„Wir haben da ein tolles Format für Schülerinnen und Schüler, denen wir gerne zeigen würden….“ Als Projektkoordinatorin im Bereich der Schülerakademie beginnen neue Ideen für Formate und Veranstaltungsplanung meist mit „Klinken putzen“ bei den Kolleginnen und Kollegen. Nicht immer einfach, wenn es einen dann mal wieder „trifft“ und um „Zeit“ gebeten wird, die eigentlich nicht zur Verfügung steht. Dann gibt es diejenigen, die sich immer wieder breitschlagen lassen ihr wissenschaftliches Wirken vorzustellen und diejenigen, bei denen man sich nur in größeren zeitlichen Intervallen traut nachzufragen. Meist weniger – manchmal dann aber doch erfolgreich.

Mit dem Format der SchülerForschungsGemeinschaft (SFG) gelingt allerdings, was eigentlich in die Kategorie „gute Idee, aber nicht realistisch umsetzbar“ gehört: Man miete einen Hörsaal, überrede nicht nur einen sondern gleich zwei Dozierende aus unterschiedlichen Fachdisziplinen erstmalig einen gemeinsamen Vortrag im Rahmen einer Veranstaltungsreihe mit einem gesetzten Oberthema zu halten, lade ein Publikum ein, das zum größten Teil aus Schülerinnen und Schülern und der „interessierten Öffentlichkeit“ besteht und zittere noch 10 Minuten vor Veranstaltungsbeginn als Organisatoren, ob sich der Hörsaal tatsächlich füllt. Und – es klappt.

5 (gefühlte 2) Minuten vor Beginn der Veranstaltung strömen die Schülerinnen und Schüler in den Hörsaal – erleichtertes Aufatmen auf Seiten der Organisatoren, das leichte Stirnrunzeln auf Seiten der ReferentInnen glättet sich ein wenig – und es kann losgehen. Jeder einzelne Vortrag ist eine „kleine Wundertüte“, denn das, was dann vorne auf der „Bühne“ passiert, ist in den allermeisten Fällen eine Premiere mit einer ganz eigenen Dynamik – mit überraschenden und eindrucksvollen Momenten.

Für die Dozierenden-Tandems ist ein SFG-Vortrag erstmal eine Menge Arbeit, denn da ist ja noch der Kollege/die Kollegin aus der anderen Fachdisziplin, mit dem/der ein Termin zur Vorbereitung gefunden werden muss. Ist die erste Hürde gemeistert, will die fachliche Schnittmenge gesucht, gefunden und definiert werden und als sei das alles noch nicht genug, muss das Ganze dann auch noch in „zielgruppengerechter aber bitte fachlich anspruchsvoller“ Form auf die Bühne gebracht werden. Wer sollte da freiwillig mitmachen? Ein Blick auf die Liste der teilnehmenden Tandems nur aus den letzten drei Jahren ist schon beeindruckend. So sprachen u.a. Prof. Dr. rer. nat. Jeanette Erdmann (Institut für Integrative und Experimentelle Genomik) und Prof. Dr. Amir Madany Mamlouk (Institut für Neuro- und Bioinformatik) zum Thema: Genetischer Durchblick: Wie eine Zelle ihre Zukunft voraussagt.

Prof. Dr.-Ing. Nicole Jochems (Institut für Multimediale und Interaktive Systeme) und Prof. Dr. rer. nat. Nico Bunzeck (Institut für Psychologie) hielten Ihren gemeinsamen Vortrag über Akzeptanz und Vertrauen im Umgang mit neuen digitalen Technologien im Alter. Prof. Dr. Thorsten Buzug (Institut für Medizintechnik) und Prof. Dr. Jörg Barghausen (Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin) zeigten den Schülerinnen und Schülern wie sichtbar wird, was das Auge nicht sehen kann. Prof. Dr. rer. nat. Till Tantau (Institut für Theoretische Informatik) und Dipl. Phys. Petra Duhm-Harbeck (Klinische Forschungs-IT) verrieten woher der Geheimdienst weiß, welche Party am Wochenende besucht wurde und Dr. Floris Ernst (Institut für Robotik und Kognitive Systeme) und Prof. Dr. rer. nat. Ulrike Krämer (Klinik für Neurologie) diskutierten mit dem Auditorium die Frage, ob Maschinen Gefühle zeigen können?

Prof. Dr. phil. So Young Park (Institut für Psychologie) sprach gemeinsam mit Dr. rer. nat. Marcus Heldmann über Belohnungssysteme und Entscheidungsfindungen und im Tandem mit Prof. Dr. rer. nat. habil. Ralf Möller (Institut für Informationssysteme) zum Vortragsthema: Ok, Google – Was wollte ich noch gleich? Big Data oder Wie treffen wir heute Entscheidungen? An dieser Stelle könnte noch eine ganze Reihe weiterer beteiligter Tandems genannt werden…

Am jeder Veranstaltungsreihe steht die Frage: Hat sich das „Klinken putzen“ gelohnt? Und die Antwort ist hier ganz klar: Ja, auf jeden Fall. Mehr als das. Das positive Feedback von den Schülerinnen und Schülern, der „interessierten Öffentlichkeit und auch von Seiten der Referentinnen und Referenten ist die größte Motivation bei nächster Gelegenheit wieder an die ein oder andere Bürotür zu klopfen. „Wir haben da ein tolles Format für Schülerinnen und Schüler, denen wir gerne zeigen würden…“

Zum Format und Historie

Die SchülerForschungsgemeinschaft (SFG) umfasst eine Vortragsreihe, bestehend aus sechs Vorträgen, über das Jahr verteilt. Ergänzend zum Vorlesungsprogramm von Mai bis November findet in den Osterferien eine „SpringSchool“ der Schülerakademie der Universität zu Lübeck statt. Hier werden ausgewählte Themenfelder aus den Fachvorträgen aufgegriffen und in ganztägigen Praxis-Workshops gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern auf vielfältige und kreative Weise bearbeitet.

Die Idee der SFG ist im Zusammenhang mit der Bewerbung Lübecks als „Stadt der Wissenschaft“ in Kooperation mit dem Wissenschaftsmanagement Lübeck entwickelt worden und startete 2012 mit dem Titel „Erythropoietin (Epo) ein Hormon als Dopingmittel“. Prof. Dr. Wolfgang Jelkmann und Prof. Dr. Horst Pagel standen als Experten zur Verfügung. Nach einer weiteren erfolgreichen SFG 2013 mit dem Titel „Mikroben – Infektion – Entzündung“ organisiert von Herr Prof. Dr. Werner Solbach und Herr Prof. Dr. Johannes Knobloch (beide Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene) wurde dann 2014 in der Reihe „360 Grad Mensch – Digitaler Durchblick“ mit dem Schwerpunkten digitale Gesellschaft und Medizintechnik erstmalig das interdisziplinäre Tandem-Prinzip getestet. Dieses Konzept wurde dann auch in den folgenden SFG-Reihen beibehalten.

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