Organisation – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Mon, 03 Feb 2014 09:49:22 +0000 de-DE hourly 1 Do it yourself! https://www.studentenpack.de/index.php/2013/12/do-it-yourself/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/12/do-it-yourself/#respond Mon, 09 Dec 2013 08:45:05 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=186100  

Dieses Team aus MLSlern steckt hinter dem internationalen Symposium.

Dieses Team aus MLSlern steckt hinter dem internationalen Symposium.[media-credit name="Thomas Weimar" align="aligncenter" width="645"]

Theater, Partys, Spendenläufe – dass Studenten so einiges auf die Beine stellen können, dürfte niemanden überraschen. Wenn eine Veranstaltung allerdings am Ende „8th Biomedical Students‘ Symposium: From Infection to Therapy – Trends in Virology“ heißt, einen Gastredner aus Yale und Studenten aus Schweden anzieht, wird klar: Das hier ist eine Nummer größer. Wie kommt man darauf, solch ein Event nach Lübeck zu holen, wer tut so etwas und warum überhaupt? Ein Blick hinter die Kulissen.

Vorweg sei gesagt: Die 17 Lübecker MLS-Studenten, die die Organisation gestemmt haben, haben das Rad nicht neu erfunden. Dass am Wochenende der Bundesfachschaftentagung (BuFaTa) der biomedizinischen Studiengänge ein thematisch passendes Rahmenprogramm mit Fachvorträgen stattfindet, hat sich in den letzten Jahren so eingebürgert. Neben dieser modernen Interpretation des Begriffs „Symposium“ kam dabei natürlich auch die der alten Griechen nicht zu kurz: Ihnen ging es vor allem um das gemeinsame, gesellige Trinken. Doch der Weg zu einer viertägigen Veranstaltung mit durchgehendem, abwechslungsreichem Programm für etwa 200 studentische Gäste ist lang und was in Erlangen, Freiburg, Bonn und weiteren Städten bereits vorgemacht wurde, sollte in Lübeck – natürlich mindestens genauso gut – nachgemacht werden. „Wir wollten, dass die Gäste ‚Hier hätt‘ ich auch gerne studiert‘ denken“, sagt Johannes Dittmer aus dem Organisationsteam, und das Lob, das nach dem Symposium im November von allen Seiten kommt, zeigt: Sie, die Lübecker Symposanten, haben ihre Sache gut gemacht.

Tobias Schöne, mittlerweile mitten im Master, war mit der Erste, der vom Gedanken, die Bundesfachschaftentagung nach Lübeck zu holen, so begeistert war, dass er anfing, unter seinen Kommilitonen nach Mitstreitern zu suchen. Ohne dass er es damals schon ahnte, legten bei ihm bereits die „Lübeck kämpft“-Zeiten den Grundstein für sein Bemühen um das Symposium:

Damals, im Jahr 2010, sollte die medizinische Fakultät in Lübeck geschlossen werden – was das bedeutet hätte, konnte sich jeder vorstellen. Also machten sich sämtliche Mitglieder und Freunde der Universität zu Lübeck auf den Weg nach Kiel und zeigten, dass Lübecker bereit sind zu kämpfen. Damals standen dem Landesministerium über 14.000 Demonstranten gegenüber. Das hinterließ Eindruck – bei den Politikern genauso wie bei den Studierenden. Lübeck hat gekämpft, der Kampf hat sich gelohnt. Der (Kampf-)Geist dieser Zeit hat sich seitdem über den Campus der Uni gelegt und spornt die Leute weiterhin an, nie aufzugeben, weiterzumachen und immer besser zu werden.

Über 200 Studenten biomedizinischer Studiengänge verbrachten Anfang November freiwillig ein Wochenende im Hörsaal - muss sich gelohnt haben!

