Buchrezension – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Mon, 21 May 2018 11:21:16 +0000 de-DE hourly 1 Muskeln lernen muss nicht nur stupides Lernen sein https://www.studentenpack.de/index.php/2018/05/muskeln-lernen-muss-nicht-nur-stupides-lernen-sein/ https://www.studentenpack.de/index.php/2018/05/muskeln-lernen-muss-nicht-nur-stupides-lernen-sein/#respond Mon, 28 May 2018 08:00:28 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=375505 Für Physiotherapeuten und Mediziner des ersten Semesters bestimmt das Fach Anatomie über ihr Leben. Jede Woche erwartet sie ein Testat im Präpsaal. Im ersten Semester beschäftigt man sich mit dem Bewegungsapparat: Muskelansätze, -ursprünge und Innervationen werden gepaukt ohne Ende. Jeder ist dankbar für Hilfsmittel, die helfen, dieses stupide Lernen zu erleichtern.

Nun gibt es das extra für Mediziner und Physiotherapeuten entwickelte Arbeitsbuch Muskeln von Sobotta.

Dass es als Ringbuch verfasst wurde, ist ein großer Pluspunkt, denn dadurch lässt es sich leicht aufschlagen. Das Inhaltsverzeichnis gibt es in zweifacher Ausführung. In einer kurz kompakten Variante, die nur die Regionen einteilt, und in einer detaillierten Variante, so dass man schnell einen Überblick gewinnen kann.

Im Inneren findet man jeweils detaillierte Abbildungen von Knochen und Gelenken. Da dies ein Arbeitsbuch ist, muss man natürlich auch etwas ausfüllen. Man wird immer aufgefordert, Ursprung, Ansatz, Funktion und Innervation bestimmter Musklen niederzuschreiben. Daraufhin kann man dann in den Abbildungen den Verlauf der Muskeln einzeichnen.

Zwischendurch werden auch immer wieder klinisch relevante Fragen gestellt, beispielsweise wie die klinischen Symptome sind, wenn ein bestimmter Muskel ausfällt.

Sollte man die Antwort nicht wissen, ist der zweite Teil des Arbeitsbuches mit Lösungen versehen. Dort sind Ursprung, Ansatz und Funktion aufgeführt und ebenso eine Zeichnung, in der die korrekte Verlaufsrichtung der Muskelfasern eingezeichnet sind. Ebenso sind Abbildungen wie aus einem Atlas abgebildet, in denen die Lage der Muskeln ebenfalls klar zu erkennen ist. Daneben ist ein längerer Text in dem gut und detaillierter erklärt wird, wo genau die Muskeln ihren Ursprung und Ansatz haben und von welchen Nerven sie innerviert werden.

Ich denke, dass dieses Arbeitsbuch übersichtlich strukturiert ist und sich für zweierlei Typen von Lernern verwenden lässt. Entweder man füllt es mittels eines Atlanten aus und nutzt das Arbeitsbuch als Kurzfassung zum Lernen. Eine andere Möglichkeit wäre vorher zu lernen und sein gelerntes Wissen durch Ausfüllen des Arbeitsbuches zu überprüfen. Aber egal für welche Variante man sich entscheidet, ich denke, dass dieses Arbeitsbuch ein sehr hilfreiches ergänzendes Arbeitsmittel ist.

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Ein Buch zum Überleben https://www.studentenpack.de/index.php/2017/12/ein-buch-zum-ueberleben/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/12/ein-buch-zum-ueberleben/#respond Mon, 04 Dec 2017 06:30:02 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=306431 Biochemie – nicht gerade das Fach, das die meisten Medizinstudenten am liebsten haben. Vielleicht ist man gerade durch die Chemie-Klausur durchgekommen, hat den letzten Praktikumstag im vergangenen Semester ordentlich gefeiert und jetzt geht der ganze Kram wieder von vorne los – nur mit noch größeren Molekülen, längeren unaussprechlichen Namen und im Zuge dessen lauter Abkürzungen.

Ich habe jetzt gut einen Monat Biochemie-Vorlesungen hinter mir und immer öfter driften meine Gedanken ab, das ist doch eh alles zu schnell und Zeit zum Nacharbeiten habe ich auch nicht wirklich. Insofern war ich ganz glücklich, in ein Buch hineinschauen zu können, welches scheinbar die gesamte Biochemie für etwa 20 Euro auf gut 300 Seiten zusammenfasst.

Das Buch “Survival Kit Biochemie” ist meiner Meinung nach gut strukturiert. Das Inhaltsverzeichnis ist aufgrund seiner Länge von nur zwei Seiten sehr übersichtlich, man findet Themen auf einen Blick. Ein absoluter Pluspunkt für mich. Öffne ich es an einer beliebigen Stelle, springen mir mindestens zwei Abbildungen und eine Infobox ins Auge, die Struktur ist also aufgelockert und ansprechend. Die Infoboxen haben verschiedene Farben, je nach dem, ob es sich um die Kategorie „Für die Klausur“, „Lerntipp“, „Achtung“ oder „Für Ahnungslose“ handelt. Diese Kategorie beschreibt in zwei Sätzen absolute Grundlagen, die unabdingbar für das Thema sind. Für jemanden, der länger aus der Schule raus ist oder Chemie abgewählt hat, kann hier der eine oder andere Aha-Effekt auftauchen.

Allgemein ist das Buch weniger wie ein Lehrbuch geschrieben, sondern sehr viel lebhafter und auch persönlicher. Der Leser wird oft direkt angesprochen und mit einbezogen. Der Autor versteift sich nicht auf stumpfe Fakten und Gegebenheiten, sondern verpackt die Theorie in eine Sprache, die man gut verstehen kann, ohne jede Seite doppelt lesen zu müssen.

Zum Inhalt kann ich nach einem Monat Biochemie natürlich noch nicht so viel sagen. Was mir beim Lesen der Themen aufgefallen ist, welche mir schon bekannt waren, sind viele Querverweise. Unter Umständen muss man also ziemlich zwischen den Kapiteln hin- und herblättern, um den gesamten Text zu verstehen. Zudem sind manche Kapitel sehr kurz gehalten – ich kann im Moment nicht beurteilen, ob man für eine Klausur oder ähnliches nicht mehr zu dem jeweiligen Thema wissen muss. Was ich gelesen habe, konnte ich aber gut nachvollziehen, auch wenn ich in der dazugehörigen Vorlesung nicht immer geistig anwesend war.

Insgesamt gefällt mir das Buch ziemlich gut und für jemanden, der normalerweise in die Vorlesungen geht und dann für die Klausur oder die Praktikumsvorbereitung das Eine oder Andere nachlesen und wiederholen möchte, ist es eine gute Zusammenfassung – vielleicht sogar als echte Alternative zu anderen Kurzlehrbüchern. Ich werde es künftig auf jeden Fall benutzen und damit – hoffentlich – die Biochemie überleben.

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Vom Symptom zur Diagnose!? https://www.studentenpack.de/index.php/2016/07/vom-symptom-zur-diagnose/ https://www.studentenpack.de/index.php/2016/07/vom-symptom-zur-diagnose/#respond Mon, 11 Jul 2016 06:32:39 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=235047
"Knapp bestanden:"Leitsymptome" im Kitteltest" Foto: Lukas RugeLukas Ruge | StudentenPACK.

“Knapp bestanden:”Leitsymptome” im Kitteltest” Foto: Lukas Ruge

Wer auch nur eine Folge von “Dr. House” gesehen hat, kennt die Szenen: Nachdem ein unbekannter Patient mit dramatischer Symptomatik (starke Schmerzen, noch stärkere Blutung…) eingeliefert wurde, brüllt Dr. House seinem Team das Wort “Differentialdiagnose” entgegen. Zwei bis vier hochbezahlte Ärzte antworten mit verschiedenen mehr oder minder zum Leitsymptom passenden Diagnosen. Trotz dieser Dramatik muss aber die Frage erlaubt sein, ob das Princeton-Plainsboro Teaching Hospital zur Einsparung von Personalkosten nicht einfach in eine Ausgabe von “Leitsymptome” von Annemarie Hehlmann hätte investieren können?

Denn genau das will dieses Buch bieten: Vom Symptom zur richtigen Diagnose führen. Dabei nennt es sich selbst den “optimalen Leitfaden für die effiziente Prüfungsvorbereitung und das unverzichtbare Nachschlagewerk in Famulatur und PJ”. Es richtet sich also klar an Studenten, möchte aber auch Ärzte ansprechen.

Passend dazu passt es gerade so in eine Kitteltasche. Auf 443 Seiten finden sich die häufigsten Leitsymptome in alphabetischer Ordnung von Adynämie bis Zyanose, wobei auch auf den ersten Blick alltäglich erscheinende Krankheitszeichen wie Durst und Mundgeruch ihren Platz finden. Jedes dieser Kapitel beginnt mit einer Definition des Leitsymptoms gefolgt von einer Auflistung möglicher Ursachen. Das ist erstmal ein sehr praktischer Ansatz, schließlich kommen nicht alle Patienten vordiagnostiziert zum Arzt. Nach der Auflistung der Ursachen folgen häufige Begleitsymptome, Vorschläge für Anamnesefragen und mögliche Untersuchungen sowie Anhaltspunkte, auf die in der klinischen Untersuchung zu achten ist.

Hilfreich bei der Diagnosefindung finde ich den Abschnitt “Diagnoseweisende Symptome” und die ab und zu anzutreffenden Tabellen, in denen verschiedenen Befunden die wahrscheinlichste Krankheitsursache zugeordnet wird. Beides findet sich jedoch längst nicht in jedem Kapitel. Außerdem nur manchmal finden sich “Hintergrund”-Abschnitte, die auf die Pathophysiologie einzelner Erkrankungen eingehen. Darüber hinaus werden einige geläufige Blutwerte erläutert und Ursachen für deren Veränderungen genannt. Am Ende des Buches findet sich eine Übersicht der häufigsten Labor-Normwerte.

Die „Diagnoseweisenden Symptome“ weisen zwar meist nicht direkt auf eine Diagnose hin, helfen aber, das Problem einzugrenzen beziehungsweise den Fokus besser setzen zu können. „Leitsymptome“ liefert nicht etwa wie beschrieben die Diagnose zur vorgetragenen Symptomatik, sondern vielmehr die Struktur und den Inhalt eines umfassenden, symptombezogenen Anamnesegesprächs sowie der nachfolgenden Untersuchungen. Meiner Meinung nach kann es im klinischen Alltag daher durchaus angewandt werden, eignet sich aber nicht zur Vorbereitung auf Prüfungen – es sei denn, es wird gezielt nach einer Auflistung von Differentialdiagnosen zu einem bestimmten Symptom gesucht. Meiner Einschätzung nach setzt dieses Buch so viel Wissen voraus, dass es erst nach bestandener Prüfung lohnend aufgeschlagen werden kann.

Dies liegt zum Beispiel daran, dass die Mehrzahl der Tipps nicht auf die Diagnosefindung, sondern eher auf die genaue Beschreibung des Symptoms und der Begleitsymptome hinausläuft. So werden zwar einige Anamnesefragen wie „Sind die Brustschmerzen atemabhängig? Werden sie im Liegen schlimmer?“ vorgeschlagen, mit der Interpretation der Antworten bleibt der Leser jedoch allein. Auch die Liste der Ursachen dient eher der Kontrolle, ob man an alles gedacht hat, als der wirklichen Diagnostik, da sie keine Hinweise auf die Häufigkeit der einzelnen Pathologien liefert.

Zugunsten der Kompaktheit geht außerdem die Übersichtlichkeit verloren. Kapitel beginnen mitten auf einer Seite und durch die zweifarbige Gestaltung ist schon etwas Konzentration gefragt um zu behalten, was wohin gehört. Die Nomenklatur ist nicht einheitlich gegliedert: Manche Symptome finden sich nur unter der deutschen „Laienbezeichnung“, während andere ausschließlich unter ihrer Fachbezeichnung zu finden sind. Querverweise fehlen teilweise, genauso ein Glossar.

Gerade bei Leitsymptomen, die häufig mit Notfallsituationen einhergehen wie zum Beispiel „Thoraxschmerz“, zeigt das Buch deutliche Schwächen. Zwar wird auch hier erwähnt, dass schnellstmöglich lebensbedrohliche Krankheitsursachen wie Herzinfarkt, Lungenembolie und Aortendissektion ausgeschlossen werden müssen, diese Information findet sich jedoch erst ganz am Ende des Kapitels. Ähnliches gilt beispielsweise für die Kapitel „Bewusstlosigkeit“, „Akutes Abdomen“ und „Apnoe“.

Abschließend kann ich sagen, dass „Leitsymptome“ von Annemarie Hehlmann zwar einen sinnvollen Ansatz wählt, um zu einer Diagnose zu finden, jedoch eher in seltenen Fällen tatsächlich wie versprochen vom Symptom zur Diagnose führt. Meiner Meinung nach ist es nicht so sehr zur Prüfungsvorbereitung und schon gar nicht in Akutsituationen zu gebrauchen, sondern eher zur Vorbereitung auf geplante Aufnahmegespräche und zur Kontrolle, ob man auch an alles gedacht hat. Das Augenmerk wird hierbei nicht auf die Diagnose selbst, sondern eher auf die Strukturierung der Diagnostik gelegt, wobei vom Leser eine Menge Vorwissen erwartet wird.

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When I find myself in times of trouble… https://www.studentenpack.de/index.php/2015/02/when-i-find-myself-in-times-of-trouble/ https://www.studentenpack.de/index.php/2015/02/when-i-find-myself-in-times-of-trouble/#respond Mon, 02 Feb 2015 08:30:22 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=213121 In Kooperation mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten und Lübecker Kulturförderer Björn Engholm hat das Technikzentrum Lübeck den Debütroman „ImPuls der Stadt“ der hiesigen Autorin Hanne Tech veröffentlicht. Die Werbetrommel wird eifrig gerührt: Eine eigene Homepage und Facebook-Seite sind eingerichtet. Unter anderem im „Haus der Wissenschaft“ – welches im Roman häufiger Erwähnung findet – wurde der Roman vorgestellt. Grund genug für euch, einen Blick in das knapp 250 Seiten starke Buch zu werfen.

Der Schauplatz des Buches

Der Schauplatz des Buches[media-credit id=51 align="aligncenter" width="640"]


Das Leben der 39-jährigen Christiane könnte schlechter nicht laufen. Ihrem kleinen Filmunternehmen „HanseHERZ“ gehen die Aufträge aus und ein erhoffter Dreh wird abgesagt. Von ihren Eltern, die Oberhäupter einer bekannten wohlhabenden Lübecker Bürgerfamilie sind, bekommt sie keine Wertschätzung für ihre Arbeit und sie trauen ihr keine Übernahme der Familiengeschäfte neben ihren Brüdern zu. Auch die Ehe mit ihrem Gatten Lars ist eingeschlafen: Während er sich völlig auf den Bau eines Krankenhauses in Bolivien konzentriert, flüchtet Christiane sich in eine Affäre. Nicht zuletzt das oberflächlich gewordene Verhältnis zu ihrer Tochter Vanessa, die sich mit ihren 19 Jahren nicht stärker von den biederen, konservativen Großeltern unterscheiden könnte, macht ihre Midlife-Crisis komplett.

Selbst als der langersehnte Riesenauftrag an Christianes Firma geht, scheint es nicht besser zu werden. Sie steht vor der Aufgabe einen Image-Film für den Lübecker Tourismusverband zu drehen. Aber gute Ideen sind rar, denn Holstentor und Co. hat schließlich jeder schon tausendmal gesehen. Zum Glück gibt es die Rettung – in Form des TZL! Über Vanessas Freund bekommt sie Einblick in die Lübecker Technologie-Szene und Inspirationen für ihr Projekt. Doch es läuft nicht alles so perfekt, wie man es sich wünschen kann und weitere Probleme bahnen sich an…

Beim ersten Lesen des Rückentextes war die Befürchtung groß, eine 250-seitige Werbebroschüre für das TZL vor sich zu haben. Ganz frei von Eigendarstellung ist der Roman freilich nicht – die Beschreibungen des TZL, des BioMedTec-Campus und der zugehörigen Firmen sind im Kontext der Geschichte teilweise unangenehm lang und detailreich, durchgehend positiv sowieso. Deutlicher lässt sich der Unterschied von „Vision, Start-Up und High-Tech“ zur Wirtschaft und konservativen Gesellschaft kaum darstellen. Dadurch erhält man einen guten Überblick über das Technikzentrum; in der Hoffnung, dass die Realität ebenso vor Ideen, Energie und Motivation strotzt wie im Buch.

Doch den Roman auf TZL-Werbung zu reduzieren ist ungerechtfertigt, denn inhaltlich und stilistisch hat er einiges mehr zu bieten. Die Sorgen und Gedanken Christianes (und einiger anderer Charaktere, zu deren Blickwinkel im Verlaufe des Romans gewechselt wird) werden auf überzeugende Art und Weise beschrieben – es fällt nicht schwer, sich in die Figuren und in die Geschichte hineinzuversetzen. Letzteres klappt auch zu großen Teilen durch die bekannte Kulisse, die sehr detailreich und realistisch umschrieben wird. Sei es die Campus-Suite, das MFC oder der Abendspaziergang durch die Altstadt, der im Blauen Engel endet. Dadurch wirkt die Geschichte umso realistischer. Die Geschichte ist in drei Abschnitte aufgeteilt: Krise, Hoffnung und Aufbruch, die die Grundstimmung bestimmen und an die Spannungspyramide der Akte klassische Dramen erinnern, obwohl in diesem Falle die Wende eher zum Guten geschieht. Zwischenzeitliche, auch spannende und unvorhersehbare Wendungen in der Geschichte sorgen aber dafür, dass sie nicht zu linear wird.

Insgesamt also eine unterhaltsame, phasenweise spannende Geschichte, leider mit dem leicht bitteren Beigeschmack der Selbstdarstellung des TZL. Darüber hinwegsehend ist der Roman eine schöne, leichte Lektüre als Abwechslung zum Uni-Alltag. Eigentlich schade, dass das Ergebnis von Christianes Projekt nicht Realität ist – ich hätte es gerne gesehen.

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“DAS Lehrbuch für Medizinstudenten”? https://www.studentenpack.de/index.php/2014/06/das-lehrbuch-fur-medizinstudenten/ https://www.studentenpack.de/index.php/2014/06/das-lehrbuch-fur-medizinstudenten/#respond Mon, 02 Jun 2014 08:45:48 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=211236 „Es klingt wie die Ironie des Schicksals, dass man mir Nitroglycerin innerlich verschrieben hat.“ Wonach auch immer es klingen mag – das Kapitel, das mit diesem Auszug aus Alfred Nobels Brief an einen Freund beginnt, in welchem er schildert, dass sein schmerzhaftes Brustenge-Gefühl mit einer als Sprengstoff verwendbaren Substanz therapiert wird, steht in einem Pharmakologie-Buch.

Mit mehr als 3kg ist „Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie“ kein Buch um es zum Lernen mit auf die Wiese zu nehmen.

 Mit mehr als 3kg ist „Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie“ kein Buch um es zum Lernen mit auf die Wiese zu nehmen.[media-credit id=80 align="aligncenter" width="640"]


Genau genommen steht es im von Medizinstudenten gerne nur als „Aktories“ bezeichneten Buch „Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie“, das in der aktuell elften Auflage erschienen ist, herausgegeben von den Herren Aktories, Förstermann, Hofmann und Starke. Doch wie gut ist der auf der Homepage des Elsevier-Verlags als „DAS Lehrbuch für Medizinstudenten“ angepriesene, 1188 Seiten dicke Wälzer auf die Bedürfnisse von ebendiesen abgestimmt?

