Fabian Schwarze – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Wed, 18 Apr 2018 20:37:47 +0000 de-DE hourly 1 Metaphorische Lichtgestalten https://www.studentenpack.de/index.php/2017/12/metaphorische-lichtgestalten/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/12/metaphorische-lichtgestalten/#respond Mon, 04 Dec 2017 09:00:01 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=306471
Der Eingang zum Hinterhof der neuen Rösterei in der Wahmstraße.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Der Eingang zum Hinterhof der neuen Rösterei in der Wahmstraße.

“Glauben” – für manche ist das etwas sehr Abstraktes und Fremdes, für manche selbstverständlicher Bestandteil des alltäglichen Lebens. Woran Menschen glauben und welche Rituale dazugehören, ist nicht nur zwischen den verschiedenen Religionen unterschiedlich, sondern unterscheidet sich schon zwischen Individuen. Um nicht nur – wie in der Schule – die Organisationsstruktur und Theorie der unterschiedlichen Glaubensrichtungen kennenzulernen, besucht ein Team aus der StudentenPACK-Redaktion die verschiedenen Religionszentren in Lübeck und möchte möglichst unvoreingenommen erleben, wie es sich anfühlt, mitzumachen und dabei zu sein. Als erstes führt uns der Weg ins Buddhistische Zentrum Lübeck.

Ein Kronleuchter. Ein Blick durch einen Torbogen. Industriell anmutende Stahlträger. Eine Feuerschutzleiter. Backsteine.

Es ist Dienstag kurz vor 20 Uhr. Obwohl es Frühling ist, ist es um uns herum bereits dunkel. Wir treten durch den Torbogen zur Neuen Rösterei. „Sind wir hier richtig?“, scheinen unsere Blicke zu fragen. Wir blicken auf das ehemalige Lagergebäude in einen auf den ersten Blick nicht einsehbaren Innenhof der Lübecker Wahmstraße. Mein Blick wandert nach oben – entlang der stählernen Feuerschutzleiter, vorbei an vier Reihen großer ausladender Fenster – und mein Blick fixiert die bunten im Wind schwingenden Fähnchen in der Nähe des Daches – dahinter der fast schon nachtblaue Himmel. Wir finden den Eingang zum Hinterhaus und entdecken ein Schild, das uns verrät, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden. Sechs Treppen später stehen wir vor der schweren altertümlich wirkenden Tür. Wir treten ein und stehen in einem Raum mit hohen Decken. Der Blick aus dem Fenster zeigt die Silhouetten der Lübecker Altstadthäuser und gleichzeitig die Höhe, in der wir uns befinden.

Der Raum, in dem wir uns befinden, besteht praktisch nur aus einer Küche und einem großen Tisch, an dem bereits sieben Leute sitzen, die sich unterhalten und Tee trinken – keiner trägt Schuhe. Etwas überfordert stehen wir in der Mitte des Raumes und fühlen uns fehl am Platz. Wir fühlen uns, als wären wir plötzlich in der Wohnung einer fremden Person aufgetaucht.

So hatte sich keiner das buddhistische Zentrum Lübecks vorgestellt. Nach wenigen Augenblicken werden wir begrüßt und in den weiteren Verlauf des Abends eingewiesen.

Wir sind zu einer der wöchentlich stattfindenden, offen geleiteten Meditationen eingeladen worden. Wir ziehen unsere Schuhe aus und setzen uns zu den anderen an den Tisch und trinken von dem Mangotee. Keines der Gespräche handelt von dem, was gleich passieren wird. „Wollen wir anfangen?“, ertönt eine Stimme aus dem Nebenraum und alle beginnen sich langsam zu erheben.

Wir betreten den Nebenraum, der noch einmal die Größe des zuvor betretenen Raumes aufweist. Dieser ist jedoch bis auf die Bilder an der Wand und ein paar Regale voller Kissen fast komplett leer. Dieser Raum war für mehr gedacht.

Meditieren

Eine Meditation im buddhistischen Sinne soll uns die Qualitäten einer erleuchteten Person in uns selbst zeigen. Um dies zu erreichen, sind einige Strategien entwickelt worden, wird uns erklärt. Zu allererst die Sitzposition: Wir greifen zu den an der Wand aufgestellten harten und hohen Kissen und setzen uns im Schneidersitz darauf. Sofort wird unsere Sitzposition korrigiert. Die Knie liegen auf dem Boden. Die Fußoberseite liegt flach auf dem Boden, die Beine voreinander, die Hände auf den Knien, der Rücken gerade und der Blick ist leicht Richtung Boden gerichtet. Sobald sich auch alle anderen gesetzt und ihre jeweilig bevorzugte Sitzposition eingenommen haben, beginnen wir mit der Meditation. Vor uns sitzt die Meditationsleiterin. Das Licht wird gedimmt und ich beginne, mich zu entspannen. Sie führt uns mit ihren Worten in die Idee der buddhistischen Meditation ein. Wir meditieren auf den 16. Karmapa, einen buddhistischen Lehrer, der 1959 das chinesisch besetzte Tibet verließ und durch einige westliche Schüler den Buddhismus dorthin verbreite.

Verwunderlich ist in diesem Fall nur, das Rangjung Rigpe Dorje, der 16. Karmapa, bereits verstorben ist. Mein Blick wandert zu dem Bild des Karmapas, welches an prominentester Stelle in der Mitte der Wand hängt, in deren Richtung alle Meditierenden sitzen. In tiefer Meditation mit leicht glasigem Blick schaut er von oben auf uns herab – nicht überheblich oder erhaben, sondern nur gut sichtbar für alle Sitzenden. Wir verharren in Stille auf unseren Sitzpositionen, während die Meditationsleiterin von den positiven Aspekten berichtet, die wir in uns zu erkennen wünschen. Liebe, Mitgefühl und ein Verständnis der Welt in und um uns. Qualitäten, die laut buddhistischer Lehre in jedem von uns vorhanden sind. Qualitäten, die die Buddhisten – und in diesem Moment auch wir – in diesem Augenblick finden und erreichen wollen.
Der Karmapa stellt keine Gottheit oder einen Heiligen da. Er ist kein Papst oder Messias, sondern ein einfacher Mensch. Doch er ist auf dem Weg zur Erleuchtung weiter als wir gekommen.

Er stellt ein Ziel dar. Wir können an ihm die Merkmale entdecken, die wir an uns missen oder die wir an uns noch hervorbringen wollen. In diesem Fall ist er ein Ziel, ein Lehrer und ein Beispiel.

Der Meditationsraum im Buddhistischen Zentrum.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Der Meditationsraum im Buddhistischen Zentrum.

Wege zur Erkenntnis

Doch die Beispiele mit denen diese Qualitäten von ihm – beziehungsweise von seinem Bild vor uns – auf uns übertragen werden sollten, kann ich im Nachhinein nur als verwunderlich bezeichnen. Auf dem Bild eines verstorbenen Menschen ist nichts von dessen Liebe oder Weltverständnis zu sehen. Von diesem Bild geht eine Ruhe aus und eine Vorstellung für das, was dieser Mensch zu Lebzeiten möglicherweise ausgestrahlt hat. Mit Worten wird uns erklärt, wie Strahlen aus farbigem Licht von seinen Augen in unsere Augen strahlten, von seinem Herzen zu unseren, von seiner Stirn zu unseren und aus seinem Mund in unsere Münder. Diese Strahlen brachten die erwünschten Erkenntnisse für diejenigen mit, die die nötigen Schritte unternommen hatten, um diese zu verstehen. Mich persönlich amüsierten die kunstvollen Ausführungen der an aus den Augen geschossenen Lasern erinnernden Strahlen und ich verlor kurz meine Konzentration.

Weiter ging es mit einem Teil, der Neuen vermutlich am meisten das Gefühl gibt, nicht dazu zu gehören – ein tibetanischer Gesang. Die sogenannte Anrufung des schwarzen Mantels – eines Erleuchteten der den ihn Anrufenden den Schutz vor den negativen Emotionen der Welt auferlegen sollte. Für diesen Gesang gibt es – anders als bei vielen anderen buddhistischen Gesängen – noch keine adäquate Übersetzung, weshalb dieser immer noch in seiner grundlegenden und originalen Form gesungen wurde. Der schwarze Mantel oder auch Mahakala ist eine aus dem Hinduismus übernommene „Gottheit“, die im Buddhismus zu einem Symbolbild für das zornvolle Mitgefühl des Lehrers des Bodhisattvas Avalokiteshvara gesehen wird und eine markante Darstellung für die geschichtliche Verbindung von Buddhismus und Hinduismus ist.

Der Gesang dauerte etwa fünf Minuten und die mehrstimmigen Gesänge der Meditierenden hallten im Raum umher. Mittlerweile war es komplett dunkel vor den Fenstern und das Gefühl, das die singenden und meditierenden Menschen um uns herum ineinander auslösen mussten, war spürbar und verständlicher geworden. Ein gemeinsames Ziel wirkt belebend und verbindend. Dabei nach sich selbst und nicht nach einer Gottheit zu suchen, ist in diesem Fall wahrscheinlich das Ausschlaggebende.

Langsam öffneten wir die Augen. Um uns herum sich streckende Menschen. Ein Blick auf die Uhr. „Was denkst du? Wie lange hat es gedauert?“ „So um die 15 Minuten?“ „Naja… Das Dreifache trifft es besser.“ Wir verließen den Raum mit mehr Fragen als zuvor.

Fragen über Fragen

Ein paar Minuten später betraten wir wieder den Meditationsraum. Diesmal mit dem Sprecher des Buddhistischen Zentrums, der uns bei unseren Fragen zur Seite stehen wollte. Was auch wir schon verstanden hatten, war der Fakt, dass die Buddhisten zwar Riten und spirituelle Taten vollbrachten, diese jedoch nicht als übernatürlich ansahen, sondern als Metaphern für das, was sie als urtümlich menschliche Eigenschaften kennen. Nun erfuhren wir auch einiges über die Geschichte des Buddhismus – insbesondere der hier ausgeübten Karma-Kagyü-Linie – in Deutschland selbst. Daraus ergab sich auch die Erklärung, warum im Lübecker Zentrum immer noch auf den bereits verstorbenen und durch den 17. Karmapa ersetzten 16. Karmapa meditiert wurde. Der Däne Ole Nydahl – der Begründer der meisten buddhistischen Zentren im Norden Europas – begegnete 1969 dem 16. Karmapa und wurde einer seiner Schüler. Als Lama (Lehrer oder Leiter) reiste er durch die westliche Welt, gründete Zentren und verbreitete den Buddhismus in Europa. Damit gilt Ole Nydahl als Lehrer dieser Zentren und sein Lehrer als Oberhaupt. Ole Nydahl hatte nie vom 17. Karmapa gelernt, weshalb dieser für seine Schüler auch nicht als Ziel der Meditation gelten konnte. Ein Karmapa ist ein bewusst wiedergeborener, erleuchteter Lama und ist zuständig für den Erhalt und die Verbreitung seiner buddhistischen Lehren. Der von ihm gelehrte Diamantweg-Buddhismus soll den Ausführenden – nicht durch Dogmen oder Tatsachen, sondern durch kritisches Hinterfragen aller Dinge – dazu bringen, dass wir unsere Erfahrungen nutzen können und das gesamte „Potential“ des Menschen durch Rede, Körper und Geist erreichen können. Dazu wird meditiert – das heißt verweilt in einem Zustand der Geistesruhe.

Generell soll der Buddhismus uns in den Zustand unseres inneren Buddha versetzen – in den Zustand der Erleuchtung. Er soll uns aus unseren Gewohnheitsmustern herausführen und die Welt so sehen lassen, wie auch Buddha sie sah, als er sich selbst aus dem Hinduismus entfernte und durch Meditation zum ersten bekannten erleuchten Wesen wurde.

Menschen trennen die Welt in sich und die Welt um sich herum. Das möchte der Buddhismus durch das Erleben verbinden. Dort gibt es jedoch keine Trennung, daher sind alle Dinge die real und fest sind endlich. Menschen werden alt und krank, aber das Denken, das Innerliche und das Erleben sind dauerhaft. Der Erleber ist unendlich. Das Erleben findet als Konstante immer noch statt, auch wenn es keinen Körper mehr gibt. Der Buddhismus erkennt, dass nichts außer dem Erleben dauerhaft ist.

Im obersten Stockwerk meditieren regelmäßig die Lübecker Buddhisten. Am oberen Ende der Treppe wehen einige bunte Fahnen im Wind.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Im obersten Stockwerk meditieren regelmäßig die Lübecker Buddhisten. Am oberen Ende der Treppe wehen einige bunte Fahnen im Wind.

Meine Frage: Wie würde man Buddhismus in 45 Sekunden erklären? „Buddhismus in 45 Sekunden ist für mich die Eigenverantwortung, zu erkennen, dass ich eigentlich schon perfekt bin, dies nur nicht jederzeit erkennen kann. Durch die Beschäftigung mit dem Buddhismus und auch durch die Meditation kann ich lernen, meine eigenen Qualitäten wie Furchtlosigkeit, Freude und mitfühlende Liebe zu erkennen. Wenn ich mich auf diese Qualitäten fokussiere, kann ich für mich besser leben und anderen besser helfen. Auch der Alltag ist einfacher – ich bin kein Buddha, aber ich spüre eine Veränderung.“

Wie hilft mir die Meditation auf eine Person diese Qualitäten zu erkennen? Buddhisten meditieren nicht auf eine Person – auch wenn es möglicherweise so wirken könnte. Sie meditieren auf dessen Lichtenergieform. Es gibt mehrere Ebenen des Buddhismus. Der Diamantweg wird in diesem Fall mündlich übertragen und nicht aus Büchern gelehrt. Hier gibt es eine erfahrene mündliche Übertragung vom Buddha bis heute. Dabei muss alles hinterfragt und durch Meditation erfahren werden. Die Qualitäten müssen wir dabei an einer anderen Person sehen, da wir uns selbst nicht als perfekt wahrnehmen können, obwohl wir die Qualitäten in uns haben. Jemand, der dies kann und sich selbst als perfekt sieht, könnte auch auf sich selbst meditieren. Die buddhistische Zuflucht zeigt somit die Zuwendung hin zu drei Säulen – zu Buddha selbst, zu seinen Lehren (Darma) und zur Gemeinschaft der Buddhisten (Sanga). Im tibetischen Buddhismus gibt es eine vierte Zuflucht und zwar den Lama, den Lehrer, der die Belehrung bekommen hat.

Ein Résumé

Der Buddhismus ist also eine Religion, die sich selbst nicht als Religion versteht. Eine spirituelle Philosophie mit Wurzeln in den Lehren des Buddha. Mit Verbindungen zum Hinduismus und dem generellen Verständnis, dass der Mensch selbst perfekt sein kann, wenn er sich nur darauf bezieht. Jemand der sich den Prinzipien des Karma nicht unterworfen fühlt oder den Weg in Richtung der Erleuchtung nicht gehen möche, kommt keinen Schritt weiter. Dies bedeutet nicht, dass er ein schlechtes Leben führt. Ganz im Gegenteil: Der Buddhismus versucht, Erklärungen für „gutes“ und „schlechtes“ Verhalten zu vermitteln und nicht zu lehren, was das überhaupt ist. Dabei bezieht er sich auf die positiven Eigenschaften früherer buddhistischer Lehrer, die im Verständnis der Buddhisten auch nur Menschen sind, die aber auf dem Weg zur Erleuchtung einen Schritt weiter gekommen sind. Diese Grenzen zwischen natürlichem und übernatürlichem Verständnis wirken jedoch im Gespräch mit den Buddhisten äußerst verschwommen. Und es ensteht immer häufiger der Eindruck, dass sie sich in Erinnerung rufen müssen, dass nichts, was sie tun, übernatürlich ist. Die Lichtgestalt eines Karmapa ist eine geistige und metaphorische Symbolisierung unseres Selbst in Form eines Anderen. Ein hinduistischer Gott des schwarzen Mantels eine Metapher für das Mitgefühl eines Bodhisattvas. Ob alle Buddhisten tatsächlich in Metaphern denken ober ob die Grenzen zwischen natürlicher Umgebung und übernatürlicher Geistlichkeit in diesem Fall so starr sind, wie uns erklärt wurde, kann ich nicht sagen, aber das Erleben war während der Meditation spürbar. Mit dem Gedanken, dass die Welt des Inneren und die Welt des Äußeren durch meine Erfahrungen und Erlebnisse verbunden sind und dass eine Meditation geistesfördernd ist, kann ich mich sehr gut anfreunden – mit Lichtgestalten, die Licht aus ihren Mündern strahlen etwas weniger.

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Sechs Jahre voller Aufgaben https://www.studentenpack.de/index.php/2017/12/sechs-jahre-voller-aufgaben/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/12/sechs-jahre-voller-aufgaben/#respond Fri, 01 Dec 2017 07:06:42 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=306116 2017 war ein Jahr voller Wahlen. Nach der Landtagswahl im Sommer und der Bundestagswahl im Herbst wurde im November ein Nachfolger für den scheidenden Lübecker Bürgermeister Bernd Saxe gesucht. Der Gewinner: Jan Lindenau (SPD). Das StudentenPACK sprach mit dem frischgebackenen Wahlgewinner.

Jan Lindenau wurde zum neuen Lübecker Bürgermeister gewähltJohann Mattutat | StudentenPACK.

Jan Lindenau wurde zum neuen Lübecker Bürgermeister gewählt

StudentenPACK: Würden Sie sich bitte zu Beginn unseren Lesern kurz vorstellen?

Jan Lindenau: Gerne. Mein Name ist Jan Lindenau, ich bin 38 Jahre alt und hauptberuflich aktuell noch Bankkaufmann. Ich war in den letzten 20 Jahren ehrenamtlich in der Kommunalpolitik in verschiedensten Funktionen aktiv, lange Zeit als Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses, war Vorsitzender des Finanzausschusses und aktuell bin ich Vorsitzender des Hauptausschusses der Bürgerschaft und Fraktionsvorsitzender der SPD. Ich habe also schon viel in dieser Stadt gemacht und denke, dass ich deswegen schon viele Einblicke in das habe, was mich in den nächsten Jahren erwartet.

PACK: Das Hamburger Abendblatt schreibt, Sie seien der jüngste Bürgermeister der Stadtgeschichte. Ist das eine besondere Herausforderung für Sie?

Lindenau: Ja, so ist es. Das bringt nun mal mein Alter mit sich und in der Tat, einen jüngeren Bürgermeister gab es bisher nicht. Ich finde schon, das Bürgermeisteramt ist eine besondere Aufgabe, denn letztendlich geht es darum, wichtige Entscheidungen in der Stadt vorzubereiten, anzuschieben und am Ende auch zu verantworten. Das ist eine wichtige und herausfordernde Aufgabe. Ich glaube schon, dass ein jüngerer Bürgermeister die Dinge anders angeht. Das ist zum Teil auch eine Generationenfrage. Wir Jüngeren gehen beispielsweise mit digitalen Medien völlig anders um als die ältere Generation. Sicherlich wurden auch in meiner Ausbildung andere Herangehensweisen gelehrt als noch vor 20 oder 30 Jahren. Letztendlich ist es aber auch eine Herausforderung.

PACK: Vielleicht ist es etwas unangenehm, aber 83 % der Wähler haben Sie nicht gewählt. Fühlt sich das an wie ein Wahlsieg?

Lindenau: Nach den Demokratieregeln in unserer Gesellschaft ist es ein Sieg. Nach der Frage der Beteiligung der Bürger an der Demokratie ist es sicherlich eine große Herausforderung für die Zukunft, die Menschen davon zu überzeugen, dass Kommunalpolitik sehr wichtig ist. Sie ist allerdings nicht so publik für die Menschen wie die große Politik abends in der Tagesschau. Das erleben wir ja bundesweit. Ich sehe auch meine Aufgabe als Bürgermeister, das zu verändern. Ich habe bereits in anderen Funktionen, beispielsweise als Fraktionsvorsitzender, Projekte angeschoben, die in genau diese Richtung gehen, den Menschen nahe zu bringen, wie wichtig Kommunalpolitik ist und wie viel Ehrenamt dahintersteckt. Zum Beispiel habe ich das Bürgerpraktikum initiiert, bei dem interessierte Menschen hinter die Kulissen im Rathaus blicken konnten. Ich habe mich vor einiger Zeit beim Erstellen eines Kinderbuches beteiligt, um schon Kindern deutlich zu machen, ‘wie funktioniert eigentlich Politik im Rathaus?’. Solche Projekte will ich auch in Zukunft machen. Ich glaube, wenn die Leute erst einmal erkennen, wie wichtig Kommunalpolitik ist und wie stark die Kommunalpolitik ins eigene Leben eingreift, können wir die Wahlbeteiligung auch deutlich erhöhen.

PACK: Sehen Sie einzelne Probleme, die dazu führen, dass sich die Menschen nicht für die Kommunalpolitik interessieren?

Lindenau: Ich denke, das ist einmal ein Thema, wie die Politik transportiert wird. Das fängt schon damit an, wie in der Bürgerschaft gearbeitet wird. Das geht aber auch um die Frage, wie wird Kommunalpolitik über die Medien kommuniziert. Wer heute keine Tageszeitung mehr hat oder eine Internet-Zeitung liest, bekommt von Kommunalpolitik eigentlich nichts mit. Das ist in der Bundespolitik durch die Fernseh-Präsenz schon eine andere Dimension. Darüber hinaus ist es auch schwer zu durchblicken. Das war auch eine Rückmeldung aus dem Bürgerpraktikum, sogar von politisch interessierten Bürgern. Deswegen glaube ich, dass es wichtig ist, mehr Transparenz zu schaffen und die Themen, die in der Kommunalpolitik wichtig sind, auch viel mehr den Menschen näher zu bringen. Ich plane, zusammen mit dem Senat, einmal im Monat eine öffentliche Bürgerversammlung in einem Stadtteil, wo die Menschen auch das vorbringen können, was ihnen wichtig ist. Im Wahlkampf habe ich mitbekommen, dass den Menschen gerade viele Kleinigkeiten wichtig sind. Und ich kümmere mich auch gerne um solche Kleinigkeiten, weil ich immer der Auffassung war und bin, wenn wir das Kleine schon nicht hinbekommen, wie sollen wir erst das große Ganze schaffen? Deswegen glaube ich, ist es der Weg, den Menschen über kleine Dinge, die ihnen wichtig sind, zu zeigen, dass die Kommunalpolitik im Rathaus für die Menschen da ist und gleichzeitig die großen Linien nach vorne bringen, sodass die Stadt insgesamt auch eine Zukunft hat. Weiter denke ich, es geht darum, nahe an den Menschen zu sein, den Menschen deutlich zu machen, was kann man eigentlich bewirken. Und wenn die Menschen das Gefühl haben, der Verwaltungs-Chef, die Verwaltung oder die Bürgerschaft ist nicht mehr bürgernah und erkennt Interessen nicht an, in dem Moment wendet sich der Bürger von der Politik ab.

PACK: Wenn wir auf unser Interview im Jahr 2013 zurückblicken, haben Sie bereits damals gesagt, es brauche eine transparentere Kommunalpolitik und Einwohnerversammlungen. Sind diese Ideen bereits umgesetzt worden?

Lindenau: Diese Punkte will ich jetzt angehen. Und wenn ich das 2013 gesagt habe, stellt man daran fest, dass sich meine Inhalte nicht deutlich verändert haben. Das Einzige, was sich verändert, ist die Funktion. Auch das war ein Grund für meine Kandidatur. Ich musste feststellen, ich kann in der Politik ganz viele Anträge formulieren und dafür Mehrheiten organisieren. Am Ende geht es aber darum, wie wird das praktisch umgesetzt. Und das praktische Umsetzen ist Aufgabe der Verwaltung. Das, was wir aus Sicht 2013 beeinflussen konnten, beispielsweise durch ein Projekt wie das Bürgerpraktikum, dafür habe ich meinen Teil politisch beigetragen. Aber ich möchte, dass wir das auch als Verwaltung nach außen tragen.

PACK: Sie haben die Kommunalpolitik in den letzten vier Jahren als Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion begleitet. Was hat sich seitdem in Lübeck verändert?

Lindenau: Als wichtigen Punkt würde ich sehen, dass wir es in dieser Zeit geschafft haben, für wichtige Themenfelder in der Stadt die wichtigen Grundlagen zu schaffen, sodass wir jetzt anfangen können, daran zu arbeiten. Ich nenne das unter der Überschrift eines Antrages, den ich geschrieben habe, die “Zukunftsorientierte Stadt”, wo wir es geschafft haben, sämtliche Teilkonzepte der Stadt – und das waren über 46 in alle möglichen Richtungen – in drei wichtigen Themenfeldern zusammenzubringen. Einmal das Wohnungsmarktentwicklungskonzept, das Gewerbeflächenentwicklungskonzept und das zusammen abgestimmt mit der Umweltplanung. Das war ein wichtiger Schritt, weil auf dieser Grundlage jetzt aktiv gehandelt werden kann. Der zweite Punkt, den ich wichtig finde, ist, dass wir es im sozialen Bereich geschafft haben, die Strukturen deutlich zu verschlanken. Das heißt, dass wir beispielsweise für hilfebedürftige Menschen eine zentrale Ermäßigungskarte geschaffen haben, wo es vorher drei verschiedene Systeme gab. Ich glaube auch das ist wichtig, den Verwaltungs-Dschungel zu entschlacken und auf der anderen Seite diskriminierungsärmer Unterstützung anzubieten. Das ist in dem Zeitraum gelungen. Mit der Entwicklung des Lübecker Bildungsfonds haben wir zum Beispiel auch niedrigschwellige Unterstützung im Bereich der Kitas und Schulen organisiert. Das sind für mich auch wichtige Projekte, die ich gerne weiterführen möchte und ich glaube, in meiner neuen Funktion stehen da auch noch mehr Möglichkeiten offen.

PACK: In diesem Jahr haben sich mehr als 2000 neue Studierende in Lübeck eingeschrieben, die meisten davon sind nach Lübeck umgezogen und durften bei der Wahl zum Bürgermeister nicht mitbestimmen, weil der Stichtag weit vor Semesterbeginn lag. Jedoch wird der größte Teil ihres Studiums oder sogar die gesamte Studienzeit in ihre Amtszeit fallen. 2011 war es genauso. Kann man dies zukünftig verhindern?

