Nach Heiligendamm 2007 findet nun Anfang Juni, etwa 8 Jahre später, mit dem G7-Gipfel in Elmau ein weiteres, internationales Treffen hochrangiger Politiker auf deutschem Boden statt. Neben dem Hauptgipfel, bei dem sich die Staats- und Regierungschefs zusammenfinden, gibt es im gleichen Jahr auch einen Gipfel der G7-Außenminister, der im April stattfindet – und zwar in Lübeck. Genauer gesagt im neuen Hansemuseum, das gerade am Nordzipfel der Altstadtinsel gebaut wird. Pünktlich fertig wird es zwar nicht, aber das ist für das Gipfeltreffen auch nicht von Relevanz, da ein Diskurs über die Geschichte der Hanse überraschenderweise ohnehin nicht auf dem Programm steht.

2013 trafen sich in London noch die Großen 8: Die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Kanada, Frankreich, Italien, Deutschland, Russland und Japan. In diesem Jahr wurde Russland ausgeladen.

2013 trafen sich in London noch die Großen 8: Die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Kanada, Frankreich, Italien, Deutschland, Russland und Japan. In diesem Jahr wurde Russland ausgeladen.[media-credit name="Auswärtiges Amt, Copyright: Photothek / Th. Imo" align="aligncenter" width="640"]

Ein teures Vergnügen

Wer schon mal ein Meeting organisiert hat, weiß, welche Kosten bei so einem Ereignis auf die Organisatoren zukommen. Für Raummiete, Getränke, Unterkunft und Häppchen sind da schnell mal ein paar Euro weg. Und zählt man noch den Polizeieinsatz dazu, kommen da meistens noch kleinere Zuschläge von 30 bis 60 Millionen Euro drauf – aber manchmal muss das eben sein. 2007, so kann man der Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums entnehmen, kostete der G8-Gipfel der Regierungschefs in Heiligendamm insgesamt etwa 81 Millionen Euro, für den G7-Gipfel in Elmau gehen verschiedene Schätzungen bereits jetzt von dreistelligen Millionenbeträgen aus. Mecklenburg-Vorpommern hatte für Heiligendamm über 20 Millionen Euro selbst zu tragen, da die Ausgleichszahlung des Bundes nur knapp die Hälfte der für das Land entstandenen Kosten deckte.

Kann man auf dieser Grundlage eine Schätzung für die Kosten des Außenministertreffens in Lübeck ableiten? Um das zu beantworten reicht schon ein kleiner Blick in die regionale Presse: Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag spricht von 4500 Polizisten, die während des Treffens für die Sicherheit sorgen werden. Für Außenminister der großen Sieben wird nämlich, und insbesondere bei den Vereinigten Staaten von Amerika führt das zu einer signifikanten Aufwandserhöhung, die höchste „Sicherheitsstufe“ angesetzt. Außenminister John Kerry wird demnach genauso gut bewacht wie Präsident Obama persönlich. Zudem gibt es bereits Pläne der US-Delegation sich für die Dauer des Gipfels in Travemünde einzuquartieren. Also muss auch die Sicherung der Route zwischen Lübeck und Travemünde eingeplant werden. Damit es für die Veranstalter nicht langweilig wird, wurden zudem bereits erste Demonstrationen gegen den Gipfel angekündigt, die zwischen dem 14. und 15. April Protest gegen G7 an den Tag bringen wollen. Die Innenstadt zu sichern versteht sich von selbst und um die Luftsicherung zu gewährleisten scheint auch der Einsatz von Eurofightern nicht abwegig (2007 entstanden alleine dafür Kosten in Höhe von 328.000 Euro). Schließlich handelt es sich hier nicht um ein verhältnismäßig kleines Seebad oder ein Schloss im Bayrischen Wald, sondern um die zweitbevölkerungsreichste Stadt Schleswig-Holsteins. Für Lübeck und das Land ist eine finanzielle Belastung in einer ähnlichen Höhe wie 2007 für Mecklenburg-Vorpommern also nicht unbedingt auszuschließen.

Der perfekte Standort

„Ich bin mir sicher, dass die schöne Altstadt mit der Backsteingotik eine ganz besondere Tagungsatmosphäre für unser Treffen schafft, die man für gute Gespräche braucht“, antwortete Außenminister Frank-Walter Steinmeier in einem Interview mit den Lübecker Nachrichten im September 2014 auf die Frage, warum er das G7-Außenministertreffen in Lübeck veranstalten will. Auf eine Nachfrage beim Auswärtigen Amt, ob das das einzige Entscheidungskriterium bei der Festlegung des Tagungsortes war, kam bis Redaktionsschluss keine Antwort. Ruft man sich die finanzielle Situation Schleswig-Holsteins ins Gedächtnis, kann einem bei dem Gedanken, für ein Meeting von sieben Personen gegebenenfalls 20 Millionen Euro zahlen zu müssen, schon ein wenig flau im Magen werden. Im Dezember zogen über 2500 Studenten aus dem ganzen Land gegen die Unterfinanzierung der Hochschulen zum Landtag, um dort auf die teilweise desolaten Zustände aufmerksam zu machen. Dies betrifft im Moment noch hauptsächlich die Christian-Albrechts-Universität in Kiel, bei der einige Gebäude schon zeitweise nicht mehr nutzbar sind, da die Beschädigungen zu Sicherheitsrisiken für die Studenten führen könnten. Aber spätestens beim Thema Investitionsstaus bei der Sanierung des Universitätsklinikum Schleswig-Holstein ist auch wieder Lübeck im Mittelpunkt finanzieller Probleme.

Es bleibt also die Frage, ob Backsteingotik wirklich einen derartigen Eingriff in den Landeshaushalt rechtfertigen sollte. Fakt ist, dass der Landtag das Abhalten des Gipfeltreffens in Lübeck nicht selber entschieden hat. Naheliegend ist jedoch, dass derartige Pläne von der Bundesebene an die Landesregierung und die Stadtverwaltung entsprechend kommuniziert werden mussten. Wahrscheinlich besitzt der G7-Gipfel der Außenminister eine Notwendigkeit und vielleicht, wenn man das so denken darf, gibt es auch einen Grund dafür, das Treffen nicht einfach auch im abgelegenen Schloss Elmau gleichzeitig mit dem Treffen der Regierungschefs abzuhalten. Irgendwer weiß, warum das alles so sein muss, warum sich Lübeck nur für Außenminister eignet und Elmau nur für Regierungschefs verwendet werden kann. Und irgendwer muss am Ende schließlich auch „Ja“ zur Ausrichtung des Gipfeltreffens in Lübeck gesagt haben – wegen des Tourismus, der Popularität, des Renommees, eines politischen Statements, wirtschaftlicher Abwägungen, einer privaten Willensentscheidung oder aus welchen komplizierten Gründen auch immer…

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