Beim Aufschlagen des Buches erwartet den Leser zunächst der Hinweis darauf, dass es einen Zugang zur mediscript-Lernwelt enthält und er somit auch online auf Texte und Abbildungen zugreifen sowie sein Pharmakologie-Wissen mit Fragen aus Altexamina prüfen kann. Daneben bietet ein freundlich-buntes, übersichtliches Verzeichnis aller Kapitel die Möglichkeit zur schnellen Navigation.

Die thematische Ordnung im Buch deckt sich nicht immer mit dem Lübecker Curriculum: Für Lifestyle-Drugs wie Viagra und Co. beispielsweise gibt es keine eigene Lerneinheit, sodass diese Wirkungen eher nebenbei Erwähnung finden. Auch die Therapie des Asthma bronchiale wird in einem anderen Kontext, nämlich dem der noradrenergen und adrenergen Systeme behandelt.

Den Kapiteln zu bestimmten Wirkstoffgruppen vorangestellt ist eine umfassende Einführung in die allgemeine Pharmakologie, die die wichtigsten Begriffe definiert und einen Überblick über Dynamik und Kinetik gibt. Dabei ist das Verständnis auch mit Vorklinik-Amnesie leicht möglich, weil selbst grundlegende Prinzipien wie G-Protein-gekoppelte Signaltransduktion noch einmal anschaulich erklärt werden.

Die Definitionen grundlegender Begriffe werden teils leider durch Einschübe unübersichtlicher als nötig: Mit einer knappen Definition und darauffolgenden Erläuterungen und klinischen Beispielen hätte der Leser nach dem ersten Lesen vermutlich eine bessere Vorstellung, worum es geht. Trotzdem lohnt es sich auch nach diesem Einstieg weiterzulesen und vor allem einen Blick auf die Abbildungen zu werfen: Anhand dieser oft halbseitigen und durchgehend farbigen Illustrationen lassen sich Schritt für Schritt die beschriebenen Mechanismen nachvollziehen ohne mit unnötigen Zusatzinformationen zu verwirren.

Nützlich ist auch die Farbcodierung: Unerwünschte Wirkungen eines Pharmakons sind mit einem roten Balken neben dem Text markiert. Das Überspringen von nicht im Lernzielkatalog gefordertem Wissen ist für den faulen Studenten dadurch leicht möglich.

Auch für Unterhaltung und unnützes Wissen zwischendurch ist gesorgt: Da wären die Zitate wie jenes zu Nitroglycerin, die am Anfang vieler Kapitel zum Schmunzeln bringen und neugierig machen. Außerdem findet sich beispielsweise eingestreut zwischen die Strukturformel von Coffein und eine Tabelle zu Pharmakokinetik- und -dynamik von Theophyllin und Coffein eine Tabelle zum Coffeinverbrauch in ausgewählten europäischen Ländern – die Deutschen liegen mit 313 mg Coffein pro Person und Tag zumindest unter den ausgewählten Ländern ganz vorne. Für das Verständnis des Wirkmechanismus ist diese Information nicht notwendig, doch sie sorgt für eine gewisse Auflockerung.

Aber lohnt sich die Neuanschaffung für jemanden, der schon die vorige zehnte Auflage zuhause stehen hat? Meiner Meinung nach nicht. Bei der Überarbeitung zur elften Auflage sind die Kapitel zu den Themen „Pharmakologie des Energiehaushalts“ und „Pharmakologie des Glucosestoffwechsels […]“ zu einem zusammengefasst worden und das Kapitel „Kontrastmittel und Radiopharmaka“ wurde gestrichen. Darüber hinaus ist der Großteil unverändert geblieben.

Im exemplarischen Vergleich der Kapitel zu den zentralen Muskelrelaxantien ergeben sich nur minimale Unterschiede: Abbildungstechnisch ist alles beim Alten geblieben und auch der Einleitungstext sowie die Abschnitte zu Wirkmechanismen und therapeutischer Anwendung sind abgesehen von ein, zwei ergänzenden Sätzen zu einem neuen Wirkstoff identisch. Für die Praxis relevante Änderungen enthält in diesem Kapitel die Tabelle, in der zu den einzelnen Substanzen Informationen wie zum Beispiel zulässige Dosierungen aufgeführt sind. Von einem Studenten kann mit Sicherheit nicht erwartet werden, dass er über derartiges Detailwissen verfügt.

Insgesamt scheint mir „Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie“ ein sehr umfassendes Buch zu sein, das eher für junge Ärzte als Nachschlagewerk eine gute Wahl ist. Für den Medizinstudenten im sechsten Semester bietet es zum Lernen zu viele Informationen. Punktuell kann es allerdings zum besseren Verständnis beitragen und auf jede tiefergehende Frage eine Antwort liefern.

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Drogentrip im Selbstversuch https://www.studentenpack.de/index.php/2013/12/drogentrip-im-selbstversuch/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/12/drogentrip-im-selbstversuch/#respond Mon, 09 Dec 2013 08:30:52 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=186102 Es war dieses Pharma-Seminar über die therapeutische Breite von Medikamenten, also den Dosisbereich zwischen Wirkbeginn und letaler Menge. Der Dozent nannte die Droge LSD als Beispiel für eine hochpotente Substanz, die schon in kleinen Dosen tödlich sein kann. Und er erzählte von Albert Hofmann, der die Substanz gefunden und im Selbstversuch ausprobiert hatte. Seine Erlebnisse damit hat Hofmann in seinem Buch „LSD – Mein Sorgenkind“ beschrieben.

Am Ende des Seminars wollte ich dieses Buch lesen. Doch es war beim Verlag vergriffen und gebraucht nicht aufzutreiben. Ein paar Jahre später führte ich eine Unterhaltung über Selbstversuche von Wissenschaftlern. Die Rede kam auf Hofmann und die Idee war zurück. Nach kurzer Recherche die erfreuliche Nachricht: Der Klett-Cotta-Verlag hat das Buch im vergangenen Jahr zum vierten Mal aufgelegt. Jetzt liegt es vor mir: handlich, 224 Seiten stark, eingeschlagen in rosa und schwarzes Leinen.

Jung geblieben: Albert Hofmann, der Entdecker des LSD, an seinem 100. Geburtstag

Jung geblieben: Albert Hofmann, der Entdecker des LSD, an seinem 100. Geburtstag. [media-credit name="Wikipedia-Nutzer Stepan, Bearbeitung: Albert Piek" align="aligncenter" width="645"]

Eine vermeintlich wirkungslose Substanz

Albert Hofmann war Chemiker in Diensten der pharmazeutischen Abteilung der damaligen Sandoz in Basel. Dort forschte er vor allem an Wirkstoffen von Arzneipflanzen, wie etwa den Digitalisglykosiden oder den Mutterkornalkaloiden. Er reinigte Stoffe auf, suchte deren Summenformel, experimentierte mit deren Wirkung.

Die Forschung am Mutterkorn brachte ihn zu seiner Droge: Für die synthetische Herstellung der Alkaloide benötigte er Lysergsäure, die aus Nebenprodukten eines portugiesischen Ergotamins extrahiert werden konnte. Er experimentierte weiter und stellte fest, dass es sich um neue Verbindungen handelte, „von denen […] auf Grund ihrer chemischen Struktur andersartige interessante pharmakologische Eigenschaften erwartet werden konnten.“ In einer Reihe von Versuchen – es war der 25. – entstand Lysergsäure-Diäthylamid. Oder wie Hofmann es weiter nennen sollte: LSD-25. Er wollte ein Atmungs- und Kreislaufstimulans herstellen – darauf ließ zumindest die Strukturformel hoffen. Allerdings stellte man lediglich fest, dass die Versuchstiere trotz Narkose nervös wurden. Eine weitere Wirkung war nicht zu bemerken, die Forschung wurde eingestellt.

Selbstversuch mit Überdosis

Doch das Thema ließ Hofmann nicht los. Fünf Jahre sollten vergehen, bis er seine Forschungen wieder aufnahm. Wieder synthetisierte er LSD-25, wurde dabei jedoch von „ungewöhnlichen Empfindungen“ gestört. Er beschreibt Unruhe, leichten Schwindel und einen „nicht unangenehmen rauschartigen Zustand“. Er will der Sache auf den Grund gehen und beschließt einen Selbstversuch. Um 16:20 Uhr nimmt er 0,25 mg der Substanz. Um 17 Uhr setzen erste Symptome ein: Schwindel, Angst, Lähmungen, Lachreiz. Von 18 bis 20 Uhr fährt er mit dem Fahrrad nach Hause, begleitet von seiner Assistentin. Zuhause verstärken sich die Symptome, er bekommt Wahnvorstellungen. Wie er später erfahren wird sind die Auswirkungen nur in seinem Inneren. Nach außen ist alles normal, bis auf seine geweiteten Pupillen.

Damit nimmt die Forschung Fahrt auf. Letale Dosen sollen im Tierversuch ermittelt werden. Diese sind schwer einzuschätzen und schon gar nicht auf den Menschen zu übertragen. Hofmann war dennoch klar: Seine Dosis war schon scharf an der Grenze. Die Tiere reagierten ganz unterschiedlich auf die Substanz: Die Mäuse bewegten sich gestört. Katzen begannen zu sabbern und sträubten das Fell, den Blick starr in die Luft gerichtet. Schimpansenfamilien wurden kollektiv nervös, wenn nur ein Mitglied LSD bekommen hatte. Aquariumsfische schwammen in ungewöhnlichen Stellungen. Und Spinnen webten fehlerhafte, unvollständige Netze.

Heilbringer als “Phantasticum”

Im Folgenden soll LSD eine Verwendung finden. Der Sohn von Hofmanns Institutsleiter ist Psychiater in Zürich. Er will dieses „Phantasticum“ testen. Er nimmt 0,06 mg im Selbstversuch. Plastisch sind seine Schilderungen der Halluzinationen. Was er sieht reicht von Farben und Formen bis hin zu komplexen Räumen und Gegenständen. Er fühlt sich großen Romantikern nah, findet sich in ihren Werken wieder, bis die Euphorie einer Panik weicht, bis hin zu Selbstmordgedanken. LSD wurde nun als Psychopharmakon geprüft. Man vermutete, dass die Wirkung nicht auf eine Vergiftung zurück zu führen sei, da die Versuchspersonen sich an ihre Trips im Detail erinnern konnten. Dies machte sich die Psychotherapie zu nutzen: Plötzlich wurden Patienten zugänglicher, kehrten ihr Innerstes nach außen. Albert Hofmann war stolz auf seine Entdeckung und die Aussicht auf ein neues, heilbringendes Medikament. Gleichzeitig plagte ihn die Sorge um die viel tiefer greifende Wirkung des LSDs als Droge.

Von Künstlern und Hippies

Denn nicht nur die Wissenschaft war auf Hofmanns Forschungen aufmerksam geworden. Künstler nahmen die Droge, um neue Kreativität zu finden, sogar eine eigene Stilrichtung entstand. Ein Journalist veröffentlichte seine Selbstversuche und die Drogenszene wuchs, vor allem in den USA. Dieser ungewollte Boom bedeutete für Hofmann vor allem eines: Arbeit! Sein Labor war plötzlich mit einer Reihe von Analysen betraut, im Auftrag von staatlichen Behörden.

Es waren vor allem die Hippies und ihr „Messias“ Timothy Leary. Unter dem Motto „Turn on. Tune in. Drop out.“ propagierte er den LSD-Konsum. Immer wieder wurde von Drogentoten berichtet, von Straftaten unter LSD-Einfluss. Denn der Trip, so beschreibt es Hofmann, bringe nicht nur Farben und Glücksgefühl, sondern ebenso Horror und Angst.

Neben den Selbstversuchen Hofmanns sind auch Berichte anderer Konsumenten abgedruckt. Von tanzenden Seelen im Wind wird geschrieben, von Visionen und automatenhaften Bewegungen. „Phosphoreszierende Wellen“, die durch Zimmer schwappen, kurz bevor ein „unheimlicher Prozess einer Fortschreitenden Selbstentfremdung“ beginnt.

Botanische Ausflüge

Albert Hofmann hat es nicht bei der Erforschung einer psychogenen Substanz belassen. In der zweiten Hälfte des Buches geht er auf „magic mushrooms“ ein, heilige Pilze der mexikanischen Naturvölker wie den „Teonanacatl“. Für einen Weißen ist es wohl gar nicht so leicht, an die heiligen Pilze zu kommen. Doch über Kontakte bekamen Hofmann und die Sandoz den Auftrag, den psychogenen Wirkstoff zu extrahieren. Der Chemiker opfert sich erneut und nimmt in einem weiteren Selbstversuch 32 Pilze zu sich. Die Halluzinationen, die er im Folgenden beschreibt, sind anders als beim LSD: Er sieht mexikanisch und indianisch anmutende Bilder. Es folgen Versuche mit Probanden. Der Wirkstoff Psilocybin wird entdeckt und hergestellt. Die Wirkung gleicht der von LSD, nur sind die Symptome schwächer, die Wirkdauer kürzer. Der Pilzexkurs wird abgeschlossen durch den ausführlichen Bericht über eine Forschungsreise, während der Hofmann zwei priesterlichen Zeremonien im Drogenrausch beiwohnen kann. Einer Heilpriesterin schenken sie dabei Psilocybin-Tabletten, was zu heller Freude führt: Mit der Tabletteneinnahme ist die Priesterin nicht weiter von den Jahreszeiten und dem Pilzwachstum abhängig.

LSD – Fluch und Segen zugleich

Der Abschluss des Buches regt zum Nachdenken und zur Diskussion an. In drei Kapiteln hat Hofmann Korrespondenzen mit den Schriftstellern Ernst Jünger, Aldous Huxley und Walter Vogt abgedruckt. Alle haben sie den Drogenkonsum in ihren Werken einfließen lassen. Jünger wird von Hofmann zum Selbstversuch eingeladen. Huxley sieht in der Bewusstseinserweiterung durch Drogen einen Weg zur besseren Nutzung von humanen Ressourcen bei Menschen mit höher entwickelten geistigen Fähigkeiten. Hofmann zeigt sich fasziniert von der Idee des breiten Drogenkonsums, warnt jedoch gleichzeitig vor dem Einfluss auf den freien Willen.

Mit „LSD – Mein Sorgenkind“ ist Hofmann eine Mischung aus wissenschaftlichem Bericht und unterhaltsamer Lektüre gelungen. Zwar muss man sich manchmal durch botanische Fachbegriffe und Auflistungen von Forschernamen mühen, doch wird man dafür mit plastischen Erzählungen und amüsanten Exkursen belohnt. Hofmann schreibt in der klaren Sprache eines Forschers und der höflichen Zurückhaltung eines Schweizers. Er berichtet von seiner Arbeit als Chemiker, ohne so tief ins Detail zu gehen, als dass man ihm nicht mehr folgen könnte. Nachdem ich den rosaroten Leineneinband wieder zugeschlagen habe kann ich nur sagen: Es ist gut, dass dieses Buch wieder aufgelegt wurde!

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Große Hilfe in der Kitteltasche https://www.studentenpack.de/index.php/2013/11/grosse-hilfe-in-der-kitteltasche/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/11/grosse-hilfe-in-der-kitteltasche/#respond Mon, 11 Nov 2013 08:36:31 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=171965
Passt wirklich. Praxistest bestanden.

Passt wirklich. Praxistest bestanden. [media-credit name="Johannes Zanken" align="aligncenter" width="645"]

„Was brauche ich noch mal alles für eine Blutentnahme? Wohin kamen beim 12-Kanal-EKG die grüne und wohin die schwarze Elektrode? Und wo sollten jetzt eigentlich die Fußpulse zu fühlen sein?“ Diese und ähnliche Fragen könnte sich der angehende Arzt bei den ersten Famulaturen oder im PJ stellen. Wenn das Gedächtnis jedoch keine zufriedenstellende Antwort parat hat, kann sich das Buch „Ärztliche Fertigkeiten“ als sehr nützlich erweisen. Es entstand aus dem U-Kurs-Skript der Berliner Charité und richtet sich neben Medizinstudenten auch an Assistenzärzte und Wiedereinsteiger, wobei es kein Lehrbuch im klassischen Sinne ist, sondern vor allem Handlungsabläufe übersichtlich darstellt. Somit kann es besonders für Mediziner, die noch keine Routine besitzen, als kompaktes Nachschlagewerk von großem Wert sein.

Inhaltlich ist das 530 Seiten starke Buch in vier Teile gegliedert. Der erste Teil beschäftigt sich mit der systematischen Ganzkörperuntersuchung inklusive Anamnese und Notfalluntersuchung. Das Vorgehen bei der Untersuchung wird dabei für jeden Teil des Körpers einzeln mit Normalbefund und den häufigsten Krankheitszeichen und deren Überprüfung beschrieben. Die Notfalluntersuchung wird getrennt für ansprechbare („Be pro life“-Schema)und bewusstlose Patienten (Basic Life Support) erläutert. Im zweiten und größten Teil werden ausgewählte fachbereichspezifische Untersuchungen wie beispielsweise Weber-Test oder Visus-Prüfung ausführlich dargestellt. Darauf folgt im dritten Teil die Darstellung praktischer Basisfertigkeiten (Blutentnahme, EKG kleben und auswerten, Wunden nähen, Magensonden legen etc.) Im letzten Teil dreht sich dann alles um symptomorientierte Anwendungsgebiete nach dem Motto: Ein Patient kommt mit Bauchschmerzen, was ist zu tun? Hier kann dann auch das bis dahin Erlernte überprüft werden. Außerdem finden sich im vierten Teil ergänzend Anweisungen für Notfallmaßnahmen im Rahmen des Advanced Life Support. Schade ist, dass diese Gliederung nicht von außen zu erkennen ist, weshalb man immer etwas blättern muss. Zwischen all dem sind die Grundlagen der Arzt-Patienten-Kommunikation sowie häufige klinische Abkürzungen, Normwerte und Merkhilfen eingestreut.

Allgemein kann man sagen, dass zu jedem Thema genug Informationen gegeben werden, um die Tätigkeiten gut ausführen und den Patienten aufklären zu können. Dabei kann das Buch jedoch keine professionelle Anleitung, wie etwa einen U-Kurs zum ersten Lernen ersetzen. Besonders hilfreich finde ich die Beispielfragen für eine umfassende Anamnese und die im vierten Teil dargestellten Differentialdiagnosen häufiger Symptome. Um das schnelle Nachschlagen zu erleichtern, werden die meisten Sachverhalte übersichtlich in Stichpunkten und Tabellen dargestellt, wobei sich an vielen Stellen tiefergehende Erläuterungen und Indikationen in Textform finden. Über die meisten Handlungsabläufe und komplizierte anatomische Sachverhalte geben zusätzlich zahlreiche schematische und fotografische Abbildungen Aufschluss. Besonders Wichtiges und Stolpersteine sind hervorgehoben, Notfall-Algorithmen sind als Flow-Charts dargestellt. Die Sprache ist dabei durchgängig prägnant gehalten, wobei die meisten Fachbegriffe vorausgesetzt werden.

Da medizinische Notfälle vor allem durch Zeitdruck charakterisiert sind, sollten gerade die Notfall-Medizin bezogenen Abschnitte am besten vorbereitend gelesen werden. Sowieso macht es sicherlich einen besseren Eindruck, wenn man das entsprechende Kapitel bereits vor der Durchführung der jeweiligen Aufgabe studiert hat und nicht währenddessen immer wieder hineinschauen muss.

