Anderswo – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Mon, 21 May 2018 14:44:06 +0000 de-DE hourly 1 Home Is Where You Park It https://www.studentenpack.de/index.php/2018/05/home-is-where-you-park-it/ https://www.studentenpack.de/index.php/2018/05/home-is-where-you-park-it/#respond Mon, 28 May 2018 09:30:35 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=375551
Start der ReiseBenjamin Förster | StudentenPACK.

Start der Reise

Meine Reise begann mit einer fixen Idee, welche ich während meiner Jahre im Abitur hatte: Mit einem VW Bus durch Europa zu reisen und das mit meinen besten Freunden. Ich hatte zuvor schon Blogs gelesen, in denen Leute Unternehmungen machten, wie mit dem Fahrrad die halbe Welt zu umrunden, oder mehrere Monate im Auto zu leben. Davon war ich fasziniert.

Nachdem ich meinen Führerschein in der Tasche hatte, kaufte ich mir also einen alten VW T4 Bus. Zu meinem Glück war dieser schon vom Vorbesitzer mit dem Nötigsten ausgebaut worden. Ein Schrank, ein Bett und Stauraum. Ich hatte noch ein paar Monate voller Prüfungen und Verpflichtungen vor mir, bevor ich die Reise antreten konnte.

Wer sind wir? Benny: Ich bin in Berlin geboren und aufgewachsen, habe mich jedoch hoffnungslos dem Wassersport verschrieben. Durch meinen Vater lernte ich schon in jungen Jahren Windsurfen und später Kitesurfen. Wir fuhren jedes Jahr ans Meer, um dort unsere Ferien zu verbringen. Ich lernte in diesen Jahren viele Leute kennen, die zu meinen Freunden geworden waren. Wir trafen uns Jahr für Jahr. So lernte ich auch Max kennen. Wir hatten beide in einer dort ansässigen Kiteschule gearbeitet und verbrachten dort oft unsere Zeit.

Max: Benny und ich kannten uns noch nicht lange, bevor wir die Idee hatten, einen Roadtrip zusammen zu machen. Wir hatten uns ungefähr zwei Jahre zuvor auf dem Campingplatz kennengelernt. Ich kam mit meiner Familie genau wie Benny zum Kitensurfen dorthin. Seitdem surfen wir regelmäßig an der Ostsee zusammen und unternahmen auch schon einen Mini-Roadtrip nach Tschechien. Jetzt nach dem Abi, da waren wir uns einig, sei die beste Zeit, einen größeren Trip zu starten, um die Schule endgültig hinter uns zu lassen.

So kam es nun, dass ich mich mit dem Beginn der Sommerferien nach einigen Wochen Planung auf den Weg machte, zunächst alleine, Richtung Ostsee. Dort verbrachte ich zwei Wochen auf einem Campingplatz, da ich mich hier mit Max treffen wollte. Dann fuhren wir los.

Heimatspot an der OstseeBenjamin Förster | StudentenPACK.

Heimatspot an der Ostsee

Wir waren gespannt, was uns erwarten und wie sich das Leben auf so engem Raum auf unsere Freundschaft auswirken würde. Doch am meisten freuten wir uns auf die versteckten Orte, an denen wir Kitesurfen/Windsurfen gehen konnten. Wir fuhren also los, Richtung Nordsee mit einem Kasten Fritzkola, Bier und Wasser. Zu Beginn der Reise regnete es und zwar durchgehend. Doch dort wo es regnet, ist auch Wind. Dachten wir. Wir fuhren nach Neuharlingersiel, stellten jedoch schnell fest, dass unser Material für den starken Wind nicht ausgelegt war. Die Leute an der ansässigen Kiteschule versicherten uns, dass es eine dumme Idee wäre, bei diesen Bedingungen aufs Wasser zu gehen. Also fuhren wir nach Bremerhaven und übernachteten bei meinem Bruder Anton. Tags darauf probierten wir es erneut in Hooksiel. Hier hatten wir mehr Glück. Weiter ging es nach Amsterdam. Wir legten noch einen kleinen Zwischenstopp am Ijsselmeer/ Kornwerderzand ein.

Ijsselmeer, KornwerderzandBenjamin Förster | StudentenPACK.

Ijsselmeer, Kornwerderzand

Der Spot dort war interessant, da er direkt an einem Deich zu einer Schnellstraße in einem kleinen Hafenbecken lag. Hätte ich nur die Tide berücksichtigt, denn auf halben Weg zurück zum Ufer strandete ich. Nach dem wir beide unser Material verstaut hatten und in unseren trockenen Klamotten waren, kam ein niederländisches Auto. Vater und Sohn stiegen aus und bauten einen nagelneuen Kite auf. Der Junge schien erfahren zu sein und machte zunächst einen Testflug an Land. Wir sagten uns, dass er es entweder drauf hätte oder gar keine Ahnung von dem, was er da tat. Wir beobachten das Treiben. Nachdem er im Wasser war, war schnell klar, dass er wenig Ahnung davon hatte, was er da tat. Er trieb aus der Bucht und schaffte es nicht, seinen Kite zu starten. Daraufhin eilten wir zum Vater und sagten ihm, dass sein Sohn möglicherweise Hilfe benötige, der zum nächsten Hafen fuhr und einem Boot Zeichen gab, dass er doch bitte seinen Sohn einsammeln solle.

AmsterdamBenjamin Förster | StudentenPACK.

Amsterdam

In Amsterdam angekommen, suchten wir erst mal eine gefühlte Stunde nach einem Parkplatz und fanden einen direkt gegenüber der Amsterdammer Universität am Kanal. Der Platz war traumhaft. Man brauchte bloß die Heckklappe zu öffnen und hatte einen tollen Blick über den Kanal und das wunderschöne Amsterdam. Dann zogen wir los. Wir suchten uns ein gemütlichen Platz in der Innenstadt und hatten ein Burger – Maßbier Abendessen. Früh am Morgen wurden wir unsanft geweckt. Es klopfte laut an die Autotür: „Politie“. Wir schreckten hoch. Mein erster Gedanke war, wer denn um Himmels Willen so früh ans Auto klopft. Max guckte aus dem Fenstern und sagte nur „Scheiße die Polizei“. Sie klopften erneut und Max stieg aus. Ich blieb im Auto und schaute nur zur Tür raus. Uns wurde erklärt, dass es verboten sei, im Auto zu übernachten. Nach dem wir beide eine Strafe von 150 Euro zahlen mussten, wurde uns ein „schöner Tag“ gewünscht. Guten Morgen Amsterdam.

Ziemlich angepisst ging es um sechs Uhr ohne Frühstück weiter. Wir ließen Belgien links liegen und fuhren gefrustet direkt nach Frankreich. Um einer weiteren Strafe zu entgehen, stellten wir uns diesmal auf eine Bauernhof zum Übernachten.

Bauernhof in FrankreichBenjamin Förster | StudentenPACK.

Bauernhof in Frankreich

Von nun an ging es entlang des Ärmelkanals weiter. An Calais vorbei Richtung Le Havre – unserer Meinung einer der Secret-Spots Frankreichs. In Le Havre angekommen waren zur unserer Freude zum ersten Mal gute Windbedienungen. Zudem trafen wir auf andere Kitesurfer mit denen wir uns nett unterhielten. Wir erfuhren mehr über die Windbedingung der Umgebung und abgelegene Orte zum Wildcampen.

 

Immer am FahrenBenjamin Förster | StudentenPACK.

Immer am Fahren

Mount-Sankt-MichelBenjamin Förster | StudentenPACK.

Mount-Sankt-Michel

Es ging weiter nach Caen und zum Mont-Saint-Michel, eine kleine Insel im Wattenmeer der Normandie. Die windlosen Tage häuften sich. Wir vertrieben uns die Zeit mit dem Hören von Musik und Kriminalhörbüchern, Lesen, der Suche nach neuen Spots, Strandtagen und langem Ausschlafen. Oft saßen wir abends vorne im Auto, guckten zur Schreibe raus, tranken Bier, rauchten und dachten nach, redeten über Dinge die uns beschäftigen und alberten herum. Auf dem Weg nach Saint Malo kamen wir zufällig an einem Schild, „festival – La Route de Rock“, vorbei. Da wir ohnehin einen Stellplatz für die Nacht suchten, fuhren wir auf das Festivalgelände. Wir trafen auf viele Bullifahrer und nette Leuten aus ganz Frankreich. Wir freundeten uns mit zwei Französinnen an und verbrachten das Wochenende auf dem Festival zwischen Musik, Grill – und Grasgeruch. Die Stimmung war ausgelassen. Die Leute rauchten und tranken viel! Der Umstand, dass wir unser Portmonee verloren mit allen wichtigen Karten und Dokumenten (Kreditkarten, Führerschein, Personalausweise, Krankenkassenkarten und Bargeld), trübte unsere Laune nur kurz. Außer dass wir einen Vormittag panisch herum rannten, da wir selbst mit der Tankfüllung nicht mal annähernd an die deutsche Grenze oder zur deutschen Botschaft in Paris gekommen wären. Die ehrlichen Festivalgänger fanden das Portmonee und gaben es am Officepoint ab (Danke Frankreich!). So ging die Reise weiter, nach 3 Tagen Festival ungeduscht auf der Suche nach einer öffentlichen Dusche. Erfolglos.

Saint-Michel-en-GreveBenjamin Förster | StudentenPACK.

Saint-Michel-en-Greve

Wir versuchten, uns auf Campingplätze zu schleichen, wurden jedoch manchmal von sehr temperamentvollen Wärtern nach draußen geleitet. Eigentlich waren wir immer auf der Suche nach einer Toilette oder einer Dusche.

Nächster Halt: Saint-Michel-en-Grève. Eine kleine französische Gemeinde in der Bretagne. Das Leben war schön. Wir lebten in den Tag hinein, fuhren wann es uns passte, hielten an, wo es uns gefiel. Der letzte Stopp den wir einlegten war auf dem Campingplatz Des Sable Blancs. Hier fanden wir einen würdigen Abschluss der Reise. Unser „best spot so far“. Mit dem Van direkt am Meer, Wind, blauer Himmel, blaues Wasser, viele Kite – und Windsurfbegeisterte. Wir verbrachten den ganzen Tag auf dem Wasser. Max verbesserte sein Freestyle-Können. Ich probierte mich an an einer Halse mit einem Wellenreiter. Unter anderem besuchten wir hier noch Freunde, die in einer Ferienwohnung Urlaub machten.

 

Camping Des Sable BlancsBenjamin Förster | StudentenPACK.

Camping Des Sable Blancs

Cheers!Benjamin Förster | StudentenPACK.

Cheers!

 

Der Monat neigt sich dem Ende zu und wir traten unsere Heimreise an. Wir reisten über Paris zurück nach Deutschland in unsere Heimatstadt. Mit dem Bus durch den Schwarzwald war eine echte Tortur, da der Schlauch für die Ladedruckregelung undicht war, was ich bis dahin noch nicht wusste. Das bedeutete, dass der Van am Berg keinerlei Leistung brachte und wir nur schleichend voran kamen. Felix, ein Freund von Max, der im Schwarzwald wohnt, nahm uns noch für ein paar Tage auf und wir verbrachten zusammen mit seinen Freunden die Tage am See und grillten.

Wir erinnern uns zurück an eine unvergessliche Reise voller Bekanntschaften, aufregender Moment, kleinerer Streitereien, Pannen und Probleme.

Für mich sollte es jedoch noch weitergehen. Ich setzte Max in Würzburg ab und fuhr zurück nach Berlin, um mich auf den nächsten Roadtrip vorzubereiten.

Hang Loose!Benjamin Förster | StudentenPACK.

Hang Loose!

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Ein Tortenwurf und zwei Wochen Gefängnis https://www.studentenpack.de/index.php/2018/05/ein-tortenwurf-und-zwei-wochen-gefaengnis/ https://www.studentenpack.de/index.php/2018/05/ein-tortenwurf-und-zwei-wochen-gefaengnis/#respond Mon, 28 May 2018 09:30:30 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=375512
Heute wird die Torte gegessen statt geworfen: „Julia Pie“.Annika Munko | StudentenPACK.

Heute wird die Torte gegessen statt geworfen: „Julia Pie“.

Sie nennt sich „Julia Pie“ und bewarf im Herbst 2016 AfD-Politikerin Beatrix von Storch bei einer Wahlkampfveranstaltung mit einem Tortenboden mit Rasierschaum – 2017 wurde sie dafür wegen Beleidigung verurteilt und ging Anfang 2018 für zwei Wochen ins Gefängnis. Wie es zum Tortenwurf kam und wie sie die Zeit im Lübecker Frauengefängnis erlebt hat, erzählt die „nebenbei“ in Kiel Informatik studierende politische Aktivistin im Interview.

StudentenPACK: Würdest du kurz erzählen, wie es zu deinem Tortenwurf kam?

Julia Pie: Das war eine recht spontane Aktion: Die Antifa hatte Proteste gegen die AfD-Wahlkampfveranstaltung in Kiel organisiert. Ich hatte vorher mitbekommen, was Frau von Storch über den Gebrauch von Schusswaffen an deutschen Grenzen gesagt hatte, und fand, dass man so jemanden nicht einfach so sprechen lassen kann. Dazu wollte ich gerne etwas beitragen und habe am Abend vor der Veranstaltung zuhause geguckt, was ich noch so dahabe – das waren dann eben ein Tortenboden und Rasierschaum.

Lustigerweise wurde ich beim Abtasten am Eingang sogar noch gefragt, ob ich Torte dabeihabe. Ich sagte „Oh, ja, ich hab eine dabei.“ Die Security hielt das wohl für einen Scherz und meinte, ich könne meinen Korb am Rand abstellen. Das hat gut gepasst, denn das war direkt neben der Bühne – die perfekte Wurfposition.

PACK: Warum gerade ein Tortenwurf? Was macht einen Tortenwurf für dich zu einer guten Protestaktion?

Julia: Zum einen wollte ich damit zeigen, wie lächerlich die Argumente von Frau von Storch sind: Jemanden, der fordert, dass man auf Menschen an den Grenzen schießen soll, kann ich nicht als Gegenüber in einer politischen Debatte ernstnehmen. Um auf diese Lächerlichkeit hinzuweisen, erschien mir ein Tortenwurf ganz passend. Zum anderen war es ein „Hier seid ihr auch nicht sicher!“ an die AfD. Es ist nämlich so, dass in Kiel niemand mehr Räume an die AfD vermietet, sodass auch diese Veranstaltung in ihrem eigenen Parteibüro stattfinden musste – und selbst dort mussten sie feststellen, dass es Leute gibt, die nicht mit dem einverstanden sind, was sie fordern. Dazu kam, dass vor ungefähr einem Jahr eine Freundin von mir in Norwegen wegen eines Tortenwurfs auf eine rechte Politikerin im Knast saß, sodass sicher auch ein „Das könnte man hier doch auch mal machen“ mit dabei war.

Bei der Kundgebung zu Julias Haftantritt gab es nicht nur Kritik an Gefängnissen generell, sondern auch die Gelegenheit zum Törtchenwerfen.Hanna Poddig

Bei der Kundgebung zu Julias Haftantritt gab es nicht nur Kritik an Gefängnissen generell, sondern auch die Gelegenheit zum Törtchenwerfen.

PACK: Nur so aus Neugier: Wie bereitet man einen Tortenwurf am besten vor?

Julia: Am meisten Gedanken habe ich mir darüber gemacht, wie ich in den Raum reinkomme, welche Rolle ich spielen muss, um sicher reingelassen zu werden. Ich habe mir dann extra schicke Kleidung rausgesucht, einen Faltenrock und eine weiße Bluse, um die interessierte Jungwählerin, die noch nicht genau weiß, wie sie zur AfD steht, spielen zu können – mit Dreads wird man bei so einer Veranstaltung wohl eher nicht reingelassen. Das hat super funktioniert.

Werfen geübt habe ich vorher nicht – ich hätte in meinem Zimmer auch keine geeignete Testfläche gehabt.

PACK: Hast du absichtlich etwas geworfen, das nicht als “Körperverletzung” gewertet werden kann?

Julia: Es steckte schon die strategische Überlegung dahinter, dass Verletzen in dieser Situation nicht gut gewesen wäre. Das hätte der AfD nur geholfen, die Opferrolle einzunehmen und das wollte ich nicht. Um auf die Lächerlichkeit der Argumente aufmerksam zu machen, war ein Tortenwurf angemessener.

PACK: Wie ging es dann weiter?

Julia: Die Security hat mich direkt an die Polizei übergeben, die mich erstmal zur Wache verbracht hat. Ich wurde aber relativ schnell wieder freigelassen – als die Veranstaltung zu Ende war, war ich schon wieder draußen. Ein halbes Jahr später habe ich dann den Strafbefehl vom Amtsgericht bekommen, dass sie mich nach Beurteilung der Aktenlage wegen Beleidigung zu 800 Euro verurteilen wollen. Dagegen habe ich Einspruch eingelegt, um den Prozess dann bewusst als politische Bühne zu nutzen und Kritik an der AfD üben zu können. Letzten Endes wurden durch den Prozess aus den 800 Euro nur noch 150 Euro.

PACK: Warum hast du dich dazu entschlossen, nicht das Geld zu zahlen, sondern stattdessen ins Gefängnis zu gehen?

Julia: Ich bin in den Knast gegangen, um nochmal klar zu zeigen, dass ich zu dem, was ich tue, stehe und diese Geldstrafe nicht akzeptiere. Im Zuge dessen wollte ich auch darauf aufmerksam machen, dass Strafen und Gesetze nicht dabei helfen, Konflikte zu lösen: Auch nach meiner Zeit im Knast bin ich noch genauso wütend auf die AfD. In Deutschland werden Menschen wegen geringster Vergehen wie Ladendiebstahl oder Schwarzfahren eingesperrt, weil sie das Strafgeld nicht zahlen können. Da braucht es eher einen öffentlichen Personennahverkehr, der allen kostenlos zur Verfügung steht und keine Regelungen, die dafür sorgen, dass Schwarzfahrer, die das Geld für ein Ticket nicht haben, ins Gefängnis gehen und danach immer noch kein Geld für den Fahrschein haben.

PACK: Was waren deine größten Bedenken, bevor du ins Gefängnis gegangen bist?

Julia: Ich wusste nicht, wie psychisch belastend das Gefühl, tatsächlich eingesperrt zu sein, wird. Damit bin ich dann relativ gut klargekommen. Viel schlimmer war es für mich, tagtäglich mit Wärterinnen zu tun zu haben, die durchaus freundlich waren. Dadurch hat es viel Kraft gekostet, den politischen Widerstand aufrechtzuerhalten und bei der Einstellung „Knast und Leute einsperren ist scheiße, egal wie nett sie hier zu einem sind“ zu bleiben.

PACK: Du hattest dir vorgenommen, dich im Gefängnis auf die Prüfungen vorzubereiten – kann man im Knast gut lernen?

Julia: So halb. Im Knast rückt alles außerhalb der Mauern viel weiter weg, sodass man schnell meint, man könne ja, wenn man wieder draußen ist, noch lernen und hätte dann auch viel bessere Voraussetzungen, weil zum Beispiel fürs Programmieren ein Laptop nützlich wäre.

PACK: Welche Dinge durftest du außer deinem Laptop nicht mitnehmen?

Julia: Dazu gab es eine lange Liste. Es fing bei ganz banalen Sachen wie Zahnpasta an und reichte bis zur Yogamatte und Wärmflasche. Was Kleidung anging, war es so, dass eigene zwar mitgebracht werden durfte, in diese dann aber ein Patch eingebrannt wurde, der sich nicht wieder entfernen ließ. Deswegen habe ich dann doch darauf verzichtet, meine eigene Kleidung zu tragen und die Anstaltskleidung genommen.

PACK: Wussten deine Mithäftlinge als du kamst schon, dass du „die Tortenwerferin“ bist? Wie waren die Reaktionen darauf?

Julia: Der Frauenknast ist mit 60 Häftlingen sehr klein, da hat sich das schnell rumgesprochen. Ich wurde dann auch schon mal in der Bibliothek „Bist du die aus der Zeitung?“ gefragt. Die meisten fanden das mit dem Tortenwurf ganz amüsant und auch konsequent, dass ich ins Gefängnis gegangen bin anstatt das Geld zu bezahlen.

PACK: Wie sah dein Alltag im Gefängnis aus?

Julia: Am Anfang war ich im geschlossenen Vollzug und konnte später in den offenen Vollzug wechseln, da unterscheiden sich die Tagesabläufe. Im geschlossenen Vollzug wird man morgens um halb sieben vom Schlüsselrattern zur „Lebendkontrolle“ geweckt. Danach heißt es anziehen, frühstücken und Anträge abgeben. Die Zeit vor- und nachmittags, in der die lange einsitzenden Häftlinge gearbeitet haben, habe ich mit Lesen, Lernen, Briefe schreiben oder ähnlichem verbracht. Nachmittags gab es immer eine Stunde, in der man die Möglichkeit hatte, Sport zu machen. Abendbrot gab es gegen halb sechs und dann war noch eine Zeitlang „Aufschluss“, da konnte man den Gemeinschaftsraum nutzen oder einander besuchen. Um 20 Uhr war Einschluss in die Zellen, ab 22 Uhr Nachtruhe.

Im offenen Vollzug gab es nur die Mahlzeiten als feste Struktur. Dort waren die Zellentüren permanent offen, man konnte jederzeit in den Garten gehen und einige Frauen sind auch nach draußen zur Arbeit gefahren. Psychisch fand ich den offenen Vollzug deutlich fieser, weil man nicht von einer hohen Mauer mit Stacheldraht davon abgehalten wurde, das Gefängnis zu verlassen, sondern nur von einer Art Gartenzaun. Ich wusste die ganze Zeit, dass ich über diesen Zaun hätte klettern können, sodass ich mich zwingen musste, es nicht zu tun. Dieses Gefühl, gewissermaßen freiwillig im Gefängnis zu bleiben war ganz eklig.

PACK: Was hast du am meisten vermisst?

Julia: Am meisten habe ich es vermisst, von radikalen politischen Menschen umgeben zu sein, einen gemeinsamen Alltag zu haben und miteinander diskutieren zu können.

PACK: Wie beurteilst du das Gefängnisessen im Vergleich zur Mensa?

Julia: In der Mensa esse ich tatsächlich gerne, im Knast fand ich das Essen relativ schlecht. Morgens und abends gab es Brot – damit wurde man überhäuft, und mittags etwas Warmes, meistens irgendwas verkochtes. Das einzige, was mich positiv überrascht hat, war, dass es immer eine Schale mit Äpfeln im Aufenthaltsraum gab.

PACK: Wie darf man sich das Miteinander im Gefängnis vorstellen?

Julia: Das Miteinander kann man schon als gestört bezeichnen – für mich wurde es von grundsätzlichem Misstrauen bestimmt. Ich habe selbst gemerkt, dass ich mich gefragt habe, was eine Gefangene im Gegenzug von mir erwartet, wenn sie mir angeboten hat, ihr Duschgel mitzubenutzen. Das widerspricht eigentlich allem, wie ich sonst mit meinen Mitmenschen umgehe. Eine Frau sagte mir, der Knast habe sie misstrauischer, härter und aggressiver gemacht – das ist natürlich nicht, was mit einer Haftstrafe erreicht werden soll, und für mich auch ein Grund, warum ich es nicht sinnvoll finde, Menschen einzusperren. Dass jemand im Gefängnis über seine Fehler nachdenkt, alles bereut und wenn er wieder draußen ist, nicht rückfällig wird, weil er einen erneuten Haftaufenthalt vermeiden will , das ist ein Mythos. Im Gegenteil: Je länger jemand eingesperrt war, desto größer wird die Rückfall-Wahrscheinlichkeit.

Ansonsten spielen Lästereien oder wer mit wem ein Techtelmechtel hat eine relativ große Rolle, einfach deswegen, weil es sonst an Themen fehlt, weil kaum etwas passiert.

PACK: Was sind die seltsamsten im Gefängnis geltenden Regeln?

Julia: Eigentlich sind Männer und Frauen im Knast strikt voneinander getrennt, nur so etwas wie Schulunterricht, durch den man einen Abschluss nachholen kann, findet gemeinsam statt. Dabei gilt die klare Regel, dass man sofort aus der Schule rausfliegt, wenn man etwas mit dem anderen Geschlecht anfängt – da reicht schon rumknutschen. Dass die Frauen untereinander was am laufen hatten, wurde hingegen toleriert.

Ihre Zeit im Gefängnis verbrachte Julia in der Justizvollzugsanstalt Lübeck, der einzigen JVA Schleswig-Holsteins mit Frauengefängnis.Hanna Poddig

Ihre Zeit im Gefängnis verbrachte Julia in der Justizvollzugsanstalt Lübeck, der einzigen JVA Schleswig-Holsteins mit Frauengefängnis.

PACK: Hat sich für dich durch den Gefängnisaufenthalt etwas verändert?

Julia: Für mich hat sich durch den Knast nicht so viel verändert. Ich fand Knäste vorher schon scheiße und das ist so geblieben. Nachdem ich selber im Knast war möchte ich diesen in Zukunft stärker in den Fokus meiner politischen Arbeit rücken.

PACK: Seit Jahren heißt es in den Medien, dass in vielen Justizvollzugsanstalten Personal fehlt. Hast du davon etwas mitbekommen und wenn ja, was bedeutet das für die Insassen?

Julia: Ja, tatsächlich, das hat man auch in Lübeck gemerkt. An manchen Tagen erfolgte der Einschluss in die Zellen aus Personalmangel schon um 17 Uhr statt wie sonst um 20 Uhr. Was das betrifft bin ich sehr zwiegespalten, denn einerseits möchte ich überhaupt nicht, dass irgendwer in der JVA arbeitet und dieses System aufrechterhält, andererseits ist es eine Verbesserung der Haftbedingungen, wenn die Häftlinge abends länger in den Gemeinschaftsraum gehen können und nicht stupide in ihrer Zelle sitzen müssen.

PACK: Welche Tipps kannst du Anderen für eventuelle Gefängnisaufenthalte geben?

Julia: Ein Tipp ist auf jeden Fall, dass angezahlte Tage nicht vollstreckt werden dürfen. Ich war zu 15 Tagessätzen verurteilt worden, sodass auch meine Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage lang gewesen wäre, doch dadurch, dass ich einen Cent bezahlt habe, durfte der letzte Tag nicht vollstreckt werden und ich bin nach 14 Tagen wieder rausgekommen.

Ansonsten sollte man sich unbedingt etwas mitnehmen, womit man sich den Tag über beschäftigen kann – stricken, Radio hören, lesen… Stellt euch einfach vor, ihr macht eine lange Zugreise und habt kein Internet, was würdet ihr mitnehmen? Zusätzlich sollte man auch als Nichtraucher Tabak mit in den Knast nehmen, zum Tauschen.

