Rechtsextremismus – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Tue, 05 Mar 2013 00:12:03 +0000 de-DE hourly 1 Mölln ’92 – Gedenken und anklagen! https://www.studentenpack.de/index.php/2013/01/molln-92-gedenken-und-anklagen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/01/molln-92-gedenken-und-anklagen/#respond Mon, 14 Jan 2013 23:00:38 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=93441 „Ich kann es immer noch nicht fassen, was am 23. November 1992 mit meiner Familie geschehen ist. Es ist so schrecklich und grausam. Meine Frau Bahide ist tot, Enkelin Yeliz und Ayşe Yilmaz sind tot. Meine Schwiegertöchter sind […] behindert und haben Schmerzen, die Familie ist überhaupt nicht mehr, was sie war. Meine Frau Bahide war der Mittelpunkt meiner Familie – meines Lebens.“ (Nazim Arslan am 23. Juni 1993 vor dem II. Strafsenat, Oberlandesgericht Schleswig)

Mit diesem Zitat beginnt der Aufruf der bundesweiten Kampagne „Rassismus tötet“ zur Gedenkdemonstration anlässlich des 20. Jahrestages der rassistischen Brandanschläge mit drei Todesopfern und zahlreichen Verletzten in Mölln, Kreis Herzogtum-Lauenburg. Am Abend des 23. November 1992 werden in Mölln zwei Wohnhäuser mit Molotowcocktails attackiert. In der Ratzeburger Straße können sich die Bewohner_innen noch knapp aus dem Haus befreien, bei dem Anschlag in der Mühlenstraße ist das Vorgehen der Täter brutaler. Das Treppenhaus wird mit Benzin überkippt und entzündet, auf der Rückseite des Hauses werden die Fluchtwege gezielt mit Molotowcocktails in Brand gesetzt. In den Flammen dieses Anschlages sterben die 51-jährige Bahide Arslan, die zehnjährige Yeliz Arslan und die 14-jährige Ayse Yilmaz. Verantwortlich für diesen Anschlag sind zwei lokale Neonazis, welche schon bei den Anschlägen in Rostock-Lichtenhagen in Erscheinung getreten waren.

Da der AStA diesen Aufruf unterstützte, trafen sich am 17. November bei klirrender Kälte elf von 3500 Studierenden der Universität zu Lübeck, um gemeinsam mit etlichen anderen jungen Lübeckern den Weg nach Mölln anzutreten. Dort angekommen versorgten wir uns erstmal am Kundgebungsort mit bereitgestellter Suppe und Kaffee, bis um 12:30 Uhr die Demonstration mit zwei Redebeiträgen vom lokalen Bündnis gegen Rassismus begann. Danach zogen die circa 600 Personen durch die Stadt zum alten Marktplatz. Hier hielt ein Mitglied der Familie Arslan eine sehr bewegende Rede. Als direkt Betroffener kritisierte er den juristischen Umgang mit der Tat, die ausbleibende Solidarität und das daraus entstehende Gefühl der Hilflosigkeit, wie auch die heutigen Zustände bezüglich der Morde der NSU und der unwürdigen Gedenktafel, die am Haus befestigt ist. Am Ende bedankte er sich bei allen Anwesenden und bekräftigte die Wichtigkeit dieses Solidaritätszuspruches – „Wir, ihr alle seid die Familie Arslan“. Viele Teilnehmer waren sichtlich bewegt von dieser Rede und so zog danach die Demonstration schweigend am damaligen Tatort vorbei. Auch diese große, ruhige Menschenmasse war sehr beeindruckend. Danach lief die Demonstration einmal quer durch Mölln, um mit einer Abschlusskundgebung vor der Stadthalle ihren Abschluss zu finden. Es folgte ein buntes Rahmenprogramm mit Informationsständen von lokalen Initiativen, Volksküche und als Highlight ein Konzert unter anderem mit Jan Delay. Insgesamt war die Veranstaltung unserer Meinung nach ein würdiges Gedenken an die Opfer, verpasste es aber auch nicht die aktuellen Missstände anzuprangern.

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„Ich war bereit, zu töten!“ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/ich-war-bereit-zu-toten/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/ich-war-bereit-zu-toten/#comments Fri, 10 Feb 2012 17:00:25 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2439
Lukas Ruge | StudentenPACK.

Aussteiger Manuel Bauer und taz-Journalist Andreas Speit.

Vor dem Audimax stehen Polizeiwagen, im Foyer herrscht reges Treiben und langsam füllt sich der große Hörsaal. Die Zuhörer sind gekommen, um einen Aussteiger zu sehen, um zu hören, was einer, der in der rechten Szene unterwegs war, zu erzählen hat. Veranstaltet wird der Abend von der Lübecker Studierendenschaft: dem AStA und dem StuPa der Uni zusammen mit AStA und StuPa der FH, organisatorisch und finanziell unterstützt von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES).

Und so war es auch ein Vertreter der FES, der nach der Begrüßung durch Benjamin Eurich, dem federführenden AStA-Referenten, die Bühne betrat. Frederic Werner betonte den Auftrag der Stiftung, die Demokratie zu stärken. Rechte gefährdeten diese und Studien zeigten, dass diese kein Randphänomen, sondern inmitten unserer Gesellschaft zu finden seien. Aus diesem Grund hatte die FES auch eine eigene Ausstellung und viel Infomaterial über Rechtsextremismus und Neofaschismus mitgebracht, die vor und nach dem Vortrag im Foyer des Hörsaalgebäudes betrachtet werden konnte.

Es folgte ein kurzer Exkurs vor die eigene Haustür: Joachim Nolte, Vertreter des Aktionsbündnisses „Wir können sie stoppen“ und Beauftragter der Kirchen gegen Rechtsextremismus, berichtete von jüngsten Geschehnissen in Ratzeburg, wo rechte Morddrohungen auf Wände geschrieben und Gegner der Neonazis persönlich bedroht wurden. Nolte rief dazu auf, am 31. März in Lübeck auf die Straße zu gehen, friedlich zu blockieren und „in Sicht- und Hörweite der Nazis“ ein Zeichen zu setzen, was nur gelinge, wenn Tausende sich an der Gegendemo beteiligen.

