Univision 2020 – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Sat, 20 Feb 2016 23:29:01 +0000 de-DE hourly 1 Stiften gehen https://www.studentenpack.de/index.php/2012/05/stiften-gehen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/05/stiften-gehen/#respond Tue, 15 May 2012 08:00:30 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=12935
Lukas Ruge | StudentenPACK.

Die Universität zu Lübeck arbeitet an einer Umstrukturierung unter dem Begriff „Univision 2020“, dazu gehört auch das Streben danach, Stiftungsuniversität zu werden.

Die Zukunft der Universität zu Lübeck zu verstehen, ist dieser Tage bei weitem keine triviale Angelegenheit. Das Stichwort ist dabei das Wort „Stiftungsuniversität“, denn diese ist der zentrale Baustein des sogenannten Projekts „Univision 2020“, einem Projekt welches die Leitung der Universität angestoßen hatte, um die Universität für die Zukunft besser zu positionieren. Diese Restrukturierung begann schon vor der Untergangspanik, „Lübeck kämpft“ und den Demonstrationen des Jahres 2010, doch durch die neue Aufmerksamkeit der Presse für die Angelegenheiten an der Uni selbst hat auch die Strukturveränderung mehr Aufmerksamkeit erhalten.

Doch mit mehr Aufmerksamkeit ist nicht zwangsläufig eine gestiegenes Verständnis einhergegangen. Die Grenze zwischen einer Stiftungsuniversität und einer Privatuniversität scheinen in den Diskussionen zu verschwimmen, rationale Befürchtungen vermischen sich mit irrationalen Ängsten.

Die „Univision 2020“ begann mit der Auflösung der Fakultäten (StudentenPACK, November 2009), die nun Sektionen heißen und deshalb besser kooperieren sollen, und fand ihren zweiten großen Schritt in der Gründung des Wissenschaftscampus, der nun den unaussprechlichen Namen BioMedTec-Wissenschaftscampus trägt und auch dafür sorgen soll, dass Forschungseinrichtungen und Hochschulen besser zusammenarbeiten. Die Universität soll in dieser Vision zudem ihr Profil schärfen, sich als „Profiluniversität“ etablieren. Der nächste Schritt, im Jahre 2014, soll die Umwandlung der Universität zu Lübeck zu einer Stiftungsuniversität sein. Dieser Termin ist wohl mit Vorsicht zu genießen. In einem Interview 2010 erklärte Präsident Dominiak gegenüber dem StudentenPACK (November 2010), die Stiftungsuniversität käme 2013, zuvor sollte es noch früher sein.

Doch nun bewegt sich etwas. Am 16. April unterzeichnete das Präsidium der Universität und der Wissenschaftsminister Jost de Jager ein Eckpunktepapier, welches den Weg hin zur Stiftungsuniversität ebnen soll. Ein entsprechendes Gesetz soll am 1. Januar 2014 in Kraft treten.

Juristische Personen

Ein Verständnis dafür zu entwickeln, was die Chancen und Gefahren der geplanten Veränderungen sind, erfordert ein Verständnis für die rechtliche Grundlage auf der Universitäten in Deutschland operieren. Es heißt, im Ansatz zu verstehen, was eine Stiftung ist und was sie von einer Körperschaft unterscheidet. Das ist alles recht trocken und man mag sich denken, dass man genau deswegen nicht Jura studiert hat, um all dies nicht wissen zu müssen, aber jetzt betrifft es unsere Universität. Da scheint es notwendig, dann doch Google und Wikipedia zu bemühen ein paar Studien und Stellungnahmen und den einen oder anderen Gesetzestext zu lesen, um sich ein Bild zu machen. Genau das habe ich getan.

Die Universität zu Lübeck ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Um zu verstehen, was dies für Bedeutung und Konsequenzen hat, lohnt es sich, diesen Begriff zu dekonstruieren. Eine Körperschaft zu sein bedeutet, dass man eine Vereinigung ist, deren Existenz zwar auf ihren Mitgliedern beruht, die aber von konkreten Mitgliedern unabhängig ist. Soll heißen, die Universität zu Lübeck ist jedes einzelne Mitglied, jeder Student, Mitarbeiter, Professor oder Ehrenmitglied. Doch die Körperschaft bleibt bestehen, auch wenn die Gruppe der Mitglieder sich verändert. Eine Körperschaft ist eine juristische Person. Juristische Personen sind eine Gruppe von Menschen, welche vor dem Gesetz als eine solche Person Rechte und Pflichten wahrnehmen können, zum Beispiel das Recht etwas zu kaufen oder gegen jemanden zu klagen. Die Körperschaft ist nur einen von vielen Unterarten dieser seltsamen Art von Person, jedes Bundesland ist eine juristische Person, genauso ist Deutschland selbst eine, der Kaninchenzüchterverband, das ZDF, die Nationalbibliothek, der BVB und Volkswagen. Der BVB und Volkswagen sind, wie viele Vereine und Aktiengesellschaften, ebenfalls Körperschaften, aber eine andere Art von Körperschaft, eine des privaten Rechts. Der Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts ist für bestimmte Gruppen reserviert, darunter fallen die Länder, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, einige Kammern, wie zum Beispiel die Ärztekammer, und eben Universitäten.

Jene Körperschaften des öffentlichen Rechts existieren, damit sich bestimmte Gruppen selbst verwalten können. Damit die Bundesländer gewisse Dinge unabhängig vom Bund tun können, die Gemeinden unabhängig vom Land und eben auch die Universitäten einiges haben, was sie für sich entscheiden. Dieser Status gibt der Universität eine gewissen Unabhängigkeit, sie kann eine eigene Satzung beschließen, die für ihre Mitglieder gültig ist.

