Aktuelles – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Tue, 20 Dec 2016 12:32:39 +0000 de-DE hourly 1 Lübecks Linden kleben lassen? https://www.studentenpack.de/index.php/2016/12/luebecks-linden-kleben-lassen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2016/12/luebecks-linden-kleben-lassen/#comments Mon, 12 Dec 2016 09:00:43 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=252290
Die aktuelle Situation an der Untertrave.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Die aktuelle Situation an der Untertrave.

Das geparkte Fahrrad hast du unter einer der Linden an der Untertrave abgestellt und es ist Spätsommer. Der Lenker klebt und die Hose will den Sattel auch nicht mehr loslassen. Dieses sehr bekannte Problem wird durch den Honigtau von Blattläusen, die eine Vorliebe für Linden haben, verursacht. Vielleicht werden in naher Zukunft durch die Linden verklebte Lenker nicht mehr an der Untertrave auffindbar sein, denn sie soll umgebaut werden.

Um über diese Umbaupläne zu entscheiden, wird es am 18. Dezember einen Bürgerentscheid geben. Der Grund für diesen Entscheid ist die Unterschriftensammlung des Aktionsbündnisses “Lübecks Linden Leben Lassen” zum Erhalt der Winterlinden an der Untertrave. Deshalb können alle in Lübeck Gemeldeten über die Frage „Sollen die vorhandenen Winterlinden der Straße An der Untertrave zwischen der Braunstraße/Holstentor und der Drehbrücke erhalten bleiben und die Umgestaltungspläne entsprechend geändert werden?“ mit Ja oder Nein abstimmen.

Sollte die Mehrheit mit Ja antworten, so wird es, laut Stadt, keinen Umbau der Untertrave geben, denn dann fielen bis auf die Fördergelder durch die Städtebauförderung alle Fördergelder weg und Lübeck könne sich den Umbau aus eigenen Mitteln nicht leisten. Das bedeutet, dass die Untertrave wohl so bliebe, wie sie jetzt ist, denn die Bürgerschaft würde sich gegen den Umbau entscheiden. Und ohne die Ermächtigung durch die Bürgerschaft kann der Bürgermeister den Umbau nicht in Auftrag geben. Antwortet die Mehrheit mit Nein, könne die Untertrave mittels 10,5 Millionen Euro Fördergeldern aus mehreren Quellen und einem geringen Eigenanteil umgebaut werden.

Seit wann besteht der Umbauwunsch?

1960 wurden die Linden an die Untertrave gepflanzt und der Boden bis an den Stamm durch Steinplatten versiegelt. Damals war dort Hafen- beziehungsweise Industriegebiet. Neben den Schiffen, die dort anlegten, fuhr die Bahn zum Verladen der Güter neben die Schiffe. Um die Schiffe und andere Fahrzeuge betanken zu können, gab es mehrere Zapfsäulen, die den Boden kontaminierten. Mit der Planung der Nordtangente, dem Bereich um die Erik-Warburg-Brücke, in den neunziger Jahren erwog die Stadt den Umbau des westlichen Altstadtrandes. Durch Bürgerbeteiligungen wurde schnell klar, dass die Einwohner grundsätzlich für einen Umbau waren. 1999 gab es nicht nur Gespräche und Informationsveranstaltungen zwischen der Stadt und den Bewohnern des Gebietes, sondern auch mehrere Workshops. Das Ergebnis: Die Menschen wünschten sich eine maritime Flaniermeile mit Hafen, Bänken, Bäumen und Picknickmöglichkeiten – also einen öffentlichen Raum für alle. 2003 rief Lübeck einen Ideenwettbewerb zur Umgestaltung des westlichen Altstadtrandes aus, bei dem 15 Planungen eingereicht wurden. Der Gewinner war das Lübecker Büro Trüper Gondesen Partner.

So soll die Untertrave aussehenTGP

So soll die Untertrave aussehen

Zuerst wurde der Bereich „An der Obertrave“ umgebaut, denn für den Bereich „An der Untertrave“ fehlten Fördermittel. Mit dem Bau des Hansemuseums wurde der ursprüngliche Plan in Zusammenarbeit mit dem Gewinner überarbeitet, sodass eine einheitliche Verbindung zwischen Hansemuseum und Holstentor entstehen würde. Die Finanzierung plante die Stadt schon 2012 mit Fördermitteln aus dem Städtebaufördermittelprogramms „Sanierung und Entwicklung“. 2015 kam der nächste Fördermittelgeber „Nationale Projekte des Städtebaus“, zu dessen Zielgruppen nicht nur UNESCO-Welterbestädte, sondern auch Projekte mit nationaler Bedeutung zählen. Durch solche Fördermittel muss die Stadt die Kosten in Höhe von 15,5 Millionen Euro nicht alleine tragen. Die Zusammensetzung der Fördermittelquellen ist einmalig: 5,7 Millionen Euro kommen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, 3,4 Millionen aus dem Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“, 1,4 Millionen aus dem Städtebauförderungsprogramm „Sanierung und Entwicklung“ und 1,7 Millionen Euro kommen von den Anwohnern über den Kommunalabgabenbeitrag. Lübeck müsste somit laut aktueller Planung von 2016 bis 2018 3,5 Millionen Euro investieren. Doch in Kürze werden die europäischen Fördermittelfonds aus verschiedenen Gründen eingestellt. Sollten die Bürger also mit Ja stimmen und ein neuer Plan für die Untertrave notwendig werden, fehlen diese Geldquellen. Dann würde es laut Stadt und Land zu keinem Umbau mit den Linden kommen, denn die Hansestadt kann sich aufgrund der schlechten Haushaltslage keinen Umbau der Untertrave aus eigenen finanziellen Mitteln leisten. Des Weiteren hat die Bürgerschaft angekündigt, sie werde nicht für einen Umbau mit Erhalt der Linden stimmen.

Was ist an der Untertrave geplant?

Die Untertrave soll komplett saniert, der kontaminierte Boden entfernt und ausgetauscht werden. Die 48 Winterlinden, die sich laut erstem, von der Stadt in Auftrag gegebenen, Baumgutachten in einem schlechten Zustand befänden, sollen gefällt und durch 60 Schwedische Mehlbeeren ersetzt werden. Der Vorteil dieser in Nordeuropa vorkommenden Baumart ist laut Christine Korezky vom Bereich Stadtplanung und Bauordnung, dass sie zum einen nicht „kleckern“, also unter anderem Bänke und Autos zum Kleben bringen, zum anderen aber vor allem in ihrem Höhenwachstum die Stadtansicht auf das UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“ nicht verdecken. Es könne zudem nicht wieder zu oberflächlichem Wurzelwachstum kommen, denn die Pflanzbeete seien breiter und tiefer und die Bodenbedingungen besser als damals bei den Linden.

Bürgermeister Bernd Saxe und Produzent Leo Bloom bei der Vorstellung des WerbevideosFabian Schwarze | StudentenPACK.

Bürgermeister Bernd Saxe und Produzent Leo Bloom bei der Vorstellung des Werbevideos

Die Linden könnten, so die Stadt, nicht erhalten werden. Zum einen müssten in naher Zukunft Kronenpflegeschnitte zur Erhaltung der Verkehrssicherheit erfolgen, zum anderen seien laut einer DIN-Norm zum Baumschutz Bauarbeiten im Kronenbereich mittlerweile verboten. Mit anderen Worten: Unter den Linden können keine Pflasterarbeiten vorgenommen werden. Hier müsste mit Kies oder Sand gearbeitet werden, womit die geforderte Qualität aber auch die Barrierefreiheit der Untertrave nicht gegeben wäre, was zum Verlust der Fördermittel führen würde. Eine Barrierefreiheit, die mit dem Erhalt der Linden nicht vereinbar sei, könne erst im Zuge des Umbaus geschaffen werden.

An der Untertrave ist eine Flaniermeile geplant. Die Promenade soll direkt an der Kaimauer gebaut werden und breiter als der aktuelle Gehweg werden. Aber auch die Häuserseite soll einen breiteren Bürgersteig bekommen. Man kann also auf beiden Straßenseiten spazieren gehen und den ein oder anderen Nachmittag dort mit einem Besuch der Cafés, Restaurants und Geschäften verbringen. Die Fahrbahn für Autos und Busse soll schmaler werden, sodass Radfahrer eine eigene Spur bekommen Dies ist möglich, weil der Verkehr nicht mehr auf der Untertrave lastet. Zudem ist am Drehbrückenplatz eine Wassertreppe geplant. Neue Bäume sollen die Lichtachsen freihalten und die Seitenstraßen werden von der gegenüberliegenden Uferseite einsehbar sein. Neben diesen Bäumen sollen Bänke und Liegen sowie ein Wasserspender aber auch die Gastronomie Platz finden und auch der Eispavillon soll erhalten werden. Zudem sollen Kinder Platz zum Spielen bekommen.

Linden erhalten?

Linden haben nicht nur Heilkräfte, sondern auch einen hohen ökologischen Wert. Sie schaffen ein Ökosystem mit Bienen und zahlreichen anderen Insekten. Laut dem leitenden Forstdirektor i.R. Lutz Fähser, auf den sich das Aktionsbündnis “Lübecks Linden Leben Lassen” unter anderem beruft, sind die Linden durchschnittlich gesund. Fähser sehe keinen ökologischen Grund, die Bäume zu fällen, denn die im ersten Baumgutachten festgestellten Mängel seien typische Merkmale der Winterlinde. Jedoch muss man hierbei anmerken, dass Fähser kein staatlich bestellter und vereidigter Baumsachverständiger ist.

Das Stadtbild werde durch diese Bäume besonders geprägt und nebenbei verbesserten sie das Klima in der Stadt. Gegenüber den Lübecker Nachrichten sagte Ingrid Boitin vom Aktionsbündnis, dass die Linden an der Untertrave viel Kohlenstoffdioxid und Feinstaub der Autos aufnehmen würden. Die Bestandslinden hätten eine sehr viel höhere biologische Leistungsfähigkeit als die zehnjährigen schwedischen Mehlbeeren. Auch wenn zwölf weitere Bäume gepflanzt würden, könne diese Leistungsfähigkeit nicht erreicht werden. Zudem würde die Pappel am Drehbrückenplatz auch erhalten werden, dort müsse somit eine neue Oberfläche in Handarbeit entstehen. Aus diesem Grund könne man bei den Linden auch so verfahren.

Eine Promenade sei, so argumentiert das Aktionsbündnis, auch mit den Linden möglich. Man könne Wurzelbrücken nutzen, die Mauer problemlos entfernt werden, denn diese habe keine Bedeutung für die Standsicherheit, und die Winterlinden in den Umbau integrieren. Solange das Fundament erhalten bleibe, würden die Wurzeln nicht beschädigt. Zudem sei keine Verunreinigung des Bodens durch die früheren Zapfsäulen in der Nähe der Bestandsbäume festgestellt worden. Beim Punkt Barrierefreiheit sieht das Bündnis auch kein Problem.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Bürgerschaft nie mit den Linden geplant habe und dementsprechend keine Fördermittel für einen Umbau mit Erhalt der Linden beantragt habe. Dies geht aus dem Bürgerschaftsbeschluss vom 26. November 2015 hervor, in dem Bürgermeister Bernd Saxe beauftragt wird, den noch nicht ausgebauten Abschnitt nach dem prämierten Entwurf umbauen zu lassen.

Auf unsere Anfrage hat “Lübecks Linden Leben Lassen” leider nicht geantwortet.

Alles neu?

“Stillstand ist Rückschritt. Lübeck darf sich nicht ausruhen! Ständig steigende Tourismuszahlen sind das eine. Zu glauben, das bliebe so, ohne etwas dafür zu tun, ist arrogant und gefährlich.”, schreibt uns Olivia Kempke, Geschäftsführerin des Lübeck Management e.V. Sie tritt damit für den Umbau an der Untertrave ein und wirbt auch um die Stimmen der Studierenden. Lübeck investiere mit dem Umbau in die Zukunft. Eine höhere Aufenthaltsqualität, hindernisfreie Wege, mehr Platz für Kinder und Radfahrer und das zu einem für die Stadt günstigen Preis. Daher hat sie auch wenig Verständnis für die Gegenseite: “Gegen den Umbau spricht nichts.”, schreibt sie zur Frage nach den besten Argumenten der Bürgerinitiative. Auch das finanzielle Argument greife einfach zu kurz. Die Untertrave sei bereits mehrfach umgebaut worden und müsse auch irgendwann wieder umgebaut werden, “weil es aktuell an der Untertrave alles andere als schön ist.” Aber einen Umbau mit Erhalt der Linden müsse die Stadt, welche bereits jetzt einen großen Sanierungsstau vor sich her schiebt, dann komplett selbst bezahlen.

Landschaftsarchitekt Tonio Trüper bedauert die Vereinfachung der emotionalen Debatte auf die Frage von Bäumen: “Es ist eine städtebauliche Veränderung, die viele Aspekte mitbringt, aber zur Zeit auf diese Baumfrage reduziert ist. Das wird der ganzen Planung nicht gerecht.”, sagt er im Interview in dieser Ausgabe, in dem er sich wünscht, dass der Prozess, zu dem die ersten Entwürfe ja nun schon über zehn Jahre alt sind, endlich abgeschlossen wird.

Auch was den Zustand der Linden angeht, ist man sich uneinig. Das von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten kommt, so schreibt Kempke, zu dem Ergebnis, dass die Linden “aufgrund ihres mickrigen Zustands keine 10 Jahre mehr durchhalten”. Die Stadt hat zudem ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben, auch dies bescheinigt den schlechten Zustand der Linden. Das Gutachten argumentiert zudem, dass jegliche Bauarbeiten die Linden zu stark schädigen würden. Ein Umbau mit Erhalt der Linden wäre also nicht nur politisch ungewollt, sondern schlichtweg unmöglich.

Bis zum 18. Dezember kann abgestimmt werden. Falls ihr schon am vierten Advent bei euren Familien seid und nicht zur Abstimmung gehen könnt, aber dennoch wählen wollt: Ihr könnt schon jetzt im Rathaus in der Hörkammer eure Stimme abgeben und über die Zukunft der Untertrave und somit einen Teil Lübecks bestimmen.

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Der Planer im Interview https://www.studentenpack.de/index.php/2016/12/der-planer-im-interview/ https://www.studentenpack.de/index.php/2016/12/der-planer-im-interview/#comments Mon, 12 Dec 2016 06:45:58 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=252542
Tonio Trüper hat die Pläne für den Untergrabe-Umbau entworfen.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Tonio Trüper hat die Pläne für den Untertrave-Umbau entworfen.

In der Diskussion über den Bürgerentscheid wird viel über Pläne gesprochen. Das StudentenPACK sprach mit dem Landschaftsarchitekten Tonio Trüper, der die neue Promenade entworfen hat.

StudentenPACK: Worum geht es beim Umbau der Untertrave?

Tonio Trüper: Bei dem Projekt geht es darum, Lübeck wieder ans Wasser zu bringen. Lübeck ist mit dem Hafen groß geworden – also mit dem Handel und mit der Seefahrt. Dann haben wir nach dem zweiten Weltkrieg eine Zeit erlebt, in der die Obertrave und die Untertrave hauptsächlich als Verkehrsachse und über ihre Autostellplätze definiert wurden. An der Obertrave standen vor dem Umbau hunderte Autos und man kam gar nicht ans Wasser heran. Dieser Umbau soll jetzt an der Untertrave fortgeführt werden, beispielsweise mit Sitzmöglichkeiten und Gastronomie am Wasser.

PACK: Inwiefern haben Sie die Wünsche der Anwohner eingebunden?

Trüper: Die Wünsche sind im Wettbewerb 2003 mitberücksichtigt gewesen. Die Stadt hat einen Vorgabenkatalog gemacht und für jedes teilnehmende Architekturbüro alle Ergebnisse der Bürgerbeteiligung aufgelistet. Es haben vier Bürgerbeteiligungen stattgefunden, in denen die Wünsche der Menschen gesammelt wurden. Die Wünsche der Anwohner für die Obertrave waren beispielsweise Bäume, Bänke, ein Wasserspiel, eine Tanzfläche, ein Schachspiel, Kinderspiele. An der Untertrave Raum zum Flanieren und viele Kioske. Diesen Katalog haben wir befolgt und konnten den Wettbewerb gewinnen.

PACK: Wie hat sich die Planung seit 2003 verändert?

Trüper: Der Anlass des Projektes ist, dass die Nordtangente gebaut wurde (der Bereich um die Erik-Warburg-Brücke, Anmerkung d. Red.), also viel Verkehr aus dem altstadtnahen Bereich herausgehalten werden kann. Und die größte Änderung vom Wettbewerbsplan zu Heute ist, dass wir damals noch sehr viel mehr Stellplätze für Autos berücksichtigt haben. Das müssen wir heute nicht mehr, sondern haben statt dessen noch mehr Fläche für eine Promenade gewonnen. Hier sieht man das Lieblingsmotto unserer Arbeit, “wenn ich Autos einlade, bekomme ich Autos – wenn ich Menschen einlade, bekomme ich Menschen”.

Es gibt immer die Behauptung, dass wir den Wettbewerbsplan 2003 mit den Bestandsbäumen gezeichnet haben. Das ist nicht so. Wir haben auch damals schon – entgegen der Auslobung, das muss man zugeben – eine Planung mit neuen Bäumen abgegeben und das ist auch so an der Obertrave umgesetzt worden. Auch da wurden Bestandslinden entnommen, weil sie aus Baugründen und alterstechnisch nicht einbindbar waren und es sind neue Baumgruppen gesetzt worden — mal in Doppelreihe, mal in Päckchen. Das ist auch das Ziel für die Untertrave, mit Doppelreihen zu arbeiten, so dass man unter einem großzügigen Baumdach sitzen und liegen kann. Dazu sind große Holzpodeste von uns gedacht.

Die Bäume sollen mit der Neuplanung weiter von der Uferkante weggerückt werden. Bei einer zehn Meter breiten Promenade sollen die Bäume nicht wie im Bestand zwei Meter neben der Kaikante stehen, sodass bis zur Straße acht Meter Platz sind. Man braucht den Platz direkt am Wasser!

PACK: Aus welchem Grund haben Sie mit neuen Bäumen und nicht mit den Bestandslinden geplant?

Trüper: Als Landschaftsarchitekt ist man natürlich bemüht, gerade bestehende Bäume in die Pläne einzubinden. Wir haben in diesem Jahr einen Marktplatz bei Magdeburg neu gestaltet, dort wurden Bestandsbäume von der einen Marktplatzseite auf die andere gepflanzt. In Pinneberg bei Hamburg bauen wir gerade die Fußgängerzone und den zentralen Marktplatz um und integrieren dort große Bestandseichen. Das ist in diesen beiden Projekten möglich, hier ist es eben nicht möglich.

Für uns war es 2003 schon nicht gerechtfertigt, so einen weitgehenden Umbau zu machen und dabei mit Bäumen zu arbeiten, die ein Stadium erreicht haben, in dem sie keine lange Lebenszeit mehr haben. Und das wurde auch durch ein Gutachten der Stadt bestätigt. Da will ich mich aber nicht gänzlich drauf zurückziehen. Als Landschaftsarchitekt sehe ich das genauso. Wir haben diskutiert, mit Stahlkonstruktionen große Wurzelräume zu schaffen, sodass der Baum richtig gute Bedingungen erhält. Aber der Gutachter und auch die Baumexperten der Stadt haben festgestellt, dass das den Bäumen einen Vitalitätsschock versetzen würde. Es gibt auch das Problem, dass die Bäume so dicht an der Kaimauer stehen und die Wurzeln gar keinen ausreichenden Platz haben.

PACK: Warum sollen es nichtheimische Bäume sein?

Trüper: Die Baumfrage wurde noch einmal geändert. Wir als Landschaftsarchitekten haben den japanischen Schnurbaum vorgeschlagen. Das ist ein Baum, der für die Promenade und die dahinterliegende Fassadenreihe ein wunderbares lichtes Bild gibt. Ein Baum mit einer ganz leichten Krone mit vielen Durchblicken, mit der sich die Altstadtfassade dahinter wunderbar zeigen kann. Und gerade wenn man sich einen Sommertag vorstellt, ist eine leichte Atmosphäre mit Licht- und Schattenspiel eine schöne Vorstellung. Der Baum zählt zu den Klimabäumen, der es schafft, mit den starken Klimaschwankungen in einer Stadt zurechtzukommen. Als wir den Baum vorgeschlagen haben, war uns auch nicht so klar, was das für eine Welle hervorruft. Dass man sich so an der Baumart reibt, habe ich mir nicht vorstellen können. Es sind viele Baumarten, die bei uns heute selbstverständlich wachsen, wie beispielsweise die Kastanie, eingeführt worden. Jetzt ist es geplant, die schwedische Mehlbeere zu pflanzen.

PACK: Glauben Sie, dass der Umbau ohne die bisherigen Parkplätze zu einer autofreieren Innenstadt führen könnte?

Trüper: Davon bin ich überzeugt. Wir sollten bei der Frage der Autofreien Stadt niemals in ein Schwarz-Weiß-Denken verfallen. Ich glaube, dass man immer einen Weg finden muss, dass das Auto im Stadtbild nicht dominiert, gerade an so besonderen Flächen wie einer Hafenkante. In dem Moment, in dem ich auf solchen Flächen Raum für den Menschen schaffe, komme ich zu einem ausgewogenen Mix in einer Stadt. Ich glaube nicht, dass man das Auto aus einer Altstadt komplett verbannen sollte, man muss die richtige Abwägung finden. An der Untertrave würden weniger Autos sicherlich guttun.

PACK: Was wünschen Sie sich für die Untertrave in Zukunft?

Trüper: Ich wünsche mir, dass die Umgestaltung jetzt auch beginnen kann. Und ich glaube, dass sich der Unfrieden, der in Lübeck Einzug gehalten hat, sich auch wieder legt. Die Diskussion ist aktuell wenig sachlich und wurde fast zu einer Glaubensfrage erhoben. Es ist eine städtebauliche Veränderung, die viele Aspekte mitbringt, aber zur Zeit auf diese Baumfrage reduziert ist. Das wird der ganzen Planung nicht gerecht.

PACK: Vielen Dank für das Gespräch.

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Das tägliche Klein-Klein https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/das-tagliche-klein-klein/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/das-tagliche-klein-klein/#comments Mon, 13 May 2013 11:00:16 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=137409
Die Parteien buhlen wieder um Bürgerschaftssitze.

[media-credit id=14 align="aligncenter" width="645"] Die Parteien buhlen wieder um Bürgerschaftssitze.

„Wir leben in einer Demokratie! Da dürfen wir nicht in eine Zuschauermentalität verfallen. Man ist aufgefordert zum Mitmachen. Das Mitmachen beinhaltet für die Bürger, sich zu informieren über die Wahlprogramme der Parteien“, drängt Anette Röttger, bildungspolitische Sprecherin und Kreisvorsitzende der CDU in Lübeck, auf mehr Beteiligung am politischen Leben. Vor allem in Zeiten von Wahlen werden wir Bürger oft daran erinnert, wie wichtig es ist, dass wir unser Wahlrecht ausnutzen und demokratische Parteien wählen. So also auch jetzt. Am 26. Mai ist wieder Kommunalwahl. In Lübeck sind 175.000 Bürger dazu aufgerufen, ihre Vertreter in die Bürgerschaft zu wählen.

Die Bürgerschaft, das unbekannte Wesen

Die Bürgerschaft ist die Vertretung der Lübeckerinnen und Lübecker im Rathaus. Sie entscheidet über alle kommunalpolitischen Themen, wie zum Beispiel den Lübecker Haushalt, städtische Bauvorhaben und Kindergärten. „Man besucht um die acht Sitzungen im Jahr, diese müssen natürlich vor- und nachbereitet werden“, berichtet Oliver Dedow von den Piraten. Die Bürgerschaft besteht normalerweise aus 49 Mitgliedern. Aufgrund von Überhangmandaten und durch den Wegfall der Fünf-Prozent-Hürde waren es in der vergangenen Legislaturperiode 60 Mitglieder. Insgesamt zehn verschiedene Parteien, Wählerbündnisse und zusätzlich parteilose Mitglieder sind gewählt. „Hier kann man die Interessen der Bürgerinnen und Bürger hautnah vertreten. Man ist mit den Bürgerinnen und Bürgern hautnah in Kontakt“, freut sich Antje Jansen von der Partei LINKE. Die Bürgerschaft macht die Politik für das tägliche Geschehen in Lübeck.

Kommunalpolitische Ämter sind Ehrenämter. Insgesamt 15 bis 20 Stunden verbringe ein Kommunalpolitiker mit seinem Ehrenamt, meint Antje Jansen. Auch CDU-Frau Anette Röttger berichtet: „Die Kommunalpolitik fordert mich täglich ein.“ Die Mitglieder der Bürgerschaft bekommen zwar Aufwandsentschädigungen für ihre Tätigkeit, aber es gibt auf der kommunalpolitischen Ebene keine Berufspolitiker. „Da gehört ja auch einiges dazu, nicht nur die Teilnahme an Sitzungen. Da ist auch viel drum herum. Man geht mal zu Bürgerverbänden, setzt sich in andere Ausschüsse oder recherchiert“, berichtet Oliver Dedow. Insgesamt trifft sich die Bürgerschaft etwa einmal im Monat zu ihrer Sitzung, dort wird dann über Beschlüsse, die vorher in den diversen Ausschüssen gefasst wurden, beraten und abgestimmt.

In diesen 18 Ausschüssen beraten „Fachleute“ über den jeweiligen Fachbereich. Einige Themenbereiche sind Finanzen, Schule und der Kurbetrieb in Travemünde. Für die Vorbereitung der Bürgerschaftssitzungen gibt es zusätzlich den Hauptausschuss, der koordiniert, welche Themen in der nächsten Sitzung besprochen werden. Fasst einer der Ausschüsse einen Beschluss, wird dieser in der Bürgerschaft vorgestellt und dort wird endgültig darüber abgestimmt. Allerdings kann es vorkommen, dass die Mehrheit in der Bürgerschaft den Ausschüssen nicht zustimmt. „Die Ausschüsse müssten viel mehr Entscheidungskompetenz haben, in der Bürgerschaft sollten diese Beschlüsse nur noch durchgewunken werden. Es kann nicht sein, dass Fraktionen anders abstimmen als ihre Vertreter es vorher im Ausschuss getan haben“, beschwert sich Pirat Oliver Dedow über die aktuelle Situation in der Bürgerschaft. „Die Ausschusssitzungen sind wirklich uninteressant. Das muss man einfach so sagen“, beklagt sich Timon Kolterjahn von der FDP, der sich sicherlich auch mehr Kompetenzen in den Ausschüssen wünschen würde. Kommunalpolitik kann somit auch frustrierend sein.

Einstieg in die Politik

Warum sind trotzdem einige Lübeckerinnen und Lübecker motiviert, sich in die Bürgerschaft wählen zu lassen? SPD-Mann Jan Lindenau kann da eine sehr konkrete Motivation angeben: „Mein damaliger Grund war der Anschlag auf die Lübecker Synagoge. Ich hatte das Gefühl, dass man sich mehr einbringen muss, um die Demokratie, die Freiheit und auch das Gemeinwohl weiter zu stärken, damit es keinen Nährboden gibt für rechtsradikale Tendenzen.“ Er engagierte sich zuerst überparteilich und später parteigebunden. Heute, 16 Jahre später, ist Lindenau Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses und auch Vorsitzender des Finanzausschusses. Im Jahre 2011 ist Lindenau als Nachrücker in die Bürgerschaft eingezogen.

Der ’86 geborene Politikwissenschaftsstudent Timon Kolterjahn von der FDP fühlt sich zu Höherem berufen. „Kommunalpolitik ist der Einstieg in die Politik“, erklärt Kolterjahn. Außerdem glaubt er, auf der kommunalen Ebene eher etwas verändern zu können. Ähnlich sieht das auch die 63 Jahre alte Erzieherin Antje Jansen, die bis 2012 für die LINKE im Schleswig-Holsteinischen Landtag und gleichzeitig Bürgerschaftsabgeordnete in Lübeck war. „Ich finde Kommunalpolitik bringt mehr Spaß, weil man da näher am Bürger ist“, resümiert sie ihre Zeit in der Landespolitik. „Da kann man über Themen entscheiden, die die Bürgerinnen und Bürger bewegen. Es bringt Spaß, da man Erfolge hat“, freut sie sich.

Etwas politisch umzusetzen war auch der Gedanke, als Anette Röttger sich 2008 entschied, zum ersten Mal für die Bürgerschaft zu kandidieren. Die Mutter von drei Kindern engagierte sich bereits über Jahre hinweg im vorpolitischen Umfeld. Als aktives Mitglied im „Landfrauen“-Verein stieß sie immer wieder auf Themen, die sie ändern wollte. „Vor wenigen Jahren wurde ich dann aufgefordert, genau dies zu tun, unsere Wünsche politisch umzusetzen und mich für die Bürgerschaft aufstellen zu lassen.“ Seitdem sitzt sie in der Bürgerschaft und freut sich, dass sie sich im Bereich Bildungs- und Schulpolitik verwirklichen kann. „Mit drei schulpflichtigen Kindern bin ich gerade in diesem Thema sehr fit“, begründet die bildungspolitische Sprecherin der CDU Lübeck ihre Schwerpunktwahl. Gerade im Bildungsbereich sind Landes- und Kommunalpolitik sehr verzahnt. Die Stadt ist Schulträger und daher zuständig für die Schulgebäude sowie Hausmeister und Schulsekretärinnen, während die inhaltlichen Fragen im Landtag besprochen und geklärt werden. An dieser Stelle, aber auch bei anderen Themen, wird Kommunalpolitik häufig mit Landespolitik verwechselt. „Da ist es unsere Aufgabe, den Unterschied darzustellen, aber die Anliegen der Bürger auch in die Landes- und Bundesebene zu tragen“, verspricht Silke Mählenhoff.