Lindenau: Das Thema Bürgerservice hat den Wahlkampf stark bestimmt. Und natürlich wird es da Lösungsvorschläge geben. Es wird wieder Stadtteilbüros geben und zu Beginn des Semesters kann ich mir direkte Dienstleistungen vor Ort – an der Universität – vorstellen. In Kooperation mit der Uni soll die Ummeldung direkt in den ersten Wochen des Studiums möglich werden. Hier könnte man eine festinstallierte Möglichkeit an der Uni oder eine mobile Lösung für diesen Zeitraum finden. Auch hier gilt: Gerade in solchen Stoßzeiten in denen eine Dienstleistung abgefragt wird müssen wir aufstocken – auch in Kooperation mit der Uni. Jeder, der nach Lübeck kommt, soll direkt einen guten Eindruck von der Stadt bekommen, um sich schnell zu orientieren und die Stadt kennenzulernen. Dafür ist eine solche Einrichtung notwendig. Das soll Teil meiner Neuerungen im Bürgerservice sein. Mit Studierenden könnten auch neue Onlinedienste ausprobiert werden. Das sind in der Regel Generationen, die mit solchen Diensten viel einfacher und schneller umgehen können. Da könnte man den ersten Testbetrieb schaffen. Das könnte ein gutes Projekt sein.

Bei der Podiumsdiskussion im Audimax sprach Jan Lindenau an, dass ein Servicepunkt der Verwaltung zum Semesterbeginn auf dem Campus möglich wäre.Johann Mattutat | StudentenPACK.

Bei der Podiumsdiskussion im Audimax sprach Jan Lindenau an, dass ein Servicepunkt der Verwaltung zum Semesterbeginn auf dem Campus möglich wäre.

PACK: Kathrin Weiher sagte während der Podiumsdiskussion an der Universität, dass jemand der ‘richtig feiert’ auch den ersten Bus um fünf Uhr nehmen kann. Ist das die richtige Lösung?

Lindenau: Ich habe in meiner nicht parteipolitischen Zeit einmal einen Nachtbus durchgesetzt. Das waren sechs Linien durch die gesamte Stadt, die am Wochenende auch Diskotheken und Ähnliches angeschlossen haben. Das Projekt ist nach drei oder vier Jahren wieder eingestellt worden, da die Nutzungsfrequenz relativ gering war. Natürlich muss ich als Bürgermeister auch Kosten und Nutzen abwägen. Vor dem Hintergrund, dass der Testbetrieb nicht die erforderlichen Nutzerzahlen aufgewiesen hat bin ich in der Hinsicht erst einmal zurückhaltender. Ich bin natürlich auch offen, Alternativen zu finden, um die nächtliche Mobilität zu steigern – vor allem auch am Wochenende. Da gibt es auch einige Möglichkeiten, wie Taxibetriebe, die die Linien abfahren. Auch dafür benötigt man die Akzeptanz. Vor allem im Sommer wird lieber das Fahrrad genommen, da es meistens auch schneller geht und angenehmer ist. Dabei ist für mich die Priorität die Anbindung von Uni und Stadt durch den Fahrradverkehr zu fördern. Ich möchte mich für die Schnellfahrradverbindung zwischen Stadt und Uni und ein Fahrradparkhaus am Bahnhof einsetzen. Einen Busbetrieb rund um die Uhr halte ich aktuell wirtschaftlich nicht für umsetzbar. Sollten alle 10.000 Studenten nachts durch die Gegend fahren, dann ist das eine ganz andere Situation.

PACK: Das passiert vielleicht, wenn die Universität weiter wächst und möglicherweise nicht nur von acht bis 18 Uhr gelehrt wird.

Lindenau: Dazu noch einmal ganz deutlich: Die Entwicklung des Hochschulstandorts Lübeck und auch die Möglichkeiten der Ausgründungen oder Wohnbereiche im Umfeld der Uni zu schaffen, sind große Entwicklungsziele. Wenn damit auch die Infrastruktur wachsen muss, ist auch der nötige wirtschaftliche Aspekt vorhanden. Das hängt von der weiteren Entwicklung in und um die Uni ab. Aktuell ist hier der Fahrradverkehr die erste Priorität.

PACK: Gibt es weitere Ideen, wie man Mobilität in Lübeck fördern kann?

Lindenau: Natürlich. Fahrradverkehr ist das eine. Ich persönlich setze mich auch dafür ein, dass wir auch die tarifliche Anbindung an den HVV bekommen. Ich halte es nach wie vor für ein wichtiges Thema. Auch Elektromobilität muss sowohl im Bus- als auch im Individualverkehr gesteigert werden. Das heißt, wir müssen uns im Bereich des gesamten Stadtgebiets mit Ladesäulen ausstatten. Aktuell sind diese hauptsächlich im Innenstadtgebiet vorzufinden. Wir müssen uns die Frage stellen, welche Aufgabe die Innenstadt in Zukunft noch haben soll und daraus müssen wir ein Verkehrskonzept entwickeln. Vielleicht werden bei sinkenden Kosten auch alternative Verkehrsmittel stärker genutzt. Weniger Autoverkehr bekommen wir jedoch nicht von oben herab. Dafür müssen wir ein Bewusstsein schaffen.

PACK: Würden die Menschen, die auf ein Auto zurückgreifen können, dann nicht vielleicht auf Einkaufszentren außerhalb der Stadt zurückgreifen?

Lindenau: Ich weiß nicht, ob das wirklich so ist. Wir reden sehr häufig darüber. Ich habe auch mehrere Wochen in einem großen Einkaufszentrum Wahlkampf gemacht und ich habe verstärkt mitbekommen, dass viele Menschen dort gar nicht aus Lübeck kommen, sondern aus Kiel oder Hamburg. Ich glaube, die Lübecker sind eine sehr treue Kundschaft. Es ist eine Frage, wie wir sie ansprechen. Wenn wir immer wieder nach außen tragen, dass die Innenstadt schlecht erreichbar ist, ist es kein Wunder, dass die Menschen überregional uns irgendwann glauben. Wenn wir dagegen verdeutlichen, dass wir im Innenstadtbereich über 4000 Parkplätze haben, die nur zur Weihnachtszeit komplett ausgelastet sind, kann das positiv wirken. Da spielt natürlich auch die Preisfrage eine Rolle. Ich habe im Bereich des Bürgerservices gesagt – weil ich mich für ein zentrales Bürgerzentrum in der Nähe des Rathauses einsetzen will – dass jemand, der einen Termin im Bürgerservice hat, dann natürlich auch einen kostenlosen Parkplatz zur Verfügung gestellt bekommen muss. Damit sind Sie in der Stadt. Entscheidend ist, dass diese Stadt ein Einkaufserlebnis bietet, das man so auf keiner grünen Wiese erhält. Einzukaufen im UNESCO-Weltkulturerbe mit allen positiven Randerscheinungen ist ein Erlebnis, das die Menschen schätzen. Das merken wir jedes Jahr zur Weihnachtszeit, wenn die Innenstadt überläuft.

PACK: Beispielsweise: Läden wie in der Hüxstraße findet man in keinem Einkaufszentrum außerhalb der Stadt?

Lindenau: Genau! Dieses Alleinstellungsmerkmal müssen wir nach Außen tragen. Darüber müssen wir reden. Wir brauchen einen vernünftigen Einkaufsmix, der alles abdeckt, damit man hier alles erledigen kann. Vielleicht sollte man über neue Dinge nachdenken. Diese Idee ist jetzt völlig aus der Luft gegriffen, aber ich persönlich sehe es ja auch: Wenn ich online einkaufe gibt es Dinge, die ich mir vorher einmal ansehen möchte. Und vielleicht wird in früherer oder späterer Zukunft aus der klassischen Innenstadt ein großes Online-Kaufhaus. Dort können die Leute zwar ins Geschäft gehen und die Sachen ansehen. Dort gibt es beispielsweise einen Code aus dem Geschäft, der dann für den Online-Einkauf genutzt werden kann und es läuft am Ende doch über den Einzelhändler. Dort sehe ich viele Möglichkeiten, den Innenstadthandel ganz neu zu definieren und damit den Flair der Innenstadt weiterhin zu nutzen.

Lindenau beim Interview im RathausJohann Mattutat | StudentenPACK.

Lindenau beim Interview im Rathaus

PACK: Viele Studierende bleiben nach ihrem Abschluss nicht in Lübeck. Kann man die Stadtbindung verbessern?

Lindenau: Definitiv. Das wird eines meiner Projekte sein. Gerade in den vielen Ausbildungsaspekten der Stadt. So soll die Stadt stärker mit der Universität zusammenarbeiten. Wir brauchen in Zukunft ein erhebliches Potenzial an Arbeitsplätzen. Auch in der Stadtverwaltung selbst. Innerhalb der Stadtverwaltung werden circa 1500 Menschen in Rente gehen. Ein Großteil dieser Arbeitsplätze müssen neu besetzt werden und dort muss ein Wissenstransfer stattfinden. Auch Menschen, die an der Universität und an der Fachhochschule ihren Abschluss machen, sollen an den Standort gebunden werden, sowohl für die Verwaltung als auch für die Firmen. Auch Neuansiedlungen und Ausgründungen aus der Uni müssen gefördert werden. Dafür muss Raum geschaffen werden. Da müssen wir eine Wertschöpfung und das KnowHow in Lübeck halten. Daher ist auch eines meiner obersten Ziele zu sagen: Die Menschen hier zu halten ist sehr wichtig und die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen – darin sehe ich auch meine Aufgabe.

PACK: Auf der Altstadtinsel ist ein neues Studentenwohnheim geplant. Wann können die ersten Studenten dort einziehen?

Lindenau: Das ist ein Ergebnis des Wohnungsmarktkonzeptes, in dem verschiedene Flächen für den Wohnungsmarkt erschlossen wurden. Das Studentenwohnheim in der Dankwartsgrube befindet sich aktuell in der Planung. Ich gehe davon aus, dass es mit Bauzeit circa zwei Jahre dauern wird bis zur Fertigstellung. Das Gleiche gilt für studentisches Wohnen am Bornkamp oder auch ein studentisches Wohnheim in der Ratzeburger Allee. Es sind klare Projekte in der Pipeline und die wollen wir in den nächsten Jahren konkret umsetzen.

PACK: Noch wirken Bornkamp und Hochschulstadtteil isoliert und schlecht angebunden. Sind Studenten dort gut aufgehoben?

Lindenau: Die Verbindungen sind verbesserungsfähig. Wenn aber am Ende mehr potenzielle Kunden in den Bereichen wohnen, können auch die Kapazitäten dort erhöht werden. Das ist wohl der bessere Schritt. Wir stärken den Hochschulstadtteil und daraus resultiert der höhere Bedarf und die Angebote können angepasst werden.

Lindenau als Kandidat im AudimaxJohann Mattutat | StudentenPACK.

Lindenau als Kandidat im Audimax

PACK: In der Innenstadt wurde bereits die Weihnachtsbeleuchtung aufgehängt. Wie oft werden Sie den Weihnachtsmarkt besuchen und gibt es einen Stand, den Sie besonders gerne besuchen?

Lindenau: Jedes Jahr aufs Neue mache ich etwas, das mache ich seitdem ich vier Jahre alt bin. Ich gehe mindestens einmal im Jahr über den Märchenwald oder in das Heiligen-Geist-Hospital – dieses Jahr leider nicht – dafür haben wir eine Neuerung in und um das Hansemuseum. Von daher kann man dieses Manko durch einen neuen Standort ausgleichen. Im nächsten Jahr werde ich wieder ins Hospital gehen. Gerade in den Zeiten, in denen hier viel Trubel ist, kann man das weihnachtliche Lübeck auch ganz anders erleben, indem man durch die Gassen und Gänge geht, wo touristisch nicht alles erschlossen ist. Einfach eine halbe Stunde in Ruhe die geschmückten Fenster und Häuser zu betrachten, ist sehr entspannend. Im Trubel bin ich gerne im Märchenwald, weil es eine gewisse Erinnerung an meine Kindheit ist. Heute gehe ich mit meinem Sohn durch den Wald. Dort ist man zuhause.

PACK: Jetzt, gegen Ende des Jahres, kann man schon einmal über das neue Jahr nachdenken. Welche Wünsche möchten Sie den jungen Menschen in Lübeck für das neue Jahr mit auf den Weg geben?

Lindenau: Ich wünsche mir, dass die Kreativität der jungen Menschen auch auf die Stadt überspringt und dass sie sich mit in das kommunale Leben einbringen. Bei der Frage der Akzeptanz der Kommunalpolitik würde ich mir wünschen, dass sich Menschen für und mit der Stadt einsetzen. So sollen ab nächstem Mai die Ideen der Bürgerinnen und Bürger besser an die Stadt herangetragen werden können. Eine große Beteiligung aller an unserer Stadt würde mich sehr freuen!

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Best of Filmschool – Ein Abend voller Kurzfilme https://www.studentenpack.de/index.php/2017/11/bestoffilmschool/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/11/bestoffilmschool/#comments Sun, 05 Nov 2017 09:30:39 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=302946 Der Kinosaal 7 des CineStars ist pickepacke voll, als wir ankommen. Regisseurinnen und Regisseure sitzen unters Publikum gemischt in den Reihen. Wir sind gespannt, denn was hier zu erwarten ist, wissen wir nicht so recht. Wir sind beim Best of film schools der 59. Nordischen Filmtage Lübeck.

Die Filmemacherinnen und Filmemacher kommen von unterschiedlichen Hochschulen aus ganz Deutschland und sie haben jeweils einen Kurzfilm mitgebracht, der im Rahmen ihres Studiums entstanden ist. Der Grad der Erfahrung rangiert vom ersten Film überhaupt bis hin zum preisgekrönten Abschlussfilm eines postgraduierten Studiums. Ebenso groß ist die inhaltliche und formale Vielfalt der Werke. Wir wollten eine gemeinsame Kritik schreiben – einigen konnten wir uns nicht.

Die Lichter gehen an. Eine unbekannte Sprache. Eine Frau, eine Blume, zwei Kinder. Ein Instrument. Ein Schicksal. – Vorhang

In diesem aufwendig produzierten Animationsfilm arbeitet Ahmed Saleh ein echtes Ereignis auf. Der Film stellt die Geschichte zweier Jungen, die im Kriegsgebiet zurückgelassene Munition für Spielzeug gehalten und sich schwer verletzt hatten, berührend dar.

Ayny – My second Eye” eine Stop-Motion-Produktion zeigt auf eindrucksvolle Weise die Geschichte zweier durch eine Miene verletzten Jungen. Nicht nur die für den Film verwendeten Puppen wirken auf den Zuschauer als Figuren mit Zielen, Gefühlen und Sehnsüchten, sondern auch die Kamerafahrten zeigen eine eindeutige Identifikation mit dem Problemgebiet im nahen Osten.

AYNY – My Second Eye (Official Trailer) from Ahmad Saleh on Vimeo.

Das Rasseln eines Filmprojektors. Bildartefakte auf der Leinwand. Eine andere Zeit. Eine Zeit der Entbehrung. Ein Aphrodisiakum. – Vorhang

In dem Kurzfilm „The Ballad of Ralf and Heike“ von Manuel Ostwald wird in den 70er Jahren in einem Jugendzimmer in Ostberlin eine Rolling-Stones-Platte gehandelt. Heike will sie unbedingt haben und bietet Ralf an, ihm dafür ihre Brüste zu zeigen. Ralf tauscht all sein Geld und die Kamera seines Vaters ein, damit Heike die Platte bekommt. Heike zeigt ihre Brüste – aber nur extrem kurz. Glaube ich. Ich habe eine Viertelsekunde nicht hingeguckt.

Ralf und Heike sitzen in einem Zimmer in Ostdeutschland. Schüchtern lernen sie russisch. Bald soll Klaus vorbeikommen und ihnen eine seiner verbotenen Rolling-Stones-Platten verkaufen. Nichts ist anregender für die beiden als der Genuss dieser verbotenen Musik zu einer Zeit der Entbehrung. Das ist es Ralf sogar wert, seine geliebte “Knipse” herzugeben. Eine Aufarbeitung der Zustände in Ostdeutschland und den Kult der Schallplatte und frühe Medien an sich – gedreht auf 16 mm Rollen.

Ein fernes Land. Ein Bus. Eine Frau. Ihre Religion. Ein Konflikt. Fanatismus oder Menschlichkeit? – Vorhang

Der Film „Watu Wote: All of us“ von Katja Benrath beruht auf einem Angriff von islamistischen Terroristen auf einen Bus, in dem Muslime als auch Christen reisten, in Kenia im Jahr 2015. Die Angreifer wollten die christlichen Menschen ermorden, doch die Muslime nahmen ihre Mitreisenden in Schutz. Sehr verstörender Film, da ich das Gefühl hatte mitten drin zu sein. Sehr berührender Film – aus dem gleichen Grund.

Islamisten schießen auf Muslime? Nur um eine Christin aufzuspüren? Eine packende Installation, die sowohl von der christlichen Kirche als auch dem Zentralrat der Muslime unterstützt wurde, die die Menschlichkeit über den Fanatismus stellt und dem ein oder anderen Zuschauer und auch meiner Mitautorin vor Schrecken, Trauer oder Rührung die Hände vor die Augen trieb.

Blau. Grau in Grau. Farbwechsel. Grün. Eine Brücke. Gelb. Verlassen, Allein. Eine Ewigkeit des Konsums. Orange. Rückkehr zur Geborgenheit. Rot. – Vorhang

Auch nach dem Gespräch mit dem Regisseur bin ich nicht schlauer, was Nicolaas Schmidt mit seinem Film „FINAL STAGE“ ausdrücken wollte. Er zeigt die gesamte Leinwand ausfüllende Farbflächen und ungewöhnlich lange Szenen ohne Handlung. Wir sehen den Protagonisten des Films quälende zwölf Minuten lang durch ein Einkaufszentrum gehen. Das Publikum wird während der 27-minütigen Filmvorstellung hörbar unruhig. Ob er solche Publikumsreaktionen gedanklich miteinbeziehe, wenn er einen Film mache, fragt die Moderatorin ihn im Anschluss. „Nein“, erwidert er freundlich lächelnd. Er mache Filme nur für sich. Die Moderatorin erwähnt, dass er sie gebeten habe, wegen der grellen Farbwechsel vorab eine Epileptikerwarnung auszusprechen, was sie jedoch vergessen habe. Ich frage mich: wenn man eine Epileptikerwarnung haben möchte, wieso setzt man dann keine Epileptikerwarnung voran? Das lässt sich für mich auf den ganzen Film übertragen: sag doch, was du sagen möchtest. Ich möchte verstehen. Wirklich. So unangenehm ich mich während der Filmvorstellung auch gefühlt habe – dieser Film hat mich im Nachhinein bei Weitem am meisten beschäftigt. Schmidt hat bei der diesjährigen Berlinale einen spontanen Sonderpreis für seinen „formalen Mut“ verliehen bekommen, das kann ich gut verstehen. Dennoch habe ich mir den Namen des Regisseurs gemerkt – um erstmal nicht ausversehen noch mal in einem Film von ihm zu sitzen.

Wurde hier das Publikum gequält, indem es 27 Minuten lang einem weinenden Teenager dabei zusah, wie er ein Einkaufzentrum durchquerte? Auf jeden Fall. Ohne Grund? Eher nicht. So zeigt der Unterschied der farblosen Welt, die sich grau in grau vor dem verlassenen Jungen erstreckt zu der abstrus farbigen und trotzdem immer gleichen “corporate Identity” Welt innerhalb des Einkaufszentrums, wie leblos Farbe wirken kann, wenn sie überdimensional auf den Menschen einwirkt. Quittiert wird das Ganze mit zurückhaltendem Applaus. Vielleicht nichts für jeden. Vielleicht eine Überinterpretation eines von Farbfeldern durchzogenen “Kurzfilms”. Vielleicht doch nicht so schlecht, dass der Regisseur seine “Drohung” nicht bewahrheiten lässt und den Film mit einem Rückweg durch das Zentrum nicht auf Spielfilmlänge erhoben hat. Zweieinhalb Stunden Kurzfilme sind dann doch genug.

FINAL STAGE [TRLR] from Nicolaas Schmidt on Vimeo.

Eine Ehe. Ein Frühstück. Stimmungsschwankungen. Ein Konflikt. Eine Verbannung. Eine Realisation. – Vorhang
„Tisch und Bett“ von Jonathan Schulz ist das Ergebnis einer studentischen Gruppenarbeit. Mir hat die Mitteilung hinter der Handlung sehr gut gefallen, die Umsetzung etwas weniger.

Diese Aufarbeitung von Trauer, Wut, Realisation und Verzweiflung wirkt anfangs wie ein Ehestreit an einem idyllischen Frühstückstisch. Doch irgendetwas fehlt.

Ein Wissenschaftler. Die Unsterblichkeit. Der Mikrokosmos. Der Makrokosmos. Eine Möglichkeit. Eine Tragödie. Ein Neuanfang! – Vorhang

Der Film „Das Bärtierchen“ von Kerstin Welther ist ein von ihr selbst gezeichneter animierter Dokumentarfilm über die weniger als einen Millimeter großen gleichnamigen Tierchen. Sie lässt einen Wissenschaftler verschiedene Experimente mit ihnen anstellen, in denen sich zwei Dinge herausstellen: Bärtierchen überleben im Prinzip alles und Bärtierchensex bringt den gesamten Saal zum Lachen.

Voller Liebe zum Detail und mit Humor und Anspielungen auf die Welt der Science Fiction nimmt der kleine Überlebenskünstler den Zuschauer für sich ein.

Mehr dazu: Kerstin Welther: Tardigrade

Ein Fest. Eine fremde Umgebung. Ein Radio. Kein Entkommen. – Vorhang
In „Merry X-Mas“ fängt Jessica Dahlke eine völlig überladene Weihnachtsfeier in Thailand ein. Dazu spricht Angela Merkel. Während des Anschauens fehlte mir die Geschichte, die die Regisseurin im Anschluss mündlich nachlieferte: sie war Weihnachten entflohen und in einem Hotel voller Weihnachtsmänner mit Jingle-Bells-Dauerschleife gelandet.

Trotz des Versuchs, dem heimatlichen Weihnachtstrubels in ein buddhistisches Land zu entfliehen findet sich die Regisseurin – in diesem Fall auch Kamerafrau – inmitten von weihnachtsbegeisterten Menschen wieder. Ein Grund mehr, die Kamera auszupacken.

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Der grüne Planet – Zwischen Eiszeit und Treibhaus https://www.studentenpack.de/index.php/2017/11/der-gruene-planet/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/11/der-gruene-planet/#respond Thu, 02 Nov 2017 14:47:12 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=302252
360 Grad Kino auf dem KlingenbergLukas Ruge | StudentenPACK.

360 Grad Kino auf dem Klingenberg

Aus dem Planetarium in Hamburg kommt der Animationsfilm “Der grüne Planet – Zwischen Eiszeit und Treibhaus” nach Lübeck. Dieser in Kooperation vom Hamburger Planetariumsdirektor Thomas Kraupe mit dem Leiter des Produktionsstudios Mirage in Den Haag Robin Sip produzierte Dokumentarfilm zeigt in 35 Minuten die Komplexitäten des Erdklimas – mit einem besonderen Fokus auf die pflanzliche Relevanz bei der globalen Erwärmung.

Dabei sollte der Betrachter sich vom verlinkten Trailer aus dem Jahr 2007 nicht verunsichern lassen, da die Animation seit dessen Erstellung bereits mehrere Male sichtbar überarbeitet worden zu sein scheint.

Inhaltlich beschäftigt sich der Film mit der dokumentationsartigen Aufarbeitung der pflanzlichen Photosynthese und den damit verbundenen Auswirkungen auf das Klima. Dabei wird auch auf die Notwendigkeit der Erdrotation, der Sonneneinstrahlung, der Erdlaufbahn und der atmosphärischen Veränderungen eingegangen. Zuletzt gibt der Film dem Betrachter die Erkenntnis mit auf den Weg, dass die umfassende menschliche Verstrickung in die klimatischen Vorgänge der Auslöser zukünftiger Krisen zu sein scheint – der Mensch ist zur Naturgewalt geworden.

Technisch gesehen nutzt der Grüne Planet die Möglichkeiten eines 360-Grad-Kinos fast vollkommen aus. Dabei wird die gesamte Leinwand „bespielt“. Durch spektakuläre Kamerafahrten wird der Zuschauer so sowohl in den Mikrokosmos einer einzelnen Pflanzenzelle als auch in den Makrokosmos des Universums befördert – so werden beispielsweise Ausblicke auf mögliches Leben auf Mars oder Jupiter gegeben.

Von künstlerischen Darstellungen der Jahreszeiten in schneekugelartigen Murmeln von klassischer Musik unterlegt bis hin zu wissenschaftlichen Darstellungen grönländischen Phytoplanktons konnte der Grüne Planet das Publikum im finnischen Iglu auf dem Klingenberg auf gemütlichen „Sonnenliegen“ belehren.

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100 Moods from Finland https://www.studentenpack.de/index.php/2017/11/100-moods-from-finland-2/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/11/100-moods-from-finland-2/#respond Wed, 01 Nov 2017 17:47:12 +0000 http://www.studentenpack.de/index.php/2017/11/100-moods-from-finland-2/
Dieser Dome steht gemeinsam mit einigen Holzhütten auf dem Klingenberg und versucht ein wenig Finnland in die Lübecker Innenstadt zu bringenFabian Schwarze | StudentenPACK.

Im Dome kann man 360-Grad Aufnahmen betrachten.

Die 59. nordischen Filmtage sind gestartet und zu den elf Kinosälen gesellt sich dieses Jahr der sogenannte Fulldome – ein an eine Hüpfburg in Form eines großen Iglus erinnerndes Kino. Dieser Dome steht gemeinsam mit einigen Holzhütten auf dem Klingenberg und versucht, ein wenig Finnland in die Lübecker Innenstadt zu bringen.

