Prof. Dominiak im Juli 2014Annika Munko | StudentenPACK.

Prof. Dominiak im Juli 2014

Aktualisierung (Der ursprüngliche Artikel ist weiter unten zu finden)

Ergebnisse der Senatssitzung am 13.04.16

Der Senat der Uni Lübeck hat soeben getagt und nach 15 Minuten Besprechung unter Ausschluss der Öffentlichkeit steht fest: Peter Dominiak wird die Ehrendoktorwürde der Universität zu Lübeck zu Teil.

Dazu der Vorsitzende des Senats Prof. Martinetz: “Ich bin mir sicher, dass die Hochschulöffentlichkeit auch deshalb so gut vertreten ist. Das Ergebnis ist: Es hat die erforderlichen 11 Stimmen gegeben. Die Verleihung wird nun für den Jahresempfang in die Wege geleitet.”

Ursprünglicher Artikel:

Versteckt im StuPa-Protokoll vom 17. Februar, welches der Redaktion vorliegt, findet sich eine kleine Sensation: Dem ehemaligen Präsidenten der Uni Lübeck, Prof. Peter Dominiak, soll die Ehrendoktorwürde verliehen werden, sofern der Senat zustimmt. Ein naheliegender Termin für die Vergabe wäre damit der Jahresempfang am 28. April. Nun ist die Tagesordnung der nächsten Senatssitzung erschienen. Der nicht öffentliche Tagesordnungspunkt drei lautet: „Ehrenpromotion an der Sektion Medizin“. Wer geehrt werden soll, wird nicht angegeben. Die Senatssitzung wird am 13. April stattfinden.

Vertreter der Studierendenschaft in unterschiedlichen Gremien waren frühzeitig in den Prozess eingebunden worden. Eine bessere Einbindung der Studierenden bei der Meinungsbildung war eines der Versprechen des Präsidiums gewesen, nachdem es mit dem Plan einer Umbenennung der Universität im letzten Jahr gescheitert war.

Ehrendoktorwürden der Uni Lübeck haben Potential zur Kontroverse. Bei der letzten solchen Verleihung hatte es überregionale Kritik gegeben. Die Initiative zur Verleihung der Ehrenpromotion an Dominiak geht von Präsident Hendrik Lehnert, weiteren Mitgliedern des Präsidiums und der Sektion Medizin aus. Ohne die Personalie offiziell bestätigen zu wollen, betont Lehnert, es handle sich im aktuellen Fall um die „vollkommen gerechtfertigte Auszeichnung einer verdienten Person“. Auch Prof. Thomas Martinetz, der Vorsitzende des Senats, möchte uns den Inhalt des nicht öffentlichen Tagesordnungspunktes auf Anfrage nicht bestätigen.

Ein bundesweiter Skandal, bei welchem die Uni Lübeck in den Medien und von anderen Universitäten der Lächerlichkeit preisgegeben und beim Satiremagazin extra3 vorgeführt wird, wäre diesmal nicht zu erwarten. Zuerst einmal ist Peter Dominiak keine ehemalige Bundesministerin und zweitens musste er nicht gerade erst wegen einer Plagiatsaffäre seinen wissenschaftlichen Titel abgeben, ganz im Gegenteil: Dominiak ist auch unter Studenten in guter Erinnerung, er ist hoch angesehen und immer noch sehr beliebt.

Was die geplante Verleihung angeht, müsste dennoch mit Fragen gerechnet werden. Denn auch bei Schavan war das ihr vorgeworfene Fehlverhalten immer nur ein kleiner Teil der Kritik der Studierendenschaft. Zentrale Fragestellung war immer: Ist die Ehrendoktorwürde die richtige Ehrung für die erbrachte Leistung?

Wofür bekommt man einen Ehrendoktor?