Fazit: Das Buch „Ärztliche Fertigkeiten“ ist vor allem für Famulanten und PJler, die sich ins kalte Wasser gestoßen fühlen, sehr hilfreich, da es schnell Antworten auf die häufigsten Fragen liefert und die wichtigsten Tätigkeiten übersichtlich dargestellt.

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Das ist o.B.d.A. trivial https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/das-ist-o-b-d-a-trivial/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/das-ist-o-b-d-a-trivial/#respond Mon, 13 May 2013 08:00:14 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=137462
Beweise abschließen mit Stil

[media-credit name="CC BY-NC-SA spikedmath.com" align="aligncenter" width="645"] Beweise abschließen mit Stil

Mindestens einmal im Studium – bei manchen Studiengängen etwas häufiger – kommt ein MINT-Student in den Genuss, mathematische Übungszettel bearbeiten zu dürfen. Was für den einen Routinearbeit und spannende Knobelei ist, ist für den anderen ein allwöchentlicher Kampf.

Nachdem im Idealfall nach einiger Zeit eine Lösung für die Aufgabe gefunden wurde, kostet es meist einige Überwindung, das ganze in eine saubere Form zu bringen. Abgaben, bei denen diese Überwindung nicht stattgefunden hat, landen regelmäßig und in immer größerer Zahl in den Händen der leidtragenden Korrekteure. Halb verzweifelnd versuchen sie, die Gedankengänge der Studenten nachzuvollziehen, um die Punkte verteilen zu können – mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Aber meistens klappt’s dann doch irgendwie.

Warum sich also die Mühe machen, eine saubere, formal und mathematisch korrekte Abgabe zu erstellen?

Der prinzipiell offensichtlichste Grund ist wohl die verbesserte Kommunikation zwischen Student und Tutor. Wenn man sich erst einmal auf eine gemeinsame Sprache (auch Mathematik ist eine Sprache!) geeinigt hat, ist es um ein Vielfaches einfacher, dem Gegenüber seine Gedankengänge und Lösungen mitzuteilen und andererseits die Gedanken Anderer nachzuvollziehen.

Ebenso ist ordentliches und sorgfältiges Arbeiten im universitären Umfeld in sämtlichen anderen Bereichen eine selbstverständliche Pflicht – ein Zellbiologe kippt schließlich auch nicht „einen guten Schuss hiervon“ und „ein bisschen davon“ auf seine Zellkulturen und auch ein Programmierer muss sich genau an die Syntax der Programmiersprache halten, damit seine Programme funktionieren. Warum also nicht dieselbe präzise Genauigkeit in der Mathematik anwenden? Diese Argumente reichen scheinbar in vielen Fällen leider nicht aus.

Hat man nun aber doch den Schluss gefasst, seine Übungen formal korrekt aufzuschreiben, tritt recht schnell wieder Nüchternheit auf – zusammen mit der Frage: „Wie genau stelle ich das überhaupt an?“ Befasst man sich nämlich genauer mit der Sprache der Mathematik, so wird man beinahe erschlagen von Begriffen, die jeder nutzt, aber deren Bedeutung vielen nicht bekannt ist. Ausdrücke wie „wohldefiniert“, „trivial“ oder die mysteriöse Buchstabenkombination „o.B.d.A“, hört man oft beiläufig in den Vorlesungen zu Analysis oder Linearer Algebra.

Gerade diese Begriffe und viele andere Aspekte der mathematischen Sprache werden in dem Buch „Das ist o.B.d.A. trivial“ von Prof. Dr. Albrecht Beutelspacher vorgestellt und erklärt. Die mittlerweile neunte Auflage des Taschenbuchs ist gefüllt mit Tipps und Erklärungen, mit denen der Autor den Weg zum von ihm gewählten „höchsten Ziel“ – der Klarheit – zu ebnen versucht.

Die Themen sind abschnittsweise gegliedert und strukturiert. Häufig werden Beispiele eingeschoben, die jeweils mit einem Smiley markiert sind: Hat der Beispielsatz einen lächelnden Smiley, so ist er gut definiert; ein Satz mit einem traurigen Smiley ist ein Beispiel, wie man es nicht tun sollte. Durch die zahlreichen Beispiele sieht man direkt angewendet, was es in jedem Abschnitt zu lernen gibt. Am Ende eines jeden solchen Abschnittes, der meist überschaubare zwei bis drei Seiten umfasst, gibt es zusätzlich eine größere Sammlung an Übungen, die dazu einladen, das Gelernte auszuprobieren. Manche der Übungsaufgaben wirken jedoch zu Beginn befremdlich – es gehört eine gute Portion Eigeninitiative dazu, sämtliche Aufgaben auch zu bearbeiten. Das Buch schließt, neben einer Liste mit empfohlener Literatur zu mathematischen Einführungsvorlesungen, mit einer weiteren Reihe an Übungsaufgaben – mit dem Unterschied, dass die Antworten bereits gegeben sind. Mit dem hoffentlich gewonnenen Wissen erkennt man jedoch schnell, dass die Antworten allesamt formal unsauber sind. Aufgabe des Lesers ist es also, selbst den Rotstift anzusetzen.

Inhaltlich werden eine Vielzahl von Themen behandelt. Es beginnt mit grundsätzlichen Fragen, zum Beispiel, wie überhaupt das Bearbeiten eines Übungszettels ablaufen soll. Wie definiere ich meine verwendeten Begriffe? Was ist der Unterschied zwischen Satz, Lemma und Korollar? Wie bezeichne ich meine Variablen richtig, muss ich sie überhaupt bezeichnen? Auf diese Fragen schafft es der Autor gute und präzise Antworten zu liefern.

Ein weiterer Themenblock widmet sich verwendeten Symbolen im Text. Es wird geklärt, wann und ob man Symbole wie ⇒ oder ∞ nutzen darf und sollte. Auf die in der formalen Mathematik häufig vorkommenden Quantoren ∀ („Für alle“) und ∃ („Es existiert mindestens ein“), die häufig falsch verwendet werden, wird besonders eingegangen. Die Bedeutung von Begriffen wie „trivial“, „notwendig und hinreichend“ oder „eineindeutig“ wird in einer leicht verständlichen Sprache erklärt.

Mit seinen knapp 100 Seiten ist das Buch trotz seiner vielen Tipps und Tricks angenehm dünn und lässt sich gut innerhalb von einer Woche durcharbeiten. Die verwendete Zeit lohnt sich definitiv: Nimmt man die Anregungen mit und versucht sie auf seine Abgaben anzuwenden, wird man selbst schnell merken, um wie viel besser das Ergebnis ist – und ein paar mehr Punkte werden definitiv bei den Abgaben drin sein. Auch die Korrekteure werden dann etwas weniger verzweifeln und es euch herzlich danken.

Das Buch erschien in seiner aktuellen neunten Auflage 2009 im Vieweg+Teubner Verlag. Es kostet 17,99€ und ist gebraucht häufig für unter zehn Euro zu bekommen – eine lohnende Investition!

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Ein kleines bisschen in die Zukunft https://www.studentenpack.de/index.php/2013/01/ein-kleines-bisschen-in-die-zukunft/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/01/ein-kleines-bisschen-in-die-zukunft/#respond Tue, 15 Jan 2013 23:00:42 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=93474 Ein Horde Orks und ein Drache kommen in eine Bank. So beginnt „Halting State“ von Charles Stross, das erste Buch einer Science-Fiction-Thriller-Reihe, die Stross 2011 mit Rule 34 weiterführte und deren dritter Teil 2014 erscheinen soll.

„There was something flaky going down in one of the realms […] in the prestige-level central bank for Avalon Four. There was a guild of Orcs – in a no-PVP area – and a goddamn dragon, and they cleaned out the bank.“

Weder die Orks noch der Drache oder die Bank existieren, was sie stehlen hat jedoch einen realen Wert. Sie stehlen Items. Der Raub geschieht in einem MMORPG, einem Massive Multiplayer Online Role Playing Game, fast wie jene, die schon heute gespielt werden, zum Beispiel „World of Warcraft“, und würde man aufschreiben, was tatsächlich geschieht, müsste man auf viel weniger farbige Begriffe ausweichen. Hacker entwenden signierte Datensätze aus einer Datenbank. Es ist die nahe Zukunft, vielleicht zehn Jahre entfernt, und Onlinespiele haben ein Ausmaß erreicht, dass die Items, welche Spieler in den jeweiligen Spielen sammeln können, wirtschaftliche Bedeutung auch in der echten Welt haben. Um diesen Wert zu verwalten, haben sich Firmen gegründet, welche spielübergreifende virtuelle Bankhäuser führen, und genau so eine Firma hat es erwischt. Eine Horde Orks und ein Drache rauben eine Bank aus.

Die vergnügliche Vermischung zwischen Digitalem und Realem ist einer der vielen geschickten Griffe in „Halting State“, welcher die Ermittlungen von Versicherung und Polizei zu dem Raub in der virtuellen Bank beschreibt. Dabei ist dies kein Science-Fiction-Buch, wie man es meist zu fassen kriegt. Anders als so viele Science-Fiction Autoren verzichtet Stross auf die üblichen Verdächtigen wie Raumschiffe, Roboter, unbegreifliche künstliche Intelligenz, Zeitreisen und nicht zu vergessen: Außerirdische. Das Edinburgh, in welchem Charles Stross’ „Halting State“ und „Rule 34“ spielen, ist keine solche Welt, sie ist überhaupt nicht weit weg, sie ist gefühlt übermorgen. Dies ist die größte Faszination seiner Bücher. Die ökonomische Bedeutung von Onlinespielen kann schon heute nicht mehr geleugnet werden und so bildet sie den Rahmen eines Krimis, welcher nahezu nebenher aktuelle Entwicklungen im Interaktionsdesign, in der Kommunikationstechnologie aber auch Veränderungen in der Arbeits- und Lebenswelt, im Verkehr und in der Freizeitgestaltung ein paar Jahre weiter denkt. Das Spektakulärste daran ist fast, dass Stross nicht für einen Leser im Jahr 2007 oder 2013 zu schreiben scheint, sondern für einen Leser in jener Zeit, in der die Geschichte spielt. So verwendet er denkbar wenig Zeit, um die Welt zu erklären, und lässt seine Leser einfach darin leben, die Zusammenhänge ergeben sich geschickt genau dann, wenn man sie benötigt.

Auf ähnlichem Territorium bewegt sich Stross mit dem Nachfolgeroman „Rule 34“, welcher die Arbeit einer auf Memes und andere Internetaktivität ausgelegten Polizei-Einheit beschreibt. Auch hier liegt der Ausgangspunkt in ganz aktuellen Entwicklungen, der verschwimmenden Grenze zwischen sich schnell ausbreitenden Gerüchten und Verhaltensweisen im Netz und tatsächlichen Aktionen auf den Straßen der Stadt. „Rule 34“, ein aus dem Internet der Gegenwart stammender Scherz („If it exists, there is porn of it. No exceptions.”) wird zur Basis der Polizeiarbeit dieser fiktionalen Welt

„Sooner or later you have to ask, is whatever is depicted here happening on my beat? [This] isn’t about porn […] so much as it’s about Internet memes-random clumps of bed headmeat that have climbed out of skulls to go walkabout on the web. Often they are harmless – a craze for silly captions on cute photographs – but sometimes they’re horrendous: And fuckwits see this stuff and think it’s cool, so they imitate it.“

Stross denkt weiter und bündelt Entwicklungen im Bereich der 3D-Drucker oder des Bloggens zu einem ausgefeilten Thriller, bei dem der Leser lange im dunklen tappt.

Die Beschreibung der Zukunft ist im zweiten Roman weniger mutig und ganz explizit wird an manchen Stellen die Entwicklung, beginnend im Jahr 2011, nachgezeichnet, um sie dem Leser zu verdeutlichen. Dies wirkt manchmal hölzern, verlangsamt die Handlung und ist unnötig.

Stross macht in seinen Büchern vieles richtig, auch wenn beide Bücher länger sind, als sie hätten sein müssen, aber darüber kann man hinweg sehen. Das Verhältnis zwischen Krimi-Handlung und Technobabble ist ausgewogen und so bleibt das Buch meist spannend und für den technisch versierten Geek dennoch nachvollziehbar. Auch an Fantasie für immer neue, durchaus oft gänzlich unerwartete, Wendungen fehlt es Stross nicht. Störend ist allerdings die Entscheidung, in „Halting State“ und „Rule 34“ jeweils einzelne Kapitel aus der Sicht einer Reihe von Charakteren zu schreiben (der Protagonist wechselt immer zum Kapitelanfang) und dies auch noch in der zweiten Person Singular (die Charaktere reden über sich selbst in einem ewigen inneren Monolog, in welchem sie „Du“ zu sich selbst sagen). Dies ist mindestens gewöhnungsbedürftig, die meiste Zeit ist es einfach nur ablenkend.

Kann man „Halting State“ und „Rule 34“ trotzdem empfehlen? Ja, aber mit Einschränkung. Science-Fiction-Fans werden sich freuen, etwas zu lesen, das weit weg ist von dem, was wir üblicherweise Science-Fiction nennen, Krimi-Fans werden sich über gänzlich neuartige Verbrechen freuen, die anders, aber irgendwie auch bekannt sind, und Technik-Fans werden die Details der Welt bestaunen, die Stross ihnen darbietet. Sie alle werden einen langen Atem für die weniger spannenden Momente mitbringen müssen.

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Der lange Weg zum großen Examen https://www.studentenpack.de/index.php/2012/11/der-lange-weg-zum-grosen-examen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/11/der-lange-weg-zum-grosen-examen/#respond Mon, 12 Nov 2012 10:00:53 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=73854
Susanne Himmelsbach | StudentenPACK.

Lesen? Schreiben? Kreuzen? Um den Überblick zu behalten, braucht man erstmal einen Plan

Alle Wege im Medizinstudium führen zum Hammerexamen. Es sei denn man entscheidet im PJ noch kurzfristig, dass ein Mathematikstudium ohne Patientenkontakt doch besser geeignet wäre. Alle anderen müssen einen Weg einschlagen, der sie irgendwie durch die Lernphase und im besten Fall auch noch durch den 2. Abschnitt der ärztlichen Prüfung bringt.

Die sicherste Methode ist bestimmt die, in der man bestenfalls bereits im Grundstudium, aber spätestens nach dem Physikum anfängt, jede Vorlesung und jedes Seminar vor- und nachzubereiten, regelmäßig den Stoff von Semesterbeginn und Vorjahren wiederholt und so kontinuierlich alles Wissen, das es über die Medizin und den Menschen gibt, in sich einsaugt.

All diejenigen, die aber noch ein, zwei Studentenpartys mitnehmen möchten, vielleicht nebenher arbeiten oder Hobbys haben, müssen sich eine Alternative ausdenken.

100 Tage werden im Allgemeinen anvisiert, wenn man sich umhört, wie andere das geschafft haben. In dieser Zeit noch einmal alle Standardwerke zu lesen ist utopisch und scheidet aus. Wohl genau aus diesem Grund haben alle großen Lehrbuchverlage auch Unmengen von Vorbereitungsliteratur auf den Markt geworfen. Kurzlehrbücher, Altexamina, eine Mischung aus beiden, doch noch was für die mündliche Prüfung? Da geht der Überblick schnell verloren.

Erstmal ein Plan!

Was man also am Anfang am ehesten braucht, ist ein Plan. In einer größeren Buchhandlung in der Nähe unserer Universität liegen kleine blaue Broschüren von Medi-Learn und der Deutschen Ärztefinanz aus: „Hammerplan – In 100 Tagen zum 2. Staatsexamen“. Der Plan beginnt mit 17 Tagen Innere, zwei Tagen Hygiene, fünf Tagen Pädiatrie und geht dann einmal im großen Ritt über alle Fächer. Dabei gibt es Untergruppen wie beispielsweise „Herz und Gefäße“, für die man drei Tage Zeit bekommt, an anderen Tagen muss man mehrere Unterpunkte schaffen, wie etwa „Berufskrankheiten, Arbeitsunfälle, Begutachtungskunde und ärztliche Aspekte der Rehabilitation“ in der Arbeits- und Umweltmedizin. Ist man am 88. Tag dann durch „Rehabilitation und Naturheilverfahren“ hindurch, folgen zwölf Tage für die Wiederholung alter Examina. Dieser Plan ist zwar umfassend, dabei allerdings auch recht statisch. Hat man doch noch etwas vor in der Zwischenzeit, muss man ihn eigenständig umschreiben.

Praktischer ist da fast ein Onlineplan, den ebenfalls Medi-Learn anbietet. Unter www.medi-learn.de/lernplaner erstellt man in sieben Schritten einen ganz individuellen Plan. Zunächst muss man eingeben, wann man beginnen will zu lernen. Es folgt die Frage, welche Tage man frei haben möchte, wobei man manche Wochentage komplett ausschließen kann. Dann noch eben den Kalender gezückt, Weihnachten, Silvester und Ostern, den Geburtstag der Erbtante und die Hochzeit des besten Freundes rausgesucht und im Medi-Learn-Plan die entsprechenden Häkchen gesetzt. In einem weiteren Schritt kann man angeben, ob man alles noch mal lernen sollte oder ob in manchen Fächern schon Expertenwissen vorliegt. Entsprechend wird der Plan dann abgestuft. Dann braucht das Kind nur noch einen Namen und schon kann der Plan als PDF aufgerufen und ausgedruckt werden. In dem so entstandenen Kalender kann man jeden Tag nachlesen, welches Fach mit welchem Teilgebiet gerade dran ist und wann das nächste Mal frei ist.

Ganz schön lange Kurzlehrbücher

Spätestens jetzt sollte man sich um die entsprechende Literatur kümmern. Große Werke, die alle Fächer im Stile von Kurzlehrbüchern zusammenfassen, sind beispielsweise das gerade im Thieme-Verlag erschienene „AllEx – Alles fürs Hammerexamen“ oder der „Exaplan“ beziehungsweise „Das Hammerexamen“, die beide aus dem Elsevier-Verlag kommen.

Wer den Exaplan nutzt und sich zuvor den Medi-Learn-Plan erstellt hat, dem werden einige Abschnitte bekannt vorkommen: Der Plan orientiert sich am Buch und so ist es ein Leichtes, die relevanten Abschnitte zu finden. Lesen muss man das Buch trotzdem, will man sich komprimiertes Wissen aneignen. Und das ist es auch, was der Exaplan enthält: In 32 Kapiteln auf 2904 Seiten wird die komplette Klinik zusammengefasst. Dazu gibt es eine Checkliste für das Examen mit Hinweisen zur körperlichen Untersuchung, Leitsymptomen von A-Z, kapitelübergreifende Tabellen und eine Übersicht über die klinische Infektiologie. Dabei hält sich der Text sehr nahe an den IMPP-Fragen. Relevantes ist gesondert markiert, manche Formulierungen kommen einem beim späteren Beantworten der Frage schon bekannt vor und mitunter weisen die Autoren auch darauf hin, wenn Dinge in der Realität obsolet sind, aber vom Prüfungsinstitut noch abgefragt werden.

Trotz der Kürze schafft das Buch Querverbindungen, beispielsweise von der konservativen Behandlung in der Inneren im Vergleich mit einer Operation. Es werden in einfachen Worten eigentlich logische Zusammenhänge hergestellt, die während der klinischen Ausbildung irgendwann mal in Vergessenheit geraten sind. So empfiehlt es sich beispielsweise, das Kapitel Klinisch-Pathologische Konferenz noch vor den großen Fächern zu lesen, da dort pathophysiologische Mechanismen einfach erklärt und wiederholt werden.