Über 200 Studenten biomedizinischer Studiengänge verbrachten Anfang November freiwillig ein Wochenende im Hörsaal – muss sich gelohnt haben![media-credit name="Ann-Kristin Gebhardt" align="aligncenter" width="645"]

Die damalige Fachschaft MLS | CS (heute Fachschaft MINT) hatte sich genau dieser Aufgabe verschrieben: Die Lehre sollte verbessert werden, wo sie nicht gut war und die Studierenden sollten sich in Lübeck wohlfühlen. Um zu schauen, was andere Fachschaften für ihre Studenten tun und möglicherweise auch in Lübeck umsetzbare Ideen mitzubringen, fahren deshalb jährlich Mitglieder der Fachschaft zu anderen Universtäten. So war auch Tobias dabei, als es 2011 nach Tübingen zu einem Symposium ging. Der Eindruck, den er mitnahm? „Es war toll. Wir hatten jede Menge Spaß, haben einiges gelernt und konnten den Gedanken nicht loswerden, dass wir so etwas auch mal in Lübeck machen sollten“, meint er.

Gedacht, gesagt, getan. Aber wie? Um die Weihnachtszeit sind Tobias und ein Kommilitone in die Vorlesungen gegangen und haben versucht, die jüngeren Studierenden davon zu überzeugen, dass das Studium nicht nur aus Vorlesungen, Lernen und Prüfungen besteht. „Studieren hieß für uns, sich selbst und andere kennenzulernen sowie die Chance zu haben, das eigene Leben zu gestalten“, erklärt er. Für Johannes, damals Erstsemester, war es genau diese Aussicht auf die Chance, das erste Mal wirklich über die Richtung von etwas zu bestimmen, die ausschlaggebend für seinen Einsatz war: Im Raum stand lediglich der Plan, die BuFaTa zu veranstalten, die thematische Ausrichtung und die Ausgestaltung des Rahmenprogramms waren vollkommen offen.

Bis Weihnachten 2011 wuchs das Team auf acht Mitglieder an, allesamt MLSler. Weil acht Personen notwendig sind, um alle für die Organisation wichtigen Posten zu besetzen, konnten sie der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (GBM) und den anderen Universitäten nun sagen: Wir sind bereit. Dieses Mal ging es nicht darum zu kämpfen, sondern darum zu zeigen, wie sich Lübeck entwickelt hat. Als erstes stand die Suche nach einem Thema auf dem Programm – es war schließlich schon Ende April 2012. Doch nicht nur das: Es fehlten noch Sponsoren, Referenten, Studenten, Räume, Unterkünfte, ein Internetauftritt, Essen, Trinken und schließlich ein Konzept für das Wochenende. Bei der Wahl des Themas stellte sich das Organisationsteam zunächst die Frage, welche Forschungsschwerpunkte unsere Uni eigentlich im Bereich der Biowissenschaften hat. Neben Neurologie, Immunologie und Biophysik gibt es noch einen Bereich, der viele Institute verbindet: Die Virologie. Schließlich hat sich das mittlerweile gewachsene Team dazu entschlossen, die Virologen der Welt zu fragen, ob sie ihr Wissen teilen wollen. Nach etlichen Anschreiben, Warten und weiteren Erklärungen haben nach einem Jahr nahezu alle Eingeladenen zugesagt und freuten sich auf einen Besuch in der „Stadt der Wissenschaft“ Lübeck.

Um bei den anderen, vorher stattfindenden Fachschaftstreffen schon für das Symposium werben zu können, brauchte es noch einen Namen und die Studenten tauften es poetisch „From Infection to Therapy – Trends in Virology“. Damit zogen sie dann im Herbst 2012 zum Symposium nach Bonn, wo es für die Lübecker Planer nicht mehr nur um die Vorträge ging: Gleichzeitig saßen sie dort mit gespitzten Bleistiften und notierten alles, was sie gut fanden oder was verbessert werden könnte. Mit neuen Eindrücken und Ideen kehrten sie nach Lübeck zurück und machten sich wieder an die Arbeit.

Bloß nicht den Überblick verlieren, sei es beim fachlich vertiefenden Workshop mit 3D-Brillen oder der Organisation des Ganzen.

