Lübeck kämpft – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Sat, 10 Oct 2015 22:04:28 +0000 de-DE hourly 1 Das Gelb in ihren Augen https://www.studentenpack.de/index.php/comic/das-gelb-in-ihren-augen/ https://www.studentenpack.de/index.php/comic/das-gelb-in-ihren-augen/#respond Mon, 02 Feb 2015 08:40:51 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?post_type=comic&p=213122 audimieze_f2_END
Henrik Bundt | StudentenPACK.

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Geschichten, die die Uni schreibt https://www.studentenpack.de/index.php/2014/11/geschichten-die-die-uni-schreibt/ https://www.studentenpack.de/index.php/2014/11/geschichten-die-die-uni-schreibt/#respond Mon, 03 Nov 2014 09:17:50 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=212608 Berufsverbote und Ordnungsverfahren gegen Medizinstudenten, Morddrohungen wegen des Einsatzes für einen Gedenkstein, unglaubliche Solidarität zwischen Studierenden, die leidigen Baustellen, die wilden Partys und riesige Demos. Wenn die Universität dieser Tage auf 50 Jahre zurückblickt, gibt es viele Geschichten zu erzählen. So viele Geschichten, dass wir in der StudentenPACK-Ausgabe einige wenige Momentaufnahmen machen mussten, um das Thema überhaupt bewältigen zu können.

Weil auf diesem Blog die Artikel nicht wie im Heft gebunden daherkommen, möchten wir euch in diesem Text einen kurzen Überblick verschaffen. Alle unsere Texte zum 50. Jubiläum der Universität (darunter einige exklusiv auf der Website und nicht im Heft) sind in diesem Text verlinkt.

Demonstration in den Siebzigern

Demonstration in den Siebzigern.[media-credit name="Eckart de Bary" align="aligncenter" width="1011"]

Wie viele besondere Geschichten es in diesen 50 Jahren zu erleben gab, lässt vielleicht der Artikel „Dat erzähl ich meine Enkel!“ erahnen, in welchem wir einige der Anekdoten, die uns in den zahlreichen Interviews, die wir zu dieser Ausgabe geführt haben, zusammenfassen. In diesem wie in allen anderen Texten sind die Interviews in voller Länge verlinkt, wenn die Namen der Gesprächspartner wie Eckart de Bary, Johannes Hoffmann oder auch Dr. Reinhard Eggers, der sowohl in Lübeck studierte als auch bis heute hier lehrt, auftauchen.

1942

Die Jahre 1964 bis 2014, in denen die Uni Lübeck unter verschiedenen Namen existierte, schweben nicht in einem Vakuum, sondern haben sowohl eine Vorgeschichte als auch eine Zukunft. Für eine vernünftige Würdigung ist es nötig, beide zu betrachten. Großes Glück hatte unser Autor Johannes Zanken, als er bei seiner Famulatur Jutta Nunn kennenlernte. Die 87-Jährige war 1942 Patientin in der Heilanstalt Strecksitz (heute der Campus der Uni Lübeck) und erlebte, wie Patienten von den Nationalsozialisten deportiert wurden. Ihre Geschichte und die Geschichte der mühsamen Aufarbeitung der Campus-Geschichte durch Studenten wie Peter Delius in den 80er Jahren erzählt der Artikel Vergangen und Vergessen?

1964

Die Universität wird 1964 als „Medizinische Akademie“ gegründet und gehört erstmal zur Uni Kiel. Aus gesammelten Artikeln der Lübecker Nachrichten und der ersten Studierendenzeitung, dem „provisorium“ erfahren wir, was es hieß in den 60ern Die Anfänge der Uni Lübeck mit zu gestalten.

1977

Die Jahre, in denen die heutige Uni gegründet wurde und wuchs waren politische Jahre und so waren auch die Themen, mit denen sich die Studenten beschäftigten oft politisch. 1977 streikten Studenten gegen die Einführung des Praktischen Jahres und der damalige AStA-Vorsitzende Sebastian Stierl wurde von der Hochschulleitung mit einem Ordnungsverfahren belegt. Von Solidarität und sich wehrenden Studenten erzählen unser Artikel und das Interview mit Sebastian Stierl.

1981

Nicht nur an der Uni Lübeck ging man in den 70er- und 80er-Jahren nicht zimperlich mit Andersdenkenden um – Berufsverbote für Mitglieder linker politischer Gruppen waren ein heißes Thema in der ganzen BRD und auch in der Lübecker Studierendenzeitung „Der Springende Punkt“. Wer sich vor der Einstellung „Sind sie ein Verfassungsfeind?“ fragen lassen muss, fühlt sich vielleicht wenig willkommen. Dr. Reinhard Fröschlin, heute Oberarzt, berichtet von seinen damaligen Erlebnissen.

1989

Manches ist in 50 Jahren studentischer Pressearbeit in Lübeck einfach verloren gegangen. In den letzten Monaten haben wir versucht, ein möglichst vollständiges Archiv der Studentenzeitungen auf dieser Website zu erstellen. Längst nicht alle Zeitungen sind erhalten (Über Hinweise, wo wir weitere Ausgaben finden könnten wären wir sehr dankbar). Doch die über 100 Studierendenzeitungen, welche wir nun ins Archiv stellen konnten, haben nicht nur die Themenfindung für diese Ausgabe geprägt – sie haben uns auch die eine oder andere Detektivaufgabe aufgegeben. Da waren die Fotos von Ute Pastor, die sie 1998 an die damalige Studentenzeitung „Bauchpresse“ verliehen hatte, oder die zwei Teile einer dreiteiligen Geschichte.

1993

Die Uni Lübeck ändert sich mit der Gründung des Informatikstudiums im Jahre 1993 grundlegend. Zum ersten Mal in fast 30 Jahren studieren nicht nur Mediziner auf dem Campus. Die Anzahl der MINT-Studiengänge (obwohl dies ein viel neuerer Begriff ist) stieg Von Null auf Eins. Dabei waren damals der Professor Volker Linnemann und der Student Helge Illig. Sie haben uns erzählt, wie der neue Studiengang sein thematisches und räumliches Zuhause gefunden hat.

Nachdem die Informatik gegründet war ging alles relativ schnell: Es folgte die Computational Life Science, die MLS und dann bald MIW und bis heute werden links und rechts Studiengänge gegründet. Wo soll das noch hinführen? Die Mathematik hat eine Antwort, ob es die richtige Antwort ist, wird die Zukunft zeigen.

2010

Der nächste Einschnitt in die Geschichte der Uni Lübeck ist das Jahr 2010. Der schwarz-gelbe Protestsommer ist ein inzwischen fast mystisch verklärtes Ereignis, dass einem Neuankömmling seltsam und rätselhaft erscheinen mag. Annika Steinmeier ist gerade als Studentin in Lübeck angekommen und hat sich die Frage gestellt: Warum kämpfte Lübeck für seine Uni?

2015

Diese Ausgabe beendet ihren Rundgang durch die 50 Jahre Uni Lübeck mit einem Blick in die Zukunft. Ab Januar 2015 ist die Uni Lübeck eine Stiftungsuni. Und dann? Was können wir erwarten und was sollten wir nicht erwarten?

Wir hoffen, diese Ausgabe ist für euch ein unterhaltsamer Rundgang durch die Geschichte der Universität zu Lübeck. Wenn ihr möchtet, steht euch das Online-Archiv aller Ausgaben der Studierendenzeitungen auf dieser Website zur Verfügung um einen tieferen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Wenn ihr über eure Fundstücke in diesem Archiv berichten möchtet, freuen wir uns natürlich auch in zukünftigen Ausgaben über die Vergangenheit unserer Universität zu berichten. Schreibt uns doch einfach eine Mail.

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Lübeck kämpfte für seine Uni https://www.studentenpack.de/index.php/2014/11/lubeck-kampfte-fur-seine-uni/ https://www.studentenpack.de/index.php/2014/11/lubeck-kampfte-fur-seine-uni/#respond Mon, 03 Nov 2014 09:10:18 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=212584 „Eine Stadt sieht gelb“ – überall steht es: auf Plakaten in und vor den Hörsälen, aufgeklebt auf Laptops älterer Studenten, im Klinikum an der Tür und man kann sogar eine Vitrine im Vorklinikum entdecken, die ganz in Gelb gestaltet ist. Schaut man genauer hin, entdeckt man immer wieder den Slogan „Lübeck kämpft für seine Uni“. Scheinbar jeder hier auf dem Campus weiß darüber Bescheid – na ja, nicht ganz. Wir „Erstis“ haben davon eher weniger Ahnung.

Tausende Protestanten durchziehen die Kieler Innenstadt

“Tausende Protestanten durchziehen die Kieler Innenstadt”[media-credit name="Thorsten Biet" align="aligncenter" width="640"]


Gerade neu angekommen an der Universität zu Lübeck und in der Stadt Lübeck selber, kenne ich zwar Lübeck nach ein paar Wochen schon relativ gut und finde mich in der Uni schon erstaunlich gut zurecht, aber mit der Geschichte der Uni habe ich mich natürlich noch nicht detailliert befassen können.

Diese Sache macht mich neugierig. Schon in unserer Vorwoche erzählen immer wieder Professoren und Studenten höherer Semester davon, wie toll Lübecks Uni ist und dass wir Glück haben, dass sie 2010 nicht geschlossen wurde. Wenn ich Studenten danach frage, was die Plakate denn zu bedeuten haben, erlebe ich die unterschiedlichsten Reaktionen. Die einen sind total genervt – „Nicht schon wieder. Langsam hängt mir das Thema echt zum Halse raus“ – und andere erzählen mir, dass die Uni Lübeck von der Regierung geschlossen werden sollte und Studenten, Professoren, Ärzte und sogar viele Bewohner Lübecks demonstriert hätten. Es scheint wohl eine große Aktion gewesen zu sein, aber so ganz genau kann ich mir immer noch nicht vorstellen, was da passiert ist.

Als ich das nächste Mal an der Vitrine vor V1 vorbeikomme, werfe ich mal einen Blick hinein. Ich muss schon zugeben, die Fotos beeindrucken mich. Studenten, so weit das Auge reicht, alle in gelb, alle haben T-Shirts an mit der Aufschrift „Ich kämpfe für die Uni Lübeck“. Plakate werden in die Höhe gehalten, große Banner und Luftballons. Die Atmosphäre ist sogar allein anhand der Fotos zu spüren, die Gemeinschaft, die von diesen Menschen ausgestrahlt wird.

Im Internet werde ich weiter fündig. Nicht nur bei Facebook finde ich die Gruppe „Lübeck kämpft für seine Uni“, sondern stoße bei Google sogar auf eine eigene Webseite: www.luebeck-kaempft.de. Die schaue ich mir erstmal genauer an und werde mit Informationen überhäuft. Im Mai 2010 verkündete die damalige Landesregierung in Kiel die Schließung des Medizinstudiengangs an der Universität zu Lübeck. Ohne den Medizinstudiengang hätte aber wohl die ganze Universität schließen müssen.

Bereits fünf Jahre zuvor war der Regierung die Idee gekommen, die Universitäten Kiel, Lübeck und Flensburg aus finanziellen Gründen zusammenzulegen, woraufhin Univorsitzende, Bürgermeister und viele mehr Widerstand ankündigten und die Studenten der Fachhochschule, Musikhochschule und der Uni einen Demonstrationszug durch die Stadt machten. Zu diesem Anlass entstand auch die eigene Webseite luebeck-kaempft.de. Kurze Zeit später wurden die Pläne der Zusammenlegung damals jedoch niedergelegt und es wurde versichert, dass die Universitäten selbstständig bleiben würden.

Am 25. Mai 2010 wurde die Uni dann erneut bedroht. Aus finanziellen Gründen sollten der Medizinstudiengang geschlossen und dafür der mathematisch-naturwissenschaftliche Zweig der Universität gestärkt werden. Es hieß, schon ab dem Wintersemester 2011/12 würden keine Medizinstudenten im ersten Semester mehr in Lübeck immatrikuliert werden.

Nachdem der erste Schock für die Studenten und Professoren der Uni überwunden war, wurde sofort gehandelt. Der AStA organisierte Versammlungen und die Widerstandsbewegung wurde immer weiter ins Rollen gebracht. Plakate wurden überall in der Stadt verteilt, Professoren hielten ihre Vorlesungen außerhalb Lübecks ab, um das Zeichen zu setzen: Wenn ihr uns nicht haben wollt, gehen wir eben woanders hin. Weitere Protestveranstaltungen aller Art – ob Sommerfest, Blutspenden oder Mediziner-Party, alles stand unter dem Motto: Lübeck kämpft für seine Uni. Wir kämpfen für unsere Uni.

Zitate aus Interviews über "Lübeck kämpft"

Zitate aus Interviews über “Lübeck kämpft”[media-credit id=155 align="aligncenter" width="640"]


Der Höhepunkt der Protestbewegung war die Demonstration in Kiel, von der auch die meisten Bilder zu finden sind. Am 16. Juni kamen geschätzt 14.000 Menschen vor das Kieler Landeshaus, um gegen die Schließung der Uni zu demonstrieren. Ein Sonderzug aus Lübeck brachte Studenten, Professoren, Beschäftigte der Universität und viele Bewohner Lübecks nach Kiel. Auch aus den umliegenden Regionen wie Hamburg, Flensburg und Lüneburg kamen Demonstranten um gemeinsam friedlich zu protestieren und den Reden zuzuhören, die dort gehalten wurden.

Daraufhin gab es in den folgenden Tagen immer wieder Konferenzen beispielsweise mit dem damaligen Wirtschaftsminister Jost de Jager und Podiumsdiskussionen zwischen dem Univorsitz und der Regierung. Viele Politiker und Bürger sprachen sich offen gegen die Schließung des Medizinstudiengangs aus und auch Unternehmen aus Lübeck und Umgebung warnten vor der Schwächung ihrer finanziellen Lage durch die Schließung. Am 25. Juni 2010 legte die Universität der Landesregierung ein alternatives Sparkonzept vor, das daraufhin auch bei einer Pressekonferenz besprochen wurde.

Die Proteste wurden mit der Zeit auch über die Region Schleswig-Holsteins hinaus bekannt – so etwas wie hier gab es bisher wahrscheinlich in keiner deutschen Stadt. So gelangte die Nachricht auch bis nach Berlin, wo zuvor auch schon eine Vorlesung abgehalten worden war. Und aus Berlin kam schließlich die Rettung: Bundesforschungsministerin Anette Schavan, die sich schon früher gegen die Schließung der Uni Lübeck ausgesprochen hatte, ermöglichte es, dass das damalige Kieler Meeresforschungsinstitut Geomar, heute ein Helmholtz-Institut, bundesfinanziert wurde. Dadurch hat das Land Schleswig-Holstein eine Menge Geld gespart, das dann nach Lübeck in die Universität fließen konnte. Mit dieser Lösung umging man legal und einfach das Finanzierungsprogramm und die Universität wurde nicht geschlossen oder privatisiert – die Universität zu Lübeck behielt ihre Selbstständigkeit.

Nachdem ich jetzt so viel darüber erfahren habe, aus dem Internet, alten Zeitungsartikeln, von Fotos und nicht zu vergessen dem Buch „Eine Stadt sieht Gelb – Wie Lübeck seine Uni rettet“ kann ich nur sagen: Wir Erstis haben, ohne es gewusst zu haben, Glück gehabt, dass wir heute an dieser wunderbaren Uni Medizin studieren dürfen. Nachdem ich die Bedeutung der gelben Plakate und Erinnerungsbilder so genau kenne, weiß ich es umso mehr zu schätzen und kann verstehen, dass auch jetzt noch so viel davon berichtet wird.

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Grass’ Wermutstropfen https://www.studentenpack.de/index.php/2014/05/grass-wermutstropfen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2014/05/grass-wermutstropfen/#respond Mon, 05 May 2014 12:08:45 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=210931 Günter Grass erhielt 2003 "In Anerkennung seiner Werke, in denen medizinische Sachverhalte künstlerisch verarbeitet wurden, für sein unbeirrtes Einklagen des Humanen und in Würdigung seiner Gastprofessur an der Universität zu Lübeck" die Ehrendoktorwürde der Universität zu Lübeck

„In meinem Alter braucht man keine Titel”, verkündete Frau Schavan letzte Woche im ZDF-Interview. Wie schön, dass ihr trotzdem kein Weg zu weit ist, sie sich dann doch noch abzuholen und sich in die Riege derer einzureihen, denen die Universität zu Lübeck eine Erweiterung ihrer in den meisten Fällen ohnehin schon zahlreichen und nicht aberkannten Titelschar angedeien ließ. Bereits 15 namhafte Herren nahmen den Ehrendoktor unserer Universität für große Entdeckungen und großes Wirken entgegen – um sich danach wieder in das nächste nobelpreisverdächtige Forschungsprojekt zu stürzen. Was sagen die werten Herren zum neuen, ersten weiblichen und ansonsten unbetitelten Mitglied in ihrer Runde? Die Reaktionen sind verhalten. Offenbar ist der Aufschrei, der kurz vor dem großen Tag der Verleihung ganz Uni-Lübeck erschütterte und nach einer handvoll Reden in Beifall – sogar des AStA, dessen Kampfgeist im Vergleich zum Sommer 2010 zu wünschen übrig ließ – umschwang, nicht bis zu den alten Ehrendoktoren gedrungen. Denn auch diejenigen, die noch unter den Lebenden weilen, fühlen sich entweder nicht bemüßigt, ihre Meinung über eine so heikle wie unbedeutende Kausa kundzutun – oder sie haben keine, man sehe es ihnen nach. Nur einer meldet sich zu Wort. Günter Grass höchstselbst, Dr. med. h.c. der Universität zu Lübeck und ihr als Lübecker in besonderem Maße verbunden, lässt Folgendes ausrichten: Es habe ihn sehr gefreut, den Ehrendoktortitel der Universität zu Lübeck zu empfangen. Die Verleihung eben dieses Titels an Frau Schavan aber habe „die Nachwirkung dieser Freude gemindert.“ Das wiederum mindert sicherlich die Freude, die Frau Dr. h. c. Schavan empfunden haben mag. Wirklich schade, nehmen Sie’s nicht persönlich, Herr Grass.