Dann kam Manuel Bauer auf die Bühne, groß, bullig, schwarz gekleidet. An seiner Seite Andreas Speit, freier Journalist und Publizist, der unter anderem für die taz schreibt und sich vor allem mit Rechtsextremismus und Neofaschismus befasst. In einigen einführenden Worten beschreibt Bauer seinen Ausstieg aus der rechten Szene, den er während einer Haftstrafe mit Hilfe der Organisation EXIT geschafft habe. Vorher habe er im Untergrund gearbeitet, habe geprügelt, erpresst und sei bereit gewesen, zu töten. Darüber habe er den Kontakt zu seiner Familie verloren und muss nun, nach seinem Ausstieg, erst alles wieder aufbauen. „Mein Leben war ziemlich kaputt“, fasst er die Zeit vor der Haftstrafe zusammen. Seither habe er sich der Aufklärung und dem Kampf gegen Rechts verschrieben, gebe Interviews, besuche Schulklassen. Eine dieser Klassen hat als Projektarbeit einen Film über die rechte Szene gemacht, der nun als Einleitung vorgespielt wurde.

Was folgte, waren einige Fragen von Speit, zunächst die eine, die wohl das Publikum am brennendsten interessierte: Wie ist das Phänomen zu erklären, dass einer erst Nazi ist und dann nicht mehr? Bauers Antwort schweift aus, er berichtet, wie es überhaupt dazu gekommen sei, dass er sich der rechten Szene angeschlossen hat. Er berichtet wie er seine Jugend in einem Ostdeutschland nach der Wende erlebt hat, in dem jede soziale Sicherheit weggefallen war, wo die Stabilität mit dem Rückzug der Russen abnahm und Gastarbeiter als Störenfriede wahrgenommen wurden und als erheblichen Grund für die massive Arbeitslosigkeit, die auch Bauers Familie traf. Er berichtete von einem Ostdeutschland, wo Schüler auf dem Pausenhof mit rechtem Gedankengut konfrontiert wurden, wo CDs, Comics und weiteres Infomaterial verbreitet wurden. Mit elf Jahren habe er erstmals Kontakt zur rechten Szene gehabt, mit zwölf sei er ein Teil davon geworden. Hier gab es Slogans wie „Arbeit zuerst den Deutschen“, hier waren die Wessis die Imperialisten und Kapitalisten, Ossis waren Pioniere. Die Glatze wurde zum Modetrend, Stammtischparolen waren allgegenwärtig.

Bauer bezeichnet sich selbst als „Mitläufer“, denn etwa 85 Prozent seiner Mitschüler bezeichneten sich als „rechts“. Zwar hätte es auch ein paar wenige Punks gegeben, doch „denen ging es schlecht“. Er habe es schön empfunden, Teil einer Gruppe zu sein, das Gefühl kannte er bereits aus den Pionierlagern. Auch wollte er sich etwas beweisen und dafür war Gewalt legitim, denn die Ossis waren die Opfer.

Mit 14 habe er erstmals einen Jugendclub gestürmt. Er berichtet von dem Gefühl der starken Gruppe, dem Wissen, „wenn ich zuschlage, schlagen auch die anderen“. Dabei seien Parolen wie „Taten statt Worte“ und „Gewalt ist ein gutes Argument“ durchaus gängig. Es habe Spaß gemacht, über die vermeintlichen Gegner zu triumphieren und ab da habe er sich mit Überzeugung hochgearbeitet.

Bauer bezeichnet sich dabei selbst als Teil eines militanten Milieus, denn in der Partei wäre er immer abhängig gewesen. So wurde er in seinen Handlungen aber bestärkt und lernte, wie er zuschlagen müsse, um schnell und effektiv zum Ziel zu gelangen. Er erzählt von Beschaffungskriminalität „gegen das Deutsche Volk“, da diese die Würde der Neonazis nicht anerkannten. Seine frühere Gesinnung wird unter anderem deutlich, als er berichtet, dass sie einen Homosexuellen erpresst hätten, da er für sie „Abfall“ war, sie verschleppten ihn in den Wald und nahmen seinen möglichen Tod in Kauf. Das war auch die Zeit, in der der Kontakt zur Familie zerbrach, er habe von dort also keine soziale Erziehung mehr genossen. Dies übernahm die Bewegung nun für ihn.

Ein Umdenken habe erst stattgefunden, als er wegen Körperverletzung und Erpressung ins Gefängnis musste. Dort sah er vermeintliche Kameraden beim Kiffen, was ihn an deren Linientreue zweifeln ließ. Er konfrontierte sie damit und als sie ihn körperlich angriffen, wurde er von zwei Türken verteidigt. Er stellte fest, dass er sich auch mit „normalen“ Menschen gut unterhalten konnte und vor allem musste er erleben, dass seine früheren Kameraden ihm nicht schrieben, ihn nicht besuchten. Er verbrachte alle Feiertage alleine, bis die Aussteigerorganisation EXIT auf ihn aufmerksam wurde. Diese hätten ihn besucht, hätten ihm zugehört und ihm schließlich angeboten, ihn beim Ausstieg zu unterstützen. Und nicht nur dabei: Er konnte seine Schulausbildung abschließen und stellte fest, dass er nicht arbeitslos war, weil Ausländer die Arbeitsplätze wegnahmen, sondern schlicht, weil er bislang einfach keine Lust zum Arbeiten hatte. Dies sei ein „langsamer, krass schwieriger“ Lernprozess gewesen.

Diese Erzählungen wurden nur von kurzen Zwischenfragen Speits unterbrochen, der sich offensichtlich in Bauers Lebensgeschichte gut auskannte und ihm so auch die nötigen Details entlockte.