Mählenhoff kandidiert in diesem Jahr zum ersten Mal für die Bürgerschaft in Lübeck. Obwohl sie seit dreizehn Jahren in Lübeck wohnt, war sie bisher im Grünen-Kreisverband Ostholstein engagiert, da sie auch dort in einem Jobcenter arbeitet. Ein kommunalpolitisches Amt konnte sie dort allerdings nicht bekleiden, da man das nur an seinem Wohnort kann. So kam die Hobby-Politikerin zu den Lübecker Grünen. „Da sich die Lübecker Grünen momentan personell umstrukturieren, passte es insofern ganz gut, dass ich mich jetzt hier engagiere“, freut sich die Umweltfreundin. Mählenhoff ist schon seit gut 25 Jahren für die Umwelt und den Umweltschutz aktiv. Ihr Engagement möchte sie auch in der Lübecker Bürgerschaft weiterführen. „Zu meinen Themen wird der Ausbau des Radwegnetzes in Lübeck gehören, dazu kommen Themen wie die Kläranlage und die Deponie in Ihlendorf. Da müssen wir für den Umweltschutz eintreten.“ Doch nicht nur auf kommunale Themen werden Kommunalpolitiker des Öfteren angesprochen, häufig ist der Unterschied zur Landespolitik den Bürgerinnen und Bürgern nicht direkt geläufig. „Das passiert häufig wenn man in der Breiten Straße steht“, empfindet Anette Röttger (CDU). Neben dem Thema Bildung ist die Steuergesetzgebung einer der Schwerpunkte, bei denen Kommunalpolitiker wenig Macht haben. Der Haushalt sei, so Oliver Dedow (Piraten), zu 90 Prozent vorgegeben, mit den restlichen zehn Prozent könne man arbeiten.

Die Themen, die eigentlich nicht in die Kommunalpolitik gehören, werden trotzdem auch in der Bürgerschaft diskutiert. „Da wird über viele Sachen gesprochen, die in Lübeck gar nicht umsetzbar sind. Vieles ist für eine Bürgerschaft auch eigentlich gar nicht relevant. Da müsste man viel mehr differenzieren“, behauptet Timon Kolterjahn und erinnert sich an eine Resolution der Lübecker Bürgerschaft gegen die Todesstrafe vor zwei Jahren. Wie Resolutionen funktionieren erklärt Antje Jansen (LINKE): „Mit einer Resolution beauftragen wir dann den Bürgermeister, sich im Landtag oder im Bundestag für die und die Fragen einzusetzen. Der Bürgermeister schickt das an den Bundestag, dann wird gesagt, dass sie es bekommen haben, aber nichts daran ändern. Die entscheidenden Fragen werden auf der Bundes- und Landesebene behandelt.“ Timon Kolterjahn resigniert: „Das kann in Lübeck ausgesprochen werden, landet dann aber im Ministerium in Kiel in irgendeiner Schublade.“

Streiten und Entscheiden

Über die verbleibenden kommunalen Themen kann man sich trotzdem vorzüglich streiten. „Am meisten gestritten wurde über die Finanzen. Ob man jetzt dem Konsolidierungskurs zustimmt, wo man kürzt, wo man spart, wo es Mehreinnahmen geben kann“, berichtet Antje Jansen aus den letzten fünf Jahren in der Bürgerschaft. „Die weitere Rekordverschuldung der Stadt ist eine ganz fatale und traurige Entwicklung“, findet Anette Röttger (CDU). Darin sind sich die Bürgerschaftler parteiübergreifend einig. „Juristisch ist es nämlich so, dass Gesellschaften und Privatpersonen eine Insolvenz eingehen können, Lübeck kann das nicht. Das ist eine rechtliche Vorgabe, vielleicht kann man da auf Bundesebene etwas ändern“, erklärt Oliver Dedow von der Piratenpartei die Rechtslage. Dedow arbeitet eigentlich in einer Kanzlei als Rechtsanwalt und hat sich auf Straf- und Verkehrsrecht spezialisiert. „Wir wollen den Bürgerhaushalt, damit sich die Bürger einbringen können. Es ärgert mich ungemein, dass die Bevölkerung so viele Ideen hat, die zu Hause oder am Stammtisch formuliert werden, die aber nicht ins Rathaus gelangen, weil es dafür keine Plattform gibt.“ Vielleicht braucht es einen neuen Ansatz. Die Stadt hat aktuell 1,3 Milliarden Euro Schulden mit einer jährlichen Neuverschuldung von rund 80 Millionen Euro. Das Konzept eines Bürgerhaushalts beinhaltet, dass sich die Bürger aktiv an Finanzentscheidungen beteiligen können. Dieses Projekt wird in Schleswig-Holstein bereits in einigen Kommunen ausgetestet. Für Lübeck wurde allerdings noch kein funktionierendes Konzept entwickelt. Mit dieser Idee können sich auch die Parteien SPD, LINKE und Grüne anfreunden. „Finanzpolitische Entscheidungen […] werden wir im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern treffen“, verspricht Jan Lindenau (SPD). Er arbeitet hauptberuflich in einer Bank und verbringt so sehr viel Zeit mit Zahlen. „Der Haushalt wird immer ein Thema bleiben.“

Zersplitterung und Fluktuation

Entscheidungsfindung ist in der aktuellen Bürgerschaft schwierig. Das Bundesverfassungsgericht hat die Fünf-Prozent-Klausel für Kommunalwahlen abgeschafft. Deshalb kam es zu einer Splitterung der Lübecker Bürgerschaft. In der letzten Legislaturperiode waren zehn verschiedene Parteien vertreten. Jetzt kandidieren elf Listen. Eine Partei braucht bei 49 vorgesehenen Sitzen für einen Sitz in etwa zwei Prozentpunkte. CDU-Frau Röttger mahnt an: „Wir brauchen keine Splitterungen oder kurzfristigen Aktionismus. Wir brauchen den weiten Blick und im Grunde genommen die längerfristigen Perspektiven.“ Die Zersplitterung frustriert auch Jan Lindenau: „Es können keine verlässlichen Mehrheiten gebildet werden, die für verantwortungsvolle Politik zwingend erforderlich sind. Ständig gibt es wechselnde Positionen bei den kleineren Wählergemeinschaften. Setzt sich ein Mitglied einer Wählervereinigung mit seiner Ansicht nicht durch, gründen sich neue Fraktionen und Wählervereinigungen.“ Ganz anders sieht dies naturgemäß Pirat Dedow. „Als kleine Fraktion, oder auch als Parteiloser habe ich die Möglichkeit, auf […] Missstände aufmerksam zu machen, und kann Ideen einbringen.“ Dedow entschloss sich vor einigen Jahren, einen neuen Bürgerverband mit einigen Mitstreitern zu gründen, die „Bürger für Lübeck“ (BfL). Für diese Fraktion ist er 2009, nachdem eins der gewählten Fraktionsmitglieder aus Lübeck wegzog, in die Bürgerschaft eingezogen. Mittlerweile hat Dedow die BfL verlassen und ist bisher als Parteiloser in der Bürgerschaft. „Ich bin da momentan noch als Einzelkämpfer unterwegs, hoffe aber, dass wir nach der Wahl eine richtige Fraktion werden.“ Die Mitglieder einer Partei, die in die Bürgerschaft gewählt wurden, werden zur Fraktion, sobald sie mit mehr als drei Personen gewählt wurden.

Hier finden die Bürgerschaftssitzungen statt.

[media-credit id=16 align="aligncenter" width="645"] Hier finden die Bürgerschaftssitzungen statt.

Zusätzlich zur Splitterung der Parteienlandschaft ist auch die große Fluktuation an Abgeordneten ein Problem, in den letzten fünf Jahren wurden mehr als ein Drittel der Mitglieder ausgetauscht. Scheidet eine Person aus der Bürgerschaft aus, rückt der nächste auf der Liste nach, so auch Jan Lindenau und Oliver Dedow. Die Fraktionen bekommen dann von der Stadt einen gewissen Etat und Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Insgesamt bekommen die Fraktionen zusammengerechnet 770.000 Euro von der Stadt. Dieses Geld wird zwischen den Fraktionen anhand der Mehrheitsverteilungen in der Bürgerschaft aufgeteilt. Die Fraktionen bezahlen von diesem Geld beispielsweise ihre Fraktionsgeschäftsführer. Dedow ist der Meinung, dass das zu viel Geld sei und möchte auf Missstände hinweisen: „Die Fraktion der Piratenpartei im Landtag hat das Geld, das übrigblieb von dem erhaltenen Fraktionsgeld, an das Land zurückgegeben. Das kommt bei anderen Parteien nicht so häufig vor. Da wird lieber noch eine Ausfahrt geplant.“

Doch was geht das ganze Diskutieren, Streiten und Beschließen nun Studenten an? Die meisten Studenten wohnen in Lübeck und sind hier wahlberechtigt. Aber ist Kommunalpolitik wirklich so wichtig für uns? Was wird da entschieden, das uns tatsächlich angeht? „Wo finde ich eine günstige Wohnung? Ist wohl eine der wichtigsten Fragen, die Sie sich stellen müssen, oder?“, beantwortet Silke Mählenhoff von den Grünen diese Frage. In den letzten Jahren hat die Stadt größtenteils Eigentumswohnungen bauen lassen. In den nächsten fünf Jahren werden sich die Fraktionen dafür einsetzen, dass auch der soziale Wohnungsbau weitergeführt wird. Auch die Linken-Politikerin Jansen sieht dies genauso. Sie wirbt dafür, dass sich auch Studenten in der Kommunalpolitik einsetzen sollten. „In den einzelnen Parteien der Bürgerschaft gibt es zu wenig junge Leute, die vielleicht auch das ganze Geschehen in der Bürgerschaft umkrempeln könnten. Im Durchschnitt sitzen dort ja immer noch die Älteren.“ Jansen hält es auch für wichtig für Lübeck, dass es viele Studenten gibt. Sie ist noch immer beeindruckt von der „Lübeck kämpft“-Aktion im Sommer 2010. Auch die Frage nach Arbeitsplätzen ist für Studenten interessant. Einmal während des Studiums, aber auch danach. „Wir als CDU sind in dieser Hinsicht auch sehr bestrebt, dass wir hier in Lübeck auch bezahlte Arbeitsplätze schaffen“, erklärt Anette Röttger die Pläne ihrer Partei für die nächsten fünf Jahre. Die Bürgerschaft möchte Lübeck als Wissenschaftsstandort weiterhin stärken. Auch „Lübeck kämpft“ ist immer noch ein Thema für die Kommunalpolitiker. Die Kreativität und der Ideenreichtum der Studenten haben die Bürgerschaft beeindruckt. „Ich hätte gerne mehr von der Uni hier in der Stadt und vielleicht auch mehr von der Stadt in der Uni“, wirbt Grünenpolitikerin Mählenhoff für die Vernetzung von Uni und Stadt. Auch die Lübecker Schulen sollen mehr mit der Universität vernetzt sein.

Weitere Themen, die für Studenten relevant sind, sind wohl der Busverkehr, der ausgeweitet werden soll. Vielleicht wird es weitere Bahnstationen zusätzlich zu dem Bahnhof in St. Jürgen geben. Für Studenten mit Kind ist es wichtig, dass die Bürgerschaft sich für eine bessere und flexiblere Kinderbetreuung einsetzen will.

Mehr Transparenz für Lübeck

Weiterhin wird es in Lübeck um Transparenz in der Politik gehen. Die Piraten fordern bekanntermaßen schon lange eine öffentlichere Politik. Das Konzept wird auch „gläsernes Rathaus“ genannt. „Es wäre vielleicht einfacher für den Bürger, die Kommunalpolitik zu verstehen, wenn er den Politikern auch mal über die Schulter schauen könnte”, motiviert Pirat Dedow. Ein Schritt in diese Richtung ist das neue Bürger- und Ratsinformationssystem „Allris“. Das ist ein Internetportal, auf dem Informationen wie Verwaltungsvorlagen und politische Beschlüsse zur Verfügung gestellt werden. „Das sollte noch viel mehr ausgeweitet werden“, findet FDP-Kandidat Timon Kolterjahn. Einige der Parteien möchten sich dafür einsetzen, dass die Bürgerschaftssitzungen per Livestream im Internet übertragen werden. Durch Bookmarks können dann die Diskussionen über bestimmte Themengebiete findbar gemacht werden. „Von Bürgerbeteiligung halte ich sehr viel“, bestätigt auch Silke Mählenhoff (Grüne), „das finde ich sehr kostbar.“ Im Zeitalter des Internets werde man da eine Lösung finden können.

Dies ist auch nötig, denn der Mehrheit der Kommunalpolitiker fällt es gerade zu Wahlkampfzeiten auf, dass die Bürger nicht ausreichend informiert sind über das, was im Rathaus vorgeht. „Es kommt ja immer viel Protest, wenn es um Kürzungsgeschichten geht, wie Privatisierung oder sowas, dann gibt es immer einen großen Protest vor dem Rathaus“ sagt Antje Jansen (LINKE). „Ich höre leider in der Bevölkerung eine Verbitterung gegenüber der Politik. Ich mag mich manchmal schon gar nicht outen als Politiker, es käme häufig besser an, wenn ich Sportler wäre. Ich bitte aber alle anderen, dort mitzumachen und ihre Ideen einzubringen“, ruft Oliver Dedow von der Piratenpartei auf.

Die Frage ist nun, wer zieht eigentlich die Fäden in der Kommunalpolitik und wie viel Macht haben die gewählten Vertreter? „Der Souverän ist das Volk. Wir Politiker geben den Auftrag an die Verwaltung, etwas auszuarbeiten oder umzusetzen“, glaubt Silke Mählenhoff. Doch die Kandidaten, die bereits Mitglieder in der Bürgerschaft waren, sehen dies etwas anders. „Bürgerschaftsbeschlüsse werden durch die Verwaltung, möglicherweise aufgrund von Bearbeitungsvorgängen, anders mit Priorität versehen, als die Bürgerschaft sich dies wünscht.“, berichtet Jan Lindenau aus seinen Erfahrungen. Anette Röttger von der CDU sieht dies nicht ganz so eng: „Die Hauptverwaltung ist die hauptamtlich arbeitende Ebene, während die kommunalpolitische Ebene immer ehrenamtlich bleiben wird. Es ist nicht vorgesehen, dass die Kommunalpolitiker die Verwaltungsvorlagen erstellen sollen. Das würde auch nicht funktionieren.“ Auch Timon Kolterjahn von der FDP sieht die Situation kritisch: „Eigentlich müssen die gewählten Vertreter das alles beeinflussen. Mittlerweile ist der Spielraum sehr stark eingeschränkt.“ Er beschwert sich weiterhin, dass es nicht sein könne, dass die Verwaltung selbstständig entscheide und daraufhin die Politik gezwungen sei, einen Nachtragshaushalt einzureichen. „Das sind Sachen, die müssen schleunigst unterbunden werden.“ „Es gibt schon mal ein Kräftemessen zwischen Verwaltung und Politik“, sagt Jan Lindenau (SPD). „Wenn wir beispielsweise in die Finanzen mal hineinschauen wollen, wird das immer gleich boykottiert“, so Antje Jansen, die parteiübergreifend dazu aufruft, die Initiative zu ergreifen: „Der Bürgermeister steht der Verwaltung vor und der muss geknackt werden!“

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Gestoppt. https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/gestoppt/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/gestoppt/#respond Mon, 13 May 2013 09:30:48 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=137456 Gegendemo des Bündnisses „Wir können sie stoppen“ am 31. März 2012 am Hostentor.

Was bisher ein vorhersehbares Ritual war – jedes Jahr gegen Ende März, um den Jahrestag des Bombardements von Lübeck durch alliierte Truppen, versucht die NPD eine Demo durchzuführen und das Bündnis „Wir können sie stoppen“ organisiert eine Gegendemonstration und Blockade – fiel dieses Jahr einfach aus. Dieses Jahr wurde der Aufmarsch der Rechten unerwartet abgesagt und „Wir können sie stoppen“ konnte, anstelle den Tag in Sitzblockade zu verweilen, auf den Straßen Lübecks die Siegesfeier veranstalten.

Ist damit also das Problem mit Nazis in Lübeck erledigt? Gallus Bischof lacht. „Schön wäre das, aber dem ist natürlich nicht so.“ Schon seit der Gründung ist Bischof beim Bündnis „Wir können sie stoppen“ aktiv. „Ich würde auch die Prognose wagen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Nazis unter irgendeinem anderen Etikett wieder marschieren.“

Gallus Bischof, der seit 15 Jahren in Lübeck und schon länger antifaschistisch aktiv ist, ist Psychologe, das hört man vielleicht ein bisschen wenn er die Möglichkeiten jedes Einzelnen, sich gegen Rechts einzusetzen, so beschreibt: „Ich glaube, das Basale ist, immer dann, wenn man mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit konfrontiert wird, sich das nicht einfach still anzuhören, sondern dann die Stimme zu erheben.“ Natürlich sei es auch wichtig, Propagandamaterial zu entfernen und, wenn man denn möchte, sich kontinuierlich zu engagieren. Zum Beispiel bei „Wir können sie stoppen“. Besonders wichtig sei ihm aber, dass man das Problem nicht nur auf den organisierten Neonazismus begrenzt. Bei dem Stichwort „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ fallen ihm ja auch andere Gruppen ein, die sowas vertreten.

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit mag ein sperriger Begriff sein, aber ein wichtiger. Er gibt einen Sammelbegriff für Feindseligkeit gegen jegliche Gruppe, sei sie aufgrund von Geschlecht, Religion, Herkunft oder sogar Lebensumständen.

Über die Situation in Lübeck, nachdem die als „Trauermarsch“ angemeldete Demo der NPD und rechter Kameradschaften nicht stattfand, meint er: „Natürlich haben die Nazis dadurch, dass sie nun nicht marschieren, eine politische Niederlage kassiert und sicher werden sie dadurch auch etwas weniger in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Aber zum einen haben wir natürlich auch hier vor Ort und insbesondere auch im Umland Nazi-Strukturen und zum anderen werden die Nazis sicherlich in Zukunft bei Wahlen wieder antreten, auch wenn Sie es jetzt bei der Kommunalwahl nicht tun. Es gibt auch in Lübeck Stadtviertel, in denen regelmäßig Propaganda-Aufkleber und Propagandamaterial der Nazis zu sehen ist, es gibt neben der NPD auch Kameradschaftsstrukturen. Es gibt auch in Lübeck immer wieder Übergriffe – laut einer von uns erstellten Dokumentation ungefähr alle zwei Monate.“ Es sei also nicht die Zeit, sich zurückzulehnen.

„Wir können sie stoppen“, die Gruppe, die sich 2006 gegründet hat, mag den Aufmarsch gestoppt haben, doch es gibt noch genug zu tun. „Es wäre schade, diese etablierte Zusammenarbeit in diesem Bündnis aus Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, unabhängigen antifaschistischen Initiativen, Einzelpersonen und begrüßenswerterweise seit längerem auch dem AStA aufzugeben, bloß weil die Nazis nicht marschieren“, meint Gallus Bischof. Es gebe bereits Pläne, mit Vorträgen und mit Aufklärungsarbeit an Schulen das Aufgabenspektrum des Bündnisses zu erweitern. Grundsätzlich lasse sich mit dem breiten Bündnis viel mehr erreichen als es für klassische antifaschistische Gruppen möglich sei. Langfristig vielleicht sogar eine Arbeit über das gesamte demokratische Parteienspektrum, auch wenn dies immer schwierig ist. „Es gibt da jedes Mal die Debatte, insbesondere bei Parteien aus dem bürgerlichen Spektrum, wie weit die mit politisch links stehenden Initiativen überhaupt zusammenarbeiten wollen. Da gibt es sicherlich von beiden Spektren her gewisse Animositäten. Dazu kommt das Thema ‚ziviler Ungehorsam‘.“

Natürlich werden auch die Nazis nicht jegliche Aktivität einstellen. Kleinere, oft unangekündigte Aktionen wird es weiterhin geben. „Unangekündigte Kleinaktionen sind sicherlich etwas, das die Nazis machen können, ohne dass man dagegen mobilisieren kann. Dazu stellt sich die Frage, ob man nicht die Nazis aufwertet, wenn man gegen solche kleinen Aktionen Widerstand organisiert“, überlegt Gallus Bischof. Nicht immer sei lauter Widerstand die richtige Strategie, aber wegignorieren lasse sich das Problem sicher nicht: „Denjenigen Leuten, die immer sagen, man solle sie einfach ignorieren, dann würde das Thema von der Bildfläche verschwinden, kann man nur raten, sich bestimmte Regionen insbesondere im östlichen Teil Deutschlands anzuschauen, in denen die Nazis als normaler Teil des Willensbildungsprozesses wahrgenommen werden. Das gibt es aber natürlich auch im Westen. Fakt ist: Wenn man sie gewähren lässt, werden sie irgendwann dreister, daher kann das nicht die Lösung sein.“

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Interview mit Silke Mählenhoff (Grüne) https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-silke-mahlenhoff-grune/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-silke-mahlenhoff-grune/#respond Sat, 11 May 2013 22:00:53 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=139633 Silke Mählenhoff
Silke Mählenhoff

StudentenPACK: Hallo Frau Mählenhoff, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen. Wie lange sind Sie denn schon in der Politik?

Silke Mählenhoff: Ich bin seit 13 Jahren, seitdem ich in Lübeck wohne, politisch aktiv. Ich arbeite im Kreis Ostholstein und bin dort noch Kreissprecherin für den Kreisverband der Grünen in Ostholstein. Da habe ich auch angefangen, aktiv Politik bei den Grünen zu machen.

PACK: Waren sie bereits in der Lübecker Bürgerschaft Mitglied?

Mählenhoff: Nein, bisher war ich im Kreisverband Ostholstein organisiert. Aber weil ich in Lübeck wohne, kann ich im Kreis Ostholstein kein politisches Amt bekleiden. Das geht nur am eigenen Wohnort. Weil ich dort schon recht lange aktiv bin, habe ich mich entschlossen, jetzt auch etwas anderes zu machen. Das traf sich sehr gut mit den Lübecker Grünen, die mich fragten, ob ich für die Bürgerschaft kandidieren möchte. Das habe ich mit den Grünen in Ostholstein, zu denen ich ein sehr persönliches Verhältnis entwickelt habe, abgesprochen. Nach der Wahl werde ich in den Kreisverband Lübeck wechseln. Es war nicht mein Ziel, den ersten Listenplatz zu bekommen. Ich wollte einen sicheren Listenplatz haben, denn wenn ich schon mein Engagement in Ostholstein aufgebe, möchte ich mich hier in Lübeck auf jeden Fall weiter einbringen können. Ich möchte hier aktiv etwas machen. Der erste Listenplatz hat sich dann einfach so ergeben.

PACK: Was machen sie beruflich?

Mählenhoff: Ich bin Angestellte im Kreis Ostholstein und arbeite dort in der Arbeitsvermittlung. Studiert habe ich Landschaftsgestaltung, komme also aus dem grünen Bereich, und habe schon an mehreren Orten in Deutschland gearbeitet.

PACK: Ist Kommunalpolitik also ihr Hobby? Haben Sie noch Zeit für andere Aktivitäten?

Mählenhoff: Ja, ich habe noch andere Hobbys. Beispielsweise bin ich seit ungefähr zehn Jahren im „Weltladen“ ehrenamtlich im Verkauf und auch im Vorstand aktiv. Dazu kommt, dass ich zu Hause einen Garten habe. Da ich aus dem gärtnerischen Bereich komme, macht es mir sehr viel Spaß. Ich empfinde es als sehr entspannend, zwischendurch mal in der Erde herumzuwühlen.

PACK: Was war ihre Motivation, in die Politik zu gehen?

Mählenhoff: Mein Engagement begann in der Bürgerinitiativbewegung und der Umweltbewegung, daran habe ich schon während meines Studiums im Umweltschutzzentrum in Hannover mit gearbeitet. Damals gründeten sich gerade die Grünen. Daraus können Sie erkennen: Das ist so 25 bis 30 Jahre her. Das habe ich alles mitgenommen: die Umweltschutzbewegung, die Anti-Atombewegung, dann die Gründung der Grünen, bei denen ich damals nicht Mitglied wurde, da ich zu der Zeit den Wohnort häufig gewechselt habe. Dazu kam auch die Bewegung „Fairer Handel – Eine Welt“, das ist meine Welt, das ist mein Hintergrund. Ich habe dann, ein bisschen als Spätzünder, hier, als ich nach Ostholstein kam, aktiv begonnen, mich in die Politik einzubringen. Zuerst auf der Parteibasis der Grünen, als Kreisschatzmeisterin und danach als Sprecherin des Kreisverbandes. Jetzt kommt dann der Wechsel nach Lübeck und in die Bürgerschaft, weil ich denke, dass ich da mitreden und auch etwas bewegen kann. Das werden keine umwerfenden und großen Dinge sein, aber es muss auch Leute geben, die sich engagieren. Nur dann haben wir ein lebendiges Gemeinwesen. Wenn es Leute gibt, die da tätig werden und sagen „Meine Zeit ist mir nicht zu schade!“

PACK: Was sind Ihre Themen, wofür wollen Sie sich auf kommunaler Ebene einsetzen?

Mählenhoff: Das erklärt sich schon so ein bisschen aus meiner Geschichte. Ich werde mich für die Umwelt einsetzen und den Radverkehr. Ich habe bereits seit einigen Jahren kein Auto mehr und fahre dementsprechend mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Insofern möchte ich mich hier für Verbesserungen einsetzen. Dazu kommt auch noch der Bereich Denkmalpflege. Das ist ein sehr wichtiges Thema für Lübeck. Natürlich befasse ich mich auch mit Umweltschutz. Von der Kläranlage über die Deponie Ihlenberg bis hin zur Grünflächenpflege hier in Lübeck. Ein weiterer Aspekt ist der faire Handel. Lübeck ist „fair trade“ Stadt, da hat sich die Stadt verpflichtet, für weitere Entwicklung zu sorgen, zum Beispiel in der Beschaffung solcher Produkte. Für Sie interessant ist sicherlich das Thema Bildung.

PACK: Welche Themen werden in den nächsten fünf Jahren in der Bürgerschaft diskutiert? Was sind potentielle Streitthemen?

Mählenhoff: Ein großes Thema wird immer wieder der Haushalt sein. Lübeck ist chronisch pleite. Wir werden uns stets fragen müssen, was Vorrang hat. Soll man lieber Straßen ausbauen oder Gewerbegebiete, der Hafenausbau ist auch ein Thema. Die Lübecker Schulen müssen saniert werden. Ich bin sehr dafür, dass Schüler einen vernünftigen Arbeitsplatz haben. Die Schule ist der Arbeitsplatz der Schüler, kein Arbeitnehmer würde dauerhaft an einem Arbeitsplatz arbeiten, wo die Toiletten nicht funktionieren. Insgesamt wird die Frage sein: Wo geben wir das Geld aus, wo sind Projekte geplant, wie beispielsweise in Travemünde die Waterfront.

PACK: Wie stehen die Grünen zur Waterfront?

Mählenhoff: Sehr skeptisch. Es kann nicht sein, dass erst mal eine Grünfläche geopfert wird. Ich halte es für Travemünde, speziell den Priwall nicht zielführend. Der Priwall hat andere Qualitäten.

PACK: Haben Sie das Gefühl, dass die Lübecker Bürger wissen, was im Rathaus passiert?

Mählenhoff: Ich glaube nicht. Vielleicht ist das aber auch manchmal besser, dass das nicht so ist. Ich war zufällig in der Bürgerschaftssitzung anwesend, in der auch die Bürger von Reecke anwesend waren, als dort die Brücke gesperrt wurde. Die Kommentare der Bürger, die oben auf der Tribüne saßen und sahen, was unten in der Bürgerschaft passierte, waren sehr ernüchternd. Ich finde es wichtig, dass die Bürgerschaft für sich ein anderes Selbstverständnis und einen anderen Umgang miteinander findet.

PACK: Finden Sie, dass die Kommunalpolitik transparenter werden sollte? Sollten mehr Informationen aus dem Rathaus an den Bürger herausgegeben werden, oder sollte sich der Bürger mehr selbst informieren?

Mählenhoff: Wir brauchen ganz viel Transparenz, gerade in der Kommunalpolitik, denn die wird immer komplizierter. Wenn die Bürger da noch mitreden können, wollen und sollen, dann müssen sie gut informiert werden. Das ist eine Bringschuld der Kommune und der Politiker. Sie werden dahinein gewählt und müssen dann auch deutlich machen, was sie dort tun und warum sie das tun oder eben auch mal nicht.

PACK: Wenn Sie auf der Straße mit Bürgern ins Gespräch kommen, werden Sie häufig auf Themen angesprochen, die in die Landes- oder Bundespolitik fallen?

Mählenhoff: Das kommt vor. Gerade an Wahlkampfständen sprechen einen viele Leute auf nicht kommunale Themen an. Der eine Punkt für uns ist dann, deutlich zu machen, wo dieses Thema gerade hingehört, ob das Landes- oder Bundespolitik ist. Zweitens ist es wichtig, zu sagen, dass wir uns trotzdem darum kümmern werden und dass die Grünen in Lübeck auch zu Bundes- und Landesthemen eine Meinung haben. Manchmal ist es auch sinnvoll, Kontakte zu vermitteln, damit das Anliegen weitergegeben wird und der Bürger nicht auf der Strecke bleibt.

PACK: Welche kommunalen Themen sind für Studenten relevant?

Mählenhoff: Wo finde ich eine günstige Wohnung, oder?

PACK: Joa.

Mählenhoff: Hier in Lübeck haben wir einen chronischen Mangel an kleinen Wohnungen, oder größere Wohnungen, die vielleicht WG-geeignet wären, sind zu teuer. Ein weiteres Thema ist Mobilität. Wie komme ich zur Uni? Wie fahren die Busse? Wie sind die Radwege? All das sind Themen, die für Studenten relevant sind und sein werden. Oder liege ich da falsch?

PACK: Nee, ich denke nicht. Was sind Ihre Ziele und die Ziele der Grünen für die nächste Legislaturperiode?

Mählenhoff: Unser erstes Ziel ist ein gutes Wahlergebnis zu bekommen, damit wir die grünen Ziele auch möglichst stark vertreten können. Die weiteren Ziele sind vor allem im Verkehrsbereich, der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel. Wir möchten die S-Bahn hier einführen, oder zumindest mehr Bahnhalte einrichten. Wir möchten die Radwege verbessern. Es gibt da ein umfangreiches Radwegekonzept für Lübeck, das auf keinen Fall in irgendeiner Schublade verschwinden sollte. Da sind viele gute Ideen drin, die kann man, denke ich, nach und nach umsetzen.

