Bei der Regisseurin Hanna Sköld fängt die Außergewöhnlichkeit schon ganz zu Anfang an. Ihr erster Film “Nasty Old People” hatte 2009 Schwierigkeiten Vertriebe zu finden. Kurzerhand entschloss sie sich für eine unkonventionelle Methode des Filmvertriebs: Sie bot den Film über die Filesharing-Seite “The Pirate Bay” via BitTorrent zur kostenlosen Verteilung an, Creative Commons-Lizenz inklusive. Dort fand der Film schnell viele Fans und wurde von diesen unter anderem in über zehn Sprachen untertitelt. Mit ihrem zweiten Film “Granny’s Dancing on the Table” setzte sie die unkonventionelle Herangehensweise fort, indem sie ihn erfolgreich kickstarterte und dabei über 50.000$ einsammeln konnte. Neben einigen Förderungen von Filmgesellschaften bleibt der Film damit jedoch immer noch ein starker Low-Budget-Film. Dass dies nicht immer auch schlechte Qualität bedeutet, zeigt dieser Film.

Die 13-jährige Eini (Blanca Engström) lebt allein mit ihrem Vater (Lennart Jähkel) weit von jeglicher Zivilisation abgeschieden im Wald. Sie leidet unter der strengen und gewalttätigen Herrschaft ihres Vaters und der harten Arbeit, zu der er sie zwingt. In seiner weltabgewandten Vorstellung ist das einzig erstrebenswerte Ziel das Erlangen von Wissen und setzt die für ihn essentielle Stille rigoros durch. Der einzige Ort, an dem sich die in die Pubertät kommende Eini ausleben kann, sind ihre Gedanken. So konstruiert sie sich eine Familiengeschichte, die bei der Geburt ihrer Großmutter und ihrer Zwillingsschwester beginnt. Die in aufwändigem Stop-Motion-Verfahren eingeschobenen Erzählungen bilden ihre Erklärung für die trostlose Lage, in der sie sich befindet. Sie deutet die herrschende Gewalttätigkeit und dominierende sprachlose Stille als weitergegebene Psychosen innerhalb der Familie. Dabei ist ihre Großmutter die einzige, die aus dem Wald fliehen konnte und sich in den USA ein neues Leben aufbauen konnte und bildet den sprachvollen, lebendigen Gegenpol zu ihrem Leben.

Insbesondere die Stop-Motion-Szenen sind mit so viel Liebe zum Detail gestaltet, dass die harten Szenen mit echten Schauspielern nicht ansatzweise so eindrücklich hätten gespielt werden können. Der stete Wechsel zwischen Einis Realität und Vorstellung lässt beide Welten verschwimmen. Erst mit der Zeit wird der Unterschied deutlicher, obwohl sich beide Welten immer mehr verzahnen. Sie werden durch die Gegenüberstellung von Sprachlosigkeit, Stille auf der einen Seite und dem bunten, redseligen Leben der Großmutter andererseits besonders in Szene gesetzt.

Auch dieser Film hat eine Creative Commons-Lizenz und wird deshalb bald frei zu sehen sein. Bei den Nordischen Filmtagen läuft er noch einmal am 8. November um 10:45 (CineStar, Kino 2) auf Schwedisch mit englischen Untertiteln.

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