An diesem Privileg, sich eine Satzung geben zu können, würde sich nichts ändern, wenn die Universität eine Stiftungsuniversität würde. Weiterhin wäre die Uni Lübeck eine staatliche Universität und nach wie vor würde sie vom Land den Zuschuss für Forschung und Lehre erhalten. Doch wenn sich nichts ändert, warum ist es dann besser?

Nun, ein bisschen ändert sich schon. Als Referenz empfiehlt sich das Land Niedersachsen. Vielleicht kein idealer Vergleich, weil das Land finanziell besser dasteht als Schleswig-Holstein (warum das Bedeutung hat, zeigt sich später) und auch, weil jedes Land andere Stiftungsgesetze hat – dafür hat Niedersachsen aber bereits vor fast 10 Jahren begonnen, Universitäten in ein Stiftungsmodell zu überführen. Die Universitäten in Göttingen, Hildesheim, Lüneburg, Osnabrück und Hannover sind seit 2003 Stiftungen des öffentlichen Rechtes. Die Regeln dieser Transformation bestimmt das Niedersächsische Hochschulgesetz (§ 55).

In dieser neuen Regelung ist in Niedersachsen nicht mehr das Land der Dienstherr aller Beschäftigten der Uni, vom Präsident bis zum Hiwi, sondern die Universität selbst. Die Hochschule kann eigenständiger neue Professoren berufen und neue Studiengänge werden unabhängig akkreditiert, anstelle vom Land genehmigt zu werden. Die Universität wird auch zum Dienstherr der Professoren, anstelle von unmittelbaren Beamten des Landes werden sie zu mittelbaren Beamten. Nicht alle sehen das als etwas Positives: Fünfzehn Göttinger Professoren haben Klage eingelegt. Keine unwichtigen Details, aber dies sind nicht die Änderungen über die diskutiert wird. Wie so oft, geht es um Geld.

Was ist eigentlich eine Stiftung?

Würde die Lübecker Universität zur Stiftungsuniversität werden, so würde die juristische Person ihre Rechtsform ändern. Aus einer Körperschaft des öffentlichen Rechts würde eine rechtsfähige Stiftung des Öffentlichen Rechts. Die Universität ist dann nicht mehr definiert durch ihre Mitglieder, sondern durch ihr Kapital, das sogenannte Stiftungsvermögen. Keine Stiftung kann ohne ein solches existieren, denn eine Stiftung ist letztendlich nichts anderes als Geld mit einem Zweck. Jede Person, natürliche wie juristische, kann eine Stiftung gründen. Er oder Sie muss dafür einen Namen ersinnen (in diesem Falle „Universität zu Lübeck“), der Stiftung einen Sitz geben (Hansestadt Lübeck), einen Zweck bestimmen (In Niedersachsen ist dies „durch einen eigenverantwortlichen und effizienten Einsatz der der Stiftung überlassenen Mittel die Qualität von Forschung, Lehre und Studium und Weiterbildung an der Hochschule zu steigern“, § 55 des Niedersächsisches Hochschulgesetzes), ein Vermögen bereitstellen (zum Beispiel Land oder Gebäude oder natürlich Geld), und einen Vorstand bilden (zumindest in Niedersachsen ist in diesem Vorstand kein Student). Die Stiftung finanziert sich dann über die Erträge des Vermögens, welches selbst nicht angerührt wird.

Im Falle der Universität wäre der Stifter die juristische Person Schleswig-Holstein, denn dem Land gehört die Hochschule derzeit, und wenn ein Land stiftet, dann benötigt es ein Gesetz, ein Stiftungsgesetz. In diesem Stiftungsgesetz legt das Land all die beschrieben, notwendigen Details fest (Name, Zweck, Satzung…) fest und wenn es möchte auch noch mehr. Über dieses Stiftungsgesetz ist es daher möglich, der Universität die Option zu lassen, eigenständig Studiengebühren zu erlassen aber genauso, es endgültig unmöglich zu machen. Es ist genau dieses Gesetz, was Jost de Jager für den 1. Januar 2014 versprochen hat.

Auch das Stiftungsvermögen wird festgelegt und im Falle der Universität zu Lübeck könnte es sich dabei um ein eher symbolisches Vermögen handeln. Sicherlich keines, welches die rund 50 Millionen Euro, welche die Universität jedes Jahr benötigt, in Zinsen abwirft, denn ein solches Vermögen hat das Land nicht abzugeben. So etwas ist nicht neu, auch andere Stiftungen des öffentlichen Rechtes sind gegründet worden, ohne nennenswertes Stiftungsvermögen. Diese Stiftungen sind dauerhaft auf Geld vom Land angewiesen, man spricht von einer Zuwendungsstiftung. Dieser Betrag, der Haushalt der Stiftung, kann neu verhandelt werden, bei vielen Stiftungen muss er jedes Jahr vom Parlament neu beschlossen werden. Im Niedersächsischen Hochschulgesetz heißt es: „Die Stiftung erhält zur Erfüllung ihrer Aufgaben eine jährliche Finanzhilfe des Landes nach Maßgabe des Haushalts“ (§ 56 (4)). Die finanzielle Sicherheit der Stiftung ist daher nicht rosig. Sie ist, wie auch die Körperschaft, von der oft unberechenbaren Geberlaune des Landtags abhängig. Woher kommt also das Gerede von finanzieller Unabhängigkeit?