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Wenn’s drauf ankommt. – Ein Gespräch mit Gerrit Koch https://www.studentenpack.de/index.php/2014/05/wenns-drauf-ankommt-ein-gesprach-mit-gerrit-koch/ https://www.studentenpack.de/index.php/2014/05/wenns-drauf-ankommt-ein-gesprach-mit-gerrit-koch/#respond Mon, 05 May 2014 12:04:29 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=210852 „Sagen wir’s mal so…“ Gerrit Koch holt Luft und schmunzelt ein wenig. „Ich hab Schwierigkeiten damit, wenn jemand, der in der Exekutive tätig ist, für das, wofür er sehr gut bezahlt wird, auch noch eine Belohnung bekommt.“ Das Thema ist die frisch gebackene Ehrendoktorin der Uni Lübeck, Annette Schavan. „Zudem hatte Frau Schavan sicherlich nicht über Nacht einen Geistesblitz wie man die Uni retten könnte, sondern sie hat sehr schlaue Beamte in ihrem Haus, die sie darüber informiert haben, wie man das machen könnte.“

„Sagt nein. Gerrit Koch am 1. Juli 2010.“

Sagt nein. Gerrit Koch am 1. Juli 2010. [media-credit id=14 align="aligncenter" width="625"]

Gerrit Koch sitzt im obersten Stockwerk des Klingenberg-Hochhauses an seinem gläsernen Schreibtisch. Aus seinem Büro blickt man auf das Rathaus hinab, seinen ehemaligen Arbeitsplatz. Von 2008 bis 2010 war er Mitglied der Bürgerschaft. Im Herbst 2009 zog er dann als FDP-Abgeordneter in den Landtag ein, er war in der Koalition aus FDP und CDU der einzige Abgeordnete aus Lübeck. Am 25. Mai war er dabei, als im großen Sitzungssaal des Landtages die Sparkommission seiner Regierung ihre Ergebnisse vortrug: Auf der Sparliste stand auch der Lübecker Medizinstudiengang. Koch erhielt Unmengen von E-Mails aus Lübeck, viele, die ihre Hoffnung darüber zum Ausdruck bringen, dass Koch sich für die Uni einsetzen würde. Manche sind weniger höflich: Professor Hilgenfeld schrieb „Wann treten Sie zurück?“ Koch antwortete trocken, dass bei seinem Rücktritt eine Kieler Abgeordnete nachrücken würde. Würde das Lübeck helfen? Die nächsten Wochen sind in Lübeck der heiße Demo-Sommer 2010, auch Koch hat ihn intensiv in Erinnerung: „Wenn kurz nach Amtsantritt so etwas kommt, mit so einer Wucht, und man merkt, dass es auf einen ankommt, dann ist das nicht nur ein vergnügungssteuerpflichtiges Gefühl.“ Zumal die Koalition nur eine Stimme Mehrheit hat, ohne Koch kann der Sparhaushalt nicht durchs Parlament. „Man muss sich die Situation nur mal vorstellen. Sie wollen die Lübecker bestmöglich vertreten und andererseits sind Sie in Kiel gefordert, weil Sie der Mehrheitsbeschaffer sind. Viele Nächte waren sehr kurz.“

Während der öffentliche Druck wuchs blieb der interne Druck aus der FDP-Fraktion klein. „Ich war kein Aussätziger dort“, betont Koch. Wenige Tage nach dem 25. Mai habe er das Gespräch mit Wolfgang Kubicki gesucht und gesagt: „Ich kann das nicht mitmachen.“ Kubicki habe das akzeptiert. „Er sagte: ’Wir arbeiten noch an der Sache’. Aber vielleicht hat er auch nur gedacht, wenn’s drauf ankommt, stimme ich trotzdem zu.”

„Die Demo mit 14.000 Demonstranten vor dem Kieler Landtag machte machte mich stolz auf Lübeck. Nie zuvor gab es eine so große Demo vor dem Landeshaus. Der Lärm war ohrenbetäubend, aber die Botschaft kam an“, erinnerte sich Koch an den 17. Juni.

Das zentrale Datum für Gerrit Kochs Rolle in der Lübeck-kämpft-Geschichte ist der 1. Juli 2010. Die zweite Großdemo, verbunden mit einem Diskussionsforum in St. Petri ist für den Tag angesetzt. Etwa 8000 Menschen laufen im Sternmarsch durch Lübeck. Mit dabei: Gerrit Koch. Auf dem Marktplatz steht Koch dann auf der Bühne, Mikrofon in der Hand. Die Frage: „Heißt das, dass Sie gegen dieses Sparpaket stimmen werden, wenn die Uni auf der Liste ist?“, die Antwort: „Wenn die Uni in dieser Form auf der Liste ist, werde ich dagegen stimmen.“ Applaus. Nach einigen Wochen des Drucks hatte er sich eindeutig entschieden und bereits in den Lübecker Nachrichten erklärt, dass er nicht für das Sparpaket abstimmen könne.

Warum er solange gewartet hat, bis er sich öffentlich zur Entscheidung durchringen konnte, begründet Koch heute so: „Mein Ansatz war immer: Man kann einfach nur Nein sagen, aber man kann auch versuchen etwas mehr zu liefern, sicherstellen, dass es einen Gegenvorschlag gibt. Ich war unter anderem ja auch beim AStA und bei Frau Menken von der Possehl-Stiftung und habe über das Thema gesprochen. Und dann gab es ja auch einen Gegenvorschlag, den die Uni selber gemacht hat.“ Wissend, dass es einen Gegenvorschlag gab, konnte Koch am 1. Juli „Nein“ sagen. Ein CDU-Abgeordneter aus Stockelsdorf, Hartmut Hamerich, tat es ihm gleich. Die Mehrheit im Landtag war verschwunden.

Es würde noch eine Woche dauern, bis Annette Schavan aus Berlin eine Lösung vorschlägt, die es der Landesregierung ermöglicht einen Haushalt mit dem angestrebten Sparvolumen zu präsentieren ohne die Uni Lübeck zu schließen.

„Im Ergebnis hat die Uni gewonnen“, resümiert Koch heute. „Es kommt die Stiftungs-Uni, ein weiterer Angriff auf die Uni ist nicht zu erwarten, die Verankerung in der Bevölkerung ist viel besser.“

Koch ist kein Abgeordneter mehr. Vielleicht auch wegen der Ereignisse des Jahres 2010. In Lübeck hatten bei der Wahl im Jahr 2012 CDU und FDP unterdurchschnittlich abgeschnitten. Die FDP zog mit sechs Abgeordneten in den Landtag ein, Koch hatte Listenplatz 8 erhalten. Er arbeitet nun als Anwalt mit Spezialisierung für Bau- und Architektenrecht. Ist er lieber Anwalt oder Politiker? Koch muss lachen. „Beides. Jetzt mag ich die Anwaltsrolle, also nur Anwalt zu sein, sehr gerne. Ich hätte es aber auch gern weiter gemacht im Landtag. Ich bin immer Anwalt geblieben, weil ich weiß, jedes politische Amt ist ein Amt auf Zeit.“

Zum Jahresempfang der Uni Lübeck, bei dem Annette Schavan unter anderem für ihre Rolle im Jahr 2010 geehrt wurde, wurde Gerrit Koch nicht eingeladen.

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Alles richtig gemacht? https://www.studentenpack.de/index.php/2014/05/alles-richtig-gemacht/ https://www.studentenpack.de/index.php/2014/05/alles-richtig-gemacht/#respond Mon, 05 May 2014 11:40:00 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=210936 Lübeck, Anfang April 2014. Wieder einmal ist Jahresempfang der Universität, mit grauem Himmel, Reden und Häppchen. Doch dieses Jahr ist alles anders. Vor dem Audimax steht eine NDR-Reporterin für eine Live-Übertragung auf einer Fußbank. Ein Baum wird gepflanzt. Eine Katze läuft durch’s Bild. Ein Polizeiwagen hat gut sichtbar auf dem Platz neben dem Audimax geparkt. Ob es hier heute gefährlich würde? Der Beamte verneint, man sei gebeten worden, heute hier zu sein. Hat diese Bitte womöglich mit dem Schild „Dr. h.c. Annette Schavan“ auf einem Platz in der ersten Reihe zu tun? Wahrscheinlich schon. Wir haben uns anlässlich dieser sehr umstrittenen Verleihung der Ehrendoktorwürde jedenfalls mit ins Getümmel aus ARD, ZDF und Spiegel TV gestürzt und auch mit Annette Schavan gesprochen. Hier nun das von ihr autorisierte Interview.

„Wenn ich getäuscht hätte, dann hätte ich heute keinen Ehrendoktor entgegengenommen.“ Annette Schavan nach der Verleihung.

“Wenn ich getäuscht hätte, dann hätte ich heute keinen Ehrendoktor entgegengenommen.” Annette Schavan nach der Verleihung.[media-credit id=51 align="aligncenter" width="625"]

StudentenPACK: Wenn es um die Uni-Rettung geht, fällt meist im gleichen Atemzug Ihr Name. Haben Sie die Uni gerettet?

ANNETTE SCHAVAN: Ich war jedenfalls dabei. Eigentlich darf sich eine Bundesministerin darum ja gar nicht kümmern, weil der Föderalismus vorsieht, dass es allein Sache des Landes ist. Es gab einen so beeindruckenden Einsatz aller hier in Lübeck, dass ich aber fand, wir müssen gemeinsam einen unkonventionellen Weg finden. Das haben wir geschafft.

PACK: Wir haben gerade in der Laudatio gehört, wofür Ihnen die Ehrendoktorwürde verliehen wurde. Welche dieser Punkte würden Sie besonders hervorheben, welche sind Ihnen besonders wichtig?

SCHAVAN: Der Punkt, der mir am wichtigsten ist, war die Stärkung der medizinischen Forschung in Deutschland: Die Gründung der Gesundheitsforschungszentren zu den sogenannten Volkskrankheiten. Wir sind eine Gesellschaft des langen Lebens. Das fordert die Medizin mehr denn je. Deshalb war mir wichtig in der medizinischen Forschung die Kräfte zu bündeln, die Finanzinvestitionen deutlich zu steigern und mit den Zentren die internationale Präsenz der medizinischen Forschung zu stärken. Deshalb fand ich auch, dass es nicht in die Zeit passt, wenn dann an einer Stelle Studienplätze wegfallen. Denn vor der medizinischen Forschung steht das Interesse am Studium der Medizin.

PACK: Wo Sie gerade die Forschungszentren so betonen: War es dann Zufall, dass Ihnen gerade von der Uni, in deren Rettung Sie involviert waren, die Ehrendoktorwürde verliehen wurde?

SCHAVAN: Das ist sicher kein Zufall. Diese Universität ist an den Gesundheitsforschungszentren beteiligt. Sie ist ein leistungsfähiger Standort. Sie setzt mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde ein öffentliches Zeichen für die medizinische Forschung.

PACK: Nicht alle waren damals schon hier an der Uni. Würden Sie bitte noch einmal kurz zusammenfassen, was 2010 passiert ist, das dazu beigetragen hat, dass wieder Geld für die Uni zur Verfügung stand?

SCHAVAN: Der Bund darf kein Geld an eine Universität geben. Der Bund darf auch nicht einfach Geld für eine Universität an das Land geben. Deshalb brauchten wir ein kreatives Konzept. Es gab ein Institut, das Alfred-Wegener-Institut für Meeresforschung, das bereits in der Helmholtz-Gemeinschaft war. Also haben wir überlegt, ein anderes Institut für die Ozeanforschung, GEOMAR, auch in die Hände der Helmholtz-Gesellschaft zu geben. Und damit hat sich die Kostenaufteilung zwischen Schleswig-Holstein und dem Bund zugunsten des Landes verändert. Das schöne ist: Der Steuerzahler muss nicht mehr zahlen, sondern das Budget ist anders verteilt. Und das Geld ist nicht vom Bund hierher gekommen, sondern es hat innerhalb von Schleswig-Holstein dann Freiräume gegeben. In solchen Situationen muss man unkonventionell reagieren, man braucht kreative Konzepte und sollte nicht einfach Geld hin- und herschieben. Dafür gibt es noch andere Beispiele, aber das hier ist ein besonders bekanntes.

PACK: Sie finden also eigentlich nicht, dass es Aufgabe einer Bundesbildungs- und Forschungsministerin ist, sich für eine Landessache so einzusetzen?

SCHAVAN: Doch. Ich persönlich finde, dass es eine Sache der Bundesministerin ist. Deswegen habe ich mich auch darum bemüht, eine Lockerung des Föderalismus zu schaffen, damit so etwas künftig immer möglich ist. Darüber gibt es bisher aber keinen politischen Konsens.

PACK: Es wurde acht „Kämpferwochen“ lang demonstriert. Wenn Sie schon damals meinten, dass die Uni Lübeck definitiv rettenswert ist – warum hat das dann so lange gedauert?

SCHAVAN: In meinen Augen sind wir, als der Bund eingeschaltet war, schnell zu einer Lösung gekommen. Aber die Voraussetzung ist natürlich, dass sich jemand an mich wendet. Im Nachhinein zählt nicht, wie lange es gedauert hat, sondern ob die Lösung, die gefunden wurde, tragfähig ist.

PACK: Hat es denn sehr lange gedauert, bis bei Ihnen in Berlin angekommen war, dass die Rettung der Universität wirklich nötig ist?

SCHAVAN: Die zeitlichen Abläufe habe ich so gar nicht mehr im Kopf, das ist jetzt irgendwie zu lange her. Ich weiß nur: nachdem der Präsident mich angerufen hat, haben wir zügig ein Konzept erarbeitet. Letztlich wäre das ohne die damalige Landesregierung und ohne die Uni nicht möglich gewesen. Das hat dazu geführt, dass wir wirklich ein Konzept gefunden haben, das nicht nur ein oder zwei Jahre hält, sondern einen dauerhaften Erhalt der Universität ermöglicht.

PACK: Es geht ja nicht nur um 2010. Momentan wird auch Ihre Doktorarbeit diskutiert. Was ist da schiefgelaufen?

SCHAVAN: Wenn ich getäuscht hätte, dann hätte ich heute keinen Ehrendoktor entgegengenommen. Zu dieser Dissertation gibt es diametral entgegengesetzte Bewertungen in der Wissenschaft. Die zuständige Fakultät sagt, nach 34 Jahren übrigens, die Arbeit sei eine Täuschung. Andere Wissenschaftler, deren Gutachten ich vorgelegt habe, sagen die Angabe der Quellen ist angemessen. Damit muss ich jetzt leben. Ich sage aber auch mit Blick auf diese Zeit damals: Das war für mich eine wichtige Zeit. Ich habe aus dieser Arbeit viel gelernt, ich habe mich mit Gewissen beschäftigt, und ich habe mich in meinem ganzen beruflichen und öffentlichen Leben immer um Gewissenhaftigkeit bemüht und werde das auch in Zukunft tun. Ich bin davon überzeugt, dass es in Deutschland eine wissenschaftsethische Diskussion geben wird: Was sind die Regeln der wissenschaftlichen Redlichkeit im Umgang mit Plagiatsvorwürfen? Wie kann erreicht werden, dass die Verfahren an allen Universitäten vergleichbar sind?

PACK: Können Sie momentan Promovierenden irgendeinen Tipp geben, worauf man ganz besonders achten sollte, um nicht irgendwann vor Gericht zu stehen und zu hoffen, dass man seinen Doktortitel nicht verliert?

SCHAVAN: Schreiben sie ihre Dissertation nach bestem Wissen und Gewissen und mit Freude an der Sache. Ich bin davon überzeugt, dass die Debatten der nächsten Jahre zur Vergleichbarkeit der Verfahren an den Unis führen werden.

PACK: Können Sie die Kritiker verstehen, die Ihnen nach dem Entzug Ihres wissenschaftlichen Doktortitels eine gewisse Vorbildfunktion absprechen und Ihnen deswegen heute diesen Titel nicht gegeben hätten?

SCHAVAN: Hätte ich getäuscht wäre ich heute nicht hier. Wer lange im öffentlichen Leben steht lernt mit Kritik umzugehen. Viele Glückwünsche zeigen mir, dass es, wie so oft im Leben, unterschiedliche Meinungen gibt.

PACK: Werden Sie den Dr. h.c. der Universität zu Lübeck in Zukunft führen?

SCHAVAN: Der Lübecker Ehrendoktortitel gehört zu meiner Vita, aber ich habe mir noch überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, ob ich künftig Titel vor meinem Namen trage – ich vermute eher nicht.

PACK: Vielen Dank für das Gespräch!

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Wer hat’s gerettet? https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/wer-hats-gerettet/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/wer-hats-gerettet/#comments Mon, 20 Feb 2012 11:00:23 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2490 Der Universität zu Lübeck stehen eine Vielzahl von Ehrungen und Würdigungen zur Verfügung, wenn es darum geht, einen Menschen für einen Verdienst auszuzeichnen. Da gibt es den Preis für besonderes studentisches Engagement, welcher eigentlich nur Studenten der Universität verliehen werden kann, die Universitätsehrennadel, die Universitätsmedaille, die Ehrenbürgerschaft der Universität, die Ehrenmitgliedschaft im Senat, die Ehrenprofessur und natürlich die Ehrendoktorwürde. Verdienst – und das ist vielleicht die Krux an der ganzen Angelegenheit – ist dabei ein weicher Begriff, ein dehnbares Etwas.

Protest gegen die Schließung der Uni in Kiel. Juli 2010.Lukas Ruge | StudentenPACK.

Protest gegen die Schließung der Uni in Kiel. Juni 2010.

Mit Ehrungen, Würdigungen und Danksagungen sparte die Universität nicht, nachdem im Sommer 2010 ein Sturm an Demonstrationen, Protesten und Empörung dafür sorgte, dass die Landesregierung Schleswig-Holsteins den Plan fallen lassen musste, die Universität zu Lübeck im Rahmen der Sparbemühungen kaputt zu kürzen. Nun, zwei Jahre später, soll nach dem Willen der Universitätsleitung eine weitere Person für die Rettung der Universität geehrt werden: Die amtierende Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Fakt ist: Die Landesregierung gab ihr Vorhaben auf, nachdem Schavan grünes Licht für einen Plan gab, der das GEOMAR in Kiel von 50-prozentiger Landesfinanzierung auf eine 90-prozentige Bundesfinanzierung umstellte. Ein bisher einmaliger Prozess, der in der deutschen Medienlandschaft deswegen besondere Beachtung fand, weil er, zu einem gewissen Grad, eine Aushebelung des Kooperationsverbotes darstellte. Das Kooperationsverbot macht es eigentlich unmöglich für den Bund, die Bildung in den Ländern zu finanzieren. Doch die Schavan-Lösung umging das Problem und ließ indirekt Bundesgelder nach Lübeck fließen.

Doch was hatte Ministerin Schavan tatsächlich getan? Schon jetzt, nur wenige Jahre nach dem Protest, existieren verschiedenste Versionen der Geschichte von „Lübeck kämpft“, welche üblicherweise den Erzähler zur zentralen Figur werden lassen. Dieser Kampf begann bereits im Mai 2010, als die Absichten der Landesregierung, den Medizinstudiengang in Lübeck einzustellen und das UKSH zu privatisieren, bekannt wurden und Studenten, Professoren, Mitarbeiter und Lübecker Bürger ihre Universität in Gefahr sahen. Die zahlreichen Protestaktionen streckten sich über Monate und sind in vielen Artikeln und einem Buch beschrieben worden.

Ministerpräsident Carstensen und Ministerin Schavan hatten sich aufgrund der Proteste – unter anderem – Mitte Juni getroffen, um das Problem der Uni Lübeck zu diskutieren. In den folgenden Wochen, als die Lübecker Wutbürger lauter wurden, gab es sowohl vom Bundesbildungsministerium als auch von Seiten der Landesregierung keine Anzeichen dafür, dass eine Lösung gefunden wurde. Ganz im Gegenteil: Peter Harry Carstensen verknüpfte das Sparpaket mit seinem politischen Schicksal, drohte laut Medienberichten damit, dass er zurücktrete, würde die Ein-Mann-Mehrheit im Landtag fallen. Auch im Bund mauerte die CDU: Auf Anfragen der Opposition im Bundestag gab es keine zufriedenstellende Auskunft, obwohl von der SPD zwei Fragestunden zur Universität Lübeck einberufen wurden. Schavan persönlich habe allerdings, so schreibt das Flensburger Tageblatt, intern mitgeteilt, dass die Universität zu Lübeck erhalten bleiben müsse. Öffentlich gab es aber anscheinend keinen Grund, solche Proklamationen zu machen.