Ein ganz großer Schwerpunkt ist weiterhin die Bildung und die Schulsanierung. Da brauchen wir sowohl ein langfristiges Konzept als auch Sofortmaßnahmen, um die Schule als Arbeitsplatz für die Schüler vernünftig auszustatten. Das wird uns beschäftigen. Weiterhin wird es immer wieder Umweltthemen geben. Die Deponie Ihlenberg: Da müssen die Lübecker mitreden, wir müssen wissen, was dort passiert. Die Deponie ist kurz vor der Stadtgrenze, der Grundwasserstrom geht in Richtung Trave. Bei diesen alten Deponien, egal ob Ost oder West, da weiß man nie was da drin passiert und was dort abgeladen wurde. Das ist ein Thema für die nächsten Jahrzehnte. Wir müssen jetzt anfangen, damit die Überwachungsmaßnahmen stimmen und Lübeck muss da eine Mitsprache haben.

Weiterhin würde ich persönlich gerne für den Stadtteil St. Lorenz-Nord, in dem ich auch wohne, mehr erreichen. Dieser Stadtteil fristet ein wenig ein Aschenputtel-Dasein, finde ich. Man fährt dadurch zur Autobahn und der Bahnhof ist dort. Mehr weiß man da aber nicht. Ich würde gerne den Brolingplatz als Marktplatz wieder beleben. Da gibt es eine Bürgerinitiative, die versuchen da schon seit Jahren etwas zu machen.

PACK: In der letzten Legislaturperiode waren viele verschiedene Fraktionen und auch parteilose Mitglieder in der Bürgerschaft vertreten. Halten Sie diese Entwicklung für kontraproduktiv der Entscheidungsfindung gegenüber, oder finde Sie, dass das eine gute Entwicklung ist?

Mählenhoff: Wir brauchen eine Vielfalt an Meinungen, damit nicht nur der Mainstream durchkommt. Allerdings habe ich so meine Zweifel, ob viele kleine Gruppen das, was in einer Stadt von der Größe wie Lübeck gefordert ist, wirklich leisten können.

PACK: Wie viel Zeit verbringen Sie mit der Politik? Wie viel Zeit glauben Sie wird die Bürgerschaft in Anspruch nehmen?

Mählenhoff: Im Augenblick verbringe ich jeden Tag mit Politik. Es gibt keinen Tag, an dem nicht eine Veranstaltung ist, sowohl extern, als auch intern. Ich hoffe, dass das nach der Wahl ein bisschen besser wird. Je nachdem wie groß unsere Fraktion nach der Wahl ist, werden wir die Arbeit für die einzelnen Ausschüsse aufteilen. Ich denke, mit einem guten Zeitmanagement wird das zu schaffen sein.

PACK: Es stellt sich bei Kommunalpolitik immer die Frage: Wer zieht die Fäden? Ist das die Verwaltung, die im Hintergrund die Fäden ziehen, oder sind das tatsächlich die gewählten Vertreter? Wie haben Sie das bis jetzt mitbekommen?

Mählenhoff: Der Souverän ist das Volk. Wir Politiker geben den Auftrag an die Verwaltung, etwas auszuarbeiten oder umzusetzen.

PACK: Sie sind aber noch Vollzeit berufstätig neben der Kommunalpolitik?

Mählenhoff: Ja, klar! Das Bürgerschaftsmandat ist ehrenamtlich, da bekomme ich lediglich eine Aufwandsentschädigung.

PACK: Wie schätzen Sie die Chancen der Grünen ein?

Mählenhoff: Wir erwarten um 15 Prozent. Wir stehen auch ganz gut da, der Wahlkampf fängt jetzt an, wir haben da einige Veranstaltungen, bei denen wir unsere Positionen darstellen können. Ich war auf dem Maifest, da hatten wir einen Stand und die Resonanz war sehr gut. Ich denke da können wir zuversichtlich sein.

PACK: Wie stehen Sie zur Bürgerbeteiligung? Und vom Bürgerhaushalt?

Mählenhoff: Von Bürgerbeteiligung halte ich sehr viel. Wir haben das in der Vergangenheit bereits durchexerziert. Beispielsweise als es um den Grünstrand in Travemünde ging. Da haben die Bürger ihr Votum abgeben können, ob der Grünstrand bebaut werden soll, oder nicht. Diese Entscheidung wird nun auch in die Bürgerschaft weiter getragen. Auch bei Projekten wie „Soziale Stadt“ in Buntekuh und Moisling werden die Bürger stark mit einbezogen. Ebenso bei dem neuen Projekt „Lübeck, die lernende Stadt“. Da war ich bei der Vorstellung des Zwischenberichtes. Was da alles an Bürgerbeteiligung und an Ideen kam! Das finde ich sehr kostbar, das sollten wir ausbauen. Ich kann mir auch sehr gut einen Bürgerhaushalt vorstellen. Aus anderen Kommunen habe ich da Gutes gehört. Ich denke, wir sollten das in Lübeck versuchen. Aber im Zeitalter des Internets wird man da eine Lösung finden können. Wir haben 200.000 Bürger, die haben alle Ideen, die sollte man auch nutzen.

PACK: Ich bedanke mich sehr für das Gespräch!

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Interview mit Jan Lindenau (SPD) https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-jan-lindenau-spd/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-jan-lindenau-spd/#respond Sat, 11 May 2013 22:00:33 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=139621 Lindenau
Jan Lindenau

StudentenPACK: Herr Lindenau, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, mit uns zu sprechen. Sie sind jetzt seit 2011 in der Bürgerschaft. Sie sind damals als Nachrücker in die Bürgerschaft eingetreten. Hat es Ihnen so gut gefallen, dass Sie nun nochmal angetreten sind?

Jan Lindenau: Ich bin damals schon bei der Wahl angetreten, habe aber den Wahlkreis nicht direkt gewonnen. Die vergangenen Jahre war ich bereits Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses und seit 2010 Vorsitzender des Finanzausschusses, sodass ich automatisch immer am Thema Kommunalpolitik dran war. Das Ausscheiden einiger Personen aus der Fraktion aus privaten Gründen hat es dann erforderlich gemacht, dass ich in die Bürgerschaft nachrücke. Ja, Kommunalpolitik mitzugestalten macht mir Spaß und deshalb kandidiere ich erneut.

PACK: Beruflich sind Sie bei einer Bank angestellt.

Lindenau: Ja, das ist so richtig.

PACK: Was waren für Sie die wichtigsten Themen der vergangenen fünf Jahre? Oder vielleicht auch der vergangenen zwei Jahre, in denen Sie nun auch dabei sind?

Lindenau: Dominierend in den vergangenen Jahren war immer wieder das Thema Finanzen, sprich der städtische Haushalt. Dies war insbesondere in den letzten anderthalb Jahren ein großes Thema. Vor dem Hintergrund, dass wir einen Konsolidierungsvertrag mit dem Land Schleswig-Holstein beschlossen haben. Darüber hinaus war der Ausbau der Kinderbetreuung immer ein wichtiges Thema, auch dabei ging es darum, den Gesetzesanspruch ab diesem Sommer zu erfüllen. Da haben wir viel organisieren und beschließen müssen, um die Anzahl der Betreuungsplätze mehr als zu verdoppeln. Es soll an dieser Stelle auch noch weitergehen, somit bleibt es ein wichtiges Thema.

Wir haben das große Thema Busverkehr und Mobilität gehabt und die Liniennetzoptimierung, die nicht in allen Fällen optimal gelaufen ist, sodass da auch viel Nacharbeit notwendig war. Auch hier bedarf es weiterer Verbesserungen.

Dann hatten wir noch die beiden großen Themen in Bezug auf die städtischen Gesellschaften. Einmal der Lübecker Hafen, bei welchem der private Partner eine Kaufpreisnachzahlung tätigen sollte, und parallel ging es darum, die Arbeitnehmerrechte abzusichern. Außerdem die aktuelle Diskussion um die Stadtwerke, dabei ging es darum, ob wir die privaten Anteile zurückkaufen und damit die Stadtwerke Re-Kommunalisieren oder nicht.

Darüber hinaus haben wir uns viel mit der Wohnsituation beschäftigt. Unter anderem eben auch mit studentischem Wohnen. Dies waren so im Wesentlichen die Schwerpunkte in den vergangenen Jahren, die wir aus unserer Sicht zu konkreten Lösungen geführt haben. Optimierungsbedarf gibt es sicher immer noch, aber wir haben mit vielen wichtigen Weichenstellungen begonnen, die wir nun weiter fortführen wollen.

PACK: Wieviel glauben Sie, wissen die Bürger über das Vorgehen im Rathaus? Glauben Sie, dass es ziemlich klar ist oder meinen Sie, dass viele gar nicht so genau Bescheid wissen, was im Rathaus passiert?

Lindenau: Also ich glaube, dass es schwer zu vermitteln ist, was im Rathaus passiert, dadurch, dass nun mal nicht alles, was im Rathaus entschieden wird, jeden Abend in der Tagesschau oder den Nachrichten kommt und die Informationsmöglichkeiten doch eher begrenzt sind. Dies ist sicherlich ein Problem. Das ist auch ein Punkt, warum wir gesagt haben: Wir wollen Entscheidungen in der Bürgerschaft deutlich transparenter gestalten, unter anderem mit der Einführung des Rathausinformationssystems im Internet. Ich glaube aber, da ist weiterhin viel zu tun, beispielsweise gab es das Interesse, Einwohnerversammlungen durchzuführen. Da muss weiter nachgelegt werden. Andererseits nehme ich auch häufig wahr, dass es nicht wirklich transparent ist, wie weitreichend einige kommunale Entscheidungen aus dem Rathaus sein können. Ich glaube, da sind alle aufgefordert, für mehr Transparenz zu sorgen.

PACK: Manchmal fragt man sich doch, welches Thema nun Kommunalpolitik, Landespolitik oder sogar Bundespolitik ist. Werden Sie häufig auf Themen angesprochen, bei denen Sie eigentlich gar nichts machen können?

Lindenau: Ja, das kommt schon häufiger vor. Das liegt daran, dass vieles, was auf kommunaler Ebene geregelt wird, eben auch auf Landesebene gesetzlich verankert ist. Gerade wenn man das Thema Bildung und Schule betrachtet, kommen da sehr viele Anfragen, die wir faktisch nur sehr begrenzt lösen können. In der Form, dass wir als Stadt nur die Infrastruktur, also die Gebäude und Ausstattung zur Verfügung stellen, dafür aber inhaltlich nur wenig machen können, da dies Landesthemen sind. Dies ist ein Themenfeld, bei dem viele Anfragen an uns herangetragen werden, wir aber wenig mitentscheiden können.

Das gleiche ist die Frage der Steuergesetzgebung. Die Kommune selber kann nur an zwei Ecken etwas tun. Das ist zum einen das Thema Gewerbesteuer und zum anderen das Thema Fremdenverkehrsabgabe. Alle anderen Steuerarten sind durch die Kommunen in keiner Weise zu beeinflussen und auch das ist ein riesiges Problem, weil wir unter diesen Gesichtspunkten von der Finanzmittelzuweisung des Landes und des Bundes in vielen Fragen abhängig sind und dann schauen müssen, wie wir damit klarkommen. Auch das sind Themen, die wir wenig oder fast gar nicht steuern können.

Hier kommen schon viele Fragen zu uns, die wir dann aber auch weiterreichen. Dafür haben wir unsere Land- und Bundestagsabgeordneten, um bei solchen Fragen natürlich trotzdem Antworten geben können.

PACK: Wieso sind Sie Kommunalpolitiker geworden? Einfach weil Sie sich dafür interessieren oder gab es einen konkreten Grund?

Lindenau: Ja, es gab einen konkreten Grund. Ich mach das nun ja schon seit 16 Jahren und mein damaliger Grund zu Schulzeiten war der Anschlag auf die Lübecker Synagoge. Ich hatte das Gefühl gehabt, dass man sich mehr einbringen muss, um die Demokratie, die Freiheit und auch das Gemeinwohl weiter zu stärken, damit es keinen Nährboden gibt für rechtsradikale Tendenzen. Dies war damals der Anlass, warum ich mich erst überparteilich und später dann parteigebunden politisch engagiert habe.

PACK: Als letzte Frage würde ich gerne von Ihnen wissen, wer die Fäden in der Kommunalpolitik zieht? Sind Sie als Bürgerschaft oder die Verwaltung die treibende Kraft in der Kommunalpolitik?

Lindenau: Ich glaube, dies ist themenabhängig. Aber in der Tat: Das, was Sie damit beschreiben, sehe ich genauso. Es gibt durchaus Situationen, in denen man sagen muss, Bürgerschaftsbeschlüsse werden durch die Verwaltung, möglicherweise aufgrund von Bearbeitungsvorgängen, anders mit Priorität versehen, als die Bürgerschaft sich dies wünscht. Es geht aber auch umgekehrt: Wenn die Bürgerschaft ganz klare Konsequenzen für das Verwaltungshandeln beschließt, bleibt der Verwaltung dann manchmal kein Interpretationsspielraum mehr und es entsteht Handlungsdruck. Ich glaube, dass dieses Hin und Her nicht unbedingt zielführend ist. Aber es gibt schon mal ein Kräftemessen zwischen Verwaltung und Politik. Es ist, wie schon gesagt, nicht immer zielführend, aber manchmal durchaus erhellend, wenn es darum geht, die beste Lösung zu finden. Ich glaube schon, dass in dieser Frage ein Geben und Nehmen existiert.

PACK: Wie viel Zeit verbringen Sie mit Kommunalpolitik? Wie viele Tage die Woche?

Lindenau: Sieben Tage die Woche. Täglich vier bis fünf Stunden.

PACK: Haben sie noch andere Hobbies?

Lindenau: Nein, keine wirklich zeitaufwändigen.
PACK: Wie stehen Sie zu den vielen kleinen Wählergemeinschaften, die in der letzten Legislaturperiode in der Bürgerschaft vertreten waren? Eher kontraproduktiv oder hilfreich?

Lindenau: Eher kontraproduktiv. Es konnten keine verlässlichen Mehrheiten gebildet werden, die für verantwortungsvolle Politik zwingend erforderlich sind. Ständig gibt es wechselnde Positionen bei den kleineren Wählergemeinschaften. Setzt sich ein Mitglied einer Wählervereinigung mit seiner Ansicht nicht durch, gründen sich neue Fraktionen und Wählervereinigungen. Inhaltliche Arbeit ist da schwierig. Wir brauchen mehr Verlässlichkeit.

PACK: Was sind die relevanten Themen der nächsten fünf Jahre, speziell für Studenten?

Lindenau: Aus unserer Sicht sind dies bezahlbarer, guter Wohnraum für Studierende, eine Verbesserung der Mobilität mit Bus und Fahrrad, eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung und attraktive Arbeitsbedingungen nach dem Studium. Hierfür setzen wir uns ein.

PACK: Wie stehen Sie zum Bürgerhaushalt?

Lindenau: Finanzpolitische Entscheidungen der Vergangenheit wie der Zukunft werden wir im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern treffen. Wir wollen die Menschen stärker an den Entscheidungen mit weitreichenden Auswirkungen für die Stadt zum Beispiel durch regionale Einwohnerversammlungen beteiligen. Auch Haushaltsdiskussionen im Rahmen von Konsolidierungen wollen wir unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger diskutieren, wie zuletzt beim Bürger-Forum „Sparen für die Zukunft“ – http://foren.luebeck.de. Eine direkte Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger über den gesamten städtischen Haushalt halten wir für nicht zielführend.

PACK: Haben Sie vielen Dank für das Interview.

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Interview mit Timon Kolterjahn (FDP) https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-timon-kolterjahn-fdp/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-timon-kolterjahn-fdp/#respond Sat, 11 May 2013 22:00:20 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=139626 FDP-6490
Timon Kolterjahn

StudentenPACK: Hallo Timon, schön, dass das geklappt hat. Du bist ja noch nicht so alt und studierst noch. Welche Motivation steckt dahinter, dich für die Kommunalpolitik zu engagieren?

Timon Kolterjahn: Zum einen ist Kommunalpolitik der Einstieg in die Politik, zum anderen kann man in der Kommunalpolitik am schnellsten etwas verändern und bewegen. Über den Jugendverband der FDP kann man, gerade bei der Kommunalpolitik, einen Einblick gewinnen. Wie man sieht, stehe ich schon jetzt zur Wahl, obwohl ich erst vor ein paar Jahren beigetreten bin. Gerade bei der Bürgerschaft kann man auch mal direkter sagen: “Ich möchte den Finanzplan dahingehend ändern.” oder “Ich möchte folgende Projekte mit unterstützen.” Das ist dann auch der typische Einstieg.

PACK: Möchtest du auch irgendwann mal in die Landespolitik?

Timon: Am liebsten natürlich ja, allerdings ist es erstmal Utopie, dass ich soweit komme. Es gibt viele, die das gerne möchten und wie wenige schaffen es? Außerdem studiere ich zurzeit noch und bereite mich darauf vor, Lehrer zu werden.

PACK: Seit wann bist du in der FDP engagiert?

Timon: Mitglied bei der FDP bin ich seit 2007. Wirklich engagieren tue ich mich seit zwei Jahren, da ich es vorher zeitlich nicht geschafft habe.

PACK: Was gehört für dich zu den kommunalpolitischen Themen?

Timon: Ich studiere gleichzeitig Politikwissenschaften, dementsprechend kann man es dahingehend eingrenzen, dass man klärt, was Kommunalpolitik ist. Also was in der Kommunalpolitik möglich ist. Viele möchten große Sachen verändern, wenn sie in der Kommunalpolitik tätig werden. Sie lassen dann Beschlüsse zu, die die Kommunalpolitik nicht verändern können und nichts bewirken können. Wir hatten vor zwei Jahren einen Antrag gegen die Todesstrafe. Das kann in Lübeck ausgesprochen werden, landet dann aber im Ministerium in Kiel in irgendeiner Schublade. Ich denke es ist wichtig, die Situation in Lübeck vor Ort zu ändern. Das sind zum größten Teil die Rahmenbedingungen. Bildungspolitik kann in Lübeck nicht gestaltet werden. Das wird in Kiel gemacht und ist auch so in der Verfassung festgeschrieben. Wir selber können die Rahmenbedingungen stellen, dass man sagt, die Schulen, die Wege zur Schule und alles, was den Schüler tangiert, kann beeinflusst werden. Das ist in der Wirtschaftspolitik genau so. Man kann vor Ort keine Wirtschaftspolitik betreiben. Man kann allerdings Gespräche führen und versuchen, Firmen nach Lübeck zu bekommen. Allerdings sind auch dies wieder nur Rahmenbedingungen, die man schaffen kann. So ist es mit fast allen Bereichen. Man hat nur ein relativ kleines Budget und man muss gucken, dass man damit die Rahmenbedingungen herstellt, sodass das jeweilige Politikfeld vernünftig agieren kann. Das ist in der Sozialpolitik genau so. Man kann die Familien nicht dazu zwingen, zu einem zu kommen und Hilfen an zu nehmen. Heute Vormittag war ich in Moisling und man kann die Familien dort nur ansprechen und ihnen sagen: “Wir machen etwas Vernünftiges für euch.” Oder aber man kann dort eine Einrichtung hinstellen mit qualifiziertem Personal, die die Leute ansprechen, aber auch dies sind wieder nur Rahmenbedingungen.

PACK: Bisher warst du ja noch nicht in der Bürgerschaft. Inwieweit hast du schon politische Erfahrungen gemacht?

Timon: Ich war bisher noch nicht Mitglied der Bürgerschaft, das ist richtig. Bislang bin ich stellvertretendes Mitglied im Sozialausschuss und im Schul- und Sportausschuss. Vor acht Jahren war ich Landesschülersprecher. Da habe ich versucht gegen G8, also gegen das verkürzte Abitur in Schleswig-Holstein, zu arbeiten. Allerdings haben wir das nicht so geschafft, wie wir uns das gewünscht haben. Weitere politische Erfahrungen habe ich bisher noch nicht.

PACK: Aus meiner Erfahrung und denen meiner Kommilitonen kann ich sagen, dass Zeit für außeruniversitäre Aktivitäten sehr knapp ist. Hast du neben dem Studium noch Zeit für Kommunalpolitik?

Timon: Es ist natürlich eng. Ein Vorteil als Student ist aber, dass man zu den komischsten Zeiten Zeit hat. Es ist nicht wie beim Arbeitgeber, dass man feste Zeiten hat. Und wenn dann mitten in der Woche um 14:00 Uhr Ausschusssitzung ist, dann schaue ich halt, dass ich einen anderen Kurs in der Woche belege. Aber sonst ist Kommunalpolitik wirklich ein Full-Time-Hobby. Wenn man Kommunalpolitik richtig betreibt ist es ein Halbtagsjob. Also muss ich gucken, dass ich in den Semesterferien Geld verdiene, sodass ich dann ein halbes Jahr Kommunalpolitik machen kann, weil ich es nebenbei nicht auch noch schaffe arbeiten zu gehen.

PACK: Du studierst in Lüneburg und machst Kommunalpolitik in Lübeck. Ist es nicht recht kompliziert, wenn man immer Pendeln muss? Wie schafft man das?

Timon: Ja also einfach ist es nicht, aber das meiste findet mittlerweile über Daten statt. Der Laptop ist quasi der ständige Begleiter. Die ganzen Papiere für die Ausschusssitzungen bekommt man zugeschickt. Aber das meiste ist im Internet eingestellt, wo allerdings zum Teil nur die Fraktionsmitglieder Zugriff haben. Sodass man auch die nicht-öffentlichen Bereiche der Stadtverwaltung, die es ja immer wieder gibt, einsehen kann Und man muss nur zu bestimmten Zeiten, wenn man Präsenz-Zeit hat, wirklich in Lübeck vor Ort sein. Das geht dann noch. Allerdings ist mein Herz immer in Lübeck geblieben und daher habe ich nie gesagt, ich bin dauerhaft weg.

PACK: Glaubst du, dass die Lübecker Bürger darüber Bescheid wissen, was im Lübecker Rathaus passiert?

Timon: Zu wenig glaube ich. Ich glaube die meisten sehen eher die große Politik selbst. Im letzen Jahr war ich an der Hanse-Schule und habe dort ein Praktikum gemacht und dort auch selbst in einer Politik-Klasse unterrichtet. Letztes Jahr zu den Landtagswahlen wurde ich von einer über Dreißigjährigen, die sich das erste Mal richtig mit der Wahl beschäftigt hat, angesprochen. Diese Dame wusste nicht, dass sie zwei Stimmen hat, und sie wusste nicht, dass sie bei einer Landesentscheidung nicht über Angela Merkel entscheidet. Das sind natürlich Einzelfälle, Extrema, das ist klar, aber es zeigt doch, dass sich vermehrt auf die Bundespolitik konzentriert wird. Was auch klar ist, da es jeden Abend in der Tagesschau gezeigt wird. Aber je mehr es in das kleinere geht, desto weniger wird sich damit beschäftigt. Deshalb befürchte ich, dass sich die wenigsten ausreichend mit der Kommunalpolitik beschäftigen. Das sieht man auch daran, dass viele bei ihren Wahlkampfthemen weit weg von kommunalpolitischen Themen sind. Das kann zum Teil eine Bürgerschaft gar nicht beeinflussen.

PACK: Wird man auf Wahlkampfveranstaltungen auf nicht-kommunalpolitische Themen angesprochen, an denen, wenn man in die Bürgerschaft gewählt wird, gar nichts ändern kann?

Timon: Ja. Das ist in der Regel so. Derzeit, als FDPler, wird man andauernd auf die Bundespartei angesprochen. Da kann man auch gerne drüber reden, nur müssen die Bürger auch wissen, dass das mit der Situation in Lübeck nichts zu tun hat. Im Bund herrscht vor allem eine ganz andere Situation, ob es jetzt finanziell ist oder die Basis der Entscheidungsfindung, das ist ganz anders als hier in Lübeck. Hier hat man zum Beispiel eine Vielzahl von kleineren Parteien und Wählergruppierungen, die berücksichtigt werden müssen. Außerdem ist Lübeck nicht annähernd finanziell so potent wie der Bund.

PACK: Was hältst du von den ganzen Splitterparteien? Ich habe bisher verschiedene Meinungen gehört. Die einen sagen, dass es total gut ist, da sich die Bürger einbringen können ohne, dass sie in großen Parteien sind. Die anderen halten es für kontraproduktiv, weil es die Entscheidungsfindung erschwert. Was sagst du dazu?

Timon: Von der Idee ist es natürlich nett, dass man sich dadurch an der Politik beteiligen kann. Allerdings sind die zum großen Teil vom Gerüst her aufgebaut wie eine herkömmliche Partei, wie zum Beispiel die FDP. Sie müssen sich genauso zusammen setzten und haben mittlerweile Größen erreicht, wo sie sich in größeren Gruppen zusammen setzten müssen und wo nur noch wenige es hinterher in der Bürgerschaft umsetzen. Also ist die Idee, dass man dort hin geht und durch seine Meinung direkten Einfluss hat, nicht mehr gegeben. Wobei der Witz ist, dass der Bürgermeister nicht mehr direkt gewählt wird. Da die 5%-Hürde vom Bundes-Verfassungsgericht gekippt worden ist, wird die nächste Bürgerschaft sehr kleinteilig sein. Und dabei eine Regierungsmehrheit zu finden ist schwierig. Wenn wir wirklich unsere acht oder neun Parteien in der Bürgerschaft zusammen bekommen würden, dann hätten wir hinterher so viele verschiedenen Meinungsträger, dass man sie nicht unter einen Hut bringen kann. Man sieht das schon, wie schwer es ist, bei einer Drei-Parteien-Koalition eine Entscheidung zu treffen. Noch mehr Parteien unter einen Hut zu bekommen macht Lübeck unregierbar. Eventuell wird Lübeck dann dauerhaft von einer großen Koalition regiert werden.

PACK: Welches sind die Themen, die deiner Meinung nach in den nächsten fünf Jahren wichtig werden?

Timon: Das Wichtigste ist für uns zum einen die Finanzsituation: Wir haben 1,3 Mrd. € Schulden mit einer jährlichen Neuverschuldung von rund 80 Mio. €. Einige sprechen von Spardiktaten und Sparzwängen, aber es ist nun mal so, dass eine Stadt sich die Kredite holen muss. Der Stadtkämmerer verhandelt täglich mit den Banken über die Dispo-Kredite. Es ist so, dass sich die Stadt Lübeck zurzeit zum größten Teil nur über Dispo-Kredite finanziert. Das ist so, als würde man bei seiner Bank das Girokonto dauerhaft überziehen. So agiert derzeit Lübeck. Im Dezember habe ich mit dem Kämmerer telefoniert und er meinte, dass er aus seiner langjährigen Berufserfahrung durchschnittliche Zinsen von 3-4% kennt. Lübeck hingegen zahlt derzeit Zinsen von unter 1%. Sobald der Zinssatz steigt, muss Lübeck viel mehr Geld aufnehmen, um überhaupt die Zinsen abzahlen zu können. Und das ist eine Situation, die wir aus Griechenland kennen. Sollte es so weit kommen, dann wird es auch schwer werden, jemanden zu finden, der Lübeck leiht. Sollten die Banken in eine Krise kommen, ist dieser niedrige Zinssatz nicht mehr gesichert. Dann hat Lübeck von einem auf den anderen Tag kein Geld mehr. Die nächstgrößeren Probleme sind die offensichtlichen. Die Lübecker Brücken sind marode und quasi zu Tode gespart worden. Dort muss man sehen, wie sinnvoll eine Investition ist. Wenn man einmal investiert, dann hält die Brücke relativ lang. Wenn man hingegen immer nur ein bisschen investiert, dann halten die Brücken nur kürzer und man hat mehr Geld rein gesteckt. Man sieht dies auch bei der Flickerei bei den Straßen. Wenn man immer wieder den Kaltasphalt auf die Straßen gibt, macht das zunächst die Schlaglöcher dicht, aber irgendwann besteht die Straße nur noch aus diesem Kaltasphalt. Außerdem hält der Kaltasphalt nicht lange. Dort muss man Investitionspläne aufstellen, so dass man sagt, dass man große Arbeiten machen und nicht immer nur kleinteilig die Arbeiten erledigen will, weil das nach hinten raus Geld spart. Gleiches gilt für die Bildungseinrichtungen. Zurzeit sind oft die Schultoiletten in der Diskussion. Auch hier werden oft nur kleine Maßnahmen vorgenommen, die die Situation akut verbessern, jedoch gibt es mittlerweile technisch bessere Maßnahmen, die die Lebensdauer von Toiletten stark verlängern. Ein weiterer Punkt wären die Dächer, von denen in Lübeck einige Einsturzgefährdet sind.

PACK: Welche Themen werden direkt im Rathaus besprochen, die die Studenten betreffen?

Timon: Das sind natürlich Themen um die Stiftungsuniversität. Dass Lübeck eine Universitätsstadt bleibt, davon gehen derzeit parteiübergreifend alle aus. Da besteht gar kein Zweifel mehr. Aber man will die Umsetzung der Stiftungsuniversität weiter begleiten und verfolgen, sodass die Realisierung einer Stiftungsuniversität tatsächlich umgesetzt wird. Der Vorteil daran ist, dass die Uni sich hierdurch Geld wieder requirieren kann. Und man muss hierfür natürlich die Rahmenbedingungen verbessern. Natürlich möchte jeder Student eine Studentenbude haben. Möglichst passend, möglichst vor Ort. Und Lübeck hat Bedarf daran, dass man passende Wohnräume schafft. Es sollen nicht nur Groß-WG’s sein, sondern vor allem Kleinwohnungen, die zu normalen Preisen angeboten werden. Die Verkehrsanbindung in Lübeck, vor allem die Radwege, sollen fahrradfreundlich gestaltet werden, sodass Radwege, wie der am Kanal, nicht ausschließlich als Parkstreifen benutzt werden, sondern den Fahrradfahrern zur Verfügung stehen. Auch die Innenstadt und die Zuwege müssen fahrradfreundlich gestaltet werden. Gerade bei den nächsten Umplanungen, wie zum Beispiel in Moisling, müssen Fahrradwege mit eingeplant werden. Was sich bei den breiten Straßen in Moisling ja geradezu anbietet. Die wenigsten Studenten können sich ein Auto leisten und sind daher, so wie ich auch, auf das Fahrrad angewiesen. Ich fahre auch lieber Fahrrad als Bus.

