Robert Habeck – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Sun, 02 Feb 2014 16:53:40 +0000 de-DE hourly 1 „Um Verantwortung zu übernehmen“ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/04/um-verantwortung-zu-ubernehmen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/04/um-verantwortung-zu-ubernehmen/#respond Tue, 17 Apr 2012 18:00:11 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=8915  

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„Was ich planen kann, ist Schleswig-Holstein und ich stelle mich zur Wahl, um in Schleswig-Holstein Verantwortung zu übernehmen.“

StudentenPACK Die ersten Fragen sollen dazu dienen, unseren Lesern Ihre Person näher zu bringen: Sie haben sich schon als Schüler in der Schülervertretung eingesetzt und waren später im U-AStA an der Freiburger Uni, woher kommt dieses politische Interesse und Engagement?

Robert Habeck Es war schon immer so, dass ich mich um die Umstände, die mein Leben betreffen, gekümmert habe und mich in dem Sinn politisch engagiert habe. Und es war irgendwie schon immer so, dass mir Leute immer wieder Vertrauen schenkten oder mich zu ihrem Sprecher machten. Dies zieht sich durch Schule, Hochschule, Zivildienst. Und als ich dann nach Schleswig-Holstein gekommen bin und klar war, jetzt hat mein Leben einen Ort gefunden, habe ich angefangen, mich hier politisch zu engagieren.

PACK Sie versuchten 2006, in den Bundesvorstand Ihrer Partei zu kommen, 2008 lehnten Sie den Bundesvorsitz als Nachfolger von Reinhard Bütikofer ab. Warum diese Entscheidung?

Habeck Als ich 2006 als Beisitzer für den Bundesvorstand kandidierte, habe ich gelernt und gesehen, wie viel man investieren muss, um auf der Bundesebene mitzuspielen. Ich habe damals gedacht, ich mach es wie immer: Ich stell mich hin, stell mich vor, rocke den Saal und danach wählen mich die Leute. Ich habe mich vorgestellt und eine gute Rede gehalten, aber man hat einen anderen gewählt, weil der davor ganz viele Klinken geputzt hat, in jedem Kreisverband war, Rückhalt organisiert hat. So, wie man es macht. Als dann die Möglichkeit im Raum stand, Bundesvorsitzender zu werden, war mir klar, dass das nicht noch mal etwas Handstreichartiges werden darf und mich nicht alle lieben würden, nur weil ich ich bin. Das habe ich gelernt. Und ich war nicht bereit, so viel Zeit und Nerven zu investieren, um dieses Spiel mitzuspielen, und meine Familie, als die Kinder noch sehr klein waren, allein zu lassen. Es ging eben nicht mit minimalem Zeitaufwand und den maximalen Zeitaufwand wollte ich nicht leisten, weil mir meine Familie mehr bedeutet als der scheinbar ach so große Bundesvorsitz.

PACK Planen Sie in absehbarer Zukunft, doch noch einmal in die Bundespolitik zu wechseln oder ist das für Sie Geschichte?

Habeck Nein, ich plane das überhaupt nicht. Nun ist Politik nicht immer grenzenlos durchplanbar bis zum letzten Ende und ich weiß auch nicht, wie lange ich Politiker sein werde und was sich in den kommenden Jahren an Fragen, Herausforderungen und Möglichkeiten ergibt. Was ich planen kann, ist Schleswig-Holstein und ich stelle mich zur Wahl, um in Schleswig-Holstein Verantwortung zu übernehmen.

PACK Ihr Parteiprogramm für die Wahl ist durchweg gegendert, was ja viele als unästhetisch empfinden. Wie stehen Sie als Schriftsteller stilistisch dazu?

Habeck Ich schreibe meine Romane nicht gegendert und stilistisch ist es eine Zumutung. Ich weiß aber auch, dass Sprache Wirklichkeit verändert und dass eine Veränderung der Sprache die Wirklichkeit neu prägt. Deswegen finde ich es richtig, dass über das Binnen-I der weiblichen Form oder in unserem Fall das Gender Gap Politik gemacht wird.

PACK Nun zur Wahl: 2009 erreichte ihre Partei 12,4 Prozent, was sind Ihre Ziele für diese Wahlperiode?