Doch das war im Juni, die Mehrheit im Landtag stand und auf Bundesebene lag die CDU in den Umfragen klar vor der SPD. Als die Landtagsmehrheit für das Sparpaket dann am 1. Juli fiel, als der FDP-Abgeordnete Gerrit Koch erklärte, nicht für das Sparpaket zu stimmen, die Einstellung des Medizinstudienganges im Landtag also ohnehin nicht mehr durchzusetzen war, die Presseberichte immer negativer wurden und in den Sonntagsfragen zum Bund die CDU nur noch einen Prozentpunkt vor der SPD lag (die FDP war mal wieder unter die Fünf-Prozent-Hürde gefallen), war von „Standfestigkeit“, „dringendem Sparwillen“, von „Griechenland-artigen Zuständen“ und „alternativlos“ (was später Unwort des Jahres wurde) nichts mehr zu hören. Plötzlich gab es eine Lösung: Die Schavan-Lösung. Ein bisher vom Bund zu 50 Prozent finanziertes Forschungszentrum sollte zukünftig zu 90 Prozent bundesfinanziert sein. Der Einspareffekt erlaubte der Landesregierung, ihr Sparziel zu erreichen und ihr Gesicht zu wahren – gleichzeitig musste die Uni Lübeck nicht geschlossen werden.

Ein Schelm wer Böses denkt. Nie hat es sich um politisches Kalkül gehandelt: Kontinuierlich, so ließen Minister de Jager und FDP-Fraktionsvorsitzender Kubicki die Öffentlichkeit wissen, habe man konstruktiv mit der Bundesbildungsministerin an einer Lösung gearbeitet, die sie zufällig nun, da ihr ursprünglicher Plan ohnehin nicht mehr durchsetzbar war, präsentieren konnten. Eigentlich hätte die Politik – nicht der Protest – die Uni gerettet, sollten wir wissen.

In Lübeck wurde dies belächelt. Uni-Retter wollten die sparwütigen Landespolitiker sein, höhnische Plakate über die Retter aus Kiel wurden in Lübeck ausgeteilt und aufgehängt. Manche hängen noch heute.

Auch Peter Dominiak, Präsident der Universität, lehnte diese Form der Geschichte ab: „Es gab seit letztem Jahr im Winter Verhandlungen in Berlin, aber ich glaube nicht bezüglich der Uni Lübeck oder sogar über GEOMAR, das hätte ich sonst sicher von Herrn Rietschel (Anm. d. Red.: ehemaliger Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, der das IFM-GEOMAR damals unterstand, und Ehrendoktor der Uni Lübeck) erfahren.“ Zudem habe er jede Woche mit Ministerin Schavan telefoniert, gab er 2010 gegenüber dem StudentenPACK zu Protokoll. Von der Retterin Schavan damals noch keine Rede.

Ähnlich analysierte die Presse die Rolle der Ministerin. Die Financial Times Deutschland schreibt am 9. Juli, dem Tag nach dem Eingreifen der Ministerin: „Der Bund übernimmt für einen zweistelligen Millionenbetrag ein Forschungsinstitut. Schwarz-Gelb sichert damit den Fortbestand der Hochschule – und das politische Überleben der Kieler Landesregierung. Die jetzt zugesagte Hilfe vom Bund ist offenbar auch eine Art Gegenleistung für die Zustimmung Schleswig-Holsteins zum ‚Wachstumsbeschleunigungsgesetz‘ Ende vergangenen Jahres.“

Wie schnell sich die Sicht auf die Geschichte verändern kann, zeigt das Universitätspräsidium, welches im Dezember 2011 einen Antrag im Senatsausschuss Medizin einbrachte: Im April 2012 sollte Annette Schavan den Ehrendoktor für ihre Leistungen im Rahmen der Rettung der Universität erhalten. Die Ehrendoktorwürde der Universität zu Lübeck muss, so sieht es die Promotionsordnung vor, von einem der zwei Senatsauschüsse – Medizin oder MINT – dem Senat vorgeschlagen werden. Dieser Vorschlag muss vier Fünftel aller Stimmen erhalten. Auch im Senat ist eine solche vier-Fünftel-Mehrheit nötig, damit die Würde erteilt werden kann.

Einladung zum Jahresempfang der Universität zu LübeckStudentenPACK | StudentenPACK.

Einladung zum Jahresempfang der Universität zu Lübeck

In dem von Professor Dominiak verfassten schriftlichen Antrag, der dem StudentenPACK vorliegt, klingt die Rolle der Bildungsministerin äußert freundlich: „Frau Prof. Schavan hat im Sommer 2010 durch schwierige aber immer entschlossene und politisch weitsichtige Verhandlungen mit der Landesregierung Schleswig-Holsteins erreicht, dass der Studiengang Medizin an unserer Universität bestehen bleibt und damit ihr Bestehen als ganzes gerettet!“, schreibt Dominiak zur Begründung. Zudem verweist der Antrag auf Schavans Unterstützung der Universität bei dem Plan, zur Stiftungsuniversität zu werden. „Die Verleihung der Ehrendoktorwürde wäre eine angemessene Würdigung der Verdienste von Frau Schavan um den Erhalt der Medizin und damit der gesamten Universität zu Lübeck.“ Der Antrag wurde im nicht öffentlichen Teil der Sitzung vorgestellt und abgestimmt, die Begründung in dieser Form an den Senat weitergeleitet.

Und während diese Sicht auf die Geschichte zumindest streitbar ist, so sind andere Abschnitte des Antrags einfach nur falsch: So wird §22 Abs.1 der Universitätsverfassung zitiert: Die „Universität kann [die Ehrendoktorwürde] für besondere Verdienste um die Universität zu Lübeck“ verleihen, doch das ist so nicht richtig: Die Verleihung der Ehrendoktorwürde ist die einzige Ehrung der Universität, an deren Verleihung gewisse wissenschaftliche Voraussetzungen geknüpft sind: Sie kann für „hervorragende wissenschaftliche Leistungen oder besondere persönliche Verdienste um die von der Universität vertretenen Wissenschaften“ verliehen werden. Dies unterscheidet diese Würdigung von allen anderen von der Universität verliehenen Preisen, welche „für besondere Verdienste um die Universität“ selbst vergeben werden. Die Verdienste eines Ehrendoktors müssen also wissenschaftlicher Natur sein. So ist es vielleicht zu erklären, dass in einer Pressemitteilung der Universität die Begründung plötzlich um einen fachlichen Aspekt ergänzt wurde, der in der schriftlichen Vorlage in Ausschuss und Senat fehlte: Frau Schavan habe sich um die medizinische Wissenschaft verdient gemacht, „weil sie die Gesundheitsforschungszentren ins Leben gerufen hat, die vor allem die Defizite in der klinischen Forschung auf den Gebieten Herz, Lunge, Infektion, Diabetes und Neurologie beseitigen sollen.“

Ob Ministerin Schavan sich besonders für die Wissenschaft oder für die Universität zu Lübeck verdient gemacht hat oder lediglich um die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat, wie Björn Engholm im Vorwort zum Buch „Eine Stadt sieht gelb – Wie Lübeck seine Uni rettete“ vermutet: Der Verleihung einer Ehrennadel oder Hochschulmedaille stünde sicherlich formal nichts im Weg.

Es ist nichts Neues, dass auch Ehrendoktorwürden abseits einer klar verständlichen Qualifikation vergeben werden. Universitäten schmücken sich gerne mit großen Namen und so ist auch Günter Grass ein medizinischer Ehrendoktor der Universität zu Lübeck. Was der Beitrag des Literaturnobelpreisträgers zur medizinischen Wissenschaft ist? Dass er „Deutschland und die Welt mahnt, das Humane neu zu bedenken und einzulösen.“ sagte 2003 Prof. Dr. med. Hans Arnold in seiner Laudatio.

Nicht nur Universitäten schmücken sich gerne mit großen Namen, auch Politiker schmücken sich gerne mit Titeln und Würdigungen: Anette Schavan hat bereits einen Dr. phil. an der Universität Düsseldorf erhalten, für ihre Dissertation mit dem Titel „Person und Gewissen – Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung“ (1980) sowie eine Ehrendoktorwürde der Universität Kairo „für ihre Verdienste um die ägyptisch-deutsche Zusammenarbeit im Bereich Wissenschaft und Forschung“ (2009), der Tongji-Universität, Pei Gang in China (2010), ein Jahr später der Hebräischen Universität Jerusalem „in Anerkennung ihrer Leistungen für die deutsch-israelische Zusammenarbeit in Forschung und Bildung“ und der Meiji-Universität in Japan als „Zeichen für den Ausbau der Partnerschaft in Forschung und Lehre mit deutschen Institutionen“. Im Jahre 2012 sollte nun Lübeck dran sein, für ihren Einsatz um den Erhalt der Universität und ihre Unterstützung des „Bestrebens, Stiftungsuniversität zu werden“. Seit dem Wintersemester 2009/2010 ist Dr. Dr. hc. mult. Schavan eine Honorarprofessorin für katholische Theologie an der Freien Universität Berlin.

Ministerin Schavan im Januar 2012 bei der Eröffnung des Wissenschaftsjahres in LübeckStudentenPACK | StudentenPACK.

Ministerin Schavan im Januar 2012 bei der Eröffnung des Wissenschaftsjahres in Lübeck

Doch der Plan, den Preis im April 2012 zu verleihen, scheiterte an der Kritik der SPD-Fraktion im Landtag. Wie könne es sein, dass eine CDU-Ministerin so kurz vor der Wahl in Schleswig-Holstein die Würde der hochangesehenen Universität erhält? Ein Termin, der aus Sicht der Wahlkämpfer, so Martin Habersaat, der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, „zu kritisieren sein könnte und den man sich merken sollte“. Weniger diplomatisch ist wie gewohnt der Fraktionsvorsitzende der SPD, Ralf Stegner: „Amigos im Norden“ twittert Stegner und vergleicht die Beziehung zwischen Universität und Bildungministerin mit der zwischen Landesregierung und Glücksspiel-Lobby oder dem inzwischen zurückgetretenem Bundespräsidenten Wulff und seinen Gönnern. Die Universität sieht keinen Zusammenhang: „Der Jahresempfang der Universität zu Lübeck findet bereits seit langem in jedem Jahr Mitte April“ statt, man bedaure, „dass in unsinniger Weise versucht worden ist, aus der in diesem Jahr gegebenen, zufälligen zeitlichen Nähe zur Landtagswahl am 6. Mai einen intendierten Zusammenhang zu konstruieren.“

Grundsätzlichere Probleme sieht Thomas Oppermann, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD im Bundestag: „Es ist nicht statthaft, wenn die amtierende Ministerin für Bildung von einer deutschen Universität einen Ehrendoktor erhält.“ Er sieht darin den Anschein, man wolle das Wohlwollen der Ministerin erkaufen. Bedenkt man, dass gerade die Lübecker Universität 2005 und 2010 wegen fehlendes Wohlwollens in der Politik um ihr Überleben kämpfen musste, sind solche Anschuldigungen ernst zu nehmen. Das Bundesministerium war für eine Klärung zu Stegners Vermutungen nicht zu erreichen, genauso wenig wurde die Frage beantwortet, warum eine amtierende Ministerin eine solche Auszeichnung überhaupt angenommen hat.

Um der Kritik aus dem Weg zu gehen, wurde die Vergabe auf den April 2013 verlegt, oder wie Ralf Stegner es auf Twitter nennt: „Kurz vor der Bundestagswahl“. Bildungsministerin ist Frau Schavan dann voraussichtlich immer noch.

Hinter vorgehaltener Hand hört man auch von einigen Mitgliedern des Senats der Universität zu Lübeck, dass die Vergabe der Ehrendoktorwürde ihnen nicht wirklich gefällt, doch letztendlich haben sich im Senat wie im Senatsausschuss Medizin alle Mitglieder entschieden, für den Antrag von Professor Dominiak zu stimmen. Caroline Blaum, sie vertritt die Studierendenschaft im Senatsausschuss Medizin, betont, sie hätte nicht für den Antrag gestimmt, war aber zu der Sitzung verhindert. „Nicht allein der persönliche Einsatz von Frau Schavan hat die Uni gerettet, sondern vielmehr das Engagement der gesamten Uni Lübeck und der Lübecker Bürger hatten erheblichen Teil daran“, meint Caroline. Von daher sei die Verleihung der Ehrendoktorwürde eine unangemessen Maßnahme. Für die Vergabe im Jahr 2013 wird kein neues Votum des Senats notwendig sein.

Damit, dass die Würdigung nicht gänzlich ohne Kritik vonstatten gehen würde, dürfte Präsident Dominiak gerechnet haben. Seinen Antrag an den Senatsausschuss Medizin beendet er mit den Worten: „Da es sich um eine sensible Personalie handelt, möchten die Unterzeichner (Prof. Dominiak und Prof. Hohagen, Anm. d. Red.) herzlich darum bitten, diesen Vorgang bis zur Vorlage in den Gremien höchst diskret zu behandeln.“

So bleibt, wie man in Schavans politischer Heimat Baden-Württemberg sagt, ein Geschmäckle, wenn die Universität im April 2013, mit einem Jahr Verzögerung, zum sechzehnten Mal in fast 50 Jahren den Titel verleiht, und die Gewissheit, dass sich hier zwei mit dem Namen des Anderen schmücken. Doch vielleicht muss man all den Beigeschmack mit der Gelassenheit nehmen, mit der auch Martin Habersaat seine Stellungnahme beendet: „Die Universität zu Lübeck wurde gerettet. Wenn der Preis dafür ein Ehrendoktorhut für Frau Schavan ist, sei er ihr gegönnt. Herzlichen Glückwunsch!“

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Wir sind nicht ausgestorben! https://www.studentenpack.de/index.php/2011/11/wir-sind-nicht-ausgestorben/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/11/wir-sind-nicht-ausgestorben/#respond Sat, 05 Nov 2011 13:19:28 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2035 Am Freitag, den 4. Movember, rief das Orga-Team von “Lübeck kämpft” zur „Gratulation“ de Jagers zum Spitzenkandidaten auf. Der kurzfristigen Ansage über Flyer folgten mehr als 100 Studenten, darunter befanden sich zahlreiche Erstsemester, die bereits in der Vorwoche auf „Lübeck kämpft“ eingestimmt worden waren.

Lübeck kämpft protestiert anlässlich der Wahl von Jost de jager zum Spitzenkandidaten der CDU.Viktoria Heise

"Lübeck kämpft" protestiert anlässlich der Wahl von Jost de Jager zum Spitzenkandidaten der CDU.

Nach dem tränenreichen Rücktritt des Spitzenkandidaten von Boetticher hatten die Studenten im Sommer erfahren, dass Jost de Jager, der ein Jahr zuvor erfolglos versucht hatte, die Universität kaputt zu sparen, für die CDU in den Wahlkampf ziehen soll. Die daraufhin in der CDU gespielte Begeisterung für den „fleißigen, kollegialen“ Kandidaten konnten die Lübecker nicht stehen lassen.

„Kommt in gelb, kommt gut gelaunt und kommt zahlreich“ hatte das Lübeck-kämpft Orga-Team geladen. Gegen 19 Uhr zog die Gruppe vor die Kongresshalle. Die Polizei wies darauf hin, dass die Landesvollversammlung eine geschlossene Veranstaltung sei und verbat den Studenten die MuK zu betreten. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich bereits bis zu zehn Demonstranten in der Versammlung. Auch Matthias Salzenberg war unter ihnen. Bereits zuvor hatte er Zutritt zur MuK bekommen und verließ diese nun wieder, um noch ein Banner zu holen, das er in den Räumlichkeiten ausrollen wollte. Der erneute Zutritt, gemeinsam mit anderen Demonstranten, gestaltete sich jedoch schwieriger als zuvor. An der anwesenden Polizei war kein Vorbeikommen und so wurde an Matthias Salzenberg ein Exempel statuiert: Er wurde festgenommen, mit auf die Polizeiwache genommen und einem Haftrichter vorgeführt. Letzterer war jedoch nicht davon überzeugt, dass Salzenberg in Gewahrsam bleiben musste und so konnte dieser bereits kurz vor 20 Uhr die Polizeiwache wieder verlassen.

Die Demobewegung war ihres Sprechers beraubt worden. Ein konstruktiver Dialog mit de Jager erschien unter diesen Umständen nicht möglich. Stattdessen bildeten die Protestler ein gelbes Mahnmal.

In den Raucherpausen waren einige Delegierte aber gerne bereit mit den Demonstranten ins Gespräch zu kommen, wo sie unter anderen auch dafür geworben haben, doch in die CDU einzutreten. Ganz anders die Polizei und das Wachpersonal, die den Eindruck vermittelten, als würden sie fest damit rechnen, dass die Situation jeden Moment eskalieren würde.

DieLandesvollversammlung erfolgreich unterwandert.Viktoria Heise

Die Landesvollversammlung erfolgreich unterwandert.

Im Saal bewiesen Mitglieder des AStA’s Kreativität: In konservativer Kleidung waren sie zu Beginn der Veranstaltung einfach hereinspaziert – Teilweise unter Zuhilfenahme eines Gehstocks – und hatten sich unter die Delegierten gemischt. Während der Wahl stand Maren Janotta auf und verlas die offizielle Stellungsnahme der Studentenschaft, während die anderen Flyer verteilten. „Anderthalb Jahre später kehrt Herr de Jager nach Lübeck zurück; als designierter Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten, möchte er auch in Zukunft seine Kahlschlagpolitik mit Wild-West-Methoden durchdrücken. Und auch wir kehren zurück, um […] an die wissenschafts- und bildungsfeindliche Politik des Herrn de Jager zu erinnern.“

Die Reaktion war durchmischt. Während die meisten Politiker sich irritiert zeigten, bewiesen andere ihre Zustimmung und spendeten ihr Beifall. Augenblicklich wurden die Studenten des Raumes verwiesen. Draußen wurde sie und ihre Mitstreiter mit großem Jubel empfangen. Daraufhin verlas sie den Text vollständig und erntete damit die Aufmerksamkeit der Presse. „Herr de Jager steht für Kahlschlag und Rückschritt und keinesfalls für die so dringliche Erneuerung Schleswig-Holsteins. Wenn er also zukünftig Abbauen und Zurückschneiden möchte, so doch lieber die Bäume in seinem Garten, als die Infrastruktur in unserem schönen Bundesland.“

Trotz der vielen Erstsemester herrschte während der Demonstration eine ähnliche Stimmung wie zu „Lübeck kämpft“-Zeiten, bestätigt auch StuPa Präsident Christoph Leschczyk. Gegen 21 Uhr löste sich die Demo auf. Jost de Jager ist Spitzenkandidat der CDU.

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Lübeck bleibt – ihr nicht https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/lubeck-bleibt-ihr-nicht/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/lubeck-bleibt-ihr-nicht/#comments Wed, 22 Jun 2011 11:20:58 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1523 Am Samstag wurde die Kieler Woche eröffnet! So ein Spektakel will man sich nicht entgehen lassen. Besonders dann nicht, wenn der allseits beliebte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen die Eröffnungsrede hält und mit seiner Schiffshupe das Startsignal für neun Tage feiern, futtern und Fusel trinken gibt.

Die 117. Kieler Woche wird wohl die letzte sein, die Carstensen eröffnen durfte. Damit ihm dieses Ereignis auch in besonderer Erinnerung bleibt, fuhren wir mit ca. 100 Studenten zur großen Festbühne auf dem Rathausplatz, um andächtig seiner Rede zu lauschen und ihm den gebührenden Respekt zu erweisen.