PACK: Glaubst du, das Rathaus sollte mehr Informationen über die Ausschüsse und über Entscheidungen veröffentlichen?

Timon: Über das neue Informationssystem, Allris, ist dies schon jetzt möglich. Bis auf einen kleinen Teil, der auch bei Veranstaltungen als nicht öffentlich gekennzeichnet wird, sind die Informationen verfügbar. In Lübeck ist der nicht öffentliche Teil aber sehr klein. Allerdings sind viele Informationen nicht so interessant, weil sie erst im größeren Zusammenhang etwas interessantes bewirken. Das ist dann allerdings oftmals hinter anderen Informationen versteckt. Solche Veränderungen könnte man durchaus besser kommunizieren, indem man bessere Schlagworte findet. Auf der anderen Seite bringt jeder seine Pressemitteilungen raus und durch die Stadtzeitung sind Informationen auch eigentlich gut präsent. Die LN sind natürlich auch auf ihre Auflage angewiesen und präsentieren Berichte, die sich gut verkaufen lassen, offensichtlicher. Ich würde mir aber auch wünschen, dass die Sitzungen der Bürgerschaft via Livestream gesendet werden und von den Bürgerinnen und Bürgern so verfolgt werden können.

PACK: Glaubst du, dass das von den Bürgern angenommen wird? Man kann ja jetzt auch zu den öffentlichen Teilen der Sitzungen gehen.

Timon: Die Ausschusssitzungen sind wirklich uninteressant. Das muss man einfach so sagen. Da sind ab und zu ein paar Highlights dazwischen, wenn es gerade um ein Projekt oder eine Baumaßnahme geht. Im Bauaussschuss ist das auch häufiger. Ansonsten sind die Ausschüsse wirklich uninteressant. Die Bürgerschaftssitzungen sind dagegen sehr langatmig, da kann ich mir vorstellen, dass viele da wegschalten würden. Da wird über viele Sachen gesprochen, die in Lübeck gar nicht umsetzbar sind. Vieles ist für eine Bürgerschaft auch eigentlich gar nicht relevant. Da müsste man viel mehr differenzieren. Ich hoffe, dass da dann einige doch hängenbleiben und doch mal drauf klicken würden. Die Ränge des Bürgerschaftssaals sind ja leider begrenzt, aber gerade zu Wahlen sehr gut gefüllt. Von daher besteht schon ein gewisses Interesse. Mir fällt sonst kein direkterer Weg ein, die Politik an die Leute heranzubringen, als sie live zuschauen zu lassen. Da kann man ja schon nichts Besseres mehr bringen, außer, dass sich die Leute selbst beteiligen. Zu diesem Glück kann und will ich auch keinen zwingen. Die meisten Fraktionen machen ihre Sitzungen öffentlich. Da kann man gut mal hineinhören und mitmachen.

PACK: Ist es für die nächsten 5 Jahre euer Ziel, das zu erweitern?

Timon: Ja, das läuft ja auch gerade. Es gibt ja das Allris, das möchten wir gerne auf alle öffentlichen Dokumente erweitert haben . Es ist unser Ziel, dass das Allris wirklich ein großer Datenpool wird, in dem alle Dokumente drin sind. Das geht auch über Bauakten, für die man natürlich einen personalisierten Zugang braucht, aber gerade über das Internet gibt es da viele Möglichkeiten, das Ganze transparenter zu gestalten. Gerade jetzt durch die Wahl wird sich auch die Bürgerschaft verjüngen, durch den fünf-Jahres Rhythmus hat man ja immer einen Personalwechsel. Das ist bei uns auch der Fall und bringt immer wieder neue Ideen.

PACK: Welche Ziele möchtet Ihr als FDP in den nächsten Jahren durchsetzen?

Timon: Unsere Hauptthemen haben wir schon besprochen. Dazu möchten wir die Investitionsfreundlichkeit in Lübeck stärken. Lübeck hat eine gewisse Arroganz entwickelt. Wenn man also einen Investor hat, wird der erst sehr kritisch beäugt. Das kann Lübeck sich gar nicht leisten. Die Stadt braucht Investoren. Wenn man sich deren Konzepte nicht mal richtig anguckt, sondern von vornherein sagt „Nein, das will ich nicht, das ist keine gute Idee“ ist das kein Weg aus der Krise. Da muss sich etwas ändern. Das liegt auch an den vielen Untergesellschaften, die hier gebildet wurden. Die machen sich gegenseitig Konkurrenz und werben alle um Investoren. Das ist in Lübeck ein großer Sport geworden. Einige sagen sogar, dass dadurch verdiente Parteikollegen einen Job bekommen sollten. Es wurden in allen Bereichen ganz viele Untergesellschaften gegründet. Diese kleinen Gesellschaften arbeiten gegeneinander. Gerade im Tourismus, da sind es drei verschiedene. Jeder hat einen Geschäftsführer, der gutes Geld verdient. Das müsste man zurück fahren. Das möchten wir auch erreichen. Wir wollen das ganze zurück fahren, sodass man am Ende für jeden Bereich einen Ansprechpartner hat. Das würde enorm Geld sparen.

PACK: Meine letzte Frage: Wer macht die Politik? Sind das wirklich die Politiker oder sitzen im Hintergrund die Verwaltungsbeamten und ziehen die Fäden?

Timon: Lübeck ist sehr verwaltungslastig. Das habe ich ja gerade schon beschrieben. Teilweise schichtet die Verwaltung auch selbstständig Finanzen um, dadurch dass der Bürgermeister separat gewählt wird, haben wir einen sehr eigenständigen Verwaltungsapparat. Das ist uns schon sehr aufgefallen. Eigentlich müssen die gewählten Vertreter das alles beeinflussen. Mittlerweile ist der Spielraum sehr stark eingeschränkt. Das merkt man gerade, wenn es um den Bereich des Personalwesens geht. Da will keiner einsparen. Wir können die auch nicht dazu zwingen, denn die Entscheidungshoheit liegt wieder beim Fachabteilungsleiter. Wir können nur die Mittel allgemein kürzen, dann wird aber niemals beim Personal gespart. Das geht eher zu Lasten von anderen Bereichen. Es kann auch nicht sein, dass die Verwaltung selbstständig entscheidet und daraufhin die Politik gezwungen ist, einen Nachtragshaushalt einzureichen. Das sind Sachen, die müssen schleunigst unterbunden werden. Da muss man gegen anwirken, sonst artet das komplett aus. Nur ist das in Lübeck schwierig. Da hat sich ein Lüb’scher Klüngel entwickelt. Wir brauchen da einen direkten Wechsel in den Machtpositionen. Solange die gleichen Köpfe in der Politik bleiben, wird sich da nichts ändern.

PACK: Wie schätzt du die Chancen der FDP für diese Wahl ein?

Timon: Wir sind derzeit mit fünf Leuten in der Bürgerschaft, das gedenken wir auch zu verteidigen. Drüber hinaus wäre sehr sportlich ambitioniert, aber ich denke, die fünf Leute zu verteidigen ist machbar. Lübeck ist auch eine ganz andere Situation, als die Bundesebene. Da gibt es einen großen Unterschied zwischen uns Lübeckern und Figuren, wie Rösler. Wir gehören zwar alle zur selben Partei, aber wenn man die Lübecker Situation betrachtet, findet man uns in den letzten Jahren nicht in der Regierung. Ich erinnere mich noch daran, als Bürgermeister Saxe im Zuge der Euro-Umstellung sich freute, dass die Stadt die Milliarde an Schulden los ist. Schwups jetzt sind wir schon wieder weit drüber hinweg.

PACK: Vielen Dank für das Gespräch!

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Interview mit Oliver Dedow (Piratenpartei) https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-oliver-dedow-piratenpartei/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-oliver-dedow-piratenpartei/#comments Sat, 11 May 2013 22:00:06 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=139610 Dedow
Oliver Dedow

StudentenPACK: Herr Dedow, schön dass sie sich die Zeit nehmen, mit uns zu sprechen. Sie sind seit 2009 Mitglied der Lübecker Bürgerschaft, da war ja gar keine Wahl, wie kamen Sie denn dennoch in die Bürgerschaft?

Oliver Dedow: Beginnen wir mal am Anfang: Ich bin hier in Lübeck sehr tief verwurzelt, bin hier aufgewachsen und zur Schule gegangen. Ich habe dann sehr lange nach einer Partei gesucht, in der ich mich politisch engagieren konnte, habe aber nie die richtige gefunden. Mich haben überall die festen Strukturen abgeschreckt. Irgendwann hat sich dann ein Bürgerverband in Form einer Wählervereinigung gegründet, die BfL (Bürger für Lübeck), dort war ich Gründungsmitglied und habe mich für die Kommunalwahl aufstellen lassen. Ich hatte damals den achten Listenplatz. Eines der gewählten Mitglieder ist dann aufgrund eines Umzuges aus der Bürgerschaft ausgeschieden, woraufhin ich nachrücken konnte. Damals war ich in der BfL-Fraktion und nicht in der Piratenpartei. Ich konnte mich recht schnell mit der Politik vertraut machen, lernte die Gepflogenheiten kennen und wurde dann bald Fraktionsvorsitzender. Vor gut einem Jahr wechselte ich dann zu der Piratenpartei, weil ich hier noch die Hoffnung habe, meine Ideen verwirklichen zu können. Selbst in der BfL kamen bald diese starren Strukturen auf. „So wird Politik schon immer gemacht“ heißt es da. Genau das möchte ich ändern. An dieser Stelle hat die Piratenpartei eine sehr gute Ausgangsposition.

PACK: Was macht man eigentlich so in den fünf Jahren, für die man gewählt ist? Wie sieht der Alltag aus?

Dedow: Man besucht um die acht Sitzungen im Jahr, diese müssen natürlich vor- und nachbereitet werden. Was mich allerdings ärgert, ist, dass allein die derzeit 60 Mitglieder der Bürgerschaft eine viel zu große Entscheidungsmacht in allen Dingen haben. Ich möchte lieber, dass in den Fachausschüssen, wo die kompetenten Leute sitzen, die Entscheidungen gefällt werden. Dort sollten die Leute hingeschickt werden, die Ahnung haben, denen die Fraktionen vertrauen. Dort sollte viel mehr Entscheidungskompetenz liegen, da wird die Grundlagenarbeit gemacht. Nachher in der Bürgerschaft sollten diese Sachen einfach nur noch durchgewunken werden. Eine Fraktion sollte sich in der Bürgerschaft nicht anders entscheiden, als die eigenen Leute es vorher im Ausschuss getan haben. Ich habe ja als Mitglied der Bürgerschaft zum Glück die gleichen Rechte, die auch der Bürgermeister hat. Als Bürgerschaftsmitglied kann ich in die städtischen Betriebe hineinschauen, mir berichten lassen, um Missstände aufzudecken und dann den Finger in die Wunde legen, um einfach mal nachzuhaken. Dieses passiert aber von den anderen Fraktionenen erstaunlicher Weise viel zu wenig. Momentan bin ich Einzelkämpfer, aber auch die kleineren Fraktionen in Lübeck könnten sehr gut auf Probleme hinweisen und ihre Ideen einbringen.

PACK: Das ist interessant, die CDU beispielsweise hält diese Splittergruppen für kontraproduktiv, das sehen Sie ja nicht so?

Dedow: Nein als kleine Fraktion, oder auch als Parteiloser habe ich die Möglichkeit, auf eben Missstände aufmerksam zu machen, und kann Ideen einbringen. Die Piraten wollen ja viel viel mehr Bürgerbeteiligung. Wir wollen den Bürgerhaushalt einführen, damit sich die Bürger einbringen können. Es ärgert mich ungemein, dass die Bevölkerung so viele Ideen hat, die zwar zu Hause oder am Stammtisch formuliert werden, die aber nicht ins Rathaus gelangen, weil es dafür keine Plattform gibt. Genau diese Plattform wollen wir erstellen. Wir wollen, dass die Bürger den Haushalt mitbestimmen können, und ihre Ideen im Rathaus ankommen. Das beinhaltet auch die Einführung von Ortsbeiräten, da soll sich dann jeder engagieren, der meint, zu einem Thema eine Meinung, Fachkompetenz oder neue Ideen zu haben. Einen qualifizierten Antrag kann jede Fraktion stellen, dann erwarte ich aber auch von den anderen Fraktionen, dass sie sich mit der Sache grundsätzlich befassen und nicht aufgrund von Fraktionszwang abstimmen.

PACK: Sie sind Rechtsanwalt, bringen Sie Ihre Erfahrungen und Ihr Wissen auch in die Politik ein, geht das überhaupt?

Dedow: Da gebe ich eine typische Politiker-Antwort: Ja und Nein! Das Gute ist, dass ich als Jurist weiß, wie die Strukturen der Verwaltung aussehen und auch wie man entsprechend Klagen tätigen kann im Verwaltungsbereich. Ich habe den Vorteil, dass ich einfach die rechtlichen Grundlagen sehr genau kenne. Als Rechtsanwalt habe ich mich allerdings auf Straf- und Verkehrsrecht konzentriert, sodass das Verwaltungsrecht nicht ganz mein Steckenpferd ist. Das Schöne ist aber, dass ich auf Datenbanken wie „Beck-Online“ oder „Juris“ zurückgreifen kann. Da habe ich meistens eine sehr gute Informationsquelle, da kann ich die eine oder andere Frage sehr gut klären.

PACK: Welche Themen sind überhaupt kommunal? Gibt es viele Themen, auf die Sie von Bürgern angesprochen werden, die keine kommunalen Themen sind?

Dedow: Das passiert sehr sehr häufig, das ist ein großer Unterschied zu dem, was wir in der Kommunalpolitik leider nur leisten können. Häufig machen wir bei Themen, die unseren Bereich überschreiten sogenannte Resolutionen. Wir sagen dann einfach, dass der Bürgermeister sich auf Landes- oder Bundesebene für diese spezielle Sache einsetzen soll. Das wiederum hält die Bürgerschaft allerdings von ihrer eigentlichen Arbeit ab. Eine Resolution beinhaltet eigentlich nur, dass wir eine Erklärung oder einen Appell abgeben, weil wir uns für etwas einsetzen. In jeder Bürgerschaftssitzung verfassen wir mehrere Resolutionen.

Wir haben aber hier auf kommunaler Ebene schon Möglichkeiten. Insbesondere, was den Haushalt betrifft. Dieser ist zwar zu 90 Prozent vorgegeben, aber mit den letzten 10 Prozent kann man arbeiten. Gerade das ist wichtig. Was fördere ich, wie fördere ich das? Gerade was Schulen angeht, da sind wir für die Gebäude zuständig. Oder der Personennahverkehr, der liegt auch auf kommunaler Ebene. Sehr wichtig sind allerdings auch die Bauangelegenheiten. Der Bauausschuss tagt fast zwei oder drei Mal im Monat. Ich werde sehr häufig auf Angelegenheiten angesprochen, die in den Bereich Bauwesen fallen. Dazu gehören die Fahrradwege und die kommunalen Straßen. Da fallen sehr viele Themen an, da hat die Stadt auch die Möglichkeit, viele Dinge zu steuern.

PACK: Was war in den letzten fünf Jahren aus Ihrer Sicht wichtig in der Lübecker Bürgerschaft?

Dedow: Natürlich der Haushalt, der ist hier an allererster Stelle zu nennen. Dazu kommen auch bauliche Angelegenheiten, wie der Priwall. Travemünde ist sehr sehr wichtig, denn die Trave ist ein Zubringer für den Skandinavienkai und andere Häfen. Hier ist die Zwei-Wege-Schifffahrt nun nicht mehr möglich. Das bedeutet, es können sich keine zwei Fährschiffe in der Trave begegnen. Dafür hätte man die Trave entsprechend erweitern müssen. Da gibt es viele Themen.

Ein weiteres Thema ist natürlich immer der Flughafen, wo wir jetzt eine sehr gute Lösung gefunden haben. Allerdings muss man hier sagen, dass sich die Bürgerschaft leider nicht so verdient gemacht hat, sondern der externe Investor sich der Sache angenommen hat. Momentan ist dieser auf einem sehr guten Weg.

PACK: Was wird in den nächsten fünf Jahren wichtig? Was sind Ihre Themen, weshalb Sie erneut kandidieren?

Dedow: Wichtig ist und bleibt der Schuldensumpf. An der hohen Verschuldung von Lübeck muss etwas geändert werden. Juristisch ist es nämlich so, dass Gesellschaften und Privatpersonen eine Insolvenz eingehen können, Lübeck kann das nicht. Das ist eine rechtliche Vorgabe, vielleicht kann man da auf Bundesebene etwas ändern. Mein Ziel und das von den Piraten ist, dass mehr Informationen weitergegeben werden. Wir schreiben das dritte Jahrtausend, es gibt Internetplattformen, aber keiner kann den Haushalt vorher sehen. Warum werden die Bürgerschaftssitzungen nicht ins Internet übertragen, warum werden keine Aufnahmen gespeichert und mit entsprechenden Bookmarks zugänglich gemacht? Information ist ein ganz wichtiger Punkt, aber auch die Bürgerbeteiligung auf allen Ebenen. Öffentlicher Personennahverkehr ist auch ein wichtiges Thema, wir wollen das umstrukturieren. Man liest zwar immer, dass wir ein fahrscheinloses System wollen, aber wir wollen nur eine andere Art der Finanzierung finden.

PACK: Wie würde eine solche Finanzierung aussehen?

Dedow: Das würde in die Richtung gehen, dass man Steuergelder hierfür verwendet oder den Kraftfahrzeugverkehr verteuert durch eine entsprechende Maut oder Parkgebühren. Die Arbeitgeber sollten etwas dazu geben, so auch die Anlieger. Auch die Orte wo man hinfährt sollen etwas dazu bezahlen, also der Einzelhandel, beispielsweise IKEA. Wenn wir das Geld, das wir für den Erhalt der Straßen ausgeben, in eine solche Lösung investieren würden, wäre das schon eine Menge. Wir wollen den Stadtverkehr ausbauen, damit es attraktiver wird. Das wäre für Umwelt und Stadt sehr erstrebenswert. Sidney, Perth, Hawaii und ander Orte haben eine derartige Lösung gefunden.

PACK: Was sind die für uns Studenten relevantesten Themen?

Dedow: Einerseits der Ausbau der Uni, die Umgestaltung der Uni war ja auch eine Frage. Wir wollen die Uni weiter fördern und besser in Lübeck integrieren, womit wir wieder beim Stadtverkehr wären. Wir müssen auch den Studenten eine Möglichkeit zu arbeiten geben, während des Studiums und insbesondere hinterher. Im Bereich Medizintechnik sind wir da schon sehr gut aufgestellt, aber andere Bereiche sind da noch nicht soweit. Wir wollen die guten Leute hier behalten und ihnen auch etwas bieten nach der Uni für den Start in das Berufsleben.

PACK: Haben Sie persönlich das Gefühl, dass die Bürger wissen, was im Rathaus passiert?

Dedow: Nein, das Gefühl habe ich überhaupt nicht. Das ist etwas, das wesentlich besser ausgebaut werden müsste. Momentan haben wir zwar das OK-Radio, das ist aber ein externer Radiosender, der etwas aus dem Rathaus überträgt. Das Rathaus selbst engagiert sich da nicht. Es gibt jetzt zwar das „ALLRIS“, das Bürger- und Ratsinformationssystem. Ich halte das allerdings nur für einen Stolperschritt in die richtige Richtung. Das muss ausgebaut werden. Wir Piraten wollen das gläserne Rathaus, damit man den Politikern ein bisschen über die Schulter gucken kann.

PACK: Sind Sie sich sicher, dass ein solches Angebot angenommen wird? Die Sitzungen sind ja bereits öffentlich und da gehen selten Besucher hin.

Dedow: Ich höre leider in der Bevölkerung eine Verbitterung gegenüber der Politik. Ich mag mich manchmal schon gar nicht outen als Politiker, es käme häufig besser an, wenn ich Sportler wäre. Ich bitte aber alle anderen, dort mitzumachen und ihre Ideen einzubringen. Der Politiker ist in Beliebtheitsrankings immer auf den hintersten Plätzen. Dabei ist das, was ich im Rathaus tue ein Ehrenamt, ich bereichere mich damit nicht und habe da auch sonst keine Vorteile von. Ich möchte gerne das Bild des Politikers wieder aufwerten.

PACK: Wird die Politik tatsächlich von der Bürgerschaft gemacht? Oder ziehen die Mitarbeiter der Verwaltung die Fäden?

Dedow: Ja leider immer noch, die Verwaltung und auch andere Leute. Das sind die politischen Machenschaften, die ich jetzt seit vier Jahren kennenlerne. Das ist eben einer der Gründe, weshalb ich Transparenz und Bürgerbeteiligung herstellen möchte. Damit auch andere Bürger oder Ortsbeiräte mitwirken können. Das ist mir sehr wichtig. Es ärgert mich, dass die Politik nicht objektiv genug ist. Viele Posten werden nach den jeweiligen Stimmmehrheiten in der Bürgerschaft und Parteizugehörigkeit der Kandidaten vergeben, nicht nach Qualifikation.

PACK: Wie viel Zeit verbringen Sie mit der Kommunalpolitik?

Dedow: Ich arbeite zwei Nachmittage in der Woche daran. Da gehört ja auch einiges dazu, nicht nur die Teilnahme an Sitzungen. Da ist auch viel drum herum. Man geht mal zu Bürgerverbänden, setzt sich in andere Ausschüsse oder recherchiert im Internet oder in Stadtteilen, z.B. in Travemünde. Momentan im Wahlkampf bin ich natürlich viel häufiger unterwegs.

PACK: Wie schätzen sie die Chancen der Piraten ein? Werden sie Fraktion?

Dedow: Ich hoffe, dass ich nicht ein Einzelkämpfer bleibe. Es würde mich sehr freuen, wenn weitere Piraten in die Bürgerschaft gewählt werden, die mit viel Enthusiasmus und Elan bei der Sache sind. Wenn wir Fraktionsstatus bekommen würden, würde das auch für uns die Sache einfacher machen, uns zu strukturieren, da wir dann ein Fraktionsbüro zur Verfügung gestellt bekommen würden und von da aus mit einem Geschäftsführer einige Angelegenheiten einfacher klären könnten.

Ein weitere Missstand, auf den ich hinweisen möchte, ist das Geld, das für die Fraktionen ausgegeben wird. Insgesamt wurden 770.000 Euro an die Fraktionen ausgegeben im letzten Jahr. Das ist zu viel, das sollte gekürzt werden. Die Fraktion der Piratenpartei im Landtag hat das Geld, das übrigblieb von dem erhaltenen Fraktionsgeld, an das Land zurückgegeben. Das kommt bei anderen Parteien nicht so häufig vor. Da wird lieber noch eine Ausfahrt geplant. Da muss etwas passieren.

PACK: Vielen Dank für das Gespräch.

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Interview mit Antje Jansen (DIE LINKE) https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-antje-jansen-die-linke/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-antje-jansen-die-linke/#respond Sat, 11 May 2013 22:00:02 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=139617 „Ich komme aus der Frauenbewegung, aus der Anti-AKW-Bewegung und auch aus der Anti-Kriegsbewegung.“

LINKE SH

StudentenPACK: Frau Jansen, Sie haben für die Landtagswahl kandidiert, sind aber nicht in den Landtag gekommen. Ist das richtig?

Antje Jansen: Ja, aber wir sind nicht reingekommen.

PACK: Was haben Sie seitdem gemacht? Wir haben ja zur Landtagswahl mit Ihnen gesprochen. Was ist denn seitdem passiert?

Jansen: Ich war ja immer schon, trotz meines Landtagsmandates, hier Bürgerschaftsabgeordnete. Gott sei Dank sag ich da jetzt mal, dass ich das nicht niedergelegt hatte. Wenn ich in den Landtag gekommen wäre, hätte ich mein Mandat hier niedergelegt und hätte auch nicht wieder kandidiert.

Was habe ich gemacht? Ich habe die Kommunalpolitik weitergemacht. War ja auch klar, ich bin ja hier Fraktionsvorsitzende. Die Politik hier in der Stadt geht weiter. Beruflich habe ich Übergangsgeld bekommen. Man kriegt noch 7 Monate oder 18 Monate glaube ich Übergangsgeld. Das bekomme ich noch.

PACK: Also waren Sie hauptberuflich Politikerin?

Jansen: Im Landtag ist man hauptberuflich Politiker. Hier ist es ehrenamtlich, aber im Landtag ist man hauptberuflich.

PACK: Macht Ihnen die Kommunalpolitik Spaß? Ist das schön für Sie?

Jansen: Ich habe jetzt auch die Erfahrung im Landtag gemacht. Ich finde Kommunalpolitik bringt mehr Spaß, weil man da näher am Bürger ist. Hier kann man die Interessen der Bürgerinnen und Bürger hautnah vertreten. Man ist mit den Bürgerinnen und Bürgern hautnah in Kontakt. Das ist man im Landtag nicht. Da geht es mehr um größere Projekte im Landtag, dann trifft man mal einen Verein oder einen Verband, aber im Grunde genommen ist Landtagspolitik viel anonymer.

PACK: Wie soll man sich das vorstellen, wenn man in der Bürgerschaft Mitglied ist, wenn man dort gewählt ist. Was bedeutet das? Was muss man da alles tun?

Jansen: Erstmal ist einmal im Monat Bürgerschaftssitzung. Die müssen wir wahrnehmen. Darin gibt es Ausschüsse. Je nach dem, in welchem Ausschuss wir sind, müssen wir das wahrnehmen. Und dann geht es ja auch darum, dass wir die Bürgerinnen und Bürger vertreten. Wir werden häufig zu Vereinen, Verbänden und Initiativen eingeladen. Dann gibt es Gespräche. Es gibt Gespräche mit Personalräten. Dann gibt es Gespräche mit Vereinen, Verbänden, und dann repräsentative Sachen. Es ist schon, wenn man es ganz ernst nimmt, und alles wahrnimmt, ehrenamtlich neben der Arbeit, sind es in der Woche bestimmt 15-20 Stunden. In meiner Freizeit.

PACK: Was machen Sie beruflich?

Jansen: Ich bin Erzieherin. Ich werde ja auch wieder arbeiten. Ich bin Erzieherin und arbeite in einem Naturkindergarten.

PACK: Auch hier in Lübeck?

Jansen: Hier in Lübeck, in Kücknitz.

PACK: Was waren in den letzten fünf Jahren die großen Themen in der Bürgerschaft und worüber wurde sich am meisten gestritten?

Jansen: Am meisten gestritten wurde sich über die Finanzen. Ob man jetzt dem Konsolidierungskurs zustimmt, wo man kürzt, wo man spart, wo es Mehreinnahmen geben kann. Das war eines der größten Streitthemen. Das nächste Streitthema war Bau. Also der Bau auf den Wallanlagen. War ein großes Streitthema. Ein großes Streitthema war, dass wir 60.000 Euro bekommen haben für kostenlose Verhütungsmittel. Das war auch hier ein großes Streitthema, jedenfalls für die Opposition. Der Bau und Straßenverkehr, das sind immer die großen Streitthemen. Und dass wir die Bettensteuer eingeführt haben für die Hoteliers, das war ein großes Streitthema.

PACK: Was wird jetzt in den nächsten fünf Jahren wichtig sein, also für die nächste Legislaturperiode?

Jansen: Mit Sicherheit den Konsolidierungskurs zu bestimmen. Also sie müssen jetzt wieder weiter kürzen. Ich denke mir, dass Finanzen noch eine der wichtigsten Fragen bis 2015 sein werden, weil da die nächsten Kürzungsprojekte anstehen in den nächsten Haushalten. Das wird ein großes Thema werden. Ein großes Thema wird auch sein, dass wir Lübeck als soziale Stadt erhalten.

PACK: Wären Sie dafür, dass die Bürger den Haushalt mitbestimmen dürfen?

Jansen: Also wir haben vor fünf Jahren einen Bürgerhaushalt gefordert. Wir fordern ihn immer noch. Wir haben auch einen Antrag hier in die Bürgerschaft reingetragen. Diesen Antrag in der Bürgerschaft, ein Konzept für einen Bürgerhaushalt zu erstellen, haben wir auch bekommen, aber aufgrund der ganzen Kosten hat die Mehrheit der Bürgerschaft dies abgelehnt. Wir sind immer noch für einen Bürgerhaushalt. Ich finde das immer noch sinnvoll. Man hat ja auch gesehen, dass Bürgerinnen und Bürger hier Vorschläge gemacht haben für den Haushalt, die dann hinterher im Finanzausschuss debattiert wurden, die aber gar nicht ernstgenommen wurden. Es gibt schon andere Kommunen, die bereits Bürgerhaushalte haben. Und dann müsste man hier Stadtteilkonferenzen machen, man müsste das ganz anders aufziehen, als zu sagen liebe Bürgerinnen und Bürger, über Internet dürft ihr jetzt ein paar Vorschläge machen und die Vorschläge werden dann hinterher von uns mal angeschaut oder abgestimmt. Das ist keine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Ich hoffe, dass wir es in der nächsten Legislaturperiode schaffen, wenn auch die Piraten mit hineinkommen, dass wir dann eine größere, stärkere Macht sind und den Bürgerhaushalt durchsetzen können.

PACK: Haben Sie das Gefühl, dass die Bevölkerung weiß, was im Rathaus passiert?