Die Ehrendoktorwürde kann, laut der Verfassung der Uni, für „hervorragende wissenschaftliche Leistungen oder besondere persönliche Verdienste um die von der Universität vertretenen Wissenschaften“ verliehen werden. Der entscheidende und gern vergessene Teil ist dabei „um die von der Universität vertretenen Wissenschaften“. Soll heißen: Auch wenn der Empfänger der Ehrendoktorwürde seinen Doktortitel nicht wie jeder andere Aspirant durch das Verfassen einer Promotion, die er auch verteidigen muss, erhält, so ist seine Leistung dennoch wissenschaftlich.

Für Verdienste um die Universität kann der Senat die Universitätsehrennadel, die Universitätsmedaille, die Ehrenbürgerschaft der Universität oder die Ehrenmitgliedschaft im Senat vergeben. Letztere stellt für (ehemalige) Mitglieder der Universität die höchste Auszeichnung dar und wird, so will es die Satzung, an Personen vergeben, die sich nicht nur „besonders“, sondern „in hervorragender Weise“ um die Universität verdient gemacht haben. An wissenschaftliche Leistungen sind all diese Ehrungen nicht gebunden. Im Vergleich mit diesen sei die Ehrenpromotion noch etwas umfassender und somit „mindestens auf gleicher Stufe wie der Ehrensenator“ anzusiedeln, so Lehnert.

Bisher sind sechs ehemalige Mitglieder der Hochschulleitung von der Uni geehrt worden, darunter der Gründungsdekan Freiherr Wichard von Massenbach. Sie wurden Ehrensenatoren, Ehrenbürger oder bekamen die Universitätsmedaille. Zwei von ihnen, der ehemalige Rektor Peter Scriba und der ehemalige Vizepräsident Friedrich Wilhelm Schildberg haben einen Ehrendoktor erhalten.

Im StuPa-Protokoll wird zur Ehrung Dominiaks nicht nur kritisch angemerkt, dass der Preis eine wissenschaftliche Leistung würdigen solle, sondern auch, dass Dominiak weiterhin Mitglied der Universität sei. Dies war bei Scriba und Schildberg nicht der Fall.

Peter Dominiak kann, da wird man in Lübeck kaum Widerspruch hören, als ein sehr guter Universitätspräsident angesehen werden. Die Universität hat unter seiner Leitung mehrfach schwere Angriffe auf ihre Existenz abgewehrt, hat sich vergrößert und ihr Fächerspektrum ausgeweitet. Dominiak war auch entscheidend an der Abschaffung der Fakultäten beteiligt sowie bei der Umwandlung in die Stiftungsuniversität. Dies alles sind bewundernswerte administrative Leistungen – aber sind sie wissenschaftlich?

Lübeck kämpftLukas Ruge | StudentenPACK.

Lübeck kämpft

Erfolgreiche Präsidentschaft

Professor Peter Dominiak leitete die Universität von 2005 bis 2014. Er studierte Medizin in Frankfurt. Nach Stationen in Regensburg und München übernahm er 1990 in Lübeck den Lehrstuhl für Pharmakologie. Einige Jahre später war er bereits Prodekan und dann Dekan an der Medizinischen Fakultät, zudem wurde er als Mitglied der Ethikkomission der Uni auch Vorsitzender der Landesethikkomission. Als er 2005 das Amt des Rektors übernahm, gab er dem StudentenPACK gegenüber an, die Stabilisierung des Standorts, ein verbessertes Marketing und die Einrichtung einer dritten Fakultät (eine pro Studiengang) erreichen zu wollen. In dem damals geführten Interview sprach er sich auch für Studiengebühren aus.

Später, als sich die Verfassung der Uni änderte, wurde aus dem Rektorenamt das Präsidentenamt. Als solcher wurde Dominiak 2011 vom Deutschen Hochschulverband auf Platz drei des „Rektor des Jahres“-Rankings gewählt, begründet mit seinem „außerordentlichen und vorbildlichen Einsatz für den Erhalt des Medizinstudiums in Lübeck“. Diesem vorangegangen waren die Proteste von 2010 unter dem Motto „Lübeck kämpft für seine Uni“.

