Matthias Salzenberg – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Wed, 06 Mar 2013 10:43:36 +0000 de-DE hourly 1 Gefiederte Produktionsstätten https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/gefiederte-produktionsstatten/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/gefiederte-produktionsstatten/#comments Fri, 10 Feb 2012 13:00:14 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2416
Matthias Salzenberg | StudentenPACK.

So leben Legehennen. Freilandhaltung?

Fröhlich pickend rennt ein Huhn durchs hohe Gras, friedlich liegen drei Eier im Stroh. Die Verpackungen, die Werbebroschüren und das Vokabular versprechen dem Konsumenten eine schöne heile Welt. Das Käfighuhn hat sich von seinen Fesseln befreit und stolziert selbstbestimmt über saftigen Grund und Boden. Die Ernährung besteht selbstverständlich ausschließlich aus gesundem (Voll-)Korn. So möchte die Industrie es uns glauben lassen und so möchten wir es glauben. Doch was steckt wirklich hinter Boden-, Freiland-, und Biohaltung? Elf Studenten aller Semester und Studiengänge machten sich auf den Weg zum Hornbrooker Hof, bei Bad Segeberg, um sich mutig ins Getümmel eines industrialisierten Massentierhaltungsstalles zu werfen.

Hauptdarsteller, neben dem gefiederten Vieh, ist der Betreiber des Hofes, Hans-Peter Goldnick, der nach einem kurzen Ausflug in die Finanzbranche und nach einigen Jahren Großstadtleben in Hamburg zurück aufs Land zog, um den Hof von seinem Großvater zu übernehmen. Im Gepäck hatte er eine große Portion Unternehmergeist, die er dazu nutzte, den alten Hof in eine moderne Produktionsstätte umzubauen. Fortan tummelten sich statt einigen Hofhühnern zig Tausende Legehennen in seinen Ställen, eine Verpackungsanlage wurde angeschafft und ein weitverzweigtes Vertriebsnetzwerk aufgebaut. Heute beliefert Herr Goldnick kleine und große Supermärkte wie z.B. EDEKA und ist einer der größten Eierproduzenten in Schleswig-Holstein.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es schnell ans Eingemachte. Was sind denn jetzt die Unterschiede der verschiedenen Haltungsformen, wollten die Studenten wissen. Herr Goldnick winkte heftig mit der Hand und führte uns in einen Stall. Im Vorraum, wo eine Mitarbeiterin Eier von einem Laufband nahm und sortierte, bekam jeder einen blauen Ganzkörperanzug und dann ging es ab zu den Hennen. Aufgeregt gackernd liefen sie hin und her und behielten uns, die Invasion der blauen Marsmännchen, skeptisch, aber auch interessiert, im Auge. Das also war Bodenhaltung: 10.000 Hühner flattern, gackern und laufen auf drei Ebenen (Volieren) um uns herum. Das Futter läuft fortwährend auf einem Förderband herein und die fertigen Eier laufen auf einem anderen Förderband heraus. Damit die Eier auch immer schön auf dem Förderband landen, sind die Böden in Richtung Mitte leicht abschüssig. Lediglich der unterste Boden muss von Hand abgesammelt werden. Jedoch führen bauliche Maßnahmen dazu, z.B. fehlende Nester, dass sich die Hennen viel lieber auf den oberen Etagen zum Eierlegen niederlassen und nur wenige Eier manuell eingesammelt werden müssen. Nichts wird dem Zufall überlassen, rund um die Uhr läuft die Maschinerie: eine echte Eierproduktionsstätte! Auf der einen Seite kommen die Materialien herein, die Arbeiterinnen setzen das Produkt mit ihrer Körperkraft zusammen und auf der anderen Seite läuft das fertige Produkt hinaus. Designer erforschen die Wünsche der Kunden und bauen die Produktionsstätten entsprechend um. Damit die Eierschale schön hart wird, wird dem Futter Muschelkalk zugefügt. Für ein dunkelgelbes Eigelb nehmen die Hühner Beta-Carotin über das Futter zu sich. Und für eine schön weiße Eierschale werden Hühner gezüchtet, die weniger Pigment produzieren. Gibt es Probleme, wie z.B. Krankheiten, werden Antibiotika dem Trinkwasser beigemengt. Allerdings geht auch hier nichts ohne Rezept. Der Betriebs(tier)arzt muss das entsprechende Medikament anordnen, ansonsten drohen empfindliche Strafen. Zu guter Letzt erklärte uns Herr Goldnick, „etwas Schwund ist immer“ und deutet auf eine tote Henne, die am Boden des Stalls liegt. Pro Tag stirbt aus den unterschiedlichsten Gründen ein Henne, fährt er fort.