Jansen: Diejenigen, die Zeitung lesen, diejenigen, die das über Internet oder den offenen Kanal verfolgen. Aber ich glaube, der Rest der Bürgerinnen und Bürger bekommt es gar nicht mit, was im Rathaus los ist. Die Ausschüsse sind ja öffentlich, aber so viel Publikum kommt da gar nicht. Die Bürgerschaftssitzungen sind auch öffentlich, aber dann kann man da oben sitzen und zuhören und sich nicht beteiligen. Ich denke mir auch, es kommt ja immer sehr viel Protest, wenn es um Kürzungsgeschichten geht, wie Privatisierung oder sowas, dann gibt es immer einen großen Protest vor dem Rathaus. Oder als die Feuerwehrleute einen höheren Etat wollten. Dann kriegt man das ein bisschen mit. Wenn jetzt irgendwo was gebaut wird oder ein Baum gefällt wird, dann kriegen die Bürgerinnen und Bürger das mit, aber ansonsten nicht. Und deshalb fordern wir auch Ortsbeiräte. Wir fordern die schon von Anfang an, da hatten wir auch einen Antrag in der Bürgerschaft. Ich bin zum Beispiel Kielerin, ich weiß, wie das ist. Ich komm aus Kiel und da gibt es ja schon immer Ortsbeiräte und ich weiß, dass durch die Ortsbeiräte in den einzelnen Stadtteilen die Bürgerinnen und Bürger mit einbezogen werden. Ich denke mir, dann erst werden die Bürgerinnen und Bürger auch mitkriegen, was in der Bürgerschaft los ist.

PACK: Wie viel Entscheidungskompetenz würde so ein Ortsbeirat haben?

Jansen: Die Bürgerschaft müsste das entscheiden. Ein Ortsbeirat kostet ja auch Geld, ca. 220.000 Euro im Jahr. Für alle Ortsbeiräte, nicht nur für Travemünde, aber für Demokratie muss man auch Geld ausgeben. Man merkt auch, der Schulgarten soll verkauft werden, privatisiert werden und schwupps kommen Bürgerinnen und Bürger und sammeln Unterschriften. Oder mit der Brücke Reecke: Es gibt Proteste. Wenn es Proteste gibt, dann reagiert die Politik erst und ich denke mir, wenn man die Bürgerinnen und Bürger mehr beteiligt, dass man dann auch mehr Transparenz und Bürgernähe hat.

PACK: In der letzten Legislaturperiode waren glaube ich zehn verschiedene Fraktionen in der Bürgerschaft. Haben Sie das Gefühl, dass dies kontraproduktiv für die Entscheidungsfindung war oder dass dadurch mehr Meinungen auftreten konnten?

Jansen: In der Öffentlichkeit wird dies ja immer als sehr negativ beurteilt. Wir haben aber keine Fünfprozenthürde mehr. Weil wir keine Fünfprozenthürde mehr haben, und das finde ich auch gut so, kommen natürlich auch mehr Bürgerinnen und Bürger, die sich politisch engagieren wollen. Man kann ja nur eine Partei oder Wählergemeinschaft gründen, um überhaupt hier hereinzukommen. Ich finde das eigentlich ganz gut, dass nicht die großen Volksparteien, die immer schon hier drin gewesen sind, dass die immer die Platzhirsche sind und wieder reingewählt werden und kein anderer hat eine Chance hereingewählt zu werden. Das hat auch ein Stück Demokratieverständnis, wenn eine Wählergemeinschaft sagt, mir gefällt die Politik der CDU nicht, das ist uns zu mittelständisch, zu rechtslastig oder zu bürgerlich. Wir würden den Mittelweg finden, sind aber bei den Linken oder Grünen oder der SPD auch nicht so richtig aufgehoben. Das finde ich eigentlich ganz gut. Eigentlich, muss ich jetzt mal sagen, hat das auch gar nicht gestört. Ich finde, dadurch ist das Parlament auch ein bisschen lebendiger geworden. Ich war ja auch schon einmal für die Grünen in der Bürgerschaft. Da saßen nur CDU, SPD und die Grünen in der Bürgerschaft, drei Parteien. Da war das natürlich alles wesentlich schneller abgehandelt. Da gab es nicht so einen großen Meinungsaustausch. Die Alteingesessenen meinen immer, dann müsste es immer die Mehrheiten geben und dann müsste man immer eine feste Kooperation machen, die haben wir hier auch zweieinhalb Jahre gemacht. Aber wir sind vor fünf Jahren auch einmal angetreten mit wechselnden Mehrheiten, wie wir es jetzt bei der Sporthalle in Travemünde gemacht haben. Da gab es Mehrheiten von CDU, FDP, Wählergemeinschaften, Linken und Grünen für den Bau einer Turnhalle in Travemünde. Das hat natürlich die SPD gestört. Die haben herumgewettert, weil sie nicht diejenigen waren, die entschieden haben, aber ich finde, wir müssen uns auch in unserem Politikverständnis ein bisschen verändern, dass auch andere, auch kleinere Wählergemeinschaften oder Einzelpersonen nachher in der Bürgerschaftssitzung ihre Meinung sagen können. Das finde ich ganz gut.

PACK: Was motiviert Sie, Politik zu machen?

Jansen: Ich bin ja schon ein bisschen älter. Ich bin 63 Jahre alt. Ich habe schon seit meiner frühen Jugend Politik gemacht. Ich habe in der Friedensbewegung angefangen. Ich war in der Frauenbewegung, in der Anti-AKW-Bewegung. Da bin ich auch erst so richtig motiviert gegen Atomkraftwerke aufgetreten. Vor 30 Jahren habe ich das erste Mal richtig auf der Straße gestanden. Diese ehrenamtliche Initiativarbeit in Vereinen und Verbänden oder kleinen Vereinigungen hat mich dann auch motiviert zu sagen, man muss auch einen Schritt weitergehen. Man muss dann auch sagen, ich gehe jetzt mal in die Bürgerschaft oder in einen Ausschuss, um was mitentscheiden zu können, meine Meinung zu sagen, um auch die Gesellschaft ein bisschen zu verändern. Es bringt auch Spaß, weil man gerade in der Kommunalpolitik auch Erfolge erzielen kann. Nicht so wie im Landtag, wo ganz klar ist, die und die stimmen dafür, dann gibt es eine Regierung, das ist schon total klar, die kann man gar nicht mehr umstimmen. Höchstens in einigen Nuancen kann man da was verändern. Hier in der Kommunalpolitik kann man sich mit seinen Anträgen durchsetzen. Man kann die Richtung einer Stadt mitentscheiden. Politik beginnt vor der Haustür, da kann man entscheiden, was die Bürgerinnen und Bürger bewegt. Es bringt Spaß, da man Erfolge hat.

PACK: Also ist Politik Ihr Hobby oder haben Sie noch andere Freizeitbeschäftigungen?

Jansen: Ich mache noch andere Sachen. Ich gehe gerne ins Kino. Ich habe einen großen Freundeskreis. Ich stricke und nähe gerne. Ich mache gerne Gartenarbeit. Aber die Politik, die ich ehrenamtlich in meiner Freizeit mache, frisst natürlich auch viel an eigener Freizeit. Das ist schon eine Überlegung. Man muss sich dann auch ein bisschen freischaufeln, um zu sagen, ich lass den Termin jetzt mal ausfallen und gehe ins Kino oder treffe mich mit Freunden oder ich fahre jetzt mal Fahrrad am Wochenende. Das muss man irgendwie auch hinkriegen.

PACK: Was sind Ihre Ziele für die nächsten fünf Jahre? Was würden Sie gerne erreichen?

Jansen: Wir wollen erreichen, dass die Bereiche Soziales, Kultur und Bildung so erhalten bleiben wie jetzt. Dass dort keine Kürzungen stattfinden, dass es weiter entwickelt wird. Ganz wichtig ist, dass wir bezahlbaren Wohnraum bekommen. Grade auch Studentenwohnungen, also das auch für die Studierenden hier gebaut wird. Aber auch für die Menschen, die wenig Geld haben oder ein mittleres Einkommen haben, dass die sich hier auch die Mieten leisten können. Wir haben in den letzten fünf Jahren fast ausschließlich Eigentumsbau, also Luxuswohnungsbau auf den Weg gebracht und es muss unbedingt auch Wohnraum geben, der bezahlt werden kann von Menschen. Das wollen wir in den nächsten fünf Jahren erreichen. Dass Lübeck noch fahrradfreundlicher wird und weniger Autos durch die Altstadt fahren. Das alles wollen wir so grob machen.

PACK: Wenn man in die Kommunalpolitik reinschaut, dann stellt man sich immer die Frage, wer dieses Ganze leitet. Liegt das bei den Politikern oder ziehen am Ende doch die Menschen aus der Verwaltung die Fäden? Wie schätzen Sie das ein?

Jansen: Ich kann jetzt auch nach den fünf Jahren sagen, dass es für uns ehrenamtliche Politiker schwer ist, die Verwaltung zu kontrollieren. Ich bin auch der Meinung, dass wir immer an unsere Grenzen stoßen, dann kommt die Verwaltung und die schlägt uns was vor und geht nicht offen mit uns um, sondern hat ihre vorgefertigten Geschichten und wir kriegen schwierig Informationen. Also grob gesagt, die Verwaltung hat hier ziemlich große Macht. Für uns ist das total schwer, das zu kontrollieren oder auch umzudrehen. Wenn wir beispielsweise in die Finanzen mal hineinschauen wollen, wird das immer gleich boykottiert. Ich finde, da muss parteiübergreifend für die nächsten fünf Jahre eine Initiative ergriffen werden, dass es einfacher wird. Gut, der Bürgermeister steht der Verwaltung vor und der muss geknackt werden. Das müsste man parteiübergreifend schaffen, dass alle Fraktionen, die in der nächsten Bürgerschaft sitzen, da an einem Strang ziehen und sagen, das wollen wir verändern. Anders geht das gar nicht. Der Bürgermeister ist jetzt von der SPD, da schützt ihn die SPD natürlich. Das ist ein großes Feld, das wir als Ehrenamtler noch beackern müssen.

PACK: Was sind die Themen, die für uns Studenten relevant sind? Weshalb wir uns vielleicht auch in der Kommunalpolitik engagieren könnten.?

Jansen: Also junge Leute braucht die Kommunalpolitik. Es gibt auf jeden Fall zu wenig. In den einzelnen Parteien und auch in der Bürgerschaft gibt es zu wenig junge Leute, die vielleicht auch das ganze Geschehen in der Bürgerschaft umkrempeln könnten. Im Durchschnitt sitzen dort ja immer noch die Älteren. Speziell für die Studenten erst einmal bezahlbarer Wohnraum, aber auf der anderen Seite auch, um Lübeck nach außen zu repräsentieren, ist es wichtig, dass wir viele Studenten haben. Diese Unigeschichte, die Uni muss gerettet werden, das war ja schon etwas, was die Studenten hier auf den Weg gebracht haben und bravourös auf den Weg gebracht haben. Sie haben da ja schon gezeigt, Lübeck kämpft für seine Uni, dass die Studenten unglaublich gut selbst auch Politik machen können auf ihre Art und damit die ganze Stadt begeistern können und somit der Beschluss zurückgenommen wurde. Ich kann nur dafür plädieren, dass sich mehr Studenten in der Bürgerschaft engagieren und auch mehr in die Bürgerschaft einziehen und ein bisschen mehr die Stadt gestalten. Das können sie garantiert. Aus „Lübeck, rettet die Uni“ können wir nur lernen, wie das damals gemacht wurde. Tolle Ideen, tolle Sachen auf den Weg gebracht, kreativ gewesen und dem Minister und Ministerpräsidenten richtig die Kante gezeigt haben. Das war total klasse. Ich glaube, das brauchen wir mehr.

PACK: Wie würden Sie zu einem gläsernen Rathaus stehen? Wenn es wirklich in die Öffentlichkeit übertragen werden würde, was in den Sitzungen passiert?

Jansen: Ich würde es gut finden. Das fordern ja auch die Piraten. Wir haben ja jetzt den Offenen Kanal. Die Ausschüsse müssen übertragen werden. Ich finde, es ist einen Versuch wert, dies zu machen. Man muss dann mal schauen, wie viele Menschen sich das anhören, wie viele Menschen hätten Interesse, das auf dem Computer alles nachzuvollziehen. Das wäre einen Versuch wert und wir würden es auf jeden Fall unterstützen. Ich glaube, wir müssen auch heute so werden, also transparent und offen nach außen. Wir sind zu abhängig auch von den Medien. Wenn die Lübecker Nachrichten schlecht über unsere Bürgerschaftssitzung schreibt, heißt das ja noch lange nicht, dass es schlecht gewesen ist, was wir da gemacht haben. Vielleicht können Bürgerinnen und Bürger das auch mehr mitverfolgen und sich auch mehr einmischen. Das würde ich gut finden. Es kommen ja auch Menschen zu uns die sagen, ich fühle mich durch die Verwaltung nicht richtig behandelt, könnt ihr uns unterstützen. Das machen wir ja auch. Aber es kommen so einzelne, noch wenige. Wir kriegen das dann immer nur nebenher mit. Ich würde es gut finden, wenn wir es auf den Weg bringen können, dass das gläsern wird. Die Frage ist nur, wie das machbar ist. Das kostet ja auch Geld. Aber das wäre machbar.

PACK: Werden Sie häufig auf der Straße oder bei Veranstaltungen auf Themen angesprochen, die eigentlich gar nicht in den Kommunalpolitiksektor reingehören, sondern in Richtung Landespolitik oder sogar Bundespolitik gehen?

Jansen: Ja natürlich. Gerade in der Bildungspolitik ist es ganz extrem. Wir sind ja die Schulträger hier. Wir können entscheiden über das Bauwerk Schule. Wir können entscheiden, ob wir eine Gemeinschaftsschule haben wollen oder Realschulen, Regionalschulen oder Gymnasien, also die Schulart, oder wie viele Grundschulen wir haben wollen. Aber wir können nicht entscheiden, wie viele Lehrer es gibt, wie der Unterricht gestaltet wird, ob es G8 oder G9 gibt an den Gymnasien. Diese inhaltlichen Bildungsfragen können wir alle nicht entscheiden. Wir können nur über die äußere Hülle entscheiden. Da werden wir natürlich viel angesprochen. Wir können das dann in der Bürgerschaft anhand einer Resolution verabschieden, dass wir dann den Bürgermeister beauftragen, sich im Landtag oder im Bundestag für die und die Fragen einzusetzen. Aber dann schickt der Bürgermeister das an den Bundestag und dann kommt es dahin. Dann wird gesagt, sie haben es bekommen, aber sie können es nicht ändern. Das wird viel gefragt, aber die entscheidenden Fragen werden auf der Bundes- und Landesebene behandelt.

PACK: Können Sie aus Ihrer Erfahrung im Landtag sagen, ob solche Resolutionen dann wirklich beachtet werden?

Jansen: Sie werden ein bisschen in den Ausschüssen diskutiert, aber im Landtag selbst eher nicht. Vielleicht macht das die jetzige Regierung. CDU und FDP haben das damals gar nicht so richtig wahrgenommen. Die haben dann gesagt, dass es den Städtetag gibt, wo die Städte und Kreistage alle organisiert sind. Und unsere Sachen besprechen wir im Städtetag, da sind die Kommunen vertreten und deshalb müssen wir nicht unbedingt, wenn Lübeck zum Beispiel sagt, wir wollen jetzt aber da und da mitreden, das finden wir nicht gut hier in Lübeck, müssen sie es nicht haben, da sie es ja vorher schon mit dem Bürgermeister besprochen haben, im Rahmen des Städtetages.

PACK: Also kann man sagen, dass die Resolutionen manchmal ins Leere gehen.

Jansen: Ja. Die Kommune müsste eigentlich in ganz bestimmten Fragen auch viel bezahlen, z. B. Kindergartenaufbau, Krippenaufbau. Hier muss die Kommune die entscheidenden Sachen bezahlen, aber die Kommune kann überhaupt nicht entscheiden, was so passiert. Ich finde, die Kommune müsste in Fragen, auch von Naturschutz und Umweltschutz oder Finanzen mehr Mitspracherecht oder Macht haben. Bei Finanzen ist es ja auch so. Wenn wir den Haushalt verabschieden, dann muss die Kommunalaufsicht im Land das genehmigen. Der Haushalt wird immer nicht genehmigt, weil wir immer nicht genug gekürzt haben. Dann sagt das Land, ihr müsstet elf Millionen Euro an Investitionskosten einsparen. Das müssen wir auch machen. Da redet das Land rein, wie wir unsere Finanzen verteilen. Elf Millionen Investitionskosten heißt, dass Straßen hier nicht ausgebessert werden können, Schulen können nicht saniert werden, Schultoiletten können nicht saniert werden. Da finde ich muss die Kommune mehr Macht haben, ihre Finanzen selbst zu gestalten, selbstverantwortlich.

PACK: Würden Sie auch im Bundestag kandidieren wollen?

Jansen: Ich habe kandidiert. Ich bin auf Platz fünf auf der Bundesliste. Die Linken kriegen ja höchstens ein, zwei Plätze. Wir haben jetzt zwei Bundestagskandidaten gehabt und die eine ist jetzt wiedergewählt worden. Ich bin jetzt auch schon 63 Jahre alt. Jetzt muss man auch mal ein bisschen gucken, dass Jüngere nachkommen und die Sache machen. Man kann bis 70 Politik machen, aber Lust hätte ich schon, wenn ich ein bisschen jünger wäre. Ich habe auf Platz fünf kandidiert, aber wir kriegen ja keine fünf Sitze. Wir kriegen höchstens einen, oder wenn es hochkommt, zwei rein.

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Interview mit Anette Röttger (CDU) https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-anette-rottger-cdu/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-anette-rottger-cdu/#respond Sat, 11 May 2013 22:00:01 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=139600 A_Röttger
Anette Röttger

StudentenPACK: Hallo Frau Röttger, es freut uns, dass dieser Termin so gut geklappt hat. Sie sind Kreisvorsitzende der CDU in Lübeck und bildungspolitische Sprecherin sowie Bürgerschaftsmitglied und in fünf Ausschüssen, verbringen Sie sehr viel Zeit mit Kommunalpolitik?

Anette Röttger: Als Bürgerschaftsmitglied bin ich bildungspolitische Sprecherin der CDU und habe letzten Sommer das Amt der Kreisvorsitzenden übernommen. Dadurch verbringe ich mehr Zeit mit der Kommunalpolitik und arbeite sehr stark daran, dass die Lübecker CDU wieder ein junges und frisches Bild gewinnt. Dazu gehört auch, Menschen anzusprechen, zu aktivieren und zu begeistern für Politik, Kommunalpolitik in erster Linie. Das erfordert, wenn man diese Aufgabe ernst nimmt, auch Zeit.

PACK: Was macht ein Kommunalpolitiker den ganzen Tag?

Röttger: Als Mutter von drei Söhnen bewirtschafte ich hier einen landwirtschaftlichen Betrieb. Das ist meine vorrangige Aufgabe. Kommunalpolitik ist eine ehrenamtliche Aufgabe, die ich in meiner Freizeit ausübe. Da bleibt nicht mehr viel Zeit für andere Freizeitaktivitäten. Man muss das also als mein Hobby bezeichnen.

PACK: Wie viel Zeit nimmt die Politik in Anspruch?

Röttger: Das habe ich nicht direkt aufgeschrieben, aber es fordert mich schon täglich ein. Nicht nur durch die Tätigkeiten in der Bürgerschaft, sondern auch gerade im Moment zur Vorbereitung der Kommunalwahl können Sie davon ausgehen, dass ich täglich Programmpunkte habe. Das sind dann Veranstaltungen, an denen ich teilnehme, oder einfach Arbeiten vom Schreibtisch aus. Das, was wirklich Zeit kostet, ist, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, an Veranstaltungen teilzunehmen, präsent zu sein und sich auszutauschen mit anderen.

PACK: Wie kamen Sie dazu, sich für CDU und die kommunalen Themen in Lübeck zu engagieren?

Röttger: Ich gehöre zu den Menschen, die sehr verwurzelt in dieser Region sind. Wir haben eine sehr große erweiterte Familie, wir sind alle hier und haben nicht das Bestreben, hier wegzuziehen. So ein landwirtschaftlicher Betrieb bindet einen sehr stark an die Region. Dann fängt man an, darüber nachzudenken und sagt sich „Ich will das hier nicht alles laufen lassen, ich will das alles etwas mit entwickeln in dieser Region.“ Ich schätze einfach diese Stadt, die mir so am Herzen liegt, und das Umfeld der Stadt, ich spreche da speziell auch vom Süden Lübecks und den Lüb’schen Dörfern. Diese zählen alle zur Stadt hinzu und brauchen auch ein Sprachrohr im Lübecker Rathaus. Ich komme aus einem langjährigen Engagement im vorpolitischen Raum. Seit vielen Jahren bin ich in den Landfrauen aktiv und habe mich dort mit Menschen getroffen und mich ausgetauscht. Dabei dachte ich immer wieder: „Das muss politisch umgesetzt werden.“ Vor wenigen Jahren wurde ich dann aufgefordert, genau dies zu tun, unsere Wünsche politisch umzusetzen und mich für die Bürgerschaft aufstellen zu lassen. Das habe ich zur letzten Kommunalwahl 2008 getan und wurde auch in die Bürgerschaft hineingewählt und habe schwerpunktmäßig das Thema „Schule und Bildung“ gewählt. Als Mutter von drei schulpflichtigen Kindern bin ich in dem ganzen Prozess auch fit bin. Ich habe sogar selbst mal an Schulen unterrichtet, da ich von Beruf Ökotrophologin bin. Das alles führte dazu, dass ich immer tiefer in diese Materie hineinwuchs und immer mehr Menschen kennenlernte und ein Engagement dafür entwickelte. Ich denke, an so etwas muss man dranbleiben und eine Kontinuität herstellen, denn das ist, was Kommunalpolitik braucht in dieser Zeit. Wir brauchen keine Splitterungen oder kurzfristigen Aktionismus. Wir brauchen den weiten Blick und im Grunde genommen die längerfristigen Perspektiven. Diese müssen auch von Personen vertreten werden, die längerfristig in dieser Region bleiben wollen.

PACK: Was waren seit 2008 große Streitthemen, worüber wurde am heftigsten diskutiert?

Röttger: Da gibt es definitiv einige. Wenn wir uns den Bildungsbereich nehmen, ist uns immer wieder die überraschende Schulschließung der sanierten Schule in Moisling. Das hätten wir uns so nicht gewünscht. Wir als CDU haben das auch verhindern wollen. Doch dazu ist es nicht gekommen, das haben die Mehrheitsentscheidungen anders befunden. Eine andere Geschichte ist der Flughafen. Das war ein ständiger Dauerbrenner, eine ständige In-Frage-Stellung. Heute bin ich heilfroh, dass sich ein Investor gefunden hat, der einfach an diese Region glaubt. Er ist genauso wie ich überzeugt davon, dass Lübeck eine tolle Stadt ist, dass hier Entwicklungspotential ist. Er hat eine Vision, hier etwas weiterzuentwickeln. Da können wir wirklich froh sein, dass wir das zusammen mit den Bürgern in einer Vernunftentscheidung gemeinsam mit der SPD entschieden haben. Das sind ganz markante Punkte, die auch immer wieder deutlich gemacht wurden. Eine weitere ganz fatale und traurige Entwicklung ist die immer weiter wachsende Rekordverschuldung der Stadt. Da können wir froh sein, dass es den Konsolidierungsfonds des Landes gibt, der unter Peter-Harry Carstensen eingeführt wurde, wo wir auch mit Stimmen der CDU dazu beitragen konnten, dass Lübeck an diesem Pakt teilnimmt. Weitere Punkte sind natürlich in der gesamten Schul- und Bildungsentwicklung die Schulreform auf den Weg gebracht worden. Gemeinschaftsschulen und Gymnasien entstanden sind, da es jetzt auf ein Zwei-Säulen-Programm hinauslaufen wird. Dazu muss man noch sagen, dass wir Mensen bauen konnten und Gebäude sanieren konnten aufgrund des Konjunkturpakets der Bundesregierung. Das ist wichtig, zu wissen, wo das Geld herkommt. Da ist eine ganze Menge passiert.

PACK: Welche Themen sind kommunal, welche nicht? Wo liegt der entscheidende Unterschied?

Röttger: Da muss man sich sicherlich ein bisschen hineindenken. Nehmen wir als Beispiel den Bildungsbereich, auf kommunaler Ebene haben wir eine reine Schulträgerpolitik zu verantworten. Wir sind zuständig für Schulgebäude, Schulsekretärinnen, bewegliche Ferientage und solche Dinge. Die Entwicklung des Bildungsganges als solches, oder Lehrer-Stellenzuweisung. Hier findet allerdings eine Durchmischung statt, weil vor Ort die Bedürfnisse formuliert werden. Da gibt es dann Ausschüsse, die die Entwicklungen begleiten. Die dritte Ebene ist die Bundesebene, die in den letzten Jahren durch Gelder die Möglichkeit gab, energetische Sanierungen durchzuführen.

PACK: Werden Sie häufig von Bürgern auf gerade diese nicht-kommunalen Themen angesprochen?

Röttger: Das passiert häufig, wenn man in der Breiten Straße steht. Hier vor Ort im eigenen Wahlkreis passiert das nicht so oft. Hier kommt es eher dazu, dass die Leute auf mich zukommen und mir ihre lokalen Probleme schildern. Natürlich kommt es auch häufig vor, dass ich zu dem einen oder anderen Thema nur sagen kann, dass ich das weiterleite. Damit kann ich dann aber auch helfen. Als Kreisvorsitzende der CDU bin ich auch landesweit vernetzt und im Landesvorstand. Dadurch kann ich Verbindungen herstellen.

PACK: Glauben Sie, dass die Bevölkerung genau Bescheid weiß, was im Rathaus passiert?

Röttger: Ja, darüber bin ich sehr traurig. Ich versuche immer, meinen Kindern zu vermitteln, dass wir in einer Demokratie leben, wir dürfen nicht in eine Zuschauermentalität, ein Geschimpfe über Politiker und Politikverdrossenheit verfallen. Man ist aufgefordert zum Mitmachen. Das Mitmachen beinhaltet für die Bürger, sich zu informieren über die Wahlprogramme der Parteien und dann auch zur Wahl zu gehen. In der letzten Wahlperiode hat die Bürgerschaft ein schlechtes Bild abgegeben, denn über ein Drittel der Bürgerschaftsmitglieder wurden ausgetauscht. Dazu haben sich die Fraktionen immer weiter zersplittert. Mittlerweile haben wir zehn verschiedene Fraktionen im Rathaus sitzen, was im Grunde zu einer Handlungsunfähigkeit geführt hat. Das war für mich ein Grund, mich definitiv einer der großen Parteien anzuschließen. Wir müssen als Fraktion eine gewisse Fraktionsstärke haben, damit Kommunalpolitik noch als Ehrenamt leistbar ist. Mit etwa zwanzig Personen kann man alle Fachbereiche abdecken, das funktioniert nicht in kleinen Gruppen von zwei bis drei Personen. Wir wollen konstruktiv nach Lösungen suchen und gemeinsam hier und da einen Kompromiss schließen. Studenten haben eine sehr gute Schulausbildung und streben einen Hochschulabschluss an, damit sind Sie Teil der qualifizierten Bevölkerung. Sie können sich nicht dieser Verantwortung entziehen und nicht wählen gehen.

PACK: Welche Themen sind aus Ihrer Sicht relevant für Lübecker Studierende?

Röttger: Für Sie wird es immer spannend sein: Wo und wie bekomme ich einen Arbeitsplatz? Die zweite Frage wird dann sein, ob Sie eine Familie gründen möchten. Dann drängt sich die dritte und letzte Frage auf, wo möchte ich wohnen. Kann ich den Wohnraum bezahlen und von dort aus alles erreichen? Auch die Bildungsangebote für Kinder sind da wichtig. Während des Studiums geht es eher um die Frage, wie der öffentliche Personennahverkehr läuft, wie ist die Uni ausgestattet und wie ist mein Umfeld gestaltet. Habe ich bezahlbare kulturelle Angebote, ist die Stadt attraktiv? Da hat Lübeck mit „Stadt der Wissenschaft“ und im Zuge der Absicherung der Uni einen erheblichen Schritt nach vorne getan. Dazu gehören auch Studenten, die den Kontakt zu den Schulen aufrecht erhalten. Das wird zukünftig nicht anders gehen, die Schulen müssen sich vernetzen mit den Hochschulen. Das hängt immer mit Personen und Persönlichkeiten zusammen und je besser wir das aufstellen, umso besser funktioniert das. Wir als CDU sind in dieser Hinsicht auch sehr bestrebt, dass wir hier in Lübeck auch bezahlte Arbeitsplätze schaffen. Der Standort bleibt ja immer davon abhängig, ob es Arbeitsplätze gibt. Das sind Themen, die man im Geldbeutel spürt. DA muss man Studenten auch drauf stoßen und sagen „Bringt euch ein.“

PACK: Wer macht Politik? Sie oder die Verwaltung?

Röttger:Die Hauptverwaltung ist die hauptamtlich arbeitende Ebene, während die kommunalpolitische Ebene immer die ehrenamtliche bleiben wird. Es ist nicht vorgesehen, dass die Kommunalpolitiker die Verwaltungsvorlagen erstellen sollen. Das würde auch nicht funktionieren. Die Verwaltung gibt die Dinge vor, aber die Politik ist durchaus durch Mehrheitsfindung in der Lage, diese Vorlagen zurückzuweisen und Änderungsanträge zu stellen, wir geben dem Ganzen die Handschrift. Deswegen sind Mehrheiten auch sehr wichtig, das verstehen die Bürger manchmal auch nicht so richtig, denn es ist ja ziemlich schwammig geworden zwischen den Parteien. Es kommt allerdings auf die Haltung an, in der CDU ist diese sehr von einem christlichen Menschenbild geprägt, da wird sparsam mit Geld umgegangen. Dies beeinflusst auch ein Verwaltungshandeln, die Verwaltung muss schon schauen, ob sie bei den von den Bürgern bestimmten Mehrheiten mit ihren Vorlagen durchkommt oder eben nicht.

PACK: Wir bedanken uns für das Gespräch!