Und, das hört sich vielleicht etwas paradox an, aber: Macht es nicht alleine. Damit meine ich nicht, dass man zum Händchenhalten zu zweit in den Knast gehen sollte, aber für mich waren meine Unterstützer, die mich zum Knast gebracht und abgeholt, draußen meine Alltags-Organisation übernommen und mir Briefe geschrieben haben, unglaublich wichtig.

PACK: Vielen Dank für das Gespräch!

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Klein aber oho! https://www.studentenpack.de/index.php/2018/05/klein-aber-oho/ https://www.studentenpack.de/index.php/2018/05/klein-aber-oho/#respond Mon, 28 May 2018 09:00:25 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=375534
Marlborough SoundSvenja Meyn | StudentenPACK.

Marlborough Sound

Die Luftlinie zwischen Deutschland und Neuseeland beträgt 18.385 km. Das ist bei einem Erdumfang von ca. 40.000 km so ungefähr das weiteste Ziel, das man sich aussuchen kann. Warum sollte man diesen zeitaufwändigen und teuren Weg also trotzdem auf sich nehmen? Die Gründe dafür füllen Reiseführer – ich werde euch auf den folgenden Seiten meine persönlichen Erfahrungen schildern.

Ein Grund für meine Entscheidung, nach Neuseeland zu gehen, war die Überbrückung des europäischen Winters auf der Südhalbkugel. Allein, einmal an Weihnachten in der Sonne am Strand zu liegen und geschmolzene Lebkuchen zu essen, wäre schon fast ein Grund, für diese weite Reise. Hinzu kam für mich, dass man in Neuseeland Englisch spricht (Wenn auch mit Kiwi-Akzent) und dass ich zahlreiche Bekannte von der Landschaft habe schwärmen hören. Darüber hinaus zog mich auch der simple Gedanke, an das andere Ende der Welt zu fliegen, irgendwie magisch an. Dies sind die Gedanken einer ahnungslosen deutschen Abiturientin, die nach Neuseeland gehen möchte. Ich habe mir das Ganze als Au-pair-Aufenthalt organisiert und mit meinem erarbeiteten Geld zwischendurch auf Reisen zusammen mit anderen Au-pairs das Land erkundet.

Neuseeland ist nicht groß und nicht besonders eng besiedelt: Auf einer Fläche, die etwas kleiner als Italien ist, leben circa 4,2 Millionen Einwohner, auch „Kiwis“ genannt. Kiwis sind entspannt, spontan und hilfsbereit: Die perfekte Voraussetzung für ein gastfreundliches Land. Neben den Einwohnern werden auch der neuseeländische Nationalvogel, der Akzent und natürlich die köstliche Frucht als „Kiwi“ bezeichnet. Von der geringen geografischen Größe kann man allerdings keineswegs auf einen geringen Reisewert schließen. Die neuseeländische Landschaft ist eine der vielfältigsten weltweit. Durch die Lage auf der Grenze zwischen der australischen und der pazifischen tektonischen Platte hat Neuseeland in großen Teilen eine hügelige Landschaft, malerische Bergketten mit Gletschern und Gletscherseen und eine ganze Menge Vulkane. Aber Neuseeland hat noch viel mehr zu bieten.

Beginnen wir im Norden. Am Cape Reinga, der Nordspitze Neuseelands, kann man tatsächlich in den Wassermassen erkennen, wie die Tasmanische See auf den Pazifischen Ozean trifft. Ein Stück weiter in Richtung Süden kann man den Ninety Mile Beach entlangfahren und in den Sanddünen surfen gehen. Im Waipoura Forest bestaunt man den mit einem Umfang von 13 Metern größten Kauri-Baum Neuseelands, bevor man einen Abstecher zur Bay of Islands macht. Das ist ein sehr beliebtes Urlaubsziel unter Neuseeländern, wo man Delfine sehen, Strände genießen und Kultur erleben kann.

Auf dem weiteren Weg nach Süden kommt man dann nach Auckland. Das ist mit 1,4 Millionen Einwohnern die mit Abstand größte Stadt Neuseelands. Das Stadtbild ist von zahlreichen inaktiven Vulkanen geprägt, vom Mount Eden aus hat man zum Beispiel eine wunderbare Aussicht. Noch weiter kann man vom Sky Tower aus blicken, der mit einer Höhe von 328 Metern der höchste Fernsehturm der südlichen Hemisphäre ist. Von dort aus sieht man auch das viele Wasser, das Auckland zu einer beliebten Stadt für Segler macht, weshalb die Stadt auch als „City of Sails“ bezeichnet wird. Von Auckland aus kann man nach Rangitoto Island fahren, bis zur Spitze des jüngsten Vulkans von Auckland laufen und auf dem Weg Massen von Vulkangestein bestaunen. Auch Waiheke Island ist ein sehenswertes Ziel, denn die Strände, Weingüter und Märkte dort sind nicht umsonst ein beliebter Ausflugsort für die Einwohner Aucklands. Wenn man noch ein wenig Zeit hat, kann man wunderbar an der Westküste Aucklands surfen oder im Waitakere Ranges Regional Park wandern gehen.

Blick auf Mount CookSvenja Meyn | StudentenPACK.

Blick auf Mount Cook

Von Auckland aus sollte man unbedingt in Richtung Coromandel fahren. Dort buddelt man sich am Hot Water Beach eine Grube, die sich wie von Zauberhand mit heißem Wasser füllt und schießt Fotos im Felsbogen der Cathedral Cove. Ein nicht ganz so bekanntes aber umso lohnenswerteres Ziel ist der etwas abseits gelegene New Chum Beach. Der Weg dorthin ist etwas abenteuerlich und nur zu Fuß zu bewältigen, aber für einen paradiesischen weißen Sandstrand vor einer tollen Felsenkulisse lohnt sich die Mühe allemal. Wenn man es nicht ganz eilig hat, sollte man auf dem weiteren Weg nach Süden auf jeden Fall dem Karangahake Gorge einen Besuch abstatten. Das ist eine beeindruckende Schlucht, in der man noch Überreste des ehemaligen Bergbaus entdecken kann.

Auf dem weiteren Weg durch Neuseeland sollte man nicht die hübsche Stadt Raglan verpassen, die wohl der beliebteste Surfspot in Neuseeland ist. Wer nicht surfen mag, dem sei eine Kajak-Tour empfohlen, auf der man zwischen einzigartigen Pancake-Rocks herumfahren kann (Ja, die sehen wirklich aus wie übereinander gestapelte Pfannkucken). In Tauranga hat man eine wunderbare Sicht von dem auf einer Landzunge liegenden Mount Maunganui und von Whakatane aus kann man zur White Island fahren und dort über Neuseelands einzige aktiver Vulkaninsel laufen. Unter Umständen könnte man dabei auf die Idee kommen, man sei auf dem Mond gelandet. Am Eastcape kann man den berühmten ersten Sonnenaufgang des Tages sehen (Wenn man die paar Inseln vernachlässigt, die noch näher an der Datumsgrenze liegen).

Nicht nur für Herr der Ringe Fans ist Hobbiton einen Umweg Wert. Das englische Wort „adorable“ bezeichnet das liebevoll hergerichtete Auenland wohl am besten. Dort kann man sich durch die Welt von Frodo und Co führen lassen und eventuell auf den Gedanken kommen, gleich selbst dort wohnen bleiben zu wollen.

Auf gar keinen Fall verpassen sollte man die Region um Rotorua, die von geothermaler Aktivität geprägt ist. Schon Neuseelands Ureinwohner, die Maori, haben die natürlichen heißen Quellen zum Baden und Kochen genutzt. Heute kann man sich von Maori durch Whakarewarewa Village führen lassen, von dort aus einen Geysir bewundern und ihre kulturellen, von Tanz und Gesang geprägten Shows besuchen. Man sollte sich jedoch nicht von dem allgegenwärtigen Schwefelgeruch abschrecken lassen, der einen in der ganzen Stadt an faule Eier denken lässt.

Tongariro National ParkSvenja Meyn | StudentenPACK.

Tongariro National Park

Eine weitere touristische Hauptattraktion sind die Waitomo Caves. Das ist ein atemberaubendes Höhlensystem, in dem man Glühwürmchen sehen, an steilen Felswänden und über Schluchten klettern oder in einem Gummiring durch das tiefschwarze Wasser des Waitomo Rivers treiben kann. Auf dem weiteren Weg lohnt sich ein Abstecher in die Region um Taupo, wo man zum Beispiel auf einer Segeltour ein in Fels gemeißeltes Maori-Kunstwerk sehen kann. Die nächste Station ist aber viel wichtiger: Der Tongariro National Park. Hier kann man Neuseelands beliebteste eintägige Wanderung machen. Zur Belohnung für die Strapazen der durch einige Höhenmeter durchaus anstrengenden Tour gibt es ein Foto vor dem Schicksalsberg aus dem Herr der Ringe und vor smaragdgrünen Seen.

An der südlichsten Spitze der Nordinsel Neuseelands findet man die Hauptstadt Wellington. Das ist eine sehr lebhafte kleine Stadt, in der ich mich sofort wie zu Hause (in Hamburg) gefühlt habe. In der Fußgängerzone trifft man auf Straßenkünstler und landet mitunter selbst in einer Menge tanzender Menschen. Von Wellington aus kann man mit der Fähre zur Südinsel fahren. Das sollte man auch, denn der Blick von der Fähre auf die malerische Fjordlandschaft der Marlborough Sounds lohnt sich.

Das nördlichste Must-See der Südinsel ist der Abel-Tasman Nationalpark. Dort kann man tagelang durch den Wald oder an der Küste entlang wandern und die einzigartige Natur mit goldenen Stränden und türkisfarbenen Buchten bestaunen. Ein Stück weiter südlich kommt mein absolutes Highlight: In Kaikoura kann man mit wilden Delfinen schwimmen! In einen dicken Neoprenanzug gezwängt und mit Schnorchel, Taucherbrille und Flossen ausgerüstet springt man vom Boot direkt in eine Herde von neugierigen und spielfreudigen Delfinen, die ihre Schwimmkünste vorführen und mit einem um die Wette im Kreis schwimmen. Hinterher duscht man heiß und verarbeitet bei einem heißen Kakao und neuseeländischen Gingernuts (unbedingt probieren!) sein Erlebnis.

Skyline AucklandSvenja Meyn | StudentenPACK.

Skyline Auckland

Etwa in der Mitte der Südinsel findet man den Mount Cook, der mit 3754 Metern der höchste Berg Neuseelands ist. In der Region kann man auch die Überreste von Gletschern sehen, die zu Zeiten vor der Klimaerwärmung einmal gigantisch gewesen sein müssen. Die Gletscherseen und -flüsse in der Umgebung haben durch den Abrieb des Gesteins, über den sich die Gletscher schieben, eine einzigartige türkisblaue Farbe. Außerdem kann man am Lake Tekapo ein „International Dark Sky Reserve“ besuchen, wo man aufgrund von besonders geringer Lichtverschmutzung unter guten Bedingungen einen sehr guten Blick in den Sternenhimmel hat. Man sollte allerdings nicht den Fehler machen und bei Vollmond hinfahren…

Zwei sehr schöne Orte, die man auf der Südinsel nicht verpassen sollte, sind Wanaka und Queenstown. In Wanaka kann man den sehr anstrengenden aber in jedem Fall lohnenswerten Roys Peak Walk machen, der einem nach drei Stunden steil bergauf laufen das Gefühl gibt, auf dem Gipfel der Welt zu stehen. Queenstown dagegen ist die „Nervenkitzel-Stadt“ Neuseelands. Dort kann man sich entscheiden zwischen Bungy-Jumping, Paragliding, Jetboot fahren und vielem mehr – oder alles machen. Nordwestlich von Queenstown liegt der Milford Sound: Ein Fjord, durch den man mit dem Boot fahren und dabei eine Landschaft voller Wasserfälle bestaunen kann. Wer selbst mit dem Campervan dort hinfahren möchte, sollte sich allerdings auf abenteuerliche Straßen gefasst machen.

Bag EndSvenja Meyn | StudentenPACK.

Bag End

Mit diesem kurzen Guide durch Neuseeland habe ich natürlich bei weitem nicht alles abgedeckt, was Neuseeland zu bieten hat. Je nach den eigenen Interessen kann man zum Beispiel in zahlreichen Nationalparks ausgiebige Wanderungen machen oder sich mit dem Fahrrad durch die hügelige Landschaft kämpfen. Außerdem kann man mit Sicherheit an vielen Stellen noch versteckte Paradiese finden, die ich auf meiner Reise nicht gesehen habe. Ich hoffe aber, dass ich euch einen Eindruck von der einzigartigen Vielfalt Neuseelands geben konnte und wer weiß – vielleicht verschlägt es euch ja eines Tages auf eine kurze oder auch längere Reise zu den Kiwis. Aber Vorsicht: Es haben sich schon Leute so in das Land verliebt, dass sie nicht wieder nach Hause gekommen sind!

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Körper und Seele wieder in Einklang bringen https://www.studentenpack.de/index.php/2017/07/koerper-und-seele-wieder-in-einklang-bringen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/07/koerper-und-seele-wieder-in-einklang-bringen/#respond Mon, 03 Jul 2017 04:45:20 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=287072

 

Pendeln ist doof. Pendeln stresst und gefährdet Ihre Gesundheit. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die einen weiten Weg zur Arbeit haben, häufiger unter Kopf-, Rücken- oder Magenschmerzen sowie Herz-Kreislauferkrankungen, Schlafstörungen und Übergewicht leiden. Müssen wir mehr sagen? Wir haben die Lösung! Gesund studieren sollte gerade Lübeckern am Herzen liegen. Führen Sie das im PJ fort. Mühen Sie sich nicht ab, weit zur Arbeit zu fahren. Wohnen Sie dort, wo Sie arbeiten! In unserer Psychosomatischen Klinik ist bestimmt auch für Sie noch ein Bett am Fenster mit Blick auf den See frei.

Hier unsere Vorzüge:

  • Schon der Name ist bei uns Programm: Bringen Sie Körper und Seele wieder in Einklang!
  • Die Grundausstattung für 187 Euro monatlich beinhaltet ein Bett. Brauchen Sie mehr? Gegen einen geringen Aufpreis werden Sie täglich visitiert.
  • Ernährungsumstellung gefällig? Neben Vollkost bieten wir kalorienreduzierte Diabetikerkost und zahlreiche Sondermahlzeiten. Spargelsuppe zum Frühstück begeistert seit Generationen und deutsches Klinikessen genießt in der Welt einen ausgezeichneten Ruf. Wozu sollte man da noch eine eigene Küche brauchen?
  • Kenner schätzen unseren Rehydrierungsservice. Nach einer durchzechten Nacht im Segeberger Nachtleben lassen Sie sich bei uns den Literbeutel NaCl 0,9% anhängen.
  • Ihr Sozialleben leidet im PJ? Nicht bei uns! Sie werden nicht glauben, wie leicht Fremde zu Freunden werden, wenn man sich mit ihnen das Zimmer teilt.
  • Thrombosen und Druckstellen sind bei uns kein Problem! Wir lassen Sie jeden Morgen Visite laufen und Blut abnehmen, nachts lagern wir sie auf Wunsch gerne mehrmals um.
  • Jugendlicher Ausgelassenheit soll bei uns nichts im Wege stehen. Erfragen Sie die Besuchszeiten einfach in Ihrem Stationszimmer!
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Von Lübeck bis nach Nepal https://www.studentenpack.de/index.php/2015/07/von-luebeck-bis-nach-nepal/ https://www.studentenpack.de/index.php/2015/07/von-luebeck-bis-nach-nepal/#respond Wed, 08 Jul 2015 22:18:12 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=213484
Von Lübecker Studenten gespendete Hilfsgüter in Nepal Shree Lohase Dhara Youth Club

Von Lübecker Studenten gespendete Hilfsgüter in Nepal

Im Jahr 2005 kam Pramod Ranabhat zum Studieren nach Deutschland. 2007 folgte Pushpawati Shresth. Beide lebten zuvor in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu. Wie einige andere Nepalesen studieren sie zurzeit Medizin an der Universität zu Lübeck.

Als am 25. April eines der schlimmsten Erdbeben in der Geschichte des Landes Städte und Dörfer verwüstete, waren viele Menschen in ganz Deutschland entsetzt. Viele Hilfsorganisationen versuchten, den Nepalesen auf verschiedene Art und Weise zu helfen. Für die beiden Lübecker Studierenden war klar: Sie mussten helfen. Der erste Schritt war die Beantragung eines Urlaubssemesters bei Universitäts-Präsident Hendrik Lehnert, um sofort nach Nepal aufzubrechen und zu helfen. Schnell wurde klar, dass eine solche Aktion überstürzt und möglicherweise sogar kontraproduktiv seien könnte. Aus Deutschland war mehr möglich.

Eine Kontaktaufnahme mit Familie und Freunden war durch die großflächige Zerstörung der Infrastruktur wie Internet oder Telefon vorerst nicht möglich. Doch schon am nächsten Tag gab es Meldungen aus Nepal. Die ganze Welt war alarmiert und Hilfeleistungen wurden versprochen. Ihnen wurde versichert, es würde schon Hilfe kommen, doch auch Wochen nach dem Beben waren in vielen Dörfern keine Hilfsleistungen angekommen. Die Meldungen überschlugen sich und zeigten widersprüchliche Ansichten. 90% der Häuser waren zerstört oder waren es doch eher 50%? In einem Brief, der über die Hilfsorganisation „Deerwalk Social Welfare Network“ an die nepalesischen Studierenden in Lübeck weitergeleitet wurde, heißt es, dass viele Dörfer in nächster Nähe des Epizentrums nahe der Stadt Gorkha bis auf wenige Häuser komplett zerstört wurden. Viele Menschen würden nun unter freiem Himmel schlafen müssen, da nicht genug Zelte zur Verfügung ständen. Damit ein Dorf provisorisch versorgt wäre, wären ca. 50-60 Zelte nötig. Mangelware waren also fast alle lebenswichtigen Materialien: Es mangelte an Schlafplätzen, Matratzen, Decken, warmer Kleidung, Transportmitteln und Lebensmitteln. Um ein Dorf mit 135 Familien mit den nötigen Mitteln zu versorgen, würden ca. 4000€ benötigt.

Auch andere nepalesische Studierende in Lübeck trafen auf die kleine Gruppe und zu acht wurde das Projekt erweitert. Anscheinend war auf die großen Hilfsaktionen kein Verlass, da den Verwandten, Freunden und anderen durch das Erdbeben kennengelernte Kontaktpersonen keine Hilfe zukam. Es entwickelte sich die Idee, lokale Hilfsaktionen zu unterstützen, die direkt am Menschen agieren konnten. Es wurden diverse Aktionen geplant, wie zum Beispiel die Beantragung eines Spendenstands in der Breiten Straße und der Aufbau eines selbigen im Zentralklinikum des UKSH. Dabei konnten in einer Woche über 5500€ gesammelt werden.

Aus der Idee, selbst nach Nepal zu fliegen, wurde die Idee, nepalesischen Ärzten in Deutschland die Reise in die Krisengebiete zu ermöglichen. Die lokalen Hilfsorganisationen konnten zwar die nötigen Hilfsmittel und beispielsweise Medikamente und Unterkünfte für Helfer stellen, jedoch fehlten Ärzte, die die vielen im Land geplanten und umherreisenden „Health-Camps“ besetzen. Auf einige Anfragen antworteten mehrere Ärzte aus Deutschland. Vier davon konnte mithilfe der gesammelten Spendengelder der Flug ermöglicht werden. Diese reisten in Zusammenarbeit mit der Nicht-Regierungs-Organisation “Change for Health” in den Health-Camps von Kathmandu durch verschiedene Städte und lieferten regelmäßig Berichte nach Lübeck. In einer E-Mail eines nepalesischen Arztes aus Wasrode vom 3.Juni heißt es, dass bis zu diesem Zeitpunkt zwei Camps in der Nähe der Stadt Sindhupalchowk errichtet und über 450 Patienten behandelt werden konnten. Es konnten Hilfsmittel an über 1250 Schüler verschiedener Schulen ausgegeben werden. Weitere Camps waren für die nächsten Tage geplant.

In einer anderen E-Mail heißt es, dass die Versorgung durch Ärzte hauptsächlich von Menschen mit „normalen“ Beschwerden, wie Erkältungen genutzt würde und dass es wichtiger sei, die Menschen jetzt mit warmer Kleidung und Unterkünften zu versorgen. Es wurde auch versucht, Aufmerksamkeit auf die schädlichen Faktoren wie Rauchen und Alkoholismus zu lenken, da diese ein großes Problem in der örtlichen Gegend Nepals darstellen. Generell wird die Reise nach Nepal jedoch als großer Erfolg und wichtige Hilfe für das geschundene Land geschildert. Von den vier nach Nepal gereisten Ärzten sind bis zum jetzigen Zeitpunkt bereits drei zurück in Deutschland angekommen. Doch weitere Ärzte werden in der nächsten Zeit die Reise antreten. Darunter ein Neurochirurg aus Oldenburg, der zurück nach Nepal ziehen möchte.

Bis zum 19. Juni konnten mithilfe von fünf verschiedenen Organisationen bereits 330 Familien in sieben verschiedenen Regionen mit Lebensmitteln, Matratzen und Zelten versorgt werden. Zusammen mit Präsident Lehnert wurden weitere Spender für die Aktion angeworben und es konnten weitere Hilfeleistungen in den Dörfern erbracht werden. Dass die Hilfe ankam, zeigen die vielen Unterschriften und Bilder der Betroffenen, die den Studierenden in Lübeck zur Verfügung gestellt wurden. So konnten nicht nur Zelte, sondern sogar bereits Übergangsbehausungen errichtet werden und auch wenn die Aktionen zum Anwerben weiterer Spendengelder beendet sind, kommen immer noch weitere Anfragen aus den Krisenregionen, die unter anderem aufgrund ihrer geographischen Lage teilweise nicht von Regierungsorganisationen mit Hilfsgütern versorgt werden konnten.

Pramod Ranabhat mit PAUL dem WasserrucksackPramod Ranabhat

Pramod Ranabhat mit PAUL dem Wasserrucksack

Zusammen mit Prof. Lehnert wurde auch der Kontakt zum Entwickler des Wasserrucksacks „PAUL“,Prof. Frechen von der Universität Kassel, aufgenommen. Diese tragbare Wasserfiltereinheit zum Einsatz in Not- und Katastrophensituationen reinigt verschmutztes Oberflächenwasser ohne Strom oder Chemikalien und kann bis zu 500 Personen täglich mit 1200 Litern Trinkwasser versorgen. Zwei dieser Rucksäcke sind bereits im Besitz der Lübecker Studierenden und mit Unterstützung von Dr. Ghawami des World University Service (WUS) sollen 30 weitere folgen und zusammen mit gespendeten Rollstühlen und Rollatoren sowie über 200kg Kleidung nach Nepal geflogen werden.

Diese Aktion brachte bis jetzt ca. 14.000€ ein und wäre ohne die Unterstützung des StuPa, welches stellvertretend für alle Studierenden der Universität zu Lübeck 50ct spendete, sowie des AStAs und natürlich vieler engagierter – auch nicht nepalesischer – Studierender, die teilweise die Spendenstände von 11-18 Uhr besetzten, nicht möglich gewesen.

Im Sommer wird Pramod mithilfe der FSMed selbst nach Nepal reisen, um sich ein genaues Bild der Hilfeleistungen zu machen. Zu seiner Reise werdet ihr Informationen und Berichte im nächsten StudentenPACK oder auf studentenpack.de finden.

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Die erste ZKK aller Zeiten – oder KoMatös in Aachen! https://www.studentenpack.de/index.php/2015/07/die-erste-zkk-aller-zeiten-oder-komatoes-in-aachen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2015/07/die-erste-zkk-aller-zeiten-oder-komatoes-in-aachen/#respond Wed, 08 Jul 2015 22:12:51 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=213451 99-teilnehmerfoto

Das Gruppenfoto der KoMa

Vom 27. bis 31. Mai fand in der alten Kaiserstadt Aachen die 76. KoMa, die Konferenz der deutschsprachigen Mathematikfachschaften, statt. Und als wenn das nicht bereits Aufwand genug wäre – das können wir von der FS MINT als Veranstalter der letzten KoMa im Wintersemester bestätigen – hat sich die Aachener Fachschaft gleich zwei weitere Fachschaftskonferenzen mit ins Boot geholt: Neben der Konferenz der Informatikfachschaften (KIF) mit der traditionell bereits einige Konferenzen, zuletzt 2013 in Kiel, gemeinsam ausgerichtet wurden, wurde als dritte Fachschaftskonferenz die ZaPF (Zusammenkunft aller Physik-Fachschaften) ausgerichtet. Gemeinsam bildeten diese Konferenzen die ZKK – wie von den Orgas betont die erste ZKK aller Zeiten.

Auch die Lübecker Fachschaft MINT hat mit zwei Vertretern, jeweils einem für KIF und KoMa, an der ZKK teilgenommen. Doch zunächst Grundsätzliches über diese Fachschaftskonferenzen. Auf diesen Bundesfachschaftentagungen, welche es zu allen möglichen Fachbereichen gibt, treffen sich Vertreter aus Fachschaften der jeweiligen Fachrichtung aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, also Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im Falle von KoMa und KIF verläuft eine Konferenz, die jedes Semester von einer anderen Fachschaft ausgetragen wird, über fünf Tage. In Arbeitskreisen (AKs) tauschen sich die Fachschaftler über die verschiedensten Themen aus und erarbeiten Positionen zu einem breiten Feld an Themen von Hochschulpolitik, allgemeinpolitischen Themen oder der Fachschaftsarbeit im Speziellen. Aber auch Spaß-AKs wie zum Beispiel das humorvolle Komponieren von mathematischen Liedern im AK Pella finden ihren Platz. Mithilfe von sogenannten Resolutionen positioniert sich die Konferenz und stellt Forderungen nach außen, zum Beispiel an die Bildungsministerien oder Fachgesellschaften. Auch auf der ZKK sind einige Resolutionen entstanden, doch dazu später mehr. Die Konferenzen werden durch ein kulturelles Rahmenprogramm abgerundet, sodass auch der Spaß nicht zu kurz kommt. Verschiedene Führungen durch Stadt und Universität haben uns Aachen näher gebracht und die obligatorische Kneipentour hat dieses Mal gefühlt sämtliche Kneipen in Aachen gefüllt.

Die Fachschaft MINT ist zu dieser Konferenz mit zwei Themen für Arbeitskreise angereist. Diese wurden von uns angeboten und geleitet. Die Fülle an verschiedenen Erfahrungen durch die unterschiedlichen Konferenzteilnehmer war dabei ein großer Vorteil.