Als Herr Goldnick eine Tür öffnete, dachten wir schon, er wolle uns jetzt die Freilandhaltung zeigen. Allerdings war dies ein großer Trugschluss. Denn, wie er uns erklärte, heißt Freilandhaltung keinesfalls, dass die Hennen glücklich draußen durchs Gras rennen, sondern lediglich, dass der Volieren-Stall, den wir gerade verlassen haben, mit einem kleinen Außenbereich verbunden sein muss, der per Gesetz circa 10 Prozent der Hennen fassen sollte. Da Hennen eine klare Hierarchie und Hackordnung haben, gibt es keinen großen Austausch zwischen drinnen und draußen und die meisten Eier aus Freilandhaltung haben in ihrem Leben noch nie einen Schluck frische Luft geatmet.

Nun gut, es ist nicht alles so, wie es scheint, dachten wir uns, aber es gibt ja noch das gute Bio-Ei von glücklichen Hühner. Doch auch diese Illusion sollte zerstört werden, denn auch die Bio-Hühner werden auf genau die gleiche Art wie die „90 Prozent drinnen – 10 Prozent Freilandhühner“ gehalten. Der einzige Unterschied ist lediglich, dass das Futter der Bio-Ei-Hennen biologisch angebaut worden sein muss. Ein schwacher Trost: Ein Bio-Ei hat sein Leben lang wenigstens Vollkornbrot und nicht das ungesunde Weißbrot mit den vielen Zusatzstoffen gegessen.

Matthias Salzenberg | StudentenPACK.

Die Arbeit der Hühner ist getan, jetzt wird verpackt

Nachdem wir uns einen guten Überblick verschafft hatten, lud uns Herr Goldnick zu einem Brunch ein. Es gab Eiersalat, viel Mayonnaise, lose Eier, frische Eier, Wachtel-Eier, Bio-Eier, Freilandeier und – natürlich – Bodeneier. Die schmecken ihm einfach am besten, erklärte uns Herr Goldnick und biss in sein präpariertes Brot.

Mit vollem Magen setzten wir uns zur Rückfahrt in den übergroßen Bus, der noch reichlich Platz für die vielen Gedanken hatte, die durch das Gesehene entstanden waren. So ein vollgepackter Stall ist einerseits schon gewöhnungsbedürftig, andererseits, wer Horrorbilder, wie zu Zeiten der Käfighaltung (seit 2010 in Deutschland verboten) erwartet hatte, der wurde glücklicherweise enttäuscht. Vielmehr muss man sagen, dass Freilandhaltung nicht wirklich viel mit Freiland zu tun hat und Bio-Haltung nicht viel mit Bio. Soll unser Sonntags-Ei also wirklich von freilaufenden, glücklichen Hühnern und nicht von gefiederten Produktionsstätten stammen, führt kein Weg an dem Bauernhof des Vertrauens vorbei.

Da alle Teilnehmer den Besuch der Hühnerfarm als gewinnbringend und interessant empfunden haben, soll es auch im kommenden Semester wieder eine Exkursion geben. Dieses Mal möchte das Referat für Kultur, Umwelt und Sport (KUS) des AStA einen Milchviehbetrieb ansteuern, um sich über die Hintergründe und Produktion des weißen Goldes zu informieren. Für alle, die Lust haben mitzufahren, heißt es, Augen und Ohren offenhalten, es wird rechtzeitig darüber informiert und dafür geworben werden.