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Planspiele https://www.studentenpack.de/index.php/2012/06/planspiele2/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/06/planspiele2/#comments Wed, 06 Jun 2012 05:00:20 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=19106 In Jahrelanger Arbeit entworfen, im November beschlossen und seitdem geplant: Am 10 Juni ist es soweit, der neue Busfahrplan für Lübeck, der aus Fahrgastzählungen im letzten Winter, Bürgervorschlägen und Expertenmeinung entstanden ist, wird eingeführt. Was sich ändert sind weitgehend Details. Die grundlegende Struktur des sternförmigen Lübecker Netzes, in dem fast alle Linien über den ZOB verkehren, bleibt.

Busfahrende Studenten werden insbesondere eine Änderung bemerken: Es gibt keine 19 mehr. Die Strecke aus der Innenstadt an der Uni, parallel zur unveränderten Linie 9 über den Mönkhofer Weg zu Universität und Fachhochschule übernimmt dann die Linie 1.

Als Verstärkung für die morgendliche Linie 17 auf dem Weg zur Uni kommt die Buslinie 32 hinzu. Sie soll als Schnellbus ab ZOB zu den Hochschulen fahren und dabei die meisten Haltestellen dazwischen überspringen. Mit der 32 geht es in 16 Minuten vom Hauptbahnhof zur Stephensonstraße an der FH. Auf der Ratzeburger Alle hingegen bleibt alles beim alten: mit der 6 und der 4 kann man bis zur Universität fahren. Ebenfalls unverändert bleiben die Linien 5,17,18,21,30,35 und 38.

Für Studenten klingt das also nach zukünftig mehr Bussen und direkteren Verbindungen aus der Innenstadt. Eines der Ergebnisse der Mitarbeit des Referats für Öffentlichkeitsarbeit des AStA in den vom Stadtverkehr und der Stadt Lübeck organisierten Bürgerwerkstatt „Vorfahrt für Ideen“. Dort konnten in den letzten Jahren alle interessierten Bürger Vorschläge einbringen die in die Planung von Hansestadt, Stadtverkehr, LVG sowie einem Gutachterbüro aus Karlsruhe eingeflossen sind.

Ansonsten ändert sich bei den meisten Linien nur Details und meist nur, wenn man den Bereich der Innenstadt verlässt. So kommen Beschwerden aus Dörfern wie Vorrade, Wulfsdorf und Beidendorf. Bisher wahren die Randbereiche der Stadt stündlich erreichbar gewesen, zukünftig wird dort auch Wochentags die Dauer zwischen den Bussen größer. Während sich deswegen bereits Bürgerproteste formen, dürfte es die meisten Studenten kaum betreffen.

Bei all den Veränderungen darf eines allerdings bezweifelt werden: Dass die Busse sich zukünftig besser an den Fahrplan halten als bisher. Dennoch, der Stadtverkehr ändert auch sein Timing. Üblicherweise werden nun alle Buslinien im 30 Minuten Takt fahren. Dort wo zwei Linien verkehren sollen diese so versetzt sein, dass ein 15 Minuten Takt entsteht. In Hauptverkehrszeiten an Wochentagen zwischen 07:00 Uhr Morgens und 17:00 Uhr fahren die Linien 1, 9 und 6 alle 15 Minuten. Die Linie 4 bleibt halbstündlich.

Am Abend ändert sich wenig: Busse werden wie immer rar. Ab 20:30 Uhr wechseln alle Linien auf ein einen stündlichen Rhythmus. Die letzten Busse des Abends fahren um 0:30 Uhr vom ZOB zur bekannten Sternfahrt. Der nächste Bus fährt dann erst morgens, je nachdem wo man ist, zwischen 4:00 und 5:00 Uhr. Am Wochenende bietet der Stadtverkehr ebenfalls ein bekanntes Bild und schraubt die Taktung zurück: Alle Linien fahren entweder 30 oder 60 minütig. Es gilt also auch weiterhin, was heute schon gilt: Abends und am Wochenende setzt der geneigte Student besser aufs Fahrrad oder präzise Planung.

Zum Strand kommt man neben der Bahn mit den Linien 30 und 40, die einen direkt zur Priwallfähre bringen. Natürlich gilt auch mit dem neuen Fahrplan: Die Busse in Lübeck, die Bahn nach Travemünde und Timmendorf und auch die Priwallfähre können Studenten mit ihrem Studierendenausweis kostenlos nutzen. Wer jedoch Zahlen muss: Weiterhin gibt es 3 Preisstufen im Lübecker Liniennetz. Wer in der Kernzone bleibt fährt in Preisstufe 1, das heißt eine Tageskarte kostet 4,9 Euro (und 3,5 Euro mehr, wenn man ein Fahrrad mitnimmt). Die Kernzone beinhaltet die Innenstadt, die Uni und reicht bis hinaus zum CITTI-Park. Wer die Kernzone Verlässt muss, je nachdem wie viele Außenbereich er bereisen möchte, zwischen 7,7 Euro bis zu 9,7 Euro für eine Tageskarte zahlen.

So sieht sie aus die Überarbeitung des “historisch gewachsene” Liniennetzes, wie sie der Stadtverkehr in Broschüren und Magazinen nun den Lübeckern nahebringt. Wer mehr über das neue Liniennetz erfahren möchte kann dies unter www.sv-lübeck.de tun, wo auch schon die Pläne für jede einzelne Haltestelle zu finden sind oder die Servicenummer unter 0451/888-2727 anrufen.

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„Ich war bereit, zu töten!“ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/ich-war-bereit-zu-toten/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/ich-war-bereit-zu-toten/#comments Fri, 10 Feb 2012 17:00:25 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2439
Lukas Ruge | StudentenPACK.

Aussteiger Manuel Bauer und taz-Journalist Andreas Speit.

Vor dem Audimax stehen Polizeiwagen, im Foyer herrscht reges Treiben und langsam füllt sich der große Hörsaal. Die Zuhörer sind gekommen, um einen Aussteiger zu sehen, um zu hören, was einer, der in der rechten Szene unterwegs war, zu erzählen hat. Veranstaltet wird der Abend von der Lübecker Studierendenschaft: dem AStA und dem StuPa der Uni zusammen mit AStA und StuPa der FH, organisatorisch und finanziell unterstützt von der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES).

Und so war es auch ein Vertreter der FES, der nach der Begrüßung durch Benjamin Eurich, dem federführenden AStA-Referenten, die Bühne betrat. Frederic Werner betonte den Auftrag der Stiftung, die Demokratie zu stärken. Rechte gefährdeten diese und Studien zeigten, dass diese kein Randphänomen, sondern inmitten unserer Gesellschaft zu finden seien. Aus diesem Grund hatte die FES auch eine eigene Ausstellung und viel Infomaterial über Rechtsextremismus und Neofaschismus mitgebracht, die vor und nach dem Vortrag im Foyer des Hörsaalgebäudes betrachtet werden konnte.

Es folgte ein kurzer Exkurs vor die eigene Haustür: Joachim Nolte, Vertreter des Aktionsbündnisses „Wir können sie stoppen“ und Beauftragter der Kirchen gegen Rechtsextremismus, berichtete von jüngsten Geschehnissen in Ratzeburg, wo rechte Morddrohungen auf Wände geschrieben und Gegner der Neonazis persönlich bedroht wurden. Nolte rief dazu auf, am 31. März in Lübeck auf die Straße zu gehen, friedlich zu blockieren und „in Sicht- und Hörweite der Nazis“ ein Zeichen zu setzen, was nur gelinge, wenn Tausende sich an der Gegendemo beteiligen.

Dann kam Manuel Bauer auf die Bühne, groß, bullig, schwarz gekleidet. An seiner Seite Andreas Speit, freier Journalist und Publizist, der unter anderem für die taz schreibt und sich vor allem mit Rechtsextremismus und Neofaschismus befasst. In einigen einführenden Worten beschreibt Bauer seinen Ausstieg aus der rechten Szene, den er während einer Haftstrafe mit Hilfe der Organisation EXIT geschafft habe. Vorher habe er im Untergrund gearbeitet, habe geprügelt, erpresst und sei bereit gewesen, zu töten. Darüber habe er den Kontakt zu seiner Familie verloren und muss nun, nach seinem Ausstieg, erst alles wieder aufbauen. „Mein Leben war ziemlich kaputt“, fasst er die Zeit vor der Haftstrafe zusammen. Seither habe er sich der Aufklärung und dem Kampf gegen Rechts verschrieben, gebe Interviews, besuche Schulklassen. Eine dieser Klassen hat als Projektarbeit einen Film über die rechte Szene gemacht, der nun als Einleitung vorgespielt wurde.

Was folgte, waren einige Fragen von Speit, zunächst die eine, die wohl das Publikum am brennendsten interessierte: Wie ist das Phänomen zu erklären, dass einer erst Nazi ist und dann nicht mehr? Bauers Antwort schweift aus, er berichtet, wie es überhaupt dazu gekommen sei, dass er sich der rechten Szene angeschlossen hat. Er berichtet wie er seine Jugend in einem Ostdeutschland nach der Wende erlebt hat, in dem jede soziale Sicherheit weggefallen war, wo die Stabilität mit dem Rückzug der Russen abnahm und Gastarbeiter als Störenfriede wahrgenommen wurden und als erheblichen Grund für die massive Arbeitslosigkeit, die auch Bauers Familie traf. Er berichtete von einem Ostdeutschland, wo Schüler auf dem Pausenhof mit rechtem Gedankengut konfrontiert wurden, wo CDs, Comics und weiteres Infomaterial verbreitet wurden. Mit elf Jahren habe er erstmals Kontakt zur rechten Szene gehabt, mit zwölf sei er ein Teil davon geworden. Hier gab es Slogans wie „Arbeit zuerst den Deutschen“, hier waren die Wessis die Imperialisten und Kapitalisten, Ossis waren Pioniere. Die Glatze wurde zum Modetrend, Stammtischparolen waren allgegenwärtig.

Bauer bezeichnet sich selbst als „Mitläufer“, denn etwa 85 Prozent seiner Mitschüler bezeichneten sich als „rechts“. Zwar hätte es auch ein paar wenige Punks gegeben, doch „denen ging es schlecht“. Er habe es schön empfunden, Teil einer Gruppe zu sein, das Gefühl kannte er bereits aus den Pionierlagern. Auch wollte er sich etwas beweisen und dafür war Gewalt legitim, denn die Ossis waren die Opfer.

Mit 14 habe er erstmals einen Jugendclub gestürmt. Er berichtet von dem Gefühl der starken Gruppe, dem Wissen, „wenn ich zuschlage, schlagen auch die anderen“. Dabei seien Parolen wie „Taten statt Worte“ und „Gewalt ist ein gutes Argument“ durchaus gängig. Es habe Spaß gemacht, über die vermeintlichen Gegner zu triumphieren und ab da habe er sich mit Überzeugung hochgearbeitet.

Bauer bezeichnet sich dabei selbst als Teil eines militanten Milieus, denn in der Partei wäre er immer abhängig gewesen. So wurde er in seinen Handlungen aber bestärkt und lernte, wie er zuschlagen müsse, um schnell und effektiv zum Ziel zu gelangen. Er erzählt von Beschaffungskriminalität „gegen das Deutsche Volk“, da diese die Würde der Neonazis nicht anerkannten. Seine frühere Gesinnung wird unter anderem deutlich, als er berichtet, dass sie einen Homosexuellen erpresst hätten, da er für sie „Abfall“ war, sie verschleppten ihn in den Wald und nahmen seinen möglichen Tod in Kauf. Das war auch die Zeit, in der der Kontakt zur Familie zerbrach, er habe von dort also keine soziale Erziehung mehr genossen. Dies übernahm die Bewegung nun für ihn.

Ein Umdenken habe erst stattgefunden, als er wegen Körperverletzung und Erpressung ins Gefängnis musste. Dort sah er vermeintliche Kameraden beim Kiffen, was ihn an deren Linientreue zweifeln ließ. Er konfrontierte sie damit und als sie ihn körperlich angriffen, wurde er von zwei Türken verteidigt. Er stellte fest, dass er sich auch mit „normalen“ Menschen gut unterhalten konnte und vor allem musste er erleben, dass seine früheren Kameraden ihm nicht schrieben, ihn nicht besuchten. Er verbrachte alle Feiertage alleine, bis die Aussteigerorganisation EXIT auf ihn aufmerksam wurde. Diese hätten ihn besucht, hätten ihm zugehört und ihm schließlich angeboten, ihn beim Ausstieg zu unterstützen. Und nicht nur dabei: Er konnte seine Schulausbildung abschließen und stellte fest, dass er nicht arbeitslos war, weil Ausländer die Arbeitsplätze wegnahmen, sondern schlicht, weil er bislang einfach keine Lust zum Arbeiten hatte. Dies sei ein „langsamer, krass schwieriger“ Lernprozess gewesen.

Diese Erzählungen wurden nur von kurzen Zwischenfragen Speits unterbrochen, der sich offensichtlich in Bauers Lebensgeschichte gut auskannte und ihm so auch die nötigen Details entlockte.

Nun wurde die Runde geöffnet und dem Publikum die Möglichkeit gegeben, Fragen zu stellen. Die rund 300 Zuhörer nutzten diese Chance und fragten in alle Richtungen. Sie fragten nach seinem Elternhaus, wo er ursprünglich gelernt hatte, niemanden vorzuverurteilen und den Menschen zu ehren. Seinen Gesinnungswandel hatten diese nicht gut geheißen und zerbrochen war die Beziehung, als er seine Mutter als „Judenschlampe“ bezeichnete und Gewalt gegen sie anwandte. Auch habe er versucht, seiner 8-jährigen Schwester rechtes Gedankengut einzuimpfen, was diese zunächst auch brav nachplapperte. Dabei habe er sich nie hinterfragt. Kamen dennoch Zweifel an seinem Handeln und seinem Denken auf, wurden diese weg gewischt, da er nicht wusste, wie er dann seinen Freunden gegenüber da stehen würde. Diese Freunde habe er nun abgelegt, von ihnen wurde er seit seinem Ausstieg beleidigt und bedroht.

Wie er nun mit der Vergangenheit umgehe, ob er bedroht werde, wollte ein Zuhörer wissen. Er habe ein Amtsschreiben, das er immer bei sich trage, falls er einmal unplanmäßig verschwinden oder irgendwo unterkommen müsse. Zudem gebe es eine bundesweite Meldesperre. Drohungen gäbe es trotzdem immer wieder und auch seine Frau habe darunter zu leiden. Den Kontakt zu früheren Freunden habe er gänzlich abgebrochen, auch wenn ihm das nicht in allen Fällen leicht gefallen sei. Zwar distanziere er sich deutlich von den Rechten und arbeite auch gezielt gegen sie an, doch würde er gerne einmal zu einem Klassentreffen gehen, was es für ihn leider nicht gibt.

Seine mit dem Ausstieg gewonnene Freiheit könne er aber auch genießen. Es sei ein neues Gefühl, jede Musik hören zu können, die er mag, seine Kleidung frei zu wählen und alles zu essen. Seinen ersten Döner habe er mit 26 Jahren gegessen und der habe ihm sogar geschmeckt. Zudem sei er auch schon einmal in einer Schwulenkneipe gewesen und habe dort festgestellt, dass auch die Schwulen „ganz normale Menschen sind“. Von diesem Besuch erzählt er mit einem gewissen Stolz, war es doch die Erpressung eines Homosexuellen, die ihn unter anderem ins Gefängnis gebracht hatte.

Auf die Frage, ob er ein NPD-Verbot für sinnvoll erachte, antwortet Bauer zwiegespalten: Zwar sei es richtig, eine rechtsextreme Partei nicht mit Steuergeldern zu finanzieren, doch sehe er im Verbot auch eine gewisse Gefahr: „Das rechte Gedankengut lässt sich nicht verbieten und wenn dann die Partei verboten wird, formieren sich die Gruppen irgendwo anders neu.“ Viel wichtiger sei es, Präsenz gegen die Rechten zu zeigen, ihnen keinen Spielraum zu geben. Denn: „Die Macht der rechten Szene ist die Angst der anderen.“ Damals hätte es diese Gegenbewegung nicht gegeben: Wer für die Jugendlichen da war, waren die Rechten. „Hätte der Staat gezeigt: ‚Wir sind für euch da’, wäre es sicher anders gekommen“, sagt Bauer. Man müsse Jugendliche beschäftigen, sei es mit Musik, mit Kunst. Man müsse ihnen in erster Linie das Gefühl geben, dass man sie nicht fallen lasse.

Die größte und wichtigste Frage, die immer wieder durchklingt, aber erst gegen Ende konkret gestellt wird, ist die nach der Reue. Bauer habe versucht, Kontakt zu seinen Opfern aufzunehmen und um Verzeihung zu bitten. Einige hätten mit im gesprochen, verzeihen konnten ihm nur wenige. Die Wege seien jedes Mal extrem schwierig für ihn gewesen. Er sei in psychologischer Betreuung, wo er seine Taten reflektiere. Und auch die Aufklärungsarbeit helfe ihm, seine Vergangenheit zu verarbeiten. Verzeihen könnte er sich dennoch nicht, insbesondere nicht, dass er sich an Frauen und Kindern vergriffen habe. „Damit habe ich mir selbst den Stolz genommen“, fasst er es zusammen und es fällt ihm sichtlich schwer, im Detail von den Übergriffen zu erzählen.

Die Fragerunde könnte wohl noch unendlich weitergeführt werden. Während Bauer die vielen persönlichen Einblicke gab, sorgte der Fachmann Andreas Speit für den Überblick über die rechte Szene und lieferte Detailwissen. Zwar mussten die Fragen dann irgendwann abgebrochen werden, doch waren alle Veranstalter zufrieden mit dem Ergebnis. Benjamin Eurich vom AStA hatte im Vorfeld gehofft, neben der politischen Bildung den Besuchern zeigen zu können, wie man sich gegen Rechts engagieren könne und damit auch dem Rückgang der studentischen Beteiligung bei der Gegendemo entgegen zu wirken. Er freute sich, dass nicht nur Studenten zu den rund 300 Zuhörern gehört hatten, sondern auch ältere Bürger aus Lübeck und Umgebung, und sich alle rege an der Diskussionsrunde beteiligt hatten. Diese fand er sehr informativ und sie habe „für viele neue Einblicke in die rechte Szene gesorgt“. Die zweieinhalb Stunden zeigten, dass es eine aktive Auseinandersetzung mit diesem Thema gebe.

Auch Andreas Speit gab sich positiv. Zwar habe er schon viele Aussteiger erlebt, doch hatte dies in kleineren Rahmen oder auf Fachtagungen statt gefunden. Diese Runde war also neu für ihn. „Bauer kam mit seinen Anekdoten beim Publikum nicht an“ und die Frage nach der Reue habe ihn unter Druck gesetzt, doch zeigt sich Speit froh, dass es diese kritischen Nachfragen gab.

Ein Ziel des Abends wurde in jedem Fall erreicht: Im Foyer und draußen auf der Straße entwickelten sich noch rege Diskussionen, der Vortrag und die Antworten des Aussteigers hatten zum Nachdenken angeregt. Ob das die Zuhörer auch gegen Rechts auf die Straße bringt, wird sich erst Ende März zeigen.

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Ein Monat der Wissenschaft https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/ein-monat-der-wissenschaft/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/ein-monat-der-wissenschaft/#respond Fri, 10 Feb 2012 14:00:39 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2444
Lukas Ruge | StudentenPACK.

Ministerin Schavan spricht in der Marienkirche zur Eröffnung des Wissenschaftsjahres.

Es wird dunkel in der Marienkirche. Mit Musik und Tanz wird in der völlig überfüllten Kirche am 13. Januar das Jahr der Wissenschaft eröffnet. Polit-Prominenz – die Bildungsministerin Anette Schavan (CDU) ist aus Berlin angereist – Leitung von Uni, Musik- und Fachhochschule, der Bürgermeister und hunderte Lübecker sind zur Marienkirche gekommen, bis niemand mehr hinein gelassen werden konnte. Insgesamt, so die Veranstalter, 1700 Besucher. Nun stehen sie in den Gängen und lauschen der Musik während Mitglieder des Schüler-Tanzensembles der Musik- und Kunstschule auf der Bühne ein Ballett der Geometrie aufführen.

Mit diesem Ansturm hatten die Veranstalter offensichtlich nicht gerechnet, doch es ist ein gutes Zeichen. Lübecks Begeisterung für Wissenschaft, deren Demonstration im Sommer 2010 unter dem Banner „Lübeck kämpft für seine Uni“ bundesweit für Aufsehen gesorgt hatte und die zu erheblichen Teilen der Grund dafür war, dass sich Lübeck nun Stadt der Wissenschaft nennen kann, ist geblieben. Jeder Redner – der Hausherr Pastor Schwarze, die Ministerin, der Bürgermeister – sie alle sprechen an diesem Abend vom beeindruckenden Kampf einer Stadt für ihre Universität. „Bürgerinnen und Bürger, die für die Wissenschaft auf die Straße gehen – das war das Signal, das von Lübeck ausgegangen ist.“, sagt Annette Schavan.

Ein weiteres Element des Abends ist ein Widerspruch: Das Jahr der Wissenschaft wird in einer Kirche zu eröffnet? „Lübeck feiert die Wissenschaft. In einer Kirche.“, stellt Pastor Schwarze fest, der sich des scheinbaren Bruches zwischen dem Religiösen und dem Faktischen wohl bewusst ist. Doch er sieht Vereinbarkeit, denn die Marienkirche war nie nur eine Kirche. Sie ist Symbol der lübschen Bürger, ihres Reichtums. Lübecks Reichtum des einundzwanzigsten Jahrhunderts ist Wissenschaft und Lübecks Bürger sind in ihren Prunkbau gekommen, um ihren Reichtum zu feiern. Auch Schavan versucht die Brücke zwischen Religion und Wissenschaft zu schlagen, doch der konservativen Politikerin, die versucht, aus der christlichen Tradition selbst die modernen wissenschaftlichen Leitlinien herzuleiten, scheitert an diesem unmöglichen Kunststück. Achselzucken im Publikum.

BioMedTech-Campus wird eröffnet

Der Abend schließt mit der Gründung des Wissenschaftscampus. Universität, Fachhochschule, Fraunhofer-Zentren, EUROIMMUN und andere Institute der Region gründen den BioMedTec-Wissenschaftscampus. Ein sperriges Wort, aber ein wichtiger Schritt für den langfristigen Plan der Universität, bekannt unter dem Begriff Univision2020. Der Wissenschaftscampus soll zu einer verbesserten Kooperation zwischen den Gruppen und Institutionen führen, die Kompetenzen am Standort bündeln und einen Ansprechpartner im Bereich Medizintechnik schaffen, der weltweit Ansehen genießt.

Auf dem neuen BioMedTec-Campus zu studieren, fühlt sich allerdings überhaupt nicht anders an, als noch die Woche zuvor auf dem Campus der Uni Lübeck. Vorlesungen im Wissenschaftsjahr sind auch nicht anders als zuvor, die Sitze genauso hart und der Computerpool genauso voll. Der Wissenschaftscampus ist ein abstraktes Gebilde, eine Idee. Es wird wohl dauern, bis die konkreten Vorteile zu spüren sind.

Das Wissenschaftsjahr in Lübeck nimmt aber ganz konkret Form an. Täglich gibt es Veranstaltungen in der Stadt, die sich im weitesten Sinne mit Wissenschaft und Forschung beschäftigen. Wahr ist: Die meisten dieser Veranstaltungen hätten auch ohne den Titel „Jahr der Wissenschaft“ stattgefunden, wahr ist aber auch, dass die Veranstaltungen nun eine Öffentlichkeit erfahren, die ohne die Auszeichnung unmöglich gewesen wäre. Dies erleben auch die Veranstalter des FameLab.

Lukas Ruge | StudentenPACK.

Mit Regelungstechnik schafft es Christian Mallas vom Itzehoer Fraunhofer-Institut auf Platz 1.

2005 in England erfunden, ist FameLab ein Wettbewerb um die beste Verständlichkeit. Wissenschaftler haben drei Minuten auf der Bühne, um ihre Forschung ohne Präsentationsfolien zu präsentieren. Als Hilfsmittel dürfen sie dabei nutzen, was sie mit auf die Bühne nehmen können. 2011 gab es das FameLab zum ersten Mal in Deutschland, mit dem Vorentscheid für Schleswig-Holstein in Lübeck.

Für des zweite Jahr wollen nun vier junge Wissenschaftler ihre Arbeit präsentieren. Das Publikum lernt, wie das Noro-Virus funktioniert – anhand von Wäscheklammern – wie die Beamer der Zukunft funktionieren, wie Roboter eine Nadel direkt auf ihr Ziel richten, auf der Bühne fantasievoll durch einen Apfel in einer Tüte mit Wasser dargestellt, und wie Mathematik hilft, eine Operation sicherer zu machen. Wie bei der Eröffnung ist auch das FameLab mit mehr Zuschauern gesegnet, als die Veranstalter erwartet haben. Von überall werden Stühle geholt, damit der Saal im Multifunktionscenter im Hochschulstadtteil dem Ansturm gerecht wird. Schlussendlich gewinnt Christian Mallas mit dem Vortrag über die Beamer der Zukunft vom Itzehoer Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie ISIT.

Ein Pfad der kleinen Experimente

Auch Lübeck selbst verändert sich, um sich als Wissenschaftsstadt zu präsentieren. Die erste Veränderung ist der Pfad der Wissenschaft, der sich seit Mitte Januar durch die historische Altstadt zieht. Im Norden, am Burgtor, beginnt er mit der ersten Station. Neun weitere führen auf einer drei Kilometer langen Strecke bis zum Dom.

Die Stationen sind allerdings wenig beeindruckend und mit Wissenschaft hat der Pfad wenig zu tun. Ein Kaleidoskop, ein Fernglas, ein Abakus und ein Möbiusband. Der Pfad begeistert allerdings Kinder, die an den meisten Stationen hängen bleiben während die Eltern ungeduldig warten. Immerhin führt der Pfad den interessierten Touristen ohnehin an all die Orte, die dieser besucht hätte. So ist er eine Ergänzung zum Programm, das Lübeck seinen Gästen bietet, insbesondere Gästen mit Kindern. Ob der Pfad der Wissenschaft etwas Bleibendes ist, darf bezweifelt werden – oder kennt jemand den botanischen Pfad in Lübeck?

Der Januar in der Stadt der Wissenschaft hat Gäste mehr zu bieten: Insgesamt 80 Veranstaltungen in einem Monat zählt das Programm. Wanderungen, Besichtigungen, Vorträge. Hunderte werden in den nächsten Monaten folgen, viele sind schon jetzt auf der Website http://www.hanse-trifft-humboldt.de zu finden. Darunter der Wissenschaftssommer vom 2. bis 6. Juni, der Besuch des Segelschulschiffes „Alexander von Humboldt II“, die Mitte September in Travemünde anlegt, und der Tag der Wissenschaft im Oktober. Wenn die Begeisterung der Lübecker anhält, lohnt es sich, früh zu kommen, es konnte voll werden.

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Mit neuen Ideen vereint gegen Rechts https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/mit-neuen-ideen-vereint-gegen-rechts/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/mit-neuen-ideen-vereint-gegen-rechts/#respond Fri, 10 Feb 2012 12:00:23 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2433
Lukas Ruge | StudentenPACK.

Sitzblockade bei der Gegendemo 2010

Alle Jahre wieder… Es ist schon zur traurigen Regelmäßigkeit geworden, dass am letzten Samstag im März Neonazis und Rechtsradikale den Weg nach Lübeck nehmen, um hier in stiller Trauer den Opfern der Bombenanschläge auf diese Stadt im 2. Weltkrieg zu gedenken. Und genauso treten sie auf: trauernd, schweigend, friedlich. Nach außen ein integeres Bild guter Bürger.

Doch hinter den Kulissen läuft noch viel mehr: Der Trauermarsch fungiert als Vernetzungstreffen: Neue Kameradschaften werden geschlossen, Aktionen können geplant, Selbstbewusstsein geschöpft werden – alles unter den Augen der Öffentlichkeit und unter dem Schutz der Staatsmacht. Eine perfekte Gelegenheit für einen Einstieg Unentschlossener in die Szene.

„Wir können sie stoppen“, haben sich daher Vertreter von Kirchenverbänden, Parteien, Gewerkschaften, Schülerinitiativen und auch linker bis linksradikaler Gruppierungen gesagt und ein gleichnamiges Bündnis gegründet, um sich den Neonazis in den Weg zu stellen, geeint „vom Willen, den Nazis Paroli zu bieten“, so zu lesen auf der Homepage des Bündnisses. Denn worum es wirklich geht, ist nicht die Trauer um die Opfer der Bombenanschläge, sondern der Kampf um die Straße und um die Köpfe der Bürger.

Was das Bündnis in den vergangenen Jahren immerhin bewirken konnte ist, dass sich der Trauermarsch nicht mehr Richtung Innenstadt bewegt, sondern sich auf den Stadtteil St. Lorenz beschränken muss. Ein Teilerfolg, wo ein Verbot des Aufmarsches durch Bürgermeister Bernd Saxe noch immer nicht so recht durchgesetzt wird.

Auch die Vertreter der Studierendenschaft der Universität haben sich in all den Jahren mit dem Bündnis solidarisiert und den Studenten nahe gelegt, an den friedlichen Blockaden teil zu nehmen. Auch gab es immer einzelne, die sich direkt im Bündnis engagierten. In diesem Jahr beteiligten sich erstmals StuPa- und AStA-Mitglieder in ihrer offiziellen Funktion an der Organisation der Gegendemonstration. Einer von ihnen ist Christoph Leschczyk, derzeit Präsident des StuPas. Er hat sich im letzten Jahr gegen Ende in die Planungen eingebracht und festgestellt, dass vieles nicht gelaufen ist, was hätte getan werden sollen. Insbesondere die Art und der Umfang der Mobilisation waren ihm nicht ausreichend genug: Plakate seien erst spät und dann nicht flächendeckend aufgehängt worden, in der Stadt war die Aktion kaum bekannt, geschweige denn im Bewusstsein der Einwohner. Christoph ist es ein persönliches Anliegen, für dieses Thema zu sensibilisieren und mit der Rückendeckung der Studentenvertreter ist er einer derer, die sich dem Aktionsbündnis angeschlossen haben. Das Bündnis, so berichtet er, sei offen für Neue und man habe sich gefreut, dass auch Studenten sich einbringen wollen.