Pappköpfe: De Jager und PHC als Uni-RetterReinhard Eggers

Pappköpfe: De Jager und PHC als Uni-Retter

Zwei Reisebusse brachten uns zum Kieler ZOB, wo wir die letzten Vorbereitungen für die Eröffnung trafen. Flyer und das Transparent wurden ausgeladen, die letzten lila Aufnäher verteilt und die gelben T-Shirts sorgfältig unter Regenjacken versteckt. Wir wollten ja nicht auffallen, sondern PHC mit unserer Anwesenheit positiv überraschen. Dementsprechend gab es auch die Ansage, sich auf dem Festgelände zu verteilen und erst pünktlich zur Eröffnungsrede um 19:30 auf dem Rathausplatz zu erscheinen.

Aus ungeklärten Gründen ergab es sich aber, dass gegen sich 18:30 etwa 50 junge, anscheinend noch nüchterne Personen unabhängig voneinander vor einer Nebenbühne auf der Rathausrückseite begegneten und spontan zu tanzen begannen. Umstehende Kieler beäugten dies zuerst misstrauisch, ließen sich aber durch aggressives Antanzen dann doch widerwillig integrieren – die perfekte Tarnung! In Sachen Unauffälligkeit verbuchten wir einen vollen Erfolg.

Die Eröffnungsrede rückte näher und so langsam füllte sich der Platz vor der Hauptbühne. Es gelang uns, einen zentralen Platz vor der Bühne zu ergattern. Nach der Rede des Kieler Bürgermeisters sowie dem traditionellen anglasen durch den THW-Spieler Marcus Ahlm durfte endlich der Ministerpräsident ans Mikrophon. Und wir durften uns endlich ausziehen: Die Regenjacken wurden abgeworfen und in den gelben T-Shirts schickten wir Herrn Carstensen mit unserem Transparent einen letzten Gruß: Lübeck bleibt – ihr nicht!

Lübeck erinnert an einen erfolgreichen KampfHannes Freibrodt

Lübeck erinnert an einen erfolgreichen Kampf

Bedauerlicherweise gelang es den Kameras, die den Festplatz filmten und die Bilder live auf die Bühne übertrugen, uns komplett auszulassen. Schade, da die beiden Dickköpfe Jost de Jager und Carstensen sich endlich entschlossen hatten, doch noch mit uns den Erhalt der Uni zu feiern. Gemeinsam nahmen die beiden Politiker ein Bad in der Menge und liefen mit unserem Festzug über die Kieler Woche. Jost bekam sogar einen Kuss von einer schwarzhaarigen Schönheit auf die Wange gedrückt. Nebenbei statteten wir noch der Nebenbühne einen Besuch ab, bei der nun endlich mehr Leute bereit waren, mit uns und den Politikern zu tanzen.

Anschließend machten wir uns auf den Rückweg zum ZOB, wo wir uns schweren Herzens von den Großen Köpfen dieses Landes trennten. Aber es blieb noch ein wenig Zeit, in zivil feiern zu gehen. Also teilten wir uns auf und testeten in Kleingruppen das kulinarische und musikalische Angebot der Kieler Woche.

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Ein Blick zurück in Fakten https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/ein-blick-zuruck-in-fakten/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/ein-blick-zuruck-in-fakten/#respond Sun, 12 Jun 2011 22:01:43 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1130 „Was in der alten Hansestadt geschah, ist wohl einmalig in der deutschen Stadtgeschichte”, schreibt Björn Engholm und meint damit den Protest zum Erhalt der Uni Lübeck. Die Chronologie dieser einmaligen Protestbewegung, die Universitätspräsident Dominiak sogar als Ouvertüre zu den Bürgerprotesten in Stuttgart sieht, hat die Biologin und freie Journalistin Julia Offe geschrieben, die bereits im Vorjahr für das Laborjournal über die Geschehnisse in Lübeck geschrieben hat. Das StudentenPACK hat exklusiv eine Vorabversion von „Eine Stadt sieht Gelb – Wie Lübeck seine Uni rettet” erhalten, welches nach der Buchvorstellung am 15. Juni um 17:30 Uhr in der Universitätskirche St. Petri am 16. Juni im Buchhandel erscheint.

Lukas Ruge

Der Kampf des letzten Sommers in Buchform

Das Datum kommt nicht von ungefähr. Ein Jahr zuvor, am 16. Juni 2010, demonstrierten 14.000 Menschen in Kiel gegen die Pläne der Landesregierung. Dieser Protest ist zwar nicht das Ende des Buches, so wie die Demo nicht das Ende des Kampfes war, aber wie im Sommer 2010 bildet dieser Abschnitt in der Geschichte so etwas wie den emotionalen Höhepunkt. Eine Wendung, die in den ersten 70 Seiten immer wieder angedeutet wird.

 

 

Doch ansonsten hält sich Offe in ihrer Schilderung mit Emotionen eher zurück: Der Rausch, die unglaubliche Begeisterung nach gelungenen spontanen Aktionen wie vor dem Scandic Hotel, aber auch die Arbeit bis zur völligen Übermüdung und Erschöpfung finden daher kaum Platz. Dies ist hinsichtlich einer objektiven Darstellung der Ereignisse ebenso wünschenswert wir richtig, fühlt sich aber dennoch irgendwie falsch an.

„Es fehlt das Adrenalin“, denkt man sich, wenn man sich zurück erinnert. Nun ist „Eine Stadt sieht Gelb” nicht nur für jene geschrieben, die gekämpft haben und so ist eine ruhige und vollständige Sicht auf die Fakten eine wichtige Grundlage der Aufarbeitung.

An Vollständigkeit mangelt es dem Buch nicht. Lediglich der mit Verdi veranstaltete Protest des AStAs zum Erhalt der Uniklinik kommt zu Beginn etwas zu kurz. Julia Offe hat mit unzähligen Beteiligten gesprochen und webt die Protestgeschichte im Detail zusammen. Dabei ist auch für jene, die in den Gremien aktiv waren, immer noch eine Geschichte dabei, die neu ist: So verhärteten sich nicht nur die Fronten zwischen Studenten und Landesregierung, auch unter Kollegen an den Universitäten in Lübeck und Kiel gab es Spannungen, die anhand von Emails und Erinnerungen nachgezeichnet werden.

Natürlich finden auch alle Aktionen des Sommers Erwähnung. Von den Spontandemos und den Exilvorlesungen bis zu den Großdemonstrationen in Kiel und Lübeck.

Weiland

"Eine Stadt sieht Gelb" erscheint am 16. Juni

Immer wieder verlässt Offe die gut bebilderte chronologische Darstellung für rückblickende Interviews oder Essays Beteiligter. Das ist manchmal informativ, wenn die damalige AStA-Vorsitzende Linda Krause über ihre Rolle als Person in der Öffentlichkeit spricht, und manchmal bemerkenswert, wenn Josephine von Zastrow, Redakteurin der Lübecker Nachrichten beschreibt, warum gerade Regionalzeitungen Partei ergreifen können und müssen. Manchmal sind die Texte auch ärgerlich, wenn zum Beispiel der Lübecker FDP-Abgeordnete Gerrit Koch, der jeden Tag in den Wochen des Protests und des verzweifelten Kampfes die Gelegenheit gehabt hätte, den Plan der Landesregierung zu vereiteln, in einem Text die Gelegenheit bekommt, sich als ehrlicher Zweifler und geheimer Kämpfer für die Lübecker Uni rein zu waschen.

 

 

Auf fast 200 Seiten bietet „Eine Stadt sieht Gelb“ einen lohnenden Rückblick, es vereinigt die Stimmen hinter einer außergewöhnlichen Kette von Ereignissen und für jene, die davon nicht genug bekommen, bietet es QR-Codes, mit denen man per Smartphone Videos aufrufen kann.

Die Autorin

Julia Offe, Jahrgang 1973, ist promovierte Biologin und lebt als freiberufliche Wissenschaftsjournalistin in Hamburg. Im Sommer 2010 berichtete sie bereits mehrfach für das Laborjournal über die Aktion „Lübeck kämpft für seine Uni“.

 

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“Niemand hatte die Absicht, eine Uni zu schließen” https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/niemand-hatte-die-absicht-eine-uni-zu-schliessen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/niemand-hatte-die-absicht-eine-uni-zu-schliessen/#respond Sun, 12 Jun 2011 21:50:41 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1402 Ein Jahr ist es her, dass ganz Lübeck gelb trug. Ein Semester voller Kampfeswillen, aber auch Verzweiflung. Durchwachte Nächte und aufregende Tage. Teilweise sind die Erinnerungen an diese Zeit weit in den Hinterkopf gerutscht. Auf der anderen Seite kommt sie bei vielen Gelegenheiten und fast allen Unterhaltungen über die Uni wieder auf den Tisch. Dabei stand die Zeit nicht still, seit die Uni gerettet schien. Lübeck wurde zur Stadt der Wissenschaft, die Landesregierung plant ein Gesetz, das die Gründung einer Stiftungsuni ermöglichen soll und die Privatisierung des Uniklinikums steht immer noch im Raum. Wir haben mit dem Präsidenten der Uni, Peter Dominiak, mit Wissenschaftsminister Jost de Jager, mit dem Pressesprecher des UKSH Oliver Grieve und mit Steffen Kühhirt von Verdi über das vergangene Jahr gesprochen und auch darüber, wie sie die Zukunft des Standortes Lübeck sehen.

 

Alles gelb - Demo in Kiel 2010undefined | StudentenPACK.

 

Alles gelb - Demo in Kiel 2010

Wir-Gefühl gleich zu Beginn des Kampfes

Für den Präsidenten der Uni, Prof. Peter Dominiak, ist das Kampf-Gefühl noch förmlich greifbar. Zwar überwiegt das Gefühl, es geschafft zu haben, doch er erinnert sich genau an den Abend, als nach der Demonstration gegen die Privatisierung der Klinik der NDR bei ihm anrief – eine Stunde vor dem Gesprächstermin mit dem Wissenschaftsminister Jost de Jager – und ihm übermittelte, dass aus Regierungskreisen durchgedrungen sei, die Medizin in Lübeck solle eingestellt werden. Dominiak war gleich klar: „Die Landesregierung meint es bitterernst, das ist nicht nur eine Drohgebärde“ und so rief er noch in der gleichen Woche bei der Bundesbildungsministerin Annette Schavan an, die ihm ihre Hilfe zusicherte. Was folgte war die Senatssitzung, die kurzfristig wegen der Überfüllung der Hörsäle im Zentralklinikum ins Audimax verlegt wurde. Hier wurden Spenden gesammelt und Dominiak erinnert sich, wie noch in der laufenden Sitzung die Zahl 5000 Euro in den Raum gerufen wurden. Am Ende waren es fast 10000.

Doch nicht nur die Spendenbereitschaft unter den Hochschulangehörigen sei beeindruckend gewesen, auch das, was von den Lübecker Bürgern und der Industrie in der Umgebung kam, lies den Präsidenten nach vorne blicken. Die Mobilisierung der Lübecker Bevölkerung schreibt Dominiak dabei den Studenten zu: Diese seien wahnsinnig engagiert gewesen und hätten es erst ermöglicht, dass so viele Leute mobilisiert werden konnten und auch dass die Lübecker Nachrichten acht Wochen lang täglich über die Uni berichteten. So sei ein wichtiger Druck entstanden, die Landesregierung habe gesehen: Hier wehren sich die Bürger!

Keine Reue über Entscheidungen

Dabei bereut Peter Dominiak keine seiner Entscheidungen. Auch nicht, das Bargteheider Gespräch, für das er insbesondere bei den Studenten in Kritik geraten war. Das Gespräch, bei dem sich der Präsident und sein Kanzler, Oliver Grundei, und Bürgermeister Bernd Saxe unter anderem mit dem Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen und Wissenschaftsminister Jost de Jager trafen – absichtlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit, absichtlich außerhalb Lübecks, um sich in Ruhe unterhalten zu können. Dominiak sagt, er habe sich lange den Kopf über diese Kooperation zerbrochen. Wer Vorschläge macht, könne beim Schopf gepackt werden und müsse diese dann auch erfüllen. So war klar, die Vorschläge müssten fundiert und umsetzbar sein, auch wenn der Ministerpräsident wohl von Anfang an immer betonte, Kiel dürfe nichts passieren. Anders de Jager, der auch einen Einschluss der Kieler in Ordnung fand.

„Hätten wir kein Angebot gemacht, hätten alle gesagt: Schaut euch das an, der Präsident ist noch nicht mal bereit, zu kooperieren“, fasst Peter Dominiak noch einmal seine Entscheidung zusammen, sich an den Gesprächen zu beteiligen. Und befindet weiter: Man habe alles sehr strategisch hingekriegt. Tatsächlich eröffnete sich so eine Möglichkeit für den Präsidenten, der seit seinem Amtseintritt im Jahr 2005 an dem Projekt Stiftungsuni arbeitet, seine Pläne durchzusetzen und die Universität so auf festeren Boden zu stellen. Das wichtigste an der Stiftungsuni sei die Autonomie, vor allem finanziell. Drittmittel könnten viel leichter eingeworben werden und zudem sei es auch von der Gesetzeslage her schwieriger, eine Stiftungsuniversität zu schließen.

Vorarbeit für die nächste Legislatur angelaufen

Die Uni an sich sei auch momentan schon stabil und vor allem geschützt durch die Zielvereinbarungen, die mit der Landesregierung geschlossen wurden und noch bis 2013 gelten. Diese seien zwar abhängig von der Haushaltslage aber nicht ohne weiteres einseitig kündbar. Zielvereinbarungen speziell für die Medizin in Lübeck gäbe es jedoch keine und so sei es ein Bestreben des Präsidiums, diese noch in der Amtszeit der aktuellen Landesregierung zu beschließen.

Im Ausblick auf die nächste Landesregierung wird übrigens auch schon vorgefühlt. So lädt der Präsident, unter Einbeziehung studentischer Vertreter, aber ausdrücklich unter Ausschluss der Öffentlichkeit, die Spitzenkandidaten aller Parteien nach und nach zu Kamingesprächen ein. Es sei zwar auch der Plan, wie bereits vor der letzten Landtagswahl, wieder einen 10-Punkte-Katalog an die Parteien zu schicken und die Antworten darauf auch zu veröffentlichen. Von den Kamingesprächen erhofft sich Präsident Dominiak jedoch eine verstärkte Kommunikation und auch einen persönlichen Zugang zu den möglichen nächsten Landesvätern.

Spitzenkandidat der CDU von Boetticher - Willkommen zum Kamingespräch.Christoph Stockhusen

Spitzenkandidat der CDU von Boetticher - Willkommen zum Kamingespräch.

Die Kommunikation mit der aktuellen Landesregierung und auch mit dem Präsidium der Universität in Kiel, sie sei professionell, berichtet Dominiak. Böses Blut gebe es keines mehr, „aber eine Narbe bleibt zurück.“

„Die Überlegungen damals waren richtig“

Den professionellen Umgang mit der Universität betont auch der Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr Jost de Jager, der im letzten Jahr schnell ins Kreuzfeuer geraten war und von da an Angriffspunkt der Demonstranten blieb. Doch auch er steht nach wie vor hinter allen Entscheidungen, die getroffen worden sind. Zwar war er nie Mitglied der berüchtigten Haushaltsstrukturkommission, die die Sparpläne erarbeitete, doch arbeitete sein Ressort in beratender Funktion eng mit der Kommission zusammen. Dabei erörterte er in erster Linie die Fragestellung, ob es irgendwie anders ginge, „oder ob nicht auch der Bereich Wissenschaft einen Teil zu der Einsparungssumme beitragen muss“. Sie musste etwas beitragen, wie schnell allseits bekannt wurde. Dabei stand der Minister vor der Frage, ob er überall ein wenig sparen sollte, was dann sehr zu Lasten der Kunst- und Musikhochschulen gegangen wäre, oder ob man drastische Einschnitte – wie dann in Lübeck – in Kauf nehmen könnte. „Das war die Überlegung damals, die ja auch nach wie vor richtig ist“, sagt der Minister im Rückblick.

 

Jost de Jager - Hat schon immer recht!Thorsten Biet

 

Jost de Jager - Hat schon immer recht!

Dass die Demonstranten sich nach einem kurzen Aufbegehren gegen den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki schnell auf de Jager einschossen, hat diesen nicht überrascht. Es sei zu erwarten gewesen, dass der Standort Lübeck seine Pläne nicht gut heißen würde und so war er „mental darauf eingestellt“. Doch obwohl Lieder gedichtet wurden, die eben jenes forderten: An Rücktritt habe er keine Sekunde gedacht. „Es gehört durchaus zu den politischen Gesetzmäßigkeiten, dass man nie so sicher im Amt ist, als wenn von Demonstranden der Rücktritt gefordert wird.“

Kieler Mitsprache oder manipulative Berichterstattung?

Zur Rolle der Universität in Kiel stellt de Jager jedoch schnell klar, die Entscheidungen seien ausschließlich im politischen Raum getroffen worden, die Kieler hätten sich nicht eingemischt. Das, was die Lübecker Nachrichten diesbezüglich aufgedeckt haben wollten, sei ein viel älterer Vorgang gewesen und zeige nur, wie sehr manipulativ die Berichterstattung der Lokalzeitung gewesen ist, die „die journalistische Unabhängigkeit in dem Verlauf völlig aufgegeben haben und zum reinen regionalen Kampfblatt wurden.“ Trotz allem sei es nie seine Absicht gewesen, die Universität in Lübeck zu schließen. Man habe ja nicht die Uni wie in einem digitalen Vorgang herunterfahren wollen. Im Falle des Auslaufens der Medizin, hätte man andere Bereiche kultiviert und somit wäre die Uni mit gestärktem Profil aus der Neustrukturierung hervor gegangen. Sparen, so ist sich der Minister sicher, hätte man dann auch in jedem Fall können.

Während Jost de Jager offensichtlich auch seine Lehren aus dem Kampf gezogen hat, besteht Hoffnung für die Lübecker Uni. Denn trotz der auch aktuell prekären Haushaltslage: Noch mal wird er hier nicht Hand anlegen. „Wir werden den gleichen Vorschlag nicht noch mal machen“, sagt er mit einem Lachen. Doch auch in der aktuellen Sparrunde wird er sich wieder die Frage stellen, ob man die Bildung bei den Einsparvorhaben außen vorlassen kann. Die Kürzungen, die nun möglicherweise in Flensburg anstehen, seien allerdings in keiner Weise mit denen in Lübeck vergleichbar. Dort wolle die Wirtschaft Teile der Universität mitfinanzieren. Wie viel Minister de Jager dort einsparen will, lässt er jedoch offen.

Konzentration auf einen volluniversitären Standort kommt nicht in Frage

Offen bleibt auch die Frage, was aus dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein wird. Die Trennung der beiden Standorte in Lübeck und Kiel und die Veräußerung des Lübecker Anteils an private Investoren steht seit über einem Jahr im Raum. Es wäre also nur naheliegend, würde die Landesregierung das Klinikum erneut für die Konsolidierung des Haushaltes heranziehen wollen.