Bloß nicht den Überblick verlieren, sei es beim fachlich vertiefenden Workshop mit 3D-Brillen oder der Organisation des Ganzen.[media-credit name="Johannes Dittmer" align="aligncenter" width="645"]

In dieser Zeit stand das Orga-Team vor einer Herausforderung, die jeder kennt – vor allem Studenten: Sie brauchten Geld, und zwar viel Geld. Schließlich sollte den Studierenden aus ganz Deutschland ein tolles Programm geboten werden. Natürlich sollte das Finanzielle möglichst schnell geregelt sein, um eine sichere Planungsgrundlage zu haben, doch die meisten Firmen baten darum, doch bitte mit derartigen Anfragen erst im Januar an sie heranzutreten. Also geduldeten sich die Studenten noch ein wenig, hatten aber bis zum Jahreswechsel trotzdem über 4000 Euro in der Tasche. Damit konnten sie erst einmal arbeiten. Nachdem sie über 40 Firmen und Stiftungen angeschrieben hatten, standen im Juni 2013 über 10.000 Euro zur Verfügung und es hieß nun, das Geld sinnvoll einzusetzen. Reisekosten und Geschenke für die Referenten, T-Shirts für das Orga-Team, Programmhefte, Miete für die Turnhallen, in denen die studentischen Gäste schlafen konnten, sowie alles, um ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm auf die Beine zu stellen – das läppert sich zusammen.

Die Organisation des Programms im Vorfeld des Symposiums war eine Hercules-Aufgabe und wurde in unzähligen Sitzungen des im Kern 17-köpfigen Organisationsteams Schritt für Schritt festgelegt. Hierbei konnte sich jeder einbringen und wusste, dass seine Ideen und Vorschläge immer dankbar aufgenommen wurden. Auch wenn natürlich manches Mal unterschiedliche Sichtweisen aufeinander prallten: Letztlich gelang es immer, diese in konstruktiven Gesprächen in der Gruppe auszudiskutieren und eine Lösung zu finden.

Nachdem die Entscheidung für das Thema Virologie gefallen war, begann auch gleich die Suche nach geeigneten Rednern, denn die Terminpläne renommierter Forscher warten nicht auf die Einladung zu einem studentischen Symposium: Nobelpreisträger Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Harald zur Hausen, der Entdecker Gebärmutterhalskrebs auslösender Viren, den die Symposanten gerne als I-Tüpfelchen der Veranstaltung dabeigehabt hätten, hatte zum Zeitpunkt der Anfrage bereits andere Termine. Dabei sollten die Referenten nicht nur einen innovativen Ansatz in ihrer Forschung verfolgen, sondern auch bereit dazu sein, ohne ein Honorar nach Lübeck zu reisen – die Teilnahme an den Vorträgen sollte schließlich für alle Studenten kostenlos bleiben.

Besonders schöne Vorträge kamen von Rednern, die auch schon vor dem Symposium einen Kontakt zu unserer Universität hatten. So ergab sich beispielsweise der Kontakt zu Prof. Dr. Rommelaere, einem äußerst anerkannten Virologen am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, über Biochemie-Dozent Dr. Lars Redecke, der mit diesem eng zusammenarbeitet. Rommelaere kam merklich gerne nach Lübeck und begeisterte die Zuhörer mit seinen Ausführungen zur Krebsbekämpfung mittels zerstörerischer Anti-Krebsviren. Nach den Vorträgen bestand die Möglichkeit an einem darauf aufbauenden Workshop teilzunehmen. Hier wurden einzelne Aspekte in kleinen Gruppen weiter vertieft. Unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Hilgenfeld fand beispielsweise ein Workshop statt, bei dem sich die Teilnehmer unter der Nutzung von 3-D-Brillen einen Eindruck davon machen konnten, wie ein synthetischer Wirkstoff gezielt sein Zielprotein blockiert.

Damit den aus ganz Deutschland, Österreich und Schweden angereisten Studenten nicht vor lauter spannender Wissenschaft der Kopf rauchte, wurde zusätzlich ein Rahmenprogramm aufgestellt, das große Resonanz erhielt. So fand am Abend der Ankunft ein gemütliches Get-Together, ähnlich dem beliebten „Grillen und Chillen“ in der Vorwoche, statt, bei dem die Fachschaft MINT mit ordentlich Man-Power und ihrem Grill anrückte. Die Teilnehmer des Symposiums, die teilweise über zwölf Stunden nach Lübeck angereist waren, waren begeistert, als sie mit frischer Wurst und Glühwein empfangen wurden. Auch an den folgenden Tagen gab es abends ein lockeres Programm, in dessen Rahmen die auswärtigen Studenten bei Stadtführung und Kneipentour Lübeck kennenlernen konnten. Sehr gut kam bei den Teilnehmern des Symposiums an, dass sich auch die Gastredner und die sonst die Vorlesungen haltenden Professoren beim Abendprogramm sehen ließen: Antje Lindae aus dem Orga-Team erzählte beispielhaft vom Kickern im Dorfkrug mit ihrem Virologie-Professor und Ph. D. Lindenbach aus Yale.