Habeck Besser als das letzte Mal. Eine genaue Zahl zu sagen, ist albern. Schlechter als das letzte Mal wäre doof und besser muss das Ziel sein.

PACK Jost de Jager sagte in der Welt, „Wir brauchen einen Koalitionspartner, der zweistellig ist.“, was man bei Ihren aktuellen Umfragewerten durchaus als Angebot an Ihre Partei verstehen kann. Käme für Sie Schwarz-Grün in Frage?

Habeck Wir wollen es mit der SPD probieren und die SPD ist unser erster Ansprechpartner.

PACK Sie sagen auf Ihrer Website, dass im aktuellen politischen Umfeld neue Parteien entstehen und die, die da sind, auch wieder verschwinden werden. Zielen Sie damit direkt auf die Piraten ab?

Habeck Nicht nur auf die Piraten. Das Verschwinden der Piraten kann im Moment keiner vorhersagen und keiner weiß, wie das Ganze endet. Aber zum Beispiel die Linkspartei ist vor Kurzem noch sehr hoch geschrieben worden, aber nun ist sie am Abgrund. Die FDP ist möglicherweise auch kurz vor dem Verschwinden. Wir haben zwischendurch einen Ministerpräsidenten gestellt, jetzt haben wir 15 Prozent. Die Parteienlandschaft ist sehr viel wechselhafter geworden. Große werden klein und Kleine werden groß. Der Erfolg der Piraten liegt auch darin, dass sie eine Art Welpenschutz haben. Niemanden stört es, dass sie inhaltlich so vage sind. So sind sie Projektion für enttäuschte FDPler und radikale Linke. Dies wird auf Dauer nicht funktionieren, also mal sehen, wie das für sie endet.

PACK Einer Ihrer größten Programmpunkte ist die Umstrukturierung des Energiesektors auf regenerative Energien. Dabei setzten Sie auf dezentrale Netze und Bürger-Windparks. Wie gedenken Sie, ein solches Projekt mit dem Haushalt unter einen Hut zu bringen?

Habeck Die Energiewende ist neben der Bildung das wichtigste Projekt für Schleswig-Holstein. Und die Energiewende ist erst mal gar nicht haushaltsrelevant. Bürger-Windparks oder Bürger-Energieanlagen sind eine Art genossenschaftliches System. Menschen beteiligen sich in kleinen Tranchen an der Energie-Infrastruktur. Dieses Modell könnte man auch auf die Netze ausweiten, wenn nicht ein großer Netzbetreiber wie E.ON oder TenneT die Netze baut, sondern die Möglichkeit besteht, für private Investoren und Bürger da einzusteigen. Das geschieht alles ohne Landesmittel. Im Gegenteil: Es bringt Geld, Gewerbesteuern, Arbeitsplätze. Die Gelder fließen so nicht nach München oder sonst wohin in die Konzernzentralen ab.

PACK Man hört ja aber immer wieder, dass sich Kommunen und Gemeinden gegen solche Projekte stellen. Wie sieht es aus: Gibt es eine gute Resonanz dafür?

Habeck Ja, in der Tat ist es so, dass die Beteiligung der Bürger eines der stärksten Argumente ist, sich an der Energiewende zu beteiligen. Der Widerstand ist häufig dann besonders hoch, wenn Leute nicht beteiligt sind, also wenn fremde Investoren einem irgendwas vor die Nase setzen. Immer wenn die Menschen von Betroffenen zu Beteiligten werden, wird der Widerstand geringer. Insofern ist die Energiewende auch ein Beispiel für eine Demokratisierung der Infrastruktur und der politischen Entscheidungen. In Schleswig-Holstein haben vor allem im Süd-Osten die Leute etwas gegen Windräder, hier und da gibt es Initiativen. Während im Norden und Nord-Westen eine viel größere Nachfrage nach Windeignungsgebieten besteht, als das Land momentan zur Verfügung stellen kann. Das Bild ist also differenziert zu beurteilen und unterm Strich ist erneuerbare Energie in Schleswig-Holstein gewollt und erwünscht. Die Energiewende ist, meiner Erfahrung nach, nicht umstritten in Schleswig-Holstein.

PACK Ihre Partei ist für eine Verminderung des CO2-Ausstoßes, stellt sich aber stark gegen das CCS-Verfahren. Sollte Ihnen aber die Erforschung des Verfahren nicht eigentlich recht sein?

