Timon Kolterjahn – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Mon, 01 Jul 2013 09:48:10 +0000 de-DE hourly 1 Das tägliche Klein-Klein https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/das-tagliche-klein-klein/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/das-tagliche-klein-klein/#comments Mon, 13 May 2013 11:00:16 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=137409
Die Parteien buhlen wieder um Bürgerschaftssitze.

[media-credit id=14 align="aligncenter" width="645"] Die Parteien buhlen wieder um Bürgerschaftssitze.

„Wir leben in einer Demokratie! Da dürfen wir nicht in eine Zuschauermentalität verfallen. Man ist aufgefordert zum Mitmachen. Das Mitmachen beinhaltet für die Bürger, sich zu informieren über die Wahlprogramme der Parteien“, drängt Anette Röttger, bildungspolitische Sprecherin und Kreisvorsitzende der CDU in Lübeck, auf mehr Beteiligung am politischen Leben. Vor allem in Zeiten von Wahlen werden wir Bürger oft daran erinnert, wie wichtig es ist, dass wir unser Wahlrecht ausnutzen und demokratische Parteien wählen. So also auch jetzt. Am 26. Mai ist wieder Kommunalwahl. In Lübeck sind 175.000 Bürger dazu aufgerufen, ihre Vertreter in die Bürgerschaft zu wählen.

Die Bürgerschaft, das unbekannte Wesen

Die Bürgerschaft ist die Vertretung der Lübeckerinnen und Lübecker im Rathaus. Sie entscheidet über alle kommunalpolitischen Themen, wie zum Beispiel den Lübecker Haushalt, städtische Bauvorhaben und Kindergärten. „Man besucht um die acht Sitzungen im Jahr, diese müssen natürlich vor- und nachbereitet werden“, berichtet Oliver Dedow von den Piraten. Die Bürgerschaft besteht normalerweise aus 49 Mitgliedern. Aufgrund von Überhangmandaten und durch den Wegfall der Fünf-Prozent-Hürde waren es in der vergangenen Legislaturperiode 60 Mitglieder. Insgesamt zehn verschiedene Parteien, Wählerbündnisse und zusätzlich parteilose Mitglieder sind gewählt. „Hier kann man die Interessen der Bürgerinnen und Bürger hautnah vertreten. Man ist mit den Bürgerinnen und Bürgern hautnah in Kontakt“, freut sich Antje Jansen von der Partei LINKE. Die Bürgerschaft macht die Politik für das tägliche Geschehen in Lübeck.

Kommunalpolitische Ämter sind Ehrenämter. Insgesamt 15 bis 20 Stunden verbringe ein Kommunalpolitiker mit seinem Ehrenamt, meint Antje Jansen. Auch CDU-Frau Anette Röttger berichtet: „Die Kommunalpolitik fordert mich täglich ein.“ Die Mitglieder der Bürgerschaft bekommen zwar Aufwandsentschädigungen für ihre Tätigkeit, aber es gibt auf der kommunalpolitischen Ebene keine Berufspolitiker. „Da gehört ja auch einiges dazu, nicht nur die Teilnahme an Sitzungen. Da ist auch viel drum herum. Man geht mal zu Bürgerverbänden, setzt sich in andere Ausschüsse oder recherchiert“, berichtet Oliver Dedow. Insgesamt trifft sich die Bürgerschaft etwa einmal im Monat zu ihrer Sitzung, dort wird dann über Beschlüsse, die vorher in den diversen Ausschüssen gefasst wurden, beraten und abgestimmt.

In diesen 18 Ausschüssen beraten „Fachleute“ über den jeweiligen Fachbereich. Einige Themenbereiche sind Finanzen, Schule und der Kurbetrieb in Travemünde. Für die Vorbereitung der Bürgerschaftssitzungen gibt es zusätzlich den Hauptausschuss, der koordiniert, welche Themen in der nächsten Sitzung besprochen werden. Fasst einer der Ausschüsse einen Beschluss, wird dieser in der Bürgerschaft vorgestellt und dort wird endgültig darüber abgestimmt. Allerdings kann es vorkommen, dass die Mehrheit in der Bürgerschaft den Ausschüssen nicht zustimmt. „Die Ausschüsse müssten viel mehr Entscheidungskompetenz haben, in der Bürgerschaft sollten diese Beschlüsse nur noch durchgewunken werden. Es kann nicht sein, dass Fraktionen anders abstimmen als ihre Vertreter es vorher im Ausschuss getan haben“, beschwert sich Pirat Oliver Dedow über die aktuelle Situation in der Bürgerschaft. „Die Ausschusssitzungen sind wirklich uninteressant. Das muss man einfach so sagen“, beklagt sich Timon Kolterjahn von der FDP, der sich sicherlich auch mehr Kompetenzen in den Ausschüssen wünschen würde. Kommunalpolitik kann somit auch frustrierend sein.

Einstieg in die Politik

Warum sind trotzdem einige Lübeckerinnen und Lübecker motiviert, sich in die Bürgerschaft wählen zu lassen? SPD-Mann Jan Lindenau kann da eine sehr konkrete Motivation angeben: „Mein damaliger Grund war der Anschlag auf die Lübecker Synagoge. Ich hatte das Gefühl, dass man sich mehr einbringen muss, um die Demokratie, die Freiheit und auch das Gemeinwohl weiter zu stärken, damit es keinen Nährboden gibt für rechtsradikale Tendenzen.“ Er engagierte sich zuerst überparteilich und später parteigebunden. Heute, 16 Jahre später, ist Lindenau Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses und auch Vorsitzender des Finanzausschusses. Im Jahre 2011 ist Lindenau als Nachrücker in die Bürgerschaft eingezogen.