Die finanzielle Unabhängigkeit erreichen Stiftungen des öffentlichen Rechts nicht durch die jährlichen Zuwendungen des Staates, die sie ohnehin ausgeben müssen, um ihren Pflichten nachzukommen, sie erreichen finanzielle Unabhängigkeit durch Spenden. Im Gegensatz zur Körperschaft des öffentlichen Rechtes können Stiftungen nahezu unbegrenzt Geld anhäufen. Diese Spenden können entweder ausgegeben werden oder aber genutzt werden, um das Stiftungskapital zu vergrößern. Die jährlichen Zinsen auf dieses vergrößerte Kapital werden so zur finanziellen Sicherheit, zu einer langsam anwachsenden Summe an Unabhängigkeit.

Die finanzielle Krux

Doch mit dieser Unabhängigkeit ist eine der größten Ängste der Kritiker des Stiftungsmodells verbunden. Was hindert einen zukünftigen Landtag daran, jene Sicherheit als Argumentation zu nutzen, den Landeszuschuss an die Stiftungsuniversität zu kürzen? Genau genommen, so ehrlich muss man sein, nichts. Stiftungsgesetze oder andere Gesetze, welche die Höhe der Zuwendungen festlegen, lassen sich mit einfacher Mehrheit im Landtag ändern. Sollte der Etat in jedem Haushalt neu verhandelt werden oder mit jeder neuen Zielvereinbarung, ist er genauso unsicher.

Bis zum Jahr 2020 müssen die Länder in Deutschland ihre Nettokreditaufnahme auf Null senken. So steht es seit 2009 im Grundgesetz und seit Mai 2010 auch in der Schleswig-Holsteiner Landesverfassung. Das heißt, dass ab 2020 keine Schulden mehr aufgenommen werden dürfen, außer zur Tilgung von Altschulden (zum Beispiel Zinsen), sich die Menge der Schulden daher nicht vergrößert kann, sich im besten Falle sogar reduziert. Für diese Regelung hat sich der Begriff Schuldenbremse etabliert. 2020 ist auch die symbolische Deadline für die rechtliche Neuordnung der Universität in Lübeck, die „Univision 2020“.

Im Zusammenhang mit der Schuldenbremse in der Verfassung wird bis zum Jahr 2020 der Spielraum im Haushalt des Landes noch unvorstellbar klein werden. Die Argumentation, den Etat einer Universität, die jährlich selbst Teile ihres Haushaltes durch ihre Stiftungsrücklagen finanzieren kann, zu kürzen, mag angesichts knapper Kassen vielen im Land wie eine bessere Lösung erscheinen als jenen die Zuschüsse zu kürzen, die sich nicht mit Stiftungskapital über Wasser halten können. Es mag auch vielen Bürgern im Land richtig erscheinen. Wenn die Uni Lübeck Millionen Euro in der Hinterhand hat, warum dann bei Frauenhäusern, Blindengeld oder Anderem schwer verständliche Kürzungen vornehmen. Was also, fragen die Kritiker, wenn man beginnt uns die Gelder zu kürzen.

Das mit dem Ministerium vereinbarte und am 16. April vorgestellt Eckpunktepapier legt fest, dass die Vereinbarungen mit der Universität zu Lübeck weiterhin in den Zielvereinbarungen mit allen anderen Schleswig-Holsteiner Hochschulen zusammen getroffen werden. Die Universität zu Lübeck soll also nicht anders behandelt werden können als die anderen Hochschulen. Aber natürlich kann, gerade bei knappen Kassen, jede Vereinbarung zurückgezogen und durch eine neue ersetzt werden. Jede Zusage, dies werde nicht geschehen, ist in Wirklichkeit lediglich eine Hoffnung. Es gibt keine Garantien dort, wo Politik und Geld aufeinandertreffen. Zudem kann bei jeder mit einem Gesetz geschaffenen Stiftung ihre Rechtsform durch ein weiteres Gesetz jederzeit wieder geändert werden.

Abhängigkeit von der Wirtschaft?

Wenn knappe Landeskassen Angst machen, dann wird in der deutschen Hochschullandschaft schnell von Drittmitteln gesprochen. Geld, welches ein Institut oder eine Forschergruppe zusätzlich zu den Zuschüssen vom Land für die Forschung an der Universität erhält. Viele dieser Drittmittel kommen vom Bund oder aus der EU, aber natürlich auch aus der Industrie. Drittmittel machen von Landesgeldern unabhängig, aber sie machen nicht völlig unabhängig. Wer sich über Drittmittel finanziert, benötigt immer neue, um die Nachfolgefinanzierung zu sichern. Auch eine Stiftungsuniversität birgt solche Gefahren, argumentieren die Kritiker.

Es gibt in Deutschland über 400 sogenannte Stiftungsprofessuren. Das sind Stellen, die aus einem gestifteten Kapital bezahlt werden. Überwiegend stammt dieses Geld aus der Industrie. Durch Geld von Volkswagen oder anderen Unternehmen mit Gewinninteresse wird eine Professur gestiftet, meist zeitlich begrenzt. Sie nutzen dann kostenlos die öffentliche Infrastruktur, weil sie an den Forschungsergebnissen interessiert sind. Ein Geschenk, das sicher kaum eine Universität ablehnen würde – eine zusätzliche Professur verbessert Forschung und Lehre enorm. Doch Forschung, die dem Geldgeber nicht genehm ist, kann man sich dann kaum leisten. Thorsten Bultmann, Geschäftsführer des Bundes demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sieht darin im „ruprecht“, der Heidelberger Studierendenzeitung, 2007 einen „wachsenden und öffentlicher Kontrolle entgleitenden Einfluss mächtiger gesellschaftlicher Privatinteressen. Diese nutzen die staatliche, das heißt öffentlich finanzierte, Infrastruktur quasi als ‚Gratisproduktivkraft‘ mit, um so den Ertrag der unmittelbar privat erbrachten Investitionssumme zu vermehren.“ Für ihn ist das der langsame Verlust der öffentlichen Kontrolle. „Umgekehrt proportional nimmt der Einfluss des politischen Souveräns der Bürgerinnen und Bürger ab. Demokratietheoretisch gesprochen: Eine höchst bedenkliche Entwicklung.“