Die Studenten haben sich also der Mobilisation verschrieben. Konkret heißt das: Plakate kleben, das Thema in den öffentlichen Fokus rücken und vor allem: die Studenten informieren. So wurde ein Aussteiger aus der rechten Szene eingeladen, um an einem Vortragsabend im Audimax Einblicke zu liefern. Es wurde eine Vollversammlung einberufen, in der unter anderem die Notwendigkeit angesprochen wurde, sich diesem Thema zu stellen.

Lukas Ruge | StudentenPACK.

Bei der Vollversammlung stimmte die überwiegende Mehrheit der Studenten für einen fortgesetzten Einsatz der Gremien gegen den Naziaufmarsch.

Doch damit nicht genug. Neben den üblichen Kundgebungen soll es in diesem Jahr ein Rahmenprogramm geben, das es für die Demonstranten attraktiver macht, am Ort des Geschehens zu bleiben. „Wir brauchen einfach eine Riesenpräsenz“, bringt es Christoph auf den Punkt. Zwar seien sowohl die Route für den Trauermarsch wie auch die für die Gegendemo noch nicht genehmigt worden, doch sei es in diesem Jahr geplant, die Schlusskundgebung direkt in St. Lorenz stattfinden zu lassen. „Und wir müssen richtig viele Menschen sein, damit die uns auch wirklich nach St. Lorenz reinlassen“, fügt Christoph an.

Der Vorstoß nach St. Lorenz ist neu. In den vergangenen Jahren wurde die Gegendemo immer als Sternmarsch begonnen. Die beteiligten Gemeinden hielten Gottesdienste ab und anschließend pilgerte man gemeinsam zum DGB-Haus am Holstentorplatz, wo es die erste Kundgebung gab. Von dort ging es weiter zum Hauptbahnhof, wo die Schlusskundgebung stattfand. Diese dauerte an, bis der letzte Neonazi wieder in den Zug gestiegen war. Wer aktionistischer war, hat von diesem Teil der Veranstaltung nicht viel mitbekommen: Die eingefleischten Blockierer hatten sich immer schon früh morgens nach St. Lorenz aufgemacht, um vor den Straßensperrungen im Stadtteil sein zu können und sich den Nazis entgegen zu stellen. Oder besser: zu setzen.

Vor zwei Jahren haben diese Sitzblockaden zum Erfolg geführt: Die Neonazis konnten bis zum Steinrader Weg laufen, auf einem Bruchteil der anvisierten Strecke. Dort gab es kein Durchkommen und die Rechten mussten unverrichteter Dinge zurück zum Bahnhof. Ein Erfolg für das Bündnis und alle Gegendemonstranten, der aber bereits ein Jahr später zunichte gemacht werden sollte: 2011 wurde die Polizeipräsenz enorm erhöht, die Route hermetisch abgeriegelt. Es bestand keine Möglichkeit zum Ziegelteller zu gelangen, einem begehrten Dreh- und Angelpunkt der Blockade. Wer doch Anstalten machte, die Abriegelung zu durchbrechen, wurde sofort vom Platz geräumt.

Doch eine kleine Enklave gab es: Die Bodelschwingh-Kirche, in der Beethoven-Straße direkt an der Route des rechten Trauermarschs gelegen. Pastor und Pastorin der Gemeinde hatten auch einen Gottesdienst anberaumt und ein buntes Spektrum an Bürgern war gekommen: Junge, Alte, ganze Familien. Von der Kirche aus war von einigen der Versuch gestartet worden, die Nazi-Route noch früher zu blockieren. Doch das scheiterte am massiven Eingreifen der Sicherheitskräfte: Die Polizei kesselte das Gemeindezentrum ein, Schlagstöcke und Pfefferspray kamen zum Einsatz, auch gegen gänzlich unbescholtene Bürger. Es gab Verletzte, doch den Rettungskräften wurde zunächst ebenfalls der Zutritt zum Geschehen verweigert. Die Maßnahmen haben gefruchtet, die Gemeindemitglieder sind eingeschüchtert und werden sich in diesem Jahr wahrscheinlich nicht so weit einbringen.

Auch aus diesem Grund, betont Christoph Leschzcyk, sei es wichtig, Geschlossenheit zu zeigen. Und das schließt auch die Geschlossenheit von Demonstranten und Blockierern ein. Wenn alles klappt, so Christoph, werde also die Route der Rechten schon alleine deswegen beschränkt, weil sich einfach zu viele Gegendemonstranten im Stadtteil aufhalten. “Die Abschlusskundgebung am Ziegelteller soll dem Einmarsch der Neonazis von Anfang an einen Riegel vorschieben.”

Bliebe also nur noch die Flucht nach vorne. Doch eventuellen Bestrebungen, den Trauermarsch dann durch das Hauptportal des Bahnhofes auszuleiten und Richtung Stadt ziehen zu lassen, wird in den Planungen des Bündnisses bereits ein Riegel vorgeschoben: Auf dem Holstentorplatz soll ein internationales Frühstück stattfinden. Federführend in Sachen internationales Treffen ist das Politik-Referat des AStAs unter der Leitung von Maren Janotta, die die Idee zu dem Frühstück hatte. Sie hat sich mit Mitgliedern der ausländischen Gemeinden in Lübeck, ausländischen Studierenden, Austauschschülern und dem Verein zur Integration von Ausländern in Verbindung gesetzt und alle eingeladen. Auch dieses Treffen soll das Knüpfen von Kontakten ermöglichen und gleichzeitig demonstrieren: Wir sind eine Gemeinschaft, egal welcher Herkunft.

Die Erfahrungen der letzten Jahre hätten gezeigt, dass sich leider nur wenige ausländische Mitbürger an den Gegendemonstrationen beteiligen. Wer nicht typisch deutsch aussehe, bleibe an diesem Tag einfach zu Hause, berichtet Maren. Daher habe man für das Frühstück auch einen Platz gewählt, der eine etwas größere Entfernung zur Naziroute hat.

Alle, die am Frühstück teilnehmen wollen, sollten nach Möglichkeit eine Kleinigkeit zu Essen mitbringen, damit Passanten, die sich spontan anschließen möchten, auch etwas abbekommen können. Dazu soll Musik gespielt werden, die die jeweiligen Gemeinden mitbringen. Die meisten Gemeinden hätten auf Marens Anfrage zunächst überrascht reagiert, fanden die Idee aber grundsätzlich gut. Leider wollten dennoch viele nicht teilnehmen, die jüdische Gemeinde feiere beispielsweise an diesem Tag den Sabbat. Viele haben jedoch auch gleich zugesagt und werden sich beteiligen.

Auch das Aktionsbündnis hat positiv auf die Idee reagiert, so Maren. Es sei eine Chance zu zeigen, dass „die Stadt Lübeck sich als eine weltoffene Stadt präsentiert und zeigt, dass rassistisches und neonazistisches Gedankengut hier nicht akzeptiert wird.“

Die Angst, dass die ausländischen Teilnehmer für die Nazis auf dem Silbertablett präsentiert werden, teilen Maren und Christoph nicht: „Die Nazis haben eine stringente Struktur, sie treten bei Demos gerne friedlich auf und geben sich selbst eher die Opferrolle“, schließt Christoph das Risiko, zumindest was den Lübecker Aufmarsch angeht, weitgehend aus. „Außerdem sollte auch die Polizei zu deren Schutz da sein.“ Gleichzeitig betont er, wie wichtig gerade für die Universität der Kampf um ein freies Leben der ausländischen Mitbürger ist: Gerade werde ein neuer Studiengang etabliert, der hauptsächlich ausländische Studenten ansprechen und in die Stadt holen will. „Wir wollen hier Ausländer studieren lassen, dann müssen wir uns auch dafür einsetzen, dass sie außerhalb der Uni ohne Angst leben können!“

Der Einsatz gilt jedoch gleichzeitig dem Erhalt der Demokratie: „Wenn es Kräfte gibt, die die Demokratie abschaffen wollen, muss man sich dagegen auflehnen, sonst haben wir schnell Verhältnisse, die wir alle so nicht haben wollen“, appelliert Christoph noch einmal ausdrücklich. Es ist wichtig, diese Verantwortung zu übernehmen, gerade nachdem die rechte Szene durch die Geschehnisse im letzten Jahr einen Aufschub bekommen haben dürfte: „Die wollen jetzt was reißen“, sagt Christoph und fügt an, dass in diesem Jahr sicherlich 250 bis 300 Rechte zu erwarten seien. Ein Grund mehr für die Gegendemonstranten, möglichst zahlreich aufzutreten, nicht nur für die Demokratie, sondern auch für die Stadt und die Universität.

Nähere Informationen zu den geplanten Aktionen, mit Hinweisen, wo man sich speziell als Student noch einbringen kann, werden im Laufe der vorlesungsfreien Zeit folgen.

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„Ziemlich dreist!“ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/01/ziemlich-dreist/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/01/ziemlich-dreist/#respond Mon, 16 Jan 2012 12:00:41 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2335

In dieser Ausgabe befand sich ein Artikel über zwei Wohnheime für Studenten, das Boardinghouse I in der Maria-Mitchell-Straße und das Boardinghouse II in der Paul-Ehrlich-Straße im Hochschulstadtteil. Der Besitzer dieser Wohnheime, Peter Plottner, befand sich im Rechtsstreit mit dem AStA der Universität zu Lübeck. Dieser Text ist kein Text des AStA gewesen und es ist uns an dieser Stelle wichtig unsere inhaltliche Unabhängigkeit zu betonen. Das StudentenPACK trifft redaktionelle Entscheidungen selbstverantwortlich und unabhängig. Das garantieren wir und das wird auch so bleiben!

Wir sind der festen Überzeugung, dass alles, was in diesem Artikel stand, korrekt ist. Dennoch sehen wir uns nun leider gezwungen, uns rechtlich abzusichern, ob wir diesen Text wieder veröffentlichen können.
Wir hoffen, das hier bald wieder der Artikel zu finden sein wird. Bis dahin…
… eure StudentenPACKer

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Noch viel zu tun https://www.studentenpack.de/index.php/2011/12/noch-viel-zu-tun/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/12/noch-viel-zu-tun/#respond Mon, 12 Dec 2011 09:00:34 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2260 Vor wenigen Wochen wurde Bürgermeister Bernd Saxe in seinem Amt bestätigt. Ein Grund, sich mit ihm zusammen zu setzen und ihn zu fragen, wie der Alltag eines Bürgermeisters aussieht, was eine Universität für die Stadt Lübeck bedeutet und wie mit der desaströsen Haushaltslage der Hansestadt Lübeck umgegangen wird.

Saxe freut sich, wiedergewählt zu seinLukas Ruge | StudentenPACK.

Saxe freut sich, wiedergewählt zu sein

StudentenPACK: Zunächst möchten wir Ihnen natürlich zur Wiederwahl gratulieren. Sie sind jetzt zum dritten Mal Bürgermeister. Was bedeutet das für Sie?

 

 

 

Bernd Saxe: Das ist schon ein schönes Ergebnis für mich gewesen. Ich habe mich bewusst entschieden, für eine weitere Amtszeit zu kandidieren und das ist jetzt auch gelungen.

PACK: Allerdings war die Wahlbeteiligung gerade bei der Stichwahl extrem niedrig. Wenn man das gegenrechnet, hat knapp ein Fünftel der wahlberechtigten Bevölkerung für Sie gestimmt. Ist das ein Mandat? Wie sehen Sie das?

Saxe: Das ist ein Mandat. Das ist im Gesetz eindeutig geregelt, dass der, der die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält, gewählt ist. Natürlich ist es nicht schön, ich hätte mir auch eine höhere Wahlbeteiligung gewünscht. Allerdings muss man, glaube ich, sehr sorgfältig nach den Ursachen suchen: Warum ist die Wahlbeteiligung so niedrig? Das hat sicher damit zu tun, dass für viele keine wirkliche Spannung in der Wahl lag. Viele waren überzeugt, das Ergebnis schon vorher zu kennen. Da war die Motivation, hinzugehen, nicht so besonders groß.

PACK: Meinen Sie hier, dass bereits das Ergebnis bei der ersten Wahl vorherzusehen war oder erst bei der Stichwahl?

Saxe: Auch bei der ersten Wahl. Ich bin ja sehr viel unterwegs gewesen, ich hab mit Tausenden von Leuten gesprochen und alle waren eigentlich überzeugt, zu wissen, wie es ausgeht.

PACK: Wie sehen Sie die Personenwahl des Bürgermeisteramts? Damit besteht ja die Möglichkeit, dass der Bürgermeister und die Bürgerschaft von gegenteiliger Regierungsmeinung sind.

Saxe: Das ist vom Gesetzgeber ja so gewollt. Das finde ich auch richtig. Der Gesetzgeber hat gesagt, eine Gemeinde soll zwei Organe haben: die Bürgerschaft als gewählte Vertretung und den Bürgermeister als Chef der Verwaltung, mit einer eigenständigen Legitimation, um ihm auch ein bisschen Unabhängigkeit zu ermöglichen. Und ich glaube, das ist auch eine richtige Entscheidung.

PACK: Sehen Sie hier Schwierigkeiten in Ihrer Arbeit?

Saxe: Natürlich sehe ich immer Schwierigkeiten. Es ist ein schwieriges Amt, das ist jeden Tag mit Problemen verbunden. Aber es gibt einem diese Kommunalverfassung doch eine relativ starke Stellung, so dass man auch agieren kann.

PACK: Wie sieht denn Ihr Alltag aus?

Saxe: Naja, der Alltag sieht so aus, dass von morgens bis abends Termine sind, Schreibtischarbeit natürlich auch, viele Besprechungen, Sitzungen. Es ist in der Regel schon ein ziemlich voller Alltag und man kommt in der Woche durchaus auf 60 Stunden.

PACK: Von wann bis wann sind Sie im Rathaus? Wann beginnen Sie Ihren Arbeitstag?

Saxe: Das ist auch schon mal unterschiedlich, aber in der Regel bin ich so um halb 9 morgens hier. Heute wird es sicher 9 Uhr, bis ich wieder zu Hause bin. Das sind gelegentlich 12-Stunden-Tage, aber dann und wann ist es auch kürzer. Die Wochenenden sind auch nie terminfrei. Ein wirklich terminfreies Wochenende, das kommt ganz selten vor.

PACK: Sie sind jetzt der 228. Bürgermeister der Stadt, haben Sie ein historisches Vorbild?

Saxe: Nein, ein historisches Vorbild habe ich nicht, weil die Herausforderungen in jeder Phase der Geschichte Lübecks immer andere waren. Aber natürlich ist es schon etwas, das mir durchaus Ehrfurcht einflößt, dass eine so lange Kette von Vorgängern da ist. Was ja letztlich nur ein Symbol für die lange Geschichte und Tradition Lübecks ist.

PACK: Sie selbst sind seit ’75 in Lübeck: Was hat sich seither in der Stadt verändert?

Saxe: Es ist vieles weiter entwickelt worden. Ich erinnere mich, als ich herkam 1975, waren noch Kriegsschäden, die Kirchen waren zum Teil noch nicht wieder hergerichtet. Das alles ist heute vergessen. Wir haben in der Infrastruktur seitdem viel gemacht, wir haben vor ein paar Jahren angefangen, im Süden, rund um die Hochschulen, einen völlig neuen Stadtteil zu entwickeln, und auch in Travemünde hat sich viel getan. Also man sieht schon, wenn man es über so eine lange Zeit betrachtet, dass sich enorm viel verändert hat in diesen immerhin fast vier Jahrzehnten.

PACK: Von 1992 bis 2000 waren Sie in Kiel im Landtag. Was hat Sie dann bewegt, nach Lübeck zurückzukehren?

Saxe: Naja, Mitglied eines Abgeordnetenhauses, eines Parlamentes zu sein, ist eine ganz eigene Tätigkeit, die nicht zu vergleichen ist mit einer Aufgabe wie dieser hier. Und die Erkenntnis ist schon, dass mir so etwas wie hier mehr liegt als die reine Abgeordnetentätigkeit.

”Die Hochschulen sind ein ganz wichtiger, ganz tragender Faktor”

PACK: Nun sind wir ja jetzt von der Uni. In welchem Verhältnis stehen Sie zur Uni? Was bedeutet sie für Sie, für die Stadt?

Saxe: Die Uni ist, wie die anderen Hochschulen, ein ganz wichtiger Faktor in der Stadt. Wir haben ja in den Jahren seit ’75 – das ist vielleicht auch ein Anknüpfungspunkt an die vorherige Frage – enorm viele Arbeitsplätze in der Schwerindustrie verloren: Die Werften, Kraftwerk, Hochofenwerk, das ist alles verloren gegangen. 25.000 Arbeitsplätze insgesamt, die untergegangen sind. Und da war dann in der Folge schon die Frage, wo kann denn die Zukunftsperspektive der Stadt liegen, wenn das Alte nicht mehr trägt, die Schwerindustrie in Lübeck, aus unterschiedlichen, auch weltpolitischen Gründen, keine Perspektive mehr hat. Und das, was die nächsten Jahre und Jahrzehnte für uns tragend ist, ist sicher alles mit Wissenschaft, mit Technologie, mit Hochschulen, mit hochschulnahen, mit forschungsnahen Unternehmen mit Hochtechnologie. Da liegt schon ein Stück der Zukunft unserer Stadt. Und da sind natürlich die Hochschulen ein ganz wichtiger, ganz tragender Faktor.

PACK: Jetzt soll die Stadt 2012 den Titel “Wissenschaftsstadt” tragen. Was heißt das für eine Stadt?

Saxe: Das heißt, dass ein Jahr lang der Fokus sehr stark darauf liegt, welche Rolle spielt eine Hochschule in unserer Stadt? Welche Rolle spielt Wissenschaft in unserer Stadt? Welche Rolle spielt übrigens Wissenschaft auch in unserer aller Alltagsleben? Man ist ja tagtäglich mit den Produkten von wissenschaftlicher Tätigkeit und Forschung befasst: Ob man so ein Aufnahmegerät nimmt oder so eine Kamera, ob man ein Handy nimmt oder auch die Klamotten die man am Leib trägt, alles hat sich ja in den Jahren und Jahrzehnten durch wissenschaftliche Einflüsse, durch die Einflüsse von Forschung und Entwicklung erheblich verändert. Und das Ziel des Stiftungsrats der Deutschen Wissenschaft, dieses “Jahr der Wissenschaft” auszurufen, ist ja, den Menschen deutlich zu machen, welche Bedeutung Wissenschaft und Forschung in ihrem Alltag haben und welche Rolle Wissenschaft und Forschung auch bei der Zukunftsentwicklung unserer Gesellschaft spielen. Das soll 2012 hier in Lübeck in einem Fokus besonders hervorgehoben werden.

PACK: Hat das auch Vorteile für die Stadt oder ist das hauptsächlich eine finanzielle Belastung?

Saxe: Nein, das hat Riesenvorteile. Deswegen haben wir uns auch zwei Mal in diesem Wettbewerb beworben und haben uns sehr dafür engagiert, dass wir das auch kriegen. Natürlich kostet es Geld, aber ich glaube, es ist gut angelegtes Geld, um die Mentalität in der Stadt ein bisschen zu beeinflussen, um das Bewusstsein zu verstärken.

PACK: Um zurückzukommen zu den Studenten: Die Stadt wirbt ja gezielt um Studenten und Azubis mit einem Begrüßungsgeld von 100 Euro. Das wird derzeit allerdings nicht ausgezahlt. Ist das der Haushaltssituation der Stadt geschuldet?

Saxe: In der Tat, das hat mit der Finanzsituation der Stadt zu tun. Sie wissen, dass wir doch hohe Defizite haben, dass wir eine hohe Verschuldung haben. Wir müssen an allen Ecken und Enden sparen. Und so haben wir in der Tat dieses Begrüßungsgeld auch ausgesetzt. Das mag später aber wieder reaktiviert werden, wenn die Finanzsituation besser ist. Im Moment müssen wir leider an ganz vielen Stellen sparen.

PACK: Es steht allerdings immer noch auf der Homepage der Stadt. Sollte man das dann gegebenenfalls entfernen?

Saxe: Das müsste man vielleicht mal runter nehmen, ja.

PACK: Sie selber haben Ende September auf Facebook geschrieben, dass es Ihr Ziel sein wird, in den kommenden Jahren Studentenwohnungen zu schaffen. Jetzt gibt es gleichzeitig ein riesiges Bauprojekt auf der Wallhalbinsel, das aber wahrscheinlich nicht im studentischen Budget liegt.

Saxe: Ja, das würde ich auch vermuten, dass das nicht der richtige Ort ist, um Studentenwohnungen zu bauen. Wir sind durchaus auf der Suche nach Standorten für studentisches Wohnen. Da gibt es auch einige, da werden wir in den nächsten Jahren etwas realisieren. Wir sind im Gespräch mit dem Studentenwerk, damit das Studentenwerk da auch mit eingebunden ist. Im Investment nicht, aber in der Betreiberschaft, damit dann die Studentenwohnungen in Lübeck aus einer Hand angeboten werden. Es hat ja wenig Sinn, dass die Studentenwohnungen, die wir schon haben, vom Studentenwerk vermietet werden, und wenn man da nichts kriegt, muss man zu einem anderen Vermieter, um nach anderen Plätzen zu fragen. Das hätten wir schon gern in einer Hand.

Saxe stellt sich den Fragen der StudierendenschaftLukas Ruge | StudentenPACK.

Saxe stellt sich den Fragen der Studierendenschaft

”Im Haushalt ist nichts tabu, alles kann hinterfragt werden.”

PACK: Sie haben es vorher schon einmal angedeutet: Lübeck ist – salopp gesagt – pleite. Gibt es für Sie Dinge, die unantastbar sind, oder wird an allen Stellen gleichmäßig gestrichen?

Saxe: Das ist nicht meine Herangehensweise, zunächst einmal zu sagen, was unantastbar ist. Die Herangehensweise ist genau umgekehrt, also zunächst zu sagen, es gibt keine Tabus, alles kann hinterfragt werden. Man wird dann in der Diskussion beim einen oder anderen Punkt, oder vielleicht auch bei vielen Punkten, dazu kommen, dass das nicht zur Disposition stehen kann. Aber es ist eine andere Denkrichtung, mit der man rangeht, wenn man erstmal sagt, wir erklären den halben Haushalt zum Tabu, da darf man auf keinen Fall ran, und beim Rest versuchen wir dann, die Millionenbeiträge einzusparen. Wir gehen genau umgekehrt ran und sagen, nichts ist tabu, alles kann hinterfragt werden. Dann wird man diskutieren.

PACK: Sie haben in Ihrem Wahlkampf mehrfach betont, dass Sie die Schulden abbauen möchten. Genau genommen hatten Sie ja schon zwei Legislaturen dazu Zeit. Wie hat das bisher ausgesehen?

Saxe: Das hat gut ausgesehen. Wir haben seit Anfang des vorangegangenen Jahrzehnts ja drastische Sparmaßnahmen durchgeführt. Haben das Defizit auf Null gebracht, was jetzt wieder sehr hoch ist. Wir haben den Verschuldungsstand reduziert und dann kam die weltweite Finanzkrise und hat uns quasi über Nacht über 40 Prozent der Steuereinnahmen gekostet. Das hat sich ganz drastisch ausgewirkt, ein Steuereinbruch, wie wir ihn in Lübeck noch nie erlebt haben, jedenfalls nicht so weit ich das überblicken kann. Und dadurch sind die Defizite wieder hochgeschnellt, auf in der Spitze über hundert Millionen im Jahr, jedes Jahr. Und da müssen wir jetzt wieder runter. Das heißt, die aktuelle Finanzkrise, die wir haben, ist nicht über die Jahrzehnte gleichmäßig angewachsen, sondern wir hatten 2008 einen ausgeglichenen Haushalt. Und Ende 2008 ging dann die Krise los.

PACK: Wenn man jetzt draußen durch die Straßen geht, sieht man überall die Weihnachtsbeleuchtung. Ist das in dem Umfang wirklich notwendig oder könnte man hier an den Stromkosten sparen?

Saxe: Das kann man sich überlegen. Aber die Weihnachtsbeleuchtung ist nichts, was die Stadt macht, sondern das macht die Gemeinschaft der Einzelhändler und die Possehl-Stiftung, die hilft, das zu finanzieren. Es hat immer mal Versuche der Unternehmen gegeben zu sagen, will die Stadt das nicht machen mit der Weihnachtsbeleuchtung. Wir haben immer gesagt, nein, vom Weihnachtsgeschäft profitieren die Unternehmen, die Einzelhändler. Und dann müssen die auch diese Weihnachtsbeleuchtung bringen.

PACK: Ein anderes Beispiel sind die Umbaumaßnahmen, die jetzt im Bereich Sandstraße groß waren. Ist das ein Stadtprojekt?

Saxe: Sie haben jetzt leider nur Beispiele, womit die Stadt gar nichts zu tun hat. Das hat uns die Possehl-Stiftung geschenkt. Sie wissen, dass die Possehl-Stiftung hier in der Stadt sehr viel hilft bei allem Möglichen und zum Beispiel diese ganzen Umbaumaßnahmen in der Fußgängerzone sind auch ein Geschenk der Possehl-Stiftung.

PACK: Wird das noch weiter fortgesetzt? Momentan sind ja nur etwa die ersten 20 Meter renoviert.

Saxe: Ja natürlich. Das ist ja jetzt nur für die Weihnachtstage zugemacht worden mit dieser hässlichen schwarzen Teerdecke. Die bleibt natürlich nicht. Aber wir wollten über die Weihnachtszeit hier keine Baustelle haben.

PACK: Wobei wir auch den Eindruck hatten, dass die ganzen Projekte sehr zügig angegangen wurden. Hatten Sie planerisch etwas damit zu tun?

Saxe: Ja, umgesetzt wird das von der Stadt. Die Possehl-Stiftung gibt das Geld, fast hätte ich gesagt nur das Geld, aber gemacht wird es von der Stadt.

Beim Flughafen heißt es Abwarten.Lukas Ruge | StudentenPACK.

Beim Flughafen heißt es Abwarten.

”Ein Flughafen ist für die Stadt nicht ohne Bedeutung.”

PACK: Ein anderes Thema ist der Flughafen. Sie haben in einem Zeitungsinterview gesagt, Sie glauben noch an einen Investor. Das ist jetzt allerdings schon sehr viele Jahre in der Schwebe. Wann würden Sie sagen, Sie sind bereit den Flughafen aufzugeben?

Saxe: Zunächst einmal haben wir einen Bürgerentscheid. So ähnlich wie jetzt Stuttgart 21. Damals haben die Bürgerinnen und Bürger entschieden, mit einer Mehrheit, dass der Flughafen erhalten bleiben soll. Und dass er zunächst mal bis Ende 2012, also noch ein gutes Jahr, fortgeführt werden soll und dass in dieser Zeit ein Investor gesucht werden soll. Das ist eine sehr komplizierte Angelegenheit: Die Investorensuche hängt daran, dass der Planfeststellungsbeschluss, was Ausbaumaßnahmen angeht, rechtskräftig wird. Der ist aber noch nicht rechtskräftig, weil das Gericht noch darüber brütet, auf Grund einer Klage von Groß Grönau, unserer Nachbargemeinde. So lange wir den Planfeststellungsbeschluss nicht haben, so lange wird sich auch kein Investor finden, weil jeder sagt, ich wäre zwar bereit, das zu übernehmen, aber ich muss wissen, kann ich ausbauen, was kann ich ausbauen, wo kann ich ausbauen. Und so hängt es letztlich am Gericht. Aber Ihre Frage ist ja letztlich auch: Braucht die Stadt einen Flughafen? Wir sind eine Stadt, die sehr stark vom Tourismus lebt. Wir haben 1,2 Millionen Übernachtungen, ungefähr 17 Millionen Besucher in der Stadt im Jahr. Der zweitgrößte Arbeitgeberfaktor der Stadt ist Tourismus. Da kommen viele mit dem Auto, mit dem Zug, mit dem Schiff, aber es kommen eben auch eine erkleckliche Anzahl Leute mit dem Flugzeug. Insofern ist ein Flughafen für die Stadt schon nicht ohne Bedeutung.

PACK: Der Flughafen wird aber von Ryanair als Außenstelle von Hamburg gehandelt. Haben Sie da belastbare Zahlen, wie viele davon tatsächlich nach Lübeck kommen oder es nur als Übergangsmöglichkeit nutzen?

Saxe: Ja, allerdings nicht ganz aktuelle Zahlen, die sind schon ein paar Jahre alt. Da waren es, wenn ich das richtig im Kopf habe, 42 Prozent der ankommenden Touristen, die hierherkamen.

PACK: Mit dem Tourismus haben Sie schon übergeleitet zu unserer nächsten Frage: Es sind Windkraftanlagen in der Umgebung von Lübeck geplant, die allerdings das UNESCO-Weltkulturerbe gefährden könnten, weil sie in der Sichtachse auf die historische Altstadt stehen. Was ist Ihnen wichtiger? Umweltschutz oder Weltkulturerbe?

Saxe: Die Frage stellt sich so nicht, weil die Windräder, die da geplant sind, nicht wirklich die Sichtachsen versperren. Es gibt konkret eine Sichtachse, wo sehr am Rande ein Winderwartungsgebietes liegt. Die Frage, wo Windanlagen gebaut werden können, wird ja nicht durch die Stadt entschieden, sondern das Land hat festgelegt, in welchen Arealen können Windenergieanlagen gebaut werden. Das sind dann immer Flächen von mehreren Tausend, mehreren Zehntausend Quadratmetern. Da gibt es ein Winderwartungsgebiet, das grenzt an eine Sichtachse an. Das heißt, wenn man das Windrad ganz an die Grenze des Winderwartungsgebietes stellen würde, dann würde es vielleicht auf die Grenze der Sichtachse ziehen. Wenn man es aber auch nur 30 Meter wegstellt, dann steht es nicht mehr in der Sichtachse. Es gibt da also nicht wirklich einen Zielkonflikt. Klar ist, dass der UNESCO-Status für uns natürlich von hoher Bedeutung ist und wir schon bemüht sind, Windräder, die wir auch wollen, wegen des Klimawandels, so zu positionieren, dass sie nicht in der Sichtachse stehen. Das geht aber in diesem Fall auch.