Doch was zieht überhaupt einen renommierten Forscher aus Yale über den großen Teich zu einer studentischen Konferenz? Bei Ph. D. Brett Lindenbach war es so, dass er bereits in der Vergangenheit durch die Betreuung von Studenten einen Bezug zur Uni Lübeck hatte und sich deswegen geehrt fühlte, nach Lübeck eingeladen zu werden – kein Wunder also, dass er die Gelegenheit nutzte, mit Kollege Prof. Dr. Tautz zu kickern und ganz nebenbei seine Liebe zum Lübecker Marzipan zu entdecken. Auch Lindenbach war angetan von der Organisation der viertägigen Veranstaltung, dessen kulinarischer Höhepunkt sicher das von Euroimmun gesponserte Abendessen war. Durch die dazugehörende Werksführung im Werk Dassow wurde der Freitagabend auch fachlich noch zusätzlich interessant gemacht. Um dahin zu gelangen, musste ein Busunternehmen gefunden werden, das die Kapazität hatte, 240 Teilnehmer gleichzeitig am Audimax einzuladen und nach Dassow zu transportieren. Dort angekommen gab es zunächst einen Empfang mit Champagner und anschließend die Werksführung in kleinen Gruppen durch die Entwicklungs-, Produktions- und Logistik-Bereiche des Unternehmens. Am Ende wartete das vom firmeneigenen Sternekoch zubereitete Abendessen mit reichhaltiger Weinauswahl. In den Gesichtern aller stellte sich ein Ausdruck von Zufriedenheit ein. Abschließend wurden die Teilnehmer mit den fünf gecharterten Bussen wieder zurück nach Lübeck gebracht.

Schlemmen bei Euroimmun: Auch das Rahmenprogramm will organisiert werden.

Schlemmen bei Euroimmun: Auch das Rahmenprogramm will organisiert werden.[media-credit name="Ann-Kristin Gebhardt" align="aligncenter" width="645"]

Den Abschluss des langen Wochenendes bildete am Sonntag schließlich die Bundesfachschaftentagung – der Programmpunkt, um den herum sich im Laufe der Jahre alles Übrige entwickelt hat. Das Fazit, das die Organisatoren ziehen, nachdem sie sich von einem arbeitsreichen Wochenende erholt haben, ist durchweg positiv: „Wir hatten Zeiten, die anstrengend waren, aber insgesamt sehr viel Spaß und am Ende sehr viel gelernt – besonders fürs Leben“, meint Tobias und auch Antje findet: „Wenn das Symposium dann von allen Seiten gelobt wird – egal ob es um Organisation, Vorträge, Workshops, Verpflegung oder Rahmenprogramm und Party geht – freut man sich, dass man vier Tage ohne nennenswerten Schlaf ‚geopfert‘ hat!“

Denn trotz sorgfältigster Planung klappt nicht immer alles genau so, wie man es sich im Vorfeld ausgedacht hat, und während der Veranstaltung muss dann wirklich alles sofort geregelt werden, beispielsweise, wenn ein eingeplanter Redner krankheitsbedingt ausfällt. In dem Fall konnte zum Glück Prof. Dr. Peters kurzfristig einspringen und auch für ein weiteres Problem, mit dem im Voraus nicht zu rechnen war, fand sich schließlich eine Lösung: In den für die Übernachtungen der angereisten Studenten gemieteten Turnhallen stellte sich im Laufe der ersten Nacht heraus, dass sich in diesen modernen Hallen heutzutage keine Lichtschalter mehr finden, sondern diese durch Bewegungsmelder ersetzt sind. Blöd nur, wenn sich irgendjemand mal in der Nacht umdrehen muss: Sofort geht das Licht an! Doch auch Bewegungsmelder können überlistet werden und so klebten die Studenten sie für die folgenden Nächte ab. Kleine Pannen wie diese sind zwar für den Moment ärgerlich, machen im Rückblick aber den Charme einer Veranstaltung aus, die von Studenten für Studenten organisiert wird.