Habeck Nein das ist uns nicht recht, weil das Verfahren bedeutet, dass man weiter auf Kohle setzt und das Verfahren selbst nicht erprobt ist und nicht funktioniert und nur ein Reinwaschargument für die alte Kohleinfrastruktur ist. Auch Sicherungsfragen, Versicherungsfragen, Haftungsrisiken und Verdrängung von Grundwasser wurden alle nicht sauber analysiert und deswegen ist uns das gar nicht recht und der Weg ist nicht, neue Kohlekraftwerke mit CO2-Abschaltung zu bauen, sondern auf erneuerbare Energien umzustellen.

PACK Sie wollen gleichzeitig den Untergrunds als Wärme und Energiespeicher nutzen. Gibt es dazu schon Konzepte, wie dies vonstattengehen soll?

Habeck Es gibt verschieden Konzepte, die in der Erprobung sind. Als Wärmespender lässt sich Geothermie nutzen. Und es gibt an verschiedenen Stellen in Schleswig-Holstein große unterirdische Kavernen, die man möglicherweise nutzen kann, um dort Wasserstoff oder Methan zu speichern. Dazu laufen die Voruntersuchungen. Die Kavernen befinden sich in der Nähe von Brunsbüttel und Heide. Dies ist ein Baustein, der durchaus interessant werden kann für die Zukunft.

PACK Wäre ein solches Verfahren nicht aber ähnlich schädlich wie CCS?

Habeck Wenn das Gas entweicht oder Wasser verdrängt, hätten Sie recht. Aber der Unterschied besteht darin, dass das Gas nicht für ewig eingelagert werden soll, sondern, ähnlich einem Tank, wieder entnommen werden soll. Deswegen kann das Projekt auch jederzeit wieder beendet werden.

PACK Sie setzten des Weiteren in Ihren infrastrukturellen Projekten auf öffentliche Verkehrsmittel und Fahrräder, dabei sollen Projekte wie die Fehmarnbelt-Querung und der Autobahnneubau nicht realisiert werden. Gleichzeitig soll auf Autobahnen eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 km/h gelten. Halten Sie es wirklich für so nötig, Schleswig-Holstein zu entschleunigen?

Habeck Es ist nicht so, dass wir gegen jeden Straßenneubau sind und gegen jede Autobahn. Wir sind aber gegen die Autobahnen, die Verkehr erst neu generieren sollen. Wir sind für den Ausbau der A 21 und für einen vernünftigen Anschluss der A 20. Wir sind für den Ausbau der Bundesstraße B 5 entlang der Westküste, in dem Fall dreispurig. Es nicht so, dass wir weltfremd argumentieren, aber wir sind aus ökologischen wie haushalterischen Gründen dafür, dass man nicht in gigantomanischen Projekten erst mal anfängt, drauf los zu bauen und die Folgekosten außer Acht lässt. Der Bundesverkehrswegeplan ist zehnfach überzeichnet, und wir wollen es nicht dem Bundesverkehrsminister überlassen, welche Projekte gefördert würden und welche nicht. Das Tempolimit ist eine uralte grüne Forderung und eine, die sich vor wenigen Jahren auch Peter Harry Carstensen zu Eigen gemacht hat. Er sagte damals, ihm sei freies Atmen lieber als freie Fahrt und einer Diskussion steht er offen gegenüber, gerade weil wir nur noch wenige Strecken in Schleswig-Holstein haben, auf denen man unreguliert fahren kann. Und weil das gesamte europäische Ausland ein Tempolimit hat, kann man ja kein scharfes Argument gegen das Tempolimit finden. Nur die Macht der Gewohnheit spricht dafür, aber die Fakten und alles was wir wissen, die Schwere der Verkehrsunfälle und die Einsparungen beim Benzinverbrauch sprechen dafür, ein Tempolimit einzuführen.

PACK Um Ausgaben zu sparen, sollen nicht lohnenswerte Flughäfen nicht weiter subventioniert werden. Der Hamburg-Airport soll damit Hauptflughafen für Schleswig-Holstein werden. Sehen Sie eventuell Konsequenzen für Touristen und deren Anreise?

Habeck Nein, die sehe ich nicht, da Schleswig-Holstein, wenn es denn angeflogen wird, nur über den Hamburger Flughafen angeflogen wird. Aber ich kann mir nicht vorstellen, in einer Situation, in der wir unser Geld zusammenhalten müssen, um Lehrstellen und Kita-Ausbau voran zu bringen, mit öffentlichen Geldern Ryanair zu subventionieren. Das halte ich ordnungspolitisch für völlig widersinnig und ich verstehe gar nicht, wie sich Parteien, die sich die Marktwirtschaft auf die Fahne geschrieben haben, das fordern können. Der Schleswig-Holstein-Flughafen heißt Hamburg und alle anderen Regional-Flughäfen sollten nicht mit öffentlichen Geldern unterstützt werden.

PACK Ihre Partei setzt bei der UKSH-Sanierung wie FDP und CDU auch auf ein Modell aus öffentlicher und privater Partnerschaft. Da aber ein Investor auf Profit aus wäre, würde dies nicht bedeuten, dass langfristig gesehen höhere Kosten auf das Land zukommen? Ist ein solches Konzept sinnvoll?

Habeck Ich habe eine äußerst kritische Haltung zu ÖPP-Modellen, weil sie wie eine verdeckte Schuld im Landeshaushalt stehen. Insofern steht das Asset-Modell, nach dem das UKSH saniert werden soll, gegen die Reinheit der Lehre, aber es ist das Modell, was wir uns leisten können, um damit den medizinischen Betrieb als öffentliches Krankenhaus zu gewährleisten.

PACK Vielen Dank für das Gespräch.

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Frischer Wind für die Hochschulpolitik? https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/frischer-wind-fur-die-hochschulpolitik/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/frischer-wind-fur-die-hochschulpolitik/#respond Sat, 02 Jul 2011 14:21:54 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1648 Teilnehmer: Prof. Dr. Wintermantel, Präsidentin der Universität des Saarlandes und Vorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) , Rasmus Andresen (Grüne Landtagsfraktion), Daniel Günther(CDU-Landtagsfraktion), Prof. Dr. Hanno Kirsch (Präsident der Fachhochschule Westküste), Prof. Dr.Waldtraut Wende (Präsidentin der Universität Flensburg) und Georg Engelbart (AStA-Vorsitzenderder Universität zu Lübeck).

Moderation: Dr. Robert Habeck (Vorsitzender Grüne Landtagsfraktion)

Könnte ein frischer Wind durch die Hochschulpolitik in Schleswig-Holstein wehen? Sucht man tatsächlich nach konstruktiven, zukunftsträchtigen Konzepten für die Zukunft? Die konkrete Frageder Veranstaltung der Grünen Landtagsfraktion, die am Abend des 6. Juni im Kieler Landtagsgebäudestattfindet, lässt hoffen: „Welche Hochschulpolitik braucht Schleswig-Holstein?“

Einleitend hält Frau Prof. Wintermantel einen Vortrag mit dem Titel „Hochschulpolitik in Schleswig-Holstein – ein Blick von außen“. Bereits in der allgemeinen Betrachtung der bundesweitenHochschullandschaft zeichnen sich düstere Zukunftsperspektiven ab und speziell im Blick aufSchleswig-Holstein wird die Strukturlosigkeit der Bildungspolitik angeprangert.

Die Rednerin kritisiert das Kooperationsverbot der Förderalismusreform und fordert konkreteFinanzierungskonzepte ebenso wie neue Rekrutierungstrategien und Qualitätssteigerung derLehre. Ohne diese werde in naher Zukunft eine Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Raum nichtmehr zu halten sein. Dabei beruft sich Frau Prof Wintermantel vor allem auf ökonomische undgesellschaftliche Folgen einer auf lange Sicht sinkenden Zahl der Studierenden.

Auf dieser Grundlage beginnt die Podiumsdiskussion, die sich zunächst mit der mangelnden Miteinbeziehung der Hochschulen in die sie direkt betreffende Politik beschäftigt, dann mit strukturellen Problemen der einzelnen Hochschulen.

Bald bildet sich ein enttäuschender Konsens der Gäste – die Haushaltslöcher werden bedauert, das Akkreditierungsverfahren für Studiengänge als zu unausgegoren und kostspielig kritisiert. Eine richtige Debatte ergibt sich bezüglich dieser offensichtlichen Probleme ebenso wenig wie konkrete Lösungsvorschläge.

Intensiv diskutiert wird schließlich vor allem die Notwendigkeit der Drittmittelbeschaffung. Daniel Günther spricht sich deutlich gegen Drittmittel als Grundfinanzierungsmittel aus, bringt stattdessen die bisher unerwähnt gebliebenen Studiengebühren als reale Möglichkeit zur Finanzierung in die Debatte mit ein. Die klare Antwort Georg Engelbarts, er sei bereit, im Berufsleben mehr Einkommenssteuer zu zahlen, wenn dafür Studiengebühren ausblieben, bleibt eine der wenigen konkreten Aussagen des Abends.

Sollte nicht über Konzepte für die Zukunft geredet werden? Als das Publikum in die Diskussion mit einbezogen wird, stellt eine Studentin die alles entscheidende Frage: „ Wie stellen Sie sich die Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein in fünf Jahren vor?“.

Doch ebenso wie auf viele andere der sehr konkreten Fragen der Zuhörer bleibt auch hier eine Antwort aus. Schade.

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Privatisierung des UKSH? https://www.studentenpack.de/index.php/2010/05/privatisierung-des-uksh/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/05/privatisierung-des-uksh/#comments Mon, 03 May 2010 08:00:18 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=108655 Die Geschichte um eine Privatisierung des UKSH bis 2015 ist auf dem Campus wie eine Bombe eingeschlagen. Die Lübecker Nachrichten berichteten, dass seit dem 23. April. 2010 die Landesregierung nach interessierten Käufern für das Klinikum sucht. Wir haben Persönlichkeiten aus Lübeck und Schleswig-Holstein um eine Stellungnahme gebeten. Wir hoffen damit, der Diskussion, die in den nächsten Wochen stattfinden wird, einen Rahmen zu geben. Wir wünschen uns auch Meinungen der Studenten und rufen euch alle dazu auf, Leserbriefe zu schreiben, die wir in der nächsten Ausgabe veröffentlichen können.

Linda Krause für den AStA der Universität zu Lübeck

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„Mit entsetztem Erstaunen hat der Allgemeine Studierenden-Ausschuss der Universität zu Lübeck den drohenden Beschluss der Landesregierung Schleswig-Holsteins auf Anraten der Haushaltsstrukturkomission zur Kenntnis genommen, das UK-SH zu privatisieren und somit den Einfluss des Landes zu beschränken. Dies wird schwerwiegende Folgen für die Universität zu Lübeck und somit für uns als Studierendenschaft haben. Diese von kurzfristigen Einsparpotentialen getragene Idee ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht all jener Mitarbeiter, die mit ihrem Verzicht zur Konsolidierung der defizitären Einrichtung beigetragen haben. Sie nimmt zudem billigend in Kauf, dass eine der besten medizinischen Universitäten Deutschlands, samt weiteren Studienfächern, geschlossen wird. Eine Ausbildung angehender Ärzte wäre nicht mehr möglich und somit hätte neben der medizinischen Fakultät die gesamte Universität einschließlich nachfolgender Generationen von Studierenden keine Zukunft mehr. Die von vielen Professoren und Studierenden mühsam erarbeitete Reputation wird durch ideenlose Privatisierungspolitik aufs Spiel gesetzt. Gleichzeitig werden die von der Landesregierung im Koalitionsvertrag festgehaltenen Versprechen gebrochen, die universitären Einrichtungen Schleswig-Holsteins zu erhalten und zu fördern.

Bereits im Sommer 2005 haben wir gezeigt: Lübeck kämpft für seine Uni! Und wir sind bereit, 2010 weiter zu kämpfen: Wir werden diese blinde Politik nicht mittragen und uns ihr entschieden in den Weg stellen. Die Geldnot und Neuverschuldung in Schleswig-Holstein sollte nicht auf unseren Rücken ausgetragen werden. Wir werden nicht hinnehmen, was da „oben“ leise beschlossen wird und erheben ausdrücklich unsere Gegenstimme.

Unser Aufruf an die Studierendenschaft, an die Universität, an die Bürgerinnen und Bürger von Lübeck und an die Einwohner Schleswig-Holsteins: Informiert euch, macht eure Meinung stark und kämpft für die Erhaltung des Universitätsstandortes Lübeck.“

Professor Dr. Peter Dominiak, Präsident der Universität zu Lübeck

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„Der Koalitionsvertrag der Landesregierung sagt sehr deutlich, dass es zumindest bis 2015 keine Privatisierung des UKSH geben wird, alleine schon aufgrund der abgeschlossenen Tarifverträge, die auch nicht einseitig gekündigt werden können. Selbst wenn es zu einer Privatisierung des UKSH käme, ist die Schlussfolgerung der LN nicht richtig, dass diese Maßnahme mit dem Ende des Medizinstudiums einherginge.

Die Standorte Marburg und Giessen wurden vor einigen Jahren fusioniert, wie Kiel und Lübeck auch und darüber hinaus noch privatisiert. Das hatte aber keine Verminderung der Studienplätze, geschweige denn eine Ende des Medizinstudiums zur Folge.

Es ist bekannt, dass das Land Schleswig-Holstein sehr klamm ist, aber die Landesregierung, bzw. die sie tragenden Parteien haben sich deutlich zu höheren Ausgaben für Bildung und Forschung bekannt. Die Schließung eines Standorts oder eines Studiengangs steht dem diametral entgegen. Herr Kubicki ist nicht Mitglied der Landesregierung sondern Fraktionsvorsitzender der FDP. Er kann also gar nicht für die Landesregierung sprechen und er hat schon öfters vollmundig Dinge in die Welt gesetzt, die nicht den Tatsachen entsprachen bzw. dann so nicht umgesetzt wurden.“

Professorin Inge-Susann Römhild, Präsidentin der Musikhochschule Lübeck

„Herr Kubicki ist nicht Regierungsmitglied sondern Fraktionsvorsitzender, als der er bekannterweise schon Vieles in der Öffentlichkeit geäußert hat. Von der Landesregierung haben wir alle bisher noch gar nichts gehört.

Meine Erwartungshaltung ist die, dass sich Herr Minister de Jager sicherlich zu dem vorschnellen Bericht in den LN äußern wird, wenn es nicht unmittelbar die Landesregierung tut, was man auch erwarten kann, denn sie müsste klar stellen, wer regiert.“

Robert Habeck, Vorsitzender der Landtagsfraktion der Grünen

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„In der schwarz-gelben Koalition brennt offensichtlich die Hütte. Erst verkündet Wolfgang Kubicki, dass das UKSH verkauft werden soll. Jetzt rudert er zurück und wirft der Presse eine falsche Berichterstattung vor.

Aber wo kommt die Nachricht her, dass das Interessenbekundungsverfahren schon im Gang ist? Hat das Kabinett am Parlament und an Betroffenen vorbei bereits Entscheidungen getroffen? Nach der heutigen Pressemitteilung von Wolfgang Kubicki sind die Fragezeichen nur größer geworden.

Jetzt zeigt sich die ganze Krux der sagenumwobenen Haushaltsstrukturkommission. Sie ist ein demokratischer Hybrid, irgendwo zwischen Parlament und Regierung aufgehängt, ohne Legitimation und Kontrolle und ohne klare Verantwortlichkeit. Und damit ist sie der Willkür einzelner ausgeliefert. Wer regiert eigentlich Schleswig-Holstein? Ministerpräsident Carstensen muss endlich Flagge zeigen und sagen, wo es lang geht.

Die Regierung wird vorgeführt und demontiert. Es ist der organisierten Macht- und Verantwortungslosigkeit der Regierung zu danken, dass launische und offensichtlich unsinnige Vorschläge herausposaunt und wieder eingestampft werden. Dass ein Universitätskrankenhaus ohne
Qualitätsverlust und die Aufgabe seiner Standards verhökert werden kann, kann nur glauben, wer dem Privatisierungswahn verfallen ist.“

Bernd Saxe (SPD), Bürgermeister von Lübeck

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„Die Universität mit dem Klinikum ist – wie die anderen Hochschulen – ein ganz wichtiger Faktor für unsere Stadt, den es unbedingt zu erhalten und zu entwickeln gilt. Die Bedeutung von Uni und Klinik für die Zukunft der Stadt ist nur mit der Bedeutung des Hafens zu vergleichen: Hier finden tausende von Menschen einen Arbeitsplatz, hier vollzieht sich die Zukunftsentwicklung und nicht zuletzt ist die Universität eine Bildungseinrichtung von großem Rang. Darum tritt die Stadt mit Nachdruck für den Erhalt von Uni und Klinik ein. Die Pläne des Landes gefährden die Zukunft der Stadt!“