“100 Moods from Finland” verspricht dem Zuschauer dieses Gefühl des Fernseins noch zu untermalen. Die Darstellung zeigt innerhalb einer Stunde diverseste 360-Grad-Aufnahmen aus verschiedensten finnischen Umgebungen. Diese sind dabei vollkommen unbespiel, kaum durch den Fakt des Filmens verfälscht und zeigen beispielsweise plätschernde Bäche, arktisdurchkreuzende Eisbrecher oder sogar den finnischen Arbeitsplatz des Weihnachtsmannes, den man dort bei seiner Arbeit mit den Touristen beobachten kann. Natürlich sieht man auch viel Schnee: Immer wieder blickt man auf unbewegte schneeüberzogene Landschaften und hört nur den Wind an der Kamera vorbeiziehen.

Der Fulldome zeigt den Film dabei mithilfe von fünf Videoprojektoren auf der als Leinwand dienenden Innenseite des “Iglus” , die man auf einer Sonnenliege sitzend beobachtet. Die 360-Grad-Umgebung wird dabei nur selten komplett genutzt. Die meisten Umgebungen zeigen eine klares Blickzentrum. Dadurch wird häufig der übrige gefilmte Umgebungsbereich zur vom Publikum unbetrachteten Peripherie. Genutzt wird dieses Umgebungspotential jedoch beispielsweise in einer Szene in einem industriell anmutenden Stadtteil einer finnischen Stadt, in der ein Skater die Köpfe des Publikums mit seinen Manövern zum Rotieren bringt.

Von Schlittenhunden über Kirchengesänge bis hin zu arktischen Meeren hat “100 Moods from Finland” versucht, fast alles, was Finnland ausmacht, in 360-Grad-Filmausschnitten darzustellen. Dabei entsteht ein Projekt, das nicht als stundenfüllende Unterhaltung angesehen werden kann, sondern als Projekt, das den Menschen die Natur und die Bräuche Finnlands näherbringen soll – ohne Sprache, ohne Musik und ohne Erklärung.

Wer zu den Spielzeiten in der Innenstadt ist, sollte sich schon einmal Gedanken machen, vielleicht diese kostenlose Reise nach Finnland zu unternehmen – vielleicht auch nur, um den ungewohnten Perspektivwechsel und die ungewohnten neuen Blickwinkel auf einen Film auszunutzen und auszuprobieren. Dabei sollte jedoch kein klassischer Film erwartet werden, sondern eine leicht bewegte Slideshow finnischer Umgebungen. Nach der virtuellen Reise nach Finnland ist dann wahrscheinlich noch Zeit für einen Schoko-Minttu an einer der vor dem Iglu aufgebauten Holzhütten.

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Von Banana Split bis Gurke https://www.studentenpack.de/index.php/2017/07/von-banana-split-bis-gurke/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/07/von-banana-split-bis-gurke/#respond Mon, 03 Jul 2017 07:50:45 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=287031
John Kutscher lässt uns seinem geballten Wissen zum Thema Craft-Bier teilhaben.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

John Kutscher lässt uns seinem geballten Wissen zum Thema Craft-Bier teilhaben.

Auf unserer Reise durch die Lübecker Bierkultur finden wir uns im seit einem Jahr im Balauerfohr existierenden Craft-Bier-Laden “Craft-Bier Rockstars” wieder. Hier treffen wir John Kutscher, der uns mit seinem umfassenden Wissen vom Bierbrauen und vor allem den handwerklichen und geschmacklichen Vorzügen von Craft-Bier berichtet.

Vor über fünf Jahren kamen Micha Reese, der Besitzer des Ladens, und John Kutscher mit Craft-Bier in Kontakt. Durch das Interesse am Biertrinken und dem Leitsatz „Learning by Drinking“ bauten sie sich ein umfassendes Wissen zum Thema Bierbraukultur und lokaler Bierbraukunst auf. Dabei ist das Interesse an den verschiedenen Möglichkeiten, neue Geschmacksnoten in dem sonst so bekannt scheinenden Getränk herauszuschmecken, besonders wichtig. Sobald man einmal in der Welt der Biere angekommen ist, spielen auch Fachzeitschriften und internationale Bier- und sogar spezielle Craft-Bier-Messen eine große Rolle.

Insgesamt 80 Sorten Bier befanden sich zur Eröffnung vor circa einem Jahr in dem nun dicht an dicht vollgestellten Ladenraum. Diese Zahl ist in den Monaten bis zum heutigen Tag auf ungefähr 350 Sorten aus etwa 30 Ländern gestiegen. Allein am Wochenende vor unserem Gespräch stockte der Laden sein Sortiment um 70 Sorten auf.

Die im Laden zu findenden Sorten unterscheiden sich nicht nur durch die Brauart! „Viele Leute kommen hier vorbei und fragen nach einem bestimmten Pils“, erklärt uns John. „Davon haben wir nur ein halbes Regal.“. Andere Brauarten, wie Stout, Porter, Ale und Lager füllen die restlichen Regale. Für die anderen Sorten der Biere kommen jeweils andere Sorten Hefe oder Hopfen – verantwortlich für fruchtige Noten wie Zitrus oder Mango – und unterschiedlichste Malzsorten – durch verschiedene Weiterverarbeitungsvorgänge wichtig für rauchige oder röstige Aromen – zum Einsatz.

„Wichtig für die Craft-Bier-Kultur ist der Bezug zu den lokalen Brauereien und der direkte Kontakt zu den Braumeistern”, erklärt uns John. Aus diesem Grund sind hauptsächlich Biersorten aus Deutschland vertreten. Auch auffällig ist, dass Norddeutschland – vor allem Hamburg und Schleswig-Holstein – häufig an den Regalen gelesen werden kann. Da Craft-Bier nicht oder nur in geringen Mengen exportiert wird, sind Biere aus Übersee selten, aber trotzdem auch über Craft-Bier-Großhändler oder eigene Bemühungen zu internationalen Kontakten zu finden. Dabei kommt es sehr auf den persönlichen Geschmack des Verkäufers und den klassischen Biertrinker an. Hier in Norddeutschland finden die eher herben Biere – dabei vor allem verschiedene Sorten Ale – viele Abnehmer.

Das wohl lokalste Bier kommt vom etwa 20 Kilometer entfernten Timmendorfer Strand und ist unter dem Namen Sudden Death Brewing zu finden. Der aus der Eishockeyszene stammende Begriff spielt auf die Vergangenheit der Braumeister im Timmendorfer Eissport an, durch den sie unter anderem über die Verbindungen zur amerikanischen Eishockeyszene auch mit der in den USA facettenreicheren Bier- und vor allem Craft-Bier-Kultur im Kontakt kamen.

Brauarten, wie Stout, Porter, Ale und Lager füllen die Regale des Ladens in der Balauerfohr.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Brauarten, wie Stout, Porter, Ale und Lager füllen die Regale des Ladens in der Balauerfohr.

Für ein Lieblingsbier kann sich John – obwohl oder vielleicht gerade weil er fast 90 Prozent der zum Verkauf stehenden Biere bereits probiert hat – nicht entscheiden, aber er nennt uns einen seiner aktuellen Favoriten, das Tough-Guy-Ale der Sudden Death Brewing Co.: „Dabei kommt es auf den Bierstil und die Stimmung an. Es duftet fruchtig und verströmt eine großartige Grapefruitnote. Leicht harzig, schön trüb, durch 10% Weizenmalz und mit langanhaltender Bitterkeit!“

Auch auf unsere Nachfragen nach einem etwas anderen Bier, das etwas süßer, vielleicht etwas malzig schmeckt oder sogar den bereits von ihm genannten schokoladigen Geschmack aufweist, greift er gezielt in eines der Regale und reicht uns aus der Nähe der „politisch angehauchten“ Biere „Putin“ und „Obama“ eine Dose mit britischem Surreal Stout. „Ein leichtes Stout mit wenig Prozent, mit stark schokoladigen Aromen“. Auch „Jungle King“ aus Timmendorf, welches als „Banana Split Style Porter“ vertrieben wird, wird als schokoladig wie Herrenschokolade beschrieben. Es ist als Porter gebraut, jedoch mit Hefe versetzt, die normalerweise für Weizen verwendet wird – das bringt bananenähnliche Aromen mit ein.

Auch mit einem Hamburger Bier aus der Hopper Brauerei in der Tasche verlassen wir den Laden. Dieses als geschmacklich exotischste Bier beschriebene Tutti Frutti soll säuerlich und frisch schmecken. Als besonderen Kick an der Sache nennt John, dass es mit Salatgurken aufgebraut wird: „Es hat geschmacklich weniger mit Bier zu tun, schmeckt aber sehr nach Gurke!“

Zurück in der Redaktion werden die drei Biere verkostet. Dabei kommt das “Dark Arts: Surreal Stout”, dass geschmacklich mit einem süßlichen Guiness vergleichbar ist am besten an. Worte wie “erfrischend” und “süßlich” fallen. Die Schokoladenaromen fallen unseren vermutlich wenig geübten Geschmacksnerven nicht auf. Als nächstes das Timmendorfer “Jungle King”: Ein bitteres nach einstimmiger Meinung nach Kaffee schmeckendes Bier mit dunklem Schaum. Den Meisten ist es jedoch zu bitter, aber für norddeutsche Freunde von herben Bieren vermutlich ideal. Zuletzt kommt der Exot. Das ungewöhnlich stark nach Gurke und Melone riechende “Tutti Frutti” aus der Hopper Brauerei. Hier gehen die Meinungen stark auseinander. Von “süß wie Kaugummi und leicht blumig” bis zu einem simplen “Bäh” bleibt das Bier nicht frei von starker Kritik. Ein sehr ungewöhnliches eher als Biermischgetränk zu beschreibendes Erlebnis. Mehr als ein kleines Glas ist in diesem Fall, aber wahrscheinlich nicht nötig.

Der Laden wird unter den Lübeckern sehr gut aufgenommen. „Mehr Regale können wir hier im Laden nicht unterbringen!“, erklärt John. Auch lokale Gastronomen werden teilweise mit Craft-Bier beliefert. Im Laden selbst kann man sich bei einer Preisspanne von etwa zwei bis 16 Euro pro Flasche oder Dose – ein großer Unterschied für das lichtempfindliche Endprodukt – einmal quer durch die Welt des Craft-Biers probieren. Dabei liegt der Durchschnittspreis um die drei Euro, sodass man bei sechs Flaschen mit ungefähr 18 Euro rechnen kann.

Auch Tastings werden angeboten . Diese finden ein- bis zweimal wöchentlich auf Anfrage meist freitags oder samstags statt. Für 29 Euro pro Person können sich die Probierer durch sieben Biere testen und werden dabei in zwei Stunden mit zu dem jeweiligen Bierstil passendem Neutralisator – Brot, Chips, Nüssen, Schokolade oder ähnlichem – und einer geballten Ladung neuem Wissen versorgt.

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Zwickelbier und eine Reise auf dem BrewShip https://www.studentenpack.de/index.php/2017/07/zwickelbier-und-eine-reise-auf-dem-brewship/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/07/zwickelbier-und-eine-reise-auf-dem-brewship/#respond Mon, 03 Jul 2017 07:45:44 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=287021  

Im vom Bierbrauen vernebelten Schankraum des Brauberger treffen wir den Braumeister Thomas Rosenhahn.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Im vom Bierbrauen vernebelten Schankraum des Brauberger treffen wir den Braumeister Thomas Rosenhahn.

„Im Mittelalter gab es in Lübeck ungefähr 180 Brauereien. Aufgrund von Pest und Cholera war damals nichts anderes trinkbar außer Bier.“

Ein Wind zieht durch die Lübecker Alfstraße. Wer besonders aufmerksam ist, kann einen den Bewohnern der Straße wahrscheinlich schon allzu bekannten Geruch wahrnehmen. Wir betreten den Schankraum der einzigen Lübecker Brauerei Brauberger im ehemaligen technischen Zollhandel. Ein die Brillen beschlagender Dampf tritt uns entgegen. Man hört Wasser plätschern und neben den kupfernen Braukesseln erwartet uns Thomas Rosenhahn, der letzte gewerblich tätige Lübecker Braumeister.

Es ist Dienstag – Brautag. Seit 6 Stunden läuft der um 5 Uhr morgens gestartete Bierbrauprozess bereits. Zuerst kommt das Maischen. Malz und Wasser werden gemeinsam erhitzt. Die sich darin befindenden Enzyme wandeln die Stärke in Zucker um, der für die spätere Vergärung notwendig ist. Wir hören dem darauf folgenden plätschernden Läuterprozess zu, bei dem das Bier ähnlich wie beim Kochen von Kaffee in einer Filtermaschine durch einen Siebträger läuft, dabei setzt sich das Malz ab und der Extrakt wird in die durchlaufende Flüssigkeit aufgenommen. Danach wird das Ganze mit Hopfen eingekocht, abgekühlt und mit Hefe versetzt.

Zum Schluss lässt man das Bier für eine Woche gären bis sich der Alkohol bildet, füllt es in echte Holzfässer ab und lagert es gekühlt für 3 Wochen in Holzfässern ein. Nach einem Monat kommt das gerade frisch gebraute Bier mit 4,8 Prozent Alkoholgehalt dann also auf die Schanktische. Hier wird noch klassisch gezapft und nur die natürliche Kohlensäure des Bieres verwendet. Ein Zusatz aus einer Zapfanlage ist nicht nötig. 2000 bis 4000 Liter werden so jede Woche in Brauberger hergestellt, insgesamt gehen etwa 80.000 Liter im Jahr über den Tresen. Dabei ist jede Braucharge anders. Es gibt unglaublich viele Stellschrauben, aber im handwerklichen Herstellen von Bier ist kein perfekt konsistenter Geschmack wie in großen Brauereibetrieben möglich. Dort werden teils für über ein halbes Jahr Bierchargen gemischt um einen konsistenten Geschmack zu erhalten.

Bierbrauen ist auf die Minute genau berechenbar. Hier ist die Mathematik der Braukunst besonders wichtig. So istder Geschmack eines neu herzustellenden Bieres bereits im Vorhinein berechenbar.

Im Brauberger wird seit 30 Jahren eine Sorte Bier hergestellt – Das untergärige Brauberger Zwickelbier.

Wie kommt man dazu Bierbraumeister zu werden? Doch wahrscheinlich durch das Trinken von Bier? Tatsächlich nicht, erklärt uns der Braumeister. „Ich habe in jungen Jahren Bierdeckel gesammelt und wenn ich etwas mache, dann mache ich es doller als alle Anderen! Dabei habe ich mit einem Bierdeckelverein verschiedenste Brauereien zu Tauschbörsen und Führungen besucht“.

Dabei hätten ihn vor allem die Kombination von Mathematik, Biologie, Chemie und Physik mit der Kreativität jedes einzelnen Braumeisters fasziniert. Nachdem er in der Düsseldorfer Frankenheim-Brauerei und bei Weihenstefan lernte, braut er heute sein eigenes Bier und hat zudem seine eigenen Bierdeckel.

Noch wird in Deutschland hauptsächlich nach Reinheitsgebot gebraut, aber seit einiger Zeit tendieren die deutschen Bierbrauer eher zu einem Natürlichkeitsgebot. Hier werden dem Brauprozess rein natürliche und unveränderte Zutaten hinzugegeben. „Zum Beispiel wird bestimmten belgischen Biersorten Koriander und Orangenschale hinzugefügt. Im Amerika nennt man dies auch Blue Moon“.

„Das Brauberger ist in Lübeck und in einem Radius von ungefähr 50km – in Hamburg, in Schwerin oder Kiel – auf Festen und Messen vertreten und bleibt somit lokal und nah.“Fabian Schwarze | StudentenPACK.

„Das Brauberger ist in Lübeck und in einem Radius von ungefähr 50km – in Hamburg, in Schwerin oder Kiel – auf Festen und Messen vertreten und bleibt somit lokal und nah.“

Im vom Bierbrauen vernebelten Schankraum des Brauberger treffen wir den Braumeister Thomas Rosenhahn.Auch Thomas Rosenhahn treibt die Kreativität in die Richtung der immer beliebter werdende Craft-Bier-Szene. In Zukunft soll es neben – und auf keinen Fall statt (die Label sollen sich nicht berühren) – dem bewährten Brauberger Bierkonzept eine eigene Craft-Bier Marke geben.

„Die Rezepte sind bereits geschrieben und die Markenrechte gekauft“, erklärt er uns stolz. Unter dem Namen „BrewShip“ einem „Craft-Bier aus dem echten Norden“ soll nicht nur die Lübecker-Bierkultur gefördert werden. Auch das Designkonzept steht schon. Jetzt kann es bald ans Brauen gehen. Anfangs soll BrewShip noch im Brauberger hergestellt werden, doch sollte das Konzept aufgehen, wird eigene Brauerei nötig sein. Ein passender Ort ist schon gefunden. Aber natürlich muss erstmal getestet werden, wie das Lübecker-Craft-Bier auf- und angenommen wird.

Es wird ein modernes Bier werden. Durch die Verwendung von amerikanischem, neuseeländischem oder japanischem Hopfen können dem Bier verschiedenste fruchtige Noten verliehen werden, wie zum Beispiel Zitrone, Grapefruit oder sogar Melone. Wo die Reise auf dem BrewShip hingeht steht noch nicht genau fest, aber der Enthusiasmus und vor allem die Motivation zur kreativen Braukunst sind deutlich zu spüren und BrewShip kann nicht früh genug kommen.

Das Brauberger soll in dieser klassischen Form bestehen bleiben und weiterhin die Lübecker erfreuen. Das neue Label soll das Brauberger nicht berühren, aber die Lübecker Bierkultur bereichern, da das Brauberger keinen großen Markt bedienen kann. Das Brauberger ist in Lübeck und in einem Radius von ungefähr 50km – in Hamburg, in Schwerin oder Kiel – auf Festen und Messen vertreten und bleibt somit lokal und nah. Wichtig dabei: Der gesamte Brau-Prozess findet tatsächlich auch im Schankraum statt. Nichts ist nur Deko!

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Wo kann man hier was trinken? https://www.studentenpack.de/index.php/2017/07/wo-kann-man-hier-was-trinken/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/07/wo-kann-man-hier-was-trinken/#comments Mon, 03 Jul 2017 07:30:29 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=287089

Neu in Lübeck und keinen Plan, wo man hier gut ein Bier trinken kann? Schon länger hier und Lust, mal was Neues auszuprobieren? Ein Blick auf unsere Kneipenkarte hilft weiter! Wir haben jeweils fünf Lieblingskneipen der Redaktionsmitglieder, Favoriten aus unserer Facebook-Umfrage und ein paar Exoten ausgewählt. Diese stellen wir euch kurz vor. Viel Spaß beim Pubcrawl!

Ungewöhnliches

Brauberger

Direkt vor Ort selbst gebrautes Bier bekommt man in Lübeck nur im Brauberger. Hier sind die Kessel nicht nur Dekoration, sondern werden bis zu zweimal die Woche genutzt, um frisches Zwickelbier zu brauen. Und das trinkt man dann am besten in kleiner oder großer Runde im Keller – ganz ohne störenden Handyempfang. Gegen Vorlage eines gültigen Studentenausweises bekommt ihr im Brauberger übrigens den Pitcher für nur neun Euro.

Blauer Engel

Der blaue Engel ist in Lübeck wohl DIE Studierendenkneipe. Hier gibt es nicht nur das günstigste Bier mit 1,50 Euro für eine “Knolle” Astra, sondern auch regelmäßige Konzerte. Am Wochenende wird es hier zwar schwer, sich durch die Massen an Menschen zum Tresen zu kämpfen, aber bekannte Gesichter wird man hier immer treffen – eigentlich ist jeder einmal dort gewesen.

Der Blaue Engel ist bei unserer Facebook-Umfrage unter Studierenden Platz eins geworden.

Loge 4

In der ehemaligen Theaterklause verbindet die Loge 4 nun rustikal mit American Diner. Neben moderner Einrichtung und Burgern findet ihr dort wohl Lübecks größte Bierauswahl, die ihr in einer Kneipe bekommen könnt. Aus 41 Bieren und Craft-Bieren könnt ihr wählen und euch dabei jeweils an eurer liebsten Brauart orientieren. Von Bier so bitter wie kalter Kaffee bis zu zuckersüßem Cider und Rotbier – hier wird nichts ausgelassen. Man sollte jedoch auch das nötige Kleingeld dabei haben.

Blechtrommel

Dieses kleine, charmante Restaurant, welches “zufälligerweise” nur einen Steinwurf vom Günther Grass-Haus entfernt angesiedelt ist, zeigt eine ungewöhnliche Bierauswahl auf. Hier kann aus tschechischem und polnischem Bier gewählt werden. Dazu gibt es die landestypische “Hausmannskost” und interessante Speisen. Auch aus einem umfangreichen vegetarischen Angebot kann gewählt werden.

Altstadtbierhaus

Wie der Name schon andeutet, spezialisiert sich dieses kleine Bierhaus auf das begehrte Hopfen und Malzgetränk. Zu einer großen Auswahl an gezapftem Bier kann man hier zum Beispiel Camembert im BIERteig genießen. Mit Blick auf die Marienkirche bietet dieses dunkle Lokal eine nette Abwechslung.

Gewinner der Facebook-Umfrage

Weltwirtschaft

Eng, Retro und die vielleicht besten Kicker-Spieler Lübecks. Klar: Die Weltwirtschaft in der Königstraße. Wenn man noch einen Platz ergattern konnte, kann man sich hier zu studentenfreundlichen Preisen durch die Karte trinken, der entspannten Musik lauschen, kostenlos Kickern und sich wundern, warum jemand sein Wohnzimmer in eine Kneipe verwandelt hat.

Platz zwei unserer Facebook-Umfrage unter Studierenden.

No. 12

Eine der fünf Kneipen im Umfeld der Clemensstraße und auch die No. 12. Komplett verraucht, gut gefüllt und vollgesprayt passt sie sich perfekt in diese so stark von der Punk-Szene getriebene Umgebung ein. Mit dem Blauen Engel, dem Unklar und dem Clemens ist eigentlich die ganze Straße einen Besuch wert, um die “Alternative” zu der sonst eher geordneten und ruhigen Lübecker Barszene zu erleben.

Platz fünf unserer Facebook-Umfrage unter Studierenden.

Angus

Spätestens seit das Dr. Rock umgezogen ist, ist das Angus die beste Rock-Kneipe der Stadt. Hier fühlen sich alle wohl, die ihr Bier gerne zu einer etwas härteren Playlist im Hintergrund trinken – und dabei vielleicht die ein oder andere Runde an der Poledance-Stange drehen wollen. Kicker und Billardtisch dürfen natürlich auch nicht fehlen.

Platz sieben unserer Facebook-Umfrage unter Studierenden.

Kandinsky

Klein, eng und verraucht ist das Kandinsky am unteren Ende der Fleischhauerstraße. Aber genau das macht auch seinen Charme aus. Das Kandinsky hat eines der umfangreichsten Getränkekarten in Lübeck. Neben einem wechselnden Angebot von Craft-Bieren, allerlei Weinen und Schnäpsen hat das Kandinsky auch eine große Auswahl an Whiskys.

Platz acht unserer Facebook-Umfrage unter Studierenden.

Im Alten Zolln

„Im alten Zolln“ ist eingentlich schon eine Institution in Lübeck und bekannt durch die Erbsensuppe bei der Stadtrally. Neben zahlreichen Getränken kann man hier auch allerlei lokale Speisen genießen und auch mal mit einer etwas größeren Truppe einkehren. Vor Allem das “Zolln Dunkel” – ein nur für dieses Lokal produziertes Dunkelbier – ist einen Test wert.

Platz zehn unserer Facebook-Umfrage unter Studierenden.

Aus der Redaktion

Sternschnuppe

Ganz ohne Namenschild oder aufregende Reklame kommt die Sternschnuppe in der Fleischhauerstraße aus. Nur eine goldene Sternschuppe über dem Eingang weist den Weg in die gleichnamige Kneipe. Egal, ob man einfach nur ein Bier trinken, sich durch die umfangreiche Weinkarte probieren, eine leckere Pizza essen oder dabei Sonntags den Tatort gucken möchte, die Sternschnuppe ist mit seinem gemütlichen Ambiente und netten Personal für alles die erste Adresse. Den obligatorischen Kicker gibt es hinten im Raucherbereich natürlich auch, aber am besten setzt man sich einfach mit ein paar Freunden und einer Runde Dunkler Materie unter den Sternenhimmel.

Die Sternschnuppe wurde bei unserer Facebook-Umfrage Platz drei.

IF

Nur auf den ersten Blick eine der kleinen halbversteckten Raucherkneipen, wie die Innenstadt sie reichlich zu bieten hat, ist das IF, nicht nur weil der geneigte Informatiker bei dem Namen ein wenig kichern muss, doch etwas ganz besonders Sympatisches. Warum das so ist, ist unklar, aber im IF wirkt einfach alles, als sollte es genau so sein. Über die bunte Geschichte des Namens und der Bar kann der Wirt einem so einiges erzählen, wenn man denn möchte. In jedem Falle IF(location == Engelsgrube) goto ‘IF’;

Gang No. 56

Der 56. unter den Lübecker Gängen ist wohl der gemütlichste – wenn man einen der begehrten Plätze in der Kneipe nahe der Obertrave findet, denn sie ist genauso fein wie klein. Dass die Klamotten am nächsten Tag nach Rauch riechen, nimmt man dort gerne in Kauf, denn die gute Seele, Besitzerin und Wirtin Moni kümmert sich gut um dich – wenn du lieb bist. Die vielen legendären Aktionen wie der Singstar-Abend sind echte Highlights. Dazu noch einen Reudigen Hund, Froschkönig oder doch besser Schlumpfen-Pipi? Probiert euch durch!

Tonfink

Beim Tonfink geht es nicht um getöpferte Vögel, sondern wohl um den besten Ort, um in der facettenreichen Lübecker Kneipen- und Barumgebung Live-Musik zu genießen. Zwischen Künstlern und Musikern tummeln sich Autoren und Vorleser, Fotografen präsentieren ihre Bilder und Quizmaster stellen wilde Fragen. Ob Zerstreuung oder kreative Inspiration – der Tonfink bietet jedem Kulturfanatiker eine Heimat. Bei Wein und Bier, italienischem Kaffee und dem ein oder anderem Vortrag lässt sich im Tonfink jeder Tag zu einem Erlebnis machen. Laneweile kennt dieser Vogel nicht. Außer ihr sucht sie. Er hat alles, was ihr sucht. Wahrscheinlich.

