Wie wir bereits berichteten, hat sich die Fachhochschule Lübeck im Januar diesen Jahres eine neue Präsidentin gewählt. Wer Frau Dr. Helbig nun aber ist und was sie sich für die FH vorstellt, das wussten wir eigentlich noch gar nicht. Daher haben wir euch um Fragen gebeten, die ihr an unsere neuen Präsidentin habt. Und wir haben Frau Dr. Helbig gefragt, ob sie mit einem Interview per E-Mail einverstanden wäre. Sie fand diese Idee toll und war gleich mit dabei. Und nun ist es soweit, hier ist unser Interview, dass wir mit Frau Dr. Muriel Helbig geführt haben. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen 🙂

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie vom Wahlergebnis erfahren haben? Und haben Sie damit gerechnet?

Sie müssen sich vorstellen, dass wir etwa eine Dreiviertelstunde auf das Wahlergebnis gewartet haben, auf die Schritte auf dem Flur, die einem ein Stück Zukunft bringen. Das war schon eine unwirkliche Situation. Als es dann so weit war, da fühlte sich alles ganz stimmig und richtig an. Ich habe mich riesig gefreut, aber ich stand auch ein wenig unter Schock.

Haben Sie schon nach einer Wohnung in Lübeck gesucht? Freuen Sie sich auf Lübeck?

Es fühlt sich so an, als sei die ganze Familie mit nichts anderem als der Wohnungssuche beschäftigt. Gar nicht so einfach, aus der Ferne in Lübeck etwas zu finden! Aber wir bekommen viel Unterstützung und werden ganz sicher etwas Schönes finden. Wir freuen uns sehr auf Lübeck- wer hat schon das Glück, von einer außergewöhnlichen Stadt in die andere zu ziehen.

Die Fachhochschule Lübeck unterhält ja bereits zahlreiche internationale Beziehungen z.B. in die USA und nach China. Wie wollen Sie diese Beziehungen weiter ausbauen und stärken?

Internationalisierