Jens-Martin Träder – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Tue, 11 Apr 2017 18:54:23 +0000 de-DE hourly 1 Masterplan Medizinstudium 2020 https://www.studentenpack.de/index.php/2017/04/masterplan-medizinstudium-2020/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/04/masterplan-medizinstudium-2020/#respond Mon, 03 Apr 2017 07:45:48 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=273455
Das Medizinstudium soll reformiert werden: „Alle Beteiligten sehen einen dringenden Handlungsbedarf.“ Albina Schütz | StudentenPACK.

Das Medizinstudium soll reformiert werden: „Alle Beteiligten sehen einen dringenden Handlungsbedarf.“

Alle Beteiligten sehen einen dringenden Handlungsbedarf. Sowohl die Studierenden als auch die Lehrenden im Fach Medizin wünschen sich seit langer Zeit, dass endlich eine Reform des Medizinstudiums beschlossen und dass diese dann zügig umgesetzt wird. Die damalige Bundesregierung hatte schon vor 2010 mit orientierenden Planungen begonnen und vereinbarte in ihrem Koalitionsvertrag im Jahr 2013 eine Reform des Medizinstudiums. Als drei Hauptziele wurden

  • eine praxisorientierte Ausbildung,
  • die Stärkung der Allgemeinmedizin und eine
  • Änderung der Zulassungsmodalitäten durch die Einführung geeigneter Auswahlverfahren gefordert.

Schon in 2016 sollte ein entsprechender Gesetzesentwurf verabschiedet werden. Wie immer bei der Einbeziehung verschiedener Interessengruppen zieht sich die Konsentierung dann über eine längere Zeit hin. Was als Entwurf zurzeit (Ende 2016/Anfang 2017) bekannt wurde, sind mehr oder minder „Eckpunkte“, aber noch kein bis in die Einzelheiten ausformuliertes Papier. Der Beschluss der Gesundheitsminister im Februar über diesen Masterplan gibt allerdings Grund zur Hoffnung, dass noch im laufenden Jahr mit seiner Umsetzung begonnen werden wird.

Hier die bisher bekannten Eckpunkte für die drei Hauptziele:

Patientenbezogene und praxisorientierte Ausbildung

  • Weiterentwicklung des Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalogs (NKLM)
  • Einrichtung von Kommissionen zur Ermittlung von finanziellen Auswirkungen der Reform
  • Überarbeitung des Gegenstandskatalogs des zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung durch das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP)
  • Gemeinsame Lehrveranstaltungen mit anderen Gesundheitsfachberufen
  • Stärkung der wissenschaftlichen Kompetenz der Studierenden
  • frühe Verknüpfung klinischer und vorklinischer Inhalte
  • neue kompetenzorientierte Lehr- und Prüfungsformate

Stärkung der Allgemeinmedizin, Förderung der Versorgung der ländlichen Räume

  • Quartalisierung des Praktischen Jahres (PJ)
  • Einführung eines Pflichtquartals im ambulanten vertragsärztlichen Bereich
  • Rekrutierung neuer Lehrpraxen und deren Qualifizierung
  • Pflichtprüfung Allgemeinmedizin im Staatsexamen
  • Lehrstühle für Allgemeinmedizin an allen Hochschulstandorten
  • mehr Lehrkrankenhäuser im ländlichen Raum
  • eine länderspezifische Landarztquote

Änderung der Auswahlkriterien für das Medizinstudium

  • Verwendung von weiteren Auswahlkriterien neben der Abiturnote
  • Förderung der Begleitforschung bei kompetenzbezogenen Auswahlverfahren

Eigentlich hat sich seit dem Sommer 2016, als sich die Gesundheitsminister der Länder auf diese Positionen geeinigt hatten, nicht viel geändert. In unserem föderalen System sind für die Bildung und Ausbildung allerdings nicht die Gesundheitsminister, sondern die Kultusminister der Länder die Geldgeber für das Studium und die Universitäten, also müssen sie den Plänen zustimmen. Im Laufe des Monats März könnte die abschließende Verständigung mit den Kultusministern der Bundesländer stattfinden.

Die Vertreter der verschiedenen beteiligten Verbände sehen die kommenden Veränderungen naturgemäß unterschiedlich. Während die Vertreter der Studenten (bvmd) vor allem mehr Transparenz einfordern und für bessere Lern- und Arbeitsbedingungen im Praktischen Jahr kämpfen, sind die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) und der Medizinische Fakultätentag (MFT) mehrheitlich für diese bisher konsentierten Eckpunkte. Allerdings fordern beide Gremien eine Präzisierung ein.

Vor allem auf der Kostenseite haben die Fakultäten berechtigte Sorgen, dass Änderungen gefordert und beschlossen werden, ohne den Fakultäten die daraus folgenden Kosten zu finanzieren.

  • Auswahlgremien sind zeit- und damit kostenintensiv, welche die Gremien (bestehend aus Professoren, Assistenten und Studierenden) einige Tage ganztags pro Semester bindet.
  • Die Bezahlung der Studierenden im PJ, aber auch die Honorierung der PJ-Praxen bei flächendeckender Ausbildung im ambulanten Bereich muss definiert und sichergestellt sein.
  • Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im PJ wird ohne eine Aufstockung der finanziellen Mittel für das PJ nicht zu machen sein.
  • Und – last but not least – eine Umstrukturierung der Lehrpläne auf die modifizierten Lehr- und Lernziele geschieht nicht von selbst und muss zudem auch wissenschaftlich begleitet werden.

Alle diese Maßnahmen kosten eine größere Summe Geldes, und man sollte vor der endgültigen Verabschiedung sich über die Höhe dieser Kosten klar sein und dann auch definieren, woher dieses Geld kommen soll.

Drei Jahre sind es noch bis zum Jahr 2020.Lukas Ruge | StudentenPACK.

Drei Jahre sind es noch bis zum Jahr 2020.

Situation in Lübeck

In den vergangenen elf Jahren haben wir in Lübeck jährlich über 30 Studierende im PJ der Allgemeinmedizin ausgebildet – wir haben gut trainierte Lehrpraxen, die gerne bereit sind, Studierenden bei sich aufzunehmen. Die Finanzierung steht, die Studierenden bekommen einen „Arbeitslohn“ von 1.600 Euro für vier Monate, und auch die Praxen bekommen eine Aufwandsentschädigung in ähnlicher Höhe für diese Zeit.

Für uns ist die Umstellung von einer Tertial- auf eine Quartalstruktur des PJ von großer Wichtigkeit, da wir Lehrpraxen haben, die gerne fortlaufend Studierende ausbilden. Durch die unterschiedlichen Startzeiten der Tertiale im Sommer- und Wintersemester ergeben sich jedoch immer Lücken, die dann nicht besetzt werden können. Damit ist die Zahl der möglichen Ausbildungsplätze kleiner, als sie sein könnte, wenn wir die geplante Quartalsregelung hätten. Bisher sind ca. 20 Hausarztpraxen an der Ausbildung von PJ-Studenten beteiligt. Damit schaffen wir es zurzeit problemlos, 30 Tertiale in der Allgemeinmedizin pro Jahr zu besetzen.

Mit der Quartalsregelung könnten wir, ohne weitere Praxen rekrutieren zu müssen, gewissermaßen „aus dem Stand“ bis zu 50 Quartale in Hausarztpraxen organisieren können. Hinzu kommen Praxen verschiedener Gebietsärzte (Handchirurgie, Orthopädie, Kardiologie, Dermatologie, HNO), die schon Interesse angemeldet haben, PJ-Studenten in ihren Praxen aufzunehmen. Damit hätten wir bisher ca. 100 Plätze pro Jahr abgesichert – zudem besteht immer die Möglichkeit, von den bisher akkreditierten Lehrpraxen der Allgemeinmedizin zu fragen, ob sie bereit wären, Studenten im PJ aufzunehmen.

Ein Problem – allerdings wohl ein lösbares – stellt die Änderung der Prüfungsordnung dar: Alle Studierenden sollen im STEX II (=M3) im Fach Allgemeinmedizin geprüft werden. Hatten wir bisher im Jahr ca. 30 Studierende zu prüfen, so waren das bei vier Prüfern für jeden Prüfer ein Staatsexamen im Frühjahr und eins im Herbst. Bei 200 Studenten wird das natürlich eine erheblich größere Belastung.

Wir haben mit Prüfer-Workshops vor zwei Jahren begonnen, Lehrpraxisinhaber mit langjähriger Ausbildungserfahrung für die Prüfungen zu qualifizieren. Auf dem „Tag der Allgemeinmedizin“ am 13. Mai 2017 in Kiel wird wieder ein Workshop stattfinden. Die „Prüfer-Aspiranten“ müssen dann noch einmal als Hospitant an einem Staatsexamen teilnehmen und können danach dann als Prüfer eingesetzt werden. So werden wir in Kürze zehn Prüfer haben, über längere Sicht wahrscheinlich zwanzig. Damit wäre wieder eine erträgliche Termindichte für die Prüfer zu erreichen.

Aber auch hier muss wiederum über die Finanzierung nachgedacht werden, denn die Praxisinhaber müssen ihre Praxis für zwei Nachmittage verlassen und sich zudem auch auf die Staatsexamina vorbereiten (Fragen zusammenstellen, Materialien vorbereiten). Das kann nicht unentgeltlich erfolgen, da ihre Praxis in dieser Zeit wegen der Abwesenheit des Praxisinhabers dann keinen Umsatz machen kann.

Fazit

Die Zielrichtung des Masterplans „Medizinstudium 2020“ ist gut und richtig. Die Modalitäten müssen noch deutlich klarer definiert werden. Die Finanzierung muss vor der Verabschiedung des Masterplans 2020 geklärt werden. Dann ist dieser Plan ein großer Schritt in die richtige Richtung.

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Dreiviertel sind „Mentees“ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/04/dreiviertel-sind-mentees/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/04/dreiviertel-sind-mentees/#respond Mon, 03 Apr 2017 06:30:06 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=273665
„Oft trifft man sich natürlich auch, um sich es gutgehen zu lassen, oft aber auch mit fachlichen Themen oder zum Gespräch über kulturelle oder geisteswissenschaftliche Fragestellungen.“Jens-Martin Träder

„Oft trifft man sich natürlich auch, um sich es gutgehen zu lassen, oft aber auch mit fachlichen Themen oder zum Gespräch über kulturelle oder geisteswissenschaftliche Fragestellungen.“

Mentorengruppen im Medizinstudium sind sinnvoll. Für die meisten Studierenden ist die Aufnahme des Studiums an einem anderen Ort als dem Geburts- und bisherigen Wohnort der sprichwörtliche „Sprung in das kalte Wasser“. Es fehlen Familie und Freunde, Menschen, die man einfach eben mal schnell fragen kann, wie man dies oder jenes einfach erledigen kann. Für diese Funktion eignet sich die Mentorengruppe – also nicht nur für das rein Universitäre, Fachliche, sondern auch für die „kleinen Problemchen“ des alltäglichen Lebens. Wobei hier meist nicht die Mentorin/der Mentor zuständig ist, sondern die anderen Mentees aus der Gruppe, die man ohnehin auf dem Campus trifft, oder die man elektronisch kontaktieren kann.

Mentorengruppen gibt es an der Universität zu Lübeck seit 1997. Seit dem Neustart des Programmes im Jahr 2005 sind fast drei Viertel der Studierenden mehr oder minder fest an eine Mentorengruppe angekoppelt. Die Spielarten sind sehr unterschiedlich: Es gibt Gruppen, die sich einmal pro Semester treffen, um einen gemütlichen Tag oder Abend gemeinsam zu verbringen. Andere Gruppen sehen sich öfters, und das dann zu unterschiedlichen Zwecken. Oft trifft man sich natürlich auch, um sich es gutgehen zu lassen, oft aber auch mit fachlichen Themen oder zum Gespräch über kulturelle oder geisteswissenschaftliche Fragestellungen.

Was sind die Vorteile, die Studierende aus dem Mentorenprogramm ziehen können? Ich sehe vor allem die folgenden Punkte als positiv an:

  • fachliche Förderung
  • menschlich Einbindung
  • Vernetzung
  • Möglichkeit zur Einflussnahme

Die fachliche Förderung besteht durch den Kontakt mit Studierenden, aber auch mit Lehrenden, die diese Situationen schon durchlebt haben und Tipps bei bestimmten Fragen (Dozenten, Fächer, Klausuren, Dissertation, Stipendien, Famulaturen usw.) geben können. Hier zeigt sich ein Vorteil, wenn in der Mentorengruppe nach Möglichkeit aus jedem Studienjahr zwei bis drei Studierende teilnehmen. Dann hat man für jedes studentische Problem die jeweiligen „Fachleute“ in der Gruppe.