Die Klinik an sich steht eigentlich gar nicht so schlecht da. Die Krankenversorgung arbeite wirtschaftlich, berichtet der Pressesprecher des UKSH, Oliver Grieve. „Das UKSH muss aber die Haushaltslasten, die das Land über die Forschung und Lehre abwälzt, zusätzlich schultern.“ Seit 2008 seien dies 15 Millionen Euro. Die finanzielle Lage der Klinik ist damit ähnlich prekär wie die des Landes, die Zukunft ist völlig offen. Das Schlimmste sei, so Grieve, das Zerreißen der Klinik: Am Ende stünden zwei teurere Standorte, die sich unnötig Konkurrenz machten und auf das wissenschaftliche Niveau von Kreiskrankenhäusern zurück fielen. Daher habe das UKSH eine Perspektive erarbeitet, die den Erhalt der Maximalversorgung in öffentlicher Trägerschaft sichern soll, abseits von Aktionärsinteressen.

Die Konzentration auf nur einen, den volluniversitären Standort, wolle man nicht, so Grieve. Und so hofft er, dass die Studenten nach wie vor auch gegen die Privatisierung der Klinik vorgehen. Auf die Aktionen der Studenten sei man stolz gewesen und auch viele Mitarbeiter hätten sich solidarisch gezeigt. Dem Vorstand jedoch sei der Kampf vom Eigentümer des UKSH, dem Land Schleswig-Holstein, verboten worden.

Die Klinik ist nicht verhandelbar

Die Klinik um jeden Preis in öffentlicher Hand zu halten ist auch Ziel der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Steffen Kühhirt, Leiter des Fachbereiches Gesundheit bei ver.di Nord, sieht neben den Nachteilen für die Angestellten insbesondere auch die für die Gesundheitsversorgung einer gesamten Region. Ein privater Träger wolle und müsse vor allem auch auf die Rendite achten. Vielleicht würde sich das noch nicht in den ersten fünf Jahren der Trägerschaft auswirken. Langfristig wollten die privaten Träger jedoch verdienen und das sei mit tiefen Eingriffen verbunden, insbesondere für Kassenpatienten. Das sei „Gift für das Land Schleswig-Holstein“, befindet Kühhirt. Das Klinikum dürfe nicht aus der Hand gegeben werden, alles andere wäre ein „weiterer Nackenschlag“. Die Konzerne würden künftig die Regeln für die Krankenversorgung diktieren, die Politik sei dann außen vor. Zwar könne man die Maximalversorgung in einem Vertrag verpflichtend regeln. Dieser, so Kühhirt, würde aber irgendwann auslaufen und wäre nicht für immer sicher.

Doch natürlich geht es dem Gewerkschaftsvertreter nicht nur um das Wohl der Patienten im Bundesland. Für ihn stehen die Angestellten der Klinik im Vordergrund und auch hier sieht es nicht rosig aus. Die Erfahrung aus anderen privatisierten Kliniken, insbesondere der Uniklinik von Marburg und Gießen, zeige, dass sich in solch einem Falle nicht nur die Tarifverträge sondern vor allem auch die Arbeitsbedingungen erheblich verschlechterten.

 

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Steffen Kühhirt spricht auf einer Demo in Lübeck (2010)

Das wiederum würde auch zu Lasten der Studierenden gehen. Denn, so ist sich Kühhirt sicher, ein privater Klinikkonzern könne keine Rücksicht auf Forschung und Lehre nehmen. Für ihn ist auch die Stiftungsuniversität keine Alternative, diese bräuchte zu viel Geld, würde womöglich die Privatisierung in Kauf nehmen. Der Verdi-Vertreter ist in seinen Äußerungen sehr deutlich: Die Gesundheit muss in der Hand des Staates bleiben. Sie sei nicht veräußerbar!

Bis 2015 wird es keinen Verkauf der Klinik geben, das ist vertraglich zugesichert. Bricht die Regierung diesen Vertrag, werden die Gewerkschaften juristisch und politisch dagegen vorgehen. „Wir werden uns mit allen gewerkschaftlichen Mitteln wehren“, kündigt Kühhirt an, der auch aktuell in unterbrochenen Tarifverhandlungen steckt, da der Arbeitgeber „kein wertschätzendes Angebot“ unterbreitet.

Derzeit befasst sich die Landesregierung mit einer Markterkundung. Dass hierbei nur Lübeck zum Verkauf steht, lehnt Kühhirt genauso kategorisch ab. Doch nun will er erst einmal das Ergebnis der Erkundungen und vor allem auch den Ausgang der Landtagswahl im kommenden Jahr abwarten, bei der laut Umfrageergebnissen die aktuelle Koalition schlechte Karten haben dürfte. Man müsse zuerst sehen, was die neue Landesregierung mit dem UKSH vorhabe, müsse sich aber Ende 2014 oder Anfang 2015 darauf einstellen, wieder in den Protest zu gehen. Wie Grieve hofft auch Kühhirt darauf, dass die Solidarität der Studenten mit der Klinik so groß ist, wie die der Mitarbeiter mit der Uni. Uni und Uniklinik dürfen sich nicht auseinander spielen lassen, so Kühhirt. Und daher setze er auch nach wie vor auf die „gewaltige Dynamik“ die nur in der Zusammenarbeit mit den Studenten möglich gewesen sei. Er habe immer das Gespräch mit dem AStA gesucht und auch die aktiven Gewerkschaftler in der Klinik wollten das gemeinsam mit den Studierenden durchziehen.

Und die Zukunft?

Die Meinungen der Beteiligten, sie widersprechen sich doch in einigen Punkten gravierend. Die Uni und das Land wollen die Stiftung, die Gewerkschaft eher nicht. Das Land will die Privatisierung nicht ausschließen, das wiederum möchten Vertreter von Klinik, Gewerkschaft und Uni vermeiden. Einen Konsens zu finden dürfte trotz der angepriesenen professionellen Kommunikation schwierig werden. Die einzige Möglichkeit scheint zu sein, die Landtagswahlen abzuwarten. Doch diese lassen noch eine Weile auf sich warten. Die Zeit drängt jedoch, Entscheidungen zu treffen. Die Lage des Universitätsklinikums muss noch vor 2015 geklärt werden und auch das Gesetz, das die Stiftungsuni auf den Weg bringt, sollte langsam verabschiedet werden. Denn die Gesetzmäßigkeit zeigt, wie Präsident Peter Dominiak nach 21 Jahren in Lübeck bestätigen kann: Die Uni sollte bisher etwa alle fünf Jahre dicht gemacht werden.

Der große Kampf ist zwar gewonnen, doch es muss auch weiter gekämpft werden: von den Studenten, den Lehrenden, den Angestellten und vor allem auch von der Bevölkerung. Denn so lange der Haushalt konsolidiert werden will, wird Einsparpotential gesucht. Bleibt nur die Frage: Wer ist als nächstes dran?

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Was nun, Herr Dominiak? https://www.studentenpack.de/index.php/2010/11/was-nun-herr-dominiak/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/11/was-nun-herr-dominiak/#respond Tue, 02 Nov 2010 13:07:06 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1071 StudentenPACK: Vor fünf Jahren war es der Wortbruch von Minister Austermann, jetzt ist es der Versager De Jager. Warum hat Schleswig-Holstein so viel Pech mit seinen Wissenschaftsministern?

Prof. Peter Dominiak: Ich weiß es auch nicht. Ich denke, was dahinter steckt, ist der chronische Geldmangel in Schleswig-Holstein, der durch die HSH-Nordbank nocheinmal deutlich schlimmer geworden ist. Dies trifft dann vor allem Lübeck, weil wir eben eine kleine und jüngere Universität mit relativ teuren Studiengängen sind. Solche neuen Universitäten, wie auch Flensburg, haben dann oft das Nachsehen hinter der altehrwürdigen Universität Kiel. Die Staatssekretärin hat sinngemäß während „Lübeck kämpft“ ja gesagt, die Uni Lübeck sei eine Zonenrandförderung gewesen. Jetzt, wo es keine Zone mehr gäbe, bräuchte man auch keine Zonenrandförderung mehr.
Das Problem geht ja weiter zurück als bis auf Minister Austermann. Die SPD-geführte Regierung unter Heide Simonis hatte die Fusion der Kliniken in Kiel und Lübeck zu verantworten, eine Entscheidung, über die wir damals nicht glücklich waren und über die wir auch heute noch nicht glücklich sind. Auch diese Fusion war durch Geldmangel begründet und sie hat die finanzielle Lage nicht verbessert. Ob mehr dahinter steckt, kann ich nicht sagen.

PACK: Kann es sein, dass diese Politik auch daran liegt, dass das Wissenschaftsministerium mit Verkehr und Wirtschaft zusammengelegt wird?

Dominiak: Das ist ein Riesenministerium. Drei Sparten und mit der HSH-Nordbank kommt praktisch noch eine vierte hinzu. Diese Bereiche sind alle für sich schon sehr groß und sehr wichtig. Vorher hatten wir in Schleswig-Holstein ein Kultusministerium, das für Bildung und Wissenschaft zuständig war, aber auch damals hatten wir erhebliche Finanz-Probleme, vor allem bei den Universitätsklinika. Daraus ist ja dann auch die Fusion der beiden Universitätsklinika Kiel und Lübeck entstanden.
Wir wissen jetzt schon, dass auch der Jahresabschluss 2010 für das UKSH nicht gut sein wird, dafür stehen viele Ursachen zur Debatte.
Anfänglich waren wir der Überzeugung, es könnte uns nutzen, dass Wissenschaft und Wirtschaft im selben Ministerium vereint sind, da einem Wirtschaftsministerium mehr Geld zur Verfügung steht. Herr Austermann hat damals auch die jährlichen Budgetkürzungen gestoppt und sogar mehr Geld in die Universitäten gesteckt, damit sie sich bei der Exzellenzinitiative des Bundes bewerben können. Ohne diese Maßnahme wären weder Kiel noch Lübeck bei der Exzellenzinitiative erfolgreich gewesen.
Auf diese erfolgreiche Phase kam dann der Schock im Frühsommer, der Lübeck praktisch das „Aus“ seiner Universität bescherte, aus dem selben Ministerium.

PACK: Auf diesen Schock folgte dann der Kampf um die Universität, der von den meisten als Zeichen großer Einigkeit zwischen Studenten, Universität und der Stadt Lübeck gesehen wird. Es gab einige Momente, wo die Studenten und Studentinnen von ihren Handlungen etwas irritiert waren. Einmal ein Treffen in Bargteheide mit dem Ministerpräsidenten und später ein Dankesbrief an Peter Harry Carstensen.

Dominiak: Getroffen haben sich damals in Bargteheide der Ministerpräsident, sein Finanz- und sein Wissenschaftsminister mit dem Bürgermeister der Stadt Lübeck, dem IHK-Hauptgeschäftsführer sowie meinem Kanzler und mir. Es hatte sich davor schon in Berlin abgezeichnet, dass es einen alternativen Sparplan geben müsste, wenn die Universität so wie sie war erhalten bleiben soll. Daher hat sich das Präsidium vor dem Treffen in Bargteheide bemüht, die Eckpunkte eines Sparplans zu entwerfen.
Es war auch klar, dass die Uni Lübeck das Sparziel nicht allein erreichen kann. 25 Millionen sind die Hälfte des gesamten Zuführungsbetrages „Forschung und Lehre“. Ohne diese Summe kann die Uni nicht überleben. Dieses Eckpunktepapier, das alle wichtigen Aspekte bereits beinhaltete, haben wir also mitgebracht und Minister de Jager erklärte uns, dass er mit diesem Plan so einverstanden sei und wir ihn nun detaillierter ausarbeiten sollten. 

PACK: Nachher hieß es dann, der Sparplan sei nicht machbar, weil er andere, nämlich die Uni Kiel und das UKSH mit einbeziehe. 

Dominiak: Als wir Minister De Jager den detaillierten Plan dann vorstellten, hat er uns explizit bestätigt, dass die Einbeziehung Kiels und des UKSHs in Ordnung sei. Später hat de Jager dann behauptet, der Plan sei nicht in Ordnung, weil Kiel mit beteiligt sei. Das war eine Wende um 180°. Die Universität Kiel hat sich dann, wie bekannt, kräftig aufgeregt und uns Piraterie vorgeworfen.
Ich würde in der selben Situation alles genauso wieder machen, auch wenn mir von einigen deswegen Vorwürfe gemacht wurden. Ich bin vor allem der Universität und meinem Gewissen gegenüber verantwortlich. Ohne Gespräche und Verhandlungen gäbe es keine Zukunft für die Universität, außerdem habe ich auch gewisse Pflichten als Beamter. 
PACK:
Und der Dankesbrief an den Ministerpräsidenten?

Dominiak:
Was den Brief angeht, so muss man ihn richtig lesen. Ich habe mich lediglich dafür bedankt, dass er verhandelt hat und dass diese Verhandlungen zur Rettung der Universität führten, und das stimmt ja auch. Es ging mir aber eigentlich darum, die Ergebnisse der Verhandlungen festzuhalten, nämlich dass die Medizin in Lübeck vollständig erhalten bleibt, dass kein Medizinstudienplatz in Lübeck verloren geht und dass wir Stiftungsuniversität werden.

PACK: Später hat der Fraktionsvorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, erzählt, die Rettung sei von Anfang an klar gewesen und die Proteste hätten die Landesregierung bei den Verhandlungen in Berlin nur unterstützt. Ist das glaubhaft?

Dominiak: Ich bin nicht Mitglied der Landesregierung. Kubicki hat allerdings auch gesagt, ich hätte von Anfang an Bescheid gewusst. Das stimmt nicht. Es gab seit letztes Jahr Winter Verhandlungen in Berlin, aber ich glaube nicht bezüglich der Uni Lübeck oder sogar über GEOMAR, das hätte ich sonst sicher von Herrn Rietschel (Anm. d. Red.: Ehrendoktor der Uni Lübeck und bis Juni 2010 Präsident der Leibniz-Gemeinschaft, der das IFM-GEOMAR bisher untersteht) erfahren. Ich habe auch jede Woche mit Ministerin Schavan telefoniert, was der Ministerpräsident gar nicht gut fand, aber nur so hatte ich genaue Informationen darüber, was in Berlin zwischen der Landesregierung und dem Bund verhandelt wurde.

PACK: Anstelle von Fakultäten haben wir jetzt Sektionen. Damit ist einer der ersten Schritte der Univision 2020 getan. Worauf können sich Studenten im kommenden Jahr an Veränderungen gefasst machen?

Dominiak: Wir haben die Fakultätsgrenzen aufgelöst, um den Wissenschaftscampus Lübeck gründen zu können. Zu diesem Wissenschaftscampus werden neben der Uni auch die FH, die beiden Fraunhofer-Institute und das Leibniz-Institut gehören. Die Vorsitzenden/Präsidenten dieser Organisationen bilden den Campusvorstand, der sich nun schon mehrfach zu Vorbereitungen getroffen hat. Wir planen, diesen Wissenschaftscampus Lübeck als Marke zu etablieren, weil das so bisher in Deutschland noch nicht vorhanden war. Lübeck bietet mit seinem Hochschulstadtteil einen großen Vorteil und die Möglichkeit, über den Wissenschaftscampus Großforschungsprojekte zu beantragen. Ohne die Fakultätsgrenzen wird es nun auch einfacher, dass Institute und Kliniken enger miteinander kooperieren und sich nicht als fakultätszugehörig, sondern der Uni Lübeck zugehörig sehen. Vorbild ist für uns gewissermassen die MHH Hannover. Gegründet wird dieser Wissenschaftscampus Lübeck noch im November, bevor der Wissenschaftsrat kommt, um die Medizin im Land Schleswig Holstein zu beurteilen. Der Vorteil für unsere Studentinnen und Studenten ist eine verbesserte Lehre durch Etablierung einer gemeinsamen Studiengangskoordination und eines Graduierungszentrums, beides gab es bisher noch nicht. 

PACK. Und die Stiftungsuniverstät kommt?

Dominiak:
Die Stiftungsuniversität, ebenfalls wichtiger Bestandteil von Univision 2020, kommt natürlich auch, aber angeblich nach Aussage de Jagers leider erst 2013. Dabei könnte man das Gesetz von anderen Bundesländern abschreiben. Niedersachsen hat inzwischen fünf solcher Hochschulen, darunter die große Universität Göttingen. Als letztes wurde die Frankfurter Uni Stiftungsuni. Das Verfahren ist also bekannt, niemand muss das Rad neu erfinden. Ich werde demnächst noch einmal mit dem Kanzler und unserem Berater in Sachen Stiftungsuni ein Gespräch mit Herrn de Jager führen und klar machen, dass man das schneller durchziehen kann.

PACK: Und wie wird die Zusammenarbeit mit der Uni Kiel aussehen? Da ist ja viel böses Blut vorhanden.

Dominiak: Es sind viele Dinge gesagt worden, die uns verletzt.
Ich habe mich aber mit Prof. Fouquet und seinem Vizepräsidenten Prof. Wolffram in Kiel getroffen. Wir haben uns ausgesprochen und vereinbart, dass Kiel und Lübeck weiterhin in der Exzellenzinitiative und anderen Projekten wissenschaftlich zusammen arbeiten wollen. Unsere Gegner sollten schliesslich nicht andere Universitäten sein. Wissenschaftler sind doch intelligente und erwachsene Menschen, die ein Ziel eint: Wahrheitsfindung!

PACK:
Vor der letzten Landtagswahl haben Sie allen Parteien zehn Fragen zur Bildungspolitik und zur Uni Lübeck gestellt. Alle Parteien, inklusive derer, die uns nun regieren, haben Unterstützung zugesagt. Die Parteien der Regierungskoalition haben damals klar gelogen. Werden Sie zu den vorgezogenen Neuwahlen wieder Fragen stellen oder trauen Sie den Antworten ohnehin nicht?

Dominiak: Ich hatte beim letzten Mal gehofft, dass sich die Parteien zumindest an das halten, was sie versprochen haben. Aber zumindest CDU und FDP, die beiden Regierungsparteien, haben uns einiges versprochen, was sie nicht gehalten haben. Es steht ja sogar im Koalitionsvertrag, dass die Uni Lübeck strukturell und finanziell besser ausgestattet werden sollte. Was im Sommer passiert ist, ist weder das eine noch das andere. Ich weiß nicht, ob es etwas nützt, wenn ich das wieder mache und die Antworten dann wieder nur dem Wahlkampf und nicht der Wahrheit geschuldet sind.
Man muss ohnehin abwarten, wer die nächste Regierung bildet. Ich gehe davon aus, dass die Neuwahlen wohl doch bis Ende nächsten Jahres kommen, und dann ist alles möglich.
Ich hoffe zumindest, dass alle Parteien aus diesem Sommer etwas gelernt haben. Die können aber alle sicher sein: Wenn sie Hand an Lübeck legen, dann gibt es auch in Zukunft kein Pardon.

PACK: Ich danke für das Gespräch.

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Preis für besonderes studentisches Engagement https://www.studentenpack.de/index.php/2010/11/preis-fur-besonderes-studentisches-engagement/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/11/preis-fur-besonderes-studentisches-engagement/#respond Mon, 01 Nov 2010 09:00:25 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=108186
Günter Klarner

Gemeinsam

Und dann ist schon wieder der Willkommensgottesdienst in St. Petri. Die Universität Lübeck begrüßt 525 neue Studentinnen und Studenten zu dem Wintersemester 2010/ 2011. Gerade das letzte Semester ist für alle andern 2751 Studenten schnell vorbei gegangen. „Lübeck kämpft“ kostete viel Konzentration und Aufmerksamkeit. Für die Kerngruppe von „Lübeck kämpft“, Studenten um die Fachschaften CS, MLS und Medizin, um das StuPa und um den AStA, bedeutet das letzte Semester schlaflose Nächte, aufreibende Gespräche und Organisationen. Zeit, die neben dem Studium nicht leicht zu finden war, wurde ohne langes Nachdenken in Anspruch genommen und in die gemeinsame Sache gesteckt. Vieles blieb währenddessen auf der Strecke, seien es Freunde, Hobbys oder eben das Lernen und eigenverantwortliche Arbeiten für das eigene Studium.