Deshalb befürchten Kritiker, dass aus einer finanziellen Abhängigkeit auch eine geistige Abhängigkeit werden kann. Die größte Angst lautet Public Private Partnership (PPP). Ein Begriff, der aus der Diskussion um das UKSH bekannt klingt. Beim UKSH ist das Modell, dass ein privater Investor die Gebäude kauft und saniert und dann dem UKSH vermietet, sich die öffentliche Hand aber um die Krankenversorgung kümmert. Im Falle von Universitäten befürchten Kritiker des Stiftungsuniversitäskonzepts, dass das Land die Gebäude und die Verwaltung bezahlt, aber die Forschung mehr und mehr aus privaten Geldern bezahlt wird.

Doch wenn man darüber nachdenkt, sind diese Befürchtungen für Körperschaften genauso real wie für Stiftungen. Auch Universitäten, die keine Stiftungen sind, haben Stiftungsprofessuren, auch sie sind immer abhängiger von Drittmitteln. Die Abhängigkeit der Universitäten von der Wirtschaft ist ein wichtiges Thema und es muss diskutiert werden, es ist aber nicht unbedingt eine stärkere Gefahr bei einer Stiftungsuniversität.

Wer hat die Kontrolle?

Jede Stiftung hat eine Satzung und diese regelt, wie sich die Stiftung intern organisiert. Die Universität zu Lübeck hat bereits jetzt eine solche Satzung und das Eckpunktepapier zwischen Wissenschaftsministerium und Universitätsleitung sieht vor, dass sich diese erst einmal nicht stark ändern würde. Doch eines ist unvermeidbar: In einer Stiftung wird ein neues Gremium hinzukommen, der Stiftungsvorstand. Anders als die Gremien der Universität, welche durch die Mitglieder gewählt und dadurch legitimiert werden, ist ein Stiftungsvorstand in erster Linie den Stiftern, also den Geldgebern, verpflichtet. Eine Stiftung hat keine Mitglieder. Die Satzung der Stiftung kann weitere Organe vorsehen, dies wären dann jene Gremien, die wir auch jetzt schon an der Universität haben, vom Präsidium über den Senat bis hin zur studentischen Selbstverwaltung.

Im Zusammenhang mit der Einrichtung von Stiftungsuniversitäten in Niedersachsen und später auch in Hessen und Brandenburg hat es um die Zusammensetzung und Legitimation des Stiftungsrats, dem der Stiftungsvorstand, welcher gleichzeitig das Präsidium der Universität ist, vorsteht, lange Diskussionen gegeben. In Niedersachsen hat sich ein Modell etabliert, in welchem sieben Personen sitzen. Fünf der sieben kommen aus dem Bereich Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, ein Mitglied wird vom Ministerium bestimmt und eines vom Senat der Hochschule. Studenten haben keine Stimme. Der AStA der Uni Osnabrück äußerte sich dazu in einer Stellungnahme am 15. Februar 2002: „Durch die weitreichenden Kompetenzen des Stiftungsrates (insbesondere bei der Berufung und Entlassung des Präsidiums sowie Finanzhoheit) und der Hochschulleitung (weitgehende Übernahme der bisher ministerialen Fachaufsicht), die beide von außen eingesetzt werden, wird das Mitentscheidungsrecht aller Hochschulangehörigen massiv beschnitten.“

Doch die Ängste der Osnabrücker Studenten müssen nicht in Lübeck Realität werden. Alles hängt davon ab, wie das Stiftungsgesetz letztendlich aussieht.

Es wird in naher Zukunft wichtig sein, die Diskussion über die Zusammensetzung und Funktion des Vorstandes der Stiftung zu führen. Einige politische Parteien, darunter die Grünen, haben eine Vertretung aller Gruppen, auch der Mitarbeiter und Studenten, in diesem Gremium bereits zur Bedingung ihrer Zustimmung gemacht. „Zentrale Kriterien sind für uns ein Ausschluss von Studiengebühren, die Wahrung der Unabhängigkeit von Forschung und Lehre sowie der Verzicht auf eine Einschränkung studentischer Mitbestimmung.“, schreibt der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion der Grünen, Rasmus Andresen, am 17. April in einer Presseerklärung.

Heißt Stiftungsuniversität auch Studiengebühren?

Eine weitere Angst, die mit dem Begriff Stiftungsuniversität verbunden ist, ist die vor Studiengebühren. Mehrfach, zuletzt zusammen mit allen anderen Hochschulleitern des Landes, hat sich Präsident Dominiak für Studiengebühren ausgesprochen. Auch daher kommt die Angst vieler Studenten, das Stiftungsuniversitätskonzept diene lediglich der Einführung von Gebühren auf einem Umweg. Die Parteien lehnen Studiengebühren derzeit durch die Bank ab. Daniel Günther, hochschulpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, machte auf der Vollversammlung der Studierendenschaft im April klar: „Professor Dominiak ist nur einer von über zwei Millionen Wählern“, die CDU werde sich nicht umstimmen lassen. Ähnlich sehen es alle anderen Parteien.

Eine Stiftungsuniversität kann im Stiftungsgesetz so eingerichtet werden, dass sie Gebühren im Alleingang erheben kann, wenn sie möchte. Derzeit ist das Bestreben der Parteien und der Vertreter der Studierendenschaft, dafür zu sorgen, dass dies nicht geschieht. Es ist damit zu rechnen, dass dies eines der am heftigsten diskutierten Themen des Umwandlungsprozesses wird.