AK Satzung und Fachschaftsstrukturen

Eine Novellierung des Hochschulgesetzes steht in Schleswig-Holstein in den Startlöchern, die Vertreter aus dem AStA haben tatkräftig daran mitgearbeitet. Für Fachschaften in Schleswig-Holstein kommt die Änderung hinzu, dass wir nun eigene Teilkörperschaften öffentlichen Rechts der Studierendenschaft werden. Doch was für Konsequenzen sich daraus für unsere Fachschaft ergeben, war keinem von uns so richtig klar. Denn die Fachschaft hat (noch) keine Jura-Studenten – bei der aktuellen Kreativität der Universitätsleitung bei der Schaffung neuer Studiengänge ist das jedoch nicht unmöglich. Wir wussten lediglich, dass wir das Recht bekommen, uns selbst eine eigene Satzung zu geben. Somit erhofften wir uns von einem Austausch-AK von anderen Fachschaften, welche diesen juristischen Status bereits bekommen haben, mehr zu erfahren. Die Ergebnisse waren für uns sehr hilfreich. Viele Fachschaften organisieren sich zusätzlich als Verein, so wie auch die Fachschaft Medizin einen eigenen Förderverein besitzt. Ein solcher Verein sowie der Status einer juristischen Person geben der Fachschaft mehr Freiheiten und Unabhängigkeit von StuPa und AStA. Mit einer eigenen Fachschaftssatzung könnte das StuPa nur noch die Gründung oder Auflösung von Fachschaften beschließen. Die komplette Kontrolle auch über die Finanzen läge bei der Fachschaft selbst. Doch das hat sich wiederum als der größte Haken herausgestellt: Der Aufwand einen Verein zu führen und eine eigene Finanzverwaltung zu betreiben wurde von den anderen Fachschaften so hoch eingeschätzt, dass sich insbesondere für unsere kleine Fachschaft diese Umstrukturierung nicht lohnt. Zudem läuft die Arbeit zwischen den Gremien an unserer Uni so gut, dass größere Unabhängigkeiten nicht notwendig sind.

AK Fachübergreifende Fachschaften

Das zweite Thema, zu dem wir einen Arbeitskreis angeboten haben, ist ein Thema, das unsere Fachschaft intern zur Zeit sehr beschäftigt. Der universitären Struktur bedingt werden fast alle neuen Studiengänge, die unser Präsidium munter nach und nach aus dem Boden stampft, unserer Fachschaft zugeordnet – allein jetzt sind es schon neun inhaltlich sehr verschiedene Studiengänge, Tendenz steigend. All diese Studiengänge müssen von derselben Gruppe vertreten werden, sodass die fachliche Arbeit für eine Fachrichtung teilweise sehr vernachlässigt wird und Berichte für einen Großteil der Mitglieder irrelevant sind. Daher haben wir uns mit anderen Fachschaften ausgetauscht, wie diese fachlichen Diskrepanzen bei anderen Fachschaften gehändelt werden. Spannend war die Erkenntnis, dass es fast an jeder Uni ein anderes System und damit verbundene Probleme gibt. Insbesondere das System der Uni Braunschweig, das neben dem Fachschaftsrat (welcher unserer Fachschaft entspricht), der sich um die allgemeinen studentischen Belange kümmert, so genannte Fachräte gibt. Diese konzentrieren sich allein auf die fachliche Arbeit zu einzelnen Fachbereichen wie Mathematik oder Informatik. Sie werden nach Bedarf und Initiative der Studenten gegründet und sind relativ unabhängig von den studentischen Gremien. Dieses System ist bei unserer Fachschaft auf Interesse gestoßen, wir werden in den nächsten Monaten erarbeiten, ob wir ein ähnliches System etablieren wollen.

Weitere Arbeitskreise

Neben diesen Arbeitskreisen, welche wir selbst angeboten haben, gab es eine große Auswahl an weiteren Arbeitskreisen. Einige waren als Arbeitskreise einzelner Konferenzen konzipiert, andere als gemeinsame Arbeitskreise. Teilgenommen haben wir an Workshops zur Moderation von Gruppen und weiteren Arbeitskreisen organisatorischer Art teilgenommen. Letztere waren bedingt dadurch, dass die Fachschaft MINT die letzte Konferenz selbst veranstaltet hat. Eine Besonderheit stellte der AK Adventskalender dar: Ursprüngliches Ziel dieses AKs ist das Erstellen einer weihnachtlichen mathematischen Aufgabe für den Adventskalender der Deutschen Mathematiker Vereinigung (DMV). Die Gespräche führten zu einer Diskussion über den Gebrauch von grafikfähigen Taschenrechnern beziehungsweise Computeralgebrasystemen. Alle Teilnehmer der Arbeitskreis waren sich einig, dass diese die mathematischen Kompetenzen von Schülern immer mehr auf das Drücken von Tasten reduzieren, was für erhebliche Probleme gerade in den ersten Semestern sorgt. Auch an unserer Uni sind in den Vorkursen und den großen Mathevorlesungen die Konsequenzen teils deutlich bemerkbar. Daher haben wir beschlossen, eine eigene Resolution zu dem Thema zu erarbeiten. Die Zeit reichte für eine ausreichende Ausarbeitung nicht aus, sodass die Fachschaft MINT bis zur nächsten Konferenz – im November in Ilmenau – eine sogenannte WAchKoMa („Weiterführung von Arbeitskreisen unter chaotischen Verhältnissen der KoMa“) zu diesem Thema anbieten wird.

Viva la Resolution!

Neben diesem Resolutionsthema gab es einige weitere Resolutionen, die während der Konferenz gemeinsam erstellt und verabschiedet wurden. Die KoMa hat Resolutionen zu den Themen „Netzneutralität von eduroam“, „Prüfungsunfähigkeit und Atteste“ und „Empfehlungen für einen guten Übungsbetrieb“ im Konsens beschlossen, sie werden zeitnah im Netz (Link in der Infobox am Ende des Textes) im Wortlaut zu finden sein. Die KIF hat die erste Resolution ebenfalls beschlossen, die letzteren wurden jedoch abgelehnt beziehungsweise vertagt. Zusätzlich haben sie eigene Resolutionen zu den Themen „Hochschulzugangsberechtigung berechtigt zum Studium“ und „Promotionsrecht“ verabschiedet.

Die Resolution zur Netzneutralität beschäftigt sich mit dem „eduroam“-Netz. Dieses Forschungsnetz ermöglicht Studierenden an allen teilnehmenden Hochschulen das WLAN frei zu nutzen. Zu diesem Netz gehört jedoch ein Vertrag, den die Hochschulen unterschreiben und der unter anderen Spezifikationen für eduroam vorgibt. Eine Vorgabe ist, dass keine Ports geblockt werden dürfen, also Netzneutralität gewahrt werden muss. Viele Hochschulen erfüllen diese Regeln aber nicht, häufig sind Ports für zum Beispiel Onlinespiele geblockt – mit dem potenziellen Nachteil, dass andere Programme, welche dieselben Ports nutzen, ebenfalls nicht funktionieren. Die KIF und die KoMa fordern neben weiteren Anmerkungen die Hochschulen auf, diese Missstände zu beheben.

Albert Piek
Das SuperC ist nur eines der vielen modernen Gebäude der RWTH Aachen.Albert Piek
Das SuperC ist nur eines der vielen modernen Gebäude der RWTH Aachen.[/caption]

Ein spezieller Fall an einer Hochschule war Grund für die zweite Resolution über Prüfungsunfähigkeit. Trotz eines ärztlichen Attestes mussten Studenten nach einer wegen Krankheit versäumten Prüfung auf einem weiteren Formular das Krankheitsbild beschreiben, der entsprechende Prüfungsausschuss entscheidet dann auf dieser Basis, ob die Krankschreibung gerechtfertigt ist. Dieses Vorgehen wird von der KoMa stark kritisiert: Ein ärztliches Attest muss ausreichend sein und einem Prüfungsausschuss fehlt häufig die fachliche Kompetenz, um über die Schwere einer Krankheit zu entscheiden. Weiter ist es auch im Sinne des Datenschutzes sehr kritisch anzusehen, dass Studierende ihren Professoren ihre Krankheitsbilder aufdecken müssen. Da die KIF bereits einige Konferenzen vorher eine ähnliche Resolution verabschiedet hat, hat sie diese Resolution abgelehnt.

Der Arbeitskreis Übungskonzepte hat sich damit beschäftigt, wie möglichst sinnvolle und gute Tutorien aussehen sollten. Das erarbeitete Konzept wird in Form eines Konzeptpapieres als Resolution verabschiedet. Wert wird auf die Fortbildung der Tutoriumsleiter sowie die sorgfältige Vor-, Nach- und Aufbereitung der Aufgaben, welche thematisch sinnvoll zum Vorlesungsbetrieb gewählt werden sollten, gelegt. Größere Diskussionen seitens der KoMa wurden darüber geführt, ob Musterlösungen verfügbar gemacht werden sollten. Diese Forderung war jedoch nicht konsensfähig, sodass sich auf die Verfügungsstellung von Lösungsskizzen geeinigt wurde. Die KIF hat die Entscheidung über diese Resolution wegen größeren Diskussionsbedarfs vertagt.

Eigenständig hat die KIF zwei weitere Resolutionen verfasst. In der Resolution „Die Hochschulzugangsberechtigung berechtigt zum Studium!“ fordert die KIF neben der Hochschulzugangsberechtigung keine weiteren Einschränkungen für die Zulassung zu einem Studium vorzuschreiben, da dies nicht mit dem Recht auf freie Berufswahl vereinbar sei. Stattdessen solle die eigenständige Entscheidung für (oder gegen) ein Studium zu fördern und zu ermöglichen. Die zweite KIF-eigene Resolution zum Promotionsrecht fordert, dass das Promotionsrecht von Hochschulen nicht länger an historische Gegebenheiten gekoppelt werden solle, sondern Ergebnis einer regelmäßigen Evaluation der Forschungsleistung und der Betreuungsqualität sein sollte.

Neben diesen Resolutionen gab es auch seitens der ZaPF weitere Resolutionen, über die wir jedoch kaum berichten können. Detaillierte Informationen zu den Ergebnissen von Arbeitskreisen und den Resolutionen finden sich in den Konferenzbänden der KoMa, dem KoMa-Kurier, dem ZaPF-Reader und in den Ergebnisse der KIF (Alle Links in der Infobox am Ende des Texts).

Wie geht’s weiter?

Die nächsten Konferenzen sind die KIF 43,5 in Bonn, welche vom 11. bis 15. November stattfindet, sowie die 77. KoMa, die vom 18. bis 22. November in Ilmenau stattfindet. Zu beiden Konferenzen sucht die Fachschaft MINT jederzeit interessierte Studenten der jeweiligen Fachrichtungen, die zur Konferenz fahren möchten. Falls ihr Interesse habt, Studenten aus eurer Fachrichtung aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz kennenzulernen und euch auszutauschen, zögert nicht, euch bei uns zu melden.

Neben diesen beiden Konferenzen gibt es auch noch weitere Bundesfachschaftentagungen, die in unser Fächerspektrum fallen: Für die Psychologen gibt es die PsyFaKo (Psychologie-Fachschaften-Konferenz), für MLS-Studenten die MolMedNET (Bundesfachschaftentagung Molekulare- und Biomedizin), die StAuB (Ständiger Ausschuss der Biologiefachschaften) sowie das Biomedical Students‘ Symposium (ohne lustige Abkürzung). Wir würden uns freuen, Vertreter zu diesen Konferenzen schicken zu können, und unterstützen interessierte Vertreter mit der Bezahlung der Reise- und Konferenzkosten – auch hier gilt: Meldet euch bei Interesse bei der Fachschaft. Wir freuen uns auf die nächsten Konferenzen und werden zu gegebener Zeit wieder hier berichten!

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Usizo Lokuqala – Erste-Hilfe auf Zulu https://www.studentenpack.de/index.php/2015/05/usizo-lokuqala-erste-hilfe-auf-zulu/ https://www.studentenpack.de/index.php/2015/05/usizo-lokuqala-erste-hilfe-auf-zulu/#respond Mon, 04 May 2015 08:40:57 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=213281
Südafrikanische Community Worker beim Erste-Hilfe-KursLisa-Marie Müller

Südafrikanische Community Worker beim Erste-Hilfe-Kurs

Zwölf Minuten. Die Worte schweben einen Moment im Raum. Es ist still. Man hört nur das Surren der zwei Ventilatoren. Ich schaue in die Gesichter. Zweifel. Immer? Mir fällt kein englisches Wort ein für Hilfsfrist. Ich sage, es gebe ein Gesetz. In dem Teil Deutschlands, in dem ich lebe, sind es zwölf Minuten. Zwölf Minuten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. Immer noch ist es still. Einige Blicke werden getauscht. Hlongiwe fragt: „Aber kommen sie denn auch?“ Ich nicke. Wenn man anruft, dann kommen sie. Manchmal in sechs Minuten, manchmal in zwölf, manchmal – in Ausnahmefällen – vielleicht in zwanzig. Aber sie kommen. Immer. Meine Stimme ist fest und ohne Zweifel. Ich sage es mit einer Gewissheit, die mir jetzt umso mehr bewusst wird, da ich hier sitze in einem der Räume des Isibani Community Centers in Winterton, in KwaZulu Natal, im ländlichen Südafrika. In dieser Gegend gibt es zwei öffentliche Krankenwagen.

Ich frage in die Runde, ob jemand schon einmal einen gerufen hat. Einige nicken. Ist er gekommen? Etwa die Hälfte sagt ja. Wann? Ein paar Zahlen werden genannt. Buhle erntet ein anerkennendes Nicken: Als ihre Mutter von einem Auto angefahren wurde, kam der Krankenwagen nach 40 Minuten. Sie nennt die niedrigste Zahl an diesem Nachmittag. Simpiwe meldet sich zu Wort. Er würde gleich versuchen selbst ein Auto aufzutreiben, ob ein Krankenwagen käme sei zu ungewiss. Ich kann ihm nicht widersprechen: 22 Minuten. So lange fährt man – laut Google-Maps – vom Gelände des Isibani Community Centers bis zum nächsten Krankenhaus in Emmaus. 22 gegen 40. Allerdings auch nur ohne vorherige Suche nach einem Auto, ohne Traktor, ohne Kühe auf der Straße, ohne Gewitter und ohne einen Zwischenstop an der Tankstelle. Und da ist es dann, dieses ungute Gefühl. Diese Unsicherheit, was ich sagen oder raten soll.

Vor fast vier Jahren absolvierte ich im Isibani Community Center in Winterton im Südosten Südafrikas einen einjährigen weltwärts-Freiwilligendienst. Direkt neben Winterton befindet sich das Township Khethani mit fast 10.000 Einwohnern. Dieser Gemeinde und den Bewohnern der vielen umliegenden Dörfer und Farmen bietet Isibani Unterstützung. Auf freiwilliger Basis arbeiten hier Einheimische und internationale Freiwillige in den verschiedenen Projekten. In den vergangenen Semesterferien war ich zu Besuch in Winterton. Während dieser Zeit habe ich einen halbtägigen Erste-Hilfe-Kurs organisiert und möchte mit euch ein paar Eindrücke teilen.

Das schwächste Glied?

In Deutschland wird in solchen Kursen meist mit der Darstellung der Rettungskette begonnen. Das schwächste Glied darin – der Ersthelfer – bestimmt die Stärke der ganzen Kette. Und Erste-Hilfe-Kurse können dabei helfen, dieses Glied stärker, effektiver zu machen – es ist fassbar, beeinflussbar. Was aber, wenn die Verbindung zwischen den einzelnen Gliedern der Kette wegfällt. Wenn die zwei öffentlichen Krankenwagen beschäftigt, die Wagen der privaten Krankenhäuser außer Reichweite sind und ein Auto unauffindbar ist? Wieviel Wert, wieviel Einfluss hat dann noch die Stärke der einzelnen Glieder? Wieviel Sinn macht ein solcher Kurs? Meine Motivation war hoch als Isibani mich zu Beginn meines Besuchs fragte ob ich Lust darauf hätte. Ein Erste-Hilfe-Kurs für interessierte Community Worker. Nur die Grundlagen, ein Nachmittag. In Lübeck bin ich seit einigen Semestern Teil der AG EH-MED. Diese AG – es gibt sie in vielen Unistädten – organisiert Erste-Hilfe-Kurse für Medizinstudenten. Die sind anspruchsvoll, möchten genaue Erklärungen für Ursache und Wirkung, wollen exakte Anleitung, viele Details. Trotzdem merke ich schon zu Beginn der Vorbereitung, dass mir das hier schwerer fällt. Was ist am Wichtigsten zu wissen für diese Menschen, für ihren Alltag, für ihr Umfeld? Was kann man weglassen, was muss angepasst werden an die Situation? Wie vermittle ich die Notwendigkeiten, die Erklärungen für bestimmte Methoden? Und wie lassen sich manche Techniken ohne Zubehör üben und richtig vermitteln? Die Fragen, das Gefühl der Unsicherheit finden einen, trotz allem Elan und aller Motivation doch irgendwann.

Asambeni

Sindi räuspert sich. Sie sitzt neben mir auf dem Stuhl, deutet auf die Uhr. Sagt: „Asambeni, Lisa.“ Auf geht’s. Genug Geschichten und Fragen. Fang an. Genau dasselbe hat sie mir auch gesagt, als ich sie bat mir bei der Ausarbeitung eines Leitfadens zu helfen. Sie ist Krankenschwester. Betreut Alte und Kranke in der Gemeinde. Ihre Kraft und Demut und Liebe waren schon damals, vor vier Jahren meine Inspiration. Und schon damals hat sie mich manches Mal daran erinnert, dass es im Angesicht von zu vielen Fragen und Zweifeln manchmal besser ist, einfach loszugehen. Sie hat wieder Recht. Ich fange an mit den drei „Goldenen Regeln“, dem roten Faden für diesen Nachmittag: „Safety First – Get Help – The Worst Thing You Can Do Is To Do Nothing.“ Als sich France dann nach einigem Bitten auf die vorbereitete Decke in der Mitte des Stuhlkreises legt, wir anfangen mit der stabilen Seitenlage, bleiben die Fragen und Zweifel zurück. Wir arbeiten uns langsam vor, gemeinsam. Die Reanimation wird am blauen Kinderball geübt. Ein Ring aus Papier hält ihn an Ort und Stelle. Jeder ist mal dran; damit man im Takt bleibt, singt bald der ganze Raum „Staying alive“. Wir diskutieren über Mund-zu-Mund-Beatmung und Ansteckungsgefahr, Tuberkulose und HIV. Irgendwann sagt jemand: „Lasst uns lieber weitermachen, wenn man sich unsicher ist, drückt man einfach durch.“ Zur Versorgung starker Blutungen habe ich etwas Verbandzeug mitgebracht. Wir üben es einmal damit und dann einmal mit einem Schal und einer geschlossenen Packung Taschentücher als Druckauflage. Sindi und ich haben Tipps für Verbrennungen und Schock vorbereitet. Und zum Rettungsgriff, Verschlucken und Beinbrüchen. Bei den Fragen zu Schlangenbissen muss ich passen. Zum Schluss verteilen wir eine kleine selbstgemachte Broschüre mit dem heute Gelernten. Einmal auf Englisch, einmal auf Zulu. Ein Wort für Reanimation gibt es im Alltags-Zulu nicht. „Macht nichts, sagt Sandile, der Übersetzer, wir nennen es: Lunge und Herz beim Arbeiten helfen. Das ist es doch, oder?“

Die Antwort

Eine Teilnehmerin bedankt sich. Sie habe viel gelernt und wolle es gleich ihrem Mann beibringen zu Hause. Aber sie habe noch eine Frage: „Wenn nun das Herz stehen bleibt und man wählt den Notruf, ruft nach Hilfe, was macht man dann, wenn keiner kommt, wenn man allein bleibt?“ Wieder ist es still. Nach kurzem Zögern sage ich, dass auch ich die richtige Antwort darauf nicht kenne. Dass ich mir dieselbe Frage gestellt habe. Und viele weitere. Was würdet ihr tun? Buhle räuspert sich: „Eigentlich gibt es nur eines, was man tun kann. Zu drücken wie wir es heute gelernt haben bis man nicht mehr kann und dann aufhören. Ein Murmeln geht durch den Raum. „Denkt an die Alternative!“, sagt Buhle. Nichts tun, hilflos daneben stehen. Das ist schlimmer. Sie wendet sich an mich: „Du hast es doch selbst gesagt „The worst thing you can do is to do nothing.“. Sie hat Recht, die Antwort auf meine Fragen hatte ich mir eigentlich schon selbst gegeben.

Interesse an der Arbeit von Isibani und Lust auf mehr Geschichten aus Südafrika und von nationalen und internationalen Freiwilligen? Einfach mal hier schauen: www.isibanicentre.org

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Nach der Spritze https://www.studentenpack.de/index.php/2013/11/nach-der-spritze/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/11/nach-der-spritze/#respond Mon, 11 Nov 2013 09:03:36 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=171972
Lukas Ruge | StudentenPACK.

Blutentnahmetablett am UKSH.


Zwei Jahre ist es mittlerweile her, dass in einem Bielefelder Krankenhaus ein Student im Praktischen Jahr (PJ) eine Handlungsanweisung anders auffasste als sie gemeint war und es infolgedessen zum Tod eines Kindes kam: Der PJler spritzte ein Medikament intravenös, welches das Baby oral hätte einnehmen sollen. Dieses wäre vermeidbar gewesen.

Ein Jahr später verhängte das Bielefelder Amtsgericht gegen den betreffenden Medizinstudenten wegen fahrlässiger Tötung eine Geldstrafe von 1.800 Euro. Bundesweit warf diese Premiere – noch nie zuvor wurde in Deutschland ein PJler wegen eines Fehlers strafrechtlich verurteilt – unter Medizinstudenten die Frage „Was darf ich überhaupt?“ auf, die Unsicherheit war groß (das StudentenPACK berichtete). Bis August dieses Jahres lief das Berufungsverfahren, mittlerweile ist das Urteil des Landgerichts Bielefeld rechtskräftig. Auch in zweiter Instanz wurde der ehemalige PJler der fahrlässigen Tötung für schuldig befunden und auch die Höhe der zu zahlenden Geldstrafe blieb gleich. Geändert haben sich lediglich zwei Dinge: Zum einen ist das Strafmaß ein anderes, die „Zusammensetzung“ der 1.800 Euro hat sich also verändert. Zum anderen ermittelt die Staatsanwaltschaft jetzt auch gegen das Krankenhaus, in dem es zu diesem Vorfall kam.

Für den Verurteilten sind diese so unwichtig erscheinenden Änderungen allerdings sehr bedeutsam: Die in erster Instanz verhängte Strafe von 120 Tagessätzen hätte für die berufliche Zukunft des Verurteilten gravierende Folgen gehabt, da ein Vergehen mit einem solchen Strafmaß im polizeilichen Führungszeugnis auftaucht – und eben dieses muss ein Arzt vor der Einstellung dem Arbeitgeber vorlegen. Auch wenn ein Eintrag im Führungszeugnis kein gesetzlich festgeschriebenes Ausschlusskriterium für die Vergabe der Stelle an den betreffenden Bewerber ist, so wird der Fall dann doch genau hinsichtlich der Frage untersucht, inwiefern diese Einschränkung für den Arbeitsplatz relevant ist. Vom dafür zuständigen Lübecker Dezernat Personal des UKSH wird in dem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es durchaus einen Unterschied mache, ob ein Arzt mit direktem Patientenkontakt im Krankenhaus oder beispielsweise in der Anatomie arbeiten wolle.

Doch auch bis zum approbierten Arzt muss man es erst einmal bringen: Zur Beantragung der Approbation wird ebenfalls ein amtliches Führungszeugnis benötigt. Dieses müsse „absolut einwandfrei“ sein, „wenn da irgendwas drinsteht, können Sie die Approbation vergessen“, heißt es dazu aus dem Landesamt für soziale Dienste in Kiel. Für den verurteilten Medizinstudenten hätte das folglich geheißen, dass er sich nach den langen Jahren des Studiums einen anderen Job hätte suchen können – verständlich, dass er deswegen gegen das 2012 gefällte Urteil in Berufung ging.

Auch in zweiter Instanz befand Richter Wolfgang Lerch den ehemaligen PJler für schuldig, änderte jedoch das Strafmaß von 120 Tagessätzen zu je 15 Euro auf 90 Tagessätze zu je 20 Euro – die vom Verurteilten zu zahlende Summe bleibt also gleich, seine Berufsaussichten verbessern sich dadurch jedoch bedeutend: Ins Führungszeugnis eingetragen wird eine Verurteilung nur, wenn das Strafmaß mindestens 91 Tagessätze beträgt. Dass die Anzahl der Tagessätze so entscheidend verringert wurde, lässt sich durch Lerchs andere Einschätzung der Umstände im Evangelischen Krankenhaus Bielefeld erklären: Während vom Amtsgericht eine Teilschuld des Krankenhauses durch Organisationsmängel nicht in Betracht gezogen wurde, schätzt er die Gegebenheiten in der Bielefelder Klinik für Kinder- und Jugendmedizin so ein, dass eine „gefahrenträchtige Behandlungsmodalität gegeben“ gewesen sei, so die Urteilsbegründung.

Vermutlich wäre der Tod des Babys rein technisch vermeidbar gewesen: Die konkret als gefahrenträchtig bemängelte Verwendung des gleichen Spritzensystems für die orale und intravenöse Applikation von Medikamenten war nicht notwendig. Durch Verwechslungen hervorgerufene Todesfälle aus den USA waren bekannt und schon Jahre zuvor hatte Prof. Dr. Joachim Boos, selbst als Oberarzt in der pädiatrischen Onkologie tätig, darauf hingewiesen, dass es sicherer sei, verschiedene Spritzensysteme zu nutzen und alles zu beschriften. Dem in Bielefeld zuständigen Chefarzt zufolge war eine durchgängige Beschriftung aller Spritzen nicht üblich; die Unterscheidung von Spritzen mit oralen Medikamenten und intravenösen sollte darüber erfolgen, ob die Spritze mit einem Combi-Stopper verschlossen und nicht beschriftet beziehungsweise etikettiert und mit einer Nadel versehen war. Dass auch ein Kommilitone des Angeklagten mit dieser Vorgehensweise nicht vertraut war, wirkte sich für den Ex-PJler nun schuldmindernd aus.

In der Lübecker Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des UKSH werden, wie Chefarzt Prof. Dr. Egbert Herting erklärt, möglichst verwechslungssichere Systeme zur Verabreichung oraler und intravenöser Medikamente verwendet: Bei einem Messlöffel oder einer Pipette kommt der Gedanke, es könne sich um ein intravenöses Medikament handeln, gar nicht erst auf; des Weiteren gibt es spezielle Medikamentenspritzen.