Über die Anerkennung dieser Arbeit durch den Preis für besonderes studentisches Engagement, welcher 41 Studenten in der St. Petri- Kirche von Prof. Till Tantau, Studiendekan der Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, überreicht wurde, freuten sich daher alle. Es ist die größte Anzahl von Studenten, die den Preis in einem Jahr erhalten, seit seiner Einführung im Jahr 2004. Auch 2006 erhielten sieben Studenten, welche damals rund um das Thema „Lübeck kämpft für seine Uni“ aktiv waren, den Preis. Damals wie Heute war es schwierig die Zahl, der Personen unter den Vielen, zu bestimmen. Tantau betonte jedoch in seiner Übergabe, dass es keine Fragen und keine Diskussion um die Preisträger in diesem Jahr gab. Die Preisträger stehen daher stellvertretend für alle „Kämpfer“, die für den erfreulichen Ausgang gearbeitet und gewirkt haben. Ein großes Danke und Verbeugen geht daher an Alle.

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Was bisher geschah https://www.studentenpack.de/index.php/2010/11/was-bisher-geschah/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/11/was-bisher-geschah/#respond Mon, 01 Nov 2010 08:00:13 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=108180
FS CS

Setzt die Segel, wir fahren nach Kiel!

Ruhe ist eingekehrt, der normale Uni-Alltag zurück. Die Universität zu Lübeck begrüßt in diesen Wochen ihre neuen Erstsemester. Studenten, welche nun die Geschichten, die Erlebnisse aus dem vergangenen Semester hören und an jeder Ecke erleben, nur eben nicht selber dabei waren. Eine Generation, die hoffentlich in ihrer Zeit an der Universität nicht erneut um deren Erhalt kämpfen muss.

Ähnlich waren die Hoffnungen nach 2005. Damals beschloss die Landesregierung, die medizinische Fakultät und die Unikliniken zusammen zu schließen und eine Landesuniversität Schleswig-Holstein zu gründen. 4.000 Menschen demonstrierten unter dem Motto „Lübeck kämpft“ gegen dieses Projekt. Mit Erfolg. Die medizinischen Fakultäten der Universität Kiel und Lübeck blieben getrennt, jedoch wurden die Unikliniken zum UKSH fusioniert. Die danach einkehrende Ruhe wurde bereits 2008 wieder gestört. Aus der Landesregierung erreichte die Universität die Nachricht, dass das UKSH privatisiert werden sollte. Dem UKSH Lübeck drohten damit nicht nur Kürzungen im personellen Bereich, sondern auch in der Lehre. Auch das Wohlbefinden der Patienten kann bei solch einer Umstrukturierung Sorge bereiten. Zusammen mit den Mitarbeitern der Klinik gingen einige Studenten auf die Straße. Bei den Tarifverhandlungen konnte verhindert werden, dass das UKSH Schleswig-Holstein privatisiert wurde, jedoch unter der Bedingung, dass die Mitarbeiter etwas von ihrem Gehalt abgeben, um die Sanierung der Klinik voranzutreiben.

Trotz dieses Tarifvertrages und der Bemühungen der Mitarbeiter erhielt der Standort am 23. April 2010 eine erneute Ohrfeige: Das Uniklinikum solle nun doch privatisiert werden. Das allgemeine Studierendenparlament berief eine Vollversammlung ein und mobilisierte zu einer erneuten Demonstration auf Lübecks Straßen. Diesmal sollte den Gerüchten, dass das UKSH in Lübeck und Kiel unabhängig voneinander verkauft werden sollten, entgegengetreten werden. Vor allem der Standort Lübeck mit seinen weniger sanierungsbedürftigen Gebäuden sollte gewinnbringend in private Hand übergehen. Lübeck und seine Umgebung würden also seinen medizinischen Maximalversorger verlieren. Bei der Abschlusskundgebung erreichte die Demonstranten dann der Paukenschlag: Die Haushaltsstrukturkommission, welche von der Landesregierung kurz nach der Landtagswahl eingesetzt wurde um eine weitere Neuverschuldung des Landes zu stoppen, veröffentlichte ihre Sparliste. Neben vielen Streichungen im Sozialbereich und dem Bildungswesen, die bereits einen fahlen Beigeschmack lieferten, enthielt der Bericht folgende Aussage: „Das Medizinstudium wird auf Grund der begrenzten Ressourcen bei der Förderung exzellenter Forschung und Lehre nach Kiel verlagert. […] Ab dem Wintersemester 2011/2012 werden deshalb keine neuen Studienanfänger für Medizin in Lübeck immatrikuliert.“ Außerdem wird in den Zeilen 892 ff. vorgerechnet, wie viel Geld in den nächsten Jahren durch diese Maßnahmen gespart werden soll. Des Weiteren wird verkündet, dass das Profil der Universität Lübeck im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich gestärkt wird.

Eine Milchmädchenrechnung und eine Verschleierung der Tatsachen, wie sich in den folgenden Wochen immer wieder und stärker zeigte. Die Universität Lübeck kann ohne den Medizinstudiengang nicht lange überleben. Die enge Verflechtung zwischen den einzelnen Instituten, viele interdisziplinäre Projekte – nicht zuletzt in den vergangenen Jahren gewollt und forciert durch die Landesregierung – und kleine Studentenzahlen, das alles würde beim Wegfallen der medizinischen Fakultät dafür sorgen, dass die gesamte Universität vor dem Aus stünde. Des Weiteren wurden in die Rechnungen der Haushaltsstrukturkommission die Mitarbeiter und Lieferanten außerhalb der Universität in die Rechnungen der Haushaltsstrukturkommission nicht miteinbezogen. Zahlreiche Unternehmen arbeiten eng mit der Universität zusammen und profitieren von ihr. In einer Umfrage der Industrie und Handelskammer im Juni gab jedes fünfte Lübecker Medizintechnik- und Gesundheitsunternehmen an, über einen Weggang nachzudenken, sollten die Pläne der Haushaltsstrukturkommission wirklich durchgesetzt.

„Lübeck kämpft“ wurde wieder entfacht. Wichtiges Kommunikationsmittel war und ist die Internetseite www.luebeck-kaempft.de, hier können immer noch alle möglichen Informationen und Ereignisse nachgelesen werden. Zum Beispiel die Fahrt nach Kiel am 16. Juni. 14 000 Studenten aus Flensburg, Kiel und Lübeck, Bürger, Hochschul- und UKSH Mitarbeiter zogen vom Kieler Bahnhof zum Landtag. Auch der Lübecker Sternenmarsch zum LN-Forum in St. Petri wird auf der Internetseite mit Bildern untermalt. Der Marsch ein wichtiger Baustein im Kampf um die Universität.

Dennis Boldt | StudentenPACK.

Landtagsabgeordnete in Kiel: „Ich hoffe zumindest, das alle Parteien aus diesem Sommer etwas gelernt haben.“

Im Juli dann die Lösung aus Berlin, im Hintergrund etwas kompliziert. Das Kieler Leibniz-Institut für Meereskunde soll in ein Institut der Helmholtz-Gemeinschaft umgewandelt werden, damit wird das Institut künftig durch 90 Prozent vom Bund getragen. Das Land finanziert das Institut zurzeit noch mit 50 Prozent. Hier knüpft vermutlich auch der Plan an, welcher vom Präsidium der Universität zu Lübeck ausgearbeitet wurde.In diesem Entwurf wurde aufgelistet, an welcher Stelle die Universität selber sparen kann und welche Umstrukturierungen dieses ermöglichen werden. Ganz vorne das Vorhaben, eine Stiftungsuniversität zu gründen und den Studiengang Medizin zu verkleinern. Leider fiel in diesem Zusammenhang auch das Wort Studiengebühren.

Diese Konzepte werden die Universität vielleicht sichern. Klar ist jedoch auch, dass die Universität durch diese Zeiten der Unruhe geschwächt wurde: Denn in einen labilen und umstrittenen Standort investiert man und dort bleibt man nicht. Umso ärgerlicher die Worte von Herrn Kubicki, Fraktionsvorsitzen- der der FDP im Kieler Landtag: „Die Universität stand nie auf der Kippe.“

Einen Standort so zu gefährden, nur weil man Kommunikationsschwierigkeiten hat, ist doch sehr fragwürdig. Unsicherheit bleibt, denn noch wurde keine offizielle Stellungnahme veröffentlicht. Die Liste der Haushaltsstrukturkommission steht scheinbar unverändert. Entschieden wird im Landtag im Dezember.

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Heute Kindergeburtstag? https://www.studentenpack.de/index.php/2010/07/heute-kindergeburtstag-2/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/07/heute-kindergeburtstag-2/#respond Thu, 01 Jul 2010 10:00:08 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=108244 freerangestock.com

Wer hat uns das eingebrockt? Tief ernste Gesichter erzählen uns, dass gespart werden muss, dass wir über unsere Verhältnisse gelebt haben und kein Sektor unserer Gesellschaft verschont werden darf. Alles fair verteilt, alles verantwortungsvoll nachgerechnet, abgeschätzt und Ziele festgesteckt. Gemeinsam werden wir es schaffen, Schleswig-Holsteins Neuverschuldung bis 2020 zu stoppen.

Doch was passiert hinter unserem Rücken? Kindergeburtstag, mit „der Plumpssack geht rum, wer als erstes lacht“?

Die Haushaltsstrukturkommission (kurz HSK) wurde nach dem Amtsantritt von Peter-Harry Carstensen ins Leben gerufen, mit dem Auftrag, ein Konzept auszuarbeiten, welches bis 2020 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt erreicht. Das ganze unter dem Motto „Handlungsfähigkeit erhalten, Zukunftschancen ermöglichen“.

Am 18. November 2009 erklärte der Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen in seiner Regierungserklärung „Mut. Tatkraft. Aufbruch: In Verantwortung für Schleswig- Holstein.“: „Wir werden kurzfristig eine Haushaltsstrukturkommission einsetzen, die den Prozess zur Konsolidierung der Ressorthaushalte, zum Aufgabenabbau und zur Aufgabenauslagerung beschleunigt. […] Ich freue mich, dass auch der Landesrechnungshof mir gegenüber bekundet hat, mitwirken zu wollen. Die Kommission wird alle Möglichkeiten zur Gesundung des Landeshaushalts prüfen. Erste Wegweisungen erwarte ich zu den Beratungen über einen Nachtragshaushalt Mitte nächsten Jahres!“ (Quelle: www.schleswig-holstein.de)

Die Haushaltsstruktur setzt sich zusammen aus dem Finanzminister Rainer Wiegard als Vorsitzenden, den Fraktionsvorsitzenden der Regierungsfraktionen Dr. Christian von Boetticher (CDU) und Wolfang Kubicki (FDP), den haushaltspolitischen Sprechern der Regierungsfraktionen Tobias Koch (CDU) und Katharina Loedige (FDP). Als Berater der Kommission diente der Präsident des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein Dr. Aloys Altmann. Weitere Mitlieder sind Dr. Arne Wulff, Chef der Staatskanzlei des Landes und Staatsekretär des Finanzministeriums des Landes Dr. Olaf Bastian.

Rainer Wiegard

www.rainerwiegard.de

Geboren am am 10. Juli 1949 in Hamburg und seit 1975 Mitglied der CDU. Seine Partei-Karriere nahm ihren Anfang in Bargteheide über den Kreis Stormarn zu bis zum Landtag in Kiel, das Amt des Finanzministers inne hat und seit Juli 2009 zusätzlich das Amt des Innenministers von Schleswig-Holstein. Er machte eine Ausbildung zum Industriekaufmann in Bad Oldesloe und war von 1983 bis 2005 Geschäftsführer bei ver.di (DAG in Hamburg).

In die Schlagzeilen kam Rainer Wiegard vor kurzem wegen seines Krisenmanagements bei der HSH-Nordbank. Er ist Ex-Mitglied des Aufsichtsrats und des Risikoausschusses der Bank, welche durch die selbstverursachte Schieflage in der Finanzkrise mit Milliardenbeträgen aus den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gerettet werden musste. Wiegard wurde dabei Täuschung vorgeworfen: Er soll das Land über die Tatsachen nicht richtig informiert haben.

Nächstes Jahr will die HSH-Nordbank übrigens wieder schwarze Zahlen schreiben. Wiegard selber bezeichnet sich als gläserner Abgeordneter, falls Ihr Lust habt seine Finanzlage zu durchkämmen, besucht seine Homepage unter www.rainerwiegard.de.

Dr. Christian von Boetticher

Christoph Stockhusen | StudentenPACK.

Wurde am 24. Dezember 1970 in Hannover geboren. Aufgewachsen ist er jedoch im Kreis Pinneberg, welchen er auch politisch geprägt und mitgestaltet hat. Sein Studium absolvierte er in Kiel und Hamburg in der Rechtswissenschaft. Er war bereits Landesminister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, sowie für Gesundheit, Soziales, Jugend, Familie und Senioren. Seit Oktober 2009 ist er Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag und unterzeichnete somit das 57-seitige Arbeitsprogramm der schwarz-gelben Regierung.

Wolfang Kubicki

Lukas Ruge | StudentenPACK.

Am 3. März 1952 wurde er in Braunschweig geboren und studierte Volkswirtschaftslehre an der CAU in Kiel. Sein politischer Werdegang dreht sich um die FDP-Landtagsfraktion mit Ausnahmen von drei Jahren, in denen er Mitglied des Deutschen Bundestags war. Sein geheimes Steckenpferd: Europas größte Haus- und Sondermülldeponie in Schönberg. Ihm wurde vorgeworfen, er habe das Land bei der Privatisierung der früheren DDR-Mülldeponie falsch beraten. Schlimmer noch: Über eine stille Beteiligung sei der Rechtsanwalt gewissermaßen mit der Gegenseite im Geschäft gewesen – ohne Wissen seines staatlichen Auftraggebers. Kubicki kennt sich also mit großen Zahlen aus, denn „den Schaden durch die Müllverträge für das finanzschwache Bundesland” bezifferte der Schweriner Landesrechnungshof auf 100 Millionen Mark. Kubickis Kanzlei wiederum hatte rund 860 000 Mark an Honorar eingestrichen. Kubicki selbst sprach dabei von einer Verschwörung der SPD in Kiel und Schwerin. Der BGH beendete schließlich 2008 den Streit um die Rolle Kubickis. Das Gericht lehnte die Beschwerde des Landes Mecklenburg-Vorpommern gegen die Entscheidung des OLG Schleswig-Holstein, die Schadenersatzansprüche gegen Kubicki abzuweisen, ab. Nun ist Gras über die Sache gewachsen.

Tobias Koch

www.cdu.ltsh.de

Geboren am 18. Oktober 1973 in Hamburg. Aufgewachsen ist er in Trittau. Er absolvierte zunächst eine Ausbildung als Bankkaufmann und studierte dann Betriebswirtschaftslehre an der Universität Hamburg. Hier fand er seine Schwerpunkte in der Bank-, Versicherungs- und Verwaltungsbetriebslehre.

Katharina Loedige

Fotoarchiv der FDP

Erblickte am 28. Februar 1962 in Vienenburg das Tageslicht. Sie machte eine Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachgehilfin. Sie hat Erfahrungen als Immobilienmaklerin und Bürovorsteherin in einer Kanzlei.

Dr. Aloys Altmann

www.schleswig-holstein.de

64 Jahre alt, studierte in Kiel und Göttingen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus. Eine große Station seiner Karriere war das Bundeslandwirtschaftsministerium und Außenamt in Bonn und Brüssel. Über die Landwirtschafts- und Umweltministerien in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt kam er im September 2001 als Staatssekretär ins Landwirtschaftsministerium nach Kiel. Seit April 2004 ist er Präsident des Landesrechnungshofs Schleswig-Holstein. Bereits 2008 wies er die damals rot-schwarze Landesregierung darauf hin, dass das Land kurz vor der Pleite stehe. Jedoch ist die Rolle des Landesrechnungshofes im Falle der HSK unklar, beide Oppositionsparteien werfen dem Rechnungshof sogar politische Einflussnahme vor.

Dr. Arne Wulff

www.schleswig-holstein.de

Geboren am 13. August 1958 in Leer, studierte Rechtswissenschaften. Anfang der Neunziger Jahre war er Rechtsberater des Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern, danach Berater in der CDU- Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag. Von 2003 bis 2005 bekleidete er das Amt des Stadtpräsidenten in der Landeshauptstadt Kiel. Bis 2009 war Staatssekretär im Finanzministerium, wonach er Chef der Staatskanzlei wurde und so die Behörde des Ministerpräsidenten leitet.

Dr. Olaf Bastian

www.yimg.com

Er wurde am 22. April 1952 in Bad Oldesloe geboren. Er studierte Rechtswissenschaften und arbeitete danach als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg. Am Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht arbeitete er zunächst als Rechtsanwalt und dann als Richter. Bis 2009 war er Staatssekretär des Landes Schleswig-Holstein beim Bund und Leiter der Landesvertretung. Nun ist er Staatssekretär im Finanzministerium. Oktober 2008 nahm er an den 11. Schleswig-Holsteinischen Gesundheitstagen teil, unter anderem wurden die schwer zu besetzenden freien Arztstellen diskutiert. Im Zusammenhang hiermit fielen auch die ersten Forderungen den Numerus Clausus abzuschaffen, um dem Ärztemangel in Schleswig-Holstein entgegen zu wirken. Hierüber berichtete das StudentenPack in der Maiausgabe 2010.

Und zu guter Letzt, obwohl er nicht zur HSK gehört: Jost de Jager

Dennis Boldt | StudentenPACK.

Am 7. März 1965 in Rendsburg geboren, studierte er auf Lehramt die Fächer Geschichte, Englisch und Politik an der CAU zu Kiel. Er war bereits zwischen 1996 und 2005 Mitglied des Schleswig-Holsteinischen Landtages und von 1998 bis 2002 bildungspolitischer Sprecher. Im Anschluss daran vertrat er bis 2005 den Fraktionsvorsitzenden und war hochschulpolitischer Sprecher. Jetzt ist er Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes, zuvor war er in diesem Ministerium Staatssekretär. Sein übernommer Ministerposten ist in Schleswig-Holstein geprägt von Unruhe. So gab es zwischen jedem seiner Vorgänger und Carstensen Ärger. Es gipfelte mit dem Rücktritt Werner Marnettes im März 2009. Grund auch hier die an allen Ecken und Enden auftauchende HSH Nordbank. Marnette war unzufrieden darüber, wie die Landesregierung mit der Problematik der Bank in der Finanzkrise umging, ohne auf seine Kritik einzugehen oder seine Ideen umzusetzen. Der Ministerposten wird geprägt von der Wirtschaft. Sucht man nach Verkehr und de Jager findet man den Ausbau der Bahnstrecke Kiel–Lübeck, bei de Jager und Bildung findet man uns, anderes jedoch nicht auf den ersten Klick. Ein anderes auch für uns wichtiges Amt, das de Jager inne hat: Er ist der Aufsichtsratvorsitzende des UK-SH. Hier wurde bereits Anfang 2009 der Rücktritt gefordert, denn unter seinem Vorsitz verließen drei Vorstandsmitglieder und zwei Aufsichtsratsmitglieder das UK-SH. Dabei wurden Stimmen über Inkompetenz, Arroganz, politische Dominierung und ausschließliche Wirtschaftsbezogenheit de Jagers laut. Die Grünen forderten: „Jost de Jager muss in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden.“ Irgendwie bekannt?!