Finnegan

Live-Musik, ein wöchentliches Pub-Quiz, Guinness, Kilkenny und Cider in großen und ganz großen Gläsern. Was braucht ein Irish Pub mehr? Das Finnegan in der Mengstraße 42 ist im Vergleich mit anderen Altstadt-Kneipen ziemlich geräumig und bietet erstklassige Pub-Atmosphäre. Freitags und Samstags treten Künstler aus aller Welt auf, Mittwochs wird das so beliebte wie anspruchsvolle Pub-Quiz abgehalten und Dienstags ist Studenten-Tag, sodass es mit dem Platz dann doch schnell mal eng werden kann. Neben den irischen Bierspezialitäten gibt es hier natürlich auch alle anderen Getränke, die ein Pub zu bieten haben sollte. Ausreden, nach einem Abend im KoKi gegenüber nicht noch auf einen Pitcher vorbeizuschauen, gibt es also keine.

Platz vier unserer Facebook-Umfrage.

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Der Kanzler wird Staatssekretär https://www.studentenpack.de/index.php/2017/07/der-kanzler-wird-staatssekretaer/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/07/der-kanzler-wird-staatssekretaer/#respond Sat, 01 Jul 2017 11:01:38 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=288459
Oliver Grunde mit Peter Dominiak (2016)Lukas Ruge | StudentenPACK.

Oliver Grunde mit Peter Dominiak (2016)

Der Kanzler der Universität zu Lübeck, Dr. Oliver Grundei, wird die Universität zu Lübeck nach zehn Jahren Amtszeit verlassen, um in der neuen CDU-Regierung ein Amt als Staatssekretär im Wissenschaftsministerium zu übernehmen.

Der 1970 geborene Grundei kennt die Stadt an der Förde, denn er hat dort von 2001 bis 2005 an der Universität gearbeitet und dort auch seine Promotion abgelegt, nachdem er in Kiel, Heidelberg, Jena und Tübingen Rechtswissenschaften studiert hatte. 2007 wurde Grundei Kanzler der Universität zu Lübeck. Als Kanzler übersah er die Verwaltung der Universität, saß dem Haushaltsausschuss vor und koordinierte die Zusammenarbeit mit dem UKSH. 2012 war er für weitere 6 Jahre im Amt wiedergewählt worden, die reguläre Amtszeit hätte 2019 geendet.

Rückblickend auf eine Dekade in Lübeck werden Grundei besonders die “engagierten und motivierten Menschen in allen Mitgliedergruppen der Universität” in Erinnerung bleiben, beschreibt er dem StudentenPACK, sowie die großen Projekte wie ” die Univision 2020, die 2009 begann und den ersten Struktur- und Entwicklungsplan hervorbrachte, der die Auflösung der Fakultäten und die Bildung von Forschungszentren vorsah, dann kurz danach der Kampf um den Erhalt der Medizin sowie die Begehung durch den Wissenschaftsrat im Jahr 2010; später dann der Prozess zur Umwandlung der Universität in eine Stiftung öffentlichen Rechts sowie die Etablierung zahlreicher neuer Studiengänge und Professuren gerade im Zusammenhang mit dem Hochschulpakt 3.”

BildunterschriftLukas Ruge | StudentenPACK.

2010: Der Kampf um den Erhalt der Medizin.

Der Wechsel in die Landesregierung kommt nicht überraschend. Seit 2010 ist der Kanzler Mitglied des Arbeitskreises Hochschulpolitik der Union und war bereits im Wahlkampf im Schattenkabinet von Daniel Günther. Doch warum ist ein Kanzler der Universität, die 2010 gegen eine CDU-Regierung um ihre Existenz kämpfen musste in der CDU? “Zunächst kann man meines Erachtens feststellen, dass die letzten 20 Jahre Wissenschaftspolitik in Schleswig-Holstein – unabhängig von der Zusammensetzung der jeweiligen Landesregierung – immer wieder fragwürdige wissenschaftspolitische Entscheidungen hervorbrachte, die letztlich nicht zur Stärkung des Wissenschaftssystems beitrugen.” relativiert Grundei gegenüber dem StudentenPACK die Bedeutung einer Partei in dieser Angelegenheit. Er räumt allerdings ein: “Damals 2010 ist besonders deutlich geworden, dass die Bedeutung der Wissenschaft in unserem Bundesland leider nicht den angemessenen Stellenwert genießt.” Letztlich, so Grundei, habe die Landesregierung später “diesen Fehler auch eingestanden und sich anschließend nicht nur für den Fortbestand, sondern auch für die Umwandlung der Universität zu Lübeck in eine Stiftungsuniversität eingesetzt.” Er werte es als Signal für den Standort Lübeck und mehr noch für die Wissenschaft, wenn die CDU mit ihm nicht nur ein Mitglied der Universität zu Lübeck, sondern eben auch ein Mitglied einer Hochschulleitung für das Amt des Wissenschaftsstaatssekretärs nominiere, anstatt – wie sonst in Schleswig-Holstein üblich – eine fachfremde Person für dieses Amt auszuwählen.

Oliver Grundei (mittig) 2014 beim Jahresempfang der Universität zu Lübeck. In Bunt die ehemalige Ministerin Annette Schavan, im Hintergrund Honorar-Professor Winfried Stöcker.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Oliver Grundei (mittig) 2014 beim Jahresempfang der Universität zu Lübeck. In Bunt die ehemalige Ministerin Annette Schavan, im Hintergrund Honorar-Professor Winfried Stöcker.

In seinem Amt war Grundei auch an der Umwandlung zur Stiftungsuniversität, der größten Veränderung an der Universität der letzten Zeit, beteiligt. Die CDU stimmte damals gegen das Stiftungsgesetz. Die SPD geführte Regierung hatte bestimmt, dass im Stiftungsrat auch immer ein Gewerkschafter sitzen muss, der zukünftige Ministerpräsident Daniel Günther nannte dies einen “Kniefall vor der Gewerkschaft Verdi” und verglich Schleswig-Holstein mit einer Bananenrepublik. Wie steht Grundei heute zur Zusammensetzung des Stiftungsrates? “Leider wurde dann in der weiteren parlamentarischen Befassung die Vorschrift zum Stiftungsrat gegen den erklärten Wunsch der Universität durch die damaligen Mehrheitsfraktionen verändert. Die CDU unterstützte dagegen die Position der Universität, die Vorschrift zur Besetzung des Stiftungsrats in der ursprünglichen Fassung zu erhalten.” sagt Grundei.

Grundei saß als Kanzler in verschiedenen Arbeitskreisen, darunter dem Kanzlerarbeitskreis Hochschulmedizin und Fortbildung und sitzt im Verwaltungsrat des Studentenwerks Schleswig-Holstein.

Für die Zukunft wünscht Grundei der Universität, die nun neben einem neuen Präsidenten auch noch einen neuen Kanzler suchen darf, “Alles erdenklich Gute!” und dass es ihr gelingt “den außergewöhnlichen Zusammenhalt und die außergewöhnliche Motivation der Universitätsmitglieder zu erhalten.” Die Position wird vorläufig kommissarisch besetzt und erst nach der Ernennung eines neuen Präsidenten ausgeschrieben.

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Ein Signal für Lübeck und die Wissenschaft https://www.studentenpack.de/index.php/2017/07/ein-signal-fuer-luebeck-und-die-wissenschaft/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/07/ein-signal-fuer-luebeck-und-die-wissenschaft/#respond Sat, 01 Jul 2017 08:00:35 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=288462 Nach zehn Jahren als Kanzler verlässt Oliver Grundei die Universität zu Lübeck um als Staatssekretär in Kiel zu Arbeiten. Dem StudentenPACK beantwortete er einige Fragen.

Oliver Grundei (mittig) 2014 beim Jahresempfang der Universität zu Lübeck. In Bunt die ehemalige Ministerin Annette Schavan, im Hintergrund Honorar-Professor Winfried Stöcker.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Oliver Grundei (mittig) 2014 beim Jahresempfang der Universität zu Lübeck. In bunt die ehemalige Ministerin Annette Schavan, im Hintergrund Honorar-Professor Winfried Stöcker.

StudentenPACK: Sie sind seit 10 Jahren Kanzler der Universität zu Lübeck: Was sind Ihre Motivationen um einen Posten in der Regierung zu übernehmen?

Oliver Grundei: Die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen für die Wissenschaft künftig stärker mitgestalten zu können und der Wissenschaft im politischen Raum ein Stück weit mehr zu dem Stellenwert zu verhelfen, der ihr eigentlich gebührt, und dieses – auch wenn es pathetisch klingt – zum Wohle des Landes und seiner Menschen.

PACK: Woran werden Sie sich nach 10 Jahren Kanzlerschaft besonders erinnern?

Grundei: Die spannenden Themen, zu denen an der Universität zu Lübeck geforscht und gelehrt wird. Sehr viele engagierte und motivierte Menschen in allen Mitgliedergruppen der Universität, die ich kennenlernen und mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Und dann natürlich die großen Projekte, wie die Univision 2020, die 2009 begann und den ersten Struktur- und Entwicklungsplan hervorbrachte, der die Auflösung der Fakultäten und die Bildung von Forschungszentren vorsah, dann kurz danach der Kampf um den Erhalt der Medizin sowie die Begehung durch den Wissenschaftsrat im Jahr 2010; später dann der Prozess zur Umwandlung der Universität in eine Stiftung öffentlichen Rechts sowie die Etablierung zahlreicher neuer Studiengänge und Professuren gerade im Zusammenhang mit dem Hochschulpakt 3.

Protest gegen die Schließung der Uni in Kiel. Juli 2010.Lukas Ruge

Protest gegen die Schließung der Uni in Kiel. Juli 2010.

PACK: Eine der größten Veränderungen war sicherlich die Umwandlung in die Stiftungsuniversität. Ihre Partei hat damals gegen das Stiftungsuni-Gesetz gestimmt, da die Besetzung des Stiftungsrates für sie nicht in Ordnung war. Wie stehen Sie heute zum Stiftungsrat?

Grundei: Mit dem CDU-geführten Wissenschaftsministerium wurden im Frühjahr 2012 die Eckpunkte ausgehandelt, die dann auch Grundlage der späteren Umwandlung der Universität zu Lübeck in eine Stiftungsuniversität waren. Die zwischen dem dann später SPD-geführten Ministerium und der Universität 2013 geeinte Besetzung des Stiftungsrats wurde in den Gesetzentwurf aufgenommen und von allen Landtagsparteien mitgetragen. Leider wurde dann in der weiteren parlamentarischen Befassung die Vorschrift zum Stiftungsrat gegen den erklärten Wunsch der Universität durch die damaligen Mehrheitsfraktionen verändert. Die CDU unterstützte dagegen die Position der Universität, die Vorschrift zur Besetzung des Stiftungsrats in der ursprünglichen Fassung zu erhalten.

PACK: 2010, als eine CDU-geführte Regierung auf die Idee kam, die Uni “kaputt zu konsolidieren”, musste die Uni um ihre Existenz kämpfen. Nun wechselt der Kanzler der Uni nach Kiel in eine CDU-Regierung. Warum?

Grundei: Zunächst kann man meines Erachtens feststellen, dass die letzten 20 Jahre Wissenschaftspolitik in Schleswig-Holstein – unabhängig von der Zusammensetzung der jeweiligen Landesregierung – immer wieder fragwürdige wissenschaftspolitische Entscheidungen hervorbrachte, die letztlich nicht zur Stärkung des Wissenschaftssystems beitrugen. Damals 2010 ist besonders deutlich geworden, dass die Bedeutung der Wissenschaft in unserem Bundesland leider nicht den angemessenen Stellenwert genießt. Die damalige Landesregierung hatte sich mit der Einrichtung der sog. Haushaltsstrukturkommission zum Ziel gesetzt, das strukturelle Defizit des Landes abzubauen, was ja grundsätzlich nicht zu kritisieren ist. Bei der sicherlich nicht einfachen Abwägung möglicher Maßnahmen ist dann aus meiner Sicht auch der volkswirtschaftliche Wert der Medizin an der Universität zu Lübeck falsch eingeschätzt worden. Letztlich hat die CDU und ihre damaligen prominentesten Vertreter in der Auseinandersetzung um den Erhalt der Medizin an der Universität zu Lübeck, Peter Harry Carstensen und Jost de Jager, diesen Fehler auch eingestanden und sich anschließend nicht nur für den Fortbestand, sondern auch für die Umwandlung der Universität zu Lübeck in eine Stiftungsuniversität eingesetzt. Und umgekehrt werte ich es auch als Signal für den Standort Lübeck und mehr noch für die Wissenschaft, wenn die CDU mit mir nicht nur ein Mitglied der Universität zu Lübeck, sondern eben auch ein Mitglied einer Hochschulleitung für das Amt des Wissenschaftsstaatssekretärs nominiert, anstatt – wie sonst in Schleswig-Holstein üblich – eine fachfremde Person für dieses Amt auszuwählen.

Jost de Jager - Hat schon immer recht!Thorsten Biet

Jost de Jager (2010)

PACK: Wird Ihr Posten unverzüglich neu besetzt oder hat der zukünftige Präsident / die zukünftige Präsidentin auch Einfluss darauf, wer Ihr Nachfolger wird?

Grundei: Das Präsidium hat entschieden, die Stelle zunächst kommissarisch zu besetzen und erst dann auszuschreiben, wenn eine neue Präsidentin/ ein neuer Präsident ihr/sein Amt angetreten hat. Das wird also erst frühestens Ende des Jahres, vielleicht auch erst Anfang nächsten Jahres passieren können.

Beim Auswahlverfahren für die Wiederbesetzung der Kanzlerstelle ist die Präsidentin/der Präsident kraft Gesetzes (§ 25 Abs. 2 HSG) Vorsitzende/r der Findungskommission und hat zudem das Recht, einzelne Kandidaten/Kandidatinnen abzulehnen. Am Ende unterbreitet die Findungskommission dann dem Senat einen Wahlvorschlag mit mindestens zwei Personen.

PACK: Was wünschen Sie der Universität für ihre Zukunft?

Grundei: Natürlich alles erdenklich Gute! Und etwas konkreter, dass sie ihr ganz spezifisches wissenschaftliches Profil weiterhin mit Augenmaß schärft und ggfs. fortentwickelt und weiterhin bereit ist, diesen wissenschaftlichen Stratifizierungsprozess mit geeigneten, teilweise auch innovativen Strukturen zu unterstützen. Und bei alldem sollte es gelingen, den außergewöhnlichen Zusammenhalt und die außergewöhnliche Motivation der Universitätsmitglieder zu erhalten.

 

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Gleich nochmal wählen gehen! https://www.studentenpack.de/index.php/2017/06/gleich-nochmal-waehlen-gehen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/06/gleich-nochmal-waehlen-gehen/#respond Wed, 28 Jun 2017 14:11:07 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=288227
Wahlen an der UniFabian Schwarze | StudentenPACK.

Wahlen an der Uni

Seit gestern laufen die studentischen und universitären Gremienwahlen an der Universität zu Lübeck. Bei der ersten gemeinsam durchgeführten studentischen und universitären Gremienwahlen können die Studierenden ihre Vertreter für ihre Fachschaften — in der kommenden Wahlperiode aufgeteilt in Naturwissenschaften/Technik, Mathematik/Informatik, Medizin und Psychologie — sowie für das Studierendenparlament wählen. Erstmalig können auch gleichzeitig an den Urnen die universitären Gremien Senatsausschuss MINT, Senatsausschuss Medizin, Senat und Stiftungsrat mit Studierenden versehen werden. Für letztere wurde in den Vorjahren eine separate Briefwahl durchgeführt.

Dabei wurde den gesamten Dienstag über mit fehlerhaften Stimmzetteln abgestimmt. Es haben sich Fehler in die Listen der Fachschaften MI und NT und in die des StuPa eingeschlichen. Hierbei wurden auf den Wahlzetteln der Fachschaft NT und des StuPa Kandidaten falsch benannt, während bei der Fachschaft MI war eine Kandidatin doppelt auf den Stimmzetteln aufgeführt wurde Diese Stimmzettel wurden am Mittwochmittag vom Wahlausschuss für ungültig erklärt. Alle Wähler, die am Dienstag gewählt haben, wurden aufgefordert, im Laufe der Woche an den Wahlständen mit korrigierten Stimmzetteln erneut ihre Stimme abzugeben.

Solche Fehler entstehen nicht nur an der Universität, sondern auch bei anderen Wahlen: In Aachen waren in diesem Jahr die Namen der Kandidaten auf dem Stimmzettel zur NRW-Landtagswahl unterschiedlich groß gedruckt, die Zettel mussten erneut erstellt werden. 2015 musste Köln die Wahl seines Oberbürgermeisters verschieben, hier waren einige Kandidaten hervorgehoben gedruckt worden. Ein Jahr zuvor hatte Niedersachsen bei der Europawahl seine Stimmzettel nicht richtig gedruckt, Fälschlicherweise war der ex-Ministerpräsident McAllister als Landtagsabgeordneter, was er nicht mehr war, angegeben, hier war der Fehler rechtzeitig aufgefallen, alle Zettel mussten erneut gedruckt werden. In Brandenburg lagen 2014 bei den Kreistagswahl in einem Wahllokal falsche Zettel aus, dort musste die Wahl wiederholt werden.

Immerhin, der Fehler wurde bereits nach dem ersten von 4 Wahltagen bemerkt, die Studierenden haben noch bis einschließlich 30. Juni 17:00 Uhr die Gelegenheit, ihre Stimme erneut abzugeben.

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Wenn am Sonntag Wahl wär https://www.studentenpack.de/index.php/2017/04/wenn-am-sonntag-wahl-waer2/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/04/wenn-am-sonntag-wahl-waer2/#comments Mon, 24 Apr 2017 08:00:02 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=278475 In manchen Studiengängen kann die AfD zweistellige Prozentzahlen erreichen, während sie in anderen Studiengängen von niemandem gewählt wird. Würden nur Psychologiestudierende wählen, wäre die CDU nicht im Landtag und würden nur Informatiker wählen, würde die LINKE ab Mai die Ministerpräsidentin einer Rot-rot-grünen Koalition stellen.

Wie bereits vor fünf Jahren haben wir in einer aufwändigen Umfrage versucht herauszufinden, was Studierende wählen. Die Ergebnisse sind nur auf den ersten Blick erwartungskonform, auf den Zweiten halten sie einige Überraschungen parat. Das überraschendste Ergebnis ist vielleicht, dass das Wahlverhalten der Studierenden sich erheblich nach Studiengängen unterscheidet. In dieser Auswertung wollen wir das Verhalten nach Studiengang, aber auch nach Geschlecht, nach Alter, die Wählerwanderung und das Wahlverhalten von Erstwählern und vieles mehr betrachten und versuchen, es auch zu verstehen.

Die Analyse basiert auf einer Umfrage, die vom 27. März bis zum 3. April durchgeführt wurde. 4296 Studierende der Universität zu Lübeck hatten die Möglichkeit digital an der Umfrage teilzunehmen. Dies haben 674 getan (15,7% Beteiligung). Mehrfach-Teilnahmen wurden durch eindeutige Links mit Hilfe des Umfrage-Systems des AStA ausgeschlossen.

Durch die hohe Rücklaufquote wurde erreicht, dass die Verteilung der Umfrageteilnehmer auf die Studiengänge nahezu den tatsächlichen Verhältnissen entspricht.


Die Auswertung zeigt, dass die Verteilung der wahlwilligen Umfrageteilnehmer der Verteilung der Studiengänge an der Uni sehr ähnlich ist.

29 Teilnehmer (4,3%) haben angegeben, nicht an der Landtagswahl teilnehmen zu wollen. Wir rechnen sie daher aus den Wahlprognosen und allen weiteren Statistiken heraus. Die Wahlbeteiligung bei studentischen Gremienwahlen (zuletzt 35%) lässt uns vermuten, dass das Nichtwählerpotential unter Studierenden tatsächlich deutlich höher ist, aber viele Nichtwähler Wahlumfragen nicht beantworten.

Sonntagsfrage

Die Studierenden der Uni Lübeck antworteten auf die Frage “Wenn am nächsten Sonntag Landtagswahl wäre, welche Partei würdest du wählen?” folgendermaßen: Stärkste Partei wären Bündnis 90/Die Grünen mit 29% der Stimmen, gefolgt von der SPD mit 26%. Weiterhin würden die CDU (16%), die LINKE (15%) und die FDP (5%) in den Landtag einziehen. Nicht ins Parlament einziehen würden die AfD (1,5%) und die Piraten (3%). Der SSW käme auf 0,5% der Stimmen.


Stärkste Kraft unter den Studierenden sind die Grünen. AfD und Piraten scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde. Der SSW erhält unter Lübecker Studierenden 0,47 Prozent.

Im Verhältnis zum Ergebnis der Umfrage unter Studierenden der Uni Lübeck von 2012 sind dies insbesondere für die Piraten herbe Verluste, sie verlieren fast alle Stimmen. Die LINKE gewinnt ungefähr 10%. Vor fünf Jahren war die LINKE auch bei einer Wahl auf dem Campus an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Die Grünen sind im Verhältnis zu 2012 stabil, sie bleiben stärkste Kraft auf dem Campus. Die SPD muss leichte Verluste hinnehmen. Die CDU und die FDP, die ehemaligen Regierungsparteien zur Zeit von “Lübeck kämpft”, gewinnen dazu, was unter anderem auf die größere zeitliche Distanz zum Kampf um die Universität im Jahre 2010 erklärt werden kann. Die FDP würde unter Studierenden nun wieder in den Landtag gewählt werden. Neu in der Umfrage ist die AfD, welche nicht in den Landtag einziehen würde, wenn nur die Studierenden der Uni Lübeck wählten.


LINKE und FDP gewinnen für sie wichtige Stimmen auf dem Campus und gelangen über die Fünf-Prozent-Hürde. Die CDU gewinnt leicht, die Piraten verlieren erheblich.

Im Vergleich zur landesweiten Umfrage vom 6. April (Infratest dimap hatte vom 30. März bis zum 4. April 1002 Menschen befragt) sind die Grünen (landesweit 12%) und die LINKE (landesweit 4%) überdurchschnittlich stark. SPD, CDU, FDP, SSW und AfD bleiben in der Umfrage auf dem Campus unter dem Ergebnis, welches sie landesweit erwarten dürfen. Über die Piratenpartei trifft die Infratest-Umfrage keine Aussage.

Unterschiede nach Studiengang

Es ist altbekannt, dass Menschen nach Geschlechtsidentität unterschiedlich wählen, dies besagen Umfragen für die gesamte deutsche Bevölkerung und das spiegelt auch diese Umfrage wider. Wie auch in der Population der Universität ist unter den Umfrageteilnehmern ein leicht größerer Anteil weiblich. Bei Frauen können insbesondere die Grünen punkten und erhalten 37% der Stimmen (19% unter Männern). Die Männer geben überdurchschnittlich häufig ihre Stimme für SPD und LINKE ab. Würden nur männliche Studierende wählen läge die Piratenpartei immerhin bei 4,2%, verpasst aber weiterhin die Fünf-Prozent-Hürde. Ausschließlich männliche Studenten geben in der Umfrage der AfD ihre Stimme.

Bemerkenswert ist, dass auch die Unterschiede zwischen den Studiengängen nicht zu übersehen sind: Nur unter den Medizinstudierenden kommen CDU und SPD zusammen auf über 50% und könnten eine große Koalition bilden. Dies ist in keinem anderen Studiengang der Fall. Am kleinsten ist dieser Wert unter Informatikstudierenden, die lediglich 24% ihrer Stimmen an die beiden “großen” Parteien vergeben. Bei ihnen entsteht ein Landtag, in dem alle Parteien vertreten sind, auch die AfD und sogar die Piraten.

Die Studiengänge wählen stark unterschiedlich. SPD und CDU könnten nur unter Medizinstudierenden überhaupt eine “große” Koalition bilden. Für die AfD entschieden sich in der Umfrage nur Studierende aus zwei Studiengängen. Kleine Studiengänge wurden nicht berücksichtigt, da die Teilnehmerzahl zu gering war.

Die CDU erreicht je nach Studiengang sehr unterschiedliche Ergebnisse. Unter MIW-Studenten ist sie mit 25% überdurchschnittlich stark, unter Psychologie- und Medieninformatikstudierenden würde sie den Einzug in den Landtag verpassen.

Die Grünen sind unter Studierenden immer unter den stärksten Parteien, unabhängig vom Studiengang. Allerdings können auch hier große Unterschiede festgestellt werden. So können sie unter MML-Studierenden fast die 50% knacken und auch bei Psychologen sind sie sehr stark. Dabei unterscheidet sich, auf Kosten welcher Parteien die Grünen diese Stärke erhalten. Unter Psychologie-Studierenden schwächelt wie erwähnt die CDU besonders, unter MML-Studenten hingegen scheint das Wählerpotential der Grünen auch aus dem Topf der Linken und der SPD zu kommen.

Unter Medieninformatikern ist das Potential für die anderen Parteien und die Nichtwähler besonders hoch, ein Viertel der teilnehmenden Medieninformatiker gab an, eine andere Partei, ungültig oder gar nicht wählen zu wollen. Weitere 11% wollen ihre Stimme der AfD geben. Lediglich die Hälfte aller Medieninformatiker gedenkt für eine Partei zu stimmen, die aktuell im Landtag vertreten ist. Im Kontrast hierzu gedenken 88% der MML-Studenten eine Partei zu wählen, die aktuell im Landtag sitzt, unter 2% wollen ungültig stimmen oder nicht zur Wahl gehen.

Dieser Kontrast mag auch im Licht der Debatte um die Podiumsdiskussion vor der Landtagswahl im Audimax relevant sein, zu welcher lediglich die Landtagsparteien eingeladen wurden. Die Umfrage zeigt, dass für viele Studierende Parteien, für die sie ihre Stimme abgeben wollen, nicht Teil der Debatte sind. Es darf also in Frage gestellt werden, ob diese Beschränkung auf bereits im Landtag vertretene Parteien im Sinne der Studierendenschaft ist.

Vergleich mit der Wahl 2012

Wir haben Teilnehmer auch nach ihrem bisherigen Wahlverhalten befragt, da aber viele Wähler an der Uni Erstwähler sind, sind die Aussagen hier nicht besonders aussagekräftig.

Der Vergleich zur Umfrage aus dem Jahr 2012 ist hier nur eingeschränkt möglich, da die Beteiligung damals nur bei 5% der Studierenden lag, war die Anzahl der Teilnehmer bei manchen Studiengängen sehr klein. Es lässt sich jedoch feststellen, dass auch damals 42% der Medizinstudierenden ihre Stimmen auf SPD und CDU verteilt hätten, der Unterschied zu 2017 kann mit dem Konflikt um die Unischließung zwei Jahre zuvor erklärt werden, denn auch die FDP war in jener Umfrage unter Medizinstudierenden mit nur 2,5% extrem Schwach. Die Stimmen kamen damals allerdings nicht der SPD zugute sondern den Grünen, die 2012 unter Medizinern 37% erreichten.

Eine weitere deutliche Veränderung im Wahlverhalten zu vor fünf Jahren zeigen die Informatiker. 2012 hätten sie den Piraten mit 56% eine Alleinregierung beschert, diese erhalten jetzt nur noch 20% der Stimmen, die sie vor fünf Jahren unter ihrem Kernklientel erhalten hätten.

Unter MLS-Studierenden bleiben SPD und Grüne wie vor fünf Jahren ähnlich starke Kräfte, auch CDU und FDP sind vergleichbar, klar erkennbar ist, dass der nahezu vollständige Verlust der Piraten der LINKEN zugute kommt.

Eine starke Veränderung im Wahlverhalten zeigen lediglich die Studierenden im Fach MIW. 2012 bescherten die MIW-Studierenden der CDU eines ihrer schwächsten Ergebnisse unter den Studiengängen und die LINKE war überdurchschnittlich stark, 2017 ist die CDU unter MIW-Studierenden die zweitstärkste Kraft hinter den Grünen, in keinem Studiengang schneidet sie stärker ab. Gewinner der Wahl unter den MIWlern bleiben allerdings die Grünen mit nach wie vor über 35% der Stimmen.

Mit einer einmaligen Umfrage dieser Größe lässt sich nicht feststellen, wie es zu diesem gänzlich unterschiedlichen Wahlverhalten von Gruppen kommt, die auf dem selben Campus studieren und in der selben Stadt viele gemeinsame Lebenserfahrungen machen.

Was beeinflusst Wahlentscheidungen?

Einen Einblick in die möglichen Gründe für unterschiedliches Wahlverhalten der Studiengänge kann unsere Frage nach den wahlentscheidenden Themen geben. Teilnehmer konnten aus 19 Themen beliebig viele als für sie wahlentscheidend auswählen um anzuzeigen, welche Themen ausschlaggebend sind, wenn sie sich für (oder gegen) eine Partei entschieden. 18 der 19 Themen wurden auch 2012 bereits abgefragt, mit Asylpolitik ist ein neues Thema dazugekommen.


Fünf zentrale Themen bestimmen für viele Studierende die Entscheidung. Am wichtigsten sind bildungspolitische Positionen. (Diese Auswertung beinhaltet lediglich Teilnehmer, die mehr als ein Thema, aber nicht mehr als zehn Themen als wahlentscheidend angegeben haben.)

Für Studierende sind die wichtigsten Themen der Wahl Bildungspolitik, Asyl- und Flüchtlingspolitik sowie Universitäten, Umwelt- und Gesundheitspolitik. 3,4% der Teilnehmer geben an, dass für sie keines der 19 genannten Themen die Entscheidung für eine Partei ausmacht, über 20% dieser Studierenden wollen nicht wählen gehen oder einen ungültigen Stimmzettel abgeben. Für 1,6% der Studierenden (11 Teilnehmer) ist ein einziges Thema wahlentscheidend. So wählen Studierende, die Umweltpolitik als einziges entscheidendes Thema betrachten, zu 100% die Grünen (zwei Teilnehmer) und weitere zwei Teilnehmer trafen ihre Entscheidung einzig und allein aufgrund der Flüchtlingspolitik für die CDU. In dieser Gruppe will kein Studierender keine oder eine ungültige Wahl treffen. Für 0,4% der Studierenden ist angeblich jedes der 19 Themen entscheidend. Die meisten Studierenden treffen ihre Entscheidung aufgrund von sechs oder weniger Themen, für 90% der Studierenden sind es 10 oder weniger Themen. Wir betrachten im Folgenden lediglich diese 90% der Teilnehmer, die mindestens ein Thema aber nicht mehr als zehn Themen angegeben haben (583 Personen).

2012 hatten die Teilnehmer “Universitäten” als wichtigstes Thema gewählt (83,6%), dies sicherlich auch noch unter dem Eindruck des Kampfes um den Erhalt der eigenen Universität. Das Thema wird nun nur noch von 54,7% der Studierenden als eines empfunden, welches über ihre Parteiwahl entscheidet. Bildungspolitik ist, wie vor fünf Jahren, mit über 70% extrem relevant geblieben. Beim Thema “Asyl- und Flüchtlingspolitik” ist ein Vergleich zu 2012 nicht möglich, da das Thema neu aufgenommen wurde. Umweltpolitik ist für Studierende wichtiger geworden, 2012 gaben 49% der Befragten an, dieses Thema sei für sie entscheidend dafür, welche Partei sie wählen, nun sind es 58,7%.

An Bedeutung verloren hat der Themenkomplex “Digitale Gesellschaft”. 2012 hatte die Piratenpartei mit Inhalten um dieses Thema großen Erfolg, 43% der Studierenden empfanden diese Themen als entscheidend für ihre Wahl, nun sind es nur noch 19,9%. Gleichstellung hat seine Relevanz für die studentische Wahlentscheidung in den letzten fünf Jahren fast verdoppelt.

Das Interesse ist je nach Themengebiet und nach Studiengang unterschiedlich. Wenig überraschend ist, dass das Thema Gesundheitspolitik unter Medizinern eines der wichtigsten ist (70%), unter Studierenden der Fächer Psychologie und Medizinische Informatik noch als relevant angesehen wird (je 55%) und unter Informatikstudierenden kein besonders großes Interesse findet (32%). Umgekehrt kann das Thema “Digitale Gesellschaft” unter den Informatikstudiengängen mehr als die Hälfte zur Entscheidung für eine Partei bewegen, unter Medizinern und Psychologen hingegen nicht einmal 15%.

Das Thema Gleichstellung wird von Psychologie- und MML-Studenten als wichtig empfunden (fast 60%), unter den großen Studiengängen Informatik, MIW und Medizin hingegen finden nur knapp 40% das Thema relevant.

Sind also diese unterschiedlichen Interessen der Grund für das unterschiedliche Wahlverhalten? Zumindest in Teilen lässt es sich so erklären. Wer Sicherheitspolitik für besonders wichtig hält, findet sich eher bei der CDU wieder. Kein Studiengang misst der Sicherheitspolitik eine geringere Bedeutung bei als Psychologie-Studierende, die wiederum auch in sehr geringen Zahlen eine CDU-Wahl in Betracht ziehen. MML- und Psychologie-Studierende sind es, die die Umweltpolitik für besonders wichtig halten, sie wählen auch am ehesten die Grünen. Doch nicht alles korreliert so fein säuberlich. Die Studierenden identifizieren Verbraucherschutz klar als ein Thema der Grünen: 40% aller Studierenden, die Verbraucherschutz als einen Faktor in ihrer Wahlentscheidung betrachten, wollen diese Partei wählen. Gleichzeitig wird Verbraucherschutz von Informatik-, MLS- und MI-Studierenden als besonders wichtig genannt, drei Studiengängen, in denen die Grünen lediglich auf Platz zwei oder drei kommen.


Für welche Partei entscheiden sich die Studierenden, abhängig von den Themen die für sie wahlentscheidend sind.

Eine Wahlentscheidung ist letztendlich mehr als eine einfache Abwägung einiger weniger Interessen und so lässt sich mit den wenigen abgefragten Daten auch keine zufriedenstellende Erklärung finden.

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Wie viel Papier steckt in einer Landtagswahl? https://www.studentenpack.de/index.php/2017/04/wie-viel-papier-steckt-in-einer-landtagswahl/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/04/wie-viel-papier-steckt-in-einer-landtagswahl/#respond Mon, 24 Apr 2017 06:10:20 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=278554
Fun Fact: Aus Bäumen kann man Papier machen. Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Fun Fact: Aus Bäumen kann man Papier machen.

Die diversen Gesichter an Bäumen, Laternen, Zäunen, Mauern, Schafen, Kühen und Deichen können nur eines bedeuten – nicht, dass die Milchpreise gestiegen sind oder ein plötzlicher Drang bestand, die Natur mit Fotos von mehr oder weniger bekannten aber immer gleichen Personen zu verschönern. Nein! Es ist schon wieder eine Wahl. Das norddeutsche Flachland stellt einen neuen Landtag auf und diesmal können wir uns nicht darauf verlassen, dass die Hanseaten Lübecks für das nötige Kleinholz sorgen, wie sie es vor Hunderten Jahren gemacht haben, als sie den Dänen Land abkauften, es rodeten und das Land zum gleichen Preis wieder verkauften. Aber wie viel Holz braucht man eigentlich, um Demokratie spielen zu dürfen?

Gehen wir davon aus, dass alle Wahlberechtigten Schleswig-Holsteins in den letzten Wochen eine Wahlbenachrichtigung mit zwei Seiten zur kommenden Landtagswahl erhalten haben. Mit dem zugehörigen Umschlag (hier als eine Seite gerechnet) kommen wir bei etwa 2,3 Millionen Briefen bereits auf 6,9 Millionen Seiten Papier. Hinzu kommt der im Wahllokal oder per Briefwahl abgeschickte Wahlzettel (ungefähr zwei A4-Seiten lang). Bei der letzten Bundestagswahl lag der Anteil der Briefwähler bei 24,3 Prozent. Mit jeweils einem Wahlzettel und drei Umschlägen zusätzlich für die Briefwähler erreichen wir 9.694.500 Seiten Papier. Dazu kommen pro Wahllokal in Schleswig-Holstein – dies sind ungefähr 2600 – zusätzlich ungefähr 100 Seiten Wahlhelferinformationen und Wahlanordnungen.

Insgesamt sind es also eine Seite Briefwahlantrag, eine Wahlbenachrichtigung, ein Umschlag und ein Wahlzettel pro Bürger. Dazu jeweils zwei Umschläge für die 558.900 Briefwähler und jeweils ungefähr 100 Seiten für jedes der 2600 Wahllokale. Damit kommen wir auf 9.954.500 A4-Seiten Papier.

Laut der Sendung mit der Maus können aus einem durchschnittlichen Kiefernstamm rund 80.500 A4-Seiten Papier hergestellt werden. Für die zuvor bedachten 9.954.500 Blatt Papier müssten also mindestens 124 Kiefern gefällt werden.

Da es sich beim verwendeten Papier um Recyclingpapier handelt, sind nur ungefähr 40 Prozent neue Bäume notwendig, um die Festigkeit des Papiers beizubehalten – ohne dabei das Wasser zur Produktion oder die benötigten Bleichmittel zu beachten. Hierzu weiß die Maus: „Dabei eignet sich nicht jede Holzart gleichermaßen gut. […] Gut geeignet sind deshalb Nadelbäume wie Fichte, Lärche, Tanne oder Kiefer.“ Die im Dezember beim Bürgerentscheid geretteten Linden wären nicht zur Papierherstellung geeignet gewesen.

Zu den bereits jetzt gefällten 124 Kiefern kommen zudem noch diejenigen, die für den Druck der diversen Wahlplakate benötigt werden Wie viele Bäume zählen eigentlich als Wald? Sind 85 Kiefern bereits ein Kiefernwald? Oder erst die 124 Kiefern? Laut dem Forstwissenschaftler Dr. Martin Lorenz “muss ein Wald eine Mindestfläche von einem halben Hektar (5000 Quadratmeter) haben. Diese Fläche braucht nur zu einem Zehntel von Baumkronen überschirmt zu sein. Die Anzahl der Bäume spielt in der Definition keine Rolle.” Unsere ausgewachsenen Kiefern bedecken mit ungefähr 100 Quadratmetern Baumkrone bei maximalem Baumkronenabstand also mindestens 1,24 Hektar – damit steht unser Wald.

Dabei sind nicht einmal die Mengen an Werbeflyern, Infobroschüren, Wahlprogrammen und Flugblättern eingerechnet, die die Parteien täglich in den Innenstädten und Lokalbüros unter die Leute bringen, um den ein oder anderen Bürger zu gewinnen, der nicht bereits durch vorher verteilten Traubenzucker oder den achtlos hinterhergeworfenen Kugelschreiber überzeugt wurde – irgendwo habe ich auch noch den SPD-Kugelschreiber der Landtagswahl Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2007.

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„Sicherlich können das viele andere Parteien auch sagen, aber das tun sie nicht“ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/04/sicherlich-koennen-das-viele-andere-parteien-auch-sagen-aber-das-tun-sie-nicht2/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/04/sicherlich-koennen-das-viele-andere-parteien-auch-sagen-aber-das-tun-sie-nicht2/#respond Sat, 22 Apr 2017 04:00:33 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=278194
Wolfgang Baasch kandidiert für die SPD im Wahlkreis Lübeck Süd.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Wolfgang Baasch kandidiert für die SPD im Wahlkreis Lübeck Süd.

StudentenPACK: Damit unsere Leser wissen, mit wem wir reden, könnten Sie sich bitte zum Beginn kurz vorstellen?

Wolfgang Baasch: Mein Name ist Wolfgang Baasch. Ich bin Lübecker Landtagsabgeordneter der SPD für den Wahlkreis Lübeck Süd. Der Wahlkreis ist zu dieser Wahl neu aufgestellt worden. Dazu gehören die Altstadt, St. Jürgen und Moisling und damit auch alle drei Lübecker Hochschulen. Diese prägen natürlich auch den gesamten Wahlkreis und damit meine politische Arbeit hier in Lübeck. Ich setze mich immer wieder für Aktivitäten an den Hochschulen ein, bin aber in der SPD-Landtagsfraktion als sozialpolitischer Sprecher zuständig für die Sozialpolitik. Dazu gehört die Gesundheitspolitik und damit das UKSH. Des Weiteren bin ich Sprecher für die Belange von Menschen mit Behinderung und die Arbeitsmarktpolitik. Ich bin ausgebildeter Erzieher und habe lange in einer Schule für Menschen mit geistiger Behinderung gearbeitet – heute ist das ein Förderzentrum G. Ich habe mich immer für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung eingesetzt, sodass diese auch den Zugang zum politischen Leben finden.

PACK: Wenn Sie auf die letzten 5 Jahre zurückblicken: Was würden Sie als den größten Erfolg bezeichnen und gab es Rückschläge für Schleswig-Holstein?

Baasch: Der größte Erfolg ist immer schwierig, aber was ich als besonders erfolgreich empfinde, ist der Masterplan zur Strukturänderung des UKSH vor allem am Standort Lübeck. Zweitens haben wir eine stärkere Förderung in der Familienpolitik organisiert. Das Krippengeld wird es jungen Familien ermöglichen, ihre Kinder in einer Krippe bzw. in einer Kindertagesstätte betreuen zu lassen. Das ist ein altes Ziel: Bildung sollte kostenfrei sein. Das gilt nicht nur für Universitäten, Kindertagesstätten und Krippen, sondern für alle Bildungseinrichtungen. Finanzielle Hürden abzubauen, ist dabei der richtige Weg, und dass uns das gelungen ist, ist ein wichtiger Punkt. Das sind die zwei Schlaglichter, die ich da nennen würde. Was vielleicht nicht so gut gelaufen ist, das ist die Entwicklung der HSH-Nordbank. Über der finanziellen Situation des Landes hängt immer noch das Damoklesschwert der Landesbank, was eine riesige Belastung für das Land Schleswig-Holstein und seine Bürger sein kann. Dies muss von allen Parlamentariern und der Landesregierung getragen werden.

PACK: Sie haben die Finanzen erwähnt – nicht nur in der Familienpolitik und der Bildung, sondern auch der HSH-Nordbank. Stellen Sie sich vor das Land Schleswig-Holstein hätte 5 Milliarden zusätzlich zum normalen Haushalt. Was würden Sie mit diesem Geld fördern?

Baasch: Ich persönlich?

PACK: Sie als Abgeordneter.

Baasch: Da fängt es schon an. Also ich würde das gesamte Geld in die soziale Infrastruktur stecken. Kindertagesstätten gebührenfrei machen, in der Ausbildung von sozialen Berufen – Pflegekräften, Erziehern und so weiter – Anreize schaffen, sodass mehr junge Menschen in diese viel Engagement fordernden Berufe gehen wollen. Dass wir Menschen mit Behinderungen in ihren Lebenssituationen fördern können. Die Wahrscheinlichkeit, 5 Milliarden alleine verteilen zu können, ist natürlich sehr gering. Da werden sicherlich auch einige sagen, dass wir Geld brauchen, um Schulden zurückzuzahlen, Brücken und Autobahnen zu bauen, die Landwirtschaft zu fördern, um den Milchpreis stabil zu halten. Da wird es viele Begehrlichkeiten geben, aber die Haushaltsentwicklung in Schleswig-Holstein ist im Moment so, dass wir keine Sparpolitik fahren müssen. Wir können die Schulden ganz planmäßig zurückzahlen, sodass wir 2020 die Schuldenbremse einhalten werden. Dazu sind wir in der Lage, soziale und Infrastrukturprojekte zu fördern. Das Kabinett hat vor kurzem beschlossen, über 150 Millionen Euro in den Ausbau der Krankenhäuser zu investieren. Das sind natürlich Zeichen dafür, dass die Haushalte im Moment so aufgestellt sind, dass wir vieles leisten können, was in der Vergangenheit vernachlässigt wurde.

PACK: Wenn wir uns die Aufstellung der SPD anschauen, sehen wir überall den Spruch “Mehr Gerechtigkeit für Alle!”. Was soll das bedeuten? Das könnte sich doch jede Partei auf die Plakate schreiben?

Baasch: Die SPD steht für die soziale Gerechtigkeit. Das ist unsere Überschrift und mehr “Gerechtigkeit für Alle!” impliziert genau diese soziale Komponente. Sicherlich können das viele andere Parteien auch sagen, aber das tun sie nicht. Teilweise wollen sie es einfach auch nicht. Deshalb stehen wir ja auch im Wettbewerb. Es ist nicht alles das Gleiche. Ich glaube, dass die SPD mit dem Kernmerkmal soziale Gerechtigkeit richtig steht.

PACK: Fassen Sie Ihr Wahlprogramm in drei Stichpunkten zusammen!

Baasch: Auch dort ist es wieder gesteuert von den Sozialpolitikern. Da haben wir die Verbesserungen in den Kindertagesstätten. Qualitativer und quantitativer Ausbau der Kinderbetreuung und der Schritt zur Gebührenfreiheit. Im Pflegebereich müssen wir die Pflegenden stärken und unterstützen und eine Pflegeberufekammer einrichten. Wir müssen Anreize schaffen, indem wir den Beruf aufwerten, dass Menschen in der Lage sind, diesen Beruf lange und in hoher Qualität auszuführen. Der dritte Bereich ist für mich die Strukturstärkung – auch in Lübeck. Dazu gehören bei uns die Ausweitung der kulturellen Komponenten der Kulturstadt Lübeck – von der Musikhochschule zur MuK. Das sollte im Mittelpunkt stehen. Zumindest aus der Sicht des Lübecker Abgeordneten und Sozialpolitikers.

Die Schleswig-Holsteiner haben die Wahl: Wer wird der nächste Ministerpräsident?Lukas Ruge | StudentenPACK.

Die Schleswig-Holsteiner haben die Wahl: Wer wird der nächste Ministerpräsident?

PACK: In der laufenden Wahlperiode wollten die Piraten initiieren, den Tag des Grundgesetzes zu einem gesetzlichen Feiertag zu erklären. Dies wurde ohne Gegenvorschlag abgelehnt. Im Parteiprogramm der SPD wird jetzt ein weiterer Feiertag gefordert. Warum nicht der Tag des Grundgesetzes?

Baasch: Die Vorschläge von Oppositionsparteien haben immer ihre Vor- und Nachteile. Eine Oppositionspartei schlägt ja nicht unbedingt etwas vor, weil sie dieses Anliegen durchbringen wollen, sondern weil sie Diskussionen anregen und auf Widersprüche aufmerksam machen wollen. Wir selbst haben lange diskutiert und finden es richtig, einen weiteren Feiertag einzurichten. Das liegt auch daran, dass wir einen Feiertag verloren haben. In der Diskussion um die Pflegeversicherung wurden bei der Teilhabe auf Drängen der Wirtschaftsverbände der Buß- und Bettag abgeschafft. Diesen Kompromiss fand ich nicht gut. Ein zusätzlicher Feiertag wäre in diesem Fall mehr als eine Kompensation. In 2017 haben wir mit dem Reformationstag einen zusätzlichen bundesweiten Feiertag. Mir wäre es lieber, wenn es mehr bundeseinheitliche Feiertage geben würde. Ich persönlich finde den Reformationstag genauso gut, wie andere Feiertage. Das kann auch der Tag des Grundgesetzes sein. Darüber muss aber ein gesellschaftlicher Diskussionsprozess stattfinden. Persönlich habe ich mich aufgrund unserer jüdischen und muslimischen Minderheiten immer für einen jüdischen oder muslimischen Festtag ausgesprochen. Diese Diskussion muss man zumindest einmal führen. Der SSW hat den Tag der Landesverfassung vorgeschlagen – auch ein interessanter Vorschlag. In der nächsten Legislaturperiode sollte dieser Diskurs auf jeden Fall zügig vorangetrieben werden.

PACK: Ein weiterer Punkt im Wahlprogramm ist das Thema Abschiebungen beziehungsweise Abschiebestopp: Ihre Regierung hat Abschiebungen nach Afghanistan aus humanitären Gründen gestoppt, allerdings sind verurteilte Straftäter und Gefährder ausgenommen. Verstößt das nicht gegen Artikel 1 des Grundgesetzes?

Baasch: Eine schwierige Frage. Erst einmal: Bei allen Abschiebungen gilt vor allem das individuelle Recht. Das steht auch einem vermeintlichen Gefährder und einem verurteilten Straftäter zu. Gleichwohl glaube ich, dass Menschen, die hier straftätig geworden sind oder wie auch immer als mögliche Gefährder erkannt werden, abgeschoben werden können. Aber dass gerade Schleswig-Holstein die Abschiebungen gestoppt hat, halte ich für einen wichtigen Schritt. Mir kann keiner erklären, warum um diese geringe Personenzahl ein derartiger Medienhype gemacht wird. In den letzten Monaten sind 100 Menschen in 4 Maschinen nach Afghanistan abgeschoben worden. Schleswig-Holstein ist da im Schnitt mit drei bis fünf Prozent dabei. Das bedeutet, drei bis fünf Personen aus Schleswig-Holstein sind dabei. Das belastet weder Schleswig-Holstein noch Deutschland. Warum müssen gerade diese 100 Menschen abgeschoben werden? Wieso sagen wir nicht: Wir haben begriffen, dass Afghanistan kein sicheres Land ist. In Kabul kann man vielleicht an der ein oder anderen Stelle recht sicher leben, aber auch nur dann, wenn ich zu speziellen Volksgruppen in Afghanistan gehöre. Ich kann nicht erkennen, warum man das Geld, das für die 100 Abschiebungen genutzt wird, nicht für die Integration dieser selben 100 nutzen könnte? Eine Diskussion über Sammel- und Massenabschiebungen sind doch irre, wenn es um 100 Menschen in den letzten Monaten geht. Ich halte diese Diskussion für sehr populistisch und aufgebauscht und nicht mit dem Ziel der Integration vereinbar. Das ärgert mich. Die Politik müsste da eindeutiger sein und ich bin froh, dass unsere Landesregierung und auch die Mehrheit des Parlaments zu der Politik der Überlegtheit steht und nicht in eine Lautsprechermentalität verfällt.

PACK: In Ihrem Wahlprogramm steht: „Wir bekennen uns nach wie vor dazu, dass Integration am besten in dezentraler Unterbringung gelingt. Deshalb sollen bei der Integration hinderliche Einrichtungen mit vielen Geflüchteten an einem Ort vermieden werden. Damit wollen wir besonders das ehrenamtliche Engagement fördern.“. Wie hängt das beides zusammen?

Baasch: Die dezentrale Unterbringung bedeutet natürlich, dass Menschen aus komplett anderen Kulturkreisen in eine sozial-räumliche Umgebung eintreten können. Wer kann besser die Menschen aufnehmen, sich um sie kümmern, ihnen Angebote machen und sehen, welche Hilfe vor Ort nötig ist? Die Menschen aus der Nachbarschaft. Deshalb glaube ich, dass die dezentrale Unterbringung sehr zielführend ist. Darüber haben wir ja auch in Lübeck – teilweise sehr heftig – diskutiert. Vor allem über die Größenordnungen, in denen Menschen untergebracht werden sollen. Da muss man jedoch sagen, dass es 2016, als so viele Menschen bei uns ankamen, nötig war, schnell Unterbringungen zu schaffen und den Menschen ein Dach über dem Kopf zu geben und natürlich auch schnell Hilfe zu leisten. In Lübeck zumindest wurden nun auch größere Unterkünfte ermöglicht und eine Betreuung über Vereine und Ehrenämtler konnte realisiert werden. Von daher glaube ich, dass das der richtige Weg ist. Wir müssen dafür aber auch Grundlagen für die Ehrenämtler schaffen, damit diese diesen Prozess auch durchhalten können. Viele kommen bei all dem Engagement an ihre Grenzen. Viele müssen ohne oder nur mit mangelnder professioneller Unterstützung auskommen. Da muss man neben der dezentralen Unterbringung auch darauf achten, dass man die Ehrenämtler stärkt und besonders wertschätzt.