Doch gerade, weil das Buch so kompakt ist, muss man manchmal doch noch ins Regal greifen. Während man die kleinen Fächer so hinnehmen kann, sollte man insbesondere in der Inneren und der Chirurgie doch die großen Standardwerke griffbereit haben. Viele Aspekte werden zu knapp behandelt und Details werden nicht klar genug herausgearbeitet. Dabei muss wohl jeder selbst entscheiden, in welchem Umfang er lernen möchte.

Mitunter ist es auch schwierig, mit den auf zwei Bände verteilten, knapp 3000 Seiten zu arbeiten. Querverweise auf andere Abschnitte sind nicht immer klar und man muss suchen, ob ein anderes Kapitel oder einfach nur ein anderer Abschnitt im gleichen Kapitel gemeint ist. Zudem sind das Register und die originalen Farbabbildungen nur im zweiten Band. So muss man immer beide Bücher zur Hand haben, will man etwas nachschlagen. Und durch die vielen beteiligten Autoren kommt es hin und wieder auch zu Unstimmigkeiten: So wird der Unterschied zwischen Exsudat und Transsudat beispielsweise an einer Stelle an einem Eiweißgehalt von 2,5 g/dl fest gemacht, an anderer Stelle bei 3,0 g/dl.

Trotz der kleinen Ungereimtheiten: Der Exaplan liefert schnell viel Wissen auf engstem Raum, ist prüfungsbezogen und eingänglich. Es gibt Bilder und – wenn auch manchmal etwas kurz geratene – Fallbeispiele. Mitunter beweisen die Autoren sogar einen etwas schrägen Humor, was das Lernen immer wieder auflockert.

Kreuzen! Kreuzen! Kreuzen!

Susanne Himmelsbach | StudentenPACK.

Es gibt über 13.500 alte Fragen. Sie füllen 12 Bände und eine ganze DVD.

Fragt man Ärzte, wie sie ihr Examen geschafft haben, gibt es nur eine Antwort: Kreuzen! Irgendwie auf die Fragestellung des IMPPs vorbereiten. Am besten geht das natürlich mit Originalfragen aus alten Examina, die das IMPP jeweils nach einem gewissen Zeitraum zur Verfügung stellt. Den meisten wird die „Schwarze Reihe“ hierfür der gängigste Begriff sein, doch wer schon auf den Kauf der 12-bändigen Vorbereitungsliteratur spart, für den folgt hier die Hiobsbotschaft: Die „Schwarze Reihe“ gibt es nicht mehr! Zumindest wird das Gesamtwerk für die einzelnen Fächer nicht mehr herausgegeben. Die Auflage von 2008 ist im Buchhandel zwar noch zu beziehen, die Fragen wurden allerdings seither nicht mehr aktualisiert. Der einzige Grund, die Bücher doch noch zu erstehen, ist die Kurzlehrbuchfunktion, die sie im Kommentarteil wahrnehmen. Dort finden sich einleitende Erläuterungen zu jedem Abschnitt, die das Wissen auf den Punkt bringen und auf Eigenheiten des IMPPs eingehen. Hier beschränkt sich Thieme nun hauptsächlich auf den Onlinemarkt (siehe unten), zwar mit erweiterten Kommentaren, jedoch ohne Lehrbuchfunktion. Lediglich komplette Examina werden noch in Buchform mit den jeweiligen Originalfragen und den zugehörigen Kommentaren verkauft – allerdings mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung: Die aktuelle Auflage beinhaltet Fragen vom Herbst 2011.

Einen anderen Zugang zu den Fragen bietet der „Prüfungstrainer“ von Mediscript. In diesem seien, so der Elsevier-Verlag, von Studenten die 250 häufigsten Fragen aus den vergangenen fünf Jahren zusammengetragen worden, somit seien alle relevanten Themen in einem Buch zusammengefasst. Das Buch beginnt mit dem größten Block: 41 Fragen zur Inneren Medizin, es folgen die Schwerpunkte aller weiteren Fächer, wobei die Chirurgie und die Neurologie mit jeweils 20 Fragen bedacht sind, kleinere Fächer wie die Urologie, die Notfallmedizin oder die klinische Chemie mit ein bis drei Fragen aber fast verschwinden. Zwar ist die Idee, Schwerpunkte zu setzen, nicht schlecht, doch liegt genau hier auch der Schwachpunkt: Während in der realen Prüfung zwischen Fragen nach Grundlagen und Fragen für Einserkandidaten unterschieden wird, werden hier Rosinen gepickt. Sind einem diese während des Lernprozesses noch nicht in allen Details geläufig, löst das Buch mehr Nervosität aus, als es an Lerngewinn bringt. Zwar sind die Kommentare zu den Fragen recht ausführlich und auch mit Schemazeichnungen und Tabellen unterlegt, jedoch bietet das Buch nichts, was andere Kreuz-Trainer nicht auch können. Hinzu kommt, dass die Studenten bei ihrer Zusammenstellung offensichtlich auf alle Fragen verzichtet haben, die sich auf ein großes Fallbeispiel beziehen: Wenn es Fälle gibt, dann sind sie recht stark komprimiert.

Jetzt wird geklickt!

Eine Möglichkeit für die elektronische Bearbeitung der alten Prüfungsfragen bietet die DVD von Mediscript zum Hammerexamen. Aktuell liefert die DVD die Fragen bis zum Herbst 2011, die neue Ausgabe kann jedoch schon vorbestellt werden.

Das wirklich praktische an der DVD: Einmal aufgespielt sind alle relevanten Daten auf dem Rechner und man muss keinen Datenträger mehr mit sich tragen, um loslegen zu können. Doch das Loslegen erfordert eine gewisse Orientierung: Zunächst kann man sich das Examensjahr aussuchen, dann den jeweiligen Prüfungstag – wobei nirgendwo erläutert wird, was wann geprüft wird – und anschließend Fachbereich beziehungsweise Querschnittsfächer. In einer weiteren Spalte kann man die Fragenauswahl dann noch auf Körperteile oder Organsysteme beziehungsweise auf Symptome eingrenzen. Will man beispielsweise die Kardiologie lernen, wählt man zunächst „Innere Medizin“ und dann „Krankheiten des Kreislaufsystems“ aus und schon bekommt man 310 Fragen und 13 Fallbeispiele geliefert. Will man sich nur zur Angina pectoris und zu Bluthochdruck überprüfen, bleiben 78 Fragen übrig – die genaue Zahl wird immer am unteren Rand des Fensters angezeigt. Alternativ kann man auch im Suchfeld ein Wort eingeben und gelangt so zu allen Fragen, in denen oder in deren Kommentarteil das Wort enthalten ist. Sucht man „Tetanus“ landet man also bei Fragen zu Muskelkrämpfen, Reisemedizin, Impfmedizin und Titerbestimmung.

Zur Beantwortung der Fragen kann man dann wählen, ob man im Übungs- oder im Prüfungsmodus arbeiten will. Bei ersterem erscheint ein Kreuz oder ein Haken neben der gewählten Antwort und es steht ein Kommentarteil zur Verfügung. Dabei legt der Elsevier-Verlag, zu dem Mediscript gehört, viel Wert darauf, dass die Kommentare zu den Fragen von Autoren stammen, die Studenten sind oder waren. Im Prüfungsmodus werden einfach nur die Fragen gestellt, wobei oben Zeitbalken mitlaufen, die einen an die 150 Sekunden erinnern, die man je Frage in der realen Prüfung hat. In beiden Modi bekommt man am Ende der Sitzung eine Auswertung und den freundlichen Hinweis darauf, ob man bestanden hat oder durchgefallen ist. Ein Nachteil beim Prüfungsmodus ist, dass man nach der absolvierten Prüfung nicht zu den Fragen zurück kommt, um seine Fehler zu finden und die Kommentare zu lesen.

Um sich selbst eine Lernstruktur zu schaffen, bietet die DVD dem Nutzer die Möglichkeit, in einem Sammelkorb falsch und nicht beantwortete Fragen zu sammeln und jederzeit wieder aufzurufen. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, sich Notizen zu den einzelnen Fragen zu machen – allerdings nur für diejenigen, die dem Programm gestatten, aufs Internet zuzugreifen.

Ein kleines Special-Feature gibt es auch noch: Fehlen dem Prüfling einzelne Begriffe im Gedächtnis, kann über die DVD direkt auf das Roche-Lexikon der Medizin zugegriffen werden.

Nur online kann noch mehr

Die über 13.500 Fragen seit der Jahrtausendwende gibt es natürlich auch online unter www.examenonline.de vom Thieme-Verlag. Der Zugang ist kostenpflichtig und kann für eine Woche, sechs Monate oder ein Jahr aktiviert werden. Alternativ bietet der Marburger Bund seinen Mitgliedern – alten wie neu eingetretenen – einen kostenlosen Zugangscode für 12 Monate.

Hat man sich durch die Anmeldemodalitäten und Bestätigungsmails gekämpft, bietet das Portal dem Neuling diverse „Guided Tours“ per Video, in denen die Seite und die jeweiligen Funktionen erklärt werden. Hier werden auch die verschiedenen Sitzungstypen erläutert: Man kann sich – wie auf der DVD – seine Sitzung nach Fach, Organsystem und Jahr individuell zusammenstellen, sich über einen Schnellzugang in nicht oder falsch beantworteten Fragen prüfen oder in einer Kurzprüfung 50 oder 100 zufällig zusammengestellte Fragen stellen lassen. Für das Ende der Lernphase gibt es dann auch noch die „Generalprobe“ als Prüfungssimulation.

Auch hier kann jederzeit ein Kommentar zu den Fragen eingeblendet werden, der denen in den Büchern der „Schwarzen Reihe“ ähnlich ist, jedoch, so Carola Schindler vom Thieme-Verlag, „deutlich ausführlicher als in den Büchern“ sei und nicht nur die Fragen beantworte, sondern noch viele Hintergrundinformationen liefere. Einen Vorteil hat die Onlineversion gegenüber dem Buch und der DVD in jedem Fall: Die Fragen können jederzeit gepflegt und aktualisiert werden und so kommt es beim Kreuzen schon mal vor, dass über dem Text ein rotes Ausrufezeichen steht mit dem Hinweis, die Frage sei nicht mehr aktuell, Erläuterungen dazu gibt es dann im Kommentarteil.

Thieme bietet hier ebenfalls die Möglichkeit, einen Lernplan zu erstellen, wobei dieser noch variabler ist als der von MEDI-LEARN. Man kann zusätzlich angeben, wie viele Stunden man je Tag arbeiten möchte und die Intensität für jedes Fach noch genauer einstellen. Und der klare Vorteil gegenüber dem Lernplan auf Papier: Man kann direkt auf den für den Tag geforderten Abschnitt klicken und bekommt die entsprechenden Fragen geliefert.

Beim Kreuzen gibt es ebenfalls einen Übungs- und einen Prüfungsmodus, wobei hier der Prüfungsmodus am Ende präzise aufschlüsselt, wo es hapert und die Fragen noch einmal eingesehen werden können. Zudem gibt es eine große Liste für die Übersicht darüber, welche Fachbereiche man schon zu wie viel Prozent bearbeitet hat und wie viel davon richtig war. Thieme arbeitet hier mit einem Farbcode: Ist die Zahl rot, wäre man durchgefallen, ist sie gelb hat man gerade so Glück gehabt und ist sie grün, hat man sicher bestanden.

Examenonline bietet, was das digitale Kreuzen angeht, wohl den umfassendsten und aktuellsten Service und zudem eine Nutzerhotline sowie eine Feedback-Funktion. Kleiner Nachteil: Bei jedem Login muss per Häkchen bestätigt werden, dass man die Inhalte nicht weiterveräußert oder missbraucht, da sie dem IMPP gehören – etwas nervig, aber verschmerzbar.

Mündliches Denken mit fast echten Patienten

Sind die schriftlichen Prüfungen geschafft, heißt es erstmal: Umdenken! Weg von Bleistift und Papier, hin zu richtigen Patienten. Kaum ein Prüfer wird am Patientenbett fünf Antwortmöglichkeiten vorgeben und die Antworten sollten von nun an in ganzen Sätzen gegeben werden. Um das Arbeiten mit einer vorgegebenen Anamnese, das Vorgehen in der weiteren Diagnostik und das Erdenken eines Therapieregimes zu schulen, kann man die Fallbücher des Thieme-Verlages verwenden. Diese gibt es neben der Inneren Medizin und der Chirurgie auch in diversen kleineren Fächern, jedoch lange nicht in allen.

Hat man zuvor passiv im Exaplan gelernt oder nur gekreuzt, erfordern die Fallbücher zunächst ein deutliches Umdenken und Umstrukturieren des eigenen Gehirns – was sie ja auch bezwecken wollten. Hat man sich jedoch einmal darauf eingelassen, sind die Fälle eingängig, kurz und präzise und schulen das strukturierte Vorgehen am Patienten. Die Lösungen und Kommentare sind dabei schlicht und zielführend ohne unnötiges Aufbauschen des Themas. Die Bücher eignen sich dabei sowohl dazu, eben Gelerntes zu rekapitulieren, als auch für einen kurzen Fall zwischendurch.

Die Chirurgie in Fall und Bild

„Hier wird der Klinikalltag lebendig!“, wirbt der Verlag auf der Homepage. Die Bücher seien praxis-, fall- und problemorientiert und könnten so für mehr Sicherheit in einer mündlichen Prüfungssituation sorgen. Im Vorwort zum chirurgischen Fallbuch wird dies noch weiter spezifiziert: Studenten könnten ihr Wissen häufig nicht in Worte fassen oder umsetzen, so der Autor Stefan Eisoldt, und man wolle mit diesem Buch Wissen „aktivieren“ und die Studenten auf das Examen und auf den Berufsstart vorbereiten. So würden aus Anamnesen und ersten Befunden Verdachtsdiagnosen entstehen und über die folgenden Fragen die Themen intensiviert.

Zunächst wird der Leser mit drei verschiedenen Inhaltsverzeichnissen konfrontiert. Das erste ist nach Fällen sortiert. Angegeben werden jeweils Alter, Geschlecht und Symptom des Patienten, was in erster Linie ziemlich unübersichtlich wirkt. Licht ins Dunkel bringt da schon eher das zweite Verzeichnis, das die über das Buch verstreuten Themen zu Gruppen wie Trauma, Abdominalchirurgie, Infektionen und perioperative Probleme sortiert. Hier wird auch gleich deutlich, welche Fachbereiche häufig und welche eher selten vorkommen. Im dritten Verzeichnis geht es schließlich um den Lösungsteil des Buches: Die Patienten sind hier nach Diagnosen, nicht mehr nach Symptomen, gelistet, was ebenfalls etwas unübersichtlich ist, aber in Verbindung mit Verzeichnis zwei sicher zum Ziel führt. Wer alphabetisch nach Diagnosen oder Symptomen suchen möchte, dem wird im hinteren Teil des Buches noch ein Register geboten, in dem allerdings nur auf den Kommentarteil verwiesen wird.

Hat man die erste Orientierung abgeschlossen, sind die Fallbücher weitgehend selbst erklärend. Die Fälle passen auf jeweils eine Seite. Diese beginnt mit einem Fallbeispiel, einem Unfallhergang, teilweise schon mit ersten diagnostischen Angaben. Darauf folgen drei bis sechs Fragen, die sich auf den Fall beziehen, teilweise aufeinander aufbauen und das Thema vertiefen sollen. Auf der Seite gibt es jeweils noch Platz, um sich die Antworten zu notieren. Am Ende der Seite findet sich dann ein Verweis, wo die Lösung des Falles und ein zugehöriger Kommentarteil zu finden sind. Ist die Frage besonders schwierig, so ist sie mit einem dicken „!“ markiert.

Ein festes Schema gibt es in der Abfolge der Fragen nicht. Die erste ist meist nach Pathomechanismen, Verdachtdsdiagnosen oder welche Untersuchungen angestrebt werden sollten. Die weiteren widmen sich spezifischen Erregern, Operationsindikationen und –komplikationen. Es gibt Fragen nach weiteren zu erwartenden Verletzungen, anatomischen Zusammenhängen und auch Definitionen und Begriffserklärungen werden geprüft: Was ist mit „unhappy triad“ gemeint? Wie werden nach der AO Frakturen am Becken klassifiziert? Welche Umgehungskreisläufe gibt es bei portaler Hypertonie? Auch häufige Ursachen für Symptome sollte man möglichst griffbereit haben.

Zu einigen Fragen wird die Bilddiagnostik gleich mitgeliefert. Leider sind die Bilder meist nur so groß wie die Spalten, in die man die Lösung schreiben soll. So sind die gesuchten Strukturen auf CT-Bildern in Verbindung mit der Anamnese meist ordentlich zu erkennen und auch Frakturen sind meist auffällig genug, bei Röntgen-Thorax-Untersuchungen fehlt häufig jedoch schlicht der Kontrast, was verbunden mit der geringen Größe ein Befunden sehr erschwert.

Hat man sich dennoch durch die Fragen gekämpft, kann man in den nach Fallnummern geordneten Lösungsteil blättern. Dort sind zunächst die Fragen noch einmal aufgeführt und stichpunktartig beantwortet. Fragen, die Bilder beinhalteten werden zwar auch mit erläutert, leider werden die Bilder jedoch nicht noch einmal aufgeführt und beispielsweise an den entscheidenden Stellen markiert. Dafür gibt es mitunter weiterführende Bilder, die dann auch erklärt sind, sowie Schemazeichnungen, Klassifizierungen oder bebilderte Untersuchungsmethoden.

Auf den Lösungsteil folgt ein Kommentarteil, der mit einem Kurzlehrbuch vergleichbar, jedoch fallbezogen ist. Hier gibt es Erläuterungen im Fließtext nach einem strikten Aufbau: Zunächst eine Definition, dann Ätiologie und Pathomechanismen, es folgen die Klinik, die Diagnostik, Differentialdiagnosen und letztendlich die Therapie – unterschieden in konservativ und operativ. Teilweise gibt es hier Querverweise auf andere Fälle, die ähnliche Themen behandeln. Der Kommentar endet immer mit „Zusatzthemen für Lerngruppen“, in denen weitere Lernanreize gegeben werden. Wer beispielsweise gerade das Magenkarzinom behandelt hat, kann sich nun auch noch mit Metastasierungswegen, Lokalisationen, TNM-Klassifikationen, Differentialdiagnosen und Abgrenzungskriterien befassen.

Innere Medizin auf den Punkt gebracht

Ganz ähnlich ist das Fallbuch für die Innere Medizin. Hier schreibt der Autor Bernhard Hellmich im Vorwort, ihm sei es ein Anliegen, gezielt relevante Therapien aufzuzeigen, anstelle einer langen Liste von Behandlungen. Alle gängigen Krankheitsbilder und Problemfälle habe er hier mit einem Fallbeispiel gewürdigt. Ebenfalls wichtig sei ihm, dass ein Patient nicht immer alle Symptome aufweise, die das Lehrbuch vorschreibt und manche Patienten auch verschiedene Symptome haben, die nicht unbedingt zu einem gemeinsamen Ziel führen. So habe sich Hellmich bemüht, seine Beispiele an möglichst reale Situationen anzupassen.