]]>
https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/gefiederte-produktionsstatten/feed/ 4
Falsche Hautfarbe? https://www.studentenpack.de/index.php/2010/01/falsche-hautfarbe/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/01/falsche-hautfarbe/#respond Mon, 11 Jan 2010 09:00:47 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=109644 „Ey du kommst hier nicht rein!“ – Was sich nach plumper Fernseh-Comedy anhört ist leider auch in Lübeck bittere Realität.

Am 11. Dezember begehrte eine gutgelaunte Gruppe junger Studenten Einlass zur Rock for charity Party der FS Med. Alle waren nüchtern, alle hatten sich bereits im Vorfeld Karten besorgt, nur hatte scheinbar einer der Freunde die „falsche“ Hautfarbe, denn die Partynacht endete unfreiwillig an der Tür am Ende der Rampe.

Als nämlich Medizinstudent Zaid A. nach Aufforderung des Türstehers zuerst seinen Studenten- und schließlich seinen amtlichen Ausweis vorzeigte, wurde explizit ihm der Zutritt zum Club verweigert.

Erst auf mehrfache Nachfrage von Gründen, erklärte der verantwortliche Mensch mit der Nummer 2005-103, es gäbe eine Anordnung „von oben“, keine Araber herein zu lassen. Gleichzeitig wurde eine angebliche Schlägerei zwischen Türstehern und Arabern vor zwei Wochen als weiterer Grund vorgeschoben.

Hinweise darauf, dass dies eine studentische Veranstaltung wäre, Zaid selbst nicht nur Student, sondern darüber hinaus in der Fachschaft aktiv und damit de facto Mitveranstalter ist, halfen nicht. Die Gruppe entschied sich, geschlossen zu gehen.

Ein bedauerlicher Einzellfall, könnte man meinen, wären nicht bei AStA und Fachschaft bereits mehrere Beschwerden und Berichte ähnlicher Vorfälle eingegangen. Die Umstände gleichen sich: Alle Betroffenen hatten dunklere Hautfarbe, waren nicht betrunken und fielen nicht negativ auf. Besonders eindrucksvoll ist hier der Fall des schon oben genannten Studenten Zaid A., der zwar seit vier Jahren in Lübeck lebt, dem bisher aber noch jedesmal der Eintritt im Parkhaus verwehrt blieb.

Als dem AStA erstmals ein solcher Fall angetragen wurde, glaubte man noch den Vorfall im Gespräch mit dem Betreiber des Clubs klären zu können. Dieser zeigte sich scheinbar schockiert von dem Verhalten der Security und versprach, diese in Zukunft besser zu instruieren, damit sich so etwas nicht wiederhole. Wenn in dieser Richtung etwas passiert war, hatte es dem Anschein nach keinen Effekt auf die Praxis an der Parkhaustür.
Aus den neuerlichen Geschehnissen im Dezember zog der AStA Konsequenzen: Der Betreiber erhielt einen förmlichen Brief, der ihn nochmals schriftlich auf die eklatanten Missstände hinwies. Weitere Schritte behielt man sich ausdrücklich vor.

Jeder Student, der diskriminierende Einlasskontrollen in Lübecks Clubs und Diskotheken am eigenen Leib erfährt oder bei anderen mitbekommt, ist aufgerufen, diese möglichst zeitnah und detailliert an den AStA zu melden (unter pas@asta.uni-luebeck.de oder persönlich während der Öffnungszeiten oder der Sitzungen)!

Wie wenig manche für dieses Thema sensibilisiert sind, zeigt sich derweil, wenn man die obige Geschichte weitererzählt: Ein Mädchen hinter der mit den Türstehern diskutierenden Gruppe fragte eine der Beteiligten geradezu panisch, ob niemand mehr reingelassen werde, weil es zu voll sei. Die Anwort, dass die Türsteher nur keine Ausländer einlassen würden, empörte sie nicht etwa, sondern sorgte für nachhaltige Entspannung, gab es für sie also kein Hindernis an der Party teilzunehmen.

]]>
https://www.studentenpack.de/index.php/2010/01/falsche-hautfarbe/feed/ 0