Das StudentenPACK hat Wolfgang Baasch im Dr.-Julius-Leber-Haus in Lübeck getroffen.Carlotta Derad | StudentenPACK.

Das StudentenPACK hat Wolfgang Baasch im Dr.-Julius-Leber-Haus in Lübeck getroffen.

PACK: Nicht nur für Geflüchtete ist ausreichender und bezahlbarer Wohnraum ein Problem, sondern auch für Studierende, Auszubildende und Ältere. Wie und in welchem Zeitraum möchten Sie in Schleswig-Holstein bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen?

Baasch: Wir wollen versuchen, 5000 sozial geförderte Wohnungen pro Jahr zu schaffen. In Lübeck sind die Voraussetzungen dafür gut, weil Lübeck seine städtischen Wohnungsbaugesellschaften nicht verkauft hat. In Lübeck gibt es die “Trave” und einige Wohnungsbaugenossenschaften, die einen sehr verantwortlichen sozialen Wohnungsbau betreiben. Ich kann mir gut vorstellen, dass der soziale Wohnungsbau in Lübeck gut gefördert werden kann. Das Problem ist dabei möglicherweise, die Flächen für solche Projekte zu finden und zur Verfügung zu stellen. Da müssen Kommunen und Wohnungsbaugesellschaften Hand in Hand arbeiten. An den Fördermitteln darf es dabei nicht scheitern. Wir wollen die soziale Wohnraumförderung ausbauen. Zum anderen werden natürlich für Studierende auch ganz andere Anforderungen gestellt. Man braucht eine Wohnung ja nur für die Zeit des Studierens in Lübeck. Diese Problematik muss in Kiel und Lübeck wahrscheinlich am nötigsten gefördert werden. Dafür will die SPD auch die notwendigen Fördermittel zur Verfügung stellen. Ich glaube aber auch, dass sich dieser Aufgabe die die Stadt Lübeck annehmen muss.

PACK: Von studentischen Wohnung zur Hochschul- und Bildungspolitik. Halten Sie die schleswig-holsteinischen Hochschulen für ausreichend finanziert?

Baasch: (lacht) Wenn ich die Hochschulen frage, sagen die alle “Nein”. Ich weiß, dass wir in Schleswig-Holstein viel getan haben, damit sich die Hochschulen entwickeln können. Wenn ich eine Rückmeldung von den Universitäten bekomme, ist auf jeden Fall die Forderung nach mehr da, aber wenn ich an das neue Zentrum (CBBM), was ich im Entstehungsprozess gesehen habe, oder an das Fraunhofer Institut denke, macht mir das deutlich, dass an unserem Hochschulstandort etwas passiert. Dann kann es bei uns nicht so unattraktiv sein.

PACK: Schauen wir auf das UKSH, welches nicht nur Arbeitgeber für Studierende ist, sondern von dem wir auch Jahr für Jahr hören dürfen, dass es rote Zahlen schreibt und dass sich das bald ändern muss. Kann es sein, dass Gesundheitsversorgung ein Verlustgeschäft ist und man das akzeptieren sollte?

Baasch: Diese Denkweise könnte man als Ansatz für eine Diskussion auf jeden Fall gebrauchen. Das Problem ist: So funktioniert es leider nicht. Wenn ich mir das Gesundheitssystem Schleswig-Holsteins ansehe, dann habe ich das Universitätsklinikum, welches als Maximalversorger die Gesundheitsversorgung in einer hohen Qualität anbietet und andere private Krankenhäuser, die es schaffen 16 Prozent Rendite zu erwirtschaften. Auch das sind regionale Versorger, die wirklich viel Geld mit dem Gesundheitssystem verdienen. Das ist nicht immer ein Zuschussgeschäft. Aber das Universitätsklinikum kann sich nicht nur die profitablen Zweige der Medizin heraussuchen, sondern muss den Anspruch haben, in allen medizinischen Bereichen hochwertige und exzellente Leistungen zu vollbringen. Deswegen ist die Frage, ob ein Universitätsklinikum schwarze Zahlen schreiben muss, berechtigt. Doch auch dort sollte der Anspruch genau darin liegen. Dabei muss die Versorgung und die Wirtschaft in Balance gebracht werden. Das ist gerade im Gesundheitswesen sehr schwierig. Man sollte sich die Strukturen der Kliniken ansehen. Wir wissen alle, dass es Privatpatienten gibt, die anders behandelt werden als Kassenpatienten und Professoren bestimmte Strukturen haben, um Betten vorhalten zu dürfen. Wenn wir das alles auf dem Prüfstand stellen, könnte auch ein Universitätsklinikum anders aufgestellt sein. Das sollte man sich auf Dauer vornehmen. An einem über Jahrzehnte gewachsenen Klinikum wie in Lübeck sollte man die räumliche Strukturen und neuen Angebote im Laufe der Umbaumaßnahmen für neue finanzielle und wirtschaftliche Wege nutzen.

PACK: Wie sieht Ihr Schleswig-Holstein 2022 aus?

Baasch: Rot. Mit einem bisschen grün und einem bisschen blau.

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Un(i)wort des Jahres 2016 https://www.studentenpack.de/index.php/2017/02/uniwort-des-jahres-2016/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/02/uniwort-des-jahres-2016/#comments Fri, 03 Feb 2017 16:00:04 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=262324 Ein ereignisreiches Jahr 2016 liegt hinter uns, in dem einige Wörter immer wieder in aller Munde waren. Vom Wirbel um ein Video über eine Streikandrohung bis zum von Professor Hartmanns Vision für den Campus: Diesem bewegten Jahr wollen wir Rechnung tragen und küren das Un(i)wort des Jahres 2016:

Der Gewinner

Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Vertrauensvorschuss

Wie schön ist es doch, an einer so kleinen Uni zu studieren. Hier kennt man jeden, man mag sich und man vertraut einander. Da ist es auch kein Problem, Kompromisse für wichtige Fragen wie die Bezahlung von PJ-Studierenden zu finden. Es überraschte schon etwas, dass sich einige Lübecker Klinikleitende zunächst entschieden, PJlern die wertvolle Erfahrung einer uneigennützigen Arbeit nicht nehmen zu wollen. So musste die Fachschaft Medizin tatsächlich zum Äußersten schreiten und drohen, ab Mai niemandem mehr einen Praktikumsplatz am UKSH zu geben. Sogar Professor Westermann erklärte sich bereit, im Falle eines Streiks andere Bundesländer als Inland zu akzeptieren anstatt wie sonst üblich Kliniken, die kein Lehrkrankenhaus der Uni Lübeck sind, als Ausland zu betrachten.

Doch wenig später konnte erfreulicherweise der Frieden gewahrt und die Drohungen zurückgenommen werden. Geld gibt es immer noch nicht, aber Ärzte sind ja bekanntlich Menschen von höchster Moral und somit ist es nur gerechtfertigt, ihnen einen Vertrauensvorschuss zu gewähren. Und die Studierenden wurden nicht enttäuscht: Fast postwendend wurde zugesichert, dass es eine Bezahlung in unbekannter Höhe geben könnte. Zwar kann das immer noch nicht bestätigt werden, aber die Zuversicht ist ungebrochen. Das wertvolle Vertrauen der Fachschaft tritt man schließlich nicht mit Füßen. Vielleicht sollte dem UKSH neben dem Vertrauensvorschuss auch ein Zeitaufschub zugestanden werden, bis Mai sind es ja schließlich noch drei Monate.

Die anderen Kandidaten

Vernetzungstreffen

Jedes Jahr im Juni fällt ein Bus voller Lübecker Studierenden in ein kleines, verlassenes Dorf in Thüringen ein, zusammen mit Kommilitonen aus ganz Deutschland. Man treffe sich mit der Absicht, sich untereinander noch stärker zu vernetzen, argumentierten die damaligen Antragsteller im StuPa, als es um die Bezuschussung dieses Ausflugs ging. Als teambildende Maßnahme wird alljährlich nebenher noch ein kleines Fußballtunier veranstaltet, das aber keinesfalls dem regen Gedankenaustausch im Wege steht. Unglücklicherweise wurde jedoch durch einige Werbevideos der Eindruck erweckt, es handle sich in erster Linie um ein feuchtfröhliches Festival. In der Diskussion um das hinlänglich bekannte Video, war man sich dann selbst nicht mehr so ganz einig, ob die Medimeisterschaften jetzt eigentlich eine Vernetzungs- oder doch eine Spaßveranstaltung sind. So oder so, mit adäquatem Alkoholkonsum klappt das Vernetzen und soziale Interagieren bekanntlich noch besser (Collins et al.,J Consult Clin Psychol. 53, 189-200, 1985).

24-Stunden-Campus

Jeder Studierende liebt die Uni und möchte so viel Zeit wie möglich dort verbringen. Geplant ist, den Campus von einem langweiligen 8:00-20:00 Uhr-Campus zu einem modernen und spannenden Ort für die gesamte Studienzeit zu verwandeln – so sagte es zumindest Professor Hartmann im Juli 2016. Um sechs Uhr wachen die Studierenden noch verkatert auf den Tischen der studentischen Kneipe auf und haben es nicht weit, um ihre Vorlesung um 6:15 Uhr im benachbarten Hörsaalgebäude zu besuchen. Auf dem Weg wird noch das von Studierenden betriebene Café aufgesucht, um sich in einen zumindest äußerlich einigermaßen lebendig wirkenden Zustand zu versetzen. Während in der Vorlesung weitergeschlafen wird vergeht der Uni-Tag. Das letzte Seminar wird vom Dozenten freundlicherweise aufgrund der fortgeschrittenen Stunde bereits um 23:45 Uhr beendet. Bevor der fleißige Student den Fitnessraum am Rande der Bibliothek betritt, in dem man immer ein freies Laufband und eine kalte Dusche findet, muss noch der für diesen Tag gewählte Zeltwächter mit den aktuellen Informationen aus den Vorlesungen und Seminaren versorgt werden. Die sich hinter dem Audimax ausbreitenden Zeltstädte erfreuen sich gerade zu diesen späten Stunden besonderer Beliebtheit, kann man doch hier die neuesten Ideen des Präsidiums wie den 365-Tage-Campus diskutieren. Am Lagerfeuer vergeht die Zeit wie im Flug: Es ist schon vier Uhr. Jetzt noch schnell das Seminar vorbereiten – um sechs Uhr geht es schließlich wieder los.

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Winston Churchills Europa https://www.studentenpack.de/index.php/2016/12/winston-churchills-europa/ https://www.studentenpack.de/index.php/2016/12/winston-churchills-europa/#respond Mon, 12 Dec 2016 06:00:20 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=252341
Winston Churchill austellungFabian Schwarze | StudentenPACK.

Winston Churchill Ausstellung

„Wäre jemals ein vereintes Europa imstande, sich das gemeinsame Erbe zu teilen, dann genössen seine drei- oder vierhundert Millionen Einwohner Glück, Wohlstand und Ehre in unbegrenztem Ausmaße. […] Und welches ist der Zustand, in den Europa gebracht worden ist? Zwar haben sich einige der kleineren Staaten gut erholt, aber in weiten Gebieten starren ungeheure Massen zitternder menschlicher Wesen gequält, hungrig, abgehärmt und verzweifelt auf die Ruinen ihrer Städte und Behausungen und suchen den düsteren Horizont angestrengt nach dem Auftauchen einer neuen Gefahr, einer neuen Tyrannei oder eines neuen Schreckens ab. […] Und doch gibt es all die Zeit hindurch ein Mittel, das, würde es allgemein und spontan von der großen Mehrheit der Menschen in vielen Ländern angewendet, wie durch ein Wunder die ganze Szene veränderte und in wenigen Jahren ganz Europa, oder doch dessen größten Teil, so frei und glücklich machte, wie es die Schweiz heute ist. Welches ist dieses vorzügliche Heilmittel? Es ist die Neuschöpfung einer europäischen Völkerfamilie, oder doch so viel davon, wie möglich ist, indem wir ihr eine Struktur geben, in welcher sie in Frieden, in Sicherheit und in Freiheit bestehen kann. Wir müssen eine Art Vereinigte Staaten von Europa errichten.“

Der bekennende Europäer, Journalist, Autor und Politiker zeigt in einer Rede vom 19. November 1946 an der Universität Zürich die Notwendigkeit einer umfassenden Völkerverständigung auf dem europäischen Kontinent auf. Gerade in einer Zeit des aufstrebenden antieuropäischen Gedankenguts zeigt eine historische Person wie Winston Spencer Churchill sowohl als Politiker und Redner als auch als Künstler und Autor die Schrecken des Krieges und der Uneinigkeiten eines gespaltenen und zerstrittenen Europas auf.

Die am 12. November im Günter-Grass-Haus eröffnete Ausstellung zeigt sowohl die historische Person Churchill als Politiker als auch als eine Person, die sich Zeit ihres Lebens jederzeit die Laufbahn und die Ruhe des Künstlers – genauer gesagt des Malers und Romanautors – wünschte, jedoch aufgrund des persönlichen Ehrgeizes und der Erkennung seiner eigenen Pflicht die Aufgaben der britischen Politik übernahm, wie er in Form seiner an sich selbst orientierten Kunstfigur des gleichnamigen Romans Savrola beschreibt.

Churchill zeigt im Gegensatz zu Günter Grass die Laufbahn des Berufspolitikers und Berichterstatters auf, der sich in die Ruhe der malerischen und idyllischen Kunst flieht. Die Werke von Günter Grass, welche von Unruhe, Zerstörung und Leid handeln, zeigen einen wunderbaren Vergleich zwischen diesen beiden sowohl politisch als auch künstlerisch begabten Personen der Weltgeschichte auf.

Die Austellung ist noch bis zum 12.Februar 2017 im Grass-Haus zu sehen und ist trotz ihrer geringen Größe einen Besuch wert für alle, die das Grass-Haus noch nicht kennen oder auch einer weiteren Begehung der Grass-Ausstellung nicht abgeneigt sind.

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Auf einen Tee mit dem Ministerpräsidenten https://www.studentenpack.de/index.php/2016/12/auf-einen-tee-mit-dem-ministerpraesidenten/ https://www.studentenpack.de/index.php/2016/12/auf-einen-tee-mit-dem-ministerpraesidenten/#respond Mon, 12 Dec 2016 04:55:39 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=252636
Ministerpräsident Torsten Albig bei einer Rede im Landtag.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Ministerpräsident Torsten Albig bei einer Rede im Landtag.

Politik ist langweilig, realitätsfern und elitär. Sie schließt die Bürger aus und agiert intransparent. Fühlt es sich auch so an, wenn man mal in den Landtag geht?

Der Landtag von Schleswig-Holstein: Das am Westufer der Förde gelegene Backsteingebäude mit dem prominenten zum Wasser hin verglasten Plenarsaal liegt 30 Minuten Fußweg vom Kieler Hauptbahnhof entfernt. Es ist der einzige Landtag mit direkter Sicht auf das Meer – hier die Kieler Förde – und bietet den Abgeordneten einen beeindruckenden Blick auf eine Lebensader des nördlichsten deutschen Bundeslands.

Der Weg zum Landtag führt an der Förde entlang und bietet einen Blick auf den komplett umglasten Plenarsaal und die darin tagenden Abgeordneten. Um den verregneten Plenaranbau streift ein einsamer Polizist nur in Begleitung eines Hundes. Vor dem Gebäude wird eine Bühne für eine Demo errichtet.

Als Mitglied der StudentenPACK-Redaktion bin ich zusammen mit einem weiteren Redaktionsmitglied im Landtag, um ein Interview mit Kristin Alheit, der Ministerin für Soziales, Gesundheit und Wissenschaft zu führen. Wenn wir schon dort sind, verfolgen wir auch die stattfindende Sitzung. Am Finanzministerium vorbei folgen wir der Einfahrt zum Eingang, wo wir freundlich von den Pförtnern empfangen werden, die unseren Ansprechpartner zwar nicht erreichen können, uns aber trotzdem die Türen zum lichtdurchfluteten Foyer öffnen.

Im Foyer – neben den berühmt berüchtigten Paternosteraufzügen – werden wir vom Pressesprecher der Ministerin begrüßt. Nach einem kurzen Überblick über die Anliegen der heutigen Landtagssitzung – Terrorgefahr, Krippengeld und Neuausrichtung der Hochschulmedizin – beschließen wir der Diskussion von der Empore aus zu folgen. Dort erwartet uns eine große Auswahl an Zuhörern. Nicht nur die üblichen Journalisten – bekannte Gesichter aus NDR und von Lokalzeitungen – sondern auch Schüler, Studierende, „unbeteiligte“ Bürger und Angehörige der Bundeswehr folgen zusammen mit den Abgeordneten und deren Mitarbeitern den Diskussionen im Landtag. Auf der Regierungsbank sitzt unsere Gesprächspartnerin.

Die Sitzung hat eine Pause. Wir verlassen die Tribüne und begeben uns in die bereits stark gefüllte Cafeteria an der Seite des Gebäudes. Dort erwartet uns bereits die Ministerin. Völlig in einen Zeitplan verwickelt folgt sie während unseres Gesprächs beiläufig der Sitzung im Nebenraum auf ihrem Smartphone, um den nächsten Punkt der Tagesordnung, der ein Gesetz ihres Ministeriums zum „Krippengeld“ betrifft, vorzubereiten.

Eine volle Cafeteria, geschäftiges Treiben, hohe Lautstärke und viel Kaffee – ein Landtag im Normalbetrieb, aber eine etwas ungewöhnliche Stimmung für ein Interview. Kein privates Treffen im privaten Büro mit perfekter Aufnahmemöglichkeit. Dazu kommt der Zeitdruck.

Das Gespräch ist beendet, die Ministerin zurück im Plenarsaal, die Cafeteria leert sich allmählich. „Kennen Sie bereits den Ministerpräsidenten?“, fragt uns der uns durch den Landtag begleitende Pressesprecher. Kurz darauf finde ich mich im Smalltalk mit Torsten Albig wieder. Wenig später verlässt auch der Regierungschef die Cafeteria, um der Sitzung, der die Ministerin schon seit einigen Minuten folgt, beizuwohnen. Wenig später wird er eine Rede im Landtag halten.

Auf dem Weg, die Tribüne erneut zu betreten, treffen wir den Oppositionsführer aus den Reihen der CDU, dem wir vorgestellt werden und mit dem wir einige Worte wechseln.

Beim Verlassen des Landtags teilt uns unser Ansprechpartner noch mit, dass der Terminplan leider sehr voll sei. Vor dem Eingang wird eine Demonstration vorbereitet. Die Bühne ist bereits mit Transparenten gefüllt und circa fünfhundert Leute von verschiedensten Hilfsorganisationen demonstrieren gegen das Bundesteilhabegesetz.

Ein Besuch im Landtag ist jedem Bürger jederzeit möglich und jedem zu empfehlen – vor allem für all jene, die eine Intransparenz von Seiten der führenden Politiker verspüren. Nicht nur, dass sowohl eine sehr offene Atmosphäre gewahrt wird, sondern auch die Politiker keine von Security umkreisten, unnahbaren Roboter sind. Gerade in Anbetracht der kommenden Landtagswahlen und der damit verbundenen letzten Regierungsmonate der aktuellen Landesregierung bietet sich die Möglichkeit, den hitzigeren Debatten zu folgen und sich ein eigenes Bild von der Regierungspraxis zu bilden.

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Wochenende der kurzen Wege! https://www.studentenpack.de/index.php/2016/12/wochenende-der-kurzen-wege/ https://www.studentenpack.de/index.php/2016/12/wochenende-der-kurzen-wege/#respond Mon, 12 Dec 2016 04:45:05 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=252546
Mitreisende der Gremienfahrt in Dänemark im „Gremienschlösschen“.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Mitreisende der Gremienfahrt in Dänemark im „Gremienschlösschen“.

Vom 25. bis zum 27. November fand die jährliche Gremienfahrt der Universität zu Lübeck statt. Deshalb verzichten wir in dieser Ausgabe auf die üblichen Berichte der Gremien und fokussieren uns auf die zwischen den einzelnen Gremien und Gruppen gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse dieses Arbeitswochenendes. Vernetzung und gemeinsames Arbeiten zwischen den Gremien und Sektionen stand in dieser Zeit im Vordergrund. Sowohl ein kommender Fachschaftskonvent – ein vermutlich monatlich tagendes Vernetzungsgremium der FS MINT, FS MED und FS PSY – als auch ein gemeinsames Arbeiten an den Satzungen und Ordnungen sollen in Zukunft eine harmonischere und produktivere Atmosphäre schaffen.

Die Fachschaft MINT erarbeitete in der Zeit eine Geschäftsordnung, die es ihr ermöglichen soll ihre Arbeit besser zu strukturieren und ihre Sitzungen effektiv zu leiten. So findet unter anderem die neue Referatsstruktur einen offiziellen Rahmen. Auch die anderen Fachschaften haben an dem Entwurf Interesse gezeigt.

Wichtig auch für die Fachschaft MINT ist die mögliche Aufspaltung in mehrere kleine Fachschaften. Mittlerweile vertritt die Fachschaft zwölf Studiengänge. Nicht nur, dass die Räumlichkeiten der Fachschaft der Menge an gewählten Mitgliedern kaum noch standhalten. Auch der Fakt, dass auf Dauer kein Überblick über die Probleme der verschiedenen Studiengänge gewahrt werden kann, führt dazu, dass es an einer wachsenden Universität zu einer Aufspaltung der Fachschaft kommen sollte beziehungsweise muss. Dabei sind Spaltungen in Naturwissenschaften einerseits, Technik und Informatik andererseits im Gespräch. Auch der kommende Master-Studiengang Hörgeräteakustik muss in diese Planung aufgenommen werden.

Des Weiteren spielte auch der sogenannte „Kooperationsvertrag“ für Evaluationen eine wichtige Rolle für die Fachschaften. Die Ergebnisse der jedes Semester stattfindenden Lehrevaluation wurden in den letzten Jahren den Fachschaften in voller Form zur Verfügung gestellt. Dies ermöglichte den Mitgliedern der Fachschaft konkrete Probleme mit Professoren und Dozierenden direkt ansprechen zu können. Bisher wurden die Daten, welche auch die personenbezogenen Freitexte enthalten, auf Vertrauensbasis nur für den fachschaftsinternen Gebrauch übergeben. Der nun vom Präsidium vorgeschlagene Vertragsentwurf für die bislang ungeregelte Weitergabe dieser Daten wurde jedoch von den Fachschaften abgelehnt. Sie begründen dies damit, dass der vorgelegte Entwurf zu stark die Handlungsspielräume der Fachschaft einschränke. So dürften zum Beispiel nur drei vorher festgelegte Fachschaftsmitglieder die Evaluation einsehen und auch mit anderen Fachschaftsmitgliedern nicht darüber reden. In der breitgefächerten Fachschaft MINT könne somit keine fachkompetente Bearbeitung der Evaluation für alle Studiengänge gewährleistet werden. Auch sind laut Vertragsentwurf keine Dozentengespräche mehr vorgesehen – nur noch Gespräche mit den Studiengangsleitern. Die ausformulierte Kritik wurde dem Präsidium übergeben, welches jetzt eine Überarbeitung des Vertrags durchführt.

Auch die Problematik der kommenden „Weihnachtsferien“ wurde thematisiert. Dabei ist zu beachten, dass die Tage vom 23. Dezember 2016 bis zum 6. Januar 2017 vom Landesministerium festgelegte Ferien sind (LVO ETHSJ §2 (5)). In diesem Zeitraum dürfen keine Pflichtveranstaltungen und keine Abgabefristen für Übungszettel liegen. Es können jedoch Praktika auf einen anderen Termin verlegt werden und freiwillige Ausnahmen sind auch möglich. Jedoch nur, wenn alle dem zustimmen und auch anwesend seien können oder ein Ersatztermin angeboten wird. Sollte es dennoch Probleme wegen Terminen zwischen dem 23. Dezember und dem 6. Januar geben, meldet euch rechtzeitig per Mail unter fachschaften@stupa.uni-luebeck.de bei den Fachschaften. Eine weitere Ausnahme bilden möglicherweise Medizinstudierende im PJ. Diese sind in den meisten Fällen nicht von der gesetzlichen Ferienlage betroffen.

Gremienübergreifend wurde das Thema der Berufungsverfahren diskutiert. Da diese Verfahren zur Akquirierung neuer Professoren nur mit studentischer Beteiligung zu einer positiven Entwicklung der Lehre auf dem Campus führen können und nur wenige Studierende mit dem Verfahren vertraut beziehungsweise bereit sind, sich an einem Berufungsverfahren zu beteiligen, wurde auf der Gremienfahrt eine Grundlage für einen „Berufungsverfahren-Guide“ gelegt, der es Berufungsverfahrensfremden ermöglichen soll, sich in diese einzubringen und die Studierenden zu vertreten. Dieser wird dann den studentischen Mitgliedern in den Senatsausschüssen, den Fachschaften und natürlich allen Interessierten zur Verfügung gestellt.

Mitglieder des Studierendenparlaments konnten bei der Arbeit an ihren eigenen Satzungen herausfinden, dass der Großteil dieser einer Überarbeitung bedarf. Die bereits vorher gesammelten Satzungsänderungsvorschläge wurden dabei gesammelt und zusammengefasst, um diese den zuständigen und auf der folgenden Sitzung bestimmten Verantwortlichen zur Verbesserung verfügbar zu machen. Dabei stehen Themen wie Nachrückverfahren, Organisationssatzungen der Fachschaften, Studiengangswechsler und die Definition der Verantwortlichkeiten der Fachschaften im Vordergrund. Teil der neuen Geschäftsordnung sollen dabei auch Umlaufverfahren und Möglichkeiten zum Ausschluss aus dem StuPa werden.

Die AStA-IT sorgte dafür, dass den Bewohnern des sogenannten „Gremienschlösschens“ ein Blick auf die neu designte Websiteoberfläche der Gremien ermöglicht wurde. Diese ist bereits auf der Seite der Fachschaft Psychologie zu sehen. Sie soll eine verbesserte Nutzbarkeit und eine sichere Infrastruktur ermöglichen. Auch neue Mitglieder des IT-Referats wurden eingearbeitet.