Der Aufbau von Fällen, Fragen und dem Platz zum Schreiben ist der gleiche wie im chirurgischen Fallbuch. Hier sind jedoch deutlich mehr Fragen auch bebildert, beziehungsweise mit einem EKG-Befund ausgestattet. Doch es ergibt sich die gleiche Problematik: Röntgenbilder sind zu klein und zu schlecht kontrastiert. Zudem erweist es sich als überaus schwierig, ein EKG auf fünf mal vier Zentimetern ausreichend zu befunden. Wenigstens werden in diesem Buch die meisten Bilder im Lösungs- und Kommentarteil wiederholt und erklärt, leider hat man es jedoch versäumt, ihnen hier mehr Platz zukommen zu lassen, was das Verständnis nicht unbedingt erleichtert. Ein kleiner Pluspunkt: Manche Bilder sind farbig, so kann man zum Beispiel einen Blutausstrich doch sehr gut zuordnen. Auch hier wird im Kommentarteil auf Definitionen, Ätiologie, Pathophysiologie, Stadieneinteilungen, Klinik, Diagnostik und Therapie eingegangen. Je nach Krankheitsbild sind die Kommentare sogar sehr ausführlich und teilweise noch bereichert durch übersichtliche Tabellen, beispielsweise mit diversen Organmanifestationen bei größeren Syndromen. Auch in diesem Buch gibt es Querverweise zu ähnlichen Fällen sowie weiterführende Themen für Lerngruppen.

Komplettiert wird das Fallbuch durch einen sehr umfassenden Anhang mit Laborparametern.

Ein kleiner Wermutstropfen: In der 3. Auflage sind mitunter noch alte Leitlinien verarbeitet, so unter anderem bei der Reanimation.

Es bleibt nur zu hoffen, dass dies in der 4. Auflage geändert wurde, die man aktuell auf der Homepage des Thieme-Verlages bereits vorbestellen kann.

Die Qual der Wahl

Susanne Himmelsbach | StudentenPACK.

Standardwerk und Kuerzlehrbuch – der Stapel zur Prüfungsvorbereitung ist beliebig erhöhbar.

Welcher Weg einen tatsächlich erfolgreich durch das Hammerexamen führt, bleibt letztlich jedem selbst überlassen. Lernhilfen gibt es genug, man muss nur noch die eine finden, die zu einem passt. Und wenn alles nichts hilft: Augen zu und durch!

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Quantenmechanik für Ahnungslose https://www.studentenpack.de/index.php/2012/07/quantenmechanik-fur-ahnungslose/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/07/quantenmechanik-fur-ahnungslose/#respond Mon, 16 Jul 2012 12:00:13 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=36344 Quantenmechanik. Was gibt es in der Physik, das komplizierter und verwirrender ist? Die Professoren Michael Haugk und Lothar Fritsche haben ein kompaktes Buch geschrieben, das die größten Irrtümer und Fragen aus dem Weg räumen soll. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, die mysteriöse Quantenmechanik einfach und bodenständig zu erklären. Bereits im Vorwort kündigen die beiden Absolventen der TU Clausthal an, nicht der „Religion ‚vom Himmel fallender‘ Gleichungen“ zu folgen. „Quantenmechanik für Ahnungslose“ heißt das Buch und soll die Mysterien von Einstein, Heisenberg, Schrödinger und all den anderen schlauen Köpfen kurz und kompakt verständlich machen.

In der Einführung geben die Autoren einen Überblick über die Phänomene, die üblicherweise der Quantenmechanik zugeordnet werden: Vom Planckschen Strahlungsgesetz, über den photoelektrischen Effekt, die Schrödingergleichung bis hin zur Heisenbergschen Unschärferelation, werden alle relevanten Themen in zeitlicher Abfolge kurz beleuchtet. Im zweiten Kapitel werden einige Grundannahmen erklärt. Eine davon ist die Aussage: „Das Vakuum ist nicht leer, sondern ‚full of stuff‘“. Hierauf bauen Haugk und Fritsche ihre gesamte quantenmechanische Erklärung auf. Ihnen zufolge besteht der „stuff“ im Vakuum aus virtuellen Teilchen, die kurzzeitig an einem Ort auftauchen, unter Verletzung jeglicher Energieerhaltungsgesetze, und wieder verschwinden. Diese virtuellen Teilchen erzeugen Energiefluktuationen, welche beispielsweise dafür sorgen, dass ein Elektron seine Flugbahn verlässt. Auf die Grundannahmen folgt ein kleiner Ausflug in die Statistik. In diesem Kapitel werden Begriffe, wie „Wahrscheinlichkeitsdichte“ und „Wahrscheinlichkeitsfunktion“ definiert und anhand von Beispielen erklärt.

An dieser Stelle wird das Mysterium um eine gewisse, sehr bekannte Katze gelüftet und aus der Welt geräumt. Schrödingers Katze – wer hat noch nicht von ihr gehört? Spätestens seitdem das Experiment in einer bekannten amerikanischen Fernsehserie zitiert wurde, weiß fast jeder, dass diese spezielle Katze es irgendwie schafft, gleichzeitig tot und lebendig zu sein. Das Experiment sieht folgendermaßen aus: Man nehme eine Katze und sperre diese in eine Kiste, in die man von außen nicht hineinschauen kann. In dieser Kiste befinden sich ebenfalls ein instabiles Atom und eine Giftgasflasche. Letztere öffnet sich, sobald das Atom zerfallen ist, daraufhin stirbt die Katze. Die Autoren nehmen dem Experiment jede Grundlage, denn in ihrer Vorstellung existiert die Welt auch ohne Beobachter, das bedeutet, sobald die Katze in der Kiste stirbt, ist sie tot, obwohl es niemand gesehen hat. Die allgemeine Interpretation dieses Gedankenexperiments geht davon aus, dass der „Zustand“ der Katze erst feststeht, wenn jemand nachschaut, was passiert ist. Daher befindet sich die Katze in einer Überlagerung zweier Zustände, nämlich „tot“ oder „lebendig“, sobald die Halbwertzeit des Atoms abgelaufen ist, denn dann befindet sich auch dieses in der Überlagerung der Zustände „zerfallen“ und „nicht zerfallen“.

Genug von Katzen: „Quantenmechanik!“, denkt der interessierte Leser an dieser Stelle und wird noch etwas auf die Folter gespannt. Erst einmal beschäftigen sich die beiden Autoren mit weiteren mathematischen Begebenheiten, mit denen sie die Quantenmechanik für den Ahnungslosen zugänglich machen wollen. Ihr Ansatz besteht einerseits aus der Existenz von virtuellen Teilchen und andererseits aus stochastischen Bewegungsgleichungen. Letztere werden im vierten Kapitel hergeleitet. Das fünfte Kapitel trägt den sonderbaren Namen „Noch nicht Quantenmechanik“. Hier werden die Heisenbergsche Unschärferelation, das Doppelspaltexperiment und andere Phänomene, die viele schon der Quantenmechanik zuschreiben, mit Hilfe der bis dahin hergeleiteten und eingeführten Formeln beschrieben und erklärt.

Ab dem sechsten Kapitel geht es dann ans Eingemachte. „Der Übergang zur Quantenmechanik“ greift nochmal die Eigenschaften des Vakuums, die bereits zum Anfang definiert wurden, auf und nutzt weiterhin die bereits hergeleiteten Gleichungen zur Aufstellung der Schrödingergleichung. Weiterhin werden Operatoren eingeführt und weitere Grundsätze der Quantenmechanik besprochen. Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit dem Spin. Die Autoren erklären sich den Spin, wie so vieles, über die Energiefluktuationen im Vakuum, welche durch die virtuellen Teilchen ausgelöst wurden. Da dies nicht der Standardansatz zur Erklärung der Quantenmechanik ist, unterscheidet sich diese Theorie von der herkömmlichen. Die Autoren leiten allerdings jede Gleichung aus einer bereits bekannten her, sodass sie zu der Überzeugung kommen, ihr Ansatz sei richtig. In den nächsten Kapiteln gehen die Autoren noch kurz auf Verschränkung von quantenmechanischen Zuständen ein und die Lichtemission, hierbei wird das Wasserstoffmolekül quantenmechanisch betrachtet. Im vorletzten Kapitel schreiben Haugk und Fritsche über die Berechnung von Mehr-Teilchen-Systemen, dem Konzept der Fermionen und Bosonen. Das letzte Kapitel ist ein Ausblick über die restlichen Phänomene, die auf den 91 Seiten nicht behandelt wurden. Auch diese seien mit dem von den Autoren gewählten Ansatz herleitbar.

Das Buch „Quantenmechanik für Ahnungslose“ ist aus meiner Sicht nicht für vollkommen „Ahnungslose“ geschrieben. Der Leser sollte ein gewisses Maß an Wissen über Physik und Mathematik mitbringen, denn sonst ist man bei den eher kurzen Erklärungen schnell aufgeschmissen. Eine gute Eigenschaft der Autoren ist es, dass an vielen der kritischen, eher schwer zu verstehenden Stellen blaue Kästen mit Erklärungen und Berechnungen einiges verständlicher machen. Weiterhin fällt auf, dass sehr häufig auf andere Literatur verwiesen wird. Insgesamt 29 Nachweise stehen im Literaturverzeichnis und im Text wird des Öfteren darauf hingewiesen, dass es zu diesem oder jenem Thema ein Buch gibt, das tiefgründigere Erklärungen parat hält. Negativ ist mir persönlich aufgefallen, dass die Autoren in jedem Kapitel mindestens einmal erwähnen, dass ihr Ansatz sich von der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik abhebt und eigentlich aus ihrer Sicht viel logischer und einleuchtender sei. Insgesamt ist das Buch definitiv nicht zur Klausurvorbereitung geeignet, da es viel zu kurze Erklärungen liefert. Wer allerdings schon immer einmal wissen wollte, wer dieser Heisenberg eigentlich war und warum Schrödinger nicht nur eine Katze hatte, sondern auch eine Gleichung aufgestellt hat, der kann sich die 91 Seiten mit Sicherheit antun, oder im Internet nachschauen. Denn die fast 25 Euro, die Amazon für das Heftchen haben will, sind dann doch nicht nötig.

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Die Macht der Einbildung https://www.studentenpack.de/index.php/2012/05/die-macht-der-einbildung/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/05/die-macht-der-einbildung/#respond Mon, 14 May 2012 08:00:24 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=12941
Susanne Himmelsbach | StudentenPACK.

Große Pillen wirken besser, aber Vorsicht: Die zugehörigen Beipackzettel können krank machen!

Ich stehe dazu: Ich bin ein typischer Fach-Hypochonder! Das hat schon zu Schulzeiten angefangen. Als wir in der 7. Klasse die Parasiten durchnahmen, hatte ich so ein komisches Jucken am Hinterkopf. Als ich im Studium meinen ersten eigenen Blutausstrich sah, fand ich sofort Sichelzellen. Aber eine Aortendissektion, unzählige Gallensteine und dem chronischen Leiden unter einer wirklich ausgeprägten Fibromyalgie später muss ich sagen: Ich bin doch eigentlich ganz gesund!

Vielleicht liegt es an dem Männchen in meinem Kopf, das mir sagt: „Komm mal wieder runter!“. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich auf die nötigen Hintergrundinformationen zurück greifen kann. Vielleicht war ich bisher auch einfach nur bei guten Ärzten in Behandlung (übrigens nicht wegen der oben aufgeführten Krankheiten!). Doch vielleicht hatte ich einfach nur Glück.

Denn mittlerweile gilt es als erwiesen: Die Erwartung, krank zu werden, kann krank machen. Über dieses Phänomen hat Dr. Magnus Heier das Buch „Nocebo: Wer’s glaubt wird krank“ geschrieben, mit dem charmanten Untertitel „Wie man trotz Gentests, Beipackzetteln und Röntgenbildern gesund bleibt“.

Der Nocebo-Effekt ist bislang in der Bevölkerung weitgehend unbekannt. Dabei wirkt er fast wie sein großer Bruder, der Placebo-Effekt, nur eben in die andere Richtung. Während Patienten, die Placebos einnehmen fest davon ausgehen, dass dieses Medikament sie heilt, kann schon der gleichzeitig ausgegebene Beipackzettel wieder krank machen: Allein das Wissen darüber, dass es Nebenwirkungen gibt, kann diese auslösen – auch wenn von einem Placebo natürlich eigentlich weder Wirkung noch Nebenwirkung ausgehen sollte. Heier hat sich also auf die Suche begeben, wodurch Krankheiten denn entstehen, von den wissenschaftlich bekannten Erregern und Auslösern abgesehen. Und gefunden hat er reichlich: Jedes der insgesamt 20 Kapitel beginnt mit einem Beispiel aus der Praxis. Sei es die Vorstellung, im direkten Strahlungsgebiet einer Handyantenne zu leben. Sei es der verspannte Patient, der durch sein Röntgenbild die Gewissheit bekommt, seine Wirbelsäule sei nicht mehr zu gebrauchen. Oder sei es schlicht eine zu eng bemessene statistische Lebenserwartung, die bei einem Tumorpatienten im gegebenen Zeitrahmen zum Tod führte, ohne dass der Krebs schon so weit fortgeschritten war.

Den Fallbeispielen folgen jeweils verschiedene Beobachtungen Heiers. Manche sind banal: Invasive Eingriffe wirken besser als eine Ernährungsumstellung und eine Spritze wirkt besser als eine Tablette. Das gleiche Mittel durch den Arzt appliziert heilt besser als „nur“ von der Schwester. Gespickt sind diese Beobachtungen immer wieder mit Ergebnissen aus der Forschung, von Placebo- und MRT-Studien beispielsweise. Dabei sind Fachbegriffe auch in einzelnen Infoboxen für den medizinischen Laien gut verständlich erklärt. Doch das Buch ist sicher auch nicht nur für den Laien geschrieben, denn manchen Fachmann sollte es doch zumindest nachdenklich stimmen. Immer wieder betont Heier, wie wichtig es ist, gestellte Diagnosen ausreichend zu erklären. Denn ein Patient, dem nicht die Möglichkeit gegeben wird, Fragen zu stellen und die Information unter fachlicher Aufsicht zu verarbeiten, der wird sich seine Welt selbst erklären. Sei es im Freundeskreis oder bei Dr. Google, der verunsicherte Patient wird sich auf die Suche machen – und er wird fündig werden.

Der Gefahr, die von der Selbstaufklärung des Patienten – insbesondere mit Hilfe des Internets – ausgeht, widmet Heier sogar fünf Kapitel. Er rät dringend dazu, einen Patienten der mit ausgedrucktem Infomaterial in die Praxis kommt, nicht genervt zur Seite zu schieben sondern ihm besser selbst Material an die Hand zu geben, das seine Fragen beantwortet und künftig ein Gespräch auf Augenhöhe ermöglicht. Denn wer seine Symptome googelt, wird zunächst entweder auf Seiten stoßen, die von der Pharma-Industrie subventioniert werden oder auf Foren, in denen die buntesten Szenarien mit den erschreckendsten Krankheiten ausgemalt werden. Bei letzteren können zwar die entsprechenden Symptome auftreten, dennoch ist eine Verspannung häufiger als eine Multiple Sklerose – und zudem sehr viel leichter zu behandeln, vorausgesetzt, der Patient geht nicht vom Schlimmsten aus.

Mit einem Augenzwinkern rät der Autor, der selbst nicht nur als Journalist sondern auch als niedergelassener Neurologe tätig ist, übrigens dazu, sich selbst auf dem Laufenden zu halten, was Gesundheitssendungen im Fernsehen und die aktuellen Ausgaben von Apothekenrundschau und Co. zu bieten haben – das Wartezimmer füllt sich erwartungsgemäß mit genau diesen Patienten. Da ist es besser, die richtige Antwort gleich parat zu haben.

Während Heier ausreichend lange Gespräche gepaart mit einer soliden Diagnostik empfiehlt, warnt er aber auch vor zu viel Aktionismus. In einem Fall schreibt er von einer Osteoporose-Patientin, die zur humangenetischen Untersuchung geschickt wurde. Nur wurde nicht spezifisch nach ihrer Krankheit gesucht, sie wurde einmal durch die gesamte Mühle gedreht. Das Ergebnis: Es besteht eine gewisse Gefahr für zig Erbkrankheiten. Was erstmal nur Statistik ist, lässt die Frau nicht mehr schlafen, Heier schreibt von einem „Damokles-Schwert“, das fortan über ihr schwebt. Und so geht es auch anderen, die beispielsweise zu häufig in diverse Röhren geschoben werden. Eine ähnliche Gefahr gehe dem Autor zufolge von den verschiedenen Check-Up-Untersuchungen aus. Diese wurden in jüngster Zeit immer präziser und konnten immer mehr Merkmale herausfiltern. Dabei werden auch Krankheiten gefunden, die vielleicht in der noch verbliebenen Lebensspanne des Untersuchten niemals zum Ausbruch gekommen wären. Doch aufgrund dieses Wissens muss sich der Patient nun mit der Frage auseinander setzen, ob er sich gegen eine Krankheit behandeln lassen will, die er vielleicht sowieso nicht erlebt. Aber eben nur vielleicht. Hier gelte es, ein Feingefühl zu entwickeln und vor allem den Patienten zu beraten. Glück haben übrigens hier ausnahmsweise die Kassenpatienten, so Heier: Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen die meisten Check-Ups und Screenings nämlich nicht. Im Gegensatz zu den privaten, die dann doch von manchem Mediziner gerne in Anspruch genommen werden – mit den oben beschriebenen Ergebnissen.

Besonders beliebt sind bei Magnus Heier offensichtlich Lebensmittelunverträglichkeiten. Jeder Fünfte in der Bundesrepublik scheint eine zu haben, lediglich bei einem Prozent ist das aber auch gesichert. Der Mechanismus ist einfach: Der Darm grummelt, man denkt nach: „Was hab ich gegessen?“ Irgendwo in der Nahrung taucht dann ein milchhaltiges Produkt auf und da man erst neulich etwas über Laktose-Intoleranzen gelesen hat, behält man es im Auge. Nach dem nächsten Glas Milch, dem nächsten Jogurt horcht man intensiv in den eigenen Bauch hinein. War da was? Wer auf die Symptome wartet, wird sie auch bekommen, denn so ein Darm kann schnell mal rumpeln – ein klassischer Nocebo-Effekt. Fortan ist man laktoseintolerant, zumindest im Kopf. Ob das zugehörige Enzym wirklich nicht arbeitet, ist jedoch nur über verblindete Testungen herauszufinden, bei denen der Patient nicht weiß, was er zu sich nimmt und folglich keine Erwartungen hat.

Und während Heier immer mehr Beispiele bringt, lässt sich das Buch eigentlich recht knapp zusammenfassen: Vertrauen in den Arzt fördert die Heilung. Doch bringt auch der Autor es am Ende des Buches noch einmal auf den Punkt: Kurz greift er alle relevanten Aspekte im letzten Abschnitt noch einmal auf und gibt unter der Überschrift „Was tun?“ Tipps, die ein Arzt mit wenig Aufwand aber großem Effekt beherzigen kann. Es sei, so schreibt Magnus Heier, an der Zeit zurück zu kehren. Man müsse erst reden und dann untersuchen.

Während das Buch etwas holprig begonnen und sich einige Fallbeispiele aus dem Vorwort in der ersten Hälfte des Buches stetig wiederholt hatten, nimmt Heier doch mit jeder Seite mehr Fahrt auf. Er schreibt locker und doch eindringlich, öffnet die Augen für eigentlich banale Dinge und liefert gleichzeitig Lösungsansätze. Das Buch ist für beide Seiten des Behandlungstisches geschrieben: Für Arzt und Patienten, die beide am gleichen Strang ziehen sollten.