Ralf Stegner (SPD), Vorsitzende der Landtagsfraktion

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„Damit wird der Albtraum von über 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Universitätsklinikum wahr; zugleich wird nach den Plänen der Regierung Lübeck künftig kein Universitätsstandort mehr sein können. Damit wären Umfang und Qualität der Gesundheitsversorgung, aber auch die Umsetzung der Exzellenzinitiative im Medizinbereich zur Disposition gestellt.

Ein solcher Kahlschlag ist auch angesichts der Haushaltslage des Landes nicht zu verantworten. Der wichtigste Träger der Gesundheitsversorgung    und zugleich größte öffentliche Arbeitgeber im Land muss zumindest mehrheitlich in öffentlicher Hand bleiben.

Die SPD wird sich mit allen politischen Mitteln gemeinsam mit den Beschäftigten des Klinikums und der Universität dagegen wehren, dass die Pläne der Landesregierung umgesetzt werden!“

Oliver Grieve, Pressesprecher des UKSH übersendet uns folgenden Brief an die Mitarbeiter

Liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter,
mit Verwunderung müssen auch wir heute aus den Medien erfahren, dass der Herr Abgeordnete Kubicki behauptet, es sei ein Interessenbekundungsverfahren zum Verkauf des UK S-H eingeleitet worden. Nach einem aktuellen Gespräch mit dem für uns zuständigen Wissenschaftsminister Jost de Jager hat die Landesregierung zu diesem Sachverhalt nichts beschlossen. Von einer Einigkeit über einen Verkauf kann in der schwarz-gelben Koalition nach unserem Wissen keine Rede sein.

Dem Gesetz zufolge wäre es nicht ein Einzelner, sondern die Landesregierung, die ein Interessenbekundungsverfahren zur Privatisierung unseres Universitätsklinikums beschließen müsste.

Der Vorstand des UKSH verurteilt diese verantwortungslose Art des Umgangs mit Ihnen, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auf das Schärfste. Sie stellen unter großen persönlichen Opfern die exzellente Versorgung der kranken Menschen in unserem Land sicher. Dafür sprechen wir Ihnen unsere Anerkennung aus!
Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Jens Scholz
Peter Pansegrau
Christa Meyer

In einer Presserklärung schreibt Wolfgang Kubiki, Fraktionsvorsitzender der FDP im Landtag

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„Es ist schon bemerkenswert, welche Schlussfolgerungen einige Journalisten mitunter ziehen. Ich habe den ‚Lübecker Nachrichten‘ bestätigt, dass nahezu alle Ausgaben des Landes überprüft werden, um den enormen Schuldenberg Schleswig-Holsteins abzubauen und das strukturelle Defizit von 1,25 Milliarden Euro in den kommenden Jahren zu beseitigen. Dies ist auch kein Geheimnis. Die Überprüfungen treffen auf die Universitätskliniken und die Hochschulen ebenso zu wie auf alle anderen Bereiche, in denen das Land Verantwortung trägt. Daraus abzuleiten, es würde bereits zu diesem Zeitpunkt Entscheidungen der Koalition geben, ist schlichtweg falsch. Die Haushaltsstrukturkommission erarbeitet derzeit zahlreiche Maßnahmen, mit denen eine Haushaltskonsolidierung erreicht werden kann. Damit wir diese große Aufgabe meistern, benötigen wir ein Bündel von Maßnahmen, das regional ausgewogen sein muss. Daran arbeiten wir auf Hochtouren. Das Kabinett und die Koalitionsfraktionen werden sich Ende Mai mit den Vorschlägen der Kommission befassen, dann werden die Entscheidungen getroffen. Und dann werden wir auch die Öffentlichkeit darüber informieren, mit welchem finanzpolitischen Konzept die schwarz-gelbe Koalition dieses Land wieder nach vorne bringen wird.“

Die Erklärung der Landesregierung kann gegebenenfalls hier eingeklebt werden…

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