Es kann sicherlich zur Debatte gestellt werden, ob die Leitung einer Universität für knapp zehn Jahre nicht auch zwangsläufig eine wissenschaftliche Leistung ist. Insbesondere, wenn diese Leitungsphase die Positionierung der Universität als eine Profiluniversität beinhaltet. Das ausgezeichnete CHE-Ranking, der Erfolg in den Fachbereichen der Universität und die damit verbundene Profilierung und erfolgreiche Anwerbung von Exzellenzclustern sind aber natürlich in erster Linie ein Verdienst hunderter Mitarbeiter und Professoren, die dies umgesetzt haben. Wenn deren Erfolg auf ihren Präsidenten zurückfällt, so muss auch das Negative jener Jahre dem Präsidenten angerechnet werden.

So fielen in Dominiaks Amtszeit zwei Plagiatsaffären an der Universität zu Lübeck: Eine um die Immunologin Silvia Bulfone-Paus und ihren Ehemann Ralf Paus sowie eine um Professor Peter Zabel. Die Vorgänge wurden damals vom Spiegel als „einer der größten Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens der letzten Jahre“ bezeichnet. Das Verfahren der uni-eigenen Ethikkomission gegen Zabel wurde später eingestellt, es konnte kein Fehlverhalten festgestellt werden. In Peter Dominiaks Amtszeit fiel zudem die auf seine Initiative vorgenommene Verleihung der Ehrendoktorwürde an Annette Schavan, welche dem Ansehen des Titels, den er nun erhalten könnte, unzweifelhaft Schaden zugefügt hat.

Begründung der Doktorwürde

Die „Begründung für den Vorschlag zur Ehrenpromotion“, die den Senatsmitgliedern einen Überblick über die Verdienste des Vorgeschlagenen geben soll, liegt auch der Redaktion vor. Aufgeführt werden darin unter anderem wissenschaftliche Verdienste auf dem Gebiet der Pharmakologie, konkret benannt wird hier die Forschung zur Blutdruckregulation durch körpereigene Substanzen sowie Antihypertensiva, also Medikamente gegen Bluthochdruck.

Direkt danach folgt der erfolgreiche Einsatz im Rahmen der „Lübeck kämpft“-Aktionen im Jahr 2010. Die für die Ehrung vorgeschlagene Person habe an der Spitze dieser Bewegung gestanden, als die schleswig-holsteinische Landesregierung den Medizinstudiengang am Standort Lübeck abwickeln wollte. Für die Universität mit Medizin als zentralem Fach hätte die Schließung dieses Studiengangs das Aus bedeutet.

Genannt wird auch eine Strukturreform der Universität. Im Rahmen dieser habe die Abschaffung der Fakultätsgrenzen dazu geführt, dass vormals in den Fakultäten separat ablaufende Verwaltungsprozesse zusammengeführt werden konnten und sich für die Mitarbeiter in Forschung und Lehre bessere Mitbestimmungsmöglichkeiten ergaben.

Darüber hinaus stelle die Gründung des BioMedTec-Wissenschaftscampus in Kooperation mit der Fachhochschule, dem Fraunhofer- und dem Leibniz-Institut sowie etlichen medizintechnisch ausgerichteten, in der Region ansässigen Unternehmen einen Meilenstein für den weiteren wissenschaftlichen Fortschritt der Universität dar.

Zu guter Letzt sei die Stiftungsuniversität auf den Weg gebracht worden, was für die Universität nicht nur mehr Unabhängigkeit von Kiel bedeute: Die Umwandlung habe außerdem zu einer besseren Identifikation der Hochschulangehörigen und der Region mit der Universität zu Lübeck geführt, was diese langfristig stabilisiere.

Zu dem laufenden Prozess um eine mögliche Ehrung seiner Person möchte Peter Dominiak sich nicht äußern. Er gibt allerdings zu bedenken, dass Personalangelegenheiten in Gremien der Verschwiegenheitspflicht unterlägen. Das „Durchsickern“ nicht für die Öffentlichkeit bestimmter Informationen stelle leider an vielen Universitäten ein großes Problem dar, gegen das man wenig tun könne.

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