen Stadt. Als Westfale hat man, wenn man dazu noch aus Schweden kommt, keine großen Schwierigkeiten, sich in Norddeutschland, in Schleswig-Holstein, wohlzufühlen. Lübeck hatte außerdem für mich den großen Vorteil, dass es zum einen eine sehr große Klinik ist, die ich hier leiten konnte, in einer Größe, wie es sie in Deutschland selten noch gibt, und zum anderen, dass meine Forschungsschwerpunkte hier exzellent vertreten waren. Das war wirklich eine sehr gute Passform.

PACK: Da mussten Sie dann ja nur noch an das Werk Ihrer Vorgänger anknüpfen und mit einsteigen…

Lehnert: Ja, ich konnte da natürlich anknüpfen, aber einiges auch ganz wesentlich weiterentwickeln. Was zu dem Zeitpunkt bestand, und das war ganz großes Verdienst meines Vorgängers, war, dass wir hier eine klinische Forschergruppe zu unserem „Leib- und Magen-Thema“ im wahrsten Sinne des Wortes haben, nämlich zur Kontrolle des Essverhaltens durch das Gehirn. Aber eine Forschergruppe ist erst der erste Schritt zu dem Erfolg, den man gerne möchte, und dann kommen die nächsten Stufen, die wir hier mit einer ganz tollen Mannschaft gemeistert haben. Die Forschung an diesem Thema wird auch nicht aufhören, da werden hoffentlich noch die nächsten 20, 30 Jahre Doktorarbeiten zu angeboten werden, auch hier in Lübeck.

Der ehemalige und der neue Präsident der Uni

Der alte und der neue Präsident der Uni Lübeck. [media-credit name=51 align="aligncenter" width="2800"]

PACK: Als Präsident der Universität treten Sie nun die Nachfolge von Peter Dominiak an. Inwiefern wollen Sie seinen Weg weitergehen und wo möchten Sie neue Akzente setzen?

Lehnert: Zuerst einmal muss man sagen, dass Prof. Dominiak ein exzellenter Präsident ist, ein exzellenter Repräsentant unserer Universität, der sehr große Verdienste besitzt. Ich denke da gerade an seinen Einsatz vor vier Jahren, als die Medizinerausbildung hier in Lübeck wirklich auf der Kippe stand. Das war extrem problematisch und er hat das wirklich fantastisch gemacht. Der nächste Schritt, den er gegangen ist, nämlich hin zum Gesetzentwurf für die Stiftungsuniversität, bedeutet einen sehr wichtigen perspektivischen Entwurf für unsere Universität. Wir hoffen, dass in der Hinsicht bald alles ratifiziert wird, im kommenden Januar. Da werde ich mit Sicherheit anknüpfen und auch mit aller Kraft versuchen, die Stiftungsuniversität zum Erfolg zu bringen.

PACK: Und was verändert sich mit Ihnen?

Lehnert: Was sicher neue, zusätzliche Aspekte sein werden, ist die ganz klare, forschungsorientierte Brückenbildung zwischen Medizin, Naturwissenschaften und Informatik. Da haben wir noch sehr viel vor uns. Wir haben große Aufgaben vor uns, was die Definition der Forschungsschwerpunkte angeht, die verbindend sein sollen, das wird sehr viel Arbeit sein. Wir werden neue Forschungsgebäude benötigen, idealerweise werden wir auch die großen außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie Leibniz auf den Campus holen. Denn Lübeck ist ein kleiner Standort und nicht nur das Überleben, sondern das richtig gute Überleben sichert man hier nur durch exzellente Forschung. Dass wir eine gute Klinik machen, dass wir gute Informatiker sind, gute Physiker und Mathematiker, das ist selbstverständlich. Aber was dazukommen muss und wird, das sind große Forschungsverbünde, die hier nochmal alles stabilisieren.

PACK: In welche Richtung denken Sie am ehesten wenn Sie in die Richtung neuer Brücken denken, um Mediziner und die anderen zu verbinden?

Lehnert: Wie ich vorhin bereits sagte, werden wir diese Brücken zum Beispiel im Bereich der Biomedizintechnik bauen. In den Bereichen gibt es auch sehr konkrete Vorschläge, was wir gemeinsam machen können und Stichworte wie beispielsweise Robotik und Nanotechnologien, alles exzellente Brückenbilder.

16. Juni 2010: In Kiel demonstrieren 14.000 gegen die Schließung der medizinischen Fakultät.

Auch Prof. Lehnert stand zu “Lübeck kämpft”-Zeiten mit auf der Straße. [media-credit name="Thorsten Biet" align="aligncenter" width="640"]

PACK: Was haben Sie von der „Lübeck kämpft“-Zeit hier in Lübeck mitbekommen?

Lehnert: Da war ich schon hier und wir haben ein paar Monate wirklich nichts anderes gemacht als für Lübeck zu kämpfen, in der Stadt selber und mit der Demonstration in Kiel, die uns allen unvergesslich geblieben ist.

PACK: Dort waren Sie auch?