Auch wenn dadurch ein Verwechslungsfall wie in Bielefeld in Lübeck unwahrscheinlicher scheint: Die Situation bleibt unbefriedigend. Wieder einmal musste erst etwas passieren, damit ein Problem ernstgenommen und etwas verändert wurde, andere Möglichkeiten für schwerwiegende Fehler gibt es gerade für Berufsanfänger zuhauf. Angesichts dessen lässt sich nur hoffen, dass in Zukunft die Rolle von Studenten im Krankenhausalltag überdacht und Hinweisen auf Risiken schneller nachgegangen wird, damit es nicht wieder zu Vorfällen wie dem in Bielefeld kommt.

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Von Torten, Wasserbomben und offiziellen Anlässen https://www.studentenpack.de/index.php/2013/11/von-torten-wasserbomben-und-offiziellen-anlassen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/11/von-torten-wasserbomben-und-offiziellen-anlassen/#respond Mon, 11 Nov 2013 08:00:08 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=171895
Kneipentour statt Drei-Gänge-Menü: Willkommen in Lübeck!

Kneipentour statt Drei-Gänge-Menü: Willkommen in Lübeck! [media-credit name="Hendrik Wallbaum" align="aligncenter" width="645"]

Lübeck atmet auf. Es ist Ruhe eingekehrt. Die Studentenmassen, die vor ein paar Wochen noch leicht bekleidet und ebenso leicht alkoholisiert in strömendem Regen die Innenstadt in Beschlag nahmen, verbringen ihre Nachmittage wieder in der Bibliothek.

In der Vorwoche ist viel passiert: Durch Kneipentour und Stadtrallye lernten die Studenten Stadt und Leute kennen; beim Grillen & Chillen erholten sie sich von den Anstrengungen der letzten Tage und ließen die Woche mit ganzen zwei Erstiparties ausklingen. Nebenbei wurden sie vormittags natürlich über den Ernst des Studierens informiert. Bevor der Unialltag richtig losgeht und solange die Erinnerungen noch nicht verblasst sind, wagen wir einen Blick über den Tellerrand: Wie funktioniert Vorwoche in anderen Ländern? Studenten aus aller Welt berichten von ihrem Start ins Unileben.

Kolumbien

Juliana Padilla (27) studiert an der Universidad Nacional de Colombia in Cali. Die Vorwoche an ihrer Universität ist sogar ganze zwei Wochen lang. In der ersten Woche werden den Erstsemestern die Einrichtungen der Universität gezeigt. Dazu werden kleine Gruppen von 15 „Primiparos“ – so werden Erstis in Kolumbien genannt – jeweils einem Betreuer zugeordnet. Der Campus mancher kolumbianischer Universitäten ist sehr groß und so kommt es dazu, dass manchmal sogar eine Busfahrt nötig ist, um vom einen Ende zum anderen zu gelangen.

Während in der ersten Einführungswoche noch keine älteren Studenten auf dem Campus sind, wird es in der zweiten Woche bunter. Für die Primiparos sind einige Aktivitäten vorbereitet worden, wie zum Beispiel eine Schnitzeljagd durch die Universitätsgebäude. Am Ende der Woche findet eine von der Universität organisierte Party statt. Auch hier ist die Atmosphäre locker und es wird viel getanzt.

Eine Besonderheit an Julianas Universität ist das Wasserbombenwerfen. Seit Jahren schon haben die Erstsemester immer freitags eine ganz bestimmte Veranstaltung im Hauptgebäude der Universität, die um 17:00 Uhr endet. Studenten aus den höheren Semestern lauern vor dem Gebäude nun mit Wasserbomben ausgestattet den Primiparos auf. Verlassen diese nun das Gebäude – nun ja, den Rest kann man sich denken. Einige der neuen Studenten, die von der Aktion wissen, suchen nach Fluchtwegen, um nicht nass zu werden. „Manche gingen zu den Toiletten, um sich zu verstecken. Andere suchten einen zweiten Ausgang. Manche suchten sogar nach einem Fenster im zweiten Stock, um einen Weg nach draußen zu finden.“

Wirklich stören tut sich an der Wasserbombenaktion allerdings niemand. Manche Primiparos ärgern sich zwar darüber, nass geworden zu sein, die meisten nehmen es aber mit Humor. Vielmehr ist das Wasserbombenwerfen zu einer Tradition geworden, um die Primiparos an der Uni willkommen zu heißen. Als Juliana eine Primipara war, hat sie es klug angestellt. Sie ist damals nicht nass geworden. Der Trick war, gemeinsam mit dem Professor das Gebäude zu verlassen.

Spaß und Kennenlernen garantiert: Vorwoche in Malmö.

Spaß und Kennenlernen garantiert: Vorwoche in Malmö. [media-credit name="Josephin Westerlund" align="aligncenter" width="645"]

Schweden

Josephin Westerlund ist Erstsemester an der Universität in Malmö und für sie und ihre über 980 Kommilitonen wird von den älteren Studenten eine zweiwöchige Einführungszeit organisiert. Zuerst bekommen die Neuen bunte Armbänder und werden dann nach Farben in Teams aufgeteilt. Jedes Team bekommt einen „Kapitän“ an die Seite gestellt und in den nächsten Tagen müssen die Gruppen in Wettkämpfen so viele Punkte wie möglich sammeln.

Während der erste Tag zum Kennenlernen dient, geht es am nächsten Tag auf eine Schnitzeljagd quer durch die Stadt: Jede Gruppe bekommt eine Karte mit 25 Herausforderungen, von denen möglichst viele gelöst werden müssen. „Wir mussten auf einem Bein stehend fünf Seniors die Hand reichen, einem Fremden unseren Namen zuschreien oder uns von zehn Jungs gleichzeitig die Haare verwuscheln lassen und dabei ein Foto machen“, erzählt Josephin. Und genauso verrückt geht es weiter in Schweden: Die Studenten müssen durch den Kanal schwimmen oder versuchen 24 Stunden lang wach zu bleiben.

Und natürlich wird auch in Malmö während der Vorwoche viel getrunken und gefeiert: Jeden Abend wird im Team oder mit allen Teams gemeinsam Party gemacht! Die Krönung und Belohnung für zwei harte Feierwochen ist eine von Studenten organisierte Gala mit einem Drei-Gänge-Menü für die Erstis, gefolgt von einer weiteren wilden Partynacht. Jospehin ist überzeugt von dieser Art der Begrüßung: „Es geht darum ein gutes Gefühl für die Neulinge zu schaffen, alle zusammenzukommen, Spaß zu haben und sich kennenzulernen.“

Polen

Aleksandra Ziaja (23) studiert Jura an der Universität Breslau. Die Aktivitäten, die in Breslau in der Vorwoche angeboten werden, sind meistens von älteren Studenten organisiert, die auch in den Gremien sehr aktiv sind. Die Veranstaltungen beschreibt Alex folgendermaßen: „Sie haben einen recht akademischen Charakter. Allerdings ist die Darstellung meistens interessant und sogar witzig.“ In diesem Jahr veranstalteten die älteren Jurastudenten eine Simulation eines Gerichtsverfahrens mit einem Richter aus einer bekannten polnischen Fernsehsendung. In der Einführungswoche finden auch Parties für die Erstsemester in den Clubs der Stadt statt.

Zusätzlich zur Vorwoche hat Alex an einem Erstsemester-Camp teilgenommen. „Manche sind ein Mix aus Fachlichem und Parties, während andere hauptsächlich auf Unterhaltung ausgelegt sind.“; so beschreibt Alex diese Veranstaltung. Das Camp, an dem sie selbst teilgenommen hat, war ein Angebot der ELSA – der European Law Student‘s Organisation. Tagsüber gab es viele Veranstaltungen mit juristischen Inhalten, aber auch über das Studieren im Allgemeinen und abends wurde dann gefeiert. Obwohl in der polnischen Vorwoche vergleichsweise viel Fachliches eingebunden ist, empfand Alex sie nicht als anstrengend. Es sei „mehr Spaß als Challenge“ gewesen.

In Spanien gehen die „Novatos“, sehr zur Freude der „Veteranos“, auf Tuchfühlung.

In Spanien gehen die „Novatos“, sehr zur Freude der „Veteranos“, auf Tuchfühlung. [media-credit name="Beatriz Vila" align="aligncenter" width="645"]

Spanien

Beginn und Höhepunkt der Erstiwoche zugleich markieren in Spanien die „Novatadas”. Ein ganzes Wochenende widmen die „Veteranos“, die alteingesessenen und erfahrenen Drittsemester den Begrüßungsspielen für die Neuankömmlinge. Kennenlernen kann sich nur, wer sich gemeinsam blamiert und danach bis zum Abwinken gefeiert hat. Davon sind die „Veteranos“ überzeugt. Beatriz Vila, seit zwei Jahren Pharmaziestudentin an der Universidad de Granada, blickt wehmütig auf ihre Vorwoche zurück: Nie wieder hat es so viel Spaß gemacht, sich während der traditionellen Kennenlernspiele mit Eiern und Mehl zu beschmieren und, nachdem man sich drei Kommilitonen auf den Rücken gebunden hatte, ein Wettrennen zu veranstalten. Ganz nebenbei macht man sich mit den Einwohnern der neuen Heimatstadt bekannt: „Weit verbreitet ist bei uns die Aufgabe, mit frisch gebackenen Torten umherzulaufen und Passanten zu bitten, sie uns ins Gesicht zu klatschen.“ Nachdem den Unbekannten diese Ehre zu Teil wurde, führen die Erstis ihnen dann einstudierte Tänze vor – maximal mit Unterwäsche bekleidet. Auf den Spielemarathon bei gleißender Hitze folgen ebenso heiße Nächte in den Clubs der Stadt, die für die feierwütigen Studenten nur zu gern täglich ihre Pforten öffnen. Schließlich ist man in Spanien.

Doch unumstritten ist, dass auch in Granada manch ein „Veterano“ seine Aufgabe, den „Novatos“ unvergessliche erste Tage zu bereiten, zu ernst nimmt. „Es gibt Drittsemester, die verpflichten Erstis, mit denen sie in einem Wohnheim wohnen, dazu, ihnen während der gesamten Zeit der Einführungskurse jeden Morgen Frühstück zuzubereiten. Andere finden es lustig, alle „Novatos“ zusammen unter die kalte Dusche zu stellen.“ Gerade den Erstis, die sich für ein Leben im Wohnheim entschieden haben, kann die eine oder andere Überraschung zum Verhängnis werden. Etwa wenn sie nach einem langen, partyreichen Tag betrunken zu ihrem Zimmer torkeln und feststellen, dass ihre Zimmertür geklaut wurde. „Da hört bei vielen der Spaß auf und am nächsten Tag beschweren sich die Eltern“, erinnert sich die 23-jährige Beatriz, die selber zwei Jahre in einer sogenannten „Residencia“ gewohnt hat.

Wenigstens können die Erstis nach den Novatadas sicher sein, sich so gut kennengelernt zu haben, wie es in so kurzer Zeit nur eben geht.

Ein ruhiger Start ins Studentenleben ist in China üblich.

Ein ruhiger Start ins Stdentenleben ist in China üblich. [media-credit name="Linh Wang" align="aligncenter" width="600"]

China

So sehr die Erstsemester in Spanien gefordert werden, so sehr werden sie in China behütet. „Gleich am ersten Tag wird uns ein Senior Student als Tutor zur Seite gestellt, der uns hilft, unser Wohnheimzimmer zu finden, und uns alle Fragen über das Campusleben beantwortet“, berichtet die 22-jährige Linh Wang, die an der East China University in Shanghai studiert. Zu den ersten gemeinsamen Aktivitäten gehören ein „Round-Table“ mit allen Studenten einer Tutorengruppe und gegenseitige Besuche in den Wohnheimzimmern. Den großen Abschluss der „Erstiwoche“ stellt ein gemeinsamer Abend mit Erstsemestern, Tutoren und Professoren dar, den die Erstis zum Dank für die fürsorgliche Begrüßung gestalten. Linh ist eine eifrige Verfechterin dieser eher ruhigen Einführungswoche: „Wir sind während unserer ersten Tage an der neuen Universität sehr schüchtern, da hilft es uns, dass die Senior Students und die Professoren so um eine warme und einladende Atmosphäre bemüht sind.“ Alkohol und Partys ohne Ende seien an chinesischen Universitäten nicht üblich. „Das haben wir gar nicht nötig. Saft, Wasser und Soda tun es auch.“

Von Galas und Drei-Gänge-Menüs können wir Lübecker nur träumen. Auch Torten hat hier noch niemand extra für uns gebacken. Doch wer würde all das ernsthaft der einmaligen Gelegenheit vorziehen, morgens um neun bei Flunky Ball gut gekühltes Pennerglück zu genießen und danach ein erfrischendes Bad im Krähenteich zu nehmen? Ohne Kleidung versteht sich.

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Leaving Lübeck https://www.studentenpack.de/index.php/2013/07/leaving-lubeck/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/07/leaving-lubeck/#respond Mon, 01 Jul 2013 10:00:36 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=158633 Daumen raus und Handtuch nicht vergessen! Flickr Foto “Hitching along the road through the Forbidden Area” von Bobulix unter einer Creative Commons ( BY-NC-ND ) Lizenz

Dauem raus und das Handtuch nicht vergessen

Kürzlich haben einige Heidelberger Psychologen um Monika Sieverding auch offiziell präsentiert, was den meisten Studenten schon längst klar ist: Studieren ist anstrengend, vor allem im neuen Bachelor/Master-System. Umso wichtiger ist es deswegen, sich zwischen Übungszetteln und Praktika, Famulaturen und Nachklausuren die Zeit zu nehmen, die Bücher einfach mal liegen zu lassen, wegzufahren und abzuschalten. Ob es dabei nur für ein paar Tage auf ein Festival oder bei einem Städtetrip jede Nacht auf eine andere Couch geht, ob man über den Universitätsaustausch mitten im Semester günstig wegfährt oder ob man sich gleich von einer Austauschorganisation einen Flug in die USA bezahlen lässt – es gibt viele Möglichkeiten, mehr oder weniger preiswert aus Lübeck raus und teils sogar ganz schön weit zu kommen.

Wir haben die Tipps für einen bezahlbaren Urlaub, Reisepläne und -erfahrungen einiger Studenten zusammengetragen und möchten euch diese, sei es als Inspiration oder zur Ablenkung während der Klausurenzeit, nicht vorenthalten.

Melea: Wer bist du und wo willst du hin?

Wir sind es gewohnt, uns über unser momentanes konzeptionelles Dasein zu definieren. Ich bin der oder der, weil ich dies oder jenes studiere, hier oder dort wohne, so oder soviel Geld verdiene, dieses oder jenes besitze oder die und die Menschen zu meinen Freunden zähle. Unsere Leidenschaften, unsere Gewohnheiten, alles was wir gelernt haben und alles was wir tun, fließt mit ein in das persönliche Bild, welches wir von uns selbst entwerfen.

Was aber, wenn wir viel mehr sind als das, was wir stets zu sein glauben und gleichzeitig viel weniger das, was wir denken? Eine Reise kann uns die Möglichkeit geben, unsere Konzepte und Ideen zu Hause zu lassen, den Moment zu entdecken und zur Ruhe zu kommen.

Ein Studium hat gewisse Vorteile. Man lernt sehr viel und kann eventuell damit später sein Geld verdienen – klar. Aber um herauszufinden, wer wir wirklich sind, ist es sinnvoll, zwischendurch die Stadt, das Land oder gar den Kontinent zu verlassen.

Meine größte Motivation, für längere Zeit zu verreisen, war der Ruf der Freiheit und das Bedürfnis herauszufunden, was ich eigentlich vom Leben möchte. Auf dem Weg dorthin ist mir die Frage begegnet, was das Leben eigentlich von mir möchte. Warum sind wir hier, was soll das alles und wo ist mein Platz in diesem ganzen Irrsinn? Ich bin Menschen, Situationen und Orten begegnet, welche mir geholfen haben, diese Fragen zu stellen und Wege zu finden, diese zu beantworten.

Um für unbestimmte Zeit zu verreisen brauchst du nicht viel Geld, oder anders gesagt: Wenig Geld ist auf jeden Fall kein Hindernis. Wenn du schon weißt, wie lange du verreisen möchtest, dann vermiete doch dein Zimmer für diese Zeit im Internet bei WG-Gesucht (Adressen findest Du am Ende des Artikels). Was du für eine Reise mit sehr wenig Geld brauchst, sind Selbstkenntnis, Vertrauen, Intuition und ein wenig Mut.

Um von A nach B zu kommen kannst du per Anhalter fahren. Gefährlich? Meiner Erfahrung nach ist das weniger gefährlich als Mitfahrgelegenheit. Den besten Startpunkt zum lostrampen in deiner Umgebung findest du auf der Internetseite hitchwiki.org: Hier kann jeder Orte eintragen (mit Wegbeschreibung), an denen es sich besonders gut oder besonders schlecht lostrampen lässt. Wenn man die Orte selbst getestet hat, dann kann man hier auch bewerten, wie gut oder schlecht es geklappt hat. Mache dir klar, dass es immer möglich ist, nach einem kurzen Gespräch mit dem Anhalter zu sagen: „Vielen Dank, aber ich fahre doch nicht mit.“ Es ist auch möglich, im Einverständnis mit dem Fahrer oder der Fahrerin das Nummernschild an Freunde oder Familie zu senden. Das mache ich beispielsweise, wenn ich alleine mit Männern mitfahre. Also, ganz wichtig: Vertraue deiner Intuition.

Für Zwischenstops auf dem Weg oder auch für die ganze Reise empfehle ich euch couchsurfing.org. Für die, die es noch nicht kennen: Du hast ein Profil und kannst zu Hause dein Sofa Reisenden zur Verfügung stellen und wenn du selbst auf Reisen bist, dann kannst du auf der Couch von anderen schlafen. Die eigene Couch zur Verfügung zu stellen ist hierbei kein Muss, aber eine gute Möglichkeit, die Welt nach Hause einzuladen. Das Ganze läuft auf freundschaftlicher Basis, also ohne Geld.

Wenn dir etwas daran liegt, auf deiner Reise Zeit in der Natur zu verbringen, du gerne körperlich arbeitest und dir das Landleben zusagt, dann findest du bei „World Wide Opportunities on Organic Farms“ das richtige für dich. Hier findest du organisch arbeitende Farmen (meist sehr kleine Farmen, Communities oder auch Agrotourismus), auf denen du deine Mithilfe gegen Kost, Logis und meist sehr gute Gesellschaft eintauschen kannst. Bist du erst einmal auf einer Farm deiner Wahl angekommen, so ist es möglich, wochenlang kein Geld zu sehen.

Das Studium und die gute Lebensplanung sind nicht alles! Das Leben findet hier und jetzt statt, deswegen: Leave Home, entdecke die Welt!

Mathias: Mit der Uni in den Urlaub

Wer neben einer anderen Stadt auch noch eine andere Uni kennenlernen und dabei natürlich auch nicht viel Geld zahlen möchte, dem sei ein Austausch über die Uni-Partnerschaft ans Herz gelegt. Für die Medizinstudenten des vierten Semesters fand so einer zum Beispiel im Mai mit der Universität im norwegischen Bergen statt. Die Ausschreibung dazu erfolgte über den Mailverteiler, um teilzunehmen musste man sich kurz mit Lebenslauf und Motivationsschreiben bewerben. Die letztendliche Auswahl der zwanzig Studentinnen und Studenten, die mitfahren durften, geschah dann über ein Losverfahren. Bis auf einen Selbstkostenbeitrag von 100 Euro und einen Teil der Verpflegung vor Ort wurden die Kosten von der Uni Bergen übernommen.

Land und Leute für wenig Geld kennenlernen. Flickr Foto “Bergen” von EKSidley unter einer Creative Commons ( BY ) Lizenz

Land und Leute für wenig Geld kennenlernen.

Ich habe daran teilgenommen, weil mich Land und Leute sowie die dortige Uni sehr interessierten und ich mir die Gelegenheit, mal während der Vorlesungszeit zu verreisen – die Woche wurde von Pflichtterminen freigehalten – nicht entgehen lassen wollte. Es wurde dann auch eine sehr schöne und informative Reise, bei der wir viel von Bergen sahen und einen kleinen Einblick in den dortigen Universitäts- und Krankenhausbetrieb erhielten. Ein Highlight war auch, dass der Abreisetag noch mit dem norwegischen Nationalfeiertag zusammenfiel. Alles in allem kann ich derartige Austauschprogramme guten Gewissens weiterempfehlen. Ich für meinen Teil habe dort sehr viele schöne Eindrücke erhalten und würde es definitiv nochmal machen. Also: Schaut ab und an mal ins E-Mail-Postfach und ergreift die Chance, wenn sie sich bietet!

Lisa: Als Austauschschülerbegleitung in die USA

Wenn im August eine Gruppe deutscher Schüler in ihr großes Abenteuer Auslandsjahr in den USA aufbricht, werde ich sie begleiten – und dort anschließend durch einen kostenlosen Hin- und Rückflug drei Wochen günstig Urlaub machen können.

Als sogenannter „Chaperone“, wörtlich also als Begleitperson, bin ich vor allem dafür verantwortlich, dass alle Schüler heile von A nach B kommen. Los geht es für mich dabei in Hamburg, wo ich die ersten Schüler einsammeln und mit ihnen nach Frankfurt fliegen werde. Dort treffen wir die übrigen Austauschschüler und einen weiteren Chaperone, mit denen wir nach New York fliegen. Auf dem ganzen Weg sind wir Chaperones dann nicht nur Aufsichtspersonen für die Schüler, sondern zugleich erster Ansprechpartner bei jeder Art von Problem: Manche Schüler sind unter Umständen noch nie geflogen, sodass wir sie beispielsweise durch die Sicherheitskontrollen begleiten und beim Check-In helfen, außerdem unterstützen wir die Jugendlichen beim Ausfüllen der Zoll- und Einreisepapiere. Des Weiteren vertreten wir die Gruppe sowie die Austauschorganisation gegenüber dem Flugpersonal und den Flughafen-, Zoll- und Einreisebeamten und sind auch bei Schwierigkeiten wie aufkommendem Heimweh für die Schüler da: Wenn die vor langer Zeit getroffene Entscheidung, Freunde und Familie für ein Jahr zu verlassen, plötzlich real geworden ist, man sich soeben von allen verabschiedet hat und sie wirklich nicht so bald wiedersehen wird, braucht manch einer auch psychischen Beistand und ein wenig Aufmunterung.

In New York angekommen übergeben wir die Schüler dann an die Ehrenamtlichen der Austauschorganisation, in meinem Fall der AFS Interkulturelle Begegnungen e. V. (die Abkürzung stand ursprünglich für „American Field Service“), und helfen eventuell beim „Arrival Camp“. Dabei werde ich sicher nicht nur viele nette Menschen kennenlernen, sondern auch spannende und interessante neue Erfahrungen sammeln. Besonders neugierig bin ich auf den Perspektivwechsel: Vor fünf Jahren war ich als Schüler selbst mit dem AFS für ein Jahr in den USA. Ganz nebenbei kann ich im Anschluss daran für drei Wochen meine Gastfamilie in Chicago besuchen – den Flug von New York nach Chicago muss ich bezahlen, die Kosten für den Rückflug nach Deutschland übernimmt der AFS.

Wie bin ich nun an diese sehr begehrte Chaperone-Aufgabe gekommen? Angefangen hat alles mit meinem eigenen Austauschjahr. Nach meiner Rückkehr habe ich angefangen, mich ehrenamtlich auf lokaler Ebene zu engagieren, erst in Kiel und mit Beginn meines Studiums in Lübeck. So habe ich schon etliche Austauschschüler durch ihr Jahr in Deutschland begleitet oder sie auf ihren Auslandsaufenthalt vorbereitet. Als ich dann im Februar einen AFS-internen Aufruf gesehen habe, in dem mindestens 21-jährige Menschen mit viel Flugerfahrung gesucht wurden, habe ich mich einfach beworben – und wurde ausgewählt.

Hendrik: LARP – mystische Welten

Vor langer Zeit durch den Weltenbrand vernichtet, lag der Kontinent Mythraspera Jahrtausende lang im Schlaf. Die einst mächtigen Elemente und ihre aus Neid entstandenen Gegenspieler, die Verfemten, liegen seit jener Zeit unter Siegeln verschlossen, die nicht nur ihre Kraft, sondern auch ganze Landstriche des Kontinents unter Verschluss halten. Vor einigen Jahren wurde der Kontinent wiederentdeckt und mit seiner Besiedlung begonnen.

Hier leben alle friedlich miteinander.
Moira Frank

Hier leben alle friedlich miteinander.

Da jeder Landstrich unter einem Siegel liegt, wird einmal im Jahr das „Conquest of Mythodea“ abgehalten. Aus allen Teilen Mythrasperas und von weit außerhalb seiner Grenzen strömen Menschen, Elfen, Zwerge und Trolle herbei, um einen weiteren Teil des Landes zu befreien. So findet das Conquest nun schon seit einigen Jahren statt und viele Teile des Kontinents sind erschlossen. Doch die Siedler sind ins Stocken geraten, denn sie stehen nunmehr vor dem letzten Siegel, das die Magie und zugleich die Ratio, zu deren Verbannung sich einst alle anderen neun Elemente und Verfemten zusammenschlossen. Sollen wir das Siegel öffnen? Oder ist es zu gefährlich, die Ratio zu befreien? Diese Fragen stellen sich den Siedlern und sie werden es letztendlich sein, die diese Entscheidung zu fällen haben.

In diesem Setting findet jedes Jahr im August auf dem Rittergut Brokeloh bei Hannover das „Conquest of Mythodea“ statt, Europas mit 7000 Teilnehmern größtes und aufwendigstes „Live Action Role-Playing-Game“ (LARP). LARP ist ein immer populärer werdendes Konzept, bei dem die Spieler in eine fantastische Welt voller Magie, Monster und großer Geschichten eintauchen. Der Clou ist, dass ihr als Spieler euer eigenes Abenteuer in dieser Welt erlebt. Egal, ob ihr ein großer Krieger sein wollt, der schon mit seinem Auftreten Feinde in die Flucht schlägt, oder ein Schriftgelehrter, der sich um die Diplomatie seines Königreichs kümmert und die Geheimnisse einer detailliert ausgearbeiteten Spielwelt erforscht.

Auf der Veranstaltung organisieren sich die Spieler in Lagern, die auch IT (In Time, also im Spiel) eine Bedeutung haben. So gibt es für jedes der Elemente ein Lager, dessen Anhänger dem entsprechenden Element folgen und seine Werte vertreten. Natürlich sind die Anhänger des Feuers kampflustige Draufgänger und im Wasserlager findet ihr die meisten Heiler. Neben den Lagern organisieren Spieler sich oft in Gruppen, welche IT ein Protektorat vertreten.

