„You can exile me again and again, but I always find my way back home“

Mit etwas Verspätung konnten wir uns noch zwei der Sitzplätze ergattern. Der Regisseur des Films „Die Streunerin“ (orig.: „Ekskursante“), Audrius Juzenas, kam zur Deutschlandpremiere seines Filmes. Durch unsere Verspätung haben wir leider die einführenden Worte des Regisseurs verpasst – so wurden wir unvorbereitet mit dem Film konfrontiert.

Während des gesamten Films über musste ich an den Roman „So weit die Füße tragen“ von Josef Martin Bauer denken, welcher die ereignisreiche Flucht eines deutschen Weltkriegsgefangenen aus einem Gefangenenlager im tiefsten Osten Sibiriens bis zurück in seine Heimat thematisiert. Diesen Roman habe ich in verhältnismäßig jungen Jahren durch Zufall im heimischen Bücherregal gefunden und gelesen. Während die Geschichte des erwachsenen Mannes Clemens Forell schon ergreifend war, so ist die Geschichte der zehnjährigen Marija aus Litauen noch beeindruckender. Der Vater erschossen, die Mutter stirbt im Güterwaggon in Richtung sibirischer Gulags an einer Fehlgeburt. Marija gelingt die Flucht und ist von nun an auf sich selbst gestellt. Lediglich ihr Glaube, der sie in Form eines kleinen Kruzifix auf ihrer Reise begleitet, bietet ihr Halt. Sie trifft verschiedenste Gestalten auf ihrem gefährlichen und schmerzhaften Weg, manche sind ihr gut gesinnt, wie die Großmutter Nadia, die Marija zu Beginn bei ihr aufnimmt. Ihre Reise zurück in die litauische Heimat ist gefährlich und sie kommt nicht immer heile davon.

Die Geschichte der jungen Marija ist packend und beeindruckend erzählt. Die Schönheit der russischen Landschaften, die vom Regisseur bewusst in Szene gesetzt werden, steht im starken Kontrast zur harten Odyssee durch die stalinistische Sowjetunion. Der Regisseur scheut sich nicht, die harte Realität der auf wahren Begebenheiten basierenden Geschichte zu zeigen, ohne dabei in irgendeiner Form effekthaschend zu provozieren. Das Kruzifix, welches Marija von ihrer sterbenden Mutter geschenkt bekommt, ist ein markantes, wiederkehrendes Symbol der Hoffnung für Marija, der Glauben ist oftmals das einzige, was sie zum überleben und weiterkämpfen motiviert.

Wie oft in der Realität bietet dieser Film kein Happy End im eigentlichen Sinne. Den Ausgang der Geschichte lässt Juzenas bewusst offen. Man verlässt den Kinosaal bewegt und betroffen, trotzdem oder gerade deshalb ist es ein sehr guter Film, der die Erfahrungen der Baltischen Staaten unter Stalin porträtiert.
Auf den Nordischen Filmtagen habt ihr noch die Gelegenheit, euch den Film anzusehen. Er läuft in Originalsprache (Russisch und Litauisch) mit englischen Untertiteln zu folgenden Zeiten:

31.10. 10:30 Uhr, CineStar (Kino 5)

01.11. 23:00 Uhr, CineStar (Kino 5)

02.11. 16:45 Uhr, CineStar (Kino 5)

http://www.luebeck.de/filmtage/filmdb/de/movie/view/2014/6492.html

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