Nicht nur, dass die Website der Fachschaft Psychologie nun online ist, sondern auch, dass diese von Dänemark aus mit neuen Inhalten und Informationen über die neue Fachschaft gefüllt worden ist, gibt den Psychologiestudierenden die Möglichkeit, sich mit fachschaftsspezifischen Themen auseinanderzusetzen. Dazu gehören der kommende Psychologenstammtisch, ein einmal monatlich stattfindendes Vernetzungstreffen innerhalb des Studiums, die Weihnachtsfeier der Psychologen, ein Winterball und die Besuche der PsyFaKo, der Psychologie-Fachschaften in Deutschland, die kurz zuvor bereits von Lübecker Psychologen besucht wurde.

Der AStA nutzte die Zeit unter anderem dafür, eine Möglichkeit zu finden, die Studierenden über die im Frühjahr stattfindenden Landtagswahlen zu informieren. Dazu soll es in Kooperation mit der Fachhochschule am 19. April eine Podiumsdiskussion mit Mitgliedern der Parteien geben. Dazu sollen sowohl die im Landtag vertretenen Parteien (SPD, CDU, FDP, Die Grünen, SSW, Piraten) als auch die AfD und DIE LINKE eingeladen werden. Die Veranstaltung soll in zwei einstündige Blöcke aufgeteilt werden, wobei der Erste von Fragen zur Hochschulpolitik (Hochschulpakt, Stiftungsuniversität, VG Wort, Entwicklung des Hochschulstandorts Schleswig-Holstein / Lübeck, Ausgaben für Lehre) geprägt sein soll und der Zweite die Möglichkeit für Fragen bieten soll. Zudem soll den Parteien ermöglicht werden im Audimax-Foyer Stände aufzustellen, um möglicherweise in der Diskussion nicht oder unzureichend behandelte Fragen zu beantworten.

Das KUS widmete sich der Planung der alljährlichen Lesewoche, die vom 23. bis zum 29. April 2017 stattfinden soll, der Ökostromberatung und der Aktualisierung ihres Webauftritts. Auch das KUS möchte sich einen Leitfaden geben, um zukünftigen Mitgliedern die Arbeit zu erleichtern beziehungsweise zu ermöglichen. Im QuARG wurde eine Neuauflage des QuARG-Kinos – dieses Mal mit Kurzfilmen – auf den Weg gebracht. Zudem sollen sogenannte „sprechende Wände“ erstellt werden, um die Möglichkeit zu bieten, Diskriminierung aufzudecken und Informationen auf anderen Veranstaltungen zu verbreiten.

Zuletzt lässt sich erwähnen, dass die Planungen für das Campus Open Air Lübeck bereits auf Hochtouren laufen. Auf dem Gremienwochenende wurde ein genauer Zeitplan erstellt, um das im Jahr 2016 ausgefallene Festival strukturiert auf den Weg zu bringen. Auch Designpläne und Anträge konnten umgesetzt und erstellt werden, sodass das StuPa in der Sitzung vom 30. November den Antrag der COAL-Orga annehmen konnte und nun einem Festival nichts mehr im Weg steht.

Trotz der vielen Arbeitsgruppen und Planungstreffen gab es im Gremienschlösschen immer noch genug Zeit die anderen Gremienmitglieder kennenzulernen, viel Zeit im Pool, in der Sauna oder vor den Kaminen der ausladenden Lounge zu verbringen, Billard zu spielen oder einfach nur die Zeit zu genießen – wenn auch manchmal auf Kosten der ein oder anderen Stunde Schlaf.

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Von Blutschranken und Mäusen mit Jetlag? https://www.studentenpack.de/index.php/2016/11/maeuse-mit-jetlag/ https://www.studentenpack.de/index.php/2016/11/maeuse-mit-jetlag/#respond Mon, 14 Nov 2016 11:30:12 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=248843 [nextpage title=”Schrankenstörung” img=”249452″]

Probleme im Betriebskreislauf.

Schrankenstörung?

Die Blut-Hirn-Schranke (Blood-Brain-Barrier, BBB) ist eine festere Schranke im menschlichen Gehirn, als jene, die in anderen Organen vorkommen. Sie schützt das Gehirn nicht nur vor Infektionen, sondern auch vor Faktoren des körpereigenen Immunsystems, verhindert aber auch, dass viele Medikamnte ins Zentrale Nervensystem (ZNS) übertreten und dort eine – gewünschte oder ungewünschte – Wirkung entfalten. Sie ist jedoch kein statischer Schutzwall, da sie dauerhafter Veränderung unterworfen ist. Unter anderem können Schlaganfälle, Traumata, Infektionen und Entzündungen zu einer Veränderung innerhalb der BBB führen.

Der Effekt von endothelialem NEMO auf die Blut-Hirn-Schranke.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Der Effekt von endothelialem NEMO auf die Blut-Hirn-Schranke.

Diese Art der Öffnung und die Funktionsweise der beteiligten Zellen der BBB versuchen Jan Wenzel und ein Team aus 5-6 Personen – darunter Doktoranden, Bachelor- und Masterstudenten aus Fächern von MLS und Medizin bis hin zur Psychologie – zu verstehen und zu nutzen. Dieses Verständnis könnte einen wichtigen Schritt in der medikamentösen Psychologie und Psychiatrie ausmachen, da so möglicherweise in Zukunft Medikamente gezielt an der BBB vorbei geschleust werden können und an ihren Wirkungsort transportiert werden. Bei ZNS-Infektionen, Depressionen, Epilepsie, Demenz und vielen weiteren neurologischen Erkrankungen kann also eine genauere Therapie erreicht werden.

Im „Center for Brain Behavior and Metabolism“ (CBBM) werden hierzu Krankheitsmodelle an künstlichen BBBs simuliert und erforscht. Dazu werden die hauptsächlich für die BBB notwendigen Endothelzellen betrachtet. Diese bilden die Innenschicht der Blutgefäßen und stehen so in direkter Verbindung zu im Blut gelösten Stoffen (siehe Bild). Verbunden sind die Endothelzellen durch sogenannte tight-junctions. Diese füllen die Zellzwischenräume und bilden so eine für diese Stoffe undurchdringliche Barriere. Ist die Bildung von tight-junctions gestört oder sind diese beschädigt, können Stoffe aus dem Blut ungehindert in das Gehirn vordringen und so eine Vielzahl gefährlicher Erkrankungen auslösen. Für Moleküle, die im Gehirn benötigt werden – vor allem Glucose – gibt es spezielle Transportproteine an den Endothelzellen. Die Regulation der tight-junctions gehört also zu den wichtigsten Anwendungsgebieten der Forschung, wobei Zell-Zell- und Zell-Blut-Kontakte die wichtigste Rolle spielen.

Diese Erkenntnis stammt aus der Forschung an NEMO/TAK1 (benannt nach einer französischen Comicfigur), einem Gen, welches ausschlaggebend für die Erhaltung von Endothelzellen ist. Ist dieses Gen durch Mutation oder ähnliches gestört, treten Veränderungen in der BBB auf und Stofftransporte durch die BBB können ermöglicht werden. Diese Krankheit nennt sich Incontinentia pigmenti und ist ein häufiger Auslöser von Epilepsie und Hautirritationen. Dabei werden Endothelzellen zerstört und ein ungehinderter Fluss durch die BBB ist möglich. Einige Stoffe, wie zum Beispiel Albumin – das häufigste Protein im Blut -, die normalerweise das Gehirn nicht erreichen, können spezifische Helferzellen (Astrozyten) im Gehirn aktivieren, welche dann Epilepsie-auslösende Faktoren abgeben können. Wie kann so eine Schrankenstörung also verhindert oder behandelt werden? Hierzu gibt es einige vielversprechende Angriffspunkte der BBB-Forschung:

Eine solche Mutation könnte in Zukunft zum Beispiel durch spezifische Gentherapien in ihre „normale“, also gesunde Form übertragen werden. Dazu werden Viren (Vektoren) verwendet, die spezifische Genelemente austauschen, entfernen oder variieren können. In diesem Fall wurde ein viraler Vektor entwickelt, der nicht alle Körperzellen angreift, sondern spezifisch auf Endothelzellen „eingestellt“ ist. Dieser soll ein gesundes NEMO-Gen in die Zellen einbringen und damit einer Schädigung zuvorkommen. Dies ist jedoch Zukunftsmusik, da weder die Gentherapie noch die Forschung an der BBB weit genug vorangeschritten sind, um Versuche am Menschen zu ermöglichen.

Eines der Ziele der Forschung an der BBB ist das Verhindern und das Verständnis von Schädigungen an den Endothelzellen und den dazugehörigen tight-junctions, welche sowohl durch genetische, als auch durch traumatische Faktoren ausgelöst werden können. Die Frage ist in diesem Fall, inwieweit eine BBB-Störung eine Grunderkrankung verschlimmern kann. So kann eine Kopfverletzung die Durchlässigkeit der BBB beeinflussen, was zu diversen neuronalen Symptomen führen kann.

Zellkultur aus Perizyten (grün) und Endothelzellen (rot)StudentenPACK

Zellkultur aus Perizyten (grün) und Endothelzellen (rot)

Doch wie kam man darauf gerade an den Endothelzellen zu forschen? Als eine BBB-Störung erstmals beschrieben wurde, war der Aufbau der Blut-Hirn-Schranke bereits bekannt.Bei der Erforschung, welcher Teilaspekt der Schranke am leichtesten zu beschädigen war, kam man auf die die tight-junctions. Die wichtigste Erkenntnis der Forschung ist in diesem Fall die Realisation, dass viele neurologischen Symptome auf einer Störung der BBB beruhen und keine Nervenschädigung zugrunde liegt.

Auch die Alzheimer-Demenz könnte durch einen ähnlichen Mechanismus entstehen. In diesem Fall stehen die Gefäßveränderungen am Anfang und nicht die Nervenzellen. Da die Alzheimer-Demenz noch nicht gut genug erforscht ist, könnte die vaskuläre Alzheimer-Hypothese durch die Erkenntnisse der BBB-Forschung irgendwann einmal vielleicht neue Therapieoptionen ermöglichen.

Zum Teil ist bereits der Status erreicht, dass Tiermodelle verwendet werden können, um ZNS-Medikamente in Verbindung mit Blutfluss und einem „Überangebot“ von Zellen zu testen. Bisher werden diese wie auch die Vektoren nicht nur von den Zielzellen, sondern auch von anderen aufgenommen, sodass noch Modifikationen notwendig sind. Zahlreiche Nebenwirkungen müssen unter Kontrolle gebracht werden, wobei der Schritt von der Zellkultur zum Tier genauso groß ist wie vom Tier zum Menschen.

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[nextpage title=”Mäusejetlag” img=”249454″]

Chronophysiologie hat leider nichts mit Zeitreisen zu tun.

Mäuse mit Jetlag?

Woher weiß unser Körper, wann Tag und wann Nacht ist? Warum nehmen Menschen im Schichtdienst leichter zu? Warum hat der menschliche Körper so viele Probleme mit der Umstellung auf andere Zeitzonen? Mit diesen und vielen weiteren Fragen beschäftigt sich die Chronophysiologie und demnach auch Dr. Henrik Oster im CBBM. Störungen der „inneren Uhr“ betreffen mehr als ein Drittel der westlichen Bevölkerung. Aber wie funktioniert eine solche Uhr?

In diesen Käfigen können Mäuse einem Jetlag ausgesetzt werden.Henrik Oster

In diesen Käfigen können Mäuse einem Jetlag ausgesetzt werden.

Praktisch jede Zelle besitzt eine eigene Uhr und so gut wie jeder Prozess im menschlichen Körper ist Tagesformabhängig. Zusätzlich gibt es eine übergeordnete „Uhr“ im Hypothalamus, die mit dem Hell-Dunkel-Zyklus synchronisiert wird. Aktuelle Erkenntnisse besagen: Jede Zelle misst bestimmte Zeitabschnitte durch sogenannte transkriptionelle-translatorische Rückkopplungsschleifen. Zwei Transkriptionsfaktoren aktivieren spezifische Gengruppen, welche durch ihre eigene Translation ihre Biosynthese beenden. Diese dabei entstandenen Inhibitoren werden über die Nacht hinweg abgebaut, sodass der Prozess am nächsten Morgen erneut durchgeführt werden kann. Dabei ist es möglich die „Uhrzeit“ des einzelnen Menschen anhand der exprimierten Gene zu bestimmen. Dies wird durch das autonome Nervensystem und die gezielte Ausschüttung von Cortisol in jeder Zelle „gleichgeschaltet“.

Ein Versuchsaufbau in der AG Chronophysiologie befasst sich mit einem häufigen Problem von Flugreisenden – dem Jetlag. Hierfür werden Mäuse mitsamt ihren Käfigen einem sich stetig ändernden Tag-Nacht-Rhythmus ausgesetzt. Dabei wird ihre Aktivität anhand der Laufradnutzung gemessen. Nach einer abrupten Änderung des Rhythmus wird bis zu eine Woche (circa 1 Stunde pro Tag) gebraucht, um die übliche Laufradnutzung zu erreichen. Wird dabei der Cortisolspiegel der Mäuse künstlich erhöht, können die „Zelluhren“ eine frühere Anpassung an die veränderten Rhythmen durchführen. Dadurch die Anpassungszeit der Mäuse halbiert werden. Im menschlichen Versuch wird bereits versucht, ähnliche Effekte zu erzielen, jedoch aufgrund der verringerten Cortisol-Menge im Versuch noch ohne Effekt.

Im menschlichen Beispiel zeigt die Chronophysiologie nicht nur die Zusammenhänge zwischen Gedächtnisfunktionen und Störungen der inneren Uhr, sondern auch ein höheres Risiko von Nacht- und Schichtarbeitern (auch Flugpersonal) an bestimmten Leiden (Diabetes, Brustkrebs, Herzinfarkt, Depressionen) zu erkranken. Hier zeigt sich die Relevanz der Forschung für die Arbeitsmedizin. Sollte also eine Lösung gefunden werden, die „inneren Uhren“ beispielsweise mithilfe der Anpassung selbiger durch Cortisol zu beeinflussen, könnte diesen Berufsrisiken vorgebeugt werden. Da eine Nachtschicht in absehbarer Zeit nicht abgeschafft werden wird und nicht abgeschafft werden kann, könnte wenigstens das Risiko für Menschen, die in diesen Berufen arbeiten, verringert und die Schäden behandelt werden.

Eine weitere Erkenntnis ist die Einteilung von Altersgruppen zu bestimmten Chronotypen – das heißt Menschen mit verschiedenen Wach-Schlaf-Rhythmen. Während Kinder bis zur Pubertät noch dem frühen Chronotyp angehören, sind Teenager und junge Erwachsene einem späteren Chronotyp zuzuordnen, welcher ungefähr Mitte Zwanzig (22-25) zurück in die frühe Form verschoben wird. Dies bedeutet jedoch, dass z.B. der Start, der Schule (zum Teil auch der Universität) vor 8 Uhr gegen die gesunden Chronotypen der Schüler wirkt. Ein Schulstart um 9 oder 10 Uhr wäre in diesem Sinne der Idealfall für effektives Lernen. Da jedoch die Lehrer (und Professoren) wieder dem späten Chronotyp angehören besteht in diesem Fall ein Interessenkonflikt. Ein Ergebnis der chronophysiologischen Arbeiten ist aber, dass Klausuren in den meisten Fällen nicht mehr in die ersten Schulstunden gelegt werden. Diese fielen in Vergleichen deutlich schlechter aus (ungefähr eine volle Note), als jene, welche später durchgeführt wurden. Auch die universitären Vorlesungen sollten dem späten Chronotyp zugeordnet werden.

Auch eine Verhaltensanleitung kann aus dieser Forschung gezogen werden. So können durch die Erkenntnis und die Einteilung von Personen in verschiedene Chronotypen die „effektivsten“ Zeiten für Essen, Schlafen, Sport, Lernen usw. gefunden werden. Dies wird leider zu häufig in den „unwissenschaftlichen“ Bereich gebracht. Die meisten Dinge, die darüber zu lesen sind, sind nicht wissenschaftlich fundiert. Doch der Trend geht eindeutig in diese Richtung.

Uhren im ZNS bestimmen, wann wir müde und wach sind. Aber auch unser Umgang mit Schlafentzug hängt von der Funktion der Uhrengene ab. Andersherum kann Schlaf als Zeitsignal dienen für die Regulation molekularer Uhrwerke. Schlaf und Uhr zusammen regulieren zahlreiche physiologische Prozesse - besonders im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme und VerwertungHenrik Oster

Uhren im ZNS bestimmen, wann wir müde und wach sind. Aber auch unser Umgang mit Schlafentzug hängt von der Funktion der Uhrengene ab. Andersherum kann Schlaf als Zeitsignal dienen für die Regulation molekularer Uhrwerke. Schlaf und Uhr zusammen regulieren zahlreiche physiologische Prozesse – besonders im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme und Verwertung

Ein zukünftiger Bereich in der chronophysiologischen Forschung sollen die Einflüsse auf das Stresssystem und die Verhaltensregulation, insbesondere das Essverhalten ausmachen. Warum wird abends gerne noch fettige oder zuckerhaltige Nahrung zu sich genommen, obwohl man eigentlich satt ist? Welche Auswirkungen hat ein gutes rhythmisches System auf den Stress oder das Verhalten? Sowohl das (hedonische) Appetitssystem, als auch das Stresssystem sind rhythmisch gesteuert. Ein gestörter Rhythmus hat in diesem Fall Auswirkungen auf die Entwicklung von Adipositas oder metabolischen Erkrankungen. In Mäusen ist dies sehr einfach zu zeigen: Schaltet man die „innere Uhr“ der Mäuse aus, nehmen diese rapid zu. Fettabbauende Enzyme sind dort durch die Uhrengene aktiviert. Sind diese inaktiv, kann das meiste Fett nicht mehr abgebaut werden, sondern wird im Körper eingelagert und der dadurch resultierende Verlust der Energie aus dem Fett muss dem Körper wieder zugeführt werden. Teile der zugeführten Nahrung werden sogar wieder als Fett eingelagert.

Diese Probleme basieren natürlich auch auf der hochenergiereichen Nahrung und der präzisen Zeitplanung und tauchen daher meist in wohlhabenden Ländern auf.

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[nextpage title=”Diabetes” img=”249451″]

Epigenetik oder doch Ernährung?

Wer ist schuld an Diabetes?

Die Entstehung des Typ-2-Diabetes – einer mit der Zeit auftretenden Insulinresistenz – ist weitestgehend unbekannt. 90% der Diabetiker sind Typ-2-Diabetiker, die früher als Altersdiabeter bezeichnet wurden. Heutzutage sind jedoch auch schon Kinder von dieser Krankheit betroffen. Auch eine epigenetische Betrachtung der Entstehung der Insulinresistenz und Adipositas ist notwendig. Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigt sich die Ernährungswissenschaftlerin Dr. Henriette Kirchner.

Die epigenetische Forschung ist in den neuen Laborräumen des CBBM angesiedelt.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Die epigenetische Forschung ist in den neuen Laborräumen des CBBM angesiedelt.

Epigenetik ist die Betrachtung von Methylierungen, Histonen und non-coding-RNAs – also den „Verpackungsmustern“ – der DNA. Diese sind nicht nur vererbbar, sondern auch durch Umwelteinflüsse beeinflussbar. Der Fakt, dass eineiige Zwillinge sich unterschiedlich entwickeln, wenn sie an verschiedenen Orten aufwachsen oder auch nur andere Gewohnheiten haben, ist auf epigenetische Faktoren zurückzuführen. Dabei spielen Toxine, die Luftqualität und verschiedene Aktivitäten eine große Rolle. Auch Ess- und Schlafmuster haben eine Auswirkung auf die DNA. In der Forensik kann die Epigenetik eingesetzt werden, um sowohl Alter der Person, als auch den Zelltyp zu bestimmen.

Sowohl Adipositas als auch Typ-2-Diabetes können durch Umweltfaktoren ausgelöst werden. In beiden Fällen sind die Entstehungsursachen nicht vollständig entschlüsselt. Diabetes und Adipositas gehen aber häufig Hand in Hand. Viele an Adipositas leidende Personen bilden mit der Zeit einen Typ-2-Diabetes aus, doch auch normalgewichtige Personen können eine Insulinresistenz entwickeln. Dieses willkürlich erscheinende Auftreten ist zu großen Teilen genetisch bedingt. Dabei gibt es nicht nur ein Gen, welches die Krankheit auslöst, sondern ein weitgehend unbekanntes System von Genen in einem großen Zusammenspiel. Aber durch genetische Faktoren allein lässt sich die Krankheit nicht erklären. Hier kommt die Epigenetik ins Spiel.

In Zukunft sollen Medikamente entwickelt werden, die die DNA-Methylierung gezielt beeinflussen sollen, um möglicherweise Typ-2-Diabetes und Adipositas auslösende Faktoren in einen gesunden Status zu überführen. Dafür werden sogenannte DNA-Methyltransferasehemmer eingesetzt. Diese stammen aus der Krebsforschung und sind sehr unspezifisch. Sie treffen in einer Holzhammermethode alle Gene und sind daher noch nicht gezielt einsetzbar. Das Ziel ist in diesem Fall die Methylierungsprävention an den im methylierten Status Diabetes auslösenden Genen. Dies ist eine um einiges präzisere Aufgabe als die der Gentherapie, da in diesem Fall keine ganzen Gene, sondern einzelne Basenpaare ausgetauscht werden müssen.

Überwiegend wird aktuell an menschlichen Blut-, Leber-, und Fettproben gearbeitet – hauptsächlich von an Adipositas oder an Typ-2-Diabetes leidenden Personen. Dabei werden Vergleiche angestellt, die die Verbindung zwischen den Krankheiten aufdecken könnten. Es ist jedoch besonders schwierig, an Fett- und Leberproben von gesunden Normalgewichtigen zu gelangen, da meist nur bei Operationen gewonnen werden können. An solchen Proben wird dann die Methylierung gemessen. Dies geschieht indem die unmethylierten Cytosin-Basen mit Bisulfiten in Uracil umgewandelt werden. Dies kann dann mithilfe einer DNA-Sequenzierung quantifiziert werden. Man kann also sowohl sagen, wie groß der Anteil der methylierten Basen ist, als auch die spezifischen methylierten Basen bestimmen.

Es konnte bereits gezeigt werden, dass in den Inselzellen des Pankreas, in Leberzellen, in subkutanen Fettgewebszellen und im Blut von Übergewichtigen eine andere DNA-Methylierung vorliegt. Diese müssen jetzt funktionell charakterisiert werden. An Mausmodellen könnte dann herausgefunden werden, welche Faktoren genau diese speziellen Methylierungsmuster auslösen – liegt dies an der Nahrung, der geringen körperlichen Aktivität oder ist dies tatsächlich ein vererbter Faktor. In den Humanproben liegt in diesem Fall nur eine Momentaufnahme vor. Dort ist nicht festzustellen, was nun die Ursache oder die Konsequenz ist.

Bis jetzt konnten im Vergleich von Leberproben übergewichtiger Menschen, übergewichtiger Diabetiker und normalgewichtiger Probanden einige Kandidatengene bestimmt werden, die für die Entwicklung des Typ-2-Diabetes ausschlaggebend sein könnten. Diese müssen jetzt genauer charakterisiert und validiert werden.

Ziel der Forschung ist zwar auch die Behandlung von Typ-2-Diabetes, mehr jedoch die Prävention von Adipositas und dem damit verbundenen Diabetes durch Änderung der Lebensweise der betroffenen Personen. Mit der Forschung an Übergewicht und Diabetes wird an den großen gesundheitlichen Problemen unserer Zeit gearbeitet. Schon heute sind auf der Welt mehr Menschen übergewichtig als untergewichtig. Selbst in Dritte-Welt-Ländern und im arabischen Raum steigt der Trend zum Übergewicht stetig an. In Europa ist Deutschland mittlerweile zum „dicksten Land“ aufgestiegen. Ist diese Arbeit in diesem Fall nicht eine Arbeit an den Problemen, die sich die Menschen selbst auferlegen?

Nach der zu untersuchenden Hypothese verändern Lifestyle-Faktoren die DNA-Methylierung in der Leber.Henriette Kirchner

Nach der zu untersuchenden Hypothese verändern Lifestyle-Faktoren die DNA-Methylierung in der Leber.

Die Epigenetik zeigt in diesem Fall deutlich, dass die Probleme zu großen Teilen nicht vererbt werden, sondern durch eigene Handlungen und persönliche Einflüsse, Auswirkungen auf das Erbgut haben können. Dabei ist jedoch jeder Mensch nur bis zu einem gewissen Punkt selbst verantwortlich. Ab diesem Punkt „schaltet“ das Gehirn um und an Adipositas leidende Menschen verspüren tatsächlich einen Hunger und einen stark verminderten Bewegungsdrang.

Die Ernährungswissenschaften mit ihrem Schwerpunkt auf der Biochemie des Metabolismus sind ein wichtiger und aufstrebender Zweig der aktuellen medizinischen Forschung. Ab dem Wintersemester wird Dr. Kirchner im Rahmen des Studiengangs der Medizinischen Ernährungswissenschaften den Kurs Ernährungsphysiologie mitunterrichten.

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Alltags- oder 24-Stunden-Campus? https://www.studentenpack.de/index.php/2016/07/alltags-oder-24-stunden-campus/ https://www.studentenpack.de/index.php/2016/07/alltags-oder-24-stunden-campus/#respond Mon, 11 Jul 2016 07:50:05 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=235080 Prof. Enno Hartmann ist Vizepräsident der Universität und für die Campusentwicklung verantwortlich. Das Interview führte Fabian Schwarze.

Behält den Überblick: Prof. Hartmann erläutert den zukünftigen CampusJohann Mattutat | StudentenPACK.

Behält den Überblick: Prof. Hartmann erläutert den zukünftigen Campus

StudentenPACK: An was für einer Universität werde ich studieren, wenn ich jetzt beginne zu studieren und in fünf Jahren auf den Campus zurückblicke?