Der ’86 geborene Politikwissenschaftsstudent Timon Kolterjahn von der FDP fühlt sich zu Höherem berufen. „Kommunalpolitik ist der Einstieg in die Politik“, erklärt Kolterjahn. Außerdem glaubt er, auf der kommunalen Ebene eher etwas verändern zu können. Ähnlich sieht das auch die 63 Jahre alte Erzieherin Antje Jansen, die bis 2012 für die LINKE im Schleswig-Holsteinischen Landtag und gleichzeitig Bürgerschaftsabgeordnete in Lübeck war. „Ich finde Kommunalpolitik bringt mehr Spaß, weil man da näher am Bürger ist“, resümiert sie ihre Zeit in der Landespolitik. „Da kann man über Themen entscheiden, die die Bürgerinnen und Bürger bewegen. Es bringt Spaß, da man Erfolge hat“, freut sie sich.

Etwas politisch umzusetzen war auch der Gedanke, als Anette Röttger sich 2008 entschied, zum ersten Mal für die Bürgerschaft zu kandidieren. Die Mutter von drei Kindern engagierte sich bereits über Jahre hinweg im vorpolitischen Umfeld. Als aktives Mitglied im „Landfrauen“-Verein stieß sie immer wieder auf Themen, die sie ändern wollte. „Vor wenigen Jahren wurde ich dann aufgefordert, genau dies zu tun, unsere Wünsche politisch umzusetzen und mich für die Bürgerschaft aufstellen zu lassen.“ Seitdem sitzt sie in der Bürgerschaft und freut sich, dass sie sich im Bereich Bildungs- und Schulpolitik verwirklichen kann. „Mit drei schulpflichtigen Kindern bin ich gerade in diesem Thema sehr fit“, begründet die bildungspolitische Sprecherin der CDU Lübeck ihre Schwerpunktwahl. Gerade im Bildungsbereich sind Landes- und Kommunalpolitik sehr verzahnt. Die Stadt ist Schulträger und daher zuständig für die Schulgebäude sowie Hausmeister und Schulsekretärinnen, während die inhaltlichen Fragen im Landtag besprochen und geklärt werden. An dieser Stelle, aber auch bei anderen Themen, wird Kommunalpolitik häufig mit Landespolitik verwechselt. „Da ist es unsere Aufgabe, den Unterschied darzustellen, aber die Anliegen der Bürger auch in die Landes- und Bundesebene zu tragen“, verspricht Silke Mählenhoff.

Mählenhoff kandidiert in diesem Jahr zum ersten Mal für die Bürgerschaft in Lübeck. Obwohl sie seit dreizehn Jahren in Lübeck wohnt, war sie bisher im Grünen-Kreisverband Ostholstein engagiert, da sie auch dort in einem Jobcenter arbeitet. Ein kommunalpolitisches Amt konnte sie dort allerdings nicht bekleiden, da man das nur an seinem Wohnort kann. So kam die Hobby-Politikerin zu den Lübecker Grünen. „Da sich die Lübecker Grünen momentan personell umstrukturieren, passte es insofern ganz gut, dass ich mich jetzt hier engagiere“, freut sich die Umweltfreundin. Mählenhoff ist schon seit gut 25 Jahren für die Umwelt und den Umweltschutz aktiv. Ihr Engagement möchte sie auch in der Lübecker Bürgerschaft weiterführen. „Zu meinen Themen wird der Ausbau des Radwegnetzes in Lübeck gehören, dazu kommen Themen wie die Kläranlage und die Deponie in Ihlendorf. Da müssen wir für den Umweltschutz eintreten.“ Doch nicht nur auf kommunale Themen werden Kommunalpolitiker des Öfteren angesprochen, häufig ist der Unterschied zur Landespolitik den Bürgerinnen und Bürgern nicht direkt geläufig. „Das passiert häufig wenn man in der Breiten Straße steht“, empfindet Anette Röttger (CDU). Neben dem Thema Bildung ist die Steuergesetzgebung einer der Schwerpunkte, bei denen Kommunalpolitiker wenig Macht haben. Der Haushalt sei, so Oliver Dedow (Piraten), zu 90 Prozent vorgegeben, mit den restlichen zehn Prozent könne man arbeiten.

Die Themen, die eigentlich nicht in die Kommunalpolitik gehören, werden trotzdem auch in der Bürgerschaft diskutiert. „Da wird über viele Sachen gesprochen, die in Lübeck gar nicht umsetzbar sind. Vieles ist für eine Bürgerschaft auch eigentlich gar nicht relevant. Da müsste man viel mehr differenzieren“, behauptet Timon Kolterjahn und erinnert sich an eine Resolution der Lübecker Bürgerschaft gegen die Todesstrafe vor zwei Jahren. Wie Resolutionen funktionieren erklärt Antje Jansen (LINKE): „Mit einer Resolution beauftragen wir dann den Bürgermeister, sich im Landtag oder im Bundestag für die und die Fragen einzusetzen. Der Bürgermeister schickt das an den Bundestag, dann wird gesagt, dass sie es bekommen haben, aber nichts daran ändern. Die entscheidenden Fragen werden auf der Bundes- und Landesebene behandelt.“ Timon Kolterjahn resigniert: „Das kann in Lübeck ausgesprochen werden, landet dann aber im Ministerium in Kiel in irgendeiner Schublade.“