Pro und Contra

Was also sind die Vor- und Nachteile einer Stiftungsuniversität Lübeck? Vielleicht sollte man diese Begriffe gar nicht verwenden, viel mehr gibt es Chancen und Gefahren. Denn letztendlich ist es möglich, dass sich gar nichts außer der Rechtsform ändert.

Befürworter glauben, dass die Universität zu Lübeck als Stiftung die Chance hat, ihre Autonomie zu steigern. Dies ist zum Beispiel die Option, einzustellen und zu entlassen wen man möchte oder einfacher Studiengänge einzuführen. Auch was Bauvorhaben angeht, kann eine Stiftungsuniversität potenziell mehr Kontrolle erhalten. Am täglichen Leben eines Studenten werden diese Vorteile nicht sichtbar werden. Zudem stellte eine 2001 von der Hamburger Wissenschaftssenatorin Krista Sager (Grüne) einberufene Kommission, die sich mit möglichen Rechtsformen der Hochschulen auseinandersetzen sollte, fest, dass diese Vorteile grundsätzlich auch von einer voll rechtsfähigen Körperschaft genossen werden können. Für mehr Autonomie braucht es also nicht zwangsläufig das Stiftungsmodell.

Als Chance wird auch eine häufig angesprochene bessere Identifizierung der Region mit ihrer Hochschule angesprochen. Dies lässt sich natürlich nicht überprüfen und im Falle von Lübeck ist anzumerken, dass bereits eine überdurchschnittlich gute Identifikation mit der Hochschule existiert.

Die finanzielle Unabhängigkeit ist eine Scheinperspektive. Jede öffentliche Stiftungshochschule wird eine Zuwendungsstiftung sein und bleiben, egal wie viel Gelder private Stifter beisteuern. Damit widerspricht diese Stiftung dem Grundgedanken einer Organisation, welche ausschließlich von einem langsam wachsenden Stiftungskapital lebt. Der AStA der Uni Osnabrück dazu: „Wenn die Stiftung als Stiftung funktionieren soll, dann müssten die staatlichen Mittelzuweisungen extrem hoch sein. Eine Stiftung soll sich ja gerade durch ihr Stiftungskapital und nicht durch laufende Zuweisungen hauptsächlich finanzieren. Der Aufbau eines staatlichen Stiftungskapitals ist aber in absehbarer Zeit nicht realistisch.“

Die Befürchtung starker wirtschaftlicher Einflussnahme ist sicherlich berechtigt, allerdings bei allen Hochschulen, nicht nur bei Stiftungen.

Als Gefahr des Modells sehen viele den Verlust der Mitsprache bestimmter Gruppen. Studenten und Mitarbeiter sind nicht zwangsläufig Teil eines Stiftungsvorstands. Dazu kommt die Gefahr, dass es einer Stiftungsuniversität möglich ist, unabhängig Gebühren zu erheben. Beidem kann durch ein gutes Stiftungsgesetz der Riegel vorgeschoben werden, denn auch eine Stiftungsuni ist eine staatliche Hochschule und keinesfalls eine private Uni. Sie kann nicht einfach machen, was sie möchte.

Bisher steht kaum etwas fest. Es werden Monate der Diskussionen über mögliche Umsetzungen folgen, in denen sich zeigen wird, welchen Weg die Stiftungsuniversität gehen wird. Ein 2002 vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) einberufenes Symposium kam zu dem Schluss, „dass ein Stiftungsmodell Risiken beinhaltet, die aber durch klare Regelungen minimiert werden können“. Für die Studierendenschaft ist es dabei wichtig, aufmerksam und kritisch zu bleiben und den Dialog mit dem Universitätspräsidium und den Parteien zu suchen.

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Vollversammlung ohne voll https://www.studentenpack.de/index.php/2010/01/vollversammlung-ohne-voll/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/01/vollversammlung-ohne-voll/#respond Mon, 11 Jan 2010 09:00:10 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=109224
Lukas Ruge | StudentenPACK.

Professor Peter Dominiak

Es hat rumort an der Uni während der letzten Wochen. „Die wollen die Fakultäten auflösen!“, hörte man immer wieder von schockierten Studenten und vereinzelt machte sich die Sorge breit, dass dadurch der komplette Studienstandort Lübeck bedroht sei. Tatsächlich war der Informationsfluss anfänglich recht langsam von statten gegangen. Zunächst wurde der Senat in Kenntnis gesetzt, darüber dann die studentischen Gremien. Schließlich wurden alle Studenten eingeladen, sich während der darauf folgenden Senatssitzung zu informieren. Doch war dies offensichtlich nicht der optimale Rahmen, um die breite Öffentlichkeit von den Änderungen in Kenntnis zu setzen. Und so war Prof. Peter Dominiak, Präsident der Universität, gerne bereit, der Bitte der studentischen Senatsmitglieder, David Krug und Michael Drefahl, nachzukommen und eine gesonderte Infoveranstaltung anzubieten.

So wurde zu einer Vollversammlung geladen – die, wie sich später herausstellte, aus satzungstechnischen Gründen gar keine war – und Prof. Dominiak erläuterte erneut, welche Veränderungen der Uni bevor stünden. Zunächst lies er das Auditorium nachvollziehen, wie es zu den Ideen für die Umstrukturierung gekommen war, dann ging er auf die Neuerungen ein, über die im Wesentlichen schon in der Novemberausgabe des StudentenPACKs berichtet wurde. Unterm Strich soll erreicht werden, dass die Stimme der Lübecker gegenüber den Kielern mehr Gewicht bekommt, als das jetzt der Fall ist, Drittmittel sollen sinnvoller eingesetzt werden können und die Lehre – insbesondere die Didaktik der Lehrenden – soll weiter verbessert werden. Die Gelder, die diese Umstellung kosten wird, sollen vor allem durch die erneut beantragte Exzellenzinitiative angespült werden. Dies soll wird bis Ende 2011 ins Auge gefasst und dann wolle man, so Dominiak, bis 2020 die Umstrukturierung zur Stiftungsuniversität in Angriff nehmen.