Eine dieser Gruppen ist Exilia, meine zweite Heimat. Exilia ist eine stolze Festungsstadt im Norden des Kontinents, in einem kargen Protektorat, das größtenteils aus einer leicht hügeligen, steinigen Landschaft besteht, erhebt sie sich majestätisch auf einer Landzunge. Schon von Weitem sieht man ihre Mauern aufragen und hinter dem zweiten Wall die Große Halle, ein prächtiger Bau mit Kuppeldach, welche einst von unserem Gründer Kire Schattenhaar erbaut wurde, als er vom nördlichen Archon dieses Stück Land erhielt. Exilia ist ein besonderer Ort. Hier findet jeder Zuflucht und ein neues zu Hause, der sich auf dem Kontinent Mythraspera nichts hat zu Schulden kommen lassen. Hier leben alle friedlich miteinander, wir arbeiten nicht für unseren eigenen Reichtum, sondern für das Wohl des Protektorats. Im Gegenzug versorgt es uns mit einer Wohnung, Essen und Kleidung. Hier an diesem wunderbaren Ort sind alle gleich, ganz egal, ob Zwerg, Elf oder Ork. Unser Protektorat unterhält diplomatische Verbindungen zum Großteil des Nordens und stellt das beste Brot der Welt her. Im Norden der Stadt fällt eine Klippe 300 Meter tief zum Meer ab, sie hinunter werfen die Siedler Netze an langen Seilen, um Fische zu fangen. Exilia blüht und gedeiht, wir feiern viele Feste und genießen das Leben. „Exilia, meine Fest, mein Hort vor Wind und Meer. Exilia Preis und Ehr!“

In diese Welt einzutauchen, völlig in ihr aufzugehen und einen Charakter aus ihr zum Leben zu erwecken, das ist LARP. Es macht Spaß, über diese Welt zu lesen und sich Exilia vorzustellen. Es macht noch mehr Spaß, Exilia zu gestalten, mitzuhelfen, die geheimnisvollen Gänge unterhalb der Stadt zu erkunden und sie weiter auszubauen. Doch bis hierhin findet alles „nur“ auf dem Papier und in unseren Köpfen statt. Das Conquest und ähnliche Veranstaltungen ist, wo dies alles real wird. Wir kleiden uns in unserer Gewandung und sind für ein paar Tage andere Menschen aus einer anderen Welt.

Eigentlich ist allein schon die Atmosphäre eines so großen LARPs es wert, sie einmal erlebt zu haben, am besten, indem man selber mitspielt. Dafür erschafft man sich zuerst einmal einen Charakter, der hat dann, wie ihr es aus einem Rollenspiel am PC vielleicht kennt, Fähigkeiten, kann zum Beispiel lesen und schreiben oder Schlösser knacken oder zaubern oder schmieden oder vieles mehr. Diese Fähigkeiten geben eurem Charakter einen groben Umriss. Ihr lasst ihn dann plastischer werden, indem ihr seinen Hintergrund ausarbeitet, wo kommt er her? Was macht er eigentlich unterm Jahr? Wie steht er zu bestimmten Dingen? Was sind typische Sprüche? All das erweckt langsam euren Charakter zum leben, doch richtig erwachen wird er erst auf dem LARP selbst. Und da werden auf einmal all eure Fähigkeiten und eure Geschichte unwichtig, hier zählt es, zu spielen, den Charakter zu erleben. Natürlich habt ihr Heilen gleich auf Stufe drei geskillt, aber es macht doch viel mehr Sinn, wenn ihr es erst von wem anders lernt und viel mehr Spaß, zu erleben, wie euer Charakter langsam zum Heiler wächst, Fehler macht und schließlich ein Profi wird.

Also, wenn du Lust hast, tagelang im Zelt zu leben, über’m Feuer zu kochen und Untoten auf die Fresse zu geben: LARP mit.

Philipp: Alle Jahre wieder – Wave-Gotik-Treffen in Leipzig

Immer wieder werde ich gefragt, was Gothic eigentlich sein soll und warum wir uns kleiden und geben, wie wir es eben tun. Und immer wieder fällt mir auf, dass ich diese Frage nicht klar beantworten kann. Wie soll man eine Szene beschreiben, die sich aus so vielen Strömungen aus den letzten Jahrzehnten des letzten Jahrtausends (Ja, solange ist das schon her…) entwickelt hat? Aus diesem Grund möchte ich mich nicht weiter in der Definition von sogenannten szene-internen Werten und Moralvorstellungen verlieren, sondern eher einen empirischen Beweis für ein Lebensgefühl führen, das die unterschiedlichsten Strömungen der Szene doch auf eine Weise eint, die ihresgleichen sucht. Und vermutlich gibt es nur wenige Orte, an denen man dieses Lebensgefühl mit jeder Faser des Körpers so zu spüren bekommt, wie zu Pfingsten in Leipzig, wo vom 17. bis 20. Mai 2013 nunmehr zum 22. Mal das Wave-Gotik-Treffen stattfand.

Jedes Jahr finden zu diesem Termin an Pfingsten mehr als 20.000 Szeneanhänger aus der ganzen Welt ihren Weg nach Leipzig, um ein Festival zu begehen, dass von vielen als „Familientreffen“ bezeichnet wird. Seit dem ersten WGT sind viele aus der „Grufti-Generation“, wie man sie damals nannte, dem Festival treu geblieben. Und das gilt sowohl für die Besucher als auch die Bands! So trat zum Beispiel dieses Jahr nach langer Auszeit die Gruppe „Das Ich“ auf, welche schon bei den ersten WGTs auftrat und bereits davor in der Szene als Musiker etabliert waren.

Diese Verbundenheit der Anhänger hat sich in den vielen Jahren, in denen das Festival in Leipzig angesiedelt ist, auch auf die Einwohner von Leipzig übertragen, deren Einstellung der Veranstaltung gegenüber sich im Laufe der Zeit von unverhohlener Skepsis und Ablehnung zu vorsichtiger Neugier bis hin zu begeisterter Anteilnahme gewandelt hat. Diese äußerst positive Entwicklung hat dazu geführt, dass die städtischen Theater und Konzerthäuser (insbesondere sind das Leipziger Gewandhaus und das Völkerschlachtdenkmal zu nennen) frei zu besuchende Angebote für Festivalbesucher geschaffen haben. Auch die Leipziger Museen bieten freien Eintritt in ihre Ausstellungen an, in denen unter anderem auch die Verfolgung und Beobachtung von Szeneanhängern zu DDR-Zeiten porträtiert werden. Neben den mannigfaltigen kulturellen Angeboten, bietet das WGT natürlich aber auch die Möglichkeit dem Vorurteil der depressiven, misanthropischen Grufti-Schar entgegenzuwirken. Die überwältigende Auswahl von Künstlern hat im Konzertbereich für jeden Musikgeschmack etwas zu bieten und die etablierten Leipziger Underground Clubs laden zum Tanzen bis in den Morgen hinein. Für die Liebhaber extravaganter, erotischer Vorlieben, wird mit der „Obsession Bizarr“, in deren Rahmen Modeschauen und SM-Shows stattfinden, eine Möglichkeit geboten, nonkonforme Neigungen auszuleben.

All dies und nicht zuletzt die Tatsache, dass das Festival sehr friedlich abläuft, machen das WGT zu einem unvergesslichen Erlebnis, nach dem man sich von neuen und alten Freunden mit dem Satz: „Auf Wiedersehen im nächsten Jahr!“ verabschiedet und bereits mit großer Vorfreude den beginnenden Vorverkauf für das nächste WGT herbeisehnt.

Thomas: Urlaub in der Eifel a.k.a. Rock am Ring

Jeder kennt es und sicherlich gibt es sehr viele, die schon das eine oder andere Mal über eine Karte nachgedacht haben, aber trotzdem noch nie da waren. „Rock am Ring“ ist zweifellos eines der bekanntesten Festivals in Deutschland, doch warum ist der Ring so besonders und was macht ihn zu einem der beliebtesten Festivals in Deutschland?

Für ein Wochenende aus der Realität flüchten Flickr Foto “Rock am Ring 2011 – Crowd” von ni.c unter einer Creative Commons ( BY-NC-SA ) Lizenz

Für ein Wochenende aus der Realität flüchten

Mit 87.000 Besuchern in diesem Jahr ist Rock am Ring definitiv eins der größten deutschen Festivals (abgesehen von eintrittsfreien Festivals wie zum Beispiel Bochum Total) und mit 28 Jahren auch eines der ältesten. Für die stolzen 150 Euro bekommt man dafür aber auch einiges geboten: mehr als 80 Bands, vom YouTube-One-Hit-Wonder bis zum Rock-Olympioniken, geben an einem Wochenende auf drei Bühnen und im Party-Zelt ihr Bestes. Ähnlich wie beim Wacken Open Air sind die Campingplätze ab Montag geöffnet, sodass man auch alteingesessene Ringrocker trifft, die sich über eine Woche Zeit für dieses Event nehmen.

Ist Rock am Ring ein stures Rock Festival? Nein! Auf jeden Fall gibt es nicht viele Leute, die Sprüche abgeben wie „Was sucht denn Casper bei Rock am Ring? Der macht doch gar kein Rock!“. Nach Angaben von Veranstalter Marek Liberberg sei es das Ziel des Festivals, den Ring zu rocken und nicht nur am Ring Rock zu spielen. Das macht sich auch im Line-up bemerkbar: Dieses Jahr durften zum Beispiel Cro, Fettes Brot, Casper, The Prodigy, Dizze Rascal, The Bloody Beetroots, Fritz Kalkbrenner oder auch Hurts vom Rock eher weiter entferntere Genres präsentieren. Und das war auch schon immer so: Schon zu Beginn der Rock am Ring Ära unterhielten Eros Ramazzotti, Otto Waalkes, die Doofen, Carlos Santana oder Elton John die Massen. Oft sind die Acts so gelegt, dass Bands des gleichen Genres hintereinander auf derselben Bühne spielen. Am Freitag zum Beispiel ist die Alternastage seit mehreren Jahren für Bands härteren Ursprungs reserviert, während Indi, Hip Hop und Hardcore häufig auf der kleinsten Bühne der Clubstage zu finden sind. Die Größten finden sich dann spätabends auf der Centerstage wieder. Vorher spielen hier aus Funk und Fernsehen bekannte Bands um ein großes Publikum für den Auftritt des Headliners zu schaffen.

Nach dem Headliner ins Zelt? Wer das macht, ist selbst Schuld! Oft ist die Centerstage die erste, die in der Nacht die Boxen ausschaltet. Vor zwei Jahren hat Rock am Ring das Prinzip Late Night Special eingeführt. Nach der Rückkehr von der Centerstage kann man sich oft noch eine halbe Stunde von Bands der Club- oder Alternastage anhören, bis auf letzterer nach eine kurzen Umbaupause der letzte Act des Tages spielt. Und der gibt meistens nochmal richtig Gas: 2012 heizten zum Beispiel Skrillex und Deichkind der tanzwütigen Masse ein. 2013 gaben sich Boys Noize, The Bloody Beetroots und Seeed die Ehre. Und jeder, der sich einmal den Harlem Shake von Seeed angesehen hat, weiß wie viel Power in einem Festvial-Publikum an einem Sonntag um Mitternacht noch stecken kann. Natürlich bietet der Ring auch wie jedes andere größere Rockfestival ein Party-Zelt, in dem verschiedene Musikrichtungen bis früh in den Morgen erklingen.

Vielfalt ist auch auf dem Campingplatz angesagt. Das besondere bei Rock am Ring ist, dass die Campingplätze weit über das Festivalgelände verteilt sind und nicht wie ein einheitlicher große Fleck wirken. Die volle Festivalaction erlebt man zwar direkt in der Nähe des Festivalgeländes, es gibt jedoch auch zahlreiche große Campingplätze, die etwas weiter außerhalb sind und einen ruhigeren Festivalalltag ermöglichen. Auf der Nordschleife kann man sich sogar das Privileg erkaufen, direkt neben seinem Auto zu campen, was praktisch für all jene ist, die zum Beispiel mit Kleinlastern anfahren. Wohnmobilbesitzer müssen nicht einmal vorher eine „WoMo“-Plakette erwerben. Wer vorhat, mit solch einem vorbeizuschauen, muss allerdings auch damit rechnen, auf weit entfernte Parkplätze verbannt zu werden. Das ist aber kein Problem, denn eine der großen Stärken des Rings ist die gute Shuttlebus-Anbindung. Nachts muss man – egal zu welcher Uhrzeit – nie länger als 20 Minuten (und die können mit den richtigen Leuten in der Schlange noch kürzer werden) warten. Auf der Hinfahrt sind es meist auch nicht mehr als 15 Minuten.

Ganz normale Festivalprobleme bleiben auch hier leider nicht aus. Es gibt professionelle Banden, die Zelte aufschlitzen und ab und zu klauen, sowie schlecht gelaunte Securitys und betrunkene Randalierer. Sicherlich findet man viele Horrorgeschichten, wenn man nur lang genug sucht. Dass man solche bei einem Besuch zwangsläufig erlebt, ist aber eher unwahrscheinlich. Die Campingplatzregeln sind trotzdem eher lockerer. Wie sonst auch dürfen zwar keine Glasflaschen auf dem Campingplatz und nur Tetrapacks auf das Festivalgelände mitgenommen werden. Stromgeneratoren und offene Feuer sind aber erlaubt. Möbelstücke sind eigentlich verboten, in dem Fall sind die Sicherheitsleute meiner Erfahrung nach aber liberal eingestellt.

Am Eingang des Festivalgeländes stehen zwischen den Shuttlebusschleusen und der Bändchenkontrolle zahlreiche Mülltonnen mit der Aufschrift „Recycling rockt!“. Sobald man das Festivalgelände selbst betreten hat, sieht man allerdings keine Mülltonnen mehr. Deswegen sind selbst die Leute, die ihren Müll ordnungsgemäß entsorgen wollen, gezwungen ihn einfach auf den Boden zu schmeißen. Oft werden die hohen Kartenpreise bemängelt, die leider aus den hohen Kosten für die Benutzung des Nürburgrings, der ja leider im letzten Jahr Insolvenz angemeldet hat, resultieren. Gegen Drogen wird hier auch nicht so stark vorgegangen, was man dieses Jahr besonders stark sehen und riechen konnte (ob man das jetzt positiv oder negativ wertet, sei mal dahin gestellt) auch die Kontrollen waren nicht sehr gründlich, obwohl vergleichsweise viele Schleusen zur Verfügung stehen, wodurch der Andrang vermindert wird. Die Veranstalter haben damit zwar nichts zu tun, aber 4 Euro für 0,4 Liter Bier oder Cola ist ziemlich happig. Wasser kostet auch immerhin 2,80 Euro für 0,3 Liter, das war aber meistens zugefroren, wenn man es kaufen wollte. Auch 19 Euro für ein Festival T-Shirt oder 55 Euro für einen Pullover, finde ich persönlich sehr teuer, dafür sind sie aber von hoher Qualität und halten Jahre.

Wie schon erwähnt, funktioniert der Shuttlebusverkehr wirklich sehr gut. Die Fahrten sind auch immer witzig, da man (besonders in der späteren Stunden) fast immer ein bis zwei Gruppen im Bus hat, die dann den ganzen Bus unterhalten. Außerdem sind zwischen den Bands nicht nur arbeitende Menschen und Werbung zu sehen, sondern es werden seit diesem Jahr auch kleinere Spiele mit den Publikum veranstaltet. In diesem Jahr steuerten die Massen zwei Charaktere aus dem Film „Lone Ranger“ über einen fahrenden Zug. Dabei wurden die Figuren über das Schwänken der Arme nach links und rechts dirigiert. Außerdem gibt es sehr viele Autogrammstunden, auch mit den größeren Bands. Besonders ist außerdem noch die Aufteilung vor der Centerstage in drei Zonen. Auf Grund von sicherheitstechnischen Bestimmungen dürfen in die vorderste Zone nur 9000 und in die mittlere 12.000 Leute eingelassen werden, was der Sicherheitsdienst über ein Ampelsystem regelt. Gut daran ist, dass man, wenn man einmal in A ist auch immer wieder nach vorne kommt, nicht so gut, dass man Glück braucht, um in den späteren Stunden nach vorn zu kommen. In Zone C, in die man freien Zugang hat, kann man aber auch sehr gut gucken. Man bekommt also fast immer einen guten Platz. Außerdem liegen Alternastage und Clubstage in einer kleinen Senke, sodass man von überall aus einen guten Blick auf die Bühnen bekommt.

Viele bemängeln, dass ihnen Rock am Ring zu groß sei. Die Größe ist aber meiner Meinung nach kein Nachteil. Der Festivalalltag unterscheidet sich nicht von kleineren Festivals: Man trifft bescheuerte Menschen, trinkt viel Bier, hört Bands an, trinkt noch ein bisschen Bier und geht danach vielleicht ins Diskozelt, wie das auch auf kleineren Festivals eben auch ist. Klar ist die Masse unüberschaubar und der Weg vom Zelt zur Bühne länger, dafür bekommen die Leute, die das Wochenende ruhiger verbringen wollen jedoch auch mehr Abstand zu den heftigeren Campingplätzen. Klar kann es auch passieren, dass man sich bei einem Konzert verliert, nachher findet man sich aber immer wieder, ansonsten kann man sich auch einfach auf einen Bierstand einigen und findet sich so ganz leicht.

Zum Abschluss kann ich jedem, der Bands auf dem Festival sehen möchte, raten, einmal zum Ring zu fahren und sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Ob ihr nun zwölf Stunden schlafen und dann nüchtern zu den Konzerten gehen wollt, um sie aus der ersten Reihe zu filmen, oder ob ihr feiern wollt bis ihr zwei Tage lang euer Camp sucht (Ja, solche Leute trifft mal da häufig), am Ring kann man – egal mit welchem Ziel oder mit welcher Einstellung – immer ein geiles Wochenende haben. Also kommt vorbei und macht euch euren eigenen Eindruck! Für alle, die überlegen, sich eine Karte für 2014 zu besorgen: Nächstes Jahr fällt der Ring mit Pfingsten zusammen, weswegen vier Tage lang Konzerte anstehen!

Alex: Dithmarschen rockt!

Vor fünf Jahren war ich zum ersten Mal beim Dithmarscher Rockfestival. Ich bin in der Gegend um das Festival groß geworden und hörte immer wieder davon, jedoch interessierte ich mich nicht dafür. Ich war schon wegen des Studiums weggezogen, als ich es das erste Mal besuchte und das auch nur, weil mich Freunde aus Lübeck dazu überredet hatten. Ich habe es danach wirklich bereut, nicht schon die Jahre davor dort gewesen zu sein. Seitdem nehme ich jedes Jahr teil und es ist immer wieder ein Ereignis, das ich nicht verpassen will.

Einmal im Jahr gesellt sich in Dithmarschen ein Rockfestival zu Windkraftwerken und Kohlfeldern.Flickr Foto “cabbage, cattle ..” von southgeist unter einer Creative Commons ( BY-SA ) Lizenz

Einmal im Jahr gesellt sich in Dithmarschen ein Rockfestival zu Windkraftwerken und Kohlfeldern.

Einer der großen Vorteile dieses Festivals ist, dass man auf dem Zeltplatz parken darf. Das erspart die ewige Schlepperei des Gepäcks vom Auto zum Platz und man kann gemütlich anfangen aufzubauen. Ist das erledigt, wird man schnell seine Nachbarn kennenlernen und aus der guten Laune nicht mehr herauskommen. Es kommt natürlich immer darauf an, wie man morgens aus dem Zelt kommt und wie schnell man wieder fit genug ist um weiter zu feiern. Setzt man sich dann aber bei meist guten Wetter (für die Statistiker: 3 von 4 Mal), in die Sonne, hat sich das mit der Morgenmüdigkeit schnell erledigt und es kann mit der guten Laune weiter gehen.

Da das Dithmarscher Rockfertival recht übersichtlich ist, hat man nie einen sehr weiten Weg zum Festivalgelände, dies ist vor allem dann ein Vorteil, wenn man es erst am Freitag schafft, hinzufahren. Beginn des Festivals ist immer am Donnerstag, für die, die es nicht erwarten können, gibt es schon Mittwoch ein Programm zur Unterhaltung, ein Fußballturnier mit Rahmenprogramm. Beginnt das Festival dann am Donnerstag, findet man auf dem Gelände zwei große Bühnen und das Partyzelt, in dem man bis spät in die Nacht feiern kann.

Alternativ dazu findet sich vor dem Gelände eine Art Bar, in der bis zum Sonnenaufgang, zum Teil bei Livemusik, gefeiert werden kann. Jedoch ist das nur ein Nebenprogramm, wie auf den meisten Festivals wird nachts auf dem Zeltplatz weitergefeiert, denn da hat man immer den meisten Spaß. Für Musik ist auf jeden Fall gesorgt, irgendeiner hat immer eine Anlage, mit der er sich und die Nachbarn mit Musik versorgt. Wacht man nach einer durchgefeierten Nacht auf und weiß nicht, was man frühstücken soll, gibt es einen Frühstücksbereich, in dem man für recht wenig Geld seinen Kaffee mit Rührei und Brötchen bekommt. Frisch gestärkt startet man dann in den neuen Tag.

Sind die drei Tage vorbei, werden die Sachen im nahegelegenen Auto verpackt – am letzten Tag ein noch größerer Vorteil als am ersten Tag – und man fährt, ohne diese sonst lästigen und ewig langen Autoschlagen, vom Gelände, um kaputt aber zufrieden den Heimweg anzutreten.

Alles in allem ist das Dithmarscher Rockfestival ein recht kleines Festival, das sich aber vor den großen nicht verstecken muss, eine Reise dahin lohnt sich immer wieder!

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„Einmal die Tasche öffnen, bitte!“ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/einmal-die-tasche-offnen-bitte/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/einmal-die-tasche-offnen-bitte/#respond Mon, 13 May 2013 09:00:22 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=137419
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Fast wie am Flughafen – Kontrollen an der Uni Kiel.

Identitätskontrollen, Tascheninspektionen, Abnahme von persönlichen Gegenständen und umfassende Leibesvisitationen – was sich nach alltäglichen Vorgängen am Flughafen anhört, beschreibt nun auch die Prozedur vor Beginn einer Prüfung an der Kieler Christian-Albrechts-Universität (CAU). Empört wandte sich der AStA nun an die Presse.

Vorausgegangen waren der wütenden Pressemitteilung der Studierendenvertretung über „Kontrollirrsinn an der Uni“ zwei Prüfungen in Klassischer Altertumskunde im Februar und Anfang April, vor deren Beginn ein Professor, um Täuschungsversuchen vorzubeugen, die Studenten systematisch abtasten ließ und ihnen Handys, Portemonnaies, aber auch Trinkflaschen und Brötchen abnahm. Bei uneindeutigen Fotos auf den Ausweisen mussten zusätzliche Nachweise zur Identitätsprüfung vorgelegt werden. Die Taschenkontrollen und Leibesvisitationen wurden dabei laut AStA nach Geschlechtern getrennt von einer wissenschaftlichen Hilfskraft und einer Institutsmitarbeiterin durchgeführt.

Die Grenze des Zumutbaren sei damit bei Weitem überschritten worden und der Regulierungsirrsinn bei Prüfungen habe einen traurigen Höhepunkt erreicht, betont AStA-Vorstand Steffen Regis. Der Lehrstuhl habe dabei ein inakzeptables Verhalten an den Tag gelegt, das an Kompetenzüberschreitung nicht zu überbieten und einer Universität nicht würdig sei. Des Weiteren forderte er eine öffentliche Entschuldigung des Dozenten für eine derartige Schikane. Zuspruch erhielt er dabei unter anderem von CAU-Pressesprecher Boris Pawlowski, der im Interview mit dem Deutschlandfunk erklärte, dass allgemeine Identitätskontrollen sowie die Prävention von Betrugsversuchen zwar nötig seien, in diesem Ausmaß aber genauso wie die Abnahme persönlicher Gegenstände und Leibesvisitationen von der Hochschulleitung strikt abgelehnt würden.

Bis jetzt gibt es allerdings keine genauen Vorgaben, was für Kontrollen in welchem Ausmaß vor welchen Prüfungen durchzuführen sind. Dies liegt demnach im Ermessen der jeweiligen Dozenten, die dadurch ebenfalls verunsichert sind. In direkter Folge auf die Ereignisse werden nun gemeinsam von AStA und Hochschulleitung Richtlinien für Lehr- und Aufsichtspersonal entwickelt, die glasklar regeln sollen, wie Kontrollen durchzuführen sind, die im nötigen Maß Täuschungsversuchen zuvorkommen, ohne dabei die Rechte und Würde der Studenten zu verletzen. So habe laut Regis wohl kaum jemand etwas gegen normale Regulierungen, wie zum Beispiel ausreichenden Abstand der Sitzplätze oder obligatorisches Abschalten der Handys, einzuwenden. Darüber hinaus solle es allerdings nicht gehen. Der AStA veröffentlichte mittlerweile unter anderem auf seiner Facebook-Präsenz, dass die Philosophische Fakultät es allen Teilnehmern der entsprechenden Prüfungen ermögliche, die entstandenen Fehlversuche ohne weitere Bedingungen aus dem Prüfungssystem löschen zu lassen. Auch sehe er die weitere Zusammenarbeit hinsichtlich der Prüfungsdurchführung als vielversprechend an.

Von Seiten der CAU hieß es, der für die Kontrollen verantwortliche Dozent habe im Gespräch mit der Unileitung eingesehen, dass er mit seiner Art der Durchführung den Bogen weit überspannt habe. Er entschuldigte sich daraufhin beim AStA-Vorstand. Der AStA selbst musste sich gegenüber der Uni gegen Vorwürfe verteidigen, mit der Presseerklärung zu schnell an die Öffentlichkeit gegangen zu sein, anstatt dies intern mit dem verantwortlichen Professor und der Hochschulleitung zu klären.

Natürlich stellt sich die Frage, ob etwas Derartiges auch in Lübeck geschieht. Noch liegen dem Lübecker AStA keine Beschwerden über solche oder ähnliche Praktiken vor. Falls diese dennoch aufgetreten sind oder auch in Zukunft auftreten sollten, bittet der Vorstand darum, dies mitzuteilen. Laut AStA-Vorsitzendem Georg Engelbart sei man sich auf der Landes-ASten-Konferenz Mitte April in Kiel einig in der Verurteilung der Ereignisse gewesen. Sollte so etwas in Lübeck ebenfalls vorkommen, könne man sich des scharfen Protestes durch die Studierendenvertreter sicher sein. Neue Technik, wie etwa Smartphones, dürfte keinesfalls zu derartigen Überwachungsexzessen führen, da sie Gift für das Verhältnis zwischen Studierenden und Lehrenden seien. Für ihn stellen die Kieler Ereignisse eine „an Frechheit nicht zu überbietende Aktion“ dar.