Streiten und Entscheiden

Über die verbleibenden kommunalen Themen kann man sich trotzdem vorzüglich streiten. „Am meisten gestritten wurde über die Finanzen. Ob man jetzt dem Konsolidierungskurs zustimmt, wo man kürzt, wo man spart, wo es Mehreinnahmen geben kann“, berichtet Antje Jansen aus den letzten fünf Jahren in der Bürgerschaft. „Die weitere Rekordverschuldung der Stadt ist eine ganz fatale und traurige Entwicklung“, findet Anette Röttger (CDU). Darin sind sich die Bürgerschaftler parteiübergreifend einig. „Juristisch ist es nämlich so, dass Gesellschaften und Privatpersonen eine Insolvenz eingehen können, Lübeck kann das nicht. Das ist eine rechtliche Vorgabe, vielleicht kann man da auf Bundesebene etwas ändern“, erklärt Oliver Dedow von der Piratenpartei die Rechtslage. Dedow arbeitet eigentlich in einer Kanzlei als Rechtsanwalt und hat sich auf Straf- und Verkehrsrecht spezialisiert. „Wir wollen den Bürgerhaushalt, damit sich die Bürger einbringen können. Es ärgert mich ungemein, dass die Bevölkerung so viele Ideen hat, die zu Hause oder am Stammtisch formuliert werden, die aber nicht ins Rathaus gelangen, weil es dafür keine Plattform gibt.“ Vielleicht braucht es einen neuen Ansatz. Die Stadt hat aktuell 1,3 Milliarden Euro Schulden mit einer jährlichen Neuverschuldung von rund 80 Millionen Euro. Das Konzept eines Bürgerhaushalts beinhaltet, dass sich die Bürger aktiv an Finanzentscheidungen beteiligen können. Dieses Projekt wird in Schleswig-Holstein bereits in einigen Kommunen ausgetestet. Für Lübeck wurde allerdings noch kein funktionierendes Konzept entwickelt. Mit dieser Idee können sich auch die Parteien SPD, LINKE und Grüne anfreunden. „Finanzpolitische Entscheidungen […] werden wir im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern treffen“, verspricht Jan Lindenau (SPD). Er arbeitet hauptberuflich in einer Bank und verbringt so sehr viel Zeit mit Zahlen. „Der Haushalt wird immer ein Thema bleiben.“

Zersplitterung und Fluktuation

Entscheidungsfindung ist in der aktuellen Bürgerschaft schwierig. Das Bundesverfassungsgericht hat die Fünf-Prozent-Klausel für Kommunalwahlen abgeschafft. Deshalb kam es zu einer Splitterung der Lübecker Bürgerschaft. In der letzten Legislaturperiode waren zehn verschiedene Parteien vertreten. Jetzt kandidieren elf Listen. Eine Partei braucht bei 49 vorgesehenen Sitzen für einen Sitz in etwa zwei Prozentpunkte. CDU-Frau Röttger mahnt an: „Wir brauchen keine Splitterungen oder kurzfristigen Aktionismus. Wir brauchen den weiten Blick und im Grunde genommen die längerfristigen Perspektiven.“ Die Zersplitterung frustriert auch Jan Lindenau: „Es können keine verlässlichen Mehrheiten gebildet werden, die für verantwortungsvolle Politik zwingend erforderlich sind. Ständig gibt es wechselnde Positionen bei den kleineren Wählergemeinschaften. Setzt sich ein Mitglied einer Wählervereinigung mit seiner Ansicht nicht durch, gründen sich neue Fraktionen und Wählervereinigungen.“ Ganz anders sieht dies naturgemäß Pirat Dedow. „Als kleine Fraktion, oder auch als Parteiloser habe ich die Möglichkeit, auf […] Missstände aufmerksam zu machen, und kann Ideen einbringen.“ Dedow entschloss sich vor einigen Jahren, einen neuen Bürgerverband mit einigen Mitstreitern zu gründen, die „Bürger für Lübeck“ (BfL). Für diese Fraktion ist er 2009, nachdem eins der gewählten Fraktionsmitglieder aus Lübeck wegzog, in die Bürgerschaft eingezogen. Mittlerweile hat Dedow die BfL verlassen und ist bisher als Parteiloser in der Bürgerschaft. „Ich bin da momentan noch als Einzelkämpfer unterwegs, hoffe aber, dass wir nach der Wahl eine richtige Fraktion werden.“ Die Mitglieder einer Partei, die in die Bürgerschaft gewählt wurden, werden zur Fraktion, sobald sie mit mehr als drei Personen gewählt wurden.

Hier finden die Bürgerschaftssitzungen statt.

[media-credit id=16 align="aligncenter" width="645"] Hier finden die Bürgerschaftssitzungen statt.

Zusätzlich zur Splitterung der Parteienlandschaft ist auch die große Fluktuation an Abgeordneten ein Problem, in den letzten fünf Jahren wurden mehr als ein Drittel der Mitglieder ausgetauscht. Scheidet eine Person aus der Bürgerschaft aus, rückt der nächste auf der Liste nach, so auch Jan Lindenau und Oliver Dedow. Die Fraktionen bekommen dann von der Stadt einen gewissen Etat und Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Insgesamt bekommen die Fraktionen zusammengerechnet 770.000 Euro von der Stadt. Dieses Geld wird zwischen den Fraktionen anhand der Mehrheitsverteilungen in der Bürgerschaft aufgeteilt. Die Fraktionen bezahlen von diesem Geld beispielsweise ihre Fraktionsgeschäftsführer. Dedow ist der Meinung, dass das zu viel Geld sei und möchte auf Missstände hinweisen: „Die Fraktion der Piratenpartei im Landtag hat das Geld, das übrigblieb von dem erhaltenen Fraktionsgeld, an das Land zurückgegeben. Das kommt bei anderen Parteien nicht so häufig vor. Da wird lieber noch eine Ausfahrt geplant.“