Nach dem Vortrag nahm sich Dominiak noch die Zeit, die Fragen der Studenten zu beantworten: Es wurde die Defusionierung des UKSH thematisiert, welches Teil des Campusrates werden soll, aber damit auch eine Kieler Stimme auf dem Campus behält. Dominiak konnte hier die Sorge vor einer störenden Instanz nehmen, da es feste Absprachen zwischen den Kielern und den Lübeckern geben wird und der Campusrat ausschließlich eine beratende Funktion inne haben soll. Später wurde noch gefragt, wie groß die Mitsprache der Kieler künftig noch sein solle und ob man auf Konfrontation aus sei. Letzteres sei natürlich nicht der Fall, man wolle keinen Streit schüren. Nach den neuen Plänen werde Lübeck aber eine komplett eigenständige Universität, in der Kiel soweit nichts mehr zu sagen habe.

Auch wurde die Sorge um die studentische Mitbestimmung zur Sprache gebracht, da ja geplant ist, die Konvente, wie sie jetzt bestehen, aufzulösen. Dominiak beschwichtigte aber, dass es keinesfalls geplant sei, die studentische Stimme zu schwächen. Formal sei es durchaus möglich, die Konvente zu erhalten, auch wenn sie dann „Senatsausschüsse“ heißen sollen. Welche Rechte und Pflichten den Studierenden zugesprochen werden, könne auf jeden Fall noch festgelegt werden. Die Größe des Senates wird sich jedoch nicht verändern, auch wenn die Konvente darin aufgehen, da die Mitgliederzahl von 13 gesetzlich vorgeschrieben ist. Indirekt wird dieses Gremium jedoch größer und wichtiger werden und es wird mehr Leute mit Rederecht geben. Und um die Studenten zu stärken wäre es sogar möglich, ihnen einen Platz im Stiftungsrat einzuräumen.

Was passiere, wenn die Pläne nicht durch die Exzellenzinitiative gegenfinanziert werden, wollte ein Student wissen. Dann, so Dominiak, müsse man wohl kleinere Töne machen, doch abbringen lassen wolle man sich nicht. Er sei aber zuversichtlich, denn allein um sich bewerben zu können, müsse die Uni schon gut vorarbeiten, was eventuellen Geldgebern zeigt, dass die Uni auf dem richtigen Weg ist und sie dadurch interessant mache.

Zwar sind in der neuen Landesregierung Studiengebühren vorerst vom Tisch, doch wie wird das in einer Stiftungsuni sein? Hier gab Dominiak zunächst offen zu, dass er sich schon vor einiger Zeit pro Studiengebühren ausgesprochen habe. Doch habe das Beispiel aus den anderen Bundesländern in der Zwischenzeit mittlerweile gezeigt, dass Deutschland verhältnismäßig schlecht dastehe, was die Vergabe von Stipendien angeht. Geplant sei aber, egal ob es zu Gebühren kommt oder nicht, einen Sozialfond einzurichten, der Studenten, deren Eltern sich das nicht leisten können, nicht in die sichere Armut führt. „Wir sind die einzige staatliche Uni, in der Sie Geld von uns bekommen und nicht wir von Ihnen“, bewarb Dominiak sein Projekt. Denn letztendlich profitiere ja die Uni und auch das Land vom erhöhten Zulauf derer, die kommen, weil sie hier nicht zahlen müssen.

Blieb also noch die eine beherrschende Frage, um die sich einige schon zuvor gesorgt haben: Wird unsere Universität geschlossen? Auch hier konnte Dominiak beruhigen: Zwar könne im Moment das Land fast jederzeit beschließen, dass Lübeck nicht mehr notwendig ist, jedoch seien gerade erst 350 Millionen Euro in das UKSH Lübeck investiert sowie Gebäude wie das Haus 64 und das AudiMax gebaut worden. Das lasse sich nicht mehr wegrationalisieren und somit sei die Uni relativ sicher. Wenn Lübeck aber erst zur Stiftungsuniversität geworden ist, kann sie so schnell aber nicht mehr geschlossen werden, da dafür dann erst Gesetze geändert werden müssten.

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Universität der Quantensprünge https://www.studentenpack.de/index.php/2009/11/universitat-der-quantensprunge/ https://www.studentenpack.de/index.php/2009/11/universitat-der-quantensprunge/#respond Sun, 15 Nov 2009 10:01:11 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1300 An der Universität zu Lübeck bahnen sich grundlegende Veränderungen an. Veränderungen die zwar einerseits von komplexer verwaltungstechnischer Natur sind, aber andererseits, das Gesicht der Universität, die Forschung in dieser Stadt und damit letztendlich auch die Lehre an der UzL grundlegend verändern werden.

Der eine oder andere mag sich fragen, warum solche Veränderungen nötig sein sollen, ist die Uni doch auch jetzt schon äußerst angesehen und heiß begehrt. Doch Raum nach oben ist ja fast immer und so wird schon seit 2006 in Workshops und Diskussionsrunden an einen Konzept gefeilt, die Uni Lübeck erfolgreicher zu machen und sie gleichzeitig abzusichern gegen jene, die ihr Finanzen streichen oder sie im schlimmsten Fall gar schließen wollen. Eine Projektgruppe – bestehend aus dem Präsidium der Universität, den Dekanen und Studiendekanen der Fakultäten sowie dem Direktor der Leibniz-Institute Prof. Rietschel, Dr. Schuster und Dr. Herbert Westermann, einem externen Berater – hat nun ein Konzept entwickelt, das sich mit dem Namen Univision 2020 schmückt.

