Piratenpartei – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Sun, 21 Feb 2016 00:16:57 +0000 de-DE hourly 1 Interview mit Oliver Dedow (Piratenpartei) https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-oliver-dedow-piratenpartei/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-oliver-dedow-piratenpartei/#comments Sat, 11 May 2013 22:00:06 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=139610 Dedow
Oliver Dedow

StudentenPACK: Herr Dedow, schön dass sie sich die Zeit nehmen, mit uns zu sprechen. Sie sind seit 2009 Mitglied der Lübecker Bürgerschaft, da war ja gar keine Wahl, wie kamen Sie denn dennoch in die Bürgerschaft?

Oliver Dedow: Beginnen wir mal am Anfang: Ich bin hier in Lübeck sehr tief verwurzelt, bin hier aufgewachsen und zur Schule gegangen. Ich habe dann sehr lange nach einer Partei gesucht, in der ich mich politisch engagieren konnte, habe aber nie die richtige gefunden. Mich haben überall die festen Strukturen abgeschreckt. Irgendwann hat sich dann ein Bürgerverband in Form einer Wählervereinigung gegründet, die BfL (Bürger für Lübeck), dort war ich Gründungsmitglied und habe mich für die Kommunalwahl aufstellen lassen. Ich hatte damals den achten Listenplatz. Eines der gewählten Mitglieder ist dann aufgrund eines Umzuges aus der Bürgerschaft ausgeschieden, woraufhin ich nachrücken konnte. Damals war ich in der BfL-Fraktion und nicht in der Piratenpartei. Ich konnte mich recht schnell mit der Politik vertraut machen, lernte die Gepflogenheiten kennen und wurde dann bald Fraktionsvorsitzender. Vor gut einem Jahr wechselte ich dann zu der Piratenpartei, weil ich hier noch die Hoffnung habe, meine Ideen verwirklichen zu können. Selbst in der BfL kamen bald diese starren Strukturen auf. „So wird Politik schon immer gemacht“ heißt es da. Genau das möchte ich ändern. An dieser Stelle hat die Piratenpartei eine sehr gute Ausgangsposition.

PACK: Was macht man eigentlich so in den fünf Jahren, für die man gewählt ist? Wie sieht der Alltag aus?

Dedow: Man besucht um die acht Sitzungen im Jahr, diese müssen natürlich vor- und nachbereitet werden. Was mich allerdings ärgert, ist, dass allein die derzeit 60 Mitglieder der Bürgerschaft eine viel zu große Entscheidungsmacht in allen Dingen haben. Ich möchte lieber, dass in den Fachausschüssen, wo die kompetenten Leute sitzen, die Entscheidungen gefällt werden. Dort sollten die Leute hingeschickt werden, die Ahnung haben, denen die Fraktionen vertrauen. Dort sollte viel mehr Entscheidungskompetenz liegen, da wird die Grundlagenarbeit gemacht. Nachher in der Bürgerschaft sollten diese Sachen einfach nur noch durchgewunken werden. Eine Fraktion sollte sich in der Bürgerschaft nicht anders entscheiden, als die eigenen Leute es vorher im Ausschuss getan haben. Ich habe ja als Mitglied der Bürgerschaft zum Glück die gleichen Rechte, die auch der Bürgermeister hat. Als Bürgerschaftsmitglied kann ich in die städtischen Betriebe hineinschauen, mir berichten lassen, um Missstände aufzudecken und dann den Finger in die Wunde legen, um einfach mal nachzuhaken. Dieses passiert aber von den anderen Fraktionenen erstaunlicher Weise viel zu wenig. Momentan bin ich Einzelkämpfer, aber auch die kleineren Fraktionen in Lübeck könnten sehr gut auf Probleme hinweisen und ihre Ideen einbringen.

PACK: Das ist interessant, die CDU beispielsweise hält diese Splittergruppen für kontraproduktiv, das sehen Sie ja nicht so?

Dedow: Nein als kleine Fraktion, oder auch als Parteiloser habe ich die Möglichkeit, auf eben Missstände aufmerksam zu machen, und kann Ideen einbringen. Die Piraten wollen ja viel viel mehr Bürgerbeteiligung. Wir wollen den Bürgerhaushalt einführen, damit sich die Bürger einbringen können. Es ärgert mich ungemein, dass die Bevölkerung so viele Ideen hat, die zwar zu Hause oder am Stammtisch formuliert werden, die aber nicht ins Rathaus gelangen, weil es dafür keine Plattform gibt. Genau diese Plattform wollen wir erstellen. Wir wollen, dass die Bürger den Haushalt mitbestimmen können, und ihre Ideen im Rathaus ankommen. Das beinhaltet auch die Einführung von Ortsbeiräten, da soll sich dann jeder engagieren, der meint, zu einem Thema eine Meinung, Fachkompetenz oder neue Ideen zu haben. Einen qualifizierten Antrag kann jede Fraktion stellen, dann erwarte ich aber auch von den anderen Fraktionen, dass sie sich mit der Sache grundsätzlich befassen und nicht aufgrund von Fraktionszwang abstimmen.

PACK: Sie sind Rechtsanwalt, bringen Sie Ihre Erfahrungen und Ihr Wissen auch in die Politik ein, geht das überhaupt?

Dedow: Da gebe ich eine typische Politiker-Antwort: Ja und Nein! Das Gute ist, dass ich als Jurist weiß, wie die Strukturen der Verwaltung aussehen und auch wie man entsprechend Klagen tätigen kann im Verwaltungsbereich. Ich habe den Vorteil, dass ich einfach die rechtlichen Grundlagen sehr genau kenne. Als Rechtsanwalt habe ich mich allerdings auf Straf- und Verkehrsrecht konzentriert, sodass das Verwaltungsrecht nicht ganz mein Steckenpferd ist. Das Schöne ist aber, dass ich auf Datenbanken wie „Beck-Online“ oder „Juris“ zurückgreifen kann. Da habe ich meistens eine sehr gute Informationsquelle, da kann ich die eine oder andere Frage sehr gut klären.

PACK: Welche Themen sind überhaupt kommunal? Gibt es viele Themen, auf die Sie von Bürgern angesprochen werden, die keine kommunalen Themen sind?

Dedow: Das passiert sehr sehr häufig, das ist ein großer Unterschied zu dem, was wir in der Kommunalpolitik leider nur leisten können. Häufig machen wir bei Themen, die unseren Bereich überschreiten sogenannte Resolutionen. Wir sagen dann einfach, dass der Bürgermeister sich auf Landes- oder Bundesebene für diese spezielle Sache einsetzen soll. Das wiederum hält die Bürgerschaft allerdings von ihrer eigentlichen Arbeit ab. Eine Resolution beinhaltet eigentlich nur, dass wir eine Erklärung oder einen Appell abgeben, weil wir uns für etwas einsetzen. In jeder Bürgerschaftssitzung verfassen wir mehrere Resolutionen.

Wir haben aber hier auf kommunaler Ebene schon Möglichkeiten. Insbesondere, was den Haushalt betrifft. Dieser ist zwar zu 90 Prozent vorgegeben, aber mit den letzten 10 Prozent kann man arbeiten. Gerade das ist wichtig. Was fördere ich, wie fördere ich das? Gerade was Schulen angeht, da sind wir für die Gebäude zuständig. Oder der Personennahverkehr, der liegt auch auf kommunaler Ebene. Sehr wichtig sind allerdings auch die Bauangelegenheiten. Der Bauausschuss tagt fast zwei oder drei Mal im Monat. Ich werde sehr häufig auf Angelegenheiten angesprochen, die in den Bereich Bauwesen fallen. Dazu gehören die Fahrradwege und die kommunalen Straßen. Da fallen sehr viele Themen an, da hat die Stadt auch die Möglichkeit, viele Dinge zu steuern.

PACK: Was war in den letzten fünf Jahren aus Ihrer Sicht wichtig in der Lübecker Bürgerschaft?

Dedow: Natürlich der Haushalt, der ist hier an allererster Stelle zu nennen. Dazu kommen auch bauliche Angelegenheiten, wie der Priwall. Travemünde ist sehr sehr wichtig, denn die Trave ist ein Zubringer für den Skandinavienkai und andere Häfen. Hier ist die Zwei-Wege-Schifffahrt nun nicht mehr möglich. Das bedeutet, es können sich keine zwei Fährschiffe in der Trave begegnen. Dafür hätte man die Trave entsprechend erweitern müssen. Da gibt es viele Themen.

Ein weiteres Thema ist natürlich immer der Flughafen, wo wir jetzt eine sehr gute Lösung gefunden haben. Allerdings muss man hier sagen, dass sich die Bürgerschaft leider nicht so verdient gemacht hat, sondern der externe Investor sich der Sache angenommen hat. Momentan ist dieser auf einem sehr guten Weg.

PACK: Was wird in den nächsten fünf Jahren wichtig? Was sind Ihre Themen, weshalb Sie erneut kandidieren?

Dedow: Wichtig ist und bleibt der Schuldensumpf. An der hohen Verschuldung von Lübeck muss etwas geändert werden. Juristisch ist es nämlich so, dass Gesellschaften und Privatpersonen eine Insolvenz eingehen können, Lübeck kann das nicht. Das ist eine rechtliche Vorgabe, vielleicht kann man da auf Bundesebene etwas ändern. Mein Ziel und das von den Piraten ist, dass mehr Informationen weitergegeben werden. Wir schreiben das dritte Jahrtausend, es gibt Internetplattformen, aber keiner kann den Haushalt vorher sehen. Warum werden die Bürgerschaftssitzungen nicht ins Internet übertragen, warum werden keine Aufnahmen gespeichert und mit entsprechenden Bookmarks zugänglich gemacht? Information ist ein ganz wichtiger Punkt, aber auch die Bürgerbeteiligung auf allen Ebenen. Öffentlicher Personennahverkehr ist auch ein wichtiges Thema, wir wollen das umstrukturieren. Man liest zwar immer, dass wir ein fahrscheinloses System wollen, aber wir wollen nur eine andere Art der Finanzierung finden.

PACK: Wie würde eine solche Finanzierung aussehen?

Dedow: Das würde in die Richtung gehen, dass man Steuergelder hierfür verwendet oder den Kraftfahrzeugverkehr verteuert durch eine entsprechende Maut oder Parkgebühren. Die Arbeitgeber sollten etwas dazu geben, so auch die Anlieger. Auch die Orte wo man hinfährt sollen etwas dazu bezahlen, also der Einzelhandel, beispielsweise IKEA. Wenn wir das Geld, das wir für den Erhalt der Straßen ausgeben, in eine solche Lösung investieren würden, wäre das schon eine Menge. Wir wollen den Stadtverkehr ausbauen, damit es attraktiver wird. Das wäre für Umwelt und Stadt sehr erstrebenswert. Sidney, Perth, Hawaii und ander Orte haben eine derartige Lösung gefunden.

PACK: Was sind die für uns Studenten relevantesten Themen?

Dedow: Einerseits der Ausbau der Uni, die Umgestaltung der Uni war ja auch eine Frage. Wir wollen die Uni weiter fördern und besser in Lübeck integrieren, womit wir wieder beim Stadtverkehr wären. Wir müssen auch den Studenten eine Möglichkeit zu arbeiten geben, während des Studiums und insbesondere hinterher. Im Bereich Medizintechnik sind wir da schon sehr gut aufgestellt, aber andere Bereiche sind da noch nicht soweit. Wir wollen die guten Leute hier behalten und ihnen auch etwas bieten nach der Uni für den Start in das Berufsleben.

PACK: Haben Sie persönlich das Gefühl, dass die Bürger wissen, was im Rathaus passiert?

Dedow: Nein, das Gefühl habe ich überhaupt nicht. Das ist etwas, das wesentlich besser ausgebaut werden müsste. Momentan haben wir zwar das OK-Radio, das ist aber ein externer Radiosender, der etwas aus dem Rathaus überträgt. Das Rathaus selbst engagiert sich da nicht. Es gibt jetzt zwar das „ALLRIS“, das Bürger- und Ratsinformationssystem. Ich halte das allerdings nur für einen Stolperschritt in die richtige Richtung. Das muss ausgebaut werden. Wir Piraten wollen das gläserne Rathaus, damit man den Politikern ein bisschen über die Schulter gucken kann.

PACK: Sind Sie sich sicher, dass ein solches Angebot angenommen wird? Die Sitzungen sind ja bereits öffentlich und da gehen selten Besucher hin.

Dedow: Ich höre leider in der Bevölkerung eine Verbitterung gegenüber der Politik. Ich mag mich manchmal schon gar nicht outen als Politiker, es käme häufig besser an, wenn ich Sportler wäre. Ich bitte aber alle anderen, dort mitzumachen und ihre Ideen einzubringen. Der Politiker ist in Beliebtheitsrankings immer auf den hintersten Plätzen. Dabei ist das, was ich im Rathaus tue ein Ehrenamt, ich bereichere mich damit nicht und habe da auch sonst keine Vorteile von. Ich möchte gerne das Bild des Politikers wieder aufwerten.

PACK: Wird die Politik tatsächlich von der Bürgerschaft gemacht? Oder ziehen die Mitarbeiter der Verwaltung die Fäden?

Dedow: Ja leider immer noch, die Verwaltung und auch andere Leute. Das sind die politischen Machenschaften, die ich jetzt seit vier Jahren kennenlerne. Das ist eben einer der Gründe, weshalb ich Transparenz und Bürgerbeteiligung herstellen möchte. Damit auch andere Bürger oder Ortsbeiräte mitwirken können. Das ist mir sehr wichtig. Es ärgert mich, dass die Politik nicht objektiv genug ist. Viele Posten werden nach den jeweiligen Stimmmehrheiten in der Bürgerschaft und Parteizugehörigkeit der Kandidaten vergeben, nicht nach Qualifikation.

PACK: Wie viel Zeit verbringen Sie mit der Kommunalpolitik?

Dedow: Ich arbeite zwei Nachmittage in der Woche daran. Da gehört ja auch einiges dazu, nicht nur die Teilnahme an Sitzungen. Da ist auch viel drum herum. Man geht mal zu Bürgerverbänden, setzt sich in andere Ausschüsse oder recherchiert im Internet oder in Stadtteilen, z.B. in Travemünde. Momentan im Wahlkampf bin ich natürlich viel häufiger unterwegs.

PACK: Wie schätzen sie die Chancen der Piraten ein? Werden sie Fraktion?

Dedow: Ich hoffe, dass ich nicht ein Einzelkämpfer bleibe. Es würde mich sehr freuen, wenn weitere Piraten in die Bürgerschaft gewählt werden, die mit viel Enthusiasmus und Elan bei der Sache sind. Wenn wir Fraktionsstatus bekommen würden, würde das auch für uns die Sache einfacher machen, uns zu strukturieren, da wir dann ein Fraktionsbüro zur Verfügung gestellt bekommen würden und von da aus mit einem Geschäftsführer einige Angelegenheiten einfacher klären könnten.

Ein weitere Missstand, auf den ich hinweisen möchte, ist das Geld, das für die Fraktionen ausgegeben wird. Insgesamt wurden 770.000 Euro an die Fraktionen ausgegeben im letzten Jahr. Das ist zu viel, das sollte gekürzt werden. Die Fraktion der Piratenpartei im Landtag hat das Geld, das übrigblieb von dem erhaltenen Fraktionsgeld, an das Land zurückgegeben. Das kommt bei anderen Parteien nicht so häufig vor. Da wird lieber noch eine Ausfahrt geplant. Da muss etwas passieren.

PACK: Vielen Dank für das Gespräch.

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„Politik muss wieder offener gestaltet werden“ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/04/politik-muss-wieder-offener-gestaltet-werden/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/04/politik-muss-wieder-offener-gestaltet-werden/#respond Mon, 16 Apr 2012 18:00:08 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=9070
Quelle "Enno Lenze"

Torge Schmidt beim Wahlkampsauftakt im Februar.

 

StudentenPACK Herr Schmidt, zuerst einmal vielen Dank, dass Sie sich trotz Wahlkampf die Zeit nehmen, mit uns zu reden. Damit unsere Leser Sie etwas besser kennenlernen können, würde ich Ihnen gerne ein paar persönliche Fragen stellen.

Mit 23 Jahren sind Sie ja noch sehr jung und trotzdem schon Spitzenkandidat bei der Landtagswahl. Glauben Sie, dass sie dadurch einen Vorteil bei jüngeren Wählern, wie beispielsweise Studenten, haben?

Torge Schmidt So genau habe ich mir darüber noch nie Gedanken gemacht. Ich hoffe, dass sich alle Wähler über die einzelnen Parteien informieren und danach ihre Entscheidung treffen, mit welchem Programm sie sich am besten identifizieren können. Ich glaube schon, dass es wichtig ist, dass junge Leute in die Politik gehen und im Landtag vertreten sind, damit in der Politik alle Generationen der Gesellschaft vertreten sind. Da gehört unsere Generation definitiv dazu.

PACK Warum haben Sie sich für die Piratenpartei entschieden?

Schmidt 2009 gab es die Verfassungsklage zum Thema Vorratsdatenspeicherung. Damit habe ich mich viel beschäftigt und bemerkt, dass es besser ist, anstatt immer nur zu meckern, wenn man selbst aktiv wird. Die Piratenpartei war für mich damals sehr attraktiv, da sie noch sehr neu war und man viele Möglichkeiten der Mitgestaltung hat. Es gibt nicht, wie in anderen Parteien, alten verkrustete Strukturen, die man mühevoll ändern muss. Man kann sich direkt einbringen und die Strukturen selbst mitgestalten und neu aufbauen. Bei den Piraten kann ich meine Ideen und Vorstellungen gut einbringen.

PACK Auf der Internetseite der Piraten schreiben Sie, dass Sie gerne Strategiespiele spielen, oder auch Tabletop-Games. Neben ihrem Beruf studieren Sie noch Wirtschaftsinformatik an der FernUni Hagen. Bleibt dafür überhaupt noch Zeit neben der Politik?

Schmidt Derzeit bin ich für zwei Monate von meiner Arbeitsstelle unbezahlt beurlaubt. Das Fernstudium ruht im Moment, da ich das sehr flexibel gestalten kann, auch wenn ich ein gesamtes Semester aussetze komme ich zwar im Studium nicht weiter, aber es hat keine weiteren Konsequenzen. Für Hobbys bleibt derzeit leider kaum Zeit.

PACK Was planen Sie nach dem Studium?

Schmidt Das weiß ich noch nicht. Ich studiere hauptsächlich, um mich weiterzubilden. Wenn ich im Mai hoffentlich in den Landtag komme, habe ich die nächsten fünf Jahre Zeit, mein Studium zu beenden und was danach passiert, kann ich noch nicht sagen.

PACK Wie wird man eigentlich so jung bereits stellvertretender Vorsitzender des Landesverbands der Piraten und Spitzenkandidat? Was war Ihr Werdegang innerhalb der Partei?

Schmidt Bei den Piraten bin ich eigentlich einer der Erfahrensten, da ich schon länger dabei bin und auch sehr aktiv. Nach meinem Eintritt in die Partei war ich erst mal ein ganz normales Mitglied, zur vorgezogenen Landtagswahl wurde ich dann schon Direktkandidat in meinem Wahlkreis. Das Jahr darauf wurde ich dann schon in den Vorstand gewählt. Gerade bei so einer jungen Partei geht so was sehr schnell, wenn man Einsatz zeigt und aktiv ist. Hier in Schleswig-Holstein ist der Landesverband bis zur Wahl in Berlin auch sehr klein gewesen. Als Vorstandsmitglied bekommt man nicht direkt viel politische Macht, sondern kümmert sich mehr um die Verwaltungsaufgaben, die so eine Partei mit sich bringt. Programmatische Impulse kommt bei uns aus der Basis. Bei der Piratenpartei ist der Vorstand eher mit Verwaltungsaufgaben und der Repräsentation beschäftigt, als eine politische Richtung an zu geben.

PACK Warum sollte ein Lübecker Student die Piratenpartei und Sie persönlich wählen?

Schmidt Ich glaube, die Lübecker Studenten sollten sich mit uns und unserer Art und Weise Politik zu machen auseinandersetzen und unser Programm lesen. Die Piraten stehen für direkte Politik, wo der Bürger mit einbezogen wird. Wir sind basisdemokratisch organisiert. Wir lehnen Fraktionszwang ab und wollen mehr Themenbündnisse in den Parlamenten. Politik muss wieder offener gestaltet werden. Alles das was ein Politiker im Namen der Wähler macht, muss transparent und nachvollziehbar sein. Grenzen gibt es nur da, wo es um Persönlichkeitsrechte geht. Wer sich damit identifizieren kann, sollte uns wählen.

PACK Wenn die Piraten in den Landtag kommen, wären sie koalitionsbereit? Und wenn ja mit wem?

Schmidt Dazu haben wir bis jetzt noch keine Aussage getroffen. Wenn eine Partei Koalitionsgespräche mit uns führen möchte, werden diese definitiv öffentlich und nachvollziehbar geführt. Die endgültige Entscheidung über einen möglichen Koalitionspartner trifft dann bei uns die Parteibasis. Ich persönlich denke aber nicht, dass es dazu kommen wird, da andere Parteien mit Art und Weise der Piraten nicht zurecht kommen wollen. Wir haben keinen Fraktionszwang und unsere transparente Art und Weise Politik zu machen wird von anderen Parteien nicht mitgetragen, speziell nicht in der Regierungsarbeit.

PACK Wie stehen die Piraten zu einer Minderheitsregierung?