Doch was geht das ganze Diskutieren, Streiten und Beschließen nun Studenten an? Die meisten Studenten wohnen in Lübeck und sind hier wahlberechtigt. Aber ist Kommunalpolitik wirklich so wichtig für uns? Was wird da entschieden, das uns tatsächlich angeht? „Wo finde ich eine günstige Wohnung? Ist wohl eine der wichtigsten Fragen, die Sie sich stellen müssen, oder?“, beantwortet Silke Mählenhoff von den Grünen diese Frage. In den letzten Jahren hat die Stadt größtenteils Eigentumswohnungen bauen lassen. In den nächsten fünf Jahren werden sich die Fraktionen dafür einsetzen, dass auch der soziale Wohnungsbau weitergeführt wird. Auch die Linken-Politikerin Jansen sieht dies genauso. Sie wirbt dafür, dass sich auch Studenten in der Kommunalpolitik einsetzen sollten. „In den einzelnen Parteien der Bürgerschaft gibt es zu wenig junge Leute, die vielleicht auch das ganze Geschehen in der Bürgerschaft umkrempeln könnten. Im Durchschnitt sitzen dort ja immer noch die Älteren.“ Jansen hält es auch für wichtig für Lübeck, dass es viele Studenten gibt. Sie ist noch immer beeindruckt von der „Lübeck kämpft“-Aktion im Sommer 2010. Auch die Frage nach Arbeitsplätzen ist für Studenten interessant. Einmal während des Studiums, aber auch danach. „Wir als CDU sind in dieser Hinsicht auch sehr bestrebt, dass wir hier in Lübeck auch bezahlte Arbeitsplätze schaffen“, erklärt Anette Röttger die Pläne ihrer Partei für die nächsten fünf Jahre. Die Bürgerschaft möchte Lübeck als Wissenschaftsstandort weiterhin stärken. Auch „Lübeck kämpft“ ist immer noch ein Thema für die Kommunalpolitiker. Die Kreativität und der Ideenreichtum der Studenten haben die Bürgerschaft beeindruckt. „Ich hätte gerne mehr von der Uni hier in der Stadt und vielleicht auch mehr von der Stadt in der Uni“, wirbt Grünenpolitikerin Mählenhoff für die Vernetzung von Uni und Stadt. Auch die Lübecker Schulen sollen mehr mit der Universität vernetzt sein.

Weitere Themen, die für Studenten relevant sind, sind wohl der Busverkehr, der ausgeweitet werden soll. Vielleicht wird es weitere Bahnstationen zusätzlich zu dem Bahnhof in St. Jürgen geben. Für Studenten mit Kind ist es wichtig, dass die Bürgerschaft sich für eine bessere und flexiblere Kinderbetreuung einsetzen will.

Mehr Transparenz für Lübeck

Weiterhin wird es in Lübeck um Transparenz in der Politik gehen. Die Piraten fordern bekanntermaßen schon lange eine öffentlichere Politik. Das Konzept wird auch „gläsernes Rathaus“ genannt. „Es wäre vielleicht einfacher für den Bürger, die Kommunalpolitik zu verstehen, wenn er den Politikern auch mal über die Schulter schauen könnte”, motiviert Pirat Dedow. Ein Schritt in diese Richtung ist das neue Bürger- und Ratsinformationssystem „Allris“. Das ist ein Internetportal, auf dem Informationen wie Verwaltungsvorlagen und politische Beschlüsse zur Verfügung gestellt werden. „Das sollte noch viel mehr ausgeweitet werden“, findet FDP-Kandidat Timon Kolterjahn. Einige der Parteien möchten sich dafür einsetzen, dass die Bürgerschaftssitzungen per Livestream im Internet übertragen werden. Durch Bookmarks können dann die Diskussionen über bestimmte Themengebiete findbar gemacht werden. „Von Bürgerbeteiligung halte ich sehr viel“, bestätigt auch Silke Mählenhoff (Grüne), „das finde ich sehr kostbar.“ Im Zeitalter des Internets werde man da eine Lösung finden können.

Dies ist auch nötig, denn der Mehrheit der Kommunalpolitiker fällt es gerade zu Wahlkampfzeiten auf, dass die Bürger nicht ausreichend informiert sind über das, was im Rathaus vorgeht. „Es kommt ja immer viel Protest, wenn es um Kürzungsgeschichten geht, wie Privatisierung oder sowas, dann gibt es immer einen großen Protest vor dem Rathaus“ sagt Antje Jansen (LINKE). „Ich höre leider in der Bevölkerung eine Verbitterung gegenüber der Politik. Ich mag mich manchmal schon gar nicht outen als Politiker, es käme häufig besser an, wenn ich Sportler wäre. Ich bitte aber alle anderen, dort mitzumachen und ihre Ideen einzubringen“, ruft Oliver Dedow von der Piratenpartei auf.

Die Frage ist nun, wer zieht eigentlich die Fäden in der Kommunalpolitik und wie viel Macht haben die gewählten Vertreter? „Der Souverän ist das Volk. Wir Politiker geben den Auftrag an die Verwaltung, etwas auszuarbeiten oder umzusetzen“, glaubt Silke Mählenhoff. Doch die Kandidaten, die bereits Mitglieder in der Bürgerschaft waren, sehen dies etwas anders. „Bürgerschaftsbeschlüsse werden durch die Verwaltung, möglicherweise aufgrund von Bearbeitungsvorgängen, anders mit Priorität versehen, als die Bürgerschaft sich dies wünscht.“, berichtet Jan Lindenau aus seinen Erfahrungen. Anette Röttger von der CDU sieht dies nicht ganz so eng: „Die Hauptverwaltung ist die hauptamtlich arbeitende Ebene, während die kommunalpolitische Ebene immer ehrenamtlich bleiben wird. Es ist nicht vorgesehen, dass die Kommunalpolitiker die Verwaltungsvorlagen erstellen sollen. Das würde auch nicht funktionieren.“ Auch Timon Kolterjahn von der FDP sieht die Situation kritisch: „Eigentlich müssen die gewählten Vertreter das alles beeinflussen. Mittlerweile ist der Spielraum sehr stark eingeschränkt.“ Er beschwert sich weiterhin, dass es nicht sein könne, dass die Verwaltung selbstständig entscheide und daraufhin die Politik gezwungen sei, einen Nachtragshaushalt einzureichen. „Das sind Sachen, die müssen schleunigst unterbunden werden.“ „Es gibt schon mal ein Kräftemessen zwischen Verwaltung und Politik“, sagt Jan Lindenau (SPD). „Wenn wir beispielsweise in die Finanzen mal hineinschauen wollen, wird das immer gleich boykottiert“, so Antje Jansen, die parteiübergreifend dazu aufruft, die Initiative zu ergreifen: „Der Bürgermeister steht der Verwaltung vor und der muss geknackt werden!“

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Interview mit Timon Kolterjahn (FDP) https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-timon-kolterjahn-fdp/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-timon-kolterjahn-fdp/#respond Sat, 11 May 2013 22:00:20 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=139626 FDP-6490
Timon Kolterjahn

StudentenPACK: Hallo Timon, schön, dass das geklappt hat. Du bist ja noch nicht so alt und studierst noch. Welche Motivation steckt dahinter, dich für die Kommunalpolitik zu engagieren?