Bebildert ist das Buch übrigens auch: Mit den „Touché“ Comic-Strips von Thomas Körner, die dem einen oder anderen vielleicht aus der taz bekannt sind. Mit Witz, Charme und einer genau bemessenen Prise Boshaftigkeit macht sich Körner über Ärzte und Patienten her, bei letzteren vor allem über jene, die Mitglieder bei den Anonymen Hypochondern sind.

So konnte ich am Ende das Buch, dem ich zu Beginn leicht skeptisch gegenüber stand, doch mit einem guten Gefühl weglegen: Es hat mich unterhalten, hat ein wenig meine eingebildeten Krankheiten geheilt und mir – so hoffe ich zumindest – auch für meinen Berufsweg die Augen geöffnet.

mit freundlicher Genehmigung von Tom Körner
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Eine Reise durch die Welt der Zahlen https://www.studentenpack.de/index.php/2012/01/eine-reise-durch-die-welt-der-zahlen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/01/eine-reise-durch-die-welt-der-zahlen/#respond Mon, 16 Jan 2012 10:00:37 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2349 Gibt es einen besseren Zeitpunkt als Weihnachten, um sich mit Dingen zu befassen, die nichts mit dem eigenen Studienfach zu tun haben? Wahrscheinlich nicht. Und schon das allein war Grund genug, mir über die Feiertage ein Buch über Mathematik zu Gemüte zu führen. Und als ich auf der Rückseite von Alex Bellos’ „Alex im Wunderland der Mathematik“ die Beschreibung las, ging meine Wahl der zugehörigen Literatur auch recht schnell: „Die Schweden lösen Verkehrsprobleme mit Algebra, unser iPod spielt Lieder keineswegs ‚zufällig’ ab und ja: Es gibt eine todsichere Methode, den Lotto-Jackpot zu knacken“. Alles in einem: Unterhaltung, Wissen und Reichtum und das alleine in den Weihnachtsferien.

Also habe ich mich gleich eifrig daran gemacht, mein mathematisches Wissen zu erweitern, und nach einer kurzen Einleitung über den Aufbau des Buches, die unliebliche Wörter wie Arithmetik und Statistik enthielt, ging es auch gleich zum Anfang der Mathematik. Beziehungsweise zur prämathematischen Grundlage, wie Bellos sein nulltes Kapitel bezeichnet. „Nulltes Kapitel“ deswegen, damit der Zahl gehuldigt wird, die die Mathematik, wie wir sie heute kennen, erst ermöglicht hat. In diesem Kapitel gibt Bellos einen Überblick darüber, wie Lebewesen sich Zahlen annähern. Er berichtet von Primaten und Pferden, die zählen können, und von Naturvölkern, die sich ganz gut zu helfen wissen, ohne überhaupt Wörter zu haben, die Zahlen größer als Drei beschreiben.

Es geht weiter durch verschiedene Zahlensysteme. Dabei gab es ganz verschiedene Ansätze in der Geschichte, wie gezählt werden könnte. Ob die 10 als Basis wirklich taugt, wurde mehrfach in Frage gestellt und tatsächlich gibt es auch heute noch Verfechter, die das Duodezimalsystem, also ein Zählsystem mit der Basis 12, vorziehen würden. Verschiedene andere Basen werden auch diskutiert. Doch am Ende siegt wohl der einfache Menschenverstand: Wir haben zehn Finger und zehn Zehen, woran man Dinge doch ganz gut abzählen kann. Also wird es wohl auch dabei bleiben.

Bereits im zweiten Kapitel kommen die ersten großen Namen auf den Tisch: Pythagoras, Euler… Es geht um Geometrie. Diese hat die Menschen von jeher fasziniert. Und das Ergebnis der damaligen Forschung mussten wohl die meisten von uns auch noch in der Schule lernen. Bellos macht dabei auch Ausflüge in Bereiche der Geometrie, wo wir sie vielleicht nicht sofort vermuten würden: Beispielsweise ist die Papierfalttechnik Oregami aus Japan reine Geometrie und auch wer zu Weihnachten Fröbelsterne gebastelt hat, hat sich wohl unbewusst mit haufenweise Mathematik beschäftigt.

Im 3. Kapitel ist sie dann da: die Null! Jetzt geht es los mit der richtigen Rechnerei. Diese stammt – auch wenn es häufig anders berichtet wird – ursprünglich aus Indien, auch wenn sie dort mehr als leere Menge denn als Null im heutigen Sinne angesehen wurde. Dass diese Zahl den Arabern zugeschrieben wird, verdanken diese Fibonacci, der sie von dort mit nach Europa gebracht hat. Im Buch stellt Bellos dabei noch einige Rechnungen vor, wie sie in Indien teilweise noch heute gelehrt werden. Dazu wurden 16 Aphorismen aufgestellt, an die man sich halten musste. Die Rechenbeispiele wirken zwar am Anfang etwas verwirrend, bei genauerer Betrachtung sind sie aber durchaus schlüssig.

Weiter geht es mit der Faszination, die Show-Rechner bis heute auf ihr Publikum ausüben. Seit jeher ist Pi die Zahl, die den größten Zuspruch erfahren hat. Wer ihre Nachkommastellen aufsagen konnte, war ein Held. Dabei war die Länge der Zahl schon beachtlich, noch bevor es Taschenrechner gab. Die längste Herleitung ohne technische Hilfe stammt aus dem Jahr 1946, als es D.F. Fergueson gelang, 620 Nachkommastellen anzunähern. Mit dem Computerzeitalter entstand dann eine neue Form von Wettkampf. Das Ergebnis: Heute kennt man 5 Billionen Nachkommastellen – die, zumindest die ersten, immer noch öffentlich aufgesagt werden. Merken kann man sie sich übrigens mit einschlägigen Gedichten, so genannten Piemen. Und ein Fakt am Rande, der vielleicht die Mediziner begeistern kann: Schon die alten Babylonier haben ihre Kreise mit π = 3 berechnet.

Im 5. Kapitel geht es los mit der Algebra. Hier wird der unscheinbare Buchstabe X eingeführt, den wir heute in unseren Gleichungen haben. Ihn verdanken wir Descartes. Der hatte zwar ursprünglich ein Buch mit sehr vielen anderen Variablen geschrieben, da sein Setzer allerdings nicht ausreichend viele Buchstaben hatte, hat er darum gebeten, das X verwenden zu dürfen, da er das noch so häufig übrig hatte. Seither ist das Lösen von Gleichungen möglich, die eine oder mehrere Unbekannte enthält.

Wie schon die Null gibt es auch andere Beispiele für fälschlich angenommene Ursprünge. So stammt das Sudoku nicht, wie häufig behauptet, aus Japan, sondern eigentlich aus Amerika. Lediglich die Symmetrie, die das „richtige“ Sudoku von anderen Zahlenrätseln unterscheidet, hat ein Japaner eingeführt. Um dieses und ähnliche Zahlenrätsel geht es im 6. Kapitel. Während bis hierhin alles noch etwas abstrakt war, vieles Wiederholung von Schulstoff und viel Mathematikgeschichte, wird hier die Thematik langsam etwas greifbarer. Bellos berichtet auch von der Erfindung von Schiebepuzzeln und Zauberwürfeln und von haarsträubenden Lösungsgeschwindigkeiten bei letzteren. Sei es mit verbundenen Augen, mit den Füßen, mit nur einer Hand oder sogar theoretisch, ohne den Würfel dabei anzufassen: Man kann vor Neid nur erblassen!

Mitknobeln kann man dann im 7. Kapitel. Hierfür hat Bellos einen Sammler von Zahlenfolgen aufgetan, der eine Online-Enzyklopädie ins Leben gerufen hat, auf der er Zahlenfolgen veröffentlicht. Die einfachste ist noch ‚1, 2, 3, 4, …’. Doch im Laufe des Kapitels werden die Folgen immer abstruser. Und so kann man eine ganze Weile über den Seiten sitzen und rechnen und raten, ehe die Verbindung zwischen den Zahlen aufgelöst wird.

Nach einem kleinen Exkurs über Ästhetik in der Mathematik und in der Welt – natürlich: Hier geht es um den Goldenen Schnitt – kommen endlich die relevanten Themen auf den Tisch: Das Glücksspiel. Während hier der historische Rückblick noch einmal interessant ist – in Rom warf man Münzen, um Entscheidungen zu treffen: Wenn Cäsar oben lag, signalisierte das seine Zustimmung – hält das 9. Kapitel lange nicht, was ich mir von ihm versprochen hatte. Dass die Wahrscheinlichkeit beim Münzwerfen 50:50 ist, beim Roulette 1:37 und beim Lotto nur knapp 1:14 Millionen war mir auch schon vor der Lektüre nicht ganz unbekannt. Lediglich wie viel man tatsächlich auf Dauer gesehen statistisch je Runde verliert, war neu. Auch reißt Bellos an, dass es möglich ist, beim Black Jack durch Mitzählen zu gewinnen. Doch auch hier bleibt er sehr vage. Lediglich ein Hinweis ist vielleicht praktisch, ehe man sich ans Zählenüben macht: Heute tauschen Spielbanken viel häufiger die Rouletteräder aus und verdoppeln die Kartensätze beim Black Jack, um den Statistikern unter den Spielern das Leben schwer zu machen.

Um Statistik geht es dann auch im vorletzten Kapitel. Die ersten Statistiken waren Kriminalitätsraten. Und je mehr es davon gab, desto mehr stellte sich heraus, dass fast alles, was mit Bevölkerungen zu tun hat, sich immer unter eine Gauß’sche Glocke setzen lässt.

Anstrengen muss man seine grauen Zellen dann im letzten Kapitel noch einmal. Bellos beginnt mit den Postulaten Euklids und was der über Geraden im Raum aussagte. So weit, so gut. Vom Raum kommt er zu hyperbolen Ebenen, von da zu Einsteins Krümmung von Raum, Zeit und Universum und dann geht es weiter zur Unendlichkeit. Mit letzterer hat sich auch Cantor befasst. Als Beispiel gibt Bellos das Theorem von Hilberts Hotel, ein Hotel mit unendlich vielen Zimmern und ebenso vielen Gästen, Tendenz steigend. Irgendwie haben am Ende alle Gäste ein Bett zum Schlafen. Wie der Hotelchef das geschafft hat, blieb mir aber irgendwie dennoch verborgen. Allerdings war ich nicht überrascht, dass Cantor über seinen Forschungen mehrere Nervenzusammenbrüche erlitten hat und am Ende paranoid und depressiv gestorben ist.

In seiner Reise durch die Mathematik ist es Bellos gelungen, einen Bogen von den ersten einzelnen Zahlen zur Unendlichkeit und von greifbaren Rechnungen zur reinen Abstraktion zu schlagen. Vervollständigt wird das Buch mit einem Glossar mit griffigen Erläuterungen zu einzelnen Begriffen und einem Anhang, in dem – geordnet nach Kapiteln – einzelne Beweise zu Behauptungen ausführlich aufgeführt werden. Für sein Buch ist der britische Autor übrigens wirklich gereist: zu einem amerikanischen Numeriker-Ehepaar, zu einem indischen Mathe-Guru, zu einem japanischen Origami-Falter und und und. Unter den vielen Informationen, die er so gesammelt hat, leidet allerdings mitunter der Schreibstil. Teilweise hat man das Gefühl, eine Reportage zu lesen – was auf Buchlänge durchaus mühsam sein kann. An anderen Stellen hat man den Eindruck, das Drehbuch eines Einspielers aus dem Wissenschaftsfernsehen zu sehen, einschließlich der Interviewgespräche und der Stimme aus dem Off. Im Laufe des Buches wird Alex Bellos, der Mathematik und Philosophie studiert hat, um später als Journalist tätig zu sein, sprachlich besser und leserlicher.

Dabei bin ich mir nicht sicher, wen er mit dem Buch ansprechen will: Freunden der Mathematik dürften die Inhalte der elf Kapitel durchaus geläufig sein, einschließlich der Herleitungen und der zugehörigen Namen. Matheskeptiker könnten hingegen schon in der Einleitung durch sperrige Begriffe und Beispiele abgeschreckt werden. Und wer das Buch, so wie ich, liest, um die Mathematik hinter alltäglichen Dingen zu begreifen, der wird schlichtweg enttäuscht. Denn die auf der Rückseite angepriesenen Themen kommen kaum vor: Die Verkehrsprobleme der Schweden stehen in einem Nebensatz, die zufällige Abfolge von Liedern auf dem iPod werden mit einem Zitat von Steve Jobs abgehandelt und wer sich erhofft hat, mit diesem Buch tatsächlich den Lotto-Jackpott zu knacken, der muss leider weiter spielen, hoffen und bibbern, wie bislang auch.

Wer trotzdem die Rundreise durch die Welt der Mathematik antreten will, dem sei vielleicht geraten, zu warten, bis es das Buch auch im Taschenbuchformat gibt. Die gebundene Version mit rund 480 Seiten kostet derzeit nämlich 24 Euro – die Differenz kann man dann ja in Lottoscheine investieren. Denn wer es häufiger probiert, hat zumindest rein statistisch die höheren Chancen.

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Ratgeber für die Kitteltasche https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/ratgeber-fur-die-kitteltasche/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/ratgeber-fur-die-kitteltasche/#respond Tue, 12 Jul 2011 22:00:56 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2003 Irgendwann kommt er im Leben eines jeden Medizinstudenten: Der Moment, in dem der Patient nicht mehr kalt und gelb auf dem Präpariertisch liegt, sondern im besten Fall rosig und ansprechbar im Patientenbett. Während es im Pflegepraktikum zumeist noch etwas lockerer zugeht, müssen die meisten Studenten bereits in ihrer ersten Famulatur funktionieren. Wer in Lübeck studiert, hat den Vorteil, einen recht guten und umfassenden Untersuchungskurs zu besuchen und im TÜFTL üben zu können. Doch irgendwann ist man eingebunden in den Stationsalltag und plötzlich ist die ganze schöne Theorie dahin.

Für diesen Fall gibt es haufenweise einschlägige Literatur. Ein Buch heißt „Medical Skills – Für PJ und Famulatur“. Es wurde von Markus Vieten und Claudia Heckrath geschrieben und wurde mittlerweile schon zum vierten Mal aufgelegt.

Das Buch ist ein wenig aufgebaut wie der Aufenthalt des Patienten in der Klinik. Es beginnt mit Tipps für die Aufnahme: Wie wird eine umfassende Anamnese erhoben, wie wird körperlich untersucht, welche weiteren Schritte müssen eingeleitet werden? Im zweiten Kapitel gehen die Autoren auf das ärztliche Gespräch ein. Hier geht es nicht nur um den komplikationslosen Standardpatienten, sondern auch um Schwerkranke, um Suizidgefährdete und psychosomatisch Kranke. Zudem wird erläutert, worauf es in Aufklärungsgesprächen ankommt und wie man mit Angehörigen umgehen sollte.

Doch das Buch befasst sich nicht nur mit Reden. Auch auf die Praxis wird eingegangen: Dabei wird dem Anfänger wohl mit den Kapiteln „Blutentnahmen und Injektionen“ und „Infusionen und Transfusionen“ am meisten gedient. Hier wird dezidiert darauf eingegangen, wie man den Patienten vorzubereiten hat, wie man desinfiziert, wie man zusticht. Für die Fortgeschrittenen wird das Mysterium ZVK und die richtige Handhabung einer arteriellen Punktion erläutert sowie der Sonderfall der Punktion bei Säuglingen erklärt.

Anspruchsvoller und sicher nicht für jeden Famulanten geeignet geht es da schon im Kapitel Sonden und Katheter zu: Magensonde und Blasenkatheter sind da zwar noch einfachere Übungen, aber mal ehrlich: Wer hat schon eine PEG-Anlage durchgeführt oder einen suprapubischen Blasenkatheter gestochen?

Weiter geht es mit dem richtigen Befunden von nicht-invasiven Verfahren, etwa dem Auswerten eines EKGs oder eines Röntgenbildes und dem Durchführen von invasiven Verfahren: Angefangen beim Anpieksen der Fingerbeere zur Blutzuckerbestimmung über Lumbal- und Pleurapunktionen bis hin zur Knochenmarkstanze wird fast jedes Thema einmal angerissen.

Ein weiteres Kapitel befasst sich mit dem richtigen Verhalten im OP. Vom richtigen Umziehen, zum richtigen Waschen und eingekleidet werden. Welche Haken muss man kennen und wie hält man sie am besten? Und wie vermeidet man einen Kollaps? Fragen wie diese werden beantwortet.

Dann fehlt für den groben Überblick nur noch ein Fach: Die Anästhesie mit der Notfallmedizin. Und so geht das letzte Kapitel auf das richtige Halten einer Beatmungsmaske, auf Intubationen und Reanimationsalgorithmen ein – leider noch nicht nach neuen Leitlinien.

Alles in allem geht „Medical Skills“ auf alles ein, was einen Klinikneuling aus dem Takt bringen könnte. Dabei gehen die Autoren immer vom Allgemeinen zum Speziellen vor und führen so recht gut durch die einzelnen Kapitel. Wer sich nun jedoch denkt, er könne mit dem Werk von Vieten und Heckrath lesenswerte Sachliteratur erwerben, dem sei gesagt, dass der Lesefluss nicht immer angenehm ist. Die vielen Auflistungen machen die Lektüre teilweise schwierig, ebenso wie die schmalen Spalten und die kleine Schrift, mit denen gearbeitet wird. Und auch sprachlich ist wohl kein Literaturnobelpreis zu erwarten. Was das Buch aber auf jeden Fall liefert – und seine Größe lässt dahingehend eine gewisse Intention vermuten – ist ein umfassendes Nachschlagewerk für die Kitteltasche: Wer es bei sich trägt, kann vor dem ersten Patientenkontakt noch eben einen Blick riskieren und geht dann bestimmt etwas ruhiger in die Untersuchung.

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Ein Blick zurück in Fakten https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/ein-blick-zuruck-in-fakten/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/ein-blick-zuruck-in-fakten/#respond Sun, 12 Jun 2011 22:01:43 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1130 „Was in der alten Hansestadt geschah, ist wohl einmalig in der deutschen Stadtgeschichte”, schreibt Björn Engholm und meint damit den Protest zum Erhalt der Uni Lübeck. Die Chronologie dieser einmaligen Protestbewegung, die Universitätspräsident Dominiak sogar als Ouvertüre zu den Bürgerprotesten in Stuttgart sieht, hat die Biologin und freie Journalistin Julia Offe geschrieben, die bereits im Vorjahr für das Laborjournal über die Geschehnisse in Lübeck geschrieben hat. Das StudentenPACK hat exklusiv eine Vorabversion von „Eine Stadt sieht Gelb – Wie Lübeck seine Uni rettet” erhalten, welches nach der Buchvorstellung am 15. Juni um 17:30 Uhr in der Universitätskirche St. Petri am 16. Juni im Buchhandel erscheint.

Lukas Ruge

Der Kampf des letzten Sommers in Buchform

Das Datum kommt nicht von ungefähr. Ein Jahr zuvor, am 16. Juni 2010, demonstrierten 14.000 Menschen in Kiel gegen die Pläne der Landesregierung. Dieser Protest ist zwar nicht das Ende des Buches, so wie die Demo nicht das Ende des Kampfes war, aber wie im Sommer 2010 bildet dieser Abschnitt in der Geschichte so etwas wie den emotionalen Höhepunkt. Eine Wendung, die in den ersten 70 Seiten immer wieder angedeutet wird.