Schmidt Das ist ein „was wäre wenn“-Spiel. Wir setzen uns dafür ein, themenbezogene Politik zu machen. Wir möchten, dass mehr inhaltlich diskutiert wird und keine Grabenkämpfe zwischen Opposition und Regierung entstehen. Thematisch bezogen würde ich eine Minderheitsregierung unterstützen, wenn also ein Antrag kommt, den wir inhaltlich unterstützen möchten, würden wir das definitiv tun.

PACK Was sind die Pläne der Partei bei einem Einzug in den Landtag?

Schmidt Für uns sind die Themen aus dem Wahlprogramm wichtig. Wir werden uns dafür einsetzten, dass Bildung im Mittelpunkt der Arbeit steht. Schülerbeförderung soll weiterhin kostenlos sein und wir fordern Lehrmittelfreiheit. Nicht umsonst gab es letztes Jahr die Diskussion um den Staatstrojaner. Da setzen wir uns für die Verteidigung der Bürgerrechte ein. Damit geht auch einher, dass wir die Hürden für Bürgerentscheide und sonstige Initiativen in Schleswig-Holstein runter schrauben und der Realität anpassen wollen. Im letzten Jahr haben wir auch zwei Initiativen zum Thema „Mehr Demokratie“ mitgestaltet.

PACK Haben die Piraten sich ein konkretes Ziel gesteckt für diese Wahl? Gibt es eine Prozentzahl die Sie gerne erreichen würden, wie etwa die FDP 9 Prozent?

Schmidt Unser klares Ziel ist in den Landtag einzuziehen, wir freuen uns natürlich über jeden Prozentpunkt, den wir mehr bekommen. Ich denke mal, dass eine Prozentzahl wie 9 Prozent für uns kein bodenständiges Ziel wäre. Da müssen wir realistisch sein und auf dem Teppich bleiben.

PACK Warum lehnen Sie Patente auf Lebewesen, Gene, Geschäftsideen und Software ab?

Schmidt Da muss man differenzieren, Patente auf Lebewesen und Gene sind ein spezielles Thema. Man gibt die Lebensgrundlage aller Menschen in private Hand. Sprich, wenn eine Weizensorte patentiert ist, hat der Patentinhaber die Rechte und kann entscheiden, wer es anbauen darf und wie viel ausgesät wird. Dadurch bekommen wenige Menschen eine absolute Macht über die Lebensgrundlage aller. So würde ein riesiges Machtungleichgewicht entstehen.

Im Bereich der Software sind wir der Auffassung, dass freie Software gefördert werden muss, damit es zu einem Wissensaustausch kommen kann. Das bedeutet nicht, dass Programmierer kein Geld verdienen sollen. Die derzeitige Politik beispielsweise im Bereich der Lizenzierung ist es allerdings eher so, dass große Softwarefirmen maßgeblich durch Patentierung eine Weiterentwicklung oft hemmen. Als Beispiel der Apple/Samsung-Streit um die Verletzung von Patenten in verschiedensten Ländern. Hätten die Pioniere der Softwareentwicklung auf eine solch restriktive Handhabe bestanden, wären wir heute aller Wahrscheinlichkeit nach nicht so weit, denn der Wissensaustausch hat besonders hier Unglaubliches hervorgebracht.

PACK Was versprechen Sie sich davon, wenn Läden auch am Sonntag geöffnet sein dürfen?

Schmidt Das sollte ähnlich laufen wie in Berlin. Wenn ein Unternehmer die Möglichkeit hat, 24 Stunden in der Woche seinen Laden zu öffnen, bedeutet das nicht, dass er das auch macht. Sondern wir wollen erreichen, dass die Ladenöffnungszeiten dem Unternehmer freigestellt werden, damit er seinen Laden dann öffnen kann, wenn auch Kunden zum einkaufen kommen. In Schleswig-Holstein gibt es diverse Sonderregeln, wie zum Beispiel in den Bädern, da muss eine klare Regelung gefunden werden. In Berlin funktioniert es ja schließlich auch.

PACK Sie fordern den „Freien Zugang zu Naturschönheiten und Entspannung in der Natur“ was genau bedeutet das? Wie hilft das dem einzelnen Bürger?

Schmidt Das heißt eigentlich, dass wir uns für eine gemeinschaftliche Nutzung von beispielsweise Strandabschnitten stark machen wollen. Einige Strände sind mit einer Nutzungspauschale belegt(Kurtaxe). Da möchten wir erreichen, dass diese öffentlichen Flächen auch frei zugänglich gemacht werden.

PACK Vielen Dank für das Gespräch.

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