Timon Kolterjahn: Zum einen ist Kommunalpolitik der Einstieg in die Politik, zum anderen kann man in der Kommunalpolitik am schnellsten etwas verändern und bewegen. Über den Jugendverband der FDP kann man, gerade bei der Kommunalpolitik, einen Einblick gewinnen. Wie man sieht, stehe ich schon jetzt zur Wahl, obwohl ich erst vor ein paar Jahren beigetreten bin. Gerade bei der Bürgerschaft kann man auch mal direkter sagen: “Ich möchte den Finanzplan dahingehend ändern.” oder “Ich möchte folgende Projekte mit unterstützen.” Das ist dann auch der typische Einstieg.

PACK: Möchtest du auch irgendwann mal in die Landespolitik?

Timon: Am liebsten natürlich ja, allerdings ist es erstmal Utopie, dass ich soweit komme. Es gibt viele, die das gerne möchten und wie wenige schaffen es? Außerdem studiere ich zurzeit noch und bereite mich darauf vor, Lehrer zu werden.

PACK: Seit wann bist du in der FDP engagiert?

Timon: Mitglied bei der FDP bin ich seit 2007. Wirklich engagieren tue ich mich seit zwei Jahren, da ich es vorher zeitlich nicht geschafft habe.

PACK: Was gehört für dich zu den kommunalpolitischen Themen?

Timon: Ich studiere gleichzeitig Politikwissenschaften, dementsprechend kann man es dahingehend eingrenzen, dass man klärt, was Kommunalpolitik ist. Also was in der Kommunalpolitik möglich ist. Viele möchten große Sachen verändern, wenn sie in der Kommunalpolitik tätig werden. Sie lassen dann Beschlüsse zu, die die Kommunalpolitik nicht verändern können und nichts bewirken können. Wir hatten vor zwei Jahren einen Antrag gegen die Todesstrafe. Das kann in Lübeck ausgesprochen werden, landet dann aber im Ministerium in Kiel in irgendeiner Schublade. Ich denke es ist wichtig, die Situation in Lübeck vor Ort zu ändern. Das sind zum größten Teil die Rahmenbedingungen. Bildungspolitik kann in Lübeck nicht gestaltet werden. Das wird in Kiel gemacht und ist auch so in der Verfassung festgeschrieben. Wir selber können die Rahmenbedingungen stellen, dass man sagt, die Schulen, die Wege zur Schule und alles, was den Schüler tangiert, kann beeinflusst werden. Das ist in der Wirtschaftspolitik genau so. Man kann vor Ort keine Wirtschaftspolitik betreiben. Man kann allerdings Gespräche führen und versuchen, Firmen nach Lübeck zu bekommen. Allerdings sind auch dies wieder nur Rahmenbedingungen, die man schaffen kann. So ist es mit fast allen Bereichen. Man hat nur ein relativ kleines Budget und man muss gucken, dass man damit die Rahmenbedingungen herstellt, sodass das jeweilige Politikfeld vernünftig agieren kann. Das ist in der Sozialpolitik genau so. Man kann die Familien nicht dazu zwingen, zu einem zu kommen und Hilfen an zu nehmen. Heute Vormittag war ich in Moisling und man kann die Familien dort nur ansprechen und ihnen sagen: “Wir machen etwas Vernünftiges für euch.” Oder aber man kann dort eine Einrichtung hinstellen mit qualifiziertem Personal, die die Leute ansprechen, aber auch dies sind wieder nur Rahmenbedingungen.

PACK: Bisher warst du ja noch nicht in der Bürgerschaft. Inwieweit hast du schon politische Erfahrungen gemacht?

Timon: Ich war bisher noch nicht Mitglied der Bürgerschaft, das ist richtig. Bislang bin ich stellvertretendes Mitglied im Sozialausschuss und im Schul- und Sportausschuss. Vor acht Jahren war ich Landesschülersprecher. Da habe ich versucht gegen G8, also gegen das verkürzte Abitur in Schleswig-Holstein, zu arbeiten. Allerdings haben wir das nicht so geschafft, wie wir uns das gewünscht haben. Weitere politische Erfahrungen habe ich bisher noch nicht.

PACK: Aus meiner Erfahrung und denen meiner Kommilitonen kann ich sagen, dass Zeit für außeruniversitäre Aktivitäten sehr knapp ist. Hast du neben dem Studium noch Zeit für Kommunalpolitik?

Timon: Es ist natürlich eng. Ein Vorteil als Student ist aber, dass man zu den komischsten Zeiten Zeit hat. Es ist nicht wie beim Arbeitgeber, dass man feste Zeiten hat. Und wenn dann mitten in der Woche um 14:00 Uhr Ausschusssitzung ist, dann schaue ich halt, dass ich einen anderen Kurs in der Woche belege. Aber sonst ist Kommunalpolitik wirklich ein Full-Time-Hobby. Wenn man Kommunalpolitik richtig betreibt ist es ein Halbtagsjob. Also muss ich gucken, dass ich in den Semesterferien Geld verdiene, sodass ich dann ein halbes Jahr Kommunalpolitik machen kann, weil ich es nebenbei nicht auch noch schaffe arbeiten zu gehen.