Gerade nachdem aber solche Kontrollen nicht nur an der CAU, sondern auch in überregionalen Zeitungen eine Welle der Empörung lostraten, besteht ausreichend Grund zur Hoffnung, dass so etwas an der Uni Lübeck nicht so schnell vorkommen wird.

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Halle kämpft! https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/halle-kampft/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/halle-kampft/#respond Wed, 01 May 2013 03:50:30 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=132802
In Halle formt sich eine Protestwelle.

[media-credit name="Richard Bohn" align="aligncenter" width="645"] In Halle formt sich eine Protestwelle.

Die Slogans erscheinen irgendwie bekannt „Für die Erhaltung der Universitätsmedizin“, „Das Land braucht beide Medizinzentren.“ Es ist die Rede von den „unmittelbaren Auswirkungen der Schließung der Fakultät auf die Stadt und das Umland“, doch diesmal hört man diese Stimmen nicht aus Lübeck, sondern aus Halle. Unter dem Motto „Halle bleibt“ kämpfen dort Studenten zusammen mit Professoren und anderen Mitarbeitern der Klinik und der Universität um den Erhalt von Halle als einen von zwei Standorten, die ein Medizinstudium anbieten. Wer als Lübecker diese frühen Tage des Protests mitverfolgt, glaubt sich in einer bizarren Wiederaufführung eines bekannten Theaterstücks.

Der Fachschaftsrat Medizin

[media-credit name="Fachschaftsrat Medizin" align="aligncenter" width="645"] Der Fachschaftsrat Medizin organisiert in Halle den Protest.

Alternativloses Sparen

Der erste Akt beginnt an einem Dienstag mit dem Bekanntwerden der Überlegung des Finanzministeriums, aus finanziellen Gründen lediglich einen der beiden Medizinstandorte – der andere ist die Universität in der Landeshauptstadt selbst – zu erhalten. Dementsprechende Gerüchte sind am 23. April aus dem Umkreis der CDU-geführten Landesregierung unter Ministerpräsident Reiner Haseloff zu hören. Grund ist dabei insbesondere ein enormer Investitionsbedarf in das Klinikum, von fast einer halben Milliarde ist die Rede. „Ein steuerschwaches Land der Größe Sachsen-Anhalts […] kann sich nicht zwei medizinische Fakultäten und zwei Universitätskliniken leisten“, heißt es in einem internen Papier, welches der Mitteldeutschen Zeitung vorliegt.

Am Dienstag, dem 25. Mai 2010, erreichte vor der AStA-Sitzung die Studierenden der Uni Lübeck die Nachricht, dass die Sparliste der Haushaltsstrukturkommission der schwarz-gelben Koalition bekannt geworden war. Während Schlimmes für das Uniklinikum befürchtet wurde, traf der Inhalt nun Professoren und Studenten wie ein Hammer. „Das Medizinstudium wird auf Grund der begrenzten Ressourcen bei der Förderung exzellenter Forschung und Lehre nach Kiel verlagert. […] Ab dem Wintersemester 2011/2012 werden deshalb keine neuen Studienanfänger für Medizin in Lübeck immatrikuliert“, heißt es in dem Papier, welches dem NDR vorla.

„Die Sparpläne standen schon seit Jahren im Raum“, sagt Vigo Zühlke vom Fachschaftsrat Medizin der Uni Halle, doch nachdem die Wissenschafts- und Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) wiederholt kritisiert hatte, dass der Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) bei seinen Sparplänen Hochschulen auch mit in die Pflicht nehmen wolle, wurde sie kurzerhand gefeuert. Plötzlich wurde die Gefahr für Halle konkreter. Es heißt, der Hochschuletat sei bis 2025 um 50 Millionen Euro zu kürzen.

Die Lübecker Uni stand 2010 nicht zum ersten Mal vor ihrem Aus. Schon 2005 mussten die Studierenden auf die Straße gehen, um gegen die Zusammenlegung der Universitäten in Schleswig-Holstein zu demonstrieren. Damals gegen Pläne aus dem Ministerium von Wissenschaftsminister Austermann. Damals entstand der Kampfspruch „Lübeck kämpft für seine Uni“, der nun wieder an Aktualität gewinnt. Durch die Kürzungen in Lübeck sollen bis 2020 bis zu 24 Millionen Euro eingespart werden.

In Halle ist man von dieser Idee aus der nördlichen Landeshauptstadt naturgemäß überhaupt nicht überzeugt: Der Standort sei ein erheblicher wirtschaftlicher Faktor, immerhin handelt es sich um über 4000 Angestellte des Klinikums, die direkt betroffen wären. Zudem würden viele der Medizinstudenten nach ihrer Ausbildung als Ärzte in der Stadt und der Umgebung bleiben, ein wichtiges Argument für ein Bundesland, dem Ärzte fehlen. Und während der Medizinstudiengang in Halle nicht als besonders gut galt, so wird doch der zahnmedizinische Studiengang als einer der besten in Deutschland angesehen. Auch er würde nicht überleben. Dies erscheint mit dem Versprechen im Koalitionsvertrag, in dem man von starken Hochschulen gesprochen hatte, nicht vereinbar.

Studenten, Präsidium, ganz Lübeck stand im Mai 2010 nach den Nachrichten aus der nördlichen Landeshauptstadt unter Schock. In der AStA-Sitzung wurde bis tief in die Nacht diskutiert, wie vorgegangen werden solle. Dass die Sparpläne das Ende für die Universität bedeuten würden, war allen schnell bewusst. Außerdem war die Lübecker Uni mit immerhin über 5000 Beschäftigten in der Region, ganz zu schweigen von den mit der Uni kooperierenden und stark von ihr abhängigen Firmen, ein wichtiger Arbeitgeber. Dazu kam der Ärztemangel in Schleswig-Holstein, der ohne die ausgezeichnete Ausbildung in Lübeck schlimmer werden würde. Auch Uni-Präsident Dominiak wurde von der Nachricht überrollt. Zuvor hatte er sich immer auf den Koalitionsvertrag in Schleswig-Holstein berufen, der ausdrücklich die Stärkung der beiden Hochschulstandorte Kiel und Lübeck in Aussicht gestellt hatte.

Die Nachricht kaum verdaut, tritt die Studierendenvertretung auf die Bühne. In der eilig einberufenen Vollversammlung am Mittwoch, die aus allen Nähten platzt, wird eine Resolution zum Erhalt beschlossen, in welcher es heißt: Man erkenne an, „dass der Haushalt des Landes Sachsen-Anhalt saniert werden muss. Die Politikerinnen und Politiker tragen jedoch die Verantwortung dafür, wenn selbst ihre Kinder und Eltern in Zukunft nicht mehr ausreichend medizinisch versorgt werden können.“ Es sei nicht zu verstehen, „dass eine Universität, die von Friedrich dem Weisen gegründet wurde, nun vom Finanzministerium geschlossen wird“. „Wir kämpfen nicht nur für die medizinische Fakultät, sondern für den Hochschulstandort Halle, mit allen dazugehörigen Institutionen“, betohnt Vigo Zühlke. In nur zwei Stunden unterschreiben fast 2000 Personen eine Petition mit entsprechendem Inhalt.

Am Mittwoch, dem 26. Mai 2010, konnte der Lübecker Hörsaal V1 die Vollversammlung nicht beherbergen. Zu viele wollten teilnehmen, eine Verlegung in den großen Saal im Audimax war nötig, reichte aber auch nicht aus. Einstimming beschloss der Senat in der Versammlung eine Resolution, in der es heißt „Der bereits entstandene Imageschaden für die Universität ist immens und kann nur durch ein deutliches Signal der Landesregierung für den Beibehalt des Medizinstudiums an der Universität zu Lübeck verringert werden.“ und weiter „Darüber hinaus gefährdet die Landesregierung mit dieser Maßnahme sämtliche Forschungsprojekte an unserer Universität“

Große Solidarität

In der Lokalpolitik in Halle fallen derweil die Grenzen zwischen den Parteien, einstimmig verurteilt der Stadtrat den Beschluss und unterstreicht die Bedeutung der Uniklink und der Universitätsmedizin. „Wenn der Fortbestand der Uni bedroht ist, dann ist auch die Zukunftsfähigkeit der Stadt bedroht“, sagt Dietmar Weihrich (Grüne). Auch Bernhard Bönisch (CDU) unterstützt die Resolution. Dies ist besonders brisant für die Landesregierung, da er auch Abgeordneter im Landtag ist. Unterstützung kommt auch von den Gewerkschaften, am Donnerstag erklärte DGB-Regionalchef Johannes Krause der Mitteldeutschen Zeitung, die Medizinische Fakultät dürfe „nicht ausgeschaltet werden“.

Im Rathaus und in der Bürgerschaft von Lübeck herrscht Einigkeit über alle Parteigrenzen. Wer die Medizin in Lübeck gefährdet gefährdet die Universität. Alle Mitglieder der Bürgerschaft stellen sich gegen den Sparbeschluss verkündet Bürgermeister Saxe nach der Abstimmung den jubelden Studenten auf dem Rathausplatz, die ganze Stadt steht „wie eine Frau oder ein Mann hinter der Universität“. Auch Gewerkschaften solidarisieren sich mit den Studierenden und Mitarbeitern.

Die protestierenden Studenten erhalten derweil Solidarität aus ganz Deutschland: „Was in Lübeck falsch war, wird in Halle nicht richtiger. Wir solidarisieren uns mit Studierenden und Mitarbeiter_innen!“, lässt man aus dem AStA der Uni Lübeck erklären. „Davon, dass in den Uniklinika der Putz von der Wand bröckelt und die Finanzpolitiker es nun so darstellen, als ob der Sanierungsstau über sie gekommen sei wie eine göttliche Strafe, können wir auch in Schleswig-Holstein ein Lied singen. Wer jahrelang nichts in Bausubstanz und Ausstattung investiert, der kriegt eben am Ende eine saftige Rechnung serviert. Dann den Unschuldsengel zu mimen und sich durch Privatisierung aus der Verantwortung für die öffentliche Gesundheitsversorgung zu stehlen, ist höchst unmoralisch“. Und trotz unbestritten knapper Kassen im Bundesland wendet man sich in Halle nicht gegen die Kommilitonen in Magdeburg. Der Protest habe es zum Ziel, beide Standorte zu erhalten. Auch an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg formt sich derweil unter dem Motto „Otto studiert Medizin“ eine eigene Protestbewegung.

Schon in den ersten Tagen im Sommer 2010 trafen Solidaritätsbekundungen ein. Der AStA der Uni Hamburg schrieb „Den Studiengang Medizin zu streichen halten wir bildungspolitisch für eine fatale Fehlentscheidung.“ Und trotz unbestritten knapper Kassen im Bundesland trafen auch von der Studierendenvertretung aus aus Kiel Solidaritätsbekundungen ein. Gemeinsam plante man, den Sparplänen entgegenzutreten.

Im Landtag in Magdeburg legt am Donnerstag Hartmut Möllring seinen Amtseid ab. Er ist nun Wissenschafts- und Wirtschaftminister und unterstützt uneingeschränkt die Sparpläne. Ministerpräsident Haseloff nutzte den Tag, um dem MDR mitzuteilen, der Sparkurs sei „alternativlos“. In Halle und Magdeburg evaluiert ohnehin derzeit der Wissenschaftsrat die Kliniken und Fakultäten, sein Gutachten ist für Halle besonders wichtig: „2009 gab es eine Vor-Ort-Begehung durch den Wissenschaftsrat, diese fiel sehr schlecht aus“, erklärt Vigo Zühlke. „Die Lehre wurde daraufhin komplett umgestellt, es wurde ein neues Curriculum eingeführt, zudem wurde ein Skillslab integriert, welches momentan zu einem der größten Deutschlands gehört. Am 17. und 18. April erfolgte ein erneuter Besuch des Wissenschaftsrates.“ Nun sollen im Juli die neuen Ergebnisse vorgelegt werden, ob sich Halle dabei deutlich verbessert, könnte über die Zukunft der medizinischen Fakultät entscheiden.

Im Landtag in Kiel zeigte man sich wenig beeindruckt. Ministerpräsident Carstensen, der in den kommenden Wochen des Sommers 2010 das Sparpaket wiederholt als „alternativlos“ bezeichnen wird, knüpft sein politisches Schicksal daran, dass die Koalition dem Sparpaket unverändert zustimmen wird. Noch standen die Mitglieder seiner Koalition, die nur eine Stimme Mehrheit im Landtag hat, hinter dem Sparpaket.

Samstag treffen sich in Halle Unterstützer aus verschiedensten Bereichen sowie Studierende verschiedener Hochschulen und gründen ein landesweites Bündnis. Das „Hochschulbündnis Sachsen-Anhalt“ setzt sich zum Ziel, die Sparwut in Sachen Bildung und Forschung der Landesregierung überall anzugreifen. Sollte die Landesregierung nicht einlenken, überlegt das Bündnis, die Politik mit einen Volksentscheid in die Schranken zu weisen. Am Montag treffen dann der neue Wissenschaftsminister und die Hochschulrektoren zusammen, doch die auf der Pressekonferenz präsentierten Ergebnisse sind ernüchternd: Einig sei man sich nur darüber, dass man sich nicht einig sei, sagt der Minister. Zu diesem Zeitpunkt hat die erst am Mittwoch aufgelegte Petition bereits 16.000 Unterzeichner.

Am Samstag, dem 29. Mai 2010, trafen sich in Kappeln an der Schlei die Vertreter aus AStA und anderen Gruppen der Uni, zusammen mit Vertretern der Fachhochschule und Vertretern aus Kiel. Sie begannen mit der Planung von Aktionen im ganzen Land. Es ging darum, sich zu organisieren und einen Arbeitsplan aufzustellen. Hauptaugenmerk lag auf einer geplanten Demo in der Landeshauptstadt im nächsten Monat. Am 1. Juni folgte das Treffen mit Gewerkschaftlern, die an der Demonstration ebenso teilnehmen wollten wie Mitarbeiter des Klinikums. In zahlreichen Protestaktionen kämpften die Studenten und Mitarbeiter in den folgenden Tagen gegen den Sparkurs der Regierung. Eine in diesen Tagen eingeleitete Unterschriftenaktion wird am 13. Juli in Kiel an den Ministerpräsidenten übergeben, 130.344 Menschen haben unterschrieben.

Auf die Straße

Die Spieler stehen auf ihren Positionen, die Ausgangslage ist klar. In einer Serie nennt man das wohl ein Cold Open, Zeit für den Vorspann, der zweite Akt kann beginnen: Am Dienstag, dem 30. April, findet in Halle die erste große Demonstration gegen die Sparpläne der Landesregierung statt. Um 15:00 Uhr treffen sich die Studierenden am Stadtpark um beginnen ihren Marsch zum Marktplatz, wo dann eine Kundgebung stattfindet. Viele tausend, die Presse spricht von 7000, Menschen kommen, nur eine Woche nach Bekanntwerden der Sparbeschlüsse, auf die Straße. Damit ist es eine der größten Demos in Sachsen-Anhalts seit der Wende. Im Demonstrationszug sind, wie die Mitteldeutsche Zeitung dokumentiert, nicht nur Studenten: Schüler, die um ihren zukünftigen Studienplatz bangen, und Hallenser, die sich dem Klinikum und der Universität verbunden fühlen, hat es auf die Straße getrieben. Auf dem Marktplatz ließt Anne Voß, Hauptrednerin des neu gegründeten Hochschulbündnisses, in Anwesenheit von Hartmut Möllring aus dem Koalitionsvertrag. Möllring selbst wird lange ausgebuht, bis er zu seiner kurzen Rede ansetzen kann. Berichte in der Tagespresse bleiben weitgehend aus, ein Demonstrant [über Twitter]: „Hab ich was verpasst, hat die @tagesschau wirklich nicht über #hallebleibt #lsableibt berichtet?“

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30. April 2013: In Halle demonstrieren 7.000 gegen die Schließung der medizinischen Fakultät.

Richard Bohn

2010 dauert es einige Zeit bis die erste große Demo stattfindet. Am 16. Juni 2010 laufen 14.000 Menschen aus Lübeck, Kiel und dem ganzen Bundesland durch die Landeshauptstadt vom Bahnhof zum Landtag. Die größte Demo in der Geschichte der Landeshauptstadt. Die Demo begann um 15:00 Uhr und endete mit einer Kundgebung vor dem Landeshaus. Zur Überraschung vieler waren Wissenschaftsminister de Jager und andere Mitglieder von Koalition und Opposition, darunter auch die sechs Mitglieder der Haushaltsstrukturkommission, freiwillig vor dem Parlament erschienen, um die Reden von Studierendenvertretern, Professoren und Ärzten anzuhören. Einen Bericht in der Tagesschau gab es nicht.

16. Juni 2010: In Kiel demonstrieren 14.000 gegen die Schließung der medizinischen Fakultät.

 16. Juni 2010: In Kiel demonstrieren 14.000 gegen die Schließung der medizinischen Fakultät.

Thorsten Biet

Am 1. Mai machten die Gewerkschaften auch den Fortbestand der Medizinerausbildung in Halle zum Thema der jährlichen Kundgebungen. Weitere Aktionen und Demos in Halle werden folgen. Eins kann den Studenten in Halle Mut machen: Als das Stück in Lübeck aufgeführt wurde, gab es ein Happy End. Am 8. Juli 2010 knickte in Schleswig-Holstein die Landesregierung ein, die Medizinerausbildung in Lübeck war gerettet.

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Wie studiert man Bier? https://www.studentenpack.de/index.php/2012/07/wie-studiert-man-bier/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/07/wie-studiert-man-bier/#respond Mon, 16 Jul 2012 14:00:09 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=36326
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TU Berlin

Sebastian ist 24 Jahre alt und absolviert in Berlin ein Brautechnisches Fachstudium an der Technischen Universität. Er studiert seit 2 Jahren und im Oktober wird er sein Diplom als Braumeister machen.

StudentenPACK: Brauereiwesen ist ein ungewöhnlicher Studiengang. Wie bist Du darauf gekommen, das studieren zu wollen?

Sebastian Hartmann: Darauf gekommen bin ich, wie viele andere auch, auf Umwegen. Eigentlich hatte ich zu Beginn überhaupt nicht vor, einen handwerklichen Beruf zu ergreifen, sondern wollte lieber einen schönen ruhigen Bürojob. Ich hatte mich allerdings damals zu spät entschieden, die Schule zu verlassen und daher waren die Bewerbungsfristen der meisten Ausbildungen bereits verstrichen. Ich stand also mit meinem auf dem Gymnasium erworbenen Realschulabschluss und ohne Ausbildung da, dafür allerdings mit einem Haufen Absagen auf meine Bewerbungen. Etwas entmutigend war die ganze Sache damals schon. Eher spaßeshalber und mangels Alternativen hatte ich mich dann bei Brauereien im Umland beworben. Für die Idee wäre ich beinahe bei einem bekannten deutschen Privatsender in einer Realityshow zu sehen gewesen… Die Eichbaum Brauerei in Mannheim gab mir dann letztendlich die Zusage und ich war plötzlich Auszubildender zum Brauer & Mälzer. Ob das so wirklich ein Job für mich war, wusste ich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht so recht und ich entschloss, mich überraschen zu lassen. Mittlerweile denke ich, dass es eine der besten Entscheidungen bisher war. Die Ausbildung hat meistens auch viel Spaß gemacht und war sehr abwechslungsreich. Vieles davon kann ich heute noch außerhalb des Berufs im Privatleben gut gebrauchen. Ich hatte das Glück, in einen Betrieb zu kommen, dem die Ausbildung seiner Azubis sehr wichtig ist und in dem ich viel lernen konnte für das Studium. Schon von Anfang an war mir allerdings klar, dass ich nicht als einfacher Geselle die nächsten 40 Jahre arbeiten möchte, sondern auch selbst Verantwortung über größere Aufgaben übernehmen will. Von meinen Mitauszubildenden erfuhr ich damals dann, dass man so etwas auch studieren kann, unter anderem in Berlin und Freising bei München. Da in Berlin als Besonderheit bei diesem Studiengang eine abgeschlossene Ausbildung und ein Realschulabschluss als Hochschulzugangsberechtigung ausreicht, war mir schnell klar, wohin der Weg gehen soll. Ich zog also direkt nach dem Ende meiner Ausbildung ins knapp 700km entfernte Berlin und schrieb mich an der Uni ein. Ich wusste damals nicht so genau, was mich erwarten würde. Es war also eher, wie schon bei der Ausbildung, ein Schuss ins Blaue. Aber Bisher bereue ich das nicht.

PACK: Wer „Bier brauen“ studiert, hat sicher mit dem einen oder anderen Vorurteil zu kämpfen oder?

Sebastian: Zum Glück lernt man noch etwas mehr als nur Bier brauen. Viele von uns sind bereits gelernte Brauer und nur wenige haben ohne Ausbildung das Studium angefangen. Wenn ich erzähle, was ich gelernt habe beziehungsweise gerade studiere, dann sind die Reaktionen meist ganz unterschiedlich. Von Vorurteil bis Anerkennung. Oft ist das Vorurteil des einen der Grund für die Anerkennung des anderen. Oft sind die Reaktionen auf meinen Beruf auch geschlechts- und herkunftsabhängig. Gerade viele Männer sehen den Beruf als reine ur-männliche Domäne und sind öfters auch mal neidisch auf das erlaubte Probieren während der Arbeit und den sogenannten Haustrunk. Ein Job um Frauen zu imponieren ist es allerdings wohl eher nicht. Des Öfteren hört man die üblichen Aussagen und Vorurteile wie „Ihr trinkt doch den ganzen Tag nur Bier“, die dauernd ungläubige Nachfrage „Was? Sowas kann man studieren?“ oder „Das kann doch nichts Gescheites sein“. Natürlich besonders beliebt ist auch die Frage, ob man nicht mal einen Kasten Bier mitbringen könnte. Aber ich denke, solche Vorurteile gibt es in jedem Beruf und ich versuche, diese immer bestmöglich auszuräumen. Denn natürlich trinken wir nicht den ganzen Tag auf Arbeit Bier, allerdings liegt unser Bierkonsum sicher weit über dem Durchschnitt. Brauen ist auch ganz bestimmt keine ur-männliche Angelegenheit. Eher im Gegenteil. Brauen war seit eh und je bis ins Mittelalter die Arbeit von Frauen und auch heute gibt es Brauerinnen, wenn auch nicht ganz so viele wie Brauer.

PACK: Der Studiengang heißt offiziell „Brauerei- und Getränketechnologie“, es geht also um viel mehr als Bier, was denn noch so?

Sebastian: Genau. Es geht nicht nur um Bier. Die Zeiten, in denen Brauereien ausschließlich nur Bier produzierten, gehören schon länger der Vergangenheit an. Mit diesem Konzept können heute nur noch wenige Brauereien überleben. Denn heute ist es in Deutschland leider so, dass immer weniger Bier getrunken wird. Wir haben schon lange unsere Spitzenposition im pro-Kopf-Verbrauch abgeben müssen. Auch der Anspruch der Verbraucher hat sich stark gewandelt. Immer weniger Menschen wollen ein bitteres Bier trinken. Dafür geht der Trend der letzten Jahre immer mehr zu Biermischgetränken. Heute produzieren Brauereien daher von A wie Apfelsaft bis Z wie Zitronenlimonade. Das Studium dreht sich aber im Großen und Ganzen um Bier, Biermischgetränke, alkoholfreie Getränke und deren Rohstoffe. Wein und Spirituosen gehören nicht dazu. Es wird aber auch immer mal wieder der Blick ins Ausland schweifen gelassen und erklärt, wie dort andere Verfahren zur Anwendung kommen dürfen, die in Deutschland auf Grund des Reinheitsgebots nicht erlaubt sind. In einigen Vorlesungen geht es natürlich aber mehr um den Gesamtüberblick, um Grundlagen. Man lernt die biologischen Zusammenhänge und physikalischen Hintergründe zu verstehen, die dann natürlich auch außerhalb der Brauerei gelten. Während des Studiums erhält man auch Einblicke in Fachbereiche, die man nicht sofort mit Bierbrauen verbinden würde. Man wird ermutigt, in diesem doch so traditionsbewussten Handwerk auch neue Dinge einzubinden.

Generell ist man nach dem Studium nicht auf die Brauerei als Arbeitsplatz beschränkt. Man kann sich auch für einen Job in der Zulieferindustrie, in Laboren, in der Pharmaindustrie oder in der Getränkebranche entscheiden. Möglichkeiten gibt es genug, denn die erlernten Kenntnisse kommen dort ähnlich zur Anwendung.

PACK: Wie viele Erstsemester fangen denn in Berlin jedes Jahr mit diesem Studiengang an?

Sebastian: Im Techniker-Studiengang, also mit Abschluss Diplom Braumeister, mehr als im Bachelor-Studiengang. In den letzten Jahren waren es jeweils so um die 40 Studenten. Also eine sehr überschaubare Anzahl.

PACK: Schaut man sich den Lehrplan an, so sieht man viel Mathe (Lineare Algebra, Analysis) und technische Fächer, auch Chemie. Wird im Studium auch mal wirklich Bier gebraut?

Sebastian: Man findet einige Fächer, die auf den ersten Blick nicht direkt Bezug haben zum Brauen. Sie bilden allerdings die Grundlage für das Verständnis der relevanten Themen auch im Brauereibereich. Die VLB Berlin verfügt über eine eigene Studienbrauerei und bildet dort auch aus. In ihr dürfen auch Studenten brauen. So findet einmal pro Jahr ein Seminar statt, in dem gemälzt und gebraut wird. Dies allerdings nicht zum Spaß sondern durchaus mit dem Hintergrund, aktuelle Forschungsstände zu vermitteln. Darüber muss dann auch eine Seminararbeit geschrieben werden, wobei es natürlich gerade uns Brauern Spaß macht, auch mal während des Studiums brauen zu dürfen.

PACK: Was ist denn das Beste an Deinem Studiengang?

Sebastian: Das Beste ist wohl der kollegiale Zusammenhang der Studenten. Es gibt zum Beispiel jede Woche einen Stammtisch, zu dem jeder eingeladen ist, und man hilft sich sehr viel untereinander. Man könnte teilweise schon von einer kleinen Ersatzfamilie sprechen. Gerade aus dem Grund, dass es ein eher seltener Studiengang mit wenigen Studenten ist, wächst man sehr schnell zusammen.

PACK: Vielen Dank.

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Wie studiert man Bier? https://www.studentenpack.de/index.php/2012/07/wie-studiert-man-bier-2/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/07/wie-studiert-man-bier-2/#respond Mon, 16 Jul 2012 14:00:09 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=234311 Sebastian ist 24 Jahre alt und absolviert in Berlin ein Brautechnisches Fachstudium an der Technischen Universität. Er studiert seit 2 Jahren und im Oktober wird er sein Diplom als Braumeister machen.