Nun wurde die Runde geöffnet und dem Publikum die Möglichkeit gegeben, Fragen zu stellen. Die rund 300 Zuhörer nutzten diese Chance und fragten in alle Richtungen. Sie fragten nach seinem Elternhaus, wo er ursprünglich gelernt hatte, niemanden vorzuverurteilen und den Menschen zu ehren. Seinen Gesinnungswandel hatten diese nicht gut geheißen und zerbrochen war die Beziehung, als er seine Mutter als „Judenschlampe“ bezeichnete und Gewalt gegen sie anwandte. Auch habe er versucht, seiner 8-jährigen Schwester rechtes Gedankengut einzuimpfen, was diese zunächst auch brav nachplapperte. Dabei habe er sich nie hinterfragt. Kamen dennoch Zweifel an seinem Handeln und seinem Denken auf, wurden diese weg gewischt, da er nicht wusste, wie er dann seinen Freunden gegenüber da stehen würde. Diese Freunde habe er nun abgelegt, von ihnen wurde er seit seinem Ausstieg beleidigt und bedroht.

Wie er nun mit der Vergangenheit umgehe, ob er bedroht werde, wollte ein Zuhörer wissen. Er habe ein Amtsschreiben, das er immer bei sich trage, falls er einmal unplanmäßig verschwinden oder irgendwo unterkommen müsse. Zudem gebe es eine bundesweite Meldesperre. Drohungen gäbe es trotzdem immer wieder und auch seine Frau habe darunter zu leiden. Den Kontakt zu früheren Freunden habe er gänzlich abgebrochen, auch wenn ihm das nicht in allen Fällen leicht gefallen sei. Zwar distanziere er sich deutlich von den Rechten und arbeite auch gezielt gegen sie an, doch würde er gerne einmal zu einem Klassentreffen gehen, was es für ihn leider nicht gibt.

Seine mit dem Ausstieg gewonnene Freiheit könne er aber auch genießen. Es sei ein neues Gefühl, jede Musik hören zu können, die er mag, seine Kleidung frei zu wählen und alles zu essen. Seinen ersten Döner habe er mit 26 Jahren gegessen und der habe ihm sogar geschmeckt. Zudem sei er auch schon einmal in einer Schwulenkneipe gewesen und habe dort festgestellt, dass auch die Schwulen „ganz normale Menschen sind“. Von diesem Besuch erzählt er mit einem gewissen Stolz, war es doch die Erpressung eines Homosexuellen, die ihn unter anderem ins Gefängnis gebracht hatte.

Auf die Frage, ob er ein NPD-Verbot für sinnvoll erachte, antwortet Bauer zwiegespalten: Zwar sei es richtig, eine rechtsextreme Partei nicht mit Steuergeldern zu finanzieren, doch sehe er im Verbot auch eine gewisse Gefahr: „Das rechte Gedankengut lässt sich nicht verbieten und wenn dann die Partei verboten wird, formieren sich die Gruppen irgendwo anders neu.“ Viel wichtiger sei es, Präsenz gegen die Rechten zu zeigen, ihnen keinen Spielraum zu geben. Denn: „Die Macht der rechten Szene ist die Angst der anderen.“ Damals hätte es diese Gegenbewegung nicht gegeben: Wer für die Jugendlichen da war, waren die Rechten. „Hätte der Staat gezeigt: ‚Wir sind für euch da’, wäre es sicher anders gekommen“, sagt Bauer. Man müsse Jugendliche beschäftigen, sei es mit Musik, mit Kunst. Man müsse ihnen in erster Linie das Gefühl geben, dass man sie nicht fallen lasse.

Die größte und wichtigste Frage, die immer wieder durchklingt, aber erst gegen Ende konkret gestellt wird, ist die nach der Reue. Bauer habe versucht, Kontakt zu seinen Opfern aufzunehmen und um Verzeihung zu bitten. Einige hätten mit im gesprochen, verzeihen konnten ihm nur wenige. Die Wege seien jedes Mal extrem schwierig für ihn gewesen. Er sei in psychologischer Betreuung, wo er seine Taten reflektiere. Und auch die Aufklärungsarbeit helfe ihm, seine Vergangenheit zu verarbeiten. Verzeihen könnte er sich dennoch nicht, insbesondere nicht, dass er sich an Frauen und Kindern vergriffen habe. „Damit habe ich mir selbst den Stolz genommen“, fasst er es zusammen und es fällt ihm sichtlich schwer, im Detail von den Übergriffen zu erzählen.

Die Fragerunde könnte wohl noch unendlich weitergeführt werden. Während Bauer die vielen persönlichen Einblicke gab, sorgte der Fachmann Andreas Speit für den Überblick über die rechte Szene und lieferte Detailwissen. Zwar mussten die Fragen dann irgendwann abgebrochen werden, doch waren alle Veranstalter zufrieden mit dem Ergebnis. Benjamin Eurich vom AStA hatte im Vorfeld gehofft, neben der politischen Bildung den Besuchern zeigen zu können, wie man sich gegen Rechts engagieren könne und damit auch dem Rückgang der studentischen Beteiligung bei der Gegendemo entgegen zu wirken. Er freute sich, dass nicht nur Studenten zu den rund 300 Zuhörern gehört hatten, sondern auch ältere Bürger aus Lübeck und Umgebung, und sich alle rege an der Diskussionsrunde beteiligt hatten. Diese fand er sehr informativ und sie habe „für viele neue Einblicke in die rechte Szene gesorgt“. Die zweieinhalb Stunden zeigten, dass es eine aktive Auseinandersetzung mit diesem Thema gebe.

Auch Andreas Speit gab sich positiv. Zwar habe er schon viele Aussteiger erlebt, doch hatte dies in kleineren Rahmen oder auf Fachtagungen statt gefunden. Diese Runde war also neu für ihn. „Bauer kam mit seinen Anekdoten beim Publikum nicht an“ und die Frage nach der Reue habe ihn unter Druck gesetzt, doch zeigt sich Speit froh, dass es diese kritischen Nachfragen gab.

Ein Ziel des Abends wurde in jedem Fall erreicht: Im Foyer und draußen auf der Straße entwickelten sich noch rege Diskussionen, der Vortrag und die Antworten des Aussteigers hatten zum Nachdenken angeregt. Ob das die Zuhörer auch gegen Rechts auf die Straße bringt, wird sich erst Ende März zeigen.