Professor Enno Hartmann: Also die Universität wird „universitärer“ und städtischer. Das heißt wir werden dichter werden in der Bebauung – und wenn es nach mir ginge auch höher. Es wird eine Verbesserung geben hinsichtlich der Infrastruktur der Forschung und Lehre. Fünf Jahre sind nicht viel, in 15 Jahren wird wohl der Plan im Wesentlichen umgesetzt sein. In fünf Jahren wird man eher noch die Baustelle sehen. Wenn Sie sich den Campus vor zehn Jahren angesehen hätten, würden Sie die Entwicklungstendenz schon jetzt bemerken. Es wird weniger kuschelig oder dörflich und dafür quirliger, lebendiger, weil es alles dichter bebaut wird und es mehr Studenten geben wird. Und es wird hoffentlich in fünf Jahren sichtbar, wo das Zentrum der Uni ist.

Die Forschung konzentriert sich auf den Bereich um die Mensa und das Vorklinikum bis zum AStA. Das ist der Teil des Campus, der zur Stiftungsuniversität gehört. Dort wird es noch zwei neue Gebäude, eine Erweiterung des Isotopenlabors und des geplanten Zentrums für Medizinische Struktur- und Zellbiologie (ZMSZ), geben. Gleichzeitig – sowie ein Sponsor für die Gestaltung eines Grünbereichs und für ein Parkhaus gefunden ist – werden wir auch versuchen, den Parkplatz wegzukriegen, sodass dort in der Mitte ein grüner Campus entsteht. Spätestens wenn sich das Fraunhofer-Institut erweitert kommt auch alles um die Baracke des Asta weg.

PACK: Bis wann ist das alles umgesetzt?

Hartmann: Dieses ganze Projekt wird dauern. Denken sie an das CBBM (Center of Brain, Behavior and Metabolism) – das brauchte etwa fünf Jahre vom Planungsbeginn bis zur Fertigstellung. Das heißt also in fünf Jahren wird es immer noch eine Baustelle sein und es wird immer noch Container geben, um die Hochschulpakt III-Probleme, also genügend Raum fürs Studieren bei zeitlich befristetem Studentenzuwachs, zu lösen. Aber in zehn oder 15 Jahren, da ist dann das Gesamtkonzept erlebbar. Zwischen dem im Bau befindlichen Gebäude für Biomedizinische Forschung (BMF) und dem ZMSZ im Südosten, der Mensa im Südwesten, dem Gebäude der Fraunhofer-Einrichtung Marine Biotechnologie im Nordwesten und dem zum Didaktikum umzubauenden Haus zwölf im Nordosten entsteht der schon erwähnte grüne Campus wie in Harvard oder Yale. Aktuell erstellen wir einen Bebauungs-Plan, sodass wir auch die Fläche südlich der Informatik bebauen dürfen – zum Beispiel mit einem Gebäude für die Medizintechnik. Und wenn es gelingt Geld heranzuschaffen, gibt es dann die Möglichkeit zum Beispiel an die beiden Hörsäle der Vorklinik weitere Hörsäle anzubauen. Für 1,6 Millionen könnten wir letzteres sofort umsetzen.

PACK: Auf wie viele Studenten kann der Campus dann anwachsen?

Hartmann:Ich glaube dieser Campus, so wie wir ihn jetzt planen, verträgt 5000 Studierende. Mehr wäre nicht gut.

PACK: Wann und wo kommen die Container auf dem Gelände?

Hartmann: Wir werden jetzt welche aufbauen, die ersten sollen noch dieses Jahr in Betrieb genommen werden. Die werden dort aufgestellt werden wo Platz ist. Irgendwo, wo noch Rasen ist. Wir haben ein paar Ideen. Vielleicht einige am Haus zwölf, einen irgendwo gegenüber der Mensa, den wir dann zum Lernen ausstatten, der könnte dann von der Bibliothek bewirtschaftet werden. Aber nur durch Bauen wird das Problem der Selbststudienflächen nicht zu lösen sein. Ich kann immer nur appellieren, nicht stoßzulernen! Es kann keiner finanziell gegenüber dem Steuerzahler verantworten, wenn wir Flächen bauen, die nur zwei Monate im Jahr genutzt werden. Nämlich genau die beiden Monate vor den Prüfungen. Wir müssen also einen Rhythmus finden, sodass alles (auch Bücher!) gleichmäßig über das ganze Jahr hinweg genutzt wird. Ich weiß, das ist leichter gesagt als getan. Wenn die Leute drei Monate vor den Prüfungen sagen, dass sie keinen Platz finden, dann machen wir etwas falsch. Wenn die Leute 14 Tage vor den Prüfungen sagen, dass sie keinen Platz finden… Das wird immer so sein.

Zukünftiger BMF-Bau (mittig, bunt), nur eines von vielen geplanten Gebäuden.Hammeskrause Architekten

Zukünftiger BMF-Bau (mittig, bunt), nur eines von vielen geplanten Gebäuden.

PACK: Wir haben am Anfang des Jahres eine Umfrage durchgeführt, bei der wir die Studierenden zur Lernplatzsituation befragt haben. Wird es bis auf die geplante Erweiterung der Bibliothek weitere Verbesserungen geben?

Hartmann: Da muss mehr kommen. Das ist Ihnen vielleicht gar nicht so bewusst. Wir haben eine ungünstige Situation. Zum einen haben wir steigende Studierendenzahlen und zum anderen ein geändertes Lernverhalten. Vor zehn bis 15 Jahren haben Studierende mehr zuhause in ihrer Studentenbude gelernt. Jetzt suchen sie verstärkt Lernräume am Campus. Das ist – so vermute ich – auf die zunehmende Digitalisierung des Privaten zurückzuführen. Da wird es einfach schwieriger, in der häuslichen Umgebung Abstand davon zu nehmen und sich dem Studium zu widmen. Früher konnte man nur mal den Fernseher einschalten, jetzt gibt es viel mehr Geräte und Möglichkeiten, die ablenken und die Leute wollen daher einfach raus aus der Alltagsumgebung und hinein in eine andere. Die Nachfrage an Lernplätzen – auch prozentual – ist größer. Die Stundenplan-bedingten Leerzeiten verstärken diesen Trend. Ein Problem ist, dass Lernplätze in diesem Umfang in den Flächenbemessungsvorschriften des Hochschulbaus nie vorgesehen waren. Dort redet man davon, wie viele Seminarräume pro Student, wie viele Hörsäle und wie viel Bibliotheksfläche – da denkt man tatsächlich vorrangig an Bücher und ihre Nutzung im Lesesaal – pro Student erforderlich sind, aber wieviel Fläche zum Selbststudium man braucht, ist in diesen Betrachtungen eigentlich nie erfasst worden. Also muss man gegenüber dem Land begründen, warum es jetzt eine neue Kategorie von Flächen geben soll, die man zusätzlich zu den anderen errichten muss. Das ist tatsächlich nicht so einfach. Von den zu errichtenden Containern soll daher einer Lernplätze enthalten.

PACK: Wissen Sie, ob dieses Problem auch in diesem Maße an anderen Universitäten besteht?

Hartmann: Das ist mit Sicherheit kein Problem, das nur die Uni Lübeck betrifft. Ich weiß aber nicht, wie Andere mit dem Problem umgehen. Andere Universitäten sind zum Beispiel fakultär aufgebaut, da ist das alles stärker dezentral. Da gehen nicht alle Studenten in die Zentralbibliothek, sondern auch an andere Orte. Andere Unis haben auch mehr Altbestände an Räumen, die sie nutzen könnten. Da gibt es unter Umständen mehr Möglichkeiten. Vielleicht aber auch nicht. Möglicherweise hat ja der Landesastenverband eine Übersicht über die Situation in Schleswig-Holstein.

PACK: Das Problem bezieht sich ja nicht nur auf Lernplätze, sondern auch auf die Labore. Wird das durch mehr Studiengänge nicht schlimmer?

Hartmann: Bei den Laboren haben wir eine gute Situation, viel besser als bei allem anderen. Bei den Laboren ist es so, dass derzeit ein neues MFC-Gebäude gebaut wird und zwar das MFC9 am Ende des Carlebach-Parks. In diesem MFC9 werden die gesamten Praktikumsräume für die Chemie untergebracht, sodass der Praktikumsraum in der Vorklinik nun ausschließlich von der Biochemie, der Zellbiologie und der Molekularbiologie genutzt werden kann. Dadurch haben wir praktisch eine Verdoppelung der Laborfläche in diesen Bereichen, sodass die Situation zu Beginn des nächsten Sommersemesters besser ist als jetzt. Diese befristete Anmietung soll in fünf Jahren durch einen im nächsten Jahr beginnenden Neubau ersetzt und die Laborfläche damit auf Dauer am Campus angesiedelt werden. Die Kursraumsituation wird sich in den nächsten zehn Jahren soweit entspannt haben, dass wir nicht nur Plätze für alle Studenten haben, sondern dass wir es uns auch leisten können, die Verteilung der Kurs- und Vorlesungszeit nur noch nach didaktischen und nicht mehr nach räumlichen Kriterien machen zu müssen.

PACK: Also ist das Argument, dass das CBBM keine Kursräume enthält nicht berechtigt?

Hartmann: Das CBBM darf keine Lehrräume enthalten, weil es ein Forschungsbau ist, der aus Bundesmitteln für die Forschung gefördert wird. Die Lehrräume werden daher im ZMSZ (Zentrums für medizinische Struktur- und Zellbiologie) der Sektion Naturwissenschaften realisiert. Da dieses aber erst in fünf Jahren steht, werden wir wie gesagt die Flächen im MFC9 anmieten.

PACK: Lässt sich das denn mit dem im Bau befindlichen ZIEL-Gebäude (Zentrum für Infektions- und Entzündungsforschung) vereinbaren?

Hartmann: Es gibt kein ZIEL-Gebäude. Es wird ein Gebäude für Biomedizinische Forschung, kurz BMF, geben, in dem auch das ZIEL Flächen bekommt. Und dieses BMF umfasst nur Flächen, die im Rahmen der Öffentlich-Privaten-Partnerschaft geplante Sanierung des UKSH aufgegeben werden müssen. Im Klinikum müssen aufgrund des Umbaus alle Forschungsflächen ausgelagert werden. Auch einige Baracken werden abgerissen und was an Forschungsflächen in den Baracken ist, muss raus und auch irgendwo hin. Und das Transitorium ist baulich in einem Zustand, der nicht erhaltungswürdig ist, sodass die dortigen Laborflächen ebenfalls in ein neues Gebäude verlagert werden müssen. Das BMF ist also ein Ersatzbau ohne Nettozuwachs an Nutzfläche. Also bekomme ich auch in dieses Gebäude keine zusätzlichen Lernplätze. Vielleicht ein paar Seminarräume, die aus den Baracken verlagert werden müssen, aber mehr geht nicht rein. Der Zuwachs an Lehrflächen konzentriert sich auf die nächsten Gebäude – das ZMSZ und das Haus 12 (Didaktikum). Für das ZMSZ müsste jetzt die Ausschreibung für die Architekturleistung getätigt werden. Dann haben wir frühestens in einem Jahr einen Plan, in 1,5 Jahren ist dann hoffentlich Spatenstich.

„Zum einen haben wir steigende Studierendenzahlen und zum anderen ein geändertes Lernverhalten.“Lukas Ruge

„Zum einen haben wir steigende Studierendenzahlen und zum anderen ein geändertes Lernverhalten.“

PACK: Also sehen die Erstsemester des Jahres 2016 wie ein Gebäude wächst, aber sie werden möglicherweise nicht mehr darin studieren?

Hartmann: Das stimmt, aber vieles, was wir in diesem Gebäude haben werden, ziehen wir vor – das ermöglichen uns die Hochschulpaktmittel. Dadurch, dass wir jetzt Räume im Gebäude MFC9 anmieten, können wir die Kursräume und eine ganze Etage mit 400m² Seminarräumen für fünf Jahre im Voraus nutzen.

PACK: Eine kurzfristige Entspannung der Raumproblematik könnte auch die Erweiterung der Studienzeiten mit Zeitslots von 18:00 bis 20:00 Uhr sein. Ist das realistisch?

Hartmann: Mit Sicherheit. Was wir hoffentlich nicht erreichen, ist der anderswo übliche Sonnabendsunterricht, aber wir werden in jedem Fall mehr in die Abendstunden gehen und da schließe ich 18:00-20:00 Uhr oder 20:00-22:00 Uhr in schlimmen Fällen nicht aus. Nach vorne werde ich auf jeden Fall nicht rausgehen, denn ich weiß, mit Zeiten vor 8:00 Uhr haben viele Studenten ein Problem. Was auch nicht zu halten ist, ist der immer noch veranstaltungsarme Mittwochnachmittag. Es wird insgesamt in den Räumen voller werden und es kann währen der Phase des doppelten Abiturjahrgangs durchaus möglich sein, dass Leute in den ersten Vorlesungen auf den Treppen sitzen müssen. Andererseits kann man auch hier die Investition in neue, größere Hörsäle nicht gut vertreten. Nach wenigen Wochen sitzen oft nur 30-70 Prozent der Studierenden in den Vorlesungen. Und da der Gesetzgeber nun auch noch beschlossen hat, dass Studierende bei den Vorlesungen nicht mehr anwesend sein müssen, sind nur in der ersten Vorlesung überfüllte Hörsäle kein Argument für eine Vergrößerung. Wir werden uns natürlich darum bemühen, dass solche Überfüllungen nur punktuell auftreten. Ich gehe davon aus, dass das nicht allzu viele Veranstaltungen betreffen wird. Viel kritischer ist die Seminarraumsituation und die Situation für die Computer-Cluster. Auch da könnten die Container eine Übergangslösung sein. Aber: Das nächste Semester wird nicht besonders schlimm. Da gibt es nur ein paar Anfänger mehr.

PACK: Trotz des Raumbedarfs durch neue Studiengänge?

Hartmann: Ja, der höchste Raumbedarf ist nicht im nächsten Semester. Die höchste Zahl der Studierenden werden wir auch in ungefähr drei Jahren haben, wenn der Zuwachs durch die doppelten Abiturjahrgänge und die neuen Studiengänge in allen drei Bachelorstudienjahren angekommen ist. Danach wird es wieder absinken, weil der Mehrbedarf der doppelten Abiturjahrgänge absinkt. Wir gehen davon aus, dass wir in zwei bis drei Jahren mit dem stärksten Mehrbedarf an Lernflächen rechnen müssen. Dann sind aber alle Container betriebsbereit, alle angemieteten Flächen ausgestattet und die Umbaumaßnahmen innerhalb bestehender Räume, wie größere Bestuhlung, fertiggestellt.

PACK: Durch die neuen Studiengänge kommen dann auch weitere Gelder aus dem Hochschulpakt rein. Wofür wird dieses Geld eingeplant?

Hartmann: Das Geld brauchen wir, um alles anzumieten. Die Ausrüstung der Container muss aus Hochschulpaktmitteln bezahlt werden. Darüber hinaus sind weitere Investitionen erforderlich. Wir werden Geld in die Hand nehmen müssen, um den Buchbestand in der Bibliothek aufzustocken. In Richtung Wirth-Center werden wir auch noch Räume für die Physiotherapie anmieten und wir müssen die Gerätschaften der existierenden Kursräume und zukünftigen Anmietungen erneuern beziehungsweise anschaffen.

PACK: Also wird die Situation für die Studierenden, die das Geld an die Universität bringen, nur nicht schlechter als zuvor?

Hartmann: Ich würde eher sagen, dass es anders wird. In bestimmten Punkten wird es besser. Wir werden mehr Platz und neuere Geräte haben, aber in bestimmten Punkten wird es auch schlechter, weil zum Beispiel mehr Randzeiten genutzt werden müssen. Vielleicht gibt es auch mehr Leerlaufzeiten und ein paar etwas vollere Hörsäle und Seminarräume. Schlechter wird es nicht, aber auch nicht exorbitant besser. Ich sage mal: es wird anders. Das Entscheidende ist, wie man mit den Veränderungen umgeht. Studierende sind in der Regel jung genug, um Veränderungen positiv aufzunehmen. Wichtig ist, dass wir möglichst jede Information bekommen, wenn es nicht passt. Natürlich können wir nicht alles abstellen, aber auch wenn wir nur jedes zehnte Problem lösen können, ist es wichtig zu allen zehn Informationen zu bekommen. Ich appelliere also an die Studierenden, ihre Probleme an ihre Vertreter zu melden, die das dann in den entsprechenden Gremien an uns weiterleiten können. Erst dann kann überhaupt eine Problemlösungsstrategie entwickelt werden.

PACK: Sehen Sie denn Kontraste zwischen dem CHE-Ranking von vor wenigen Wochen und der realen Situation an der Universität?

Hartmann: Bei dem CHE-Ranking ist es immer wichtig zu wissen, wer gerade befragt wurde. Studierende, die die Situation bei einer Universität mit normaler Größe kennen und dann an die Uni Lübeck kommen, werden immer sagen, dass hier alles ganz toll ist. Wir haben immer noch im Vergleich zu den großen Universitäten eine sehr günstige Situation. Bei uns gibt es keine Platzvergabe in den Praktika. Bei uns muss man sich nicht für Seminarplätze um Mitternacht online anmelden. Es wird in bestimmten Segmenten aber auch enger werden. Besonders harte Engpässe können aber immer gelöst werden, wenn wir rechtzeitig davon wissen, am besten über die studentischen Vertreter im Ausschuss Lehre. Wenn diese es in die große Runde transportieren, wäre das der ideale Weg.

PACK: Was Ihnen immer sehr wichtig zu sein scheint ist auch die Entwicklung des studentischen Lebens auf dem Campus. Gibt es dazu weitere Vorschläge und Zukunftsperspektiven?

Hartmann: Wir haben dieses Projekt einer städtebaulichen Betrachtung des Campus unterzogen. Da gibt es eine Beteiligung von studentischen Vertretern. Im Sommer geht es in die zweite große Runde, die den derzeitigen Planungsstand diskutieren wird. Das geht natürlich über die reine Universität hinaus. Da geht es auch um die Möglichkeiten, die der Hochschulstadtteil bieten kann. Es stellt sich die Frage, was man dort anmieten oder nutzen kann. Wo sind die Wohnheimplätze? Sind die eher hier oder in der Innenstadt? Wie ist der Busverkehr bis Mitternacht? Das spielt da mit Sicherheit eine große Rolle. Ich habe aber noch keine klare Antwort bekommen, ob das eher der 8:00-20:00 Uhr-Campus sein soll oder der 24h-Campus. Da liegt mir noch kein Meinungsbild vor.

PACK: Also wissen wir nicht, ob es in fünf Jahren studentische Kneipen auf dem Campusgelände geben wird?

Hartmann: Genau. Ob so etwas sich in Campusnähe entwickelt, ist noch offen. Auf der anderen Seite könnten sich auch Studierende selbst organisieren, um eine Kneipe oder Studentenklub in irgendwelchen alten Gebäuden zu betreiben – was in den älteren Universitätsstädten auch passiert. Ob wir dazu preisgünstig vermietbare Raummöglichkeiten – vielleicht in den alten Baracken – haben, muss im Bedarfsfall geprüft werden.

PACK: Sie erwähnten doch, dass viele alte Gebäude – wie die Baracken – abgerissen werden sollen.

Hartmann: Es wird nie alles Alte abgerissen. Pläne sind zum Glück immer offen und am Ende nie so realisierbar, wie man es gerne hätte. Dann stellt man fest, dass das eine Gebäude nicht entsteht, weil das Geld fehlt und wahrscheinlich wird so etwas wie eine Kneipe oder ein Treffpunkt, der von Studenten selbst betrieben wird, in solchen Baracken immer eine Lösung auf Zeit sein, vielleicht auf zehn oder 15 Jahre. Ich will nicht ausschließen, dass sich so etwas hier entwickeln könnte. Noch ist für mich aber nicht sicher, ob dieser Bedarf hier überhaupt besteht, weil eben doch sehr viele in die Innenstadt gehen, da dort das Angebot äußerst groß ist. Auch ist von den Studierenden dieser Bedarf bis jetzt nicht geäußert worden. Wo ich deutlicher einen Bedarf sehe, sind Sport- oder Erholungsflächen. Gerade um die möglichen kommenden Leerlaufzeiten zur Entspannung zu nutzen. Insbesondere, wenn die Lernräume voll sind, gibt es dann Möglichkeiten, auch mal ein bisschen den Kopf auszuschalten. Die finanziellen Möglichkeiten, die wir da haben, sind sehr begrenzt. An irgendeinem Punkt müssen wir dann natürlich einen Stifter finden.

PACK: Besteht nicht die Gefahr, die Beziehung zwischen den Generationen auf dem Campus zu schwächen, wenn es Angebote gibt, die immer nur eine Generation von Studierenden ansprechen?

Hartmann: Ich bin mir nicht sicher, ob es jemals studentisches Leben gab, das mehr als eine Generation von Studierenden betraf. Das sind wahrscheinlich immer Projektionen. Das Wichtige ist, dass es überhaupt studentisches Leben gibt. Wenn ich die Erwartung hätte, heute an meiner ehemaligen Universität die gleichen Clubs wie früher anzutreffen, würde ich enttäuscht werden. Nein, ich würde mich freuen, wenn die Studierenden überhaupt irgendwas witziges machen. Wenn es da auch irgendwelche Freiräume gibt, so etwas zu schaffen. Ein relativ neuer und moderner und wachsender Campus ist da sicher im Nachteil.

PACK: Für solche Probleme fehlen aber aktuell auch die engagierten Studierenden. Ist das auch ein von Ihrer Seite aus spürbares Problem?

Hartmann: Klar. Insbesondere Studierende für die akademische Selbstverwaltung zu finden, die zum Beispiel an den Prüfungsausschüssen teilnehmen oder in den Berufungskommissionen, ist schwierig. Das ist natürlich schade. Man kann es positiv finden, wenn bei vielen Studenten der unmittelbar gefühlte Druck, sich als Gruppe eine Stimme in den Gremien geben zu müssen, aktuell nicht besteht, da aus ihrer Sicht die Kommunikation zwischen Studenten und Dozenten hinreichend gut läuft. Auf der anderen Seite dient studentisches Engagement in universitären Belangen auch nicht nur dem Abstellen von Problemen, sondern dient auch der Mitgestaltung und der Erweiterung des eigenen Horizontes. Ich finde, studentisches Engagement sollte vielleicht in der Werbung ein wenig weggehen von dem Motto “Wenn ihr dabei seid, könnt ihr eure Interessen durchsetzen”, weil viele sich wahrscheinlich gut vertreten fühlen, sondern eher zeigen, dass jemand, der sich einbringt, spannende Dinge lernen kann. Dort kann man in Gebiete hineinschauen, in die man sonst nicht reinkommt und die sich für die Berufsentwicklung lohnen könnten. Dann bekommt man vielleicht auch ganz andere Leute, die im Normalfall sagen würden, dass sie sich auf ihr Studium konzentrieren wollen und sich keine Gedanken über Härtefälle anderer Leute machen wollen. Die BtS hat aus meiner Sicht weniger Nachwuchsprobleme, da ich denke, dass diese Gruppe Leute anspricht, die sich persönliche Entwicklung erhoffen. Auch in studentischen Gremien sollte das so sein, denn man lernt einiges dazu, wenn man zum Beispiel in einer Berufungskommission sitzt.

PACK: Also sollen die Gremien drastisch gesagt an den Egoismus der Studierenden appellieren?

Hartmann: Das ist eine gute Triebkraft. Der eigene Vorteil muss erkennbar sein. Dass man sich dabei für Andere einsetzt, ergibt sich dann zwangsläufig daraus. Im Übrigen ist mein Appell für mehr studentisches Mitarbeiten auch egoistisch – nichts bringt einen manchmal so schnell voran wie eine gute, naive und unvoreingenommene Frage.

Praktisch fertig ausgebildete Projektmanager (COAL 2014).Albert Piek

Praktisch fertig ausgebildete Projektmanager (COAL 2014).

PACK: Merkt man das auch daran, dass dieses Jahr kein Campus Open Air stattgefunden hat?

Hartmann: Gab es nicht? Das ist sehr schade, aber auch da kann man wieder sagen, dass die Leute, die einmal so eine Aufgabe übernommen haben, sehr viel über das praktische normale Leben und das Organisieren gelernt haben. Das studentische Engagement liegt mir sehr am Herzen, nicht nur weil sich dort die Leute für Andere einsetzen, sondern weil die, die sich engagieren, wesentliche Erfahrungen sammeln. Ein Festival auf die Beine zu stellen ist Projektmanagement. Die Studierenden gehen in Trockenkurse und lernen Projektmanagement und ignorieren solche Möglichkeiten, das in der Realität anzuwenden. Diese Dinge sind nicht nur ein Zusatz zum Studium und bringen dich von deinem Pfad ab, nein, da kann man Kenntnisse, die ich mir trocken irgendwo anlerne, praktisch erproben. Wir werden zwar in Zukunft mehr Studierende haben und mehr Fächer, aber was ich mir wünschen würde – und ich habe keine Idee, wie man das hinbekommt – ist, dass es weiterhin und vertieft zu einer Kommunikation zwischen den verschiedenen Studiengängen auf studentischer Ebene kommt. Ob man das im Umfang einer Lehrplanveranstaltung organisieren soll oder ob die Studenten besser aus sich heraus Formate bilden – wie im Sport – und sich in Interessengruppen zusammenfinden, die nichts mit dem Studium zu tun haben – ich weiß es nicht. Wir sind immer noch eine sehr überschaubare Universität, an der sich ortbezogen auf dem Campus und in der Stadt die Menschen begegnen. Wichtig wäre mir, dass sich die Menschen nicht nur begegnen, sondern sie auch miteinander sprechen und dabei etwas über die anderen Studiengänge lernen, sodass auch ein Mediziner am Ende des Tages sagen kann, wo die Problematik von sicheren Systemen liegt und der Informatiker weiß, warum Impfmüdigkeit schlecht ist. Da können die Studierenden auch gerne kommen und vorschlagen, wie man eine solche Atmosphäre schaffen könnte. Das wäre mein Traum vom Campus Lübeck, dass am Ende jemand vom Campus Lübeck kommt und sagt: “Ich habe Medizin studiert, aber auch Erfahrungen von Informatik bis hin zur Psychologie gesammelt.”

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