Lehnert: Da war ich auch, klar. Wir sind auch mit der Delegation nach Berlin gefahren, um mit den politischen Verantwortlichen in Berlin, mit der Landesvertretung Schleswig-Holsteins zu diskutieren. Den ganzen Tag waren wir für „Lübeck kämpft“ unterwegs.

PACK: Letztlich hat es mit der Uni-Rettung geklappt, alles wächst und es wird viel gebaut. Prof. Dominiak ist fast schon berühmt für seinen Ausspruch „Baulärm ist der schönste Lärm“, was ist Ihr Lieblingslärm?

Lehnert: Mein Lieblingslärm? Hier auf dem Gelände ist auch für mich Baulärm der schönste Lärm, und wenn ich nicht den Baulärm suche, dann bin ich im Sommer auf den Musik-Festspielen Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns, dieser „Lärm“ ist mir dann genauso lieb.

PACK: Wir sprachen vorhin auch schon darüber, dass noch mehr gebaut werden soll. Was soll neben den bestehenden Baustellen noch gebaut werden?

Lehnert: Wir haben den Neubau des Klinikums vor uns und gehen fest davon aus, dass von jetzt an in bis zu fünf Jahren das neue Klinikum steht. Ein weiteres neues Forschungsgebäude werden wir bekommen, das neben dem CBBM stehen wird. Auch der Umbau der vorklinischen Institute ist dringend notwendig. Das werden die Dinge, die wir hier in den nächsten Jahren vor uns haben und ich freue mich auch weiterhin auf Baulärm, auf Richtfeste und Gebäudeeröffnungen.

PACK: 2020 haben Sie Ihre erste Amtszeit hinter sich, wie viele Studiengänge wird die Uni dann haben? In den letzten Jahren könnte man fast von einem exponentiellen Anstieg sprechen…

Lehnert: Das ist ein ganz wichtiges Thema. Wir brauchen noch neue Studiengänge, ja, aber wir brauchen keine Inflation oder Auswucherung von Studiengängen. Wir müssen das, was wir haben, stabilisieren, aber wir müssen sorgsam mit neuen Studiengängen umgehen: diese müssen in das Spektrum der Lebenswissenschaften passen, denn ich sehe diesen Campus als einen Campus der Lebenswissenschaften mit den beiden großen Sektionen, die wir haben und mit den dazugehörigen Studiengängen und da können wir uns nicht alles leisten. Wir müssen auch aufpassen, dass wir uns nicht gegenseitig kannibalisieren und von anderen Studiengängen Studenten wegnehmen, es gibt ja unterschiedlich viele Bewerber für die einzelnen Studiengänge und da muss man sehr sorgsam schauen, dass man Studiengänge wählt, die zu den bestehenden passen. Mit der Psychologie bin ich sehr glücklich. Wir brauchen mehr Basisstudiengänge, weil für solche Studiengänge die Studenten da sind und für uns die Köpfe der Studenten zum Beispiel in der Pflege oder Physiotherapie auch zählen. In der Pipeline gibt es bereits den neuen Studiengang Biophysik, ich hoffe, dass wir den in einem oder eineinhalb Jahren schon haben. Für diesen zeichnet Prof. Hübner aus der Physik verantwortlich, das wäre ein gut passender Studiengang. Wir denken noch über zwei andere Studiengänge nach, der eine setzt sich mit Molecular-Metabolism auseinander. Das würde gut zu den Forschungsschwerpunkten passen und da besteht ein hoher Bedarf an Ausbildung. Der zweite wäre denkbar im Bereich der Neurowissenschaften, bis jetzt ist das ein Teilangebot im MLS-Studiengang.

Viel mehr  als die habe ich aber nicht auf dem Bildschirm. Ich glaube, dass wir die anderen neuen erstmal konsolidieren müssen. Wir wollen richtig gute Master und keine Mikro-Master-Studiengänge.

PACK: Das bedeutet, wir werden nicht so bald Germanistik, VWL und Co. auf dem Campus haben?

Lehnert: Nein. So schön es wäre, eine Volluniversität zu sein, das wird uns nicht in den nächsten sechs Jahren passieren. Der Charme von Lübeck ist auch ganz klar der einer Profiluniversität.

PACK: Wie meinen Sie sieht die Uni darüber hinaus 2020 aus, abgesehen von neuen Studiengängen und hoffentlich fertigen Baustellen?

Lehnert: Ich hoffe, dass wir bis dahin auch wieder neue Baustellen haben, nichts ist schlimmer als Stillstand. Ich wünsche mir auch für das Jahr 2020 Pläne und viele begeisterte Studenten. Ich wünsche mir mehr Einwerbung von großen Forschungsverbünden und dass die Universität zu Lübeck 2020 ein internationales Standing hat, mehr internationale Studenten und für die Studenten von hier eine höhere Mobilität, als wir sie jetzt haben.

PACK: Und hoffentlich entwickelt sich bis 2020 mit der Stiftungsuni alles so, dass man sich darum keine Sorgen machen muss. Meinen Sie das klappt so, wie es bis jetzt auf den Weg gebracht ist?