 

 

Doch ansonsten hält sich Offe in ihrer Schilderung mit Emotionen eher zurück: Der Rausch, die unglaubliche Begeisterung nach gelungenen spontanen Aktionen wie vor dem Scandic Hotel, aber auch die Arbeit bis zur völligen Übermüdung und Erschöpfung finden daher kaum Platz. Dies ist hinsichtlich einer objektiven Darstellung der Ereignisse ebenso wünschenswert wir richtig, fühlt sich aber dennoch irgendwie falsch an.

„Es fehlt das Adrenalin“, denkt man sich, wenn man sich zurück erinnert. Nun ist „Eine Stadt sieht Gelb” nicht nur für jene geschrieben, die gekämpft haben und so ist eine ruhige und vollständige Sicht auf die Fakten eine wichtige Grundlage der Aufarbeitung.

An Vollständigkeit mangelt es dem Buch nicht. Lediglich der mit Verdi veranstaltete Protest des AStAs zum Erhalt der Uniklinik kommt zu Beginn etwas zu kurz. Julia Offe hat mit unzähligen Beteiligten gesprochen und webt die Protestgeschichte im Detail zusammen. Dabei ist auch für jene, die in den Gremien aktiv waren, immer noch eine Geschichte dabei, die neu ist: So verhärteten sich nicht nur die Fronten zwischen Studenten und Landesregierung, auch unter Kollegen an den Universitäten in Lübeck und Kiel gab es Spannungen, die anhand von Emails und Erinnerungen nachgezeichnet werden.

Natürlich finden auch alle Aktionen des Sommers Erwähnung. Von den Spontandemos und den Exilvorlesungen bis zu den Großdemonstrationen in Kiel und Lübeck.

Weiland

"Eine Stadt sieht Gelb" erscheint am 16. Juni

Immer wieder verlässt Offe die gut bebilderte chronologische Darstellung für rückblickende Interviews oder Essays Beteiligter. Das ist manchmal informativ, wenn die damalige AStA-Vorsitzende Linda Krause über ihre Rolle als Person in der Öffentlichkeit spricht, und manchmal bemerkenswert, wenn Josephine von Zastrow, Redakteurin der Lübecker Nachrichten beschreibt, warum gerade Regionalzeitungen Partei ergreifen können und müssen. Manchmal sind die Texte auch ärgerlich, wenn zum Beispiel der Lübecker FDP-Abgeordnete Gerrit Koch, der jeden Tag in den Wochen des Protests und des verzweifelten Kampfes die Gelegenheit gehabt hätte, den Plan der Landesregierung zu vereiteln, in einem Text die Gelegenheit bekommt, sich als ehrlicher Zweifler und geheimer Kämpfer für die Lübecker Uni rein zu waschen.

 

 

Auf fast 200 Seiten bietet „Eine Stadt sieht Gelb“ einen lohnenden Rückblick, es vereinigt die Stimmen hinter einer außergewöhnlichen Kette von Ereignissen und für jene, die davon nicht genug bekommen, bietet es QR-Codes, mit denen man per Smartphone Videos aufrufen kann.

Die Autorin

Julia Offe, Jahrgang 1973, ist promovierte Biologin und lebt als freiberufliche Wissenschaftsjournalistin in Hamburg. Im Sommer 2010 berichtete sie bereits mehrfach für das Laborjournal über die Aktion „Lübeck kämpft für seine Uni“.

 

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Nachhilfe für Statistik-Noobs https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/nachhilfe-fur-statistik-noobs/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/nachhilfe-fur-statistik-noobs/#respond Wed, 08 Jun 2011 09:15:45 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1362 Die Statistik und ich, wir hatten keinen besonders guten Start. Ich gebe ja zu, es hat vielleicht auch ein wenig an mir gelegen. Es war das Jahr vor dem Physikum, als wir uns kennen lernten, und wirklich sympathisch war sie mir nicht. Vielleicht war das ja auch der Grund, warum ich sie weitgehend ignorierte. Ich hatte überhaupt nicht das Bedürfnis, sie kennen zu lernen, zumal die Psychologie, die mir gleichzeitig vorgestellt wurde, so viel mehr zu erzählen hatte…

Aber wie es nun mal im Leben ist, sieht man sich immer mindestens zwei Mal. Und das kam schon bald: Ich hatte einen Termin zur biometrischen Beratung, damit ich endlich endlich die Fallzahl für meine Doktorarbeit kriegen sollte. Da saß sie wieder, die Statistik, mitten im Raum und verhinderte, dass ich auch nur ein Wort von der Beratung verstand. Ein Hoch auf meinen Doktorvater, es gelang ihm schließlich, zu vermitteln.

Doch damit nicht genug: Lübeck ist offensichtlich zu klein, als dass man sich dauerhaft aus dem Weg gehen könnte, und im achten Semester kam sie zurück, härter denn je. Immerhin haben wir es im Sozialmedizin-Praktikum doch so weit gebracht, dass wir uns ganz vorsichtig das Du angeboten haben, aber dennoch war uns beiden klar, dass wir wohl keine gemeinsame Zukunft haben würden. Der Lehrplan sah das anders und so stand uns mit der Biometrie eine lange Woche bevor. Ich wollte vorbeugen, hoffte auf ein Wörterbuch „Susi – Statistik, Statistik – Susi“, doch das gab der Markt nicht her. Was ich fand war „Statistik für Dummies“ von Deborah Rumsey und der Titel ließ einen letzten Hoffnungsfunken keimen. Vielleicht war ja noch nicht alles verloren.

Natürlich klappte das mit der Vorbereitung in den Semesterferien nicht wie geplant. Und so hielt ich das äußerst komplexe Skript der Biometriker in Händen und musste damit Übungszettel lösen – was einen Mediziner an sich ja schon mal aus der Bahn werfen kann – und vor allem am Ende ein ausgearbeitetes Fallbeispiel abgeben. Also bemühte ich mein neues Buch. Zunächst hatte ich Schwierigkeiten, mit dem Register klar zu kommen. Dort sind verhältnismäßig wenig Begriffe aufgeführt und so musste ich häufig Synonyme für meine Suchbegriffe erraten oder googlen, bevor ich die richtige Stelle im Buch finden konnte.

War die passende Stelle aber als solche identifiziert, begann die Arbeit plötzlich Spaß zu machen. Ich konnte Zusammenhänge erkennen, verstand abends das, was der Dozent morgens erzählt hatte und mit einem Mal waren die Übungszettel keine unüberwindliche Hürde mehr. Ein wenig musste ich sogar dem Untertitel des Buches – „Die Grundlagen der Statistik mit Spaß erlernen und anwenden“ – recht geben.

Die Kapitel und Abschnitte beginnen meist mit einem Beispiel aus dem Leben. Dabei handelt es sich nicht um abgehobene wissenschaftliche Konstrukte mit genormten Menschen, sondern um ganz alltägliche Dinge. Sei es die Einordnung eines Prüfungsergebnisses im Verhältnis zum Gesamtergebnis, seien es die Gewinnchancen im Casino oder die falsche Darstellung von Sachverhalten in der Werbung. Irgendwo kann sich wohl jeder wiederfinden oder zumindest die Situation vorstellen. Und da sich die nachfolgenden Rechenbeispiele auch immer auf diese Vorgeschichte beziehen, fällt es deutlich leichter, im Thema zu bleiben und die Ergebnisse nachzuvollziehen. So fiel es mir beispielsweise viel leichter, die Übungsaufgaben im Skript aus dem Kurs zu verstehen.

Doch das Buch geht über die harten Fakten zur Auswertung eigener Datensätze hinaus und ist so wirklich lesenswert. Zunächst öffnet Deborah Rumsey dem Leser die Augen. Denn tatsächlich ist unser Alltag voll mit Statistik. Überall wird geschönt, werden Aspekte weggelassen oder falsch interpretiert. Ein zweiter Blick lohnt sich also ebenso wie ein kurzer Moment des Nachdenkens, denn allzu oft häufen sich Fehler und Übertreibungen, teilweise auch schlichtweg Lügen. Rumsey weist hier auf die korrekte Nutzung von Verhältnissen, Prozentwerten und Maßstäben hin und hilft so, den falschen Angaben auf die Schliche zu kommen.

Behutsam führt die Autorin dann in die Grundlagen der Statistik ein. Was ist eine Grundgesamtheit, was eine Stichprobe, was hat der Zufall dabei zu schaffen und wie werden die Messungen verzerrt? Welche Experimente gibt es überhaupt, um Werte zu erheben? Und wie bekommt man aus all dem einen kausalen Zusammenhang?

Sind die Daten erstmal erhoben, müssen sie natürlich auch dargestellt werden. Hier gibt es haufenweise graphische Raffinessen und viele davon lassen sich wieder außerordentlich gut nutzen, um Sachverhalte zu beschönigen. Auch hier bringt Rumsey viele kleine Beispiele ein, um die Darstellungsformen zu erläutern, und so wird dem Leser trotz der trockenen Materie auch das eine oder andere Lächeln ins Gesicht gezaubert.

Weiter geht es über Mittelwerte und Wahrscheinlichkeiten, über eine Exkursion mit Tipps für Glücksspieler, hin zur relativen Bewertung von Ergebnissen. In den Kapiteln, die sich mit der Auswertung von Ergebnissen befassen, bezieht sich die Autorin dann wieder auf die vorhergehenden Abschnitte des Buches. Das, was erhoben wurde, muss nun interpretiert werden. Kann ich meinem Konfidenzintervall vertrauen und was taugen meine Hypothesen? Wie beeinflussen Meinungsumfragen den Alltag und wo schleichen sich systematische Fehler ein?

Am Ende des Buches gibt die Autorin noch praktische Tipps. So ist ein Kapitel dem Thema Umfragen gewidmet, erklärt die passenden Zielpopulationen, die Stichprobengröße, die angemessene Fragestellung und den besten Messzeitpunkt. Ähnlich im Kapitel „Zehn häufige Fehler“, das zum Abschluss noch mal klar macht, worauf zu achten ist, wem man traut und wo man skeptisch werden sollte.

Alles in allem ist das schwarz-gelb-gestreifte Buch nicht nur farblich eine Abwechslung zwischen den grünen und blauen Buchrücken in meinem Regal; es ist wirklich lesenswert, ohne dass man dabei zwangsläufig bei Seite 1 beginnen und bei Seite 360 aufhören müsste. Wie schon oben bemängelt lässt es zwar ein umfassendes Register vermissen; das macht das Buch aber durch seine wirklich liebevoll geschriebe Art und die unglaubliche Geduld bei den Erklärungen wieder wett.

Ob es für die Statistik und mich nun eine zweite Chance gibt? Ich weiß es nicht. Aber wenn wir uns das nächste Mal über den Weg laufen, lade ich sie vielleicht mal auf einen Kaffee ein…

 

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Wie groß ist eigentlich Unendlich? https://www.studentenpack.de/index.php/2011/05/wie-gros-ist-eigentlich-unendlich/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/05/wie-gros-ist-eigentlich-unendlich/#respond Sat, 14 May 2011 08:00:32 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/wordpress/?p=264
Albert Piek | StudentenPACK.

Georg Cantor blickt in die Rätsel der Unendlichkeit.

Die Mathematik behandelt üblicherweise Zahlen, von ganz kleinen Zahlen bis hin zu unvorstellbar großen Zahlen. Georg Cantor (1845–1918) befasste sich zunächst mit Zusammenfassungen von beliebigen Objekten, also mit Mengen, und gilt als Begründer der Mengenlehre. Dabei stellte er sich eine Frage: „Wie groß ist eigentlich Unendlich – und gibt es unterschiedliche Arten von Unendlich?“

David Foster Wallace nähert sich diesem Thema anschaulich, indem er zunächst an praktischen Beispielen erläutert, dass es zwei Arten von Unendlichkeit gibt, mit denen Mathematiker seit der Antike konfrontiert werden: zum einen die des unendlich Kleinen am Beispiel der Zahl $\sqrt{2}$, die unendlich viele Nachkommastellen besitzt. Dazu betrachtet er, wie bereits Pythagoras, ein rechtwinkliges Dreieck, bei dem die beiden Seiten am rechten Winkel jeweils die Länge 1 haben, die dritte Seite ergibt sich in diesem Dreieck eben zu $\sqrt{2}$. Diese Zahl kann man weder mit Stift und Papier mit ihren Nachkommastellen aufschreiben noch durch einen Bruch darstellen. Diese unendlich kleinen Dinge führten dann bei Gottfried W. Leibniz und Isaac Newton im 17. Jahrhundert zur Grenzwertbildung und somit zum Begriff des Integrals. Zum anderen die Unendlichkeit in der Größe, bei der in der heutigen Anschauung wahrscheinlich das Universum zuerst im Kopf auftaucht. Dieses ist jedoch nur sehr sehr groß und nicht unendlich.

Über viele solche Beispiele, etwa auch eines von Galilei, führt das Buch durch die Geschichte der Mathematik, die an Probleme der Unendlichkeit stößt. Dies ist etwa bei der Betrachtung von Wärmegleichungen der Fall, also wie sich Wärme verteilt und zeitlich verändert. Cantor beschreibt diese Probleme in einer sehr abstrakten Theorie und löst damit einige Probleme schließlich durch seine Charakterisierung. In dieser unterscheidet er zwischen dem „abzählbar Unendlichen“ und dem „überabzählbar Unendlichen“. Davon ausgehend unterscheidet er viele Arten von Unendlichkeiten. Die Auswirkungen dieser Entdeckung reichen bis in die heutige Zeit, denn die daraus resultierende Kontinuumshypothese führt zu Kurt Gödel – dessen Unvollständigkeitssatz eher ein eigenes Buch verdient.

Neben der Beschreibung der Konzepte der Mathematik erzählt Wallace aber auch die persönliche Geschichte der Mathematiker, vor allem natürlich Cantors selbst. Mit seiner Theorie war er seiner Zeit weit voraus und erntete mit seinen Veröffentlichungen viel Kritik. So etwa von Leopold Kronecker, einem der Professoren, bei denen er in Zürich studierte. Viele seiner Zeitgenossen waren der Auffassung, dass die Theorien Cantors nicht nur keinen praktischen Nutzen haben, sondern auch zu Widersprüchen führen, die in der Mathematik damals noch als undenkbar galten. Heute ist – wie das Buch ebenfalls erzählt – mit den Arbeiten von Kurt Gödel und Alan Turing die praktische Relevanz gezeigt. Aber auch abseits der Kritik, mit der Cantors Theorien aufgenommen worden sind, verzweifelte Cantor an der von ihm postulierten Kontinuumshypothese. Diese wurde von Hilbert als erstes Hilbertsches Problem in seiner Rede im Jahre 1900 genannt.

Wallace gibt zu Beginn zu, dass in einem populärwissenschaftlichen Buch die Mathematik zu ungenau werden kann. Daher verwendet er außer einer großen Menge an Fußnoten den Begriff FESI für „Falls es sie interessiert“ – wobei im englischen Original die schönere Formulierung FYI für „For your Interest“ zu übersetzen versucht wurde. Er verlagert so die formellen mathematischen Aussagen in Fußnoten und kleine thematische Ausflüge, um sich hauptsächlich mit den Ideen und Konzepten der Unendlichkeit zu beschäftigen. Obwohl er damit nicht vermeiden kann, auch im Haupttext die eine oder andere mathematische Formel zu nennen, nutzt er sie dort lediglich zur kürzeren Schreibweise. Er erläutert die Konzepte umgangssprachlich und schafft es dabei, eine unterhaltsame Darstellung zu finden, die sich sehr gut lesen lässt. Man benötigt auch kein Vorwissen in der Mathematik, denn die Erklärungen beginnen anschaulich und informell in den Grundlagen und bleiben stets bildlich. Wallace schafft es, in klaren, einfachen, informellen Worten die Faszination an der Mathematik der Unendlichkeit zu wecken und die Probleme darzustellen, wenn abstrakte Gedanken nicht mehr unbedingt der eigenen Intuition folgen können.

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Rot-weißer Partybus https://www.studentenpack.de/index.php/2011/04/rot-weiser-partybus/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/04/rot-weiser-partybus/#respond Mon, 11 Apr 2011 15:03:28 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/wordpress/?p=337 Wer einmal eine gewisse Zeit auf einer Rettungswache verbracht hat, der kennt das Gefühl, morgens nicht zu wissen, wie viel Arbeit der Tag bereit hält. Und vor allem nicht: Welche Arbeit der Tag bereit hält. Das meiste ist Routine: Die Omi mit dem schwachen Herzen, die Schnittwunde, bei der der Blutverlust schlimmer aussieht als er tatsächlich ist, die leichten Auffahrunfälle ohne wirkliche Verletzte. Doch dazwischen schieben sich auch immer wieder mal Kuriositäten, teilweise gänzlich unerwartete Situationen und Orte. Mitunter wird man mit Dingen konfrontiert, die man so nie für möglich gehalten hätte und die einem lange nicht aus dem Gedächtnis gehen. Dabei reicht die Spanne vom größten Elend in verwahrlosten Wohnungen bis hin zu Patienten, bei denen man schon einmal ein breites Grinsen unterdrücken muss, weil die Situation einfach zu abstrakt oder skurril ist. Wer im Rettungsdienst arbeitet, hat definitiv viel zu erzählen.

Das hat sich wohl auch Jörg Nießen gedacht und hat „20 wahre Geschichten vom Lebenretten“ in einem Buch zusammengefasst. Der Feuerwehrmann und Rettungsassistent ist seit 15 Jahren im Dienst und dabei in einer nicht näher genannten Großstadt irgendwo in Nordrhein-Westfalen unterwegs. Meist wird er begleitet von seinem liebenswerten, fiktiven Kollegen Hein, der für alle Eigenheiten der verschiedenen Rettungsassistenten steht. Alle anderen Charaktere des Buches werden entweder im Vorwort des Autors vorgestellt, oder aber sie erschließen sich in den entsprechenden Kapiteln – die Nießen „Notfälle“ nennt – selbst.

Und dann geht es auch schon zum ersten Einsatz. Notfall 1: Der Klassiker! Dinge, die wie durch Zufall in Körperöffnungen verschwinden, wo sie eigentlich nichts zu suchen haben… Die Tür wird den Rettungsassistenten von einem homosexuellen Pärchen geöffnet. Das Problem: Einer der Partner hat sich zwei Billardkugeln rektal eingeführt, „die Drei und die Vier“, wie näher bekundet wird. Die Begründung auf die Frage, warum gerade Billardkugeln, ist ebenso simpel wie einleuchtend: Sie sind nummeriert. Und wenn man sie nicht mehr rauskriegt, weiß man wenigstens, wie viele noch drin sind. „Die Eins und die Zwei sind ja da“, erklärt einer von beiden. Weitere Fragen, haben die Rettungsassistenten da keine mehr.

Dass man sich im Rheinland befinden muss, wird spätestens beim 2. Notfall klar: Auftritt Jupp, in der Eckkneipe „Zum Blasierten“. Dort hat er die 50 Euro, die er zuvor beim Taxi fahren verdient hat in Bier und Schnaps angelegt und erfreut sich bester Laune, bis er das Gleichgewicht nicht mehr halten kann und vom Barhocker aus eine Etage tiefer rutscht – Hinterkopf voraus. „Eine Kopfplatzwunde wie mit einer Axt geschlagen“ ist das Ergebnis. Der Wirt gibt auf den Schock erst einmal eine Runde aus, dann ruft er den Rettungsdienst. Und was hat das mit Nordrhein-Westfalen zu tun? Bisher könnte diese Begebenheit eigentlich überall auf dieser Welt stattgefunden haben. Zumindest bis Jupp den Mund aufmacht, um sich gegen den Rettungsdienst zu erwehren: In feinstem Dialekt tut er seinen Unmut kund, auch später gegenüber der nachgeforderten Polizei.