PACK: Den Titel Weltkulturerbe hat Lübeck nun seit 24 Jahren: Wie war das vorher? Gibt es seither mehr Touristen?

Saxe: Das waren natürlich deutlich weniger. Der UNESCO-Titel ist für den Tourismus schon überaus hilfreich. Wir haben seit 1987 – und das sind ja in der Tat 24 Jahre – in jedem Quartal mehr Gäste gehabt als im Quartal des Vorjahres. Das heißt, wir haben seit ’87 ein stetiges Wachstum. Dieser UNESCO-Titel ist schon sehr wichtig für Tourismus und Marketing, insofern werden sicherlich auch nichts tun, um den zu gefährden.

”Bei 14, 15 Millionen ist man irgendwann an der Grenze dessen, was eine Stadt für den ÖPNV aufbringen kann.”

PACK: Ein anderes Thema beim Umweltschutz ist der Öffentliche Personennahverkehr, der ja in Lübeck – zumindest aus Studentensicht – ausbaufähig ist. Hier wurde jetzt einiges investiert, Hybridbusse beispielsweise, oder elektronische Fahrplananzeigen. Sind das Dinge, die die Stadt in den Stadtverkehr hätte anders investieren können? Beispielsweise wurden ja gleichzeitig die Preise der Schülermonatskarten enorm angehoben.

Saxe: Zunächst zu Ihrer Eingangsbemerkung: Im Vergleich zu anderen Städten dieser Größenordnung, haben wir einen extrem gut ausgebauten ÖPNV. Sowohl was die Liniennetzdichte angeht, als auch was die Taktzeiten angeht. Es gibt ja durchaus Vergleiche. Danach schneiden wir ziemlich gut ab. Der ÖPNV macht leider auch ein sehr hohes Defizit, etwa 14, 15 Millionen im Jahr muss die Stadt zubezahlen. Das zeigt auch schon, dass die Möglichkeiten, Karten zu subventionieren, also Preise zu senken, zusätzliche Linien einzurichten oder noch dichtere Taktzeiten zu schaffen, begrenzt sind. Bei 14, 15 Millionen ist man irgendwann an der Grenze dessen, was eine Stadt für den ÖPNV aufbringen kann. Sicherlich kann man bei jeder Investition, die man tätigt, überlegen, ob man sie besser an einer anderen Stelle eingesetzt hätte, ob man dieses oder jenes gemacht hätte. Was man dabei nicht darf, wenn man nicht ein verzerrtes Bild haben will, ist, dass man einmalige Investitionen, zum Beispiel das Fahrplaninformationssystem, in Relation setzt zu laufenden Mehrkosten. Man kann immer nur einmalige Ausgaben mit einmaligen anderen Ausgaben vergleichen oder laufende Kosten mit laufenden anderen Kosten. Sonst hat man keinen wirklich realen Vergleich. Und diese Investitionen in ein Fahrplansystem hätte man vielleicht auch in einen neuen Bus stecken können. Aber wir brauchten gerade keinen neuen Bus.

PACK: Gleichzeitig wurden aber diese Hybridbusse angeschafft, die wahrscheinlich auch nicht ganz günstig waren…

Saxe: Naja, kostenmäßig ist so ein Hybridbus natürlich nicht günstig. Aber er führt zu erheblichen Krafstoffeinsparungen und damit auch erheblichen CO2-Rückzügen.

Saxe hat seine Ziele klar vor AugenLukas Ruge | StudentenPACK.

Saxe hat seine Ziele klar vor Augen

”Wir haben uns sachkundigen Rat eingeholt: Im Ergebnis gilt das Demonstrationsrecht auch für Rechtsradikale”

PACK: Ein ganz anderes Thema, was allerdings auch jährlich die Stadt bewegt, sind die Nazi-Aufmärsche. Nun ist derzeit die NPD wieder in der Presse, ob sie verboten werden soll oder nicht, und von der rechten Terrorzelle soll es Verbindungen nach Schleswig-Holstein geben. Zwar kann man die Aufmärsche wegen der Versammlungsfreiheit nicht verbieten, aber kann sich eine Stadt so etwas dauerhaft leisten?

Saxe: Die Frage stellt sich leider so nicht, weil wir keine Möglichkeit haben, das zu verhindern, das ist ja unser Problem. In den vielen Jahre, die es schon stattfindet, haben wir jedes Jahr wieder versucht, Gründe zu finden, gerichtsfeste Gründe, es zu untersagen. Wir haben externe Juristen eingeschaltet, haben uns sachkundigen Rat von Gott weiß wo geholt, haben alle Möglichkeiten, die es gibt, durchgespielt. Im Ergebnis gilt Demonstrationsrecht auch für Rechtsradikale. Das Grundgesetz ist da die höhere Rechtsvorschrift. Ob uns das gefällt oder nicht, ob es dem Tourismus schadet, der Ruf der Hansestadt Lübeck darunter leidet: Wir sind nicht frei, so etwas zu verbieten, weil es uns nicht gefällt.

PACK: Eine Möglichkeit, das einzuschränken, wäre vielleicht, dass Jugendliche gezielt informiert werden, was Rechtsradikalismus ist. Gibt es dahingehend Informationen?

Saxe: Da läuft ja eine ganze Menge. Es gibt Informationen in den Schulen, in den Jugendverbänden, in allen möglichen Organisationen, es gibt jedes Jahr ein großes Programm in dieser Angelegenheit. Wer es wissen will, der weiß schon, was Rechtsradikalismus ist, dass es ihn gibt, was die Nazi-Zeit war, was da stattgefunden hat. Das geht schon, man muss nur wissen, es gibt da einen bestimmten Prozentsatz in der Bevölkerung, der will das alles so gar nicht wissen, sondern der hat das verquere Weltbild und hält daran fest.

PACK: Wie ist Ihre persönliche Meinung: Haben Sie den Eindruck, ein NPD-Verbotsverfahren könnte erfolgreich sein?

Saxe: Das einzuschätzen ist sehr schwer, denn das entscheidet letztlich das Bundesverfassungsgericht. Beim letzten Mal hat man gesehen, dass sie nach einem Kriterium entschieden haben, an das keiner vorher gedacht hat. Und ich frage mich, wie stark ist die Organisation eigentlich infiltriert von V-Leuten. Wie sehr ist sie mit anderen Leuten fremd gesteuert. Also das sind schon Fragen, die man schwer vorher sehen kann, insofern möchte ich da gar keine Prognose abgeben, wie das Verfassungsgericht entscheidet. Richtig finde ich die Diskussion, sich darüber Gedanken zu machen: Bringt das eigentlich Fortschritte? Natürlich hat man sofort den Reflex zu sagen: So was muss doch eigentlich verboten werden. Aber wenn alles das, was heute in der NPD stattfindet, dann in den Untergrund abwandert und sich dann noch mehr verbirgt vor den Augen der Öffentlichkeit, wie auch der Staatsschutzorgane, wenn viele vielleicht noch weiter in die Illegalität getrieben werden, als sie das schon heute sind, dann ist die Frage, ob das Verbot eigentlich einen Fortschritt bringt. Oder ob man nicht als Staat besser damit umgehen kann, dass man eine Organisation findet, auf die man dann seine ganze Aufmerksamkeit legt. Ich will da gar keine abschließende Meinung äußern, weil ich dafür auch viel zu wenig davon weiß, aber ich finde die Diskussion schon sehr wichtig, welche Vorteile bringt uns denn ein Verbot, wenn es denn gerichtsfest würde.

”Im Bereich der Bildung muss viel getan werden.”

PACK: Um noch einmal zu Ihrem Wahlkampf zurück zu kommen: Ihr Wahlslogan war „Weiter geht’s“. Heißt das für Sie, dass Sie so weiter arbeiten, wie Sie das die letzten Jahre getan haben, oder haben Sie Pläne, wie Sie die neue Legislatur angehen wollen?

Saxe: Natürlich gibt es Pläne, ich würde gerne weiterhin die Arbeitslosigkeit reduzieren. Wir hatten vor drei Jahren noch 20 Prozent Arbeitslosigkeit. Auch das hat übrigens sehr viel damit zu tun, wie die Finanzlage der Stadt ist. Wenn 20 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung nicht arbeiten, sondern stattdessen staatliche Ersatzleistungen beziehen, dann ist klar, dass die Stadt sowohl auf der Einnahmenseite, durch fehlende Steuereinnahmen, als auch auf der Ausgabenseite, durch die hohen Soziallasten, ein Problem hat. Heute sind wir auf 10,5 Prozent. Das ist schon ein erheblicher Fortschritt, aber das ist natürlich immer noch zu viel. Insofern gibt es all die Projekte, die jetzt so auf dem Wege sind und möglichst noch ein paar neue dazu zu realisieren, um Arbeitslosigkeit abzubauen, also IKEA bauen, im Hochschulstadtteil noch viele wissenschaftsnahe Unternehmen ansiedeln und so weiter. Das ist das eine. Damit hängt eng die Frage der Finanzsituation zusammen, die muss sich deutlich bessern. Im Bereich der Bildung muss eine Menge getan werden, Kinderbetreuung, Ganztagsschulen, all diese Themen. Die Hochschulen sollen sich weiter entwickeln, so weit die Hansestadt Lübeck darauf Einfluss hat. Mehr Einfluss haben wir da auf die Studienbedingungen, wie jetzt zum Beispiel die Verbesserung von Studentenwohnplätzen. Es gibt schon noch eine Menge zu tun für die nächsten Jahre.

PACK: Seit September sind Sie bei Facebook vertreten, also pünktlich zur Wahl. Jetzt haben Sie rund 3000 Freunde. Werden Sie die weiterhin über diese Plattform informieren?

Saxe: Ja, es ist schon vorgesehen, dass ich das auch weiterführe. Wobei, Facebook ist auch eine zeitfressende Angelegenheit, ich habe mir schon ein Limit gesetzt von nicht mehr als 30 Minuten am Tag. Denn da ist man auch leicht abgetaucht und Stunden später stellt man fest, was man eigentlich sonst noch hätte machen wollen. Es soll schon sehr nebenher laufen und kann nicht den Tagesablauf bestimmen.

PACK: Schreiben Sie die Informationen auf der Seite selbst?

Saxe: Ja, das schreibe ich alles selbst.

PACK: Gibt es etwas, das Sie den Studenten mit auf den Weg geben möchten?

Saxe: Den Studenten möchte ich mit auf den Weg geben, dass ich hoffe, dass sie hier ein Lebensumfeld finden, das ihnen gefällt. Das sie vielleicht sogar reizt, nach Abschluss des Studiums hier zu bleiben. Dass sie vielleicht auch ein Arbeitsumfeld finden, wo ihnen die Möglichkeit gegeben wird, hier zu arbeiten.

PACK: Kann die Uni der Stadt etwas zurück geben?

Saxe: Und die Uni kann der Stadt viel zurück geben: Wenn sie sich weiter entwickelt, wie in den vergangenen Jahren. Es wird demnächst der Wissenschaftscampus gegründet, die Uni und auch die Fach- und die Musikhochschule helfen sehr stark mit beim Jahr der Wissenschaft. Ich glaube, dass die Verankerung der Hochschulen in der Stadt und das Aufeinanderzugehen sich in den letzten Jahren sich sehr entwickelt hat. Noch vor einigen Jahren hätte man auf der Straße 30 Prozent der Leute ansprechen können und sie hätten gesagt: Uni? Wer? Es gab faktisch kein Bewusstsein. Das UKSH hieß Krankenhaus Ost. Es war nicht bekannt, dass wir eine Uni und eine Uniklinik haben, dass wir eine Fachhochschule und eine Musikhochschule haben. Da hat sich sehr viel geändert.

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Lübeck ist Wissenschaftsstadt 2012 https://www.studentenpack.de/index.php/2011/05/lubeck-ist-wissenschaftsstadt-2012/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/05/lubeck-ist-wissenschaftsstadt-2012/#respond Sun, 15 May 2011 09:30:12 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/wordpress/?p=286 Lübeck hat den Titel der Wissenschaftsstadt für das Jahr 2012 zugesprochen bekommen. Am 26. Januar stellten Bürgermeister Saxe, die Hochschulleitungen und andere Delegierte das Konzept „Hanse trifft Humboldt“ vor, das Wissenschaftsmanagerin Iriß Klasen für die Stadt Lübeck mit ihrem Team entworfen hatte. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, Lübeck ist seinem Ziel schon nahe, nur noch Halle und Regensburg waren als Konkurrenten übrig geblieben. Das Konzept, „Wissenschaft als elementaren Teil der Stadtentwicklung zu begreifen und als Teil der öffentlichen Kommunikation zu inszenieren“, überzeugte das Komitee. Auch die Aktionen „Lübeck kämpft für seine Uni“ spielten bei der Bewerbung eine erhebliche Rolle: „Die Zivilgesellschaft zeigt in Lübeck Gesicht“, bemerkte die Jury, „Wissenschaft wird zu einem Erlebnis für alle.“

 

Vorstellung des Konzepts Hanse Trifft Humboldt im Januar (Foto:Lukas Ruge)

Ende März dann der Sieg im Finale in Mainz. Mit großem Jubel nahm die 120 Personen große Lübecker Delegation den Titel entgegen. Es war der zweite Versuch, die Auszeichnung zu erhalten, 2008 war Lübeck gescheitert. 25.000 Euro Preisgeld gehen mit dem Titel nach Lübeck, mehrere Millionen werden von Unternehmen, Stiftungen und der Stadt Lübeck dazugegeben, um die zahlreichen Projekte zu verwirklichen.

Auch die Universität zu Lübeck beteiligt sich an den vielfältigen Projekten: Das ITM baut in Lübeck Sensornetze auf, um eine Smart City zu erschaffen, die Bildungsakademie gibt der lübschen Bevölkerung Zugang zur Wissenschaft.

Nach der Verleihung hagelte es Glückwünsche aus Politik, Universitätslandschaft und der Geschäftswelt. Leer und unglaubhaft allerdings klingen die Glückwünsche des Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen. Er freue sich, dass ein weiterer wichtiger wissenschaftlicher Titel nach Schleswig-Holstein komme. „Der Sieg der Lübecker im zweiten Anlauf zeigt auch: Hansestädtische Beharrlichkeit zahlt sich aus“. Eine Lektion, die er schon längst gelernt haben sollte.

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Empfang des Wissenschaftsrats https://www.studentenpack.de/index.php/2010/12/empfang-des-wissenschaftsrats/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/12/empfang-des-wissenschaftsrats/#respond Mon, 06 Dec 2010 09:00:59 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=107711
René Kube

Das Auditorium ist begeistert von der musikalischen Darbietung.

Ende November fand die Begehung der Universität durch die Mitglieder des Wissenschaftsrates statt. Gänzlich unabhängig davon hatte der Rat bereits einige Wochen zuvor eine Tagung in Lübeck abgehalten. Während die Ratsmitglieder den Tag über in Sitzungen verbrachten, wurde ihnen am Abend ein Empfang von Seiten der Universität bereitet. Vertreter der Universität, der lokalen Politik und die Mitglieder des Rates trafen sich nun zur lockeren Zusammenkunft in der Universitätskirche St. Petri. Ebenfalls vor Ort, ein Gast, der zwar geladen war, mit dessen Besuch dennoch niemand gerechnet hatte: Wissenschaftsminister Jost de Jager. Ob dieser sich in der Stadt, die er mit seinen frühsommerlichen Einsparplänen fast in den Ruin getrieben hätte, besonders wohl fühlte, dürfte wohl sein kleines Geheimnis bleiben. Fakt ist aber, dass er in den Reden dieses Abends durchaus Erwähnung fand und dabei nicht unbedingt glimpflich davon kam. Schon Pastor Bernd Schwarze wies in seiner Eröffnungsansprache auf die politischen Verfehlungen hin. Uni-Präsident Prof. Peter Dominiak übte zwar nur am Rande Kritik, diese wurde aber in der Ansprache von Hilbert von Löhneysen, dem Vorsitzenden der Wissenschaftlichen Kommission des Wissenschaftsrates umso harscher geübt.

Letztendlich war es jedoch nicht der Abend, der de Jager auf die rechte Bahn bringen sollte. Und so besann man sich wieder auf die schöneren Dinge des Lebens. Untermalt war der Abend durch eine hervorragende Oboenklasse der Musikhochschule sowie dem literarischen Vortrag durch Prof. Hans Wißkirchen über Thomas Manns Buddenbrooks „Zur andauernden Aktualität eines Klassikers“. Nachdem die letzten Klänge des abschließenden Musikstückes verstummt waren, wechselte die Gesellschaft von der kühlen Kirche in das benachbarte Hotel Atlantik, wo sich bei einem reichhaltigen Buffet die Vertreter der verschiedenen Gruppen näher kommen konnten. Zwar habe der Abend keinerlei Einfluss auf die Entscheidung des Rates bei der anstehenden Begehung, so die offizielle Meinung. Mit Sicherheit konnte jedoch das eine oder andere zukunftsweisende Gespräch geführt werden – auch oder vielleicht gerade weil Minister de Jager sich schon recht früh verabschiedet hatte.

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„Und warum kommt der Bus nie pünktlich?“ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/11/und-warum-kommt-der-bus-nie-punktlich/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/11/und-warum-kommt-der-bus-nie-punktlich/#respond Mon, 01 Nov 2010 10:00:43 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=108190
Andrea Kauertz | StudentenPACK.

Busse im Busdepot des Stadtverkehrs.

Nehmen wir einen durchschnittlichen Studenten einer Lübecker Hochschule und nennen ihn Tim H. Für ein Auto fehlt ihm das Geld, sein Fahrrad ist kaputt oder geklaut und jeden Tag zur Stätte des Wissenserwerbs und wieder nach Hause zurück zu laufen ist auch keine Lösung – er muss also Bus fahren. Dann gehört er zu der Gruppe junger und alter Menschen, die manchmal einen Tagesordnungspunkt mehr haben, über den sie sich ärgern können. Und das auch häufig tun. „Warum kommt der Bus immer zu spät?“, „Warum fährt der Busfahrer wie ein Henker?“ Im Alltag bleibt oft keine Zeit, diesen Fragen auf den Grund zu gehen und wenn man sich ärgert, fällt es schwer, sich die in die Lage des vermeintlichen Verursachers hineinzuversetzen. In der Tat aber hat auch der Stadtverkehr die Vorgabe, möglichst viel zu sparen.

Trennung von Stadtwerken und Stadtverkehr

Bis zum Jahr 2000 gehörten der Stadtverkehr und die Stadtwerke Lübeck zusammen. Das heißt, die Stadtwerke machten Gewinn durch den Verkauf von Gas und Strom, ein Teil dieses Gewinns floss dann direkt in den Stadtverkehr, der natürlich Verlust macht. Das ist leicht vorstellbar wenn man bedenkt, dass Busse nicht nur zu den Stoßzeiten fahren, sondern auch in den weniger genutzten Abend- und Morgenstunden und auch entferntere Gebiete anfahren. Im Jahr 2000 wurde dann das Monopol der örtlichen Stadtwerke auf den Verkauf von Gas und Strom zugunsten großer Energiekonzerne abgeschafft. Erfreulich für den Verbraucher, der fortan niedrigere Preise zu zahlen hatte, wenn er den Anbieter wechselte. Aber durch den niedrigeren Gewinn der Stadtwerke konnte ab dem Zeitpunkt auch weniger Geld in den Stadtverkehr fließen. Was tun also, wenn einem Gewinn von 8 Millionen Euro ein Verlust von 16 Millionen Euro gegenübersteht?

Sparen, sparen, sparen

Zur Kostensenkung wurden mehrere Maßnahmen ergriffen. Zum Einen wurde nicht nur beim Personal gespart, sondern zum Beispiel wurde auch der Busbestand von 180 Fahrzeugen auf 140 gesenkt. Die meisten davon sind Umweltbusse, die mit dem blauen Umweltengel gekennzeichnet sind. Diese werden nicht nur alle zwei Tage mit 11-14000 Liter Diesel betankt, sondern auch mit dem sogenannten „AdBlue“, was nichts anderes als Harnstoff ist. Dadurch wird der Ausstoß von Schadstoffen um bis zu 80% reduziert. Pro Jahr müssen etwa 12-14 neue Busse angeschafft werden, was mit 300.000 Euro Kosten pro Exemplar zu Buche schlägt. Immerhin werden die Busse mit Regenwasser gewaschen, was pro Bus etwa 200-240 Liter ausmacht. Nur im Winter können sie manchmal nicht, wie üblich, alle zwei Tage gewaschen werden: Bei niedrigen Temperaturen würden sonst die Türen zufrieren. Um weniger Busse und Personal einsetzen zu müssen, wurden die sogenannten Wendezeiten an den Endhaltestellen verkürzt. Dabei handelt es sich um die Zeit, die einem Bus zwischen Ankunft und Abfahrt an der Endhaltestelle zur Verfügung steht. Prinzipiell kann diese Zeit genutzt werden, um zum Beispiel eine entstandene Verspätung wieder auszugleichen. Hinzu kommt, dass die Fahrpläne heute insgesamt so straff organisiert sind, dass sie nur funktionieren, wenn nichts Außergewöhnliches passiert. Jegliche Verzögerung, etwa durch den Berufsverkehr, führt zu Verspätungen, die meist nicht mehr rausgeholt werden können. Mancher Busfahrer versucht da vielleicht, mit seiner Fahrweise gegenzusteuern.

Neue Technologien

„Wird darüber nachgedacht, die Busflotte durch Fahrzeuge mit Gasantrieb auszurüsten?“ fragt Tim H. sich. Busse mit Gasantrieb werden keine eingesetzt, geplant ist aber, im nächsten Jahr die ersten Hybridbusse anzuschaffen. Bei einem Hybridbus treibt der Dieselmotor einen elektrischen Generator an, der Strom für den Elektromotor produziert, der dann direkt die Achsen antreibt. Zusätzlich wird Strom gespeichert und dann genutzt, wenn besonders viel Energie erforderlich ist, zum Beispiel beim Anfahren. Durch diese Technologie wird der Ausstoß von Schadstoffen verringert und die Busse lassen sich auch noch zu Wasserstoffbussen umbauen, die komplett ohne Diesel auskommen. Auf lange Sicht gesehen ist das das Ziel.
Busfahrer und die Priwallfähre

„Und wer fährt mich da eigentlich immer durch die Gegend?“ Den typischen Ausbildungsberuf Busfahrer gibt es nicht, die meisten sind Quereinsteiger und kommen aus ganz unterschiedlichen Berufen. Manche waren vorher beim Bundesgrenzschutz, andere in handwerklichen Berufen tätig. Beim Stadtverkehr müssen sie sich alle 5 Jahre einem Generalcheck unterziehen und zu diesem Zeitpunkt auch 35 Stunden Schulung vorweisen.

Zum guten Schluss noch ein Hinweis an alle Studenten, die auch mal gerne ans Wasser fahren: Ja, die Priwallfähre darf mit dem Semesterticket benutzt werden, auch wenn immer wieder Gerüchte auftauchen, man müsste dann trotzdem ein Kinderticket lösen oder dergleichen. Aber natürlich nur als Fußgänger, nicht mit dem Auto. Ist klar.

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Quo vadis Stadtverkehr? https://www.studentenpack.de/index.php/2010/07/quo-vadis-stadtverkehr/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/07/quo-vadis-stadtverkehr/#respond Thu, 01 Jul 2010 08:00:56 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=108228
Andrea Kauertz | StudentenPACK.

Lübeck kämpft auch bei der Präsentation der Workshopergebnisse

Es ist das eine Lied, das wir in letzter Zeit so häufig hören: Es muss gespart werden!

Wie sollte es anders sein: Dies muss auch beim Stadtverkehr Lübeck geschehen. Jedes Jahr sollen 2,5 Millionen Euro eingespart werden, natürlich am liebsten, ohne Fahrgäste zu verlieren.

Vielleicht sollten unser Ministerpräsident oder Herr de Jager mal ein Praktikum bei den Leuten vom Stadtverkehr machen, denn eines machen die sicher richtig: Sie befragen auch mal die Bürger und Angestellten, was Ihnen denn so besonders wichtig sei und was vielleicht eingespart werden könnte. Dazu fand am 12.6.2010 eine Bürgerwerkstatt in den Media Docks unter dem Titel „Vorfahrt für Ideen“ statt, zu der rund 200 Einwohner Lübecks erschienen. Die PTV AG (Planung Transport Verkehr) aus Karlsruhe war im Vorfeld damit beauftragt worden, das Liniennetz in Lübeck zu optimieren und dabei jede vorhandene Struktur kritisch zu überprüfen (mit den Einsparzielen im Hinterkopf). Die nötige Erfahrung bringt die PTV AG mit. Bereits in mehreren deutschen Städten haben sie die dortigen Bus- und Bahnbetriebe bei der Verbesserung des Angebotes unterstützt und in Dubai sogar das Liniennetz komplett aufgebaut.

Nach einer Begrüßung durch den Geschäftsführer des Stadtverkehrs, Willi Nibbe, und den Lübecker Bausenator, Franz-Peter Boden, stellt der Geschäftsführer der PTV AG, Jürgen Kaiser, den Kontext dar, in welchem die Bürgerwerkstatt stattfindet. Im Moment wird der Status Quo erhoben und die Bedürfnisse der Mitarbeiter, der Stadtverkehr-Nutzer und auch der Bürger, die keine Busse nutzen, ermittelt. Darum wurde bereits eine Mitarbeiterbefragung Anfang des Jahres sowie eine Fahrgastzählung und eine telefonische Haushaltsbefragung durchgeführt. „Die Bürgerwerkstatt soll jetzt dazu genutzt werden, direkt mit den Einwohnern in Kontakt zu treten. Jeder Vorschlag ist erlaubt, wir nehmen alles mit“, so Jürgen Kaiser am Ende der Eingangsveranstaltung.

Ideen sammeln

Danach teilt sich das Auditorium in drei Workshops auf, die jeweils etwas andere Aspekte des Stadtverkehrs beleuchten sollen. Letztendlich verwischen diese Grenzen aber. Jeder Workshop wird von einem Mitarbeiter der PTV AG geleitet und von einem oder mehreren Mitarbeitern des Stadtverkehrs unterstützt. So kann auf Fragen direkt mit Sachverstand geantwortet werden. Auch wenn Eingangs direkt angesagt wurde, dass das Thema Preisgestaltung von Tickets nicht Teil der Diskussionen sein soll, wird es in dem Workshop, in dem ich sitze, direkt von einem Teilnehmer angesprochen. Dazu werden dann aber auch erwartungsgemäß keine Aussagen gemacht. Nach einer Einführungsrunde im Workshop sollen alle Teilnehmer ihren Wohnort auf einer Karte von Lübeck markieren. Fast aus allen Bereichen Lübecks sind „Vertreter“ da und einige machen ihrem Ärger gleich zu Beginn Luft. Zum Thema „Taktung“, also wie häufig ein Bus in der Stunde fährt, beschweren sich viele über schwer merkbare Fahrpläne, da sich die Taktung im Laufe des Tages verändert. Was sich viele von den Innenstadteinwohnen nicht vorstellen konnten: Es gibt Bereiche Lübecks, da fahren vormittags Busse und dann 5 Stunden lang kein einziger mehr. Die entrüstete Frage, was das denn wohl für eine Taktung sei, kommentiert ein anderer Workshopteilnehmer trocken mit den Worten „Ist immerhin leicht zu merken“. Um System in die Vorschlagsflut zu bringen, erhält jeder Teilnehmer Zettel, um darauf seine Anregungen zu den Themen Fahrzeit, Fahrtenzahl und Abendverkehr niederzuschreiben und später an die Pinnwände zu heften.

Immer wieder wird zwischendurch diskutiert und besonders die älteren Teilnehmer, die übrigens deutlich zahlreicher als die jüngeren Teilnehmer sind, erzählen viel Erlebtes und Generelles, was sie los werden möchten. So wirft ein Herr auf, dass sich ja in jedem Bus ein Schild mit der Aufschrift „Während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen“ befindet. Die Älteren würden noch zu einer Generation gehören, in der man stark obrigkeitsgläubig ist und sich daher an solche niedergeschriebenen Vorgaben hält und sich dadurch nicht trauen, den Fahrer um Hilfe zu bitten, z.B. beim Ein- und Aussteigen mit einem Rollstuhl.

Zukunftsmusik

Nach zwei Stunden ist eine Pause nötig, Brötchen und Kaffee helfen beim Entspannen, vor den Media Docks können alle die Zukunft bestaunen: ein Bus, der mit Wasserstoff fährt und ein Hybrid Bus (beide von der Hamburger Hochbahn für den Tag zur Verfügung gestellt) können für eine kleine Rundfahrt genutzt werden.

Zum Ende der Veranstaltung werden dann die Ergebnisse aus den Workshops vorgestellt. Einige Themen tauchen immer wieder auf, wie zum Beispiel der Abendverkehr. Manche wünschen sich eine Auflösung der Sternfahrten, Studenten die Einführung von Nachtbussen (meine Workshopleiterin machte direkt ein besorgtes Gesicht, als dies zur Sprache kam: „Na ja, mal sehen wie wir das finanzieren“), andere mehr Querverbindungen zwischen den Stadtteilen als Ergänzung zur Altstadt-Zentrierung. Ebenfalls oft genannt wird der Wunsch nach der Einbindung neuer Strecken – zum Beispiel fährt kein Bus über die Kanalstraße oder zur Nordtangente – nach der Verbesserung von Haltestellen und nach einer besseren Koordinierung der Fahrzeiten von Bus und Bahn.

Die Veranstalter werden nicht müde, zu betonen, wie begeistert sie von dieser Bürgerwerkstatt und ihrem Ergebnis sind. So eine Resonanz von den Lübeckern hätten sie sich gewünscht und man sei hochzufrieden mit der Qualität der Beiträge und Diskussionen. Es bleibt abzuwarten, was von den vielen Vorschlägen wirklich in die Tat umgesetzt wird, denn es geht ja um die „Optimierung“ des Liniennetzes. Ende des Jahres soll eine schriftliche Zusammenfassung erscheinen, die genau darauf Antwort gibt. Wir werden berichten!

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