Fest steht, dass das Lübecker Team aus dieser Zeit nicht nur interessanten Input zu Virologie und viele neue Kontakte mitgenommen, sondern auch gespürt hat, dass alle Teilnehmer des Symposiums ihr Studienfach gewählt haben, „weil sie wirklich Bock drauf haben“, sagt Johannes. „Dieser Wissensdurst ist toll!“ So überrascht es auch nicht, dass etliche der Symposanten nun bei der Junior-GBM hängengeblieben, in der Fachschaft aktiv sind oder bei anderen Großprojekten wie dem Campus Open Air mit anpacken: Die Gestaltungsmöglichkeiten sind riesig und Andere für etwas zu begeistern, das einem selbst am Herzen liegt, macht Spaß. Deshalb: Engagement lohnt sich – nicht nur für den Lebenslauf!

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Ordnung im Kopf

Aber ich habe vorsichtshalber noch einmal weiter gelesen. Und plötzlich habe ich Spaß daran gefunden. Denn, um es auf einen Punkt zu bringen: Es geht darum, To-Do-Listen abzuhaken, was ja bekanntlich glücklich macht. Allens System ist jedoch weitaus komplexer. Was er beschreibt, ist nicht einfach durch das Fingerschnippen eines Motivationstrainers zu erreichen, sondern ein hartes Stück disziplinierter Arbeit. Zwar dürfte die Zielgruppe eine andere sein, als der geneigte Medizinstudent – die meisten Inhalte dürften auf Manager und Verwaltungsangestellte abzielen – doch können Studenten durchaus profitieren, wenn sie sich die eine oder andere Ordnungshilfe herauspicken und so Struktur in ihre Lernprozesse bringen.

Im Wesentlichen geht es auch darum: Um Ordnung. Und zwar nicht in erster Linie die physische Ordnung auf dem Schreibtisch, im Zimmer und so weiter, sondern um die Ordnung im eigenen Kopf. Allen geht davon aus, dass unerledigte Dinge uns von effizienter Arbeit abhalten und zwar so lange, bis sie erledigt oder zumindest nach extern verlagert werden – denn auch der menschliche Arbeitsspeicher ist begrenzt. „Es gibt keinerlei Grund, sich zweimal mit dem selben Gedanken zu befassen, es sei denn, man tut es gern“, fasst Allen es zusammen. An dieser Stelle kommen die To-Do-Listen ins Spiel. Allerdings nicht als einfaches Blatt Papier mit Punkten, sondern in Form eines komplexen Systems.

Fünf Schritte zum Ziel

Am Anfang des Systems steht ein Eingangsbehältnis. In dieses, so der Autor, soll alles abgelegt werden, was ansteht: Unbeantwortete Mails, Memos, Dokumente, Dinge, die noch zu lesen sind. Was physisch zu groß oder nicht greifbar ist, soll auf einem Zettel dokumentiert werden, um es ablegen zu können. Wichtig ist dann nur, dass der „Eingang“ auch regelmäßig gesichtet wird. Und nicht nur das: Er muss geleert werden! Denn die neue Devise lautet ja, Dinge nicht unnötigerweise zweimal in die Hand zu nehmen. Allens Vorschlag ist es, dies in fünf Schritten abzuarbeiten: An erster Stelle steht die Erfassung. Was steht überhaupt an? Was muss ich für welches Projekt tun? Vom „Eingang“ müssen die Dinge weiterwandern. Allen empfiehlt, Sammelbehältnisse zu etablieren, beispielsweise eines für Telefonate, eines für länger dauernde Projekte, eines für Arbeiten, für deren Ausführung man zunächst auf die Arbeit anderer Leute angewiesen ist. Die Liste ist natürlich beliebig fortzusetzen.