Lehnert: Das klappt nur, wenn alle dahinterstehen und mitziehen, das macht der Präsident nicht alleine. Wir sind sehr optimistisch. Lübeck ist eine Stadt mit großer Stifterkultur und Bildungsbürgertum, da ist glaube ich viel zu machen. Wichtig ist hierbei natürlich, nicht nur Stifter in Lübeck zu finden, sondern auch darüber hinaus in der Region. Man soll sehen: Das ist eine Uni mit einem klaren Ziel, einem klaren Bild von sich selbst, das ist wichtig. Ich glaube, dann kann das funktionieren.

PACK: Sie sagten bereits, dass dieses Projekt nicht allein Aufgabe des Präsidenten ist. Gerade im Zusammenhang mit der Stiftungsuni wurde auch die Arbeit mit den studentischen Gremien sehr gelobt. Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit AStA und Co. für sich?

Lehnert: Die ist extrem wichtig. Ich war damals auch im AStA aktiv und in den Gremien unterwegs. Die Studenten sind genauso wichtig wie jede andere Statusgruppe auch und ohne Studenten wären wir keine Universität. Jeder hat unterschiedliche Perspektiven, aber für uns ist die studentische Perspektive eine extrem wichtige, weil wir nur dadurch wirklich mitbekommen, was die Bedürfnisse und Ansprüche derer sind, für die wir das hier tun.

Ein Prozess, bei dem man sich ständig zusammensetzen muss, ist die Qualität der Lehre. Auch bei Patenschafts- und Partnerprogrammen zu anderen Universitäten muss man sich definitiv mit den Studenten hinsetzen, das sind zwei ganz wichtige Punkte.

PACK: Was die Studierenden freut, ist, dass in dem Gesetz zur Stiftungsuni ein klares „Nein“ zu Studiengebühren steht. Wie stehen Sie persönlich dazu?

Lehnert: Grundsätzlich  müssen wir in einer Universität, die ja auch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, ohne Studiengebühren auskommen, weil Bildung und Bildungsvermittlung eine öffentliche Aufgabe sind. Das ist ganz klar. Es gibt Situationen an anderen Universitäten, dass die finanzielle Situation so ist, dass mit einer kleinen, zweckgebundenen Beteiligung die Qualität der Lehre verbessert wird. Dies ist zum Beispiel in England fast die Regel. Grundsätzlich sollten wir aber definitiv ohne Studiengebühren auskommen, und im Gesetz zur Stiftungsuniversität ist dies gottseidank so festgeschrieben. Viele Universitäten, die heute als Privatuniversitäten, insbesondere im Bereich der Medizin entstehen, sehe ich als sehr kritisch, weil für relativ viel Geld studiert wird, damit eine soziale Ungleichheit geschaffen wird und zudem die Ausbildungsgänge nicht wirklich qualitätskontrolliert sind.

PACK: Auch ohne Studiengebühren muss das Stiftungskapital irgendwo herkommen. Nach allem was wir gehört haben, wäre es nicht gelogen zu sagen, dass Sie selbst recht wohlhabend sind…

Lehnert: Ich glaube, „recht wohlhabend“ ist jetzt relativ und jeder von uns, der etwas angespart hat, ist aufgefordert, etwas dazu beizutragen. Das würde ich auch tun.

PACK: Aus aktuellem Anlass noch eine letzte Frage zu Ehrendoktorwürden. Sie haben selbst einen Ehrendoktortitel bekommen, von der rumänischen Universität in Timisoara. Nun wird auch Annette Schavan ein Ehrendoktortitel von unserer Universität verliehen. Wie stehen Sie dazu?

Lehnert: Das ist eine ganz schwierige Diskussion, die wir dazu geführt haben. Wir haben alle Für und Wider im Senat diskutiert und vor Bekanntwerden der Plagiate und nach der Aberkennung des Titels zweimal einstimmig dafür votiert. Ich habe damit damals selbst dafür gestimmt. Deswegen bin ich der festen Überzeugung, dass wir jetzt dabei bleiben sollten. Das wieder rückgängig zu machen halte ich für sehr schwer. Ob man heute noch einmal so abstimmen würde wie damals weiß ich nicht.

Ich würde es so sagen: Wir haben damals lange diskutiert und sollten dabei bleiben, aber wir sollten die Diskussion zum Anlass nehmen zu prüfen, wie unsere Kriterien sind, welche Leistungen es sind, die jemand vollbracht haben muss und wieweit ein Plagiatsverhalten uns sagen sollte, dass wir so etwas in Zukunft nicht mehr machen. Das sind Diskussionen, die wir ganz offensiv führen müssen. Wir müssen uns auch überlegen, ob das, was Frau Schavan getan hat, nicht ohnehin Teil ihrer Dienstaufgabe war, ganz klar.

Diese Punkte werden wir noch einmal ganz kritisch beleuchten. Ich glaube nicht, dass wir die Entscheidung heute noch einmal so einstimmig treffen würden, aber wir haben sie damals so getroffen, jetzt sollte man dabei bleiben. Das ist meine Überzeugung, aber wir sollten die Situation auch zum Anlass nehmen, dies in Zukunft sehr viel differenzierter zu handhaben.

PACK: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch genommen haben!

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