StudentenPACK: Brauereiwesen ist ein ungewöhnlicher Studiengang. Wie bist Du darauf gekommen, das studieren zu wollen?

Sebastian Hartmann: Darauf gekommen bin ich, wie viele andere auch, auf Umwegen. Eigentlich hatte ich zu Beginn überhaupt nicht vor, einen handwerklichen Beruf zu ergreifen, sondern wollte lieber einen schönen ruhigen Bürojob. Ich hatte mich allerdings damals zu spät entschieden, die Schule zu verlassen und daher waren die Bewerbungsfristen der meisten Ausbildungen bereits verstrichen. Ich stand also mit meinem auf dem Gymnasium erworbenen Realschulabschluss und ohne Ausbildung da, dafür allerdings mit einem Haufen Absagen auf meine Bewerbungen. Etwas entmutigend war die ganze Sache damals schon. Eher spaßeshalber und mangels Alternativen hatte ich mich dann bei Brauereien im Umland beworben. Für die Idee wäre ich beinahe bei einem bekannten deutschen Privatsender in einer Realityshow zu sehen gewesen… Die Eichbaum Brauerei in Mannheim gab mir dann letztendlich die Zusage und ich war plötzlich Auszubildender zum Brauer & Mälzer. Ob das so wirklich ein Job für mich war, wusste ich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht so recht und ich entschloss, mich überraschen zu lassen. Mittlerweile denke ich, dass es eine der besten Entscheidungen bisher war. Die Ausbildung hat meistens auch viel Spaß gemacht und war sehr abwechslungsreich. Vieles davon kann ich heute noch außerhalb des Berufs im Privatleben gut gebrauchen. Ich hatte das Glück, in einen Betrieb zu kommen, dem die Ausbildung seiner Azubis sehr wichtig ist und in dem ich viel lernen konnte für das Studium. Schon von Anfang an war mir allerdings klar, dass ich nicht als einfacher Geselle die nächsten 40 Jahre arbeiten möchte, sondern auch selbst Verantwortung über größere Aufgaben übernehmen will. Von meinen Mitauszubildenden erfuhr ich damals dann, dass man so etwas auch studieren kann, unter anderem in Berlin und Freising bei München. Da in Berlin als Besonderheit bei diesem Studiengang eine abgeschlossene Ausbildung und ein Realschulabschluss als Hochschulzugangsberechtigung ausreicht, war mir schnell klar, wohin der Weg gehen soll. Ich zog also direkt nach dem Ende meiner Ausbildung ins knapp 700km entfernte Berlin und schrieb mich an der Uni ein. Ich wusste damals nicht so genau, was mich erwarten würde. Es war also eher, wie schon bei der Ausbildung, ein Schuss ins Blaue. Aber Bisher bereue ich das nicht.

PACK: Wer „Bier brauen“ studiert, hat sicher mit dem einen oder anderen Vorurteil zu kämpfen oder?

Sebastian: Zum Glück lernt man noch etwas mehr als nur Bier brauen. Viele von uns sind bereits gelernte Brauer und nur wenige haben ohne Ausbildung das Studium angefangen. Wenn ich erzähle, was ich gelernt habe beziehungsweise gerade studiere, dann sind die Reaktionen meist ganz unterschiedlich. Von Vorurteil bis Anerkennung. Oft ist das Vorurteil des einen der Grund für die Anerkennung des anderen. Oft sind die Reaktionen auf meinen Beruf auch geschlechts- und herkunftsabhängig. Gerade viele Männer sehen den Beruf als reine ur-männliche Domäne und sind öfters auch mal neidisch auf das erlaubte Probieren während der Arbeit und den sogenannten Haustrunk. Ein Job um Frauen zu imponieren ist es allerdings wohl eher nicht. Des Öfteren hört man die üblichen Aussagen und Vorurteile wie „Ihr trinkt doch den ganzen Tag nur Bier“, die dauernd ungläubige Nachfrage „Was? Sowas kann man studieren?“ oder „Das kann doch nichts Gescheites sein“. Natürlich besonders beliebt ist auch die Frage, ob man nicht mal einen Kasten Bier mitbringen könnte. Aber ich denke, solche Vorurteile gibt es in jedem Beruf und ich versuche, diese immer bestmöglich auszuräumen. Denn natürlich trinken wir nicht den ganzen Tag auf Arbeit Bier, allerdings liegt unser Bierkonsum sicher weit über dem Durchschnitt. Brauen ist auch ganz bestimmt keine ur-männliche Angelegenheit. Eher im Gegenteil. Brauen war seit eh und je bis ins Mittelalter die Arbeit von Frauen und auch heute gibt es Brauerinnen, wenn auch nicht ganz so viele wie Brauer.

PACK: Der Studiengang heißt offiziell „Brauerei- und Getränketechnologie“, es geht also um viel mehr als Bier, was denn noch so?

Sebastian: Genau. Es geht nicht nur um Bier. Die Zeiten, in denen Brauereien ausschließlich nur Bier produzierten, gehören schon länger der Vergangenheit an. Mit diesem Konzept können heute nur noch wenige Brauereien überleben. Denn heute ist es in Deutschland leider so, dass immer weniger Bier getrunken wird. Wir haben schon lange unsere Spitzenposition im pro-Kopf-Verbrauch abgeben müssen. Auch der Anspruch der Verbraucher hat sich stark gewandelt. Immer weniger Menschen wollen ein bitteres Bier trinken. Dafür geht der Trend der letzten Jahre immer mehr zu Biermischgetränken. Heute produzieren Brauereien daher von A wie Apfelsaft bis Z wie Zitronenlimonade. Das Studium dreht sich aber im Großen und Ganzen um Bier, Biermischgetränke, alkoholfreie Getränke und deren Rohstoffe. Wein und Spirituosen gehören nicht dazu. Es wird aber auch immer mal wieder der Blick ins Ausland schweifen gelassen und erklärt, wie dort andere Verfahren zur Anwendung kommen dürfen, die in Deutschland auf Grund des Reinheitsgebots nicht erlaubt sind. In einigen Vorlesungen geht es natürlich aber mehr um den Gesamtüberblick, um Grundlagen. Man lernt die biologischen Zusammenhänge und physikalischen Hintergründe zu verstehen, die dann natürlich auch außerhalb der Brauerei gelten. Während des Studiums erhält man auch Einblicke in Fachbereiche, die man nicht sofort mit Bierbrauen verbinden würde. Man wird ermutigt, in diesem doch so traditionsbewussten Handwerk auch neue Dinge einzubinden.

Generell ist man nach dem Studium nicht auf die Brauerei als Arbeitsplatz beschränkt. Man kann sich auch für einen Job in der Zulieferindustrie, in Laboren, in der Pharmaindustrie oder in der Getränkebranche entscheiden. Möglichkeiten gibt es genug, denn die erlernten Kenntnisse kommen dort ähnlich zur Anwendung.

PACK: Wie viele Erstsemester fangen denn in Berlin jedes Jahr mit diesem Studiengang an?

Sebastian: Im Techniker-Studiengang, also mit Abschluss Diplom Braumeister, mehr als im Bachelor-Studiengang. In den letzten Jahren waren es jeweils so um die 40 Studenten. Also eine sehr überschaubare Anzahl.

PACK: Schaut man sich den Lehrplan an, so sieht man viel Mathe (Lineare Algebra, Analysis) und technische Fächer, auch Chemie. Wird im Studium auch mal wirklich Bier gebraut?

Sebastian: Man findet einige Fächer, die auf den ersten Blick nicht direkt Bezug haben zum Brauen. Sie bilden allerdings die Grundlage für das Verständnis der relevanten Themen auch im Brauereibereich. Die VLB Berlin verfügt über eine eigene Studienbrauerei und bildet dort auch aus. In ihr dürfen auch Studenten brauen. So findet einmal pro Jahr ein Seminar statt, in dem gemälzt und gebraut wird. Dies allerdings nicht zum Spaß sondern durchaus mit dem Hintergrund, aktuelle Forschungsstände zu vermitteln. Darüber muss dann auch eine Seminararbeit geschrieben werden, wobei es natürlich gerade uns Brauern Spaß macht, auch mal während des Studiums brauen zu dürfen.

PACK: Was ist denn das Beste an Deinem Studiengang?

Sebastian: Das Beste ist wohl der kollegiale Zusammenhang der Studenten. Es gibt zum Beispiel jede Woche einen Stammtisch, zu dem jeder eingeladen ist, und man hilft sich sehr viel untereinander. Man könnte teilweise schon von einer kleinen Ersatzfamilie sprechen. Gerade aus dem Grund, dass es ein eher seltener Studiengang mit wenigen Studenten ist, wächst man sehr schnell zusammen.

PACK: Vielen Dank.

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Auf nach Afrika! https://www.studentenpack.de/index.php/2012/05/auf-nach-afrika/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/05/auf-nach-afrika/#respond Mon, 14 May 2012 08:00:15 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=12926
Laura Jürgens

Antilopen in Namibia.


Wem ein Auslandsaufenthalt in Europa, den USA oder China zu unspektakulär ist, der kann künftig auch nach Namibia gehen, um dort Praktika zu absolvieren – zumindest, wenn er Medizin studiert und das Physikum bereits in der Tasche hat.

Aber warum gerade Namibia? Namibia, etwa 13 Flugstunden entfernt im Südwesten Afrikas gelegen, ist eine ehemalige deutsche Kolonie. Dadurch ist das Land eng mit der deutschen Geschichte verbunden, was sich unter anderem in der Namensgebung von Dörfern und Straßen widerspiegelt – bis zur Unabhängigkeit im Jahr 1990 gab es beispielsweise eine Kaiser-Wilhelm-Straße. Bis heute ist die deutsche Sprache in Namibia nicht ausgestorben. Dieses „Deutschtum“ ist noch immer präsent und macht Namibia besonders interessant.

Der Aufbau einer Partnerschaft zur University of Namibia in der Hauptstadt Windhoek war trotz dieser historisch vorhandenen Verbindung beider Länder eher ein Zufall: Vor zwei Jahren war das Forschungszentrum Borstel im Rahmen seiner Untersuchungen zu Tuberkulose und auch zur Ko-Infektion mit dem HI-Virus auf der Suche nach einem Partner in einem Land, in dem diese Krankheiten nicht so selten auftreten wie in Deutschland. Andere Länder wie beispielsweise England hatten diese Partnerschaften schon über frühere Kolonialbeziehungen geknüpft, sodass viele Länder bereits in derartige Projekte eingebunden waren. Auf Namibia traf das nicht zu: Zu diesem Zeitpunkt war, obwohl Tuberkulose eine der am häufigsten zum Tode führenden Krankheiten war, die Forschung auf diesem Gebiet in Namibia praktisch nicht existent, wie Prof. Dr. Lange von der Laborgruppe Klinische Infektiologie berichtet. Ins gleiche Jahr fiel die Gründung der Medizinischen Fakultät an der University of Namibia, zu deren Dekan über einige Ecken schnell persönlich Verbindung aufgenommen wurde. Das Interesse an einer Kooperation war rasch geweckt und jetzt haben wir sie, unsere Partneruniversität in Namibia.

Christoph Lange

Begrüßung der Erstsemester an der UNAM School of Medicine 2011.


Profitieren tun von dieser sich noch immer im Aufbau befindenden Partnerschaft alle Beteiligten: Die University of Namibia mit der angegliederten Klinik, weil die Medizinische Fakultät sich beim Aufbau und der Verbesserung ihrer Lehre an unserem Curriculum orientieren und auch ihre praktischen Ausbildungsmodule an unsere Skills Labs anlehnen kann, unsere Uni sowie das eng mit ihr zusammenarbeitende Forschungszentrum Borstel, weil nun im Rahmen des Schwerpunkts zur Entzündungs- und Infektionsforschung in größerem Umfang an Tuberkulose und einer Ko-Infektion mit HIV geforscht werden kann und – last but not least – wir Studenten, weil wir die Möglichkeit haben, PJ-Tertiale und Famulaturen in Windhoek zu absolvieren und dabei einen einzigartigen Blick über den Tellerrand zu werfen. Auch das Schreiben einer Doktorarbeit ist für Studenten, die eher an einer Forschungstätigkeit interessiert sind, in Namibia möglich.

In den letzten Jahren machten sich durchschnittlich fünf Lübecker Studenten auf eigene Faust auf nach Windhoek, um im Katutura State Hospital praktische Erfahrungen zu sammeln, ab diesem Jahr gibt es ein Auswahlverfahren von der Universität und auch finanzielle Unterstützung (1.000€) für die Afrikareisenden. Ein guter Start der Forschungs- und Austausch-Partnerschaft ist mit den dafür eingeworbenen 300.000€ auf jeden Fall gesichert. In Zukunft soll laut Prof. Dr. Westermann das Austauschprogramm dann dahingehend ausgeweitet werden, dass es bald nicht mehr nur Studenten, sondern auch Lehrende und Post-Docs einbezieht, zudem wird die Bandbreite der Fachbereiche, in denen gut betreute PJ-Tertiale möglich sind, von der Inneren Medizin ausgehend erweitert.

Wem jetzt das Fernweh zu schaffen macht, dem kann ich nur raten, sich auf der Homepage unserer Uni bis zu den Erfahrungsberichten aus Windhoek durchzuklicken (–> International Office –> Partneruniversitäten) – und vielleicht bist du schon der nächste, der einen schreiben könnte!

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Mehr Menschen haben Probleme mit dem Vögeln als mit dem Fliegen https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/mehr-menschen-haben-probleme-mit-dem-vogeln-als-mit-dem-fliegen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/mehr-menschen-haben-probleme-mit-dem-vogeln-als-mit-dem-fliegen/#respond Fri, 10 Feb 2012 12:00:17 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2453 Simone Weigel | StudentenPACK.

Wovon ich rede? Von der Sexualmedizin, besser gesagt, von der nicht mehr vorhandenen Lehre der Sexualmedizin an der Universität in Kiel!

Da die Uni Sexualmedizin scheinbar als Nischenthema ansieht, beschloss man, das Lehrangebot einfach auszusetzen. Aber ist es nicht eine Schande, eine Sektion, die seit 1973 existiert und national und sogar international anerkannt ist, einzustampfen? Die Medizinische Fakultät rangiert beim nationalen Ranking im untersten Bereich und hätte mit der Sexualmedizin ein Alleinstellungsmerkmal halten können, da sexualmedizinische Forschung und Lehre nur an vier (in Zahlen: 4!!) Universitäten in der Bundesrepublik angeboten wird!

Als Wahlpflichtfach für Psychologie- und Rechtswissenschaftsstudenten waren die Seminare von Prof. Dr. med. Bosinski (Leiter der Sektion für Sexualmedizin) bereits meist für mehrere Semester im Voraus ausgebucht und die Evaluation war regelmäßig exzellent! Doch da Sexualmedizin in der Approbationsordnung für Ärzte nicht vorgesehen ist (aber Bestandteil der Ärztlichen Prüfung) und nebenbei auch nicht zu den fünf langfristig angelegten Forschungsschwerpunkten der Medizinischen Fakultät der CAU gehört, wurde die Weiterfinanzierung als nicht wichtig genug angesehen.

Im Raum steht also primär die Frage der Finanzierung, die immer noch unklar ist. Bisher trug das UKSH die Kosten großteilig, obwohl dieses eigentlich nur für die Patientenversorgung zuständig ist. Doch wer soll zukünftig die Forschung und Lehre in dem Gebiet der Sexualmedizin bezahlen? Die formale Ebene war für die Studierendenschaft schnell geklärt: Unsere Uni und das Wissenschaftsministerium sind dafür zuständig! Offensichtlich ist das diesen beiden Parteien nicht bewusst, da die Sektion seit dem 1. Januar 2012 um die Hälfte der Mitarbeiter reduziert wurde.

Der Großteil der Politik hat dieses Bewusstsein scheinbar auch noch nicht erlangt, sorgte doch die Regierung des Landes Schleswig-Holstein dafür, dass ein Antrag der Finanzierung durch das Land abgelehnt und einem Änderungsantrag, diese Thematik im Bildungsausschuss erneut, zum X-ten Male, zu diskutieren, zugestimmt wurde.

Darum fehlen eigentlich nur 150.000€ im Jahr, um den Erhalt zu sichern, doch die Mitarbeiter, die Drittmittel (die über diesem Wert stehen) akquirierten, mussten gehen oder sind gegangen, da die Zukunft ihrer Anstellung unsicher war. Wie soll man seine Arbeit fortsetzen, wenn einem die Logistik entzogen wird? Anstatt sich dem Problem zu stellen, welches seit Oktober 2011 bereits im Raume steht, wird der „Schwarze Peter“ der Zuständigkeit von Einem zum Anderen geschoben.

Das Präsidium der Uni Kiel reagierte bisher einzig auf dieses Problem damit, dass die Stelle für die Lehre über die Psychologie neu ausgeschrieben wurde. Da kommt doch die Frage auf, warum es scheinbar Mittel für die Bezahlung eines neuen Lehrbeauftragten gibt, nicht aber Geld für die ja schon vorhandenen Mitarbeiter der Sektion, die nun finanziell nicht mehr zu halten waren?!

Alle Beteiligten sind sich einig, dass die Sektion wichtig ist, trotz allem muss Herr Prof. Bosinski seit über zehn Jahren um den Erhalt kämpfen! Es gab einige Lösungsvorschläge, zum Beispiel den, die Sektion für Sexualmedizin als eigenständige Struktur im Zentrum für Integrative Psychiatrie (ZIP) anzusiedeln, doch das wurde vom Unipräsidium abgelehnt. Prof. Bosinski stellte mehrfach Anträge, die Sexualmedizin als Wahlfach anzunehmen, was an anderen Universitäten möglich ist. Zumal Sexualmedizin im Bereich der Neurowissenschaften angesiedelt ist und diese zu den Forschungsschwerpunkten des UKSH gehören. Auch das wurde abgelehnt! Schaut man sich diese Fakten an, bleibt einzig die Annahme, dass die Universität und das Wissenschaftsministerium diese Sektion einfach nicht weiterführen wollen!

Dabei ist ihr Erhalt so wichtig, denn diese Sektion am UKSH ist die einzige Einrichtung, die sowohl Forschung, Lehre, als auch Patientenversorgung (Prävention, Diagnose, Therapie) bei Opfern und Tätern anbieten kann. Forschungen zu Ursachen, Verlauf, Diagnostik, Begutachtung und Therapie von sexuell gestörtem und übergriffigem Verhalten (kurz: Sexualdelinquenz und Paraphilien) wurden vorangetrieben und besonders hervorzuheben ist ebenfalls das bundesweit einzige sexualphysiologische Forschungslabor! Es gab sogar Forschung zur effizienten Gestaltung einer Therapie, die durch Drittmittel des Landesministeriums für Justiz unterstützt wurde.

Die Politik hatte genau dies schon einmal begriffen, denn ab 1996 begann man sich ein Zentrum zu leisten, welches Beratung und Therapie in diesem Bereich anbietet und das, obwohl Schleswig-Holstein schon damals zu den armen Bundesländern gehörte! Das Verständnis für diese Thematik war also da, doch wo ist sie nun hin? Oder liegt es vielmehr daran, dass da jemand von oben Ansagen macht? Denn erst seit andere Bundesländer ebenfalls Zentren aufbauen, wird das Zentrum in Schleswig-Holstein abgebaut!

Das Thema Sexualmedizin scheint mittlerweile ein heikles zu sein, gerade deshalb haben wir die Verpflichtung aufzuklären und zu helfen! Intersexualität und Homosexualität ist noch heute in unserer Gesellschaft nicht vollends akzeptiert. Paraphilie und Pädophilie wird häufig totgeschwiegen.Und obwohl Alle sexuelle Gewalt verteufeln, engagiert sich kaum einer für die Therapien der Opfer und Täter! In Bezug dazu steht, dass ca. 35% der Bevölkerung an einer sexuellen Störung leidet! Gerade deshalb sollten sexuelle Themen nicht weiter ausgeblendet werden!

Und noch etwas Anderes wird deutlich und das ist erschreckend: Die Universität kann einfach, ohne Ausweichangebote anzubieten, die Lehre von einem zum anderen Semester einstellen und zwar in jedem beliebigen Fach!

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Etwas läuft falsch https://www.studentenpack.de/index.php/2011/11/etwas-lauft-falsch/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/11/etwas-lauft-falsch/#respond Mon, 14 Nov 2011 11:19:13 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2091 Die Blicke der Studentinnen und Studenten sind auf das Podium gerichtet. Einige von ihnen hatten sich zuvor an den weltweiten Protesten gegen das Finanzsystem beteiligt, alle gemeinsam hatten sie ein Wochenende über die Möglichkeiten eines neuen Weltwirtschaftssystems diskutiert. Im Rahmen der Fachschaftstagung „Globale Zusammenarbeit“ hat das Cusanuswerk, eine Podiumsdiskussion über die „Chancen einer neuen Weltwirtschaftsordnung“ organisiert. „Etwas läuft falsch in der Welt“, mit diesen Worten begrüßt Moderator Michael Groß die Politikerinnen und Politiker von Grünen, SPD und CDU, sowie den stellvertretenden Vorsitzenden vom ökosozialen Forum Deutschland, Detlef Wendt. Michael Groß listet die immer gefährlicher werdenden Finanzspekulationen, die Ausbeutung der Ökoressourcen und die exponentiell wachsende Weltbevölkerung auf. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten möchten eine entscheidende Frage von der Politik beantwortet haben: „Wie kann eine zukünftige Weltwirtschaftsordnung aussehen, damit der Planet nicht kollabiert und die Schere zwischen arm und reich nicht weiter auseinander driftet?“

Darüber, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann, herrscht auf dem Podium überraschend große Einigkeit, wie sofort deutlich wird. „Wir brauchen Wachstum, was entkoppelt ist vom Ressourcenverbrauch“, glaubt Stefan Engstfeld, Landtagsabgeordneter der Grünen. Aber genauso wichtig sei ein besserer Zugang für Entwicklungsländer zu unseren Märkten. Damit müsse man die Agrarsubventionen der EU auf den Prüfstand stellen. Zu ganz so klaren Worten kann sich Christoph Jansen (CDU) nicht durchringen. Der Ortsvorsitzende der Jungen Union sieht durch die letzten Jahre bewiesen, dass „der offene Handel der beste Weg“ sei – „allerdings mit gewissen Regeln“. „Wir müssen vor allem etwas auf der persönlichen Ebene tun“, so Jansen. Das sieht Barbara Hendricks, Bundestagsabgeordnete und Schatzmeisterin der SPD, anders. „Banken müssen wieder eine dienende Funktion für die Wirtschaft haben und die Wirtschaft eine dienende Funktion für den Menschen.“ Die Antwort, wie man dies weltweit wirklich realisieren könne, bleibt sie schuldig. „Wenn wir dazu die Amerikaner nicht mit ins Boot kriegen, dann bin ich ratlos.“ Stefan Engstfeld fordert, dass Europa in diesem Fall eben die Führungsrolle übernehmen müsse. „Wir können nicht mehr warten.“ Detlef Wendt, Vertreter der „Global Marshall Plan Initiative“ und Verfechter der „ökosozialen Marktwirtschaft“, will durch weltweite handelspolitische Verfahrensstandards und die Einführung einer „leverage money tax“ (Steuer auf hochspekulative Finanzprodukte) ökologische und soziale Rahmenbedingungen durchsetzen und fordert, dass eine Balance ins Weltwirtschaftssystem gebracht wird, die uns verloren gegangen sei.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben viele Rückfragen. Ob sich kein Politiker traue, auf den Verzicht aufmerksam zu machen, der nötig sei, wenn wir die Welt gerechter gestalten wollen? Ob die Politik nicht längst ihre Macht an die Wirtschaft verloren habe und wie die ökologischen und sozialen Standards durchgesetzt werden könnten? Verhaltene Stille auf dem Podium, gefolgt von leeren Worten. Detlef Wendt appelliert in seinem Schlusswort: „Ihr seid die junge Generation. Empört euch! Und dann: engagiert euch!“

Am Ende der Veranstaltung war die Empörung erreicht – zumindest bei mir.

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Von Mediziner-Latein in Patienten-Deutsch https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/von-mediziner-latein-in-patienten-deutsch/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/von-mediziner-latein-in-patienten-deutsch/#respond Tue, 12 Jul 2011 08:00:29 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=105455
Konrad Kästner

Bei der 1. trans#late*night Ende Mai trafen sich die Mitarbeiter auch einmal im realen Leben um gemeinsam Befunde zu übersetzen.

Jeder Patient kennt diese Situation: Man ist beim Arzt, bekommt seinen Befund mitgeteilt und versteht kaum, worum es eigentlich geht. Das Portal “Was hab’ ich?” (https://washabich.de) schafft Abhilfe: Hier werden medizinische Befunde kostenlos in eine leicht verständliche Sprache “übersetzt”.

Dazu laden die Nutzer unter der Web-Adresse https://washabich.de ihren medizinischen Befund anonym hoch oder senden ihn per Fax ein. Die Übersetzung wird innerhalb weniger Tage von Medizinstudenten ab dem achten Fachsemester erstellt, bei komplexen Fragestellungen stehen 18 Ärzte sowie zwei Psychologen unterstützend zur Seite. Der Patient kann die Übersetzung anschließend passwortgeschützt online abrufen. So können Patienten den Schweregrad ihres Befundes und die sich daraus ergebenden möglichen Folgen besser beurteilen und folglich effektiver in die Entscheidungsfindung eingebunden werden.

Die Idee zum Projekt stammt von Anja Kersten aus Dresden. Als Medizinstudentin kennt sie Fragen wie “Du studierst das doch, kannst du mir meinen Befund erklären?” oder “Was will der Arzt mir damit sagen?” Zusammen mit Johannes Bittner (ebenfalls Medizinstudent, Dresden) und Ansgar Jonietz (Diplom-Informatiker, Trier) startete sie “Was hab’ ich?” am 15. Januar dieses Jahres. Bereits wenige Stunden nach Projektstart sendeten Patienten erste Befunde ein. Schnell wurde klar, dass das Team wachsen musste: Kommilitonen aus dem näheren Umfeld wurden kontaktiert, um fleißige Mitstreiter zu finden, nach und nach fanden sich ehrenamtliche Helfer aus ganz Deutschland.

Win-Win für Studenten und Patienten

Die inzwischen 160 Medizinstudenten arbeiten ehrenamtlich für “Was hab’ ich?” und bereiten sich damit engagiert auf ihr späteres Berufsleben vor. Die Bearbeitung realer Patientenfälle bringt die Studenten dazu, sich immer wieder neues medizinisches Fachwissen anzueignen und lehrt, Medizin patientengerecht zu erklären.