Der zweite Schritt ist das Durcharbeiten. Alles was weniger als zwei Minuten dauert, muss sofort erledigt werden, denn sonst dauert der Verwaltungsakt länger, als die eigentliche Arbeit. Alles was delegiert werden kann, muss weitergegeben werden, was unnötig ist, muss sofort in den Müll. Was übrig bleibt, sollte in die entsprechenden Projektordner abgelegt werden. Anschließend geht es in Schritt drei an die Organisation: Hier sollen Teilschritte und Abläufe definiert und auch angegangen werden. Sind Dinge zeitlich oder räumlich gebunden, wird das sofort im Kalender notiert. Dabei rät Allen ausdrücklich davon ab, To-Do-Listen für einzelne Tage anzufertigen, wenn diese nicht termingebunden sind. Diese hält er für unflexibel und demoralisierend, sofern sie nicht erledigt werden können. Für diesen Fall empfiehlt er das Anlegen mehrerer Notizsysteme: Einen Kalender, ein Buch für Dinge, die in absehbarer Zeit zu erledigen sind und eines für Dinge, die irgendwann angegangen werden sollten. Dabei weißt Allen ausdrücklich darauf hin, dass auch Angenehmes notiert werden soll, wie zum Beispiel eine Liste mit Büchern, die man lesen oder Filmen, die man sehen will.

Schritt vier ist das durchsehen der Sammelbehäter, so oft wie möglich und in strikter Reihenfolge: Zunächst den Kalender, um zu wissen, wie viel Zeit gerade für andere Dinge bleibt, anschließend das Abarbeiten der Projektordner. Ist wenig Zeit, können Telefonate geführt werden, ist viel Zeit, können längere Planungen angegangen werden. Wichtig ist nur – und hier kommt wieder die Disziplin ins Spiel – dass das Durchsehen regelmäßig stattfindet, laut Allen mindestens einmal wöchentlich.

Der fünfte und letzte Schritt ist die tatsächliche Durchführung. Nun sollte genau definiert werden, welche Schritte für welches Projekt ausgeführt werden sollten, welche Priorität was hat, wer daran beteiligt werden muss und welche Ressourcen nötig sind. Alles was hier anfällt, kann wieder in andere Behältnisse sortiert werden: Telefonate, Treffen und so weiter.

Zu viel für Studenten

Dieser erste Teil des Buches liest sich sehr flüssig, auch wenn immer noch alles sehr amerikanisch klingt und David Allen keine Chance auslässt, davon zu berichten, bei welchem Manager welches Prinzip Begeisterung auslöste. Einige der Vorschläge klingen durchaus plausibel und sind es mit Sicherheit wert, ausprobiert zu werden.

Die weiteren Teile dieser Selbstordnungsanleitung greifen den ersten Teil auf und gehen ins Detail. Dies ist sprachlich nach wie vor lesenswert und es stecken auch einige gute Ideen drin, die ein koordiniertes Arbeiten sicherlich vereinfachen. Hier wird jedoch deutlich, dass das Buch nun mal nicht für Studenten geschrieben wurde. Allen hält sich recht lange damit auf, über Materialien zu philosophieren, deren Anschaffung alles vereinfachen würde. Doch sprengen die Unmengen von Aktenschränken, Ordnern, Mappen und Registern, die er dazu vorschlägt, wohl nicht nur das studentische Budget, sondern auch den verfügbaren Raum in der durchschnittlichen Studentenbude.

Was allerdings auch für den studentischen Leser gilt, der sich an Allens Vorgaben halten möchte: Die Umstellung muss konsequent und radikal sein. Und dieser erste Schritt benötigt Zeit und Disziplin. Wer sich aber an das Grundprinzip Allens halten will, kann davon durchaus profitieren. Denn dann – schenkt man dem Autor seinen Glauben – bleibt viel Zeit für die angenehmen Dinge des Lebens!

Das Buch

David Allen: „Wie ich die Dinge geregelt kriege. Selbstmanagement für den Alltag“, 320 Seiten, Piper Verlag, Taschenbuchpreis 9,95 Euro.

PIPER Verlag
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