Die menschliche Ein- und Anbindung fördert das Hineinfinden in eine fremde Universität und Stadt. Das beginnt bei Fahrgemeinschaften, bei der Wohnungssuche und der Vermittlung von Zimmern in einer WG, führt zu gemeinsamen Unternehmungen (Konzerte, Kinobesuche, Feiern, sogar Urlaubsreisen) und kann bei vielen kleinen Problemen des Alltags ein Lösung anbieten. Diese Ebene erfolgt meist ohne die tiefere Einbindung des Mentors/der Mentorin auf der Ebene der Mentees untereinander.

Die Vernetzung wird über die Vermittlung von Famulaturplätzen, die Vergabe von Dissertationsthemen, die Einladung zu interessanten Fortbildungsveranstaltungen inner- und außerhalb der Universität und anderes mehr gepflegt.

Die Möglichkeit der Einflussnahme ist zweigleisig zu betrachten: Natürlich können die Studierenden über das Feedback dem/der Lehrenden Hinweise geben, wie der Unterricht verbessert werden könnte, welche Themen zu ausführlich, welche anderen Gebiete zu kurz behandelt werden. Hier hat die Allgemeinmedizin den Vorteil, dass durch die gute Vernetzung (s.o.) für eventuell etwas zu kurz gekommene Themen wie z.B. bei bestimmten Untersuchungskursen ein niedergelassener Kollege zu einem kleinen Kurs der Untersuchung in seinem Fachgebiet gebeten werden kann.

Andererseits kann auch von der Seite der Lehrenden im Gespräch Verständnis für bestimmte Themen gefördert, Interesse geweckt, „die Flamme angezündet“ werden – gemäß des Zitates, das Heraklit zugeschrieben wird:

“Lehren heißt nicht, ein Fass zu füllen, sondern eine Flamme anzuzünden”.

Im Institut der Allgemeinmedizin haben wir hier ein Privileg vor vielen anderen Fächern: Wir sehen die Studierenden während des Studiums fast zu allen Zeiten: Berufsfelderkennung und „Klinik für Vorkliniker“ vor dem Physikum, nach dem Physikum quasi jedes Jahr (Umweltmedizin, Geriatrie, Blockpraktikum, Kurs der Allgemeinmedizin, PJ, Wahlpflichfächer). Diese „Langzeitbeobachtung“ – die ja auch in der Hausarztpraxis sehr gepflegt wird – ist bei den meisten anderen Fächern eher die Ausnahme. In ähnlicher Weise besteht auch in der Mentorengruppe diese Möglichkeit: Mir macht es Spaß, einerseits die fachliche, andererseits aber auch die menschliche Entwicklung der einzelnen Persönlichkeiten über die Jahre zu verfolgen.

In unserer Mentorengruppe sind Teilnehmer dabei, die vom ersten Semester an Mitglieder dieser Gruppe waren, die mittlerweile aber schon approbierte Ärzte sind und als Assistenten in der Klinik arbeiten. Sie können selbst Anknüpfungspunkte (Famulaturen, Kursteilnahme, Dissertationen) für die anderen Mentees bieten. In dieser Gruppe übernehmen diese Ärzte sozusagen die Rolle der „mittleren Generation“ und wachsen mittlerweile selbst zu Mentoren heran.

In 12 Jahren haben wir jetzt ca. 115 Treffen gehabt. Dadurch entsteht eine fast familiäre Bindung – mit fachlich-familiären Auswirkungen wie Famulaturen, Hospitationen, PJ und Assistenzzeiten in meiner Hausarztpraxis, andererseits aber auch persönlich-familiär durch den weiteren Kontakt mit vielen Alumnis, die sich noch nach Jahren des Öfteren melden und berichten, wie es bei ihnen weiter gegangen ist.

Fazit

Die Gründung und Organisation einer Mentorengruppe kostet etwas Zeit und manchmal auch (relativ geringe Mengen) Geld, diese beiden Ressourcen sind aber sehr gut investiert. Es gibt viel positive Rückmeldung, menschliche Wärme und auch interessante Anregungen, wodurch sich diese Investitionen allemal rentieren.

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