Seit Mitte Oktober scheint den Gruppenmitgliedern die Zeit reif zu sein, dieses Konzept der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das stößt gerade unter einigen Vertretern im AStA und in den Fachschaften auf Unverständnis: Warum war man nicht schon viel früher eingebunden? Prof. Dr. Peter Dominiak, Präsident der Universität zu Lübeck, meint aber, dass dies der richtige Weg gewesen sei: „Wir haben die Studierenden genauso früh eingeschlossen wie den Senat auch“, berichtet er, denn mit unfertigen Ideen anzutreten würde niemandem weiterhelfen. Zudem stünde man ja auch nicht vor vollendeten Tatsachen, erst Ende Juni 2010 hoffe man so weit zu sein, die neuen Strukturen umzusetzen. Solange müssen Senat, Universitätsrat, Ministerium und viele andere sich noch mit den Plänen beschäftigen, so Dominiak. „Und wenn jemand mit einer super Idee zu uns kommt dann sind wir jederzeit bereit die Idee noch aufzunehmen. Natürlich auch Ideen von Studierenden.“ Eine Vollversammlung einzuberufen hätte wohl mehr Chaos gestiftet als zu konstruktiven Ideen geführt.

Lukas Ruge

Universitätspräsident Peter Dominiak (Oktober 2009, Petrikirche)

Doch welche Neuerungen stehen der Universität bevor: Die zentrale und fürs erste auffälligste Veränderung ist sicherlich die Auflösung der Fakultäten. Dies geschieht natürlich nicht im Selbstzweck, sondern hat seinen Hintergrund. 60% der Mittel die an unserer Universität für die Lehre zur Verfügung stehen sind nicht unter unserer Kontrolle. Der Medizinauschuss des Landes, in dem Vertreter der Universität Kiel und der Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität zu Lübeck sitzen, kontrolliert diese Mittel und auch die Forschungsschwerpunkte und Entwicklungsplanung, was die Medizin in Lübeck angeht. Die Dominanz der Uni Kiel ist dabei unvorteilhaft für Lübeck und so versucht man schon lange, sich von diesem Gremium zu emanzipieren. Wenn man keinen Dekan in den Ausschuss schicken will, so ist es am besten wenn man einfach gar keinen hat. Natürlich kann man nicht einfach nur eine Fakultät auflösen, und so fällt die Technisch Naturwissenschaftliche Fakultät (TNF) der Selbstbestimmung der Uni zum Opfer.

Das Geld, was bisher über den Medizinauschuss verteilt wurde, würde somit direkt an die Universität gehen – so die Hoffnung – und obgleich es weiterhin an die Medizin gebunden ist, so kann doch vor Ort bestimmt werden wie genau es eingesetzt wird.

Nun mag man sich fragen, wer die Arbeit der Konvente übernehmen wird, die früher die gewählten Vertreter der Fakultäten waren und für Berufungsverfahren, Promotionen und eine Ausrichtung der Lehre zuständig waren. Auch hier gibt es eine Lösung, die auf den ersten Blick wie eine rein kosmetische Veränderung erscheinen mag: Der Senat wird in Zukunft drei Ausschüsse bilden, die die Arbeit der Konvente übernehmen, einen für Medizin, einen für die Naturwissenschaften sowie, und das ist neu, einen eigenen für die Informatik. Diese drei Ausschüsse werden Sektionen heißen. Ein Senatsauschuss wird allerdings, anders als die Konvente, nicht durch die gesamte Uni gewählt, sondern durch den Senat besetzt und kann von ihm auch wieder aufgelöst werden. Sorgen, ob eine unbequeme Sektion durch den Senat einfach wieder aufgelöst wird, räumt Professor Dominiak aus: „Bezüglich der Mitsprache und Mitbestimmung für die Studenten ändert sich praktisch überhaupt nichts“. Zum einen würde bei der Besetzung der Studentischen Mitglieder in den Sektionen natürlich gefragt werden, welche Vertreter in die Sektion kommen, außerdem sei es möglich, die Unauflösbarkeit dieser Ausschüsse festzulegen. Eine Entmachtung der Lehre durch die Verwaltung müsse niemand befürchten. „Wir wollen niemandem vorschreiben was er machen kann“, betont der Präsident. Fakt ist aber, direkt gewählt werden die Vertreter in den Fachbereichen nicht mehr sein.

Doch mit der Auflösung der Fakultäten ist es bei weitem noch nicht getan: Zentraler Bestandteil der bis 2020 umzusetzenden Pläne ist es, eine so genannte Profiluniversität zu werden. Unter dem Begriff kann sich natürlich spontan nicht jeder etwas vorstellen und auch Prof. Dominiak gesteht ein, dass der Begriff, genauso wie der der Sektionen, nicht unbedingt glücklich und vielleicht auch noch gar nicht endgültig ist. Auf der Suche nach einem guten Namen einen Wettbewerb für eine halbe Millionen Euro zu veranstalten, wie es die Universität Kiel erst vor kurzem getan hat, plant allerdings niemand.