PACK: Du studierst in Lüneburg und machst Kommunalpolitik in Lübeck. Ist es nicht recht kompliziert, wenn man immer Pendeln muss? Wie schafft man das?

Timon: Ja also einfach ist es nicht, aber das meiste findet mittlerweile über Daten statt. Der Laptop ist quasi der ständige Begleiter. Die ganzen Papiere für die Ausschusssitzungen bekommt man zugeschickt. Aber das meiste ist im Internet eingestellt, wo allerdings zum Teil nur die Fraktionsmitglieder Zugriff haben. Sodass man auch die nicht-öffentlichen Bereiche der Stadtverwaltung, die es ja immer wieder gibt, einsehen kann Und man muss nur zu bestimmten Zeiten, wenn man Präsenz-Zeit hat, wirklich in Lübeck vor Ort sein. Das geht dann noch. Allerdings ist mein Herz immer in Lübeck geblieben und daher habe ich nie gesagt, ich bin dauerhaft weg.

PACK: Glaubst du, dass die Lübecker Bürger darüber Bescheid wissen, was im Lübecker Rathaus passiert?

Timon: Zu wenig glaube ich. Ich glaube die meisten sehen eher die große Politik selbst. Im letzen Jahr war ich an der Hanse-Schule und habe dort ein Praktikum gemacht und dort auch selbst in einer Politik-Klasse unterrichtet. Letztes Jahr zu den Landtagswahlen wurde ich von einer über Dreißigjährigen, die sich das erste Mal richtig mit der Wahl beschäftigt hat, angesprochen. Diese Dame wusste nicht, dass sie zwei Stimmen hat, und sie wusste nicht, dass sie bei einer Landesentscheidung nicht über Angela Merkel entscheidet. Das sind natürlich Einzelfälle, Extrema, das ist klar, aber es zeigt doch, dass sich vermehrt auf die Bundespolitik konzentriert wird. Was auch klar ist, da es jeden Abend in der Tagesschau gezeigt wird. Aber je mehr es in das kleinere geht, desto weniger wird sich damit beschäftigt. Deshalb befürchte ich, dass sich die wenigsten ausreichend mit der Kommunalpolitik beschäftigen. Das sieht man auch daran, dass viele bei ihren Wahlkampfthemen weit weg von kommunalpolitischen Themen sind. Das kann zum Teil eine Bürgerschaft gar nicht beeinflussen.

PACK: Wird man auf Wahlkampfveranstaltungen auf nicht-kommunalpolitische Themen angesprochen, an denen, wenn man in die Bürgerschaft gewählt wird, gar nichts ändern kann?

Timon: Ja. Das ist in der Regel so. Derzeit, als FDPler, wird man andauernd auf die Bundespartei angesprochen. Da kann man auch gerne drüber reden, nur müssen die Bürger auch wissen, dass das mit der Situation in Lübeck nichts zu tun hat. Im Bund herrscht vor allem eine ganz andere Situation, ob es jetzt finanziell ist oder die Basis der Entscheidungsfindung, das ist ganz anders als hier in Lübeck. Hier hat man zum Beispiel eine Vielzahl von kleineren Parteien und Wählergruppierungen, die berücksichtigt werden müssen. Außerdem ist Lübeck nicht annähernd finanziell so potent wie der Bund.

PACK: Was hältst du von den ganzen Splitterparteien? Ich habe bisher verschiedene Meinungen gehört. Die einen sagen, dass es total gut ist, da sich die Bürger einbringen können ohne, dass sie in großen Parteien sind. Die anderen halten es für kontraproduktiv, weil es die Entscheidungsfindung erschwert. Was sagst du dazu?

Timon: Von der Idee ist es natürlich nett, dass man sich dadurch an der Politik beteiligen kann. Allerdings sind die zum großen Teil vom Gerüst her aufgebaut wie eine herkömmliche Partei, wie zum Beispiel die FDP. Sie müssen sich genauso zusammen setzten und haben mittlerweile Größen erreicht, wo sie sich in größeren Gruppen zusammen setzten müssen und wo nur noch wenige es hinterher in der Bürgerschaft umsetzen. Also ist die Idee, dass man dort hin geht und durch seine Meinung direkten Einfluss hat, nicht mehr gegeben. Wobei der Witz ist, dass der Bürgermeister nicht mehr direkt gewählt wird. Da die 5%-Hürde vom Bundes-Verfassungsgericht gekippt worden ist, wird die nächste Bürgerschaft sehr kleinteilig sein. Und dabei eine Regierungsmehrheit zu finden ist schwierig. Wenn wir wirklich unsere acht oder neun Parteien in der Bürgerschaft zusammen bekommen würden, dann hätten wir hinterher so viele verschiedenen Meinungsträger, dass man sie nicht unter einen Hut bringen kann. Man sieht das schon, wie schwer es ist, bei einer Drei-Parteien-Koalition eine Entscheidung zu treffen. Noch mehr Parteien unter einen Hut zu bekommen macht Lübeck unregierbar. Eventuell wird Lübeck dann dauerhaft von einer großen Koalition regiert werden.

PACK: Welches sind die Themen, die deiner Meinung nach in den nächsten fünf Jahren wichtig werden?