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Mit neuen Ideen vereint gegen Rechts https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/mit-neuen-ideen-vereint-gegen-rechts/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/mit-neuen-ideen-vereint-gegen-rechts/#respond Fri, 10 Feb 2012 12:00:23 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2433
Lukas Ruge | StudentenPACK.

Sitzblockade bei der Gegendemo 2010

Alle Jahre wieder… Es ist schon zur traurigen Regelmäßigkeit geworden, dass am letzten Samstag im März Neonazis und Rechtsradikale den Weg nach Lübeck nehmen, um hier in stiller Trauer den Opfern der Bombenanschläge auf diese Stadt im 2. Weltkrieg zu gedenken. Und genauso treten sie auf: trauernd, schweigend, friedlich. Nach außen ein integeres Bild guter Bürger.

Doch hinter den Kulissen läuft noch viel mehr: Der Trauermarsch fungiert als Vernetzungstreffen: Neue Kameradschaften werden geschlossen, Aktionen können geplant, Selbstbewusstsein geschöpft werden – alles unter den Augen der Öffentlichkeit und unter dem Schutz der Staatsmacht. Eine perfekte Gelegenheit für einen Einstieg Unentschlossener in die Szene.

„Wir können sie stoppen“, haben sich daher Vertreter von Kirchenverbänden, Parteien, Gewerkschaften, Schülerinitiativen und auch linker bis linksradikaler Gruppierungen gesagt und ein gleichnamiges Bündnis gegründet, um sich den Neonazis in den Weg zu stellen, geeint „vom Willen, den Nazis Paroli zu bieten“, so zu lesen auf der Homepage des Bündnisses. Denn worum es wirklich geht, ist nicht die Trauer um die Opfer der Bombenanschläge, sondern der Kampf um die Straße und um die Köpfe der Bürger.

Was das Bündnis in den vergangenen Jahren immerhin bewirken konnte ist, dass sich der Trauermarsch nicht mehr Richtung Innenstadt bewegt, sondern sich auf den Stadtteil St. Lorenz beschränken muss. Ein Teilerfolg, wo ein Verbot des Aufmarsches durch Bürgermeister Bernd Saxe noch immer nicht so recht durchgesetzt wird.

Auch die Vertreter der Studierendenschaft der Universität haben sich in all den Jahren mit dem Bündnis solidarisiert und den Studenten nahe gelegt, an den friedlichen Blockaden teil zu nehmen. Auch gab es immer einzelne, die sich direkt im Bündnis engagierten. In diesem Jahr beteiligten sich erstmals StuPa- und AStA-Mitglieder in ihrer offiziellen Funktion an der Organisation der Gegendemonstration. Einer von ihnen ist Christoph Leschczyk, derzeit Präsident des StuPas. Er hat sich im letzten Jahr gegen Ende in die Planungen eingebracht und festgestellt, dass vieles nicht gelaufen ist, was hätte getan werden sollen. Insbesondere die Art und der Umfang der Mobilisation waren ihm nicht ausreichend genug: Plakate seien erst spät und dann nicht flächendeckend aufgehängt worden, in der Stadt war die Aktion kaum bekannt, geschweige denn im Bewusstsein der Einwohner. Christoph ist es ein persönliches Anliegen, für dieses Thema zu sensibilisieren und mit der Rückendeckung der Studentenvertreter ist er einer derer, die sich dem Aktionsbündnis angeschlossen haben. Das Bündnis, so berichtet er, sei offen für Neue und man habe sich gefreut, dass auch Studenten sich einbringen wollen.

Die Studenten haben sich also der Mobilisation verschrieben. Konkret heißt das: Plakate kleben, das Thema in den öffentlichen Fokus rücken und vor allem: die Studenten informieren. So wurde ein Aussteiger aus der rechten Szene eingeladen, um an einem Vortragsabend im Audimax Einblicke zu liefern. Es wurde eine Vollversammlung einberufen, in der unter anderem die Notwendigkeit angesprochen wurde, sich diesem Thema zu stellen.

Lukas Ruge | StudentenPACK.

Bei der Vollversammlung stimmte die überwiegende Mehrheit der Studenten für einen fortgesetzten Einsatz der Gremien gegen den Naziaufmarsch.

Doch damit nicht genug. Neben den üblichen Kundgebungen soll es in diesem Jahr ein Rahmenprogramm geben, das es für die Demonstranten attraktiver macht, am Ort des Geschehens zu bleiben. „Wir brauchen einfach eine Riesenpräsenz“, bringt es Christoph auf den Punkt. Zwar seien sowohl die Route für den Trauermarsch wie auch die für die Gegendemo noch nicht genehmigt worden, doch sei es in diesem Jahr geplant, die Schlusskundgebung direkt in St. Lorenz stattfinden zu lassen. „Und wir müssen richtig viele Menschen sein, damit die uns auch wirklich nach St. Lorenz reinlassen“, fügt Christoph an.

Der Vorstoß nach St. Lorenz ist neu. In den vergangenen Jahren wurde die Gegendemo immer als Sternmarsch begonnen. Die beteiligten Gemeinden hielten Gottesdienste ab und anschließend pilgerte man gemeinsam zum DGB-Haus am Holstentorplatz, wo es die erste Kundgebung gab. Von dort ging es weiter zum Hauptbahnhof, wo die Schlusskundgebung stattfand. Diese dauerte an, bis der letzte Neonazi wieder in den Zug gestiegen war. Wer aktionistischer war, hat von diesem Teil der Veranstaltung nicht viel mitbekommen: Die eingefleischten Blockierer hatten sich immer schon früh morgens nach St. Lorenz aufgemacht, um vor den Straßensperrungen im Stadtteil sein zu können und sich den Nazis entgegen zu stellen. Oder besser: zu setzen.