„Die Profiluniversität steht für die Integration von Fragestellungen und Methoden der Biomedizin der Informatik und Technik in Forschung und Anwendung für den Menschen“, beschreibt es Dominiak in einem marketingtauglichen Satz, der jedoch Spezifika vermissen lässt. Doch an Ideen, wie das Profil der Universität geschärft werden soll, mangelt es nicht: Ein neuer Schwerpunkt auf Bevölkerungsmedizin – einer Disziplin die sich unter anderem mit Volkskrankheiten wie Diabetes aber auch mit Präventionsmedizin und Impfungen befasst – mit einem Leibniz-Institut für Lifescience und Informatik – was den Forschungsstandort erheblich stärken würde und das man hofft, bis 2020 an die Universität zu holen – einen Ausbau der Graduiertenschule zu einem Graduiertenzentrum, mit neuen Lehrstühlen im technischen Bereich und mit einer Bewerbung für das umgangssprachlich als „Eliteuniprogram“ bekannte Zukunftsprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft und vieles mehr.

Wahrscheinlich wird nicht jedes Ziel erreichbar sein, auch wenn man sich derzeit optimistisch gibt, doch sicherlich ist es besser mit hohen Ansprüchen ins Rennen zu gehen.
Bemerkbar machen wird sich für die Studenten in erster Linie, dass sie differenzierter betreut werden können. Wo jetzt lediglich die Fakultäten Studiendekane haben, erhält demnächst jeder Studiengang seinen eigenen verantwortlichen Ansprechpartner, seinen Programmdirektor. Die fünf Programmdirektoren – ein weiterer Begriff, an dem vielleicht noch geschliffen werden muss – werden miteinander die Lehre koordinieren und aufgrund ihres Fachwissens dabei in der Lage sein, sich auch mit den Studierenden viel besser zu koordinieren und die Qualität zu sichern. So eine Einrichtung sei einer der großen Vorteile einer kleinen Universität mit wenigen Studiengängen. An einer großen Uni wie Hamburg könnte man so etwas unmöglich koordinieren. Und während im Sinne des Profils die Verwaltung, Organisation und Strategie der Wissenschaft stärker von oben diktiert werden, soll die Lehre stärker als bisher von unten, von den tatsächlich Beteiligten, organisiert werden. Natürlich ist dies ein Spagat und wie gut die beiden Ansätze miteinander verbunden werden können, lässt sich sicherlich jetzt noch nicht absehen. Aber ein klares Profil heißt nicht, dass es nur noch einen Schwerpunkt gibt, sondern, dass jedes Fach in sich gut ist. Schon deshalb ist eines der Ziele das ohnehin schon sehr gute CHE-Ranking der Universität noch weiter zu verbessern.

Der letzte Schritt im Plan der Univisionäre ist der Schritt zur Stiftungsuniversität. Ängste, dies sei so etwas wie eine Privatuniversität, sind unbegründet: „Stiftungsuni hat mit Privatuni überhaupt nichts zu tun. Es ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts, das heißt wir sind nach wie vor staatliche Universität und erhalten nach wie vor den Zuschuss Forschung und Lehre, haben aber die Möglichkeit eigenes Kapital zu bilden und mit diesem Kapital auch zu arbeiten.“ Dieses Kapital wären dann die Liegenschaften der Universität, also das Gelände und die Gebäude. Eigenes Kapital zu haben, hätte für die Universität massive Vorteile. So wäre es möglich, auch von Firmen Geld einzutreiben und sich damit einerseits abzusichern gegen eventuelle Kürzungen im Etat des Landes, andererseits könnte man mit dem Geld auch das Studium verbessern. In 20 oder 30 Jahren, so erläutert der Unipräsident beispielhaft, könnte die Uni Lübeck dann vielleicht so viel Kapital haben, dass sie sich einen Nobelpreisträger als Professoren beruft. Sogar einer eventuellen Schließung der Uni durch die Landesregierung – derzeit theoretisch für alle staatlichen Universitäten möglich – wird sehr viel schwieriger. Stiftungen werden mit Hilfe eines Stiftungserrichtungsgesetzes vom Landtag beschlossen und dieses Gesetz kann auch nur vom Landtag wieder aufgelöst werden.

Der Zeitpunkt für die Pläne der Projektgruppe scheint ideal: Mit dem Sieg von CDU und FDP bei den Landtagswahlen im September, die laut Koalitionsvertrag ab 2015 offen dafür sind, die Aufhebung der Fusion der Unikliniken zu verhandeln, ist der Weg für die Stiftungsuniversität aushandelbar . Denn die Liegenschaften der Universität, die derzeit dem Klinikum überschrieben sind, wären als Kapital dafür notwendig. Die FDP, so betont Prof. Peter Dominiak, sei zumindest vor der Wahl die einzige Partei gewesen, die diesem Plan positiv gegenüber stand und so glaubt er im Koalitionsvertrag einiges an Ideen der Liberalen wiederzufinden. Er ist mit dem, was im Koalitionsvertrag zum Klinikum und zur Universität zu finden ist, zufrieden. Doch eigentlich sollte inzwischen allen Parteien klar sein, dass die Fusion der Kliniken gescheitert ist. Das UKSH hat es auch dieses Jahr in das Schwarzbuch der Steuerzahler geschafft. Gerade in der Pathologie wurden 4 Millionen Euro verschwendet, 8 Millionen Euro Schulden sind im letzten Jahr insgesamt zusammen gekommen. Vor der Fusion im Jahr 2003 arbeitet das Universitätsklinikum Lübeck in den schwarzen Zahlen. Freuen kann sich Präsident Dominiak über solche Zahlen natürlich nicht, auch wenn sie ein starkes Argument für sein Anliegen sind.

Ob Professor Dominiak Angst habe, dass das Projekt am Ende scheitert? Natürlich kann man das schwer absehen, doch er ist optimistisch, dass es gelingt. Sicherheitshalber könne der Senat nach drei Jahren das Projekt einfach wieder zurückdrehen, wenn eine externe Evaluation das Projekt Univision 2013 für missglückt hält, „aber wenn es klappt, dann ist es ein Quantensprung für die Universität“.

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