Timon: Das Wichtigste ist für uns zum einen die Finanzsituation: Wir haben 1,3 Mrd. € Schulden mit einer jährlichen Neuverschuldung von rund 80 Mio. €. Einige sprechen von Spardiktaten und Sparzwängen, aber es ist nun mal so, dass eine Stadt sich die Kredite holen muss. Der Stadtkämmerer verhandelt täglich mit den Banken über die Dispo-Kredite. Es ist so, dass sich die Stadt Lübeck zurzeit zum größten Teil nur über Dispo-Kredite finanziert. Das ist so, als würde man bei seiner Bank das Girokonto dauerhaft überziehen. So agiert derzeit Lübeck. Im Dezember habe ich mit dem Kämmerer telefoniert und er meinte, dass er aus seiner langjährigen Berufserfahrung durchschnittliche Zinsen von 3-4% kennt. Lübeck hingegen zahlt derzeit Zinsen von unter 1%. Sobald der Zinssatz steigt, muss Lübeck viel mehr Geld aufnehmen, um überhaupt die Zinsen abzahlen zu können. Und das ist eine Situation, die wir aus Griechenland kennen. Sollte es so weit kommen, dann wird es auch schwer werden, jemanden zu finden, der Lübeck leiht. Sollten die Banken in eine Krise kommen, ist dieser niedrige Zinssatz nicht mehr gesichert. Dann hat Lübeck von einem auf den anderen Tag kein Geld mehr. Die nächstgrößeren Probleme sind die offensichtlichen. Die Lübecker Brücken sind marode und quasi zu Tode gespart worden. Dort muss man sehen, wie sinnvoll eine Investition ist. Wenn man einmal investiert, dann hält die Brücke relativ lang. Wenn man hingegen immer nur ein bisschen investiert, dann halten die Brücken nur kürzer und man hat mehr Geld rein gesteckt. Man sieht dies auch bei der Flickerei bei den Straßen. Wenn man immer wieder den Kaltasphalt auf die Straßen gibt, macht das zunächst die Schlaglöcher dicht, aber irgendwann besteht die Straße nur noch aus diesem Kaltasphalt. Außerdem hält der Kaltasphalt nicht lange. Dort muss man Investitionspläne aufstellen, so dass man sagt, dass man große Arbeiten machen und nicht immer nur kleinteilig die Arbeiten erledigen will, weil das nach hinten raus Geld spart. Gleiches gilt für die Bildungseinrichtungen. Zurzeit sind oft die Schultoiletten in der Diskussion. Auch hier werden oft nur kleine Maßnahmen vorgenommen, die die Situation akut verbessern, jedoch gibt es mittlerweile technisch bessere Maßnahmen, die die Lebensdauer von Toiletten stark verlängern. Ein weiterer Punkt wären die Dächer, von denen in Lübeck einige Einsturzgefährdet sind.

PACK: Welche Themen werden direkt im Rathaus besprochen, die die Studenten betreffen?

Timon: Das sind natürlich Themen um die Stiftungsuniversität. Dass Lübeck eine Universitätsstadt bleibt, davon gehen derzeit parteiübergreifend alle aus. Da besteht gar kein Zweifel mehr. Aber man will die Umsetzung der Stiftungsuniversität weiter begleiten und verfolgen, sodass die Realisierung einer Stiftungsuniversität tatsächlich umgesetzt wird. Der Vorteil daran ist, dass die Uni sich hierdurch Geld wieder requirieren kann. Und man muss hierfür natürlich die Rahmenbedingungen verbessern. Natürlich möchte jeder Student eine Studentenbude haben. Möglichst passend, möglichst vor Ort. Und Lübeck hat Bedarf daran, dass man passende Wohnräume schafft. Es sollen nicht nur Groß-WG’s sein, sondern vor allem Kleinwohnungen, die zu normalen Preisen angeboten werden. Die Verkehrsanbindung in Lübeck, vor allem die Radwege, sollen fahrradfreundlich gestaltet werden, sodass Radwege, wie der am Kanal, nicht ausschließlich als Parkstreifen benutzt werden, sondern den Fahrradfahrern zur Verfügung stehen. Auch die Innenstadt und die Zuwege müssen fahrradfreundlich gestaltet werden. Gerade bei den nächsten Umplanungen, wie zum Beispiel in Moisling, müssen Fahrradwege mit eingeplant werden. Was sich bei den breiten Straßen in Moisling ja geradezu anbietet. Die wenigsten Studenten können sich ein Auto leisten und sind daher, so wie ich auch, auf das Fahrrad angewiesen. Ich fahre auch lieber Fahrrad als Bus.

PACK: Glaubst du, das Rathaus sollte mehr Informationen über die Ausschüsse und über Entscheidungen veröffentlichen?

Timon: Über das neue Informationssystem, Allris, ist dies schon jetzt möglich. Bis auf einen kleinen Teil, der auch bei Veranstaltungen als nicht öffentlich gekennzeichnet wird, sind die Informationen verfügbar. In Lübeck ist der nicht öffentliche Teil aber sehr klein. Allerdings sind viele Informationen nicht so interessant, weil sie erst im größeren Zusammenhang etwas interessantes bewirken. Das ist dann allerdings oftmals hinter anderen Informationen versteckt. Solche Veränderungen könnte man durchaus besser kommunizieren, indem man bessere Schlagworte findet. Auf der anderen Seite bringt jeder seine Pressemitteilungen raus und durch die Stadtzeitung sind Informationen auch eigentlich gut präsent. Die LN sind natürlich auch auf ihre Auflage angewiesen und präsentieren Berichte, die sich gut verkaufen lassen, offensichtlicher. Ich würde mir aber auch wünschen, dass die Sitzungen der Bürgerschaft via Livestream gesendet werden und von den Bürgerinnen und Bürgern so verfolgt werden können.

PACK: Glaubst du, dass das von den Bürgern angenommen wird? Man kann ja jetzt auch zu den öffentlichen Teilen der Sitzungen gehen.