Rheinisch geht es auch beim 5. Einsatz zu. Der Rettungswagen wird zum Karnevalsumzug gerufen. Dabei ist nicht nur die Anfahrt schwierig. An der vermeintlichen Einsatzstelle angekommen, gibt es schlicht und einfach keinen Patienten und auch die anschließende Suche bleibt erfolglos. Wenigstens die Jecken haben ihren Spaß und loben die Rettungsassistenten gleich für deren wirklich überzeugende Verkleidung.

Weiter geht es in einem bunten Potpourri aus mehr oder weniger gravierenden Notfällen. Da ist der Herr, der seit sechs Tagen an akutem Darmverschluss leidet, jedoch schon vor Eintreffen des Rettungspersonals mehr als genug Durchfall produziert. Da ist die resolute alte Dame, die den in ihren Augen ungehobelten Notarzt nur noch mit „ehemaliger Medizinstudent“ anspricht. Es gibt Stammgäste, wie die esoterisch angehauchte Freizeit-Heilpraktikerin Veronika, die sich unsterblich in einen der Rettungsassistenten verliebt oder ein junges Tanzpaar, das sich beim Training immer wieder handgreiflich zurecht weisen muss, was in immer wüstere Verletzungen mündet. Es gibt eine Geburt im Rettungswagen, einen Junkie, der die abstrusesten Substanzen raucht und eine italienisch Familie, die sich just zum Endspiel der Fußball-EM ausgiebig um den Spross der Familie sorgt.

Spätestens beim Einsatz bei Agnes geht einem jedoch das Herz auf. Die 70-jährige Dame wollte ihrem Josef doch nur den Tee bringen. Doch dieser reagierte nicht, sondern saß bewegungslos im Sessel, offensichtlich frisch verstorben. Der Notarzt musste nur noch den Tod feststellen, doch Hein und Jörg unterhalten sich mit der Witwe. Diese berichtet eifrig, sie habe noch eine Herzmassage durchgeführt, allerdings erfolglos. Das verwundert die Helfer, denn Josef sitzt normal im Sessel, ist vollständig bekleidet. Wie sie das gemacht habe, wollen sie wissen. Agnes verschwindet kurz, um mit einem kleinen Fläschchen wieder zu kommen. Sie knöpft Josefs Hemd ein Stück auf, träufelt eine Flüssigkeit auf seine Brust und beginnt, diese einzumassieren. Dabei macht sich im Wohnzimmer der Geruch von 4711 breit – und die Gewissheit, dass es sich hier um keine normale Reanimation handeln konnte.

Alles in allem gelingt es Jörg Nießen sehr gut, seinen Leser zu unterhalten. Auf charmante und amüsierende Weise erzählt er von seinem Beruf, den er offensichtlich mit Leib und Seele ausführt. Die einzelnen Geschichten sind dabei kurz genug, um auch mal zwischendurch gelesen zu werden. Doch wenn man die Zeit dazu hat, legt sich das Buch nur schwer aus der Hand, so sehr fesselt der Gedanke, was noch alles passieren wird. Dabei braucht man überhaupt kein Fachwissen, um alles zu verstehen, da es eher um das Zwischenmenschliche geht als um die Medizin.

Bleibt nur noch die Frage, woher das Buch eigentlich seinen Titel hat. Den verdankt es Frau Ramm, Notfall Nummer 6. Diese öffnet recht gleichmütig die Tür und lotst die Rettungsassistenten zum Badezimmer, wo sich offensichtlich der Patient befindet. Der trockene Kommentar beim Öffnen der Tür: „Schauen Sie sich mal diese Sauerei an!“ Was hat Herr Ramm im Badezimmer angestellt? Findet es raus, es lohnt sich!

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The american way of organization https://www.studentenpack.de/index.php/2010/12/the-american-way-of-organization/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/12/the-american-way-of-organization/#respond Mon, 06 Dec 2010 10:00:10 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=107731 Im vergangenen Semester las ich einen Bericht über Doc Steps, eine Messe, die der Marburger Bund für angehende Mediziner ausrichtet. Dort gab es in Zusammenarbeit mit dem BVMD einen Workshop, in dem das Buch „Wie ich die Dinge geregelt kriege – Selbstmanagement für den Alltag“ von David Allen besprochen wurde – mit einer wärmsten Empfehlung für das Medizinstudium. Und weil ich ja eine pflichtbewusste Studentin bin, habe ich beschlossen, mir dieses Buch während der Semesterferien zu Gemüte zu führen. „Getting things done“ ist der Titel der Originalausgabe. Und schon während der Lektüre der ersten Seiten hatte ich den Eindruck, es wäre mal wieder besser gewesen, dieses Buch in seiner Originalsprache zu lesen. Sowieso waren die meisten Gedanken, die mir während der Einleitung durch den Kopf gingen, dahingehend, wie ich dieses Buch in einer Rezension verreißen könnte. Denn David Allen ist offensichtlich ein wandelndes amerikanisches Klischee von einem Motivationstrainer. Er schreibt davon, wie „kraftvoll, einfach und effektiv“ Dinge sein können, berichtet von seiner Arbeit mit Topmanagern, deren Leben er selbstverständlich neu geregelt hat. Alles im Tonfall schmieriger Erfolgsamis.

Ordnung im Kopf

Aber ich habe vorsichtshalber noch einmal weiter gelesen. Und plötzlich habe ich Spaß daran gefunden. Denn, um es auf einen Punkt zu bringen: Es geht darum, To-Do-Listen abzuhaken, was ja bekanntlich glücklich macht. Allens System ist jedoch weitaus komplexer. Was er beschreibt, ist nicht einfach durch das Fingerschnippen eines Motivationstrainers zu erreichen, sondern ein hartes Stück disziplinierter Arbeit. Zwar dürfte die Zielgruppe eine andere sein, als der geneigte Medizinstudent – die meisten Inhalte dürften auf Manager und Verwaltungsangestellte abzielen – doch können Studenten durchaus profitieren, wenn sie sich die eine oder andere Ordnungshilfe herauspicken und so Struktur in ihre Lernprozesse bringen.

Im Wesentlichen geht es auch darum: Um Ordnung. Und zwar nicht in erster Linie die physische Ordnung auf dem Schreibtisch, im Zimmer und so weiter, sondern um die Ordnung im eigenen Kopf. Allen geht davon aus, dass unerledigte Dinge uns von effizienter Arbeit abhalten und zwar so lange, bis sie erledigt oder zumindest nach extern verlagert werden – denn auch der menschliche Arbeitsspeicher ist begrenzt. „Es gibt keinerlei Grund, sich zweimal mit dem selben Gedanken zu befassen, es sei denn, man tut es gern“, fasst Allen es zusammen. An dieser Stelle kommen die To-Do-Listen ins Spiel. Allerdings nicht als einfaches Blatt Papier mit Punkten, sondern in Form eines komplexen Systems.

Fünf Schritte zum Ziel

Am Anfang des Systems steht ein Eingangsbehältnis. In dieses, so der Autor, soll alles abgelegt werden, was ansteht: Unbeantwortete Mails, Memos, Dokumente, Dinge, die noch zu lesen sind. Was physisch zu groß oder nicht greifbar ist, soll auf einem Zettel dokumentiert werden, um es ablegen zu können. Wichtig ist dann nur, dass der „Eingang“ auch regelmäßig gesichtet wird. Und nicht nur das: Er muss geleert werden! Denn die neue Devise lautet ja, Dinge nicht unnötigerweise zweimal in die Hand zu nehmen. Allens Vorschlag ist es, dies in fünf Schritten abzuarbeiten: An erster Stelle steht die Erfassung. Was steht überhaupt an? Was muss ich für welches Projekt tun? Vom „Eingang“ müssen die Dinge weiterwandern. Allen empfiehlt, Sammelbehältnisse zu etablieren, beispielsweise eines für Telefonate, eines für länger dauernde Projekte, eines für Arbeiten, für deren Ausführung man zunächst auf die Arbeit anderer Leute angewiesen ist. Die Liste ist natürlich beliebig fortzusetzen.

Der zweite Schritt ist das Durcharbeiten. Alles was weniger als zwei Minuten dauert, muss sofort erledigt werden, denn sonst dauert der Verwaltungsakt länger, als die eigentliche Arbeit. Alles was delegiert werden kann, muss weitergegeben werden, was unnötig ist, muss sofort in den Müll. Was übrig bleibt, sollte in die entsprechenden Projektordner abgelegt werden. Anschließend geht es in Schritt drei an die Organisation: Hier sollen Teilschritte und Abläufe definiert und auch angegangen werden. Sind Dinge zeitlich oder räumlich gebunden, wird das sofort im Kalender notiert. Dabei rät Allen ausdrücklich davon ab, To-Do-Listen für einzelne Tage anzufertigen, wenn diese nicht termingebunden sind. Diese hält er für unflexibel und demoralisierend, sofern sie nicht erledigt werden können. Für diesen Fall empfiehlt er das Anlegen mehrerer Notizsysteme: Einen Kalender, ein Buch für Dinge, die in absehbarer Zeit zu erledigen sind und eines für Dinge, die irgendwann angegangen werden sollten. Dabei weißt Allen ausdrücklich darauf hin, dass auch Angenehmes notiert werden soll, wie zum Beispiel eine Liste mit Büchern, die man lesen oder Filmen, die man sehen will.

Schritt vier ist das durchsehen der Sammelbehäter, so oft wie möglich und in strikter Reihenfolge: Zunächst den Kalender, um zu wissen, wie viel Zeit gerade für andere Dinge bleibt, anschließend das Abarbeiten der Projektordner. Ist wenig Zeit, können Telefonate geführt werden, ist viel Zeit, können längere Planungen angegangen werden. Wichtig ist nur – und hier kommt wieder die Disziplin ins Spiel – dass das Durchsehen regelmäßig stattfindet, laut Allen mindestens einmal wöchentlich.

Der fünfte und letzte Schritt ist die tatsächliche Durchführung. Nun sollte genau definiert werden, welche Schritte für welches Projekt ausgeführt werden sollten, welche Priorität was hat, wer daran beteiligt werden muss und welche Ressourcen nötig sind. Alles was hier anfällt, kann wieder in andere Behältnisse sortiert werden: Telefonate, Treffen und so weiter.

Zu viel für Studenten

Dieser erste Teil des Buches liest sich sehr flüssig, auch wenn immer noch alles sehr amerikanisch klingt und David Allen keine Chance auslässt, davon zu berichten, bei welchem Manager welches Prinzip Begeisterung auslöste. Einige der Vorschläge klingen durchaus plausibel und sind es mit Sicherheit wert, ausprobiert zu werden.

Die weiteren Teile dieser Selbstordnungsanleitung greifen den ersten Teil auf und gehen ins Detail. Dies ist sprachlich nach wie vor lesenswert und es stecken auch einige gute Ideen drin, die ein koordiniertes Arbeiten sicherlich vereinfachen. Hier wird jedoch deutlich, dass das Buch nun mal nicht für Studenten geschrieben wurde. Allen hält sich recht lange damit auf, über Materialien zu philosophieren, deren Anschaffung alles vereinfachen würde. Doch sprengen die Unmengen von Aktenschränken, Ordnern, Mappen und Registern, die er dazu vorschlägt, wohl nicht nur das studentische Budget, sondern auch den verfügbaren Raum in der durchschnittlichen Studentenbude.

Was allerdings auch für den studentischen Leser gilt, der sich an Allens Vorgaben halten möchte: Die Umstellung muss konsequent und radikal sein. Und dieser erste Schritt benötigt Zeit und Disziplin. Wer sich aber an das Grundprinzip Allens halten will, kann davon durchaus profitieren. Denn dann – schenkt man dem Autor seinen Glauben – bleibt viel Zeit für die angenehmen Dinge des Lebens!

Das Buch

David Allen: „Wie ich die Dinge geregelt kriege. Selbstmanagement für den Alltag“, 320 Seiten, Piper Verlag, Taschenbuchpreis 9,95 Euro.

PIPER Verlag
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Von den Symptomen zur Diagnose https://www.studentenpack.de/index.php/2010/07/von-den-symptomen-zur-diagnose/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/07/von-den-symptomen-zur-diagnose/#respond Wed, 21 Jul 2010 15:09:05 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/wordpress/?p=341 Jeder kennt sie, die Szene aus der Fernsehserie Dr. House: House steht an seinem Flipchart und notiert die Symptome seines Patienten. Vor ihm sitzen die Assistenten am Tisch. House wartet, will die Diagnose wissen. Cameron ruft voreilig „Lupus!“, Chase will es besser wissen: „Sarkoidose!“, ist sein Vorschlag. House steht nur vorne, wackelt mit dem Kopf, brummt. Er erwartet mehr! Was er will, ist eine sinnvolle Verknüpfung aller aufgetretenen Symptome, eine durchdachte Differentialdiagnose mit anschließender Therapie.

Im wahren Leben ist nicht alles so, wie es im Fernsehen gezeigt wird und nicht jeder Patient steht gleich unter Lupus-Verdacht. Was man jedoch von House lernen kann, ist der Findungsprozess, die Tatsache, dass man strukturiert an seine Diagnosen herangehen sollte. Gerade in der Inneren Medizin liegen die Krankheitsbilder oft nahe beisammen und schon ein kleines übersehenes Detail kann ein Therapieschema komplett über den Haufen werfen: Ist bei einer Nierenerkrankung die Kaliumzufuhr erhöht? Oder wird dieser Elektrolyt zu wenig ausgeschieden? Liegt bei extrakardialem Thoraxschmerz radiologisch ein pulmonales Infiltrat vor oder ein Lungenkollaps? Hier zeigt sich: Nuancen entscheiden zwischen medikamentös induzierter Hyperkaliämie und chronischer Niereninsuffizienz, zwischen Lungenentzündung und Pneumothorax.

Wer die Details kennt, ist auf der sicheren Seite. Gestandenen Chefärzten kann man da nicht mehr viel vormachen. Diese haben während ihrer Laufbahn alles schon einmal gesehen. Studenten und junge Ärzte können sich da schon eher schwer tun und deswegen ist es praktisch, ein entsprechendes Nachschlagewerk zur Hand zu haben. Bücher zum Thema Differentialdiagnose gibt es in Unmengen. Manche beschränken sich auf ein Organ oder auf eine untergeordnete Fachrichtung, andere umfassen ein breites Spektrum und bieten so einen guten Überblick. Eines davon ist „Differenzialdiagnostik und Differenzialtherapie – Entscheidungen in der Inneren Medizin“, herausgegeben von Reinhard Brunkhorst und Jürgen Schölmerich, gerade neu erschienen im Elsevier-Verlag.

Das Buch ist in zwei Abschnitte unterteilt. Im ersten – „Vom Symptom zur Diagnose“ – sind in alphabetischer Reihenfolge verschiedene Symptome aufbereitet. Den Anfang machen die akuten Oberbauchschmerzen, es geht weiter zur Claudicatio, über das Erbrechen und Lymphknotenschwellungen, bis zur Zytose im peripheren Blut.

Dabei ist jedem Symptom eine zusammenhängende Doppelseite gewidmet. Zunächst einmal wird das Symptom genauer definiert: So ist eine Leukopenie beispielsweise erst erreicht, wenn sich im peripheren Blut weniger als 3500 Leukozyten pro Mikroliter befinden; eine Synkope ist ein vorübergehender spontan reversibler Bewusstseinsverlust.

Hat man das Symptom erst herausgefunden, kann darauf eingegangen werden. So ist auch im Buch der nächste Schritt die Anamneseerhebung. Hier werden Hinweise gegeben, in welcher Richtung man noch Fragen stellen könnte, was man ausschließen sollte, auf welche Begleitumstände man zu achten hat.

In der Klinik folgen auf die Anamnese die körperliche und die apparative Untersuchung. So auch in diesem Nachschlagewerk. Wie manifestieren sich die Symptome? Welche Parameter sollte man im Labor untersuchen lassen und was hilft sonst noch weiter, um eine Entscheidung zu treffen? Hat man alle Befunde erhoben, ist es an der Zeit, sich an die Differentialdiagnose zu machen. Diese sind jeweils auf der linken Seite tabellarisch aufgelistet, mit Angaben über die statistische Häufigkeit und einer nochmaligen Zusammenfassung der erforderlichen Untersuchungen. Auf der rechten Seite befinden sich entsprechende Flussdiagramme. Hangelt man sich an diesen entlang, so fällt es leicht, sich bei einer Proteinurie zwischen Myelomniere und einem einfachen Harnwegsinfekt zu entscheiden. Je nach Krankheitsbild werden die Diagramme noch durch für den Befund typische Bilder komplettiert.

Im zweiten Teil des Buches folgt dann der logische nächste Schritt: „Von der Diagnose zur Therapie“. Hat der Arzt alle Symptome gesammelt und sich für eine Diagnose entschieden, bekommt er in diesem Abschnitt Behandlungsratschläge an die Hand gegeben. Auch dieser zweite Teil ist strikt in eine rechte und eine linke Seite unterteilt. Links wird zunächst eine Orientierung gegeben. Welches sind die Leitsymptome, wie setzt sich die Krankheit weiter zusammen, welches sind die Ursachen? Im Anschluss werden Formen und Klassifikationen aufgezeigt und die Erkrankungen in Stadien eingeteilt.

Sind die Grundlagen geklärt, kann zur Therapie fortgeschritten werden. Hier wird auf die oben beschriebenen Klassifikationen und Einteilungen eingegangen und die entsprechende Therapie vorgeschlagen: Patienten mit einer hypertrophen Kardiomyopathie sollten mit β-Blockern versorgt werden, bei der dilatativen Kardiomyopathie findet man einen Querverweis zur Herzinsuffizienztherapie.

Der Fließtext enthält dabei farbig unterlegte Zahlen. Diese verweisen auf Abschnitte der jeweils gegenüberliegenden Seite, wo erneut durch ein Flussdiagramm die Schemata aufgezeigt werden. Ist bei Akromegalie ein Hypophysenadenom nachweisbar, muss operiert werden. Liegt kein Tumor vor, sollte mit Dopaminagonisten therapiert werden. Ist bei der Tuberkulose der mikroskopische Nachweis säurefester Stäbchen positiv, ist eine kombinierte Antibiotikatherapie dringend erforderlich. Ist der Test negativ und die Symptomatik eher gering, ist es auch noch möglich, erst das Ergebnis der Blutkultur abzuwarten, um dann gezielter vorzugehen.

Das Buch schließt mit Sicherheit nicht alle Erkrankungen ein und Details zur Pharmakotherapie muss man bei Bedarf wohl eher in entsprechenden Werken nachschlagen. Dennoch gibt „Differenzialdiagnostik und Differenzialtherapie“ einen umfassenden Einblick in die häufigen Symptome und Diagnosen. Dabei besticht es durch seinen klar strukturierten Aufbau, der auch ohne weitere Erläuterung gut verständlich aufgebaut ist. Auch wenn das Buch für die Kitteltasche zu groß ist, für Anfänger ist es ein guter Wegweiser im Dschungel der Inneren Medizin.

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