Zum Thema Bildung erklärt Peter Harry Carstensen in seiner Erklärung weiter: „Gute Bildung stellt den einzelnen Menschen in den Mittelpunkt. Gute Bildung ist die Basis für gesellschaftliche Anerkennung und berufliches Fortkommen. Gute Bildung geht nicht allein von gesellschaftlichen Bedürfnissen oder den Anforderungen der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes aus. […] Gute Bildung ist aber auch erste Voraussetzung für Wachstum und Beschäftigung. Sie ist die Ressource für die Zukunft Schleswig-Holsteins. […] Wir wollen gleiche Bildungschancen für alle erreichen. Und wir wollen die Qualität der Bildung in allen Bereichen verbessern. Dabei haben wir einen festen Grundsatz: Wir wollen mit mehr Freiräumen neue Kräfte wecken. Für die Bildungschancen junger Menschen werden bereits im Vorschulalter wesentliche Grundlagen geschaffen. Deshalb wollen wir den Bildungsauftrag der Kindergärten stärken. Und wir werden den Ausbau der Tagesbetreuung für unter Dreijährige in einer guten Partnerschaft mit den Kommunen und den Trägern der Einrichtungen fortsetzen. […] Schleswig-Holstein hat hervorragende Fachhochschulen und Universitäten. Mit dem Hochschulpakt werden wir für mehr Studienanfänger ein hochwertiges Studienangebot gewährleisten: Ab 2011 sorgen wir für weitere 9.700 Studienplätze. […] Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen stärken wir weiterhin. In der Exzellenzinitiative waren wir erfolgreich, weitere Anträge werden wir auch finanziell unterstützen, damit ein forschungs- und innovationsfreundliches Umfeld geschaffen wird. […] Wir stehen zum Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Der Sanierungskurs ist auf einem guten Weg. Am Ende dieses Weges müssen schwarze Zahlen stehen! Wir werden das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein zu einem Zentrum für Spitzenmedizin in Krankenversorgung und Forschung ausbauen. Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten schon heute ausgezeichnete Arbeit!“

Hoch die Gläser, zum Wohl!

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Der schwarz-gelbe Tod https://www.studentenpack.de/index.php/2010/06/der-schwarz-gelbe-tod/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/06/der-schwarz-gelbe-tod/#respond Mon, 07 Jun 2010 11:47:07 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1058
Lukas Ruge | StudentenPACK.

Wolfgang Kubicki vor dem Scandic Hotel

Es ist Freitag, der 23. April. Um Mitternacht erscheint auf dem Onlineportal der Lübecker Nachrichten ein Artikel, in dem Wolfgang Kubicki, Fraktionsvorsitzender der FDP im Landtag, mit der Aussage zitiert wird, das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein solle zur Privatisierung freigegeben werden. Die Emotionen kochen hoch: Mitarbeiter des Klinikums und Vertreter der Gewerkschaften bangen um Arbeitsplätze und die Einhaltung des aktuellen Tarifvertrags, Studierende sorgen sich um die Qualität der Lehre, das Präsidium der Universität zu Lübeck fürchtet um die gesamte Bildungseinrichtung.

Privatisierungspläne sind nichts Neues in Lübeck. Sowieso hat Lübeck Erfahrung, wenn es heißt, gegen drohende Entscheidung der Landesregierung zu demonstrieren. Einen Vorgeschmack gab es 1997, als Bundesbildungsminister Jürgen Rüttgers die Studiengebühren einführen wollte. Ganz Deutschland streikte. Schleswig-Holstein war erfolgreich: Hier gibt es diese bis heute nicht. Richtig ans Eingemachte ging es erstmals im Jahr 2005: Die Landesregierung hatte beschlossen, die medizinischen Fakultäten und Unikliniken in Lübeck und Kiel zu fusionieren und eine Landesuniversität Schleswig-Holstein (LUSH) zu etablieren. „Lübeck kämpft für seine Uni“ war der Leitspruch der Demonstrierenden während einer Großkundgebung, an der sich fast alle Studenten, die Mitarbeiter des Uniklinikums, Professoren, wissenschaftliche Mitarbeiter und sogar die Hunde aus der Tierzucht beiteiligten. Die Marschroute ging vom Haupteingang des Campus, entlang der Ratzeburger Allee, in die Innenstadt und endete am Koberg, wo sich über 4000 Menschen versammelten. Dort wurde die Bevölkerung über die Lage informiert – unter anderem von Wissenschaftsminister Dietrich Austermann. Zu Wort kam er kaum, der Schallpegel war zu hoch, der Gegenwind zu stark. Die Demo war erfolgreich: Zwar mussten insofern Abstriche gemacht werden, dass die Unikliniken zum UKSH fusioniert wurden, doch blieben die Universitäten selbstständig – jeweils mit einer eigenen medizinischen Fakultät.

Geschichtsträchtig war der Ort der Kundgebung im Schatten des Heilig-Geist-Hospitals: Hier wurden erstmals in der Geschichte Lübecks Kranke behandelt. Ohne diese Institution hätte Lübeck nie das Krankenhaus Ost bekommen, das im Laufe der Zeit zum Uniklinikum wurde. 1964 wurde es zum Zentrum der Medizinischen Akademie Lübeck, die 1973 zu einer selbstständigen medizinischen Hochschule wurde. Ein wichtiger Grundstein für Lehre und Forschung war also gelegt und 1985 konnte die Bildungseinrichtung in Medizinische Universität zu Lübeck umbenannt werden. 1994 erweiterte Prof. Siegfried Pöppl das Spektrum um die medizinische Informatik, zum Wintersemester 2001/02 wurde zudem die Molekulare Biotechnologie etabliert. Dieser Entwicklung wurde Rechnung getragen, indem im Jahre 2002 erneut eine Umbenennung stattfand: Von nun an existierte die Universität zu Lübeck. Nun war die Medizin zwar nicht mehr im Namen vertreten, alle Fächer waren aber nach wie vor eng verknüpft, im Zentrum von Forschung und Lehre stand immer noch die Medizin. Komplettiert wurde das Lehrangebot in den darauf folgenden Jahren: Im Wintersemester 2002/03 wurde der Studiengang Computational Life Science ins Leben gerufen, die Medizinischen Ingenieurswissenschaften folgten 2007/08.

2008 war gleichzeitig das Jahr, in dem der nächste Vorstoß der Landesregierung gemacht wurde: Das mittlerweile fusionierte UKSH sollte privatisiert werden. Bei der Fusion hatte Lübeck bereits den Kürzeren gezogen, nun ging es ums Ganze. Wieder musste eine Demonstration stattfinden, wieder traf man sich am Haupteingang des Campus. Doch dieses Mal war der Rahmen kleiner: Nur wenige Studenten waren mit dabei, die überwiegende Mehrheit bestand aus Klinik-Mitarbeitern und Gewerkschaftlern. Das UKSH wurde erhalten, ein Sieg auf der ganzen Linie war es jedoch nicht: Die Tarifverträge sahen vor, dass die Mitarbeiter Abstriche beim Gehalt machen mussten, um die Sanierung der Klinik voranzutreiben. Sie stimmten zu, in der Hoffnung, ihren Arbeitsplatz zu retten und um nicht bald darauf wieder mit den gleichen Problemen konfrontiert zu werden.

Die Stimmung war gut – bis zum 23. April 2010: Das Uniklinikum soll privatisiert werden! Eine Ankündigung, die die Studenten dazu bewegt hat, sich mit den Mitarbeitern des UKSH zu solidarisieren und gleichzeitig für den Erhalt der Qualität der eigenen Lehre zu kämpfen. Es wurde eine Vollversammlung einberufen, an der etwa 600 Studenten teilnahmen, die den großen Saal des Audimax bevölkerten. Ziel der Veranstaltung war es, zu informieren: Worum geht es? Wie werden Gelder im Land verteilt? Welche Folgen könnte eine Privatisierung haben? Warum lohnt es sich, dagegen auf die Straße zu gehen?

Am Ende war allen Anwesenden bewusst: Es lohnt sich, zu demonstrieren. Und nachdem per Applausometer entschieden wurde, welches Banner den Zug anführen sollte, zog die Meute zum Haupteingang des Campus, wo bereits weitere Studenten sowie die Mitarbeiter des Klinikums und Vertreter der Gewerkschaften warteten. Gemeinsam wurde zur Innenstadt marschiert, eine Spur der Ratzeburger Allee war gesperrt und gut ausgefüllt: Rund 1500 Menschen auf mehreren hundert Metern. Auf den Schrangen zwischen den Karstadt-Häusern wurde die Abschlusskundgebung abgehalten. Vertreter der Gewerkschaften, des Personalrats und des AStAs bekräftigten noch einmal Sorgen und Forderungen. Die Stimmung war gut, die Leute friedlich.

Lukas Ruge | StudentenPACK.

Demonstration gegen die Privatisierung des UKSH

Im Anschluss an die Demonstration fand eine AStA-Sitzung statt. Diese sollte ein entspannter Abschluss des Tages sein: Ein kurzes Rekapitulieren, ein bisschen feiern – immerhin waren wir gut! Aus der Feier sollte jedoch nichts werden. Entgegen der Vorhersagen veröffentlichte die Haushaltsstrukturkommission (HSK) bereits am Dienstagabend das Ergebnis ihrer wochenlangen Sitzungen: die sogenannte Giftliste. In einem Dokument, das 42 Seiten umfasste, war die Privatisierung des UKSH nur noch ein kleiner Punkt. Was die Feierlaune viel mehr drückte war die folgende Aussage: „Das Medizinstudium wird auf Grund der begrenzten Ressourcen bei der Förderung exzellenter Forschung und Lehre nach Kiel verlagert. […] Ab dem Wintersemester 2011/2012 werden deshalb keine neuen Studienanfänger für Medizin in Lübeck immatrikuliert. Wesentliche Haushaltsentlastungen treten ab 2015 mit ca. 24 Millionen Euro und ab 2018 mit ca. 26 Millionen Euro ein. Das Gesamtvolumen bis 2020 beträgt rund 150 Millionen Euro. Das Profil der Universität Lübeck wird im mathematisch-naturwissenschaftlichen sowie im medizintechnischen Bereich insbesondere durch die Verbindung mit dem geplanten Fraunhofer Institut für marine Biotechnologie gestärkt.“ (Zeilen 892 ff.)

Die Sitzung wurde lang. Vom Schock noch gelähmt, musste irgendwie gehandelt werden. Der erste Schritt war es, ein Statement zu verfassen, das die Einsparpläne der HSK aufs schärfste kritisierte. Bis tief in die Nacht wurde diskutiert. Was die Pläne für die Universität bedeuteten, war allen schnell bewusst. Wie dagegen vorgegangen werden sollte, blieb zunächst offen. Nur eins war klar: Es musste etwas geschehen und es muss bald geschehen. Je länger die Universität auf der Streichliste bleibt, desto größer der wirtschaftliche Schaden, desto schlimmer die Zerstörung des bisher herausragenden Rufs.

Bereits einige Tage zuvor hatte der Präsident, Prof. Peter Dominiak, zu einer hochschulöffentlichen Senatssitzung geladen, um die Ansichten von Präsidium und Verwaltungen zu den Privatisierungsplänen zu erläutern. Diese für Mittwoch angesetzte Sitzung hatte über Nacht eine ungeahnte Brisanz entwickelt. Der Hörsaal Z1/2 platzte schnell aus allen Nähten und spontan wurde der Umzug in den größeren Hörsaal AM1 beschlossen. Doch auch dort fanden nicht alle Interessierten einen Sitzplatz, Treppen und Zwischenräume waren voll mit stehenden Zuhörern. Sichtlich um Fassung bemüht, informierte der Präsident über die Lage. Es sei in keiner Weise abzusehen gewesen, was die HSK plane, selbst Präsidium und Verwaltung seien von der Giftliste aus heiterem Himmel getroffen worden. Dominiak verlas ein Statement, welches er auch den Mitgliedern der Hochschulrektorenkonferenz sowie der Deutschen Forschungsgesellschaft und wichtigen Vertretern von Forschung und Lehre in Deutschland geschickt hatte. Dann wurde das Wort an das Auditorium gegeben, das viele gute Ideen und Vorschläge zusammen trug. Der Kampf für die Uni hatte begonnen – das war jedem im Hörsaal bewusst.

Für den AStA stand eine weitere Nachtschicht an. Irgendwie koordinieren, irgendwie Struktur in den Kopf kriegen. Bereits jetzt trudelten Mails von Studenten, Dozenten und Lübecker Bürgern ein. To-Do-Listen wurden an die Pinnwände gehängt, Helferlisten erstellt. Bis dato war keinerlei Infrastruktur vorhanden. Lediglich die URL www.luebeck-kaempft.de und einige gelbe Plakate waren von den Demonstrationen 2005 noch vorhanden. Bis nach 3 Uhr morgens wurde die komplette Homepage wieder instand gesetzt und mit allen bisher erreichbaren Informationen gefüttert.

Bereits vor der Senatssitzung war bekannt geworden, dass am Donnerstagabend der FDP-Fraktionsvorsitzende des Landes und Mitglied der HSK Wolfgang Kubicki beim Verband der Selbstständigen und Freiberufler e.V., der im Scandic Hotel tagte, eine Rede halten sollte. Die Idee, einen Flash- oder Smartmob zu veranstalten, entstand. Wie genau das ablaufen sollte, wusste nachts noch keiner, doch wurden schon einmal die Studenten per Mail vorgewarnt, dass Interessenten am späteren Nachmittag für nähere Infos doch noch einmal ihren Posteingang checken sollten.

Der Donnerstag war der Tag der Informationsaufbereitung. Über Nacht waren über 100 Mails eingetroffen, die durchgesehen und beantwortet werden wollten. Es wurden Presseberichte verfasst, die Homepage wurde auf den neuesten Stand gebracht. Alle paar Minuten kamen hilfsbereite Studenten ins AStA-Büro, um Flyer und Plakate abzuholen. Der Kopierer lief heiß, die Finger waren an den Flyern bald wund gefaltet. Langsam entstand auch Kontakt zu anderen StuPas und ASten im Land, die informiert sein wollten. In der Zwischenzeit wurde auch Kontakt zum Scandic aufgebaut und einige Studenten konnten sich auf die Gästeliste des abendlichen Vortrags schreiben lassen.

Währenddessen hielt das Präsidium eine Pressekonferenz ab, auf dem mit Linda Krause auch der AStA vertreten war. Noch einmal wurde der Erschütterung Ausdruck verliehen. Kanzler Oliver Grundei betonte, das Präsidium sei aus absolut heiterem Himmel getroffen worden, ohne eine Chance zu handeln. Zwar sei ein Verdacht aufgekommen, als der Landesregierung über eine Woche die Verfassung der Stiftungsuniversität vorlag, diese aber weder unterzeichnet noch kommentiert wurde. Dass es die Uni jedoch so hart treffen könne, damit hatte keiner gerechnet. Präsident Dominiak stellte erstmals einige Zahlen in den Raum. Diese waren zwar nur grob überschlagen, doch machten sie unweigerlich klar, wie die ganze Region um Lübeck herum mit der Uni verknüpft ist. Die wichtigsten Arbeitgeber hängen mit der Medizin (UKSH) oder der Medizintechnik (Dräger, Euroimmun) zusammen: Im schlimmsten Fall könnten der Region rund 10.600 Arbeitsplätze verloren gehen, von der Gewerbesteuer, die das Land beim Wegfall dieser Firmen verlieren würde, gar nicht zu reden.

Gleichzeitig erreichte die AStA-Vorsitzende eine Anfrage des SPD-Abgeordneten Ingo Hofmann, ob von Seiten der Studierendenschaft Interesse bestünde, an der Bürgerschaftssitzung teilzunehmen. Dieses Angebot wurde gerne angenommen und nachmittags versammelten sich rund zehn Studenten im Sitzungssaal des Rathauses. Dort stellten sowohl die Linke als auch die CDU einen Antrag, die Bürgerschaft solle sich gegen die Abwicklung des Medizinstudiengangs in Lübeck und gegen die Privatisierung des UKSH aussprechen. Dieser Antrag wurde einstimmig, ohne Enthaltung angenommen. Im Anschluss wurde noch entschieden, dass die Bürgerschaft ihre nächste Sitzung im Kieler Landtag abhalten wird, wo auch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen teilnehmen soll.

Der Abend kam näher und vor dem Scandic Hotel sammelten sich vereinzelte Studenten. Schick gekleidet, um zwischen den Selbstständigen und Freiberuflern nicht aufzufallen, warteten sie in der Hotel-Lobby auf Einlass. Später im Konferenzraum senkten sie das Durchschnittsalter erheblich, verhielten sich aber zunächst noch ruhig. Wolfgang Kubicki muss trotzdem klar gewesen sein, was ihm bevorsteht, denn gleich zu Beginn seines Vortrags wies er darauf hin, dass er am Ende jegliche Fragen beantworten wird. Rund 20 Minuten konnte er referieren – was er relativ gelangweilt und rhetorisch schwach auch tat. Als die Sprache auf das Sparpaket kam und Kubicki durchblicken lies, dass es ausreichend wäre, einfach die Medizin nach Kiel zu verlagern, war die Diskussion eröffnet. Linda Krause wies in sehr bestimmt darauf hin, wie eng die Studiengänge verknüpft sind und dass eine Profilstärkung utopisch sei, da alle anderen Fächer auf der Medizin aufbauen. Ähnliche Stimmen wurden laut. Kubicki verhielt sich, wie man es von einem Politiker erwartet: Er hielt sich bedeckt, seine Aussagen waren schwammig und der jeweilige Gegenüber musste das Gefühl bekommen, selbst keine Ahnung zu haben. Nach einigen entrüsteten Studenten meldete sich auch Dr. Frank Niebuhr, der den Lehrauftrag für Allgmeinmedizin der Universität hat, zu Wort. Er allein sprach einige Minuten frei und ohne unterbrochen zu werden und dem FDP-Fraktionsvorsitzenden war anzusehen, dass ihm die Argumente ausgingen. Resigniert legte dieser seine Brille zur Seite, seine Rede würde er wohl nicht mehr weiter vorlesen müssen. Währenddessen waren von draußen Pfiffe, Applaus und laute Rufe zu hören: Der Mob, der per Mail zu einem spontanen, friedlichen Aufmarsch animiert worden war, hatte sich offensichtlich versammelt. Von innen wurden die wichtigsten Informationen nach außen getwittert, die Tweets wurden außen per Megaphon verlesen – und ließen die Menge jubeln. Zwischenzeitlich betrat ein Polizist den Raum, der sich vor der Hintertür kurz mit Kubicki über das weitere Vorgehen beriet. Letzterer betonte jedoch, er werde sich der Masse vor der Tür stellen. Dies hatte zuvor schon Hauke Paulsen, seines Zeichens Physik-Dozent, gefordert: „Ihr Kollege Austermann hatte bei der Demonstration 2005 wenigstens das Format, sich auf dem Koberg öffentlich auspfeifen zu lassen.“ Seinen Worten ließ er kurz darauf Taten folgen und trat vor die wütenden Studenten, die vor dem Hoteleingang warteten. Er ließ sich das Megaphon geben und nahm Stellung zu fast allem, was ihm an den Kopf geworfen wurde. Zwar schienen ihm nach wie vor wichtige Informationen zu fehlen, dennoch hielt er stand. Nach der Ansprache gab Kubicki dem StuPa-Präsident Niklas Finck seine private Visitenkarte und betonte erneut, dass er für Diskussionsrunden mit Studenten zur Verfügung stehen werde.