Timon: Die Ausschusssitzungen sind wirklich uninteressant. Das muss man einfach so sagen. Da sind ab und zu ein paar Highlights dazwischen, wenn es gerade um ein Projekt oder eine Baumaßnahme geht. Im Bauaussschuss ist das auch häufiger. Ansonsten sind die Ausschüsse wirklich uninteressant. Die Bürgerschaftssitzungen sind dagegen sehr langatmig, da kann ich mir vorstellen, dass viele da wegschalten würden. Da wird über viele Sachen gesprochen, die in Lübeck gar nicht umsetzbar sind. Vieles ist für eine Bürgerschaft auch eigentlich gar nicht relevant. Da müsste man viel mehr differenzieren. Ich hoffe, dass da dann einige doch hängenbleiben und doch mal drauf klicken würden. Die Ränge des Bürgerschaftssaals sind ja leider begrenzt, aber gerade zu Wahlen sehr gut gefüllt. Von daher besteht schon ein gewisses Interesse. Mir fällt sonst kein direkterer Weg ein, die Politik an die Leute heranzubringen, als sie live zuschauen zu lassen. Da kann man ja schon nichts Besseres mehr bringen, außer, dass sich die Leute selbst beteiligen. Zu diesem Glück kann und will ich auch keinen zwingen. Die meisten Fraktionen machen ihre Sitzungen öffentlich. Da kann man gut mal hineinhören und mitmachen.

PACK: Ist es für die nächsten 5 Jahre euer Ziel, das zu erweitern?

Timon: Ja, das läuft ja auch gerade. Es gibt ja das Allris, das möchten wir gerne auf alle öffentlichen Dokumente erweitert haben . Es ist unser Ziel, dass das Allris wirklich ein großer Datenpool wird, in dem alle Dokumente drin sind. Das geht auch über Bauakten, für die man natürlich einen personalisierten Zugang braucht, aber gerade über das Internet gibt es da viele Möglichkeiten, das Ganze transparenter zu gestalten. Gerade jetzt durch die Wahl wird sich auch die Bürgerschaft verjüngen, durch den fünf-Jahres Rhythmus hat man ja immer einen Personalwechsel. Das ist bei uns auch der Fall und bringt immer wieder neue Ideen.

PACK: Welche Ziele möchtet Ihr als FDP in den nächsten Jahren durchsetzen?

Timon: Unsere Hauptthemen haben wir schon besprochen. Dazu möchten wir die Investitionsfreundlichkeit in Lübeck stärken. Lübeck hat eine gewisse Arroganz entwickelt. Wenn man also einen Investor hat, wird der erst sehr kritisch beäugt. Das kann Lübeck sich gar nicht leisten. Die Stadt braucht Investoren. Wenn man sich deren Konzepte nicht mal richtig anguckt, sondern von vornherein sagt „Nein, das will ich nicht, das ist keine gute Idee“ ist das kein Weg aus der Krise. Da muss sich etwas ändern. Das liegt auch an den vielen Untergesellschaften, die hier gebildet wurden. Die machen sich gegenseitig Konkurrenz und werben alle um Investoren. Das ist in Lübeck ein großer Sport geworden. Einige sagen sogar, dass dadurch verdiente Parteikollegen einen Job bekommen sollten. Es wurden in allen Bereichen ganz viele Untergesellschaften gegründet. Diese kleinen Gesellschaften arbeiten gegeneinander. Gerade im Tourismus, da sind es drei verschiedene. Jeder hat einen Geschäftsführer, der gutes Geld verdient. Das müsste man zurück fahren. Das möchten wir auch erreichen. Wir wollen das ganze zurück fahren, sodass man am Ende für jeden Bereich einen Ansprechpartner hat. Das würde enorm Geld sparen.

PACK: Meine letzte Frage: Wer macht die Politik? Sind das wirklich die Politiker oder sitzen im Hintergrund die Verwaltungsbeamten und ziehen die Fäden?

Timon: Lübeck ist sehr verwaltungslastig. Das habe ich ja gerade schon beschrieben. Teilweise schichtet die Verwaltung auch selbstständig Finanzen um, dadurch dass der Bürgermeister separat gewählt wird, haben wir einen sehr eigenständigen Verwaltungsapparat. Das ist uns schon sehr aufgefallen. Eigentlich müssen die gewählten Vertreter das alles beeinflussen. Mittlerweile ist der Spielraum sehr stark eingeschränkt. Das merkt man gerade, wenn es um den Bereich des Personalwesens geht. Da will keiner einsparen. Wir können die auch nicht dazu zwingen, denn die Entscheidungshoheit liegt wieder beim Fachabteilungsleiter. Wir können nur die Mittel allgemein kürzen, dann wird aber niemals beim Personal gespart. Das geht eher zu Lasten von anderen Bereichen. Es kann auch nicht sein, dass die Verwaltung selbstständig entscheidet und daraufhin die Politik gezwungen ist, einen Nachtragshaushalt einzureichen. Das sind Sachen, die müssen schleunigst unterbunden werden. Da muss man gegen anwirken, sonst artet das komplett aus. Nur ist das in Lübeck schwierig. Da hat sich ein Lüb’scher Klüngel entwickelt. Wir brauchen da einen direkten Wechsel in den Machtpositionen. Solange die gleichen Köpfe in der Politik bleiben, wird sich da nichts ändern.

PACK: Wie schätzt du die Chancen der FDP für diese Wahl ein?

Timon: Wir sind derzeit mit fünf Leuten in der Bürgerschaft, das gedenken wir auch zu verteidigen. Drüber hinaus wäre sehr sportlich ambitioniert, aber ich denke, die fünf Leute zu verteidigen ist machbar. Lübeck ist auch eine ganz andere Situation, als die Bundesebene. Da gibt es einen großen Unterschied zwischen uns Lübeckern und Figuren, wie Rösler. Wir gehören zwar alle zur selben Partei, aber wenn man die Lübecker Situation betrachtet, findet man uns in den letzten Jahren nicht in der Regierung. Ich erinnere mich noch daran, als Bürgermeister Saxe im Zuge der Euro-Umstellung sich freute, dass die Stadt die Milliarde an Schulden los ist. Schwups jetzt sind wir schon wieder weit drüber hinweg.

PACK: Vielen Dank für das Gespräch!

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