Das Team arbeitet rund um die Uhr, um die eingehenden Befunde zu übersetzen – trotzdem kann der hohe Bedarf seitens der Patienten bisher nicht gedeckt werden. Die Nutzer der Plattform zeigen sich jedoch sehr zufrieden mit der kostenlosen Dienstleistung und drücken ihre Wertschätzung in positivem Feedback und Spenden an die Studenten aus.

Über 5.000 ehrenamtliche Arbeitsstunden leistete das Mediziner-Team von “Was hab’ ich?” bereits seit Start der Website. Nahezu viral verbreitet sich die Bereitschaft zur Mitarbeit an den medizinischen Fakultäten in ganz Deutschland. Von seinem Ursprung in Dresden ausgehend fand es bereits engagierte Mitstreiter aus über 20 deutschen Städten sowie aus den Niederlanden und aus Österreich.

Bewundernswert ist bei den Medizinstudenten vor allem die hohe Zeitinvestition trotz anspruchsvollen Medizinstudiums. Hier baut das Projekt auf einen gegenseitigen Nutzen: Neben den Patienten, die vom angebotenen Service ohnehin profitieren, zeigt sich auch für Studenten durch die implizierte fachliche Weiterbildung ein sehr positiver Aspekt.

Nachhaltigkeit

Motivation für ein soziales Engagement über lange Zeit aufrecht zu erhalten, ist keine leichte Aufgabe. Im Projekt “Was hab’ ich?” besteht diese Motivation auf studentischer Seite unter anderem darin, schon während des Studiums Patienten unmittelbar helfen zu können, und sich gleichzeitig unabdingbare soziale Fähigkeiten für das spätere Berufsleben anzueignen. Während einige Studenten des Mitarbeiter-Teams ihr Studium abschließen und das Projekt in Ihrem Dasein als Arzt weiter fördern können, folgen Semester für Semester neue Studenten, um “Was hab’ ich?” mit der erwähnten Motivation zu unterstützen.

Studenten sind Studenten ein Vorbild

Neben Medizinstudium und Nebenjob zur Studienfinanzierung bleibt den Studenten selten Zeit für soziales und ehrenamtliches Engagement. Wenn sich dieses Engagement jedoch mit einem persönlichen bzw. fachlichen Nutzen verbinden lässt, zeigt sich eine weitaus höhere Bereitschaft. Das merken auch Kommilitonen, die von “Was hab’ ich?” erfahren und an ihren Studienkollegen sehen, dass sich Ehrenamt und Studium sehr gut miteinander vereinbaren lassen.

Ärzte sind Studenten ein Vorbild

Auch die Ärzte, die im Projekt ehrenamtlich mitwirken, tragen zur Motivation der Studenten bei und übernehmen gleichzeitig eine Vorbildrolle. Sie zeigen, dass es trotz oft widriger Arbeitsbedingungen möglich und erstrebenswert ist, sich Zeit für eine gute Sache zu nehmen – und dass auch im späteren Berufsleben der Patient nicht aus dem Zentrum der ärztlichen Tätigkeit verschwinden darf.

Mediziner sind Patienten ein Vorbild

In Zeiten von Ärztemangel und Einsparungen im Gesundheitssektor gerät das Bild des Mediziners, der sich Zeit für seine Patienten nehmen kann, in den Hintergrund. Vorbildlich wirkt hier der Einsatz der Studenten und Ärzte bei “Was hab’ ich?”, der Patienten zeigt, dass auch junge Mediziner diese Tugend der Ärzteschaft nicht ablegen wollen.

Mit dem Ziel, durch solche Übersetzungen ärztliche Dokumente für den Patienten verständlicher und transparenter zu machen, will “Was hab’ ich?” das Verhältnis zwischen Arzt und Patient festigen. Ein gut informierter Patient kann partizipativ am Entscheidungsprozess über seine Therapie oder anstehende Operation beteiligt werden. Die überaus große Nutzungsfrequenz unseres Angebots verdeutlicht den hohen Bedarf unter den Patienten. Über 1.500 Dokumente, die bisher bei “Was hab’ ich?” übersetzt worden sind, sind für das Team eine Bestätigung und Motivation zugleich. Und allein die große Zahl an Patienten, die sich zurückmeldet und mit ihrem durchweg positiven Feedback und einer Vielzahl an Spenden den jungen Medizinern dankt, spricht für sich!

washabich.de

Mittlerweile ist das Team von washabich.de schon sehr groß geworden – braucht aber noch viel mehr Übersetzer.

Am 31. Mai traf sich das Team erstmals im realen Leben außerhalb der Internet-Plattform. 25 Mediziner hatten sich in Dresden versammelt, um im Rahmen der 1. washabich trans#late*night gemeinsam Befunde in leicht verständliches Deutsch zu übersetzen. Doch nicht nur dort, auch in Erlangen, Gießen und Greifswald hatten sich fleißige Studenten getroffen, um sich außerhalb des virtuellen Mediziner-Netzwerkes für eine gemeinsame Ideologie – die bessere Arzt-Patienten-Kommunikation – einzusetzen.

Anmeldung für Medizinstudenten unter https://washabich.de/mitmachen

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https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/von-mediziner-latein-in-patienten-deutsch/feed/ 0
Was ist los in Flensburg? https://www.studentenpack.de/index.php/2011/05/was-ist-los-in-flensburg/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/05/was-ist-los-in-flensburg/#respond Mon, 09 May 2011 22:00:11 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=105550 Zu der Demonstration „Lübeck kämpft“ kamen 14.000 Menschen, darunter zahlreiche Flensburger.

Nicht nur solidarisierten sie sich mit Lübeck, sie machten auch auf ihre eigene Misere aufmerksam. So erinnern wir uns alle noch an das Schreiben der Haushaltsstrukturkommission, dort stand zu Flensburg: „An der Universität Flensburg wird die Qualität der Lehrerbildung gesichert. Hierzu wird sie sich zukünftig auf die nicht gymnasiale Lehramtsausbildung konzentrieren. Die wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge (800 Plätze) werden zum Wintersemester 2011/12 beendet. Den bereits Eingeschriebenen wird der Abschluss des Studiums ermöglicht. Freiwerdende Stellen im Bereich der wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge werden nicht wieder besetzt. Auf diese Weise wird das Personal schrittweise abgebaut. Einsparungen treten ab 2017 mit insgesamt 1,7 Millionen Euro ein.“

Die Universität zu Lübeck „wurde gerettet“, doch wie sieht die Entwicklung in Flensburg aus? Dem Ganzen im Internet auf den Grund zu gehen und aktuelle Informationen zu sammeln, gestaltet sich als sehr schwierig. Man findet jedoch einzelne Statements zu der aktuellen Lage in Flensburg. Schnell wird klar, es geht immer noch um 1,7 Millionen Euro, die eingespart werden sollen. Susanne Herold aus der CDU regt sich in einem Statement vom 25. April 2011 über den Kontrakurs der Opposition in Sachen Einsparungen in Flensburg auf. Weiter schreibt sie, dass die erforderliche Summe bis zum Jahr 2020 zusammengebracht werden muss. Die Flensburger Wirtschaft habe zu diesem Thema bereits große Verantwortung gezeigt und das Ziel akzeptiert. Von der Opposition wird gefordert, dass die CDU sich von den Forderungen des Wirtschaftsrates distanziert. Dieser hatte wie bereits die Haushaltsstrukturkommission vor einem Jahr die Abwicklung der wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge der Universität Flensburg gefordert. So steht in einer Pressemitteilung der SSW vom 24. April 2011: „Der SSW fordert den CDU-Landesvorsitzenden Christian von Boetticher auf, sich von der Forderung des CDU-Wirtschaftsrats nach Abwicklung der Universität Flensburg zu distanzieren. Dieser hatte gestern gefordert, die Universität Flensburg müsse zur Pädagogischen Hochschule zurückentwickelt und die anderen Studiengänge an die Universität Kiel verlagert werden. „Der CDU-Wirtschaftsrat beschießt die Hochschule und trifft damit vor allem die Wirtschaft in der nördlichen Region, die sich mit einer beispiellosen Kraftanstrengung für den Erhalt der wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge an der Universität Flensburg einsetzt“, sagt die Vorsitzende der SSW-Landtagsfraktion, Anke Spoorendonk. Ganz anders der Bericht der Wirtschaftskommission Niedersachsen. Diese empfiehlt den Standort der Wirtschaftswissenschaften in Flensburg zu halten und zu fördern, denn gerade diese stärkten den Norden und die Zukunft. Die Landes-Asten-Konferenz ist einstimmig „Sparen, streichen und abbauen sind keine zukunftsfähigen Konzepte für ein modernes Schleswig Holstein“, nachzulesen in der Pressemitteilung der LAK Schleswig-Holstein zum Jahresempfang der Universität zu Lübeck. In Flensburg steht also noch alles offen, wobei es nicht wirklich gut aussieht. Das StudentenPack informiert über weitere Ereignisse und geplante Entwicklungen.

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Im Land wo Milch und Honig fließen https://www.studentenpack.de/index.php/2011/04/im-land-wo-milch-und-honig-fliesen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/04/im-land-wo-milch-und-honig-fliesen/#respond Sun, 10 Apr 2011 22:00:02 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/wordpress/?p=316 „Herzlich willkommen, schön dass Sie da sind!“, sind die ersten Worte, die ich vom Pförtner zu hören bekomme, als ich ihm sage, dass ich Praktikantin bin und zum Studierendensekretariat der Chirurgie möchte. Und diesen Satz werde ich in den folgenden Tagen noch einige Male hören. Herzlich willkommen sind alle fünf Neuen, die sich am Morgen des 1. März vor dem Studierendensekretariat der Klinik 1 des Universitätsspitals in Basel einfinden. Drei Famulanten und zwei PJ-ler treten ihren Dienst an diesem Tag an. Alle gleichzeitig, denn die Praktika gehen hier obligat vom Monatsersten bis zum Monatsletzten. Dafür bekommt man aber im Vorfeld nicht nur Post mit allen wichtigen Infos – wie etwa, dass man einen MRSA-Abstrich und einen Hepatitis-B-Titer vorweisen muss und wo man wohnen kann – sondern auch eine wirklich umfassende Einführung am Eintrittstag. Auf welcher Station bin ich? Wo bekomme ich meine Dienstkleidung her? Wer ist für Fragen zuständig? All diese Dinge werden ausführlich geklärt. Zudem wird der Badge ausgehändigt, die obligate Zugangskarte zu OP-Trakt und Mittagessen.

Dann geht es auf Station 6.1, die Viszeralchirurgie. Ein Schweizer Unterassistent – das PJ-Äquivalent, dem zwei weitere Theoriesemestern folgen – und ich haben den gleichen Weg. Erstmal platzen wir in die laufende Oberarzt-Visite hinein, doch das ist kein Problem. Nach jedem Zimmer kommt ein weiterer Mensch im Kittel auf uns zu, gibt uns die Hand, stellt sich vor und heißt uns willkommen. Schnell sind wir mit den Oberärzten per Du und fühlen uns gleich als Teil des Teams.

Ein Land, vier Sprachen

Noch während der Visite beginne ich, den leitenden Oberarzt für seine Sprachbegabung zu bewundern: Vor der Tür spricht er ein reines, klares Hochdeutsch, am Patientenbett breitestes Berndeutsch – alternativ ein flüssiges Französisch oder ein der schweizerischen Betonung angepasstes Italienisch. Die Schweiz ist mit ihren vier Amtssprachen – Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch – sowieso sehr vielfältig. Dazu kommt, dass Basel, das direkt an Deutschland und Frankreich grenzt, eine Stadt ist, die von großen, internationalen Pharmaunternehmen geprägt wurde. Entsprechend arbeiten hier Menschen aus aller Welt und das spiegelt sich natürlich auch bei den Patienten wieder.

Die Faszination der sprachlichen Fähigkeiten anderer weicht jedoch schnell dem Schrecken, als nach der Visite ein französischer Patient aufgenommen werden muss. Französisch hatte ich zwar noch im Abi, habe es aber seither nicht mehr wesentlich gebraucht und schon gar nicht, um Patienten aufzunehmen. Also schnell das Wörterbuch im Assistenzarztbüro bemüht, die wichtigsten Begriffe notiert und rein ins kalte Wasser. Mit Händen, Füßen, einigen in den Raum geworfenen lateinischen Fachbegriffen und ein paar deutschen Wortbrocken des Patienten gelingt es dann doch: Der Patient erzählt seine Krankengeschichte und als wir später über seine Stuhlgewohnheiten fachsimpeln macht sich ein gutes Gefühl breit: Das mit den Fremdsprachen geht doch irgendwie. Und so ist es schon ein paar Tage später gar kein Problem, einen amerikanischen Biologie-Professor aufzunehmen, der Schwierigkeiten mit „Fred“, seinem künstlichen Darmausgang, hat.

Die Sprachbarriere wird die meisten deutschen Studenten in der Schweiz dennoch irgendwie begleiten. Denn der Schweizer als solcher ist stolz auf seinen Dialekt. Und während in Deutschland oft die Überzeugung kursiert, nur noch Bauern sprächen nicht nach der Schrift, ist es hier durchaus gängig, dass auch unter Akademikern Schweizerdeutsch gesprochen wird. Für mich, die ich in der Nähe der Grenze aufgewachsen bin, ein geringeres Problem. Doch da die Schweiz als Paradies für medizinisches Fachpersonal gilt, ist man auch mit dem Schriftdeutsch nicht alleine: Fünf von sechs Assistenzärzten in der Viszeralchirurgie sind Deutsche, die sechste stammt aus Brasilien. Doch auch die Eingeborenen bemühen sich in aller Regel, sich verständlich auszudrücken und wenn man dann die gängigsten Fehler vermeidet – den Dialekt zu sprechen, wenn man ihn nicht beherrscht, sich über die Sprache lustig zu machen oder sie niedlich zu finden oder davon auszugehen, dass die Dialekt-Sprechenden dumm sind – kann man eigentlich kaum etwas falsch machen. Die paar wichtigen Vokabeln lernt man dann auch so: Aufnahmen heißen hier Eintritte, der „Zustand nach“ wird zum „Status nach“, mit „Bäähsedde“ ist im OP die Pinzette gemeint und mit „Dubferli“ der kleine Tupfer. Und wem das „Grüezi“ zur Begrüßung nicht so recht über die Lippen kommen will, der kann auch mit einem freundlichen „Morgä“ – der Basler als solcher rollt übrigens das R – den Raum betreten.

Kaffee und andere Annehmlichkeiten

Wichtig ist dann nur noch die „Schale“, wenn man in der Cafeteria eine Tasse Kaffee bestellen will. Die Cafeteria sehen wir im Übrigen verhältnismäßig oft. Das „z’Nüüni“, die Schweizer Tradition, um 9 Uhr morgens ein zweites Frühstück einzunehmen, wird leicht modifiziert und an den Krankenhausalltag angepasst: Immer, wenn es auf der Station oder im OP nicht gerade brennt, wird nach der Frühbesprechung erst einmal ein Kaffee getrunken. Eine schöne Möglichkeit, um nicht nur mit den Assistenzärzten ins Gespräch zu kommen

Doch hat der Alltag in Basel noch die eine oder andere weitere Annehmlichkeit zu bieten. Hier beginnt der Tag nämlich nicht, wie in Deutschland üblich, mit unzähligen Blutabnahmen. Dafür und für das Legen von Braunülen ist das Pflegepersonal zuständig. Allgemein hat hier das nicht-ärztliche Personal deutlich mehr Kompetenzen: Im OP dürfen die Pfleger auch schon mal den Patienten waschen und die sterilen Tücher kleben und die Anästhesiepfleger sind bei längeren Routineeingriffen mitunter alleine im OP. Zudem ist die Personaldichte sehr hoch: Eine Schwester hat vier bis sechs, in Ausnahmesituationen acht Patienten, dazu kommen Schüler, Pflegeassistenten und Sitzwachen und im OP gibt es Personal, das sich ausschließlich mit der Lagerung des Patienten vor und nach der Operation beschäftigt. Den Ärzten wird so nicht nur Arbeit abgenommen, sondern auch vieles erleichtert, schon allein dadurch, dass die zuständige Schwester immer griffbereit ist und sich nicht noch um zwölf andere Patienten kümmern muss. Und wenn einer der beiden Stationsärzte doch in den OP muss, ist zumeist noch ein zusätzlicher Assistent da, der sich um den Ablauf kümmern kann.

Was bleibt, ist viel Zeit für den Patienten. Bei der Visite werden die Fragen ausführlich beantwortet, die Aufklärungsgespräche sind recht umfangreich. In der Schweiz wird übrigens noch nach der tatsächlichen Leistung abgerechnet. So kann es schon mal vorkommen, dass der Arzt die Visite mit den Worten beendet: „Von unserer Seite könnten Sie morgen nach Hause gehen – wenn Sie sich soweit fühlen.“ Während in Deutschland oft halbkurierte Patienten vor die Tür gesetzt werden, darf in der Schweiz jeder bleiben, bis er sich subjektiv fit genug fühlt, bis die Anschlussbehandlung garantiert ist oder bis jemand die Zeit hat, um den Patienten abzuholen. Interessant ist dabei auch das Versicherungssystem. Hier werden drei Klassen unterschieden. Die 3. Klasse deckt den Basisbedarf ab: Bett, Arzt, Pflege – jedoch nur in dem Kanton, wo man seinen Hauptwohnsitz hat. Wer im Krankenhaus seiner Wahl behandelt werden will, braucht eine Zusatz- oder eine 2.-Klass-Versicherung, die einem auch das Liegen in einem 2-Bett-Zimmer ermöglicht. Wer es gern luxuriös mag, sollte jedoch die 1. Klasse wählen: Einzelzimmer, Chefarztbetreuung und Hotelleriebetrieb mit Wahlmenü, Schränken aus echtem Holz und Flachbildfernseher an der Wand – in Basel kommt der Blick aus dem 7. Stock über die Altstadt dazu.

Doch nicht nur für Patienten bleibt viel Zeit. In Basel wird der Status „akademisches Lehrkrankenhaus“ durchaus Ernst genommen und so bleibt während des Monats, den ich dort verbringe, keine Frage unbeantwortet.

Richtig rapportieren lernen

Die Aufgabe der UHUs, den Unterassistenten, zu denen ich als Famulantin auch gezählt werde, ist – neben der Assistenz bei Operationen – die Aufnahme der Patienten und deren Vorstellung beim Mittagsrapport. Das beinhaltet jedoch nicht nur, wie in den meisten Blockpraktika, die kurze Anamnese und körperliche Untersuchung. Bevor man ins Zimmer geht, sollte man die Krankengeschichte bereits aufgearbeitet haben: Sprechstundenberichte, Arztbriefe, alte Entlassbriefe, Röntgenbilder, Gastrobefunde, Laborergebnisse. All das sollte im besten Fall schon in einen logischen Zusammenhang gebracht werden, bevor man den Patienten das erste Mal zu Gesicht bekommt. In den meisten Fällen hat man dann Zeit für eine wirklich ausführliche Anamnese, lernt so die Patienten auch richtig kennen und kann sie oft schon gut einschätzen.

Der mittägliche Rapport dient dann tatsächlich nur dem Informationsaustausch. Kein einziges Mal werden wir ins Kreuzverhör genommen oder gar vor den Patienten bloßgestellt. Wenn Daten fehlten, haben sich die diensthöheren Ärzte auch durchaus selbst an den Rechner gesetzt und nachgeschlagen. Und wenn fachliche Fragen gestellt werden, dann nicht um unser Wissen zu prüfen, sondern, um uns etwas beizubringen: Auf die Antwort „Das weiß ich leider nicht“ folgt meist eine freundliche, lehrreiche Erklärung.

Der OP-Trakt: Eine eigenständige Stadt

Ähnlich friedlich geht es im OP zu. Wenn der Patient nicht gerade wild am Bluten ist, ist jede Frage willkommen. Auch interessieren sich die meisten Ärzte über das Fachliche hinaus für die Person, mit der sie am Tisch stehen. So entwickelte sich manches nette Gespräch. Fehler kann man dabei kaum machen. Wenn der Haken an der falschen Stelle hält oder die Kamera bei minimalinvasiven Eingriffen wieder den Horizont verliert, wird einem zwar das Gerät aus der Hand genommen, nachdem es wieder auf der richtigen Spur ist, bekommt man es jedoch zurück. Zudem habe ich mich nie nur als Hilfsmittel gefühlt: Wenn meine Aufgabe mit einer unbequemen Haltung verbunden war – einmal musste ich über eine Stunde lang eine überdimensionierte Brust halten, wobei meine Finger ohne mein Zutun noch als Widerlager für die Haken dienten – haben die Operateure in regelmäßigen Abständen nachgefragt, ob alles OK sei, wie lange ich noch halten könne, ob ich Gefahr laufe, bald umzufallen. So etwas war ich bis dato nicht gewohnt!

Lediglich das OP-Ende unterscheidet sich nicht von Deutschland: Nähen oder Tackern dürfen in Basel auch die Unterassistenten. Es sei denn, es handelt sich um einen 1.-Klass-Patient: Hier operieren ausschließlich Chef- und leitende Ärzte, bis einschließlich zur Naht. Genäht wird in Basel übrigens nach Allgöwer, denn dieser Chirurg war hier jahrelang tätig. Der Allgöwer-Rückstich ist die Naht, die im Nahtkurs nach dem Donati-Rückstich kurz erwähnt, aber nie geübt wird. Daher war es anfangs etwas ungewohnt. Doch wie so oft wurde dann alles noch einmal im Detail erklärt und bald beherrschte auch ich die Naht.

Der OP-Trakt in Basel ist übrigens gigantisch! Das ganze Haus ist schon riesig. Und als ich das erste Mal über das Unterassistententelefon für den OP angefordert wurde, habe ich mich natürlich gleich verlaufen. Das Personal der HNO-Abteilung war allerdings so nett, mich wieder auf den rechten Weg zu bringen, und so habe ich es doch in die Umkleide geschafft. Den Weg zum Saal musste ich mir dennoch erklären lassen, der OP-Trakt erstreckt sich nämlich über vier Ebenen: Die Säle sind in den beiden unteren, zwölf an der Zahl und wirklich sauber, schön und groß – und auf dem neusten Stand der Technik! Und für alle, die vorher noch nie assistiert haben, gibt es eigens für Unterassistenten und andere Praktikanten zu Beginn des Monats eine ausführliche Einführung mit Waschkurs. Hier wird wirklich an alles gedacht.

Kritik bleibt nur wenig

Natürlich ist nicht alles nur gülden im Unispital Basel. Natürlich wird der Ton mit laufender OP-Dauer und steigendem Blutverlust knapper und rauer. Natürlich müssen hier die OP-Schwestern zunächst ihr Revier verteidigen, bevor sie handzahm werden. Und vor allem hat man eins: Lange Arbeitszeiten! In den gängigen Verträgen für Ärzte stehen 50 Wochenarbeitsstunden, was auch gerne auf Unterassistenten übertragen wird. Eine PJ-lerin einer anderen Abteilung beklagte sich während eines Gesprächs, dass sie vor lauter Arbeit und Diensten überhaupt keine Chance habe, das praktisch Erlebte auch theoretisch nachzuarbeiten oder sich sonst wie auf ihr Staatsexamen vorzubereiten. Wenigstens wird die Arbeit entlohnt: Während man in Deutschland für einen feuchten Händedruck schuftet, bekommt man – zumindest als PJ-ler, in Basel leider nicht als Famulant – in eigentlich allen Häusern der Schweiz mindestens 900 Schweizer Franken (CHF), was etwa 650 Euro entspricht. Wer allerdings nicht das Glück hat, wie ich bei der Familie unterzukommen, gibt dieses Geld mehr oder weniger komplett für die Lebenshaltungskosten aus. Das Zimmer, das man über die Klinik beziehen kann, kostet über 500 Franken und auch das Essen ist nicht gerade günstig. Ein normales Mittagessen (Hauptmenü, kein Nachtisch, keine Getränke) in der Kantine kostet 8,40 CHF, ein belegtes Brötchen in der Spital-Cafeteria um die 7 CHF, was immerhin rund 5 Euro entspricht – dafür bekommt man dann aber auch Hasenrückenfilet, Nudelauflauf mit echtem Schafskäse oder Straußenfleisch. Doch auch das Nachtleben in der Schweiz ist ordentlich teuer.

Tolle Stadt, tolles Umfeld

Dennoch lohnt es sich, mehr zu sehen als nur Klinik und Wohnheim. Basel wurde, wie eigentlich alle Schweizer Städte, im 2. Weltkrieg nicht zerstört und hat deswegen eine unglaublich schöne Altstadt mit Fachwerkhäusern, großen Plätzen, schönen Kirchen und lauschigen Gässchen. Wer zur Ruhe kommen will, kann sich an die Rheinpromenade setzen oder sich im wirklich schönen Botanischen Garten eine Parkbank suchen. Auch an Kultur ist diese Stadt sehr reich: Es gibt ein großes und viele kleine sehenswerte Theater- und Konzerthäuser, es gibt eine ganze Straße mit Kinos, Museen für jeden Geschmack – von Kunst über Cartoons und Puppenhäuser bis zu Naturwissenschaft und Geschichte – und auch der Basler Zoo mit seinen großzügigen Freigehegen ist einen Sonntagsausflug wert. Zudem liegt Basel geographisch einwandfrei: Andere Städte wie Zürich, Luzern oder Bern sind gut zu erreichen. Wer am Wochenende Ski fahren, klettern oder wandern will hat es nicht weit zu den Alpen. Auch die französischen Städte Colmar oder Mulhouse und der französische Jura sind gerade um die Ecke und wen es doch nach Deutschland zieht, der kann Freiburg besuchen, an den Bodensee fahren oder die Landschaft von Schwarzwald und Kaiserstuhl durchstreifen.

Der Einstieg ins Wochenende wird übrigens mitunter schon auf Station versüßt und zwar mit einem TGIF. Die Abkürzung steht für „Thank God it’s Friday“ und sieht vor, dass derjenige, der eine Operation zum ersten Mal gemacht hat – was meist die Assistenten trifft – oder dem eine außergewöhnliche Operation zugeteilt wurde – hier kommen auch die diensthöheren Ärzte in Betracht – freitags einen „Apéro“ ausgibt. Aufgabe der Unterassistenten ist es, die Brote, den Lachs, den Käse, Knabbereien und andere Feinheiten, einschließlich einiger Flaschen Wein, zu besorgen und den Tisch zu decken. Und dann kommen alle zusammen, sitzen um den großen Tisch im Aufenthaltsraum und haben gemeinsam eine gute Zeit.
Das TGIF ist nur einer der vielen wirklich schönen Momente in Basel. Die gute Atmosphäre und das entspannte Arbeiten entschädigen durchaus für die langen Arbeitstage. Und wenn ich mir demnächst Gedanken um einen PJ-Platz mache, steht die Schweiz doch nach wie vor sehr weit oben in meiner Wunschliste!

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