Sylvia Kiencke | StudentenPACK.

„Lübeck läuft“ zum Marktplatz

Die mit dem bisherigen Verlauf sichtbar zufriedene Meute von rund 700 Studenten nutzte die Chance und zog – untermalt von einem Klingel-, Pfeif- und Rufkonzert – zum Rathausmarkt, wo noch einmal die Aussagen von Kubicki und aus der Bürgerschaft rekapituliert und die Studenten zum weiteren Aktivsein motiviert wurden. Dann kündigte sich auch noch hoher Besuch an: Bürgermeister Bernd Saxe bestätigte den Beschluss der Bürgerschaft und sicherte den Demonstranten unter großem Jubel jegliche Unterstützung zu. Erst nach 22 Uhr löste sich die Versammlung langsam auf.

Am Freitag sollte es erst einmal ruhiger werden. Langsam kehrte eine gewisse Routine ein und die Organisatoren konnten wenigstens ein bisschen aufatmen. Nach wie vor stellten sich unglaublich viele Studenten zur Verfügung, um mitzuhelfen, gelbe Flyer und Plakate über das Stadtgebiet zu verteilen. Gleichzeitig machten sich die Gremienmitglieder zu einem gemeinsamen Wochenende auf, das zwar schon vor Wochen geplant wurde, nun aber eine traurige Brisanz erhalten hatte. In Kappeln, unweit von Kiel, sollte die erste Kampfwoche zu Ende gehen; zu tun gab es allerdings noch genug. Inzwischen wurde eine Demonstration für den 16. Juni vor dem Landtag in Kiel angemeldet. Diese wurde organisiert, ebenso wie die Kommunikation zu wichtigen Unternehmern und Persönlichkeiten, mit jeder nur erdenklichen Verbindung zur Universität. Mit einiger Freude nahmen die Mitgereisten zur Kenntnis, dass Kubicki beginnt, zurück zu rudern.

Außerdem kam Besuch aus Kiel: Zwei Vertreter der Fachschaft Medizin besuchten die Lübecker Gremien und bekundeten ihre Solidarität und ihre Hilfsbereitschaft. Gemeinsam wurde besprochen, wie man für die Demo auch Kieler Studenten mobilisiert, ob man am Vorabend eine Party auf die Füße stellen kann und wo Lübecker Studenten über Nacht unterkommen könnten. Große Freude bereitete das Gastgeschenk der Kieler: Auf einer Medizinerparty am Abend zuvor wurde spontan ein gelbes Laken organisiert, auf das mit großen, schwarzen Lettern „… Kiel kämpft mit“ geschrieben wurde, gesäumt von den Unterschriften Kieler Mediziner.

Was sich in dieser ersten Woche gezeigt hat: Die Studenten werden gemeinsam kämpfen. „Wir sind hier! Wir sind laut! Weil man uns die Uni klaut!“, war der Schlachtruf bei den ersten gemeinsamen Aufmärschen. Und die überwältigende Hilfsbereitschaft aller lässt hoffen, dass es noch viele gute Aktionen geben wird. Wer sich auf den neuesten Stand bringen will, über alles, was passiert ist und was noch ansteht, findet Infos unter www.luebeck-kaempft.de

 

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Privatisierung des UKSH? https://www.studentenpack.de/index.php/2010/05/privatisierung-des-uksh/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/05/privatisierung-des-uksh/#comments Mon, 03 May 2010 08:00:18 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=108655 Die Geschichte um eine Privatisierung des UKSH bis 2015 ist auf dem Campus wie eine Bombe eingeschlagen. Die Lübecker Nachrichten berichteten, dass seit dem 23. April. 2010 die Landesregierung nach interessierten Käufern für das Klinikum sucht. Wir haben Persönlichkeiten aus Lübeck und Schleswig-Holstein um eine Stellungnahme gebeten. Wir hoffen damit, der Diskussion, die in den nächsten Wochen stattfinden wird, einen Rahmen zu geben. Wir wünschen uns auch Meinungen der Studenten und rufen euch alle dazu auf, Leserbriefe zu schreiben, die wir in der nächsten Ausgabe veröffentlichen können.

Linda Krause für den AStA der Universität zu Lübeck

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„Mit entsetztem Erstaunen hat der Allgemeine Studierenden-Ausschuss der Universität zu Lübeck den drohenden Beschluss der Landesregierung Schleswig-Holsteins auf Anraten der Haushaltsstrukturkomission zur Kenntnis genommen, das UK-SH zu privatisieren und somit den Einfluss des Landes zu beschränken. Dies wird schwerwiegende Folgen für die Universität zu Lübeck und somit für uns als Studierendenschaft haben. Diese von kurzfristigen Einsparpotentialen getragene Idee ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht all jener Mitarbeiter, die mit ihrem Verzicht zur Konsolidierung der defizitären Einrichtung beigetragen haben. Sie nimmt zudem billigend in Kauf, dass eine der besten medizinischen Universitäten Deutschlands, samt weiteren Studienfächern, geschlossen wird. Eine Ausbildung angehender Ärzte wäre nicht mehr möglich und somit hätte neben der medizinischen Fakultät die gesamte Universität einschließlich nachfolgender Generationen von Studierenden keine Zukunft mehr. Die von vielen Professoren und Studierenden mühsam erarbeitete Reputation wird durch ideenlose Privatisierungspolitik aufs Spiel gesetzt. Gleichzeitig werden die von der Landesregierung im Koalitionsvertrag festgehaltenen Versprechen gebrochen, die universitären Einrichtungen Schleswig-Holsteins zu erhalten und zu fördern.

Bereits im Sommer 2005 haben wir gezeigt: Lübeck kämpft für seine Uni! Und wir sind bereit, 2010 weiter zu kämpfen: Wir werden diese blinde Politik nicht mittragen und uns ihr entschieden in den Weg stellen. Die Geldnot und Neuverschuldung in Schleswig-Holstein sollte nicht auf unseren Rücken ausgetragen werden. Wir werden nicht hinnehmen, was da „oben“ leise beschlossen wird und erheben ausdrücklich unsere Gegenstimme.

Unser Aufruf an die Studierendenschaft, an die Universität, an die Bürgerinnen und Bürger von Lübeck und an die Einwohner Schleswig-Holsteins: Informiert euch, macht eure Meinung stark und kämpft für die Erhaltung des Universitätsstandortes Lübeck.“

Professor Dr. Peter Dominiak, Präsident der Universität zu Lübeck

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„Der Koalitionsvertrag der Landesregierung sagt sehr deutlich, dass es zumindest bis 2015 keine Privatisierung des UKSH geben wird, alleine schon aufgrund der abgeschlossenen Tarifverträge, die auch nicht einseitig gekündigt werden können. Selbst wenn es zu einer Privatisierung des UKSH käme, ist die Schlussfolgerung der LN nicht richtig, dass diese Maßnahme mit dem Ende des Medizinstudiums einherginge.

Die Standorte Marburg und Giessen wurden vor einigen Jahren fusioniert, wie Kiel und Lübeck auch und darüber hinaus noch privatisiert. Das hatte aber keine Verminderung der Studienplätze, geschweige denn eine Ende des Medizinstudiums zur Folge.

Es ist bekannt, dass das Land Schleswig-Holstein sehr klamm ist, aber die Landesregierung, bzw. die sie tragenden Parteien haben sich deutlich zu höheren Ausgaben für Bildung und Forschung bekannt. Die Schließung eines Standorts oder eines Studiengangs steht dem diametral entgegen. Herr Kubicki ist nicht Mitglied der Landesregierung sondern Fraktionsvorsitzender der FDP. Er kann also gar nicht für die Landesregierung sprechen und er hat schon öfters vollmundig Dinge in die Welt gesetzt, die nicht den Tatsachen entsprachen bzw. dann so nicht umgesetzt wurden.“

Professorin Inge-Susann Römhild, Präsidentin der Musikhochschule Lübeck

„Herr Kubicki ist nicht Regierungsmitglied sondern Fraktionsvorsitzender, als der er bekannterweise schon Vieles in der Öffentlichkeit geäußert hat. Von der Landesregierung haben wir alle bisher noch gar nichts gehört.

Meine Erwartungshaltung ist die, dass sich Herr Minister de Jager sicherlich zu dem vorschnellen Bericht in den LN äußern wird, wenn es nicht unmittelbar die Landesregierung tut, was man auch erwarten kann, denn sie müsste klar stellen, wer regiert.“

Robert Habeck, Vorsitzender der Landtagsfraktion der Grünen

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„In der schwarz-gelben Koalition brennt offensichtlich die Hütte. Erst verkündet Wolfgang Kubicki, dass das UKSH verkauft werden soll. Jetzt rudert er zurück und wirft der Presse eine falsche Berichterstattung vor.

Aber wo kommt die Nachricht her, dass das Interessenbekundungsverfahren schon im Gang ist? Hat das Kabinett am Parlament und an Betroffenen vorbei bereits Entscheidungen getroffen? Nach der heutigen Pressemitteilung von Wolfgang Kubicki sind die Fragezeichen nur größer geworden.

Jetzt zeigt sich die ganze Krux der sagenumwobenen Haushaltsstrukturkommission. Sie ist ein demokratischer Hybrid, irgendwo zwischen Parlament und Regierung aufgehängt, ohne Legitimation und Kontrolle und ohne klare Verantwortlichkeit. Und damit ist sie der Willkür einzelner ausgeliefert. Wer regiert eigentlich Schleswig-Holstein? Ministerpräsident Carstensen muss endlich Flagge zeigen und sagen, wo es lang geht.

Die Regierung wird vorgeführt und demontiert. Es ist der organisierten Macht- und Verantwortungslosigkeit der Regierung zu danken, dass launische und offensichtlich unsinnige Vorschläge herausposaunt und wieder eingestampft werden. Dass ein Universitätskrankenhaus ohne
Qualitätsverlust und die Aufgabe seiner Standards verhökert werden kann, kann nur glauben, wer dem Privatisierungswahn verfallen ist.“

Bernd Saxe (SPD), Bürgermeister von Lübeck

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„Die Universität mit dem Klinikum ist – wie die anderen Hochschulen – ein ganz wichtiger Faktor für unsere Stadt, den es unbedingt zu erhalten und zu entwickeln gilt. Die Bedeutung von Uni und Klinik für die Zukunft der Stadt ist nur mit der Bedeutung des Hafens zu vergleichen: Hier finden tausende von Menschen einen Arbeitsplatz, hier vollzieht sich die Zukunftsentwicklung und nicht zuletzt ist die Universität eine Bildungseinrichtung von großem Rang. Darum tritt die Stadt mit Nachdruck für den Erhalt von Uni und Klinik ein. Die Pläne des Landes gefährden die Zukunft der Stadt!“

Ralf Stegner (SPD), Vorsitzende der Landtagsfraktion

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„Damit wird der Albtraum von über 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Universitätsklinikum wahr; zugleich wird nach den Plänen der Regierung Lübeck künftig kein Universitätsstandort mehr sein können. Damit wären Umfang und Qualität der Gesundheitsversorgung, aber auch die Umsetzung der Exzellenzinitiative im Medizinbereich zur Disposition gestellt.

Ein solcher Kahlschlag ist auch angesichts der Haushaltslage des Landes nicht zu verantworten. Der wichtigste Träger der Gesundheitsversorgung    und zugleich größte öffentliche Arbeitgeber im Land muss zumindest mehrheitlich in öffentlicher Hand bleiben.

Die SPD wird sich mit allen politischen Mitteln gemeinsam mit den Beschäftigten des Klinikums und der Universität dagegen wehren, dass die Pläne der Landesregierung umgesetzt werden!“

Oliver Grieve, Pressesprecher des UKSH übersendet uns folgenden Brief an die Mitarbeiter

Liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter,
mit Verwunderung müssen auch wir heute aus den Medien erfahren, dass der Herr Abgeordnete Kubicki behauptet, es sei ein Interessenbekundungsverfahren zum Verkauf des UK S-H eingeleitet worden. Nach einem aktuellen Gespräch mit dem für uns zuständigen Wissenschaftsminister Jost de Jager hat die Landesregierung zu diesem Sachverhalt nichts beschlossen. Von einer Einigkeit über einen Verkauf kann in der schwarz-gelben Koalition nach unserem Wissen keine Rede sein.

Dem Gesetz zufolge wäre es nicht ein Einzelner, sondern die Landesregierung, die ein Interessenbekundungsverfahren zur Privatisierung unseres Universitätsklinikums beschließen müsste.

Der Vorstand des UKSH verurteilt diese verantwortungslose Art des Umgangs mit Ihnen, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auf das Schärfste. Sie stellen unter großen persönlichen Opfern die exzellente Versorgung der kranken Menschen in unserem Land sicher. Dafür sprechen wir Ihnen unsere Anerkennung aus!
Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Jens Scholz
Peter Pansegrau
Christa Meyer

In einer Presserklärung schreibt Wolfgang Kubiki, Fraktionsvorsitzender der FDP im Landtag

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„Es ist schon bemerkenswert, welche Schlussfolgerungen einige Journalisten mitunter ziehen. Ich habe den ‚Lübecker Nachrichten‘ bestätigt, dass nahezu alle Ausgaben des Landes überprüft werden, um den enormen Schuldenberg Schleswig-Holsteins abzubauen und das strukturelle Defizit von 1,25 Milliarden Euro in den kommenden Jahren zu beseitigen. Dies ist auch kein Geheimnis. Die Überprüfungen treffen auf die Universitätskliniken und die Hochschulen ebenso zu wie auf alle anderen Bereiche, in denen das Land Verantwortung trägt. Daraus abzuleiten, es würde bereits zu diesem Zeitpunkt Entscheidungen der Koalition geben, ist schlichtweg falsch. Die Haushaltsstrukturkommission erarbeitet derzeit zahlreiche Maßnahmen, mit denen eine Haushaltskonsolidierung erreicht werden kann. Damit wir diese große Aufgabe meistern, benötigen wir ein Bündel von Maßnahmen, das regional ausgewogen sein muss. Daran arbeiten wir auf Hochtouren. Das Kabinett und die Koalitionsfraktionen werden sich Ende Mai mit den Vorschlägen der Kommission befassen, dann werden die Entscheidungen getroffen. Und dann werden wir auch die Öffentlichkeit darüber informieren, mit welchem finanzpolitischen Konzept die schwarz-gelbe Koalition dieses Land wieder nach vorne bringen wird.“

Die Erklärung der Landesregierung kann gegebenenfalls hier eingeklebt werden…

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„Eine Schnapsidee bildungspolitischer Geisterfahrer“ https://www.studentenpack.de/index.php/2005/11/eine-schnapsidee-bildungspolitischer-geisterfahrer-2/ https://www.studentenpack.de/index.php/2005/11/eine-schnapsidee-bildungspolitischer-geisterfahrer-2/#respond Tue, 01 Nov 2005 09:00:35 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=225978
Vertreter der vier großen Parteien des Schleswig-Holsteinischen Landtages waren der Einladung der Lübecker ASten und des Verbandes politischer Jugend gefolgt.StudentenPACK | StudentenPACK.

Vertreter der vier großen Parteien des Schleswig-Holsteinischen Landtages waren der Einladung der Lübecker ASten und des Verbandes politischer Jugend gefolgt.

Nach einer kurzen Einführung in das Thema Studiengebühren durch den Moderator Michael Langholz, der selbst lange im AStA der Uni aktiv war, legten die Politiker ihre jeweiligen Positionen dar. Dabei wurde sehr schnell klar, dass das System der Hochschulfinanzierung reformiert werden muss, da die Hochschulen schon jetzt chronisch unterfinanziert sind und sich die Situation auf Grund steigender Studentenzahlen in Zukunft weiter verschärfen wird. Der Vorsitzende des Landesverbandes der Grünen Robert Habeck bemerkte “So wie es jetzt ist, geht es nicht weiter, aber wieso muss man die schlechteste Alternative wählen?” Und genau um diese Alternativen ging es in der folgenden Diskussion.

Niclas Herbst, bildungspolitischer Sprecher der CDU, betonte, dass man in Deutschland durch den internationalen Druck gezwungen sei, Studiengebühren einzuführen und diese somit unausweichlich seien. Er nannte es den “direktesten und einfachsten Weg”, jedes Semester von jedem Studenten den Betrag von 500 Euro zu erheben.

Davon, dass CDU und SPD eigentlich Koalitionspartner im Land sind, merkte man wenig, zumal sich Jürgen Weber, bildungspolitischer Sprecher der SPD, als Einziger deutlich gegen Studiengebühren aussprach. Stattdessen schlug er vor, ein gerechteres Steuersystem zu schaffen, um den Bildungsetat auszugleichen.

Ahnlicher waren sich da die Positionen von FDP und Grünen. Nachgelagerte Gebühren seien die einzige sozialverträgliche Möglichkeit, ein kostenpflichtiges Studium einzuführen, so Ekkehard Klug, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion. Er betonte weiterhin, dass ein maximaler Betrag von 500 Euro pro Semester nicht überschritten werden dürfe.

In der anschließenden Diskussion wurde die Sorge geäußert, dass durch die Erhebung der Gebühren den Hochschulen in Zukunft nicht mehr Geld zur Verfügung stünde sondern Gelder im gleichen Umfang an anderer Stelle gestrichen würden. Diese Befürchtung konnte von keinem der Politiker entkräftet werden.

Unifusion?

Im zweiten Teil der Debatte bezogen die Politiker aus aktuellem Anlass Stellung zu der von Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) vorgeschlagenen Fusion der schleswig-holsteinischen Universitäten. Bei diesem Thema war es noch deutlicher als zuvor erkennbar, wie die Sympathien im Saal verteilt waren.

Niclas Herbst (CDU) versuchte die Situation zu beruhigen und eine sachliche Diskussion zu führen. Er merkte an, dass es sich bei dem betreffenden Entwurf um ein Eckpunktepapier handele, das noch diskutiert werden müsse, aber keinesfalls um eine fertige Gesetzesvorlage. Es sei jedoch Ausdruck des politischen Willens der CDU und müsse daher ernstgenommen werden.

“Hinter dem Vorschlag steckt kein Konzept”, kritisierte Jürgen Weber (SPD); bisher sehe er nicht die Möglichkeit eines positiven Effektes. FDP-Vertreter Klug ging sogar so weit, die Fusionspläne als „Schnapsidee bildungspolitischer Geisterfahrer“ zu bezeichnen und erntete damit tosenden Applaus.

Nach über zwei Stunden beendete Michael Langholz schließlich die Diskussion nach vielen Argumenten und Gegenargumenten, wenig Neuem und noch vielen offenen Fragen. Trotzdem dürften nach diesem Abend im Bewusstsein der Kieler Politiker die Lübecker Uni und ihre Studenten einen höheren Stellenwert als vorher einnehmen.

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