Johannes Bittner – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Mon, 25 Feb 2013 03:10:27 +0000 de-DE hourly 1 Von Mediziner-Latein in Patienten-Deutsch https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/von-mediziner-latein-in-patienten-deutsch/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/von-mediziner-latein-in-patienten-deutsch/#respond Tue, 12 Jul 2011 08:00:29 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=105455
Konrad Kästner

Bei der 1. trans#late*night Ende Mai trafen sich die Mitarbeiter auch einmal im realen Leben um gemeinsam Befunde zu übersetzen.

Jeder Patient kennt diese Situation: Man ist beim Arzt, bekommt seinen Befund mitgeteilt und versteht kaum, worum es eigentlich geht. Das Portal “Was hab’ ich?” (https://washabich.de) schafft Abhilfe: Hier werden medizinische Befunde kostenlos in eine leicht verständliche Sprache “übersetzt”.

Dazu laden die Nutzer unter der Web-Adresse https://washabich.de ihren medizinischen Befund anonym hoch oder senden ihn per Fax ein. Die Übersetzung wird innerhalb weniger Tage von Medizinstudenten ab dem achten Fachsemester erstellt, bei komplexen Fragestellungen stehen 18 Ärzte sowie zwei Psychologen unterstützend zur Seite. Der Patient kann die Übersetzung anschließend passwortgeschützt online abrufen. So können Patienten den Schweregrad ihres Befundes und die sich daraus ergebenden möglichen Folgen besser beurteilen und folglich effektiver in die Entscheidungsfindung eingebunden werden.

Die Idee zum Projekt stammt von Anja Kersten aus Dresden. Als Medizinstudentin kennt sie Fragen wie “Du studierst das doch, kannst du mir meinen Befund erklären?” oder “Was will der Arzt mir damit sagen?” Zusammen mit Johannes Bittner (ebenfalls Medizinstudent, Dresden) und Ansgar Jonietz (Diplom-Informatiker, Trier) startete sie “Was hab’ ich?” am 15. Januar dieses Jahres. Bereits wenige Stunden nach Projektstart sendeten Patienten erste Befunde ein. Schnell wurde klar, dass das Team wachsen musste: Kommilitonen aus dem näheren Umfeld wurden kontaktiert, um fleißige Mitstreiter zu finden, nach und nach fanden sich ehrenamtliche Helfer aus ganz Deutschland.

Win-Win für Studenten und Patienten

Die inzwischen 160 Medizinstudenten arbeiten ehrenamtlich für “Was hab’ ich?” und bereiten sich damit engagiert auf ihr späteres Berufsleben vor. Die Bearbeitung realer Patientenfälle bringt die Studenten dazu, sich immer wieder neues medizinisches Fachwissen anzueignen und lehrt, Medizin patientengerecht zu erklären.

Das Team arbeitet rund um die Uhr, um die eingehenden Befunde zu übersetzen – trotzdem kann der hohe Bedarf seitens der Patienten bisher nicht gedeckt werden. Die Nutzer der Plattform zeigen sich jedoch sehr zufrieden mit der kostenlosen Dienstleistung und drücken ihre Wertschätzung in positivem Feedback und Spenden an die Studenten aus.

Über 5.000 ehrenamtliche Arbeitsstunden leistete das Mediziner-Team von “Was hab’ ich?” bereits seit Start der Website. Nahezu viral verbreitet sich die Bereitschaft zur Mitarbeit an den medizinischen Fakultäten in ganz Deutschland. Von seinem Ursprung in Dresden ausgehend fand es bereits engagierte Mitstreiter aus über 20 deutschen Städten sowie aus den Niederlanden und aus Österreich.

Bewundernswert ist bei den Medizinstudenten vor allem die hohe Zeitinvestition trotz anspruchsvollen Medizinstudiums. Hier baut das Projekt auf einen gegenseitigen Nutzen: Neben den Patienten, die vom angebotenen Service ohnehin profitieren, zeigt sich auch für Studenten durch die implizierte fachliche Weiterbildung ein sehr positiver Aspekt.

Nachhaltigkeit

Motivation für ein soziales Engagement über lange Zeit aufrecht zu erhalten, ist keine leichte Aufgabe. Im Projekt “Was hab’ ich?” besteht diese Motivation auf studentischer Seite unter anderem darin, schon während des Studiums Patienten unmittelbar helfen zu können, und sich gleichzeitig unabdingbare soziale Fähigkeiten für das spätere Berufsleben anzueignen. Während einige Studenten des Mitarbeiter-Teams ihr Studium abschließen und das Projekt in Ihrem Dasein als Arzt weiter fördern können, folgen Semester für Semester neue Studenten, um “Was hab’ ich?” mit der erwähnten Motivation zu unterstützen.

Studenten sind Studenten ein Vorbild

Neben Medizinstudium und Nebenjob zur Studienfinanzierung bleibt den Studenten selten Zeit für soziales und ehrenamtliches Engagement. Wenn sich dieses Engagement jedoch mit einem persönlichen bzw. fachlichen Nutzen verbinden lässt, zeigt sich eine weitaus höhere Bereitschaft. Das merken auch Kommilitonen, die von “Was hab’ ich?” erfahren und an ihren Studienkollegen sehen, dass sich Ehrenamt und Studium sehr gut miteinander vereinbaren lassen.

Ärzte sind Studenten ein Vorbild

Auch die Ärzte, die im Projekt ehrenamtlich mitwirken, tragen zur Motivation der Studenten bei und übernehmen gleichzeitig eine Vorbildrolle. Sie zeigen, dass es trotz oft widriger Arbeitsbedingungen möglich und erstrebenswert ist, sich Zeit für eine gute Sache zu nehmen – und dass auch im späteren Berufsleben der Patient nicht aus dem Zentrum der ärztlichen Tätigkeit verschwinden darf.

Mediziner sind Patienten ein Vorbild

In Zeiten von Ärztemangel und Einsparungen im Gesundheitssektor gerät das Bild des Mediziners, der sich Zeit für seine Patienten nehmen kann, in den Hintergrund. Vorbildlich wirkt hier der Einsatz der Studenten und Ärzte bei “Was hab’ ich?”, der Patienten zeigt, dass auch junge Mediziner diese Tugend der Ärzteschaft nicht ablegen wollen.

Mit dem Ziel, durch solche Übersetzungen ärztliche Dokumente für den Patienten verständlicher und transparenter zu machen, will “Was hab’ ich?” das Verhältnis zwischen Arzt und Patient festigen. Ein gut informierter Patient kann partizipativ am Entscheidungsprozess über seine Therapie oder anstehende Operation beteiligt werden. Die überaus große Nutzungsfrequenz unseres Angebots verdeutlicht den hohen Bedarf unter den Patienten. Über 1.500 Dokumente, die bisher bei “Was hab’ ich?” übersetzt worden sind, sind für das Team eine Bestätigung und Motivation zugleich. Und allein die große Zahl an Patienten, die sich zurückmeldet und mit ihrem durchweg positiven Feedback und einer Vielzahl an Spenden den jungen Medizinern dankt, spricht für sich!

washabich.de

Mittlerweile ist das Team von washabich.de schon sehr groß geworden – braucht aber noch viel mehr Übersetzer.

Am 31. Mai traf sich das Team erstmals im realen Leben außerhalb der Internet-Plattform. 25 Mediziner hatten sich in Dresden versammelt, um im Rahmen der 1. washabich trans#late*night gemeinsam Befunde in leicht verständliches Deutsch zu übersetzen. Doch nicht nur dort, auch in Erlangen, Gießen und Greifswald hatten sich fleißige Studenten getroffen, um sich außerhalb des virtuellen Mediziner-Netzwerkes für eine gemeinsame Ideologie – die bessere Arzt-Patienten-Kommunikation – einzusetzen.

Anmeldung für Medizinstudenten unter https://washabich.de/mitmachen

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