Vor zwei Jahren haben diese Sitzblockaden zum Erfolg geführt: Die Neonazis konnten bis zum Steinrader Weg laufen, auf einem Bruchteil der anvisierten Strecke. Dort gab es kein Durchkommen und die Rechten mussten unverrichteter Dinge zurück zum Bahnhof. Ein Erfolg für das Bündnis und alle Gegendemonstranten, der aber bereits ein Jahr später zunichte gemacht werden sollte: 2011 wurde die Polizeipräsenz enorm erhöht, die Route hermetisch abgeriegelt. Es bestand keine Möglichkeit zum Ziegelteller zu gelangen, einem begehrten Dreh- und Angelpunkt der Blockade. Wer doch Anstalten machte, die Abriegelung zu durchbrechen, wurde sofort vom Platz geräumt.

Doch eine kleine Enklave gab es: Die Bodelschwingh-Kirche, in der Beethoven-Straße direkt an der Route des rechten Trauermarschs gelegen. Pastor und Pastorin der Gemeinde hatten auch einen Gottesdienst anberaumt und ein buntes Spektrum an Bürgern war gekommen: Junge, Alte, ganze Familien. Von der Kirche aus war von einigen der Versuch gestartet worden, die Nazi-Route noch früher zu blockieren. Doch das scheiterte am massiven Eingreifen der Sicherheitskräfte: Die Polizei kesselte das Gemeindezentrum ein, Schlagstöcke und Pfefferspray kamen zum Einsatz, auch gegen gänzlich unbescholtene Bürger. Es gab Verletzte, doch den Rettungskräften wurde zunächst ebenfalls der Zutritt zum Geschehen verweigert. Die Maßnahmen haben gefruchtet, die Gemeindemitglieder sind eingeschüchtert und werden sich in diesem Jahr wahrscheinlich nicht so weit einbringen.

Auch aus diesem Grund, betont Christoph Leschzcyk, sei es wichtig, Geschlossenheit zu zeigen. Und das schließt auch die Geschlossenheit von Demonstranten und Blockierern ein. Wenn alles klappt, so Christoph, werde also die Route der Rechten schon alleine deswegen beschränkt, weil sich einfach zu viele Gegendemonstranten im Stadtteil aufhalten. “Die Abschlusskundgebung am Ziegelteller soll dem Einmarsch der Neonazis von Anfang an einen Riegel vorschieben.”

Bliebe also nur noch die Flucht nach vorne. Doch eventuellen Bestrebungen, den Trauermarsch dann durch das Hauptportal des Bahnhofes auszuleiten und Richtung Stadt ziehen zu lassen, wird in den Planungen des Bündnisses bereits ein Riegel vorgeschoben: Auf dem Holstentorplatz soll ein internationales Frühstück stattfinden. Federführend in Sachen internationales Treffen ist das Politik-Referat des AStAs unter der Leitung von Maren Janotta, die die Idee zu dem Frühstück hatte. Sie hat sich mit Mitgliedern der ausländischen Gemeinden in Lübeck, ausländischen Studierenden, Austauschschülern und dem Verein zur Integration von Ausländern in Verbindung gesetzt und alle eingeladen. Auch dieses Treffen soll das Knüpfen von Kontakten ermöglichen und gleichzeitig demonstrieren: Wir sind eine Gemeinschaft, egal welcher Herkunft.

Die Erfahrungen der letzten Jahre hätten gezeigt, dass sich leider nur wenige ausländische Mitbürger an den Gegendemonstrationen beteiligen. Wer nicht typisch deutsch aussehe, bleibe an diesem Tag einfach zu Hause, berichtet Maren. Daher habe man für das Frühstück auch einen Platz gewählt, der eine etwas größere Entfernung zur Naziroute hat.

Alle, die am Frühstück teilnehmen wollen, sollten nach Möglichkeit eine Kleinigkeit zu Essen mitbringen, damit Passanten, die sich spontan anschließen möchten, auch etwas abbekommen können. Dazu soll Musik gespielt werden, die die jeweiligen Gemeinden mitbringen. Die meisten Gemeinden hätten auf Marens Anfrage zunächst überrascht reagiert, fanden die Idee aber grundsätzlich gut. Leider wollten dennoch viele nicht teilnehmen, die jüdische Gemeinde feiere beispielsweise an diesem Tag den Sabbat. Viele haben jedoch auch gleich zugesagt und werden sich beteiligen.

Auch das Aktionsbündnis hat positiv auf die Idee reagiert, so Maren. Es sei eine Chance zu zeigen, dass „die Stadt Lübeck sich als eine weltoffene Stadt präsentiert und zeigt, dass rassistisches und neonazistisches Gedankengut hier nicht akzeptiert wird.“

Die Angst, dass die ausländischen Teilnehmer für die Nazis auf dem Silbertablett präsentiert werden, teilen Maren und Christoph nicht: „Die Nazis haben eine stringente Struktur, sie treten bei Demos gerne friedlich auf und geben sich selbst eher die Opferrolle“, schließt Christoph das Risiko, zumindest was den Lübecker Aufmarsch angeht, weitgehend aus. „Außerdem sollte auch die Polizei zu deren Schutz da sein.“ Gleichzeitig betont er, wie wichtig gerade für die Universität der Kampf um ein freies Leben der ausländischen Mitbürger ist: Gerade werde ein neuer Studiengang etabliert, der hauptsächlich ausländische Studenten ansprechen und in die Stadt holen will. „Wir wollen hier Ausländer studieren lassen, dann müssen wir uns auch dafür einsetzen, dass sie außerhalb der Uni ohne Angst leben können!“

Der Einsatz gilt jedoch gleichzeitig dem Erhalt der Demokratie: „Wenn es Kräfte gibt, die die Demokratie abschaffen wollen, muss man sich dagegen auflehnen, sonst haben wir schnell Verhältnisse, die wir alle so nicht haben wollen“, appelliert Christoph noch einmal ausdrücklich. Es ist wichtig, diese Verantwortung zu übernehmen, gerade nachdem die rechte Szene durch die Geschehnisse im letzten Jahr einen Aufschub bekommen haben dürfte: „Die wollen jetzt was reißen“, sagt Christoph und fügt an, dass in diesem Jahr sicherlich 250 bis 300 Rechte zu erwarten seien. Ein Grund mehr für die Gegendemonstranten, möglichst zahlreich aufzutreten, nicht nur für die Demokratie, sondern auch für die Stadt und die Universität.

Nähere Informationen zu den geplanten Aktionen, mit Hinweisen, wo man sich speziell als Student noch einbringen kann, werden im Laufe der vorlesungsfreien Zeit folgen.

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Eine Niederlage für Rechts https://www.studentenpack.de/index.php/2010/04/eine-niederlage-fur-rechts/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/04/eine-niederlage-fur-rechts/#respond Thu, 15 Apr 2010 09:11:58 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2312
Lukas Ruge | StudentenPACK.

Kein Durchkommen möglich.

Als kurz vor Mittag die Nazis am Bahnhof eintreffen, stehe ich nahe der St. Lorenz Kirche auf einem Parkplatz und starre auf den Bahnsteig. Gegenüber hunderte Demonstranten, sie skandieren „Nazis raus“. Ich mache ein paar Fotos, der Polizist in Schutzausrüstung neben mir kommentiert mein Objektiv, ich stimme zu, es ist nicht gut genug. Die Lage ist ruhig, wir unterhalten uns ein wenig. Er kann es nicht offen sagen, aber dass er keine Lust hat, Nazis zu beschützen ist offensichtlich. Er spricht davon, dass er mit seiner Zeit lieber was anderes machen würde, wie er seit sechs Uhr morgens in dem unbequemen Aufzug steckt, wie heiß es unter dem Helm ist und er spricht von Angst. Der Angst als Familienvater, wenn die Steine und Flaschen fliegen. Ein Funkspruch, er muss schnell weg, Zigarette austreten und los.

Es ist einer der wenigen hektischen Momente des Tages, vor einer der Straßenblockaden sind einige Böller explodiert, einige Mülltonnen wurden umgestoßen. Feuerwehr und Wasserwerfer fahren auf, die Hundestaffel rückt an. Die Anspannung währt nur kurze Zeit, dann nehmen die Polizisten wieder die Helme ab.

Polizei und Gegendemonstranten stehen sich seit dem frühen Morgen gewaltfrei gegenüber. Etwa 40 von ihnen hatten in der St. Lorenz Kirche nahe des Südeingangs des Bahnhofes übernachtet, sie stehen nun vor der Kirche und warten. Zuvor waren sie einmal von Polizisten weggetragen worden, nun sind sie wieder da. Auch an mehreren anderen Stellen auf der geplanten Route der Demonstration haben sich Gegendemonstranten versammelt.

Wenn man mit den Gegendemonstranten spricht, dann merkt man, wie schwer es manchen unter ihnen fällt, die Polizisten zu verstehen. „Warum beschützen sie die Nazis?“ ist die Frage und, manchmal unterschwellig, oft aber ohne Umschweife, wirft man der Polizei vor, selbst dem rechten Lager nahe zu stehen. Die Aggressionen gegen die Polizei die aus solchen Gedanken entstehen haben in den letzten Jahren immer wieder zu Ausschreitungen geführt. Um dies zu vermeiden hat die Polizei und diesmal Vermittler überall vor Ort. Erkennbar an gelben Jacken dienen sie als Ansprechpersonen für die Demonstranten und sollen Konflikte entschärfen.

In der Innenstadt werfen Vermummte eine Schaufensterscheibe ein. Andreas Joslyn, Geschäftsführer von Karstadt Lübeck, nennt die Täter „linke Chaoten“. Sie werden nicht gefasst, über ihre Gesinnung kann nur spekuliert werden.

Auf dem Bahnhofsvorplatz haben sich währenddessen über 1000 Menschen versammelt. Es werden Reden gehalten und es wird über Schicksale des zweiten Weltkrieges berichtet. Bischöfin Maria Jepsen fordert, sich von rechter, gottverachtender Ideologie nicht einschüchtern
zu lassen, Ralf Stegner (SPD) rechtfertigt seine Unterzeichnung der Lübecker Erklärung und fordert unter Applaus ein Verbot der NPD. Die Versammlung ist bunt, Gewerkschaften, Kommunisten, Linke, SPD, Grüne, Piraten, Kirchen und andere Gruppen sind seit halb elf versammelt. Die sogenannten bürgerlichen Parteien, FDP und CDU, scheinen nicht vertreten. Es wird Klezmer gespielt und berichtet, was auf der anderen Seite des Bahnhofes geschieht.

Dort sind um zwölf die meisten Nazis angekommen und bereiten sich auf ihren Trauermarsch vor. Umzingelt von Polizisten und Journalisten stehen sie auf dem Steinrader Weg. Die Anspannung wächst, die Sitzblockaden am Ziegelteller, einige hundert Meter entfernt, werden verstärkt. Die Polizei schätzt, dass dort allein über 500 Personen alle Ausfahrten des Kreisverkehrs blockieren. Über 100 Menschen blockieren ein Stück weiter die Ziegelstraße, weitere 100 stehen vor der St. Lorenz Kirche und zwischen 200 und 300 auf der Schwartauer Allee. Viele Anwohner reichen den Sitzenden Getränke, spielen Musik aus offenen Fenstern. Manchmal herrscht eher Volksfeststimmung als Sitzblokade.

Um 13:00 Uhr setzt sich der Trauermasch der Nazis in Bewegung. Es sind nicht viele, vielleicht 100 oder ein paar mehr, auch wenn die Polizei nachher 250 als offizielle Zahl ausgeben wird. Vermummt, im langsamen Gleichschritt marschieren sie mit Plakaten und Schildern zu pathetischer Musik die Straße hinunter. Vor und hinter ihnen ein Tross an Polizei. Weit kommen sie nicht. Ihre Kundgebung am Ziegelteller wird von der Polizei frühzeitig beendet und aufgelöst. An ein Weiterkommen war nicht zu denken und so werden die Rechten zurück zum Bahnhof geschickt.

Über Twitter und den extra eingerichteten SMS-Dienst verbreiten die Gegendemonstranten ihren Sieg. Begleitet von „Ihr habt den Krieg verloren“ Chören ziehen sich die Nazis in den Bahnhof zurück. Um 14:00 Uhr hat der Spuk ein Ende.

Es hätte eine durchweg positive Bilanz sein können, wenn nicht einige frustrierte Demonstranten danach doch noch auf der Fackenburger
Allee mit dem Steinewerfen begonnen hätten. Der kurze Straßenkampf mit der Polizei ist unnötig und dumm, einige Scheiben und eine Bushaltestelle müssen dran glauben, einige Personen werden kurzfristig festgehalten. Doch auch diese Situation entspannt sich verhältnismäßig schnell und sogar die Polizei zieht am Nachmittag in ihrer Presserklärung eine positive Bilanz.

Schon bald kehrt in Lübeck Normalität ein, die Busse fahren wieder die Polizei räumt die Absperrungen weg und gibt die Straßen frei. Der NPD-Aufmarsch kam kaum zu Stande und nächstes Jahr, so hofft eine Demonstrantin, gelingt es vielleicht, ihn völlig zu verhindern.

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Versammlung der Verharmloser und Verfassungsfeinde https://www.studentenpack.de/index.php/2010/02/versammlung-der-verharmloser-und-verfassungsfeinde/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/02/versammlung-der-verharmloser-und-verfassungsfeinde/#respond Sun, 31 Jan 2010 23:00:57 +0000 http://www.phibography.de/StudentenPACK/artikel/?p=65 Es ist wieder diese Zeit im Jahr, am 27. März werden einige hundert Nazis durch Lübeck laufen, wie jedes Jahr. Dies ist bei weitem kein Problem, mit dem nur Lübeck zu kämpfen hat. Auch Dresden und viele andere Städte werden Jahr für Jahr heimgesucht. In Dresden ist es nur Tage vor Lübeck, am 13. März dieses Jahres so weit. Nazis werden auflaufen und tausende Gegendemonstranten werden sich unter dem Motto „Dresden nazifrei! – Gemeinsam blockieren“ ihnen entgegenstellen.

Naziaufmarsch in Lübeck

Naziaufmarsch in Lübeck

Am 27. März müssen auch die Lübecker zeigen, dass sie ihre Straßen nicht den Geschichtsverdrehern und Gewaltverherrlichern der NPD und anderer rechter Gruppen überlassen. In einer bereits von über 250 Lübeckern, darunter die Bundestagsabgeordnete Gabriele Hiller-Ohm (SPD), Mitglieder des Landtages und der Bürgerschaft sowie vielen Pastoren, Ärzten und Schüler, unterschriebenen Erklärung heißt es: „Wir werden den Neonazis den Weg versperren. Wir sind überzeugt, dass 2010 viele Menschen aus Lübeck und der Region bereit sind, diesen Aufmarsch mit gewaltfreien Blockaden zu verhindern. Wir selbst sind verantwortlich für die Stadt und die Gesellschaft, in der wir leben.“ Auf der Internetseite des Bündnisses „Wir können sie stoppen“ (www.wirkoennensiestoppen.de) heißt es weiter: „Wir werden uns widersetzen und – wie 2006 – wieder setzen.“ 2006 war es gelungen, die Nazi-Demonstration durch die Lübecker Innenstadt zu verhindern. Während letztes Jahr die Route nicht durch Lübecks Innenstadt führte, haben die Rechten nun wieder eine solche Route angemeldet.

Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) versucht dem Spuk währenddessen ein endgültiges Ende zu setzen. Er strebt eine Änderung des Versammlungsgesetzes an, um derartige Aufmärsche zukünftig zu verhindern. „Ich möchte erreichen, dass den Feinden unserer Verfassung, den Leugnern und Verharmloseren der Nazi-Gewaltherrschaft deutliche Grenzen gesetzt werden“, stellt Saxe gegenüber den Lübecker Nachrichten klar. Die Landesregierung in Kiel steht dem Vorhaben generell positiv gegenüber und arbeitet nun mit der Landesregierung in Sachsen zusammen, die ähnliche Gesetzesänderungen vorantreibt. Für dieses Jahr kann der Aufmarsch allerdings noch nicht per Gesetz verboten werden.

Nicht jeder kann sich mit Sitzblokaden abfinden. So ruft die Fachschaft cs|mls zwar dazu auf, friedlich zu demonstrieren, aber nicht zu Blockaden. Der AStA hingegen unterstützt den Aufruf des Bündnisses.

Die Gegendemonstration findet am 27. März ab 10 Uhr statt.

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Lübeck gegen Rechts https://www.studentenpack.de/index.php/2009/04/lubeck-gegen-rechts/ https://www.studentenpack.de/index.php/2009/04/lubeck-gegen-rechts/#respond Thu, 02 Apr 2009 12:32:50 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1083 “Wir haben jetzt zwei Möglichkeiten” sagt der junge Mann mit dem winzigen Megaphon in der Hand. Es ist drei Uhr Nachmittag Uhr und vor ihm stehen etwa 200 oder 300 autonome Linke, viele von ihnen sehr Jung, die gerade unangemeldet den Demoort verlassend und, den Verkehr massiv behindernd die Willy Brand Allee runter gewandert sind. Jetzt haben sie anscheinend zwei Möglichkeiten. “Wir können”, fährt der Junge Mann fort “entweder in die Stadt marschieren, oder…” der Zug setzt sich Ruckartig in Bewegung in Richtung der Stadt, die Willy Brand Allee wieder runter, was die zweite Möglichkeit ist werden wir nie erfahren.

Ich und ein paar Kommilitonen ziehen mit ihnen, weniger aus Gesinnung, viel mehr aus Neugierde.

Fünf Stunden vorher hatten wir uns auf dem Bahnhofsvorplatz eingefunden, zur Demonstration gegen den Aufmarsch der Neonazis in Lübeck. Zu dieser Gegendemonstration hatte auch das Studierendenparlament und der AStA aufgerufen, gekommen sind dennoch eher wenige Studenten. Viele kommen von der Linken, den Grünen und der SPD, manche von den Gewerkschaften, reichlich kommen aus Lübecks Kirchen. Die meisten aber, würden sich wohl selbst als Antifa bezeichnen. Sie tragen Schwarz, Sonnenbrille, manche sind vermummt. Oft fast noch Kinder. So stehen wir nun da, laut Polizeiangaben ca 2000 Personen und hören Bürgermeister Saxe (SPD) sagen, es gäbe in Lübeck keinen Raum für Nazis, während seine Polizei sich darauf vorbereitet den NPD-Zug abzusichern. Wir stehen eine ganze Weile, eine Rede nach der anderen. Wir gedenken den 90 Juden die in der NS-zeit vom Lübecker Bahnhof aus nach Riga deportiert wurden.

Wir warten. Wir warten darauf, das die Neo-Nazis kommen, denn noch sind wir eine Gegendemonstration ohne Demonstration. Gegen Mittag kommen sie in ihren Zügen aus Kiel, aus Hamburg. Kleine Gruppen beginnen damit den Nazi Aufmarsch zu stören. Einige Linke hatten sich in der Nähe der rechten Versammlung versteckt doch die Polizei verhindert ein aufeinander treffen der Gruppen. Zwei Personen sind auf den Bahnhof geklettert und seilen sich ab. Auch das bleibt weitgehend ohne Folgen. Kurz nach zwölf, nachdem Sitzblockaden geräumt sind, und es, zumindest sagte uns das die Demoleitung, auf Seiten der Linken erste Verletzte durch die Polizei zu beklagen gibt setzt sich der Aufmarsch der ca. 300 Nazis in Bewegung. Immer wieder versuche Linke am Bahnhof zu stören, die Polizei setzt Pfefferspray und Schlagstöcke ein.

Schon 20 Minuten später hat sich die Situation vor dem Bahnhof gefährlich hochgekocht. Inzwischen ist die Polizei deutlich stärker vertreten, es rollen Wasserwerfer auf, es kommt zu rangeleien zwischen demonstranten und Polizei am Haupteingang des Bahnhofes. Die Lage ist angespannt.
Ab 12:40 unternehmen die linksautonomen Demonstranten immer wieder Versuche über die gesperrten Brücken zu kommen, sie bleiben eigentlich alle erfolglos. Immer wieder müssen einige der insgesamt 1800 Polizisten aus Schleswig Holstein und anderen Bundesländern Schlagstöcke einsetzen. Neben dem Holstentor, am Gewerkschaftshaus, hängt inzwischen ein gigantisches Banner “Kein Sex mit Nazis!”.

Die gemeinten Nazis haben währenddessen ihre Kundgebung am Ziegelteller begonnen, und müssen 30 Minuten später auch schon wieder Schluss machen. Mehr Redezeit haben sie nicht. Sie beginnen nun den Marsch zurück zum Bahnhof.

Vom Bahnhof aus setzt sich ungefähr gleichzeitig jener Zug von Antifa-Demonstranten in Bewegung dem auch ich mich spontan anschließen werde. “Planlos” wie es die LN in ihrem Bericht nennen wird, zieht man Richtung Hostentor, dann die Willy Brand Alle runter, dann zurück zum Holstentor, dann aber nicht wie beschlossen in die Stadt sondern doch in Richtung Bahnhof, aber dann doch nicht zum Bahnhof sondern die Hansestraße runter.

Als der Zug versucht über die Marienbrücke zu den Nazis durchzustoßen sieht er sich mit einem massiven Polizeiaufgebot konfrontiert. Zwar lässt die Polizei über Lautsprechernalage verlauten, dass die Demonstranten bitte keine Polizisten angreifen mögen, aber die jungen schwarz vermummten Leute sind jetzt wohl genau in ihrem Ellement.
Ich weiß nicht was genau geworfen wurde, ich glaube nicht, dass irgend ein Polizist getroffen wurde, dafür waren wir alle noch zu weit weg, aber Sekunden später schießen die Wasserwerfer über die Straße, Schwaz gekleidete Polizisten laufen auf uns zu und wir schauen das wir wegkommen.

“Im Bereich der Hansestraße wurden die Einsatzkräfte der Polizei zum Teil massiv von dunkel gekleideten und Vermummten mit Gegenständen beworfen.” heißt es nachher bei LN-Online. Den einzigen Gegenstand von dem ich gesehen habe, dass er einen Polizisten traf war ein Brötchen, aber sicher kann ich mir nicht sein, denn ich habe geschaut, dass ich Abstand behalte.
Bis 16:00 werden 77 Personen in Gewahrsam genommen.
Danach beruhigt sich die lage langsam wieder, die Demonstranten ziehen sich erst zum ZOB zurück, dann auf den Bahnhofsvorplatz. Eine Stunde später verschwinden die letzten zugereisten Nazis.
Was solche Demos angeht war es wohl eine recht friedliche, und das ist auch gut. Wie jede Gruppe haben leider auch wir, die wir uns für Toleranz und Integration einsetzen wollten, unsere Störer, Menschen denen es nicht um die Ideologie geht, sondern um eine Schlägerei. Diese Menschen schädigen natürlich auch das Bild der Gegendemonstration. 176 festnahmen, fast alle Mitglieder der links autonomen Szene, stellt nachher der Polizeibericht fest. Genauso war aber auch dieses Jahr, wie auch schon letztes Jahr zu bemerken, dass die Polizei manchmal zur Überreaktion neigt, zu schnell den Schlagstock zieht. Aber hier war im Vergleich zum Vorjahr deutliche Verbesserung zu bemerken.

Es bleibt meine Hoffnung, dass sich die NPD so schnell selbst zermürbt, dass es uns erspart bleibt weiter jährlich hier in Lübeck gegen sie zu Demonstrieren, wenn dies aber doch nötig sein sollte, so würde ich mich über regeres Interesse der Studenten sehr freuen. Denn angemeldet sind NPD Demonstrationen in Lübeck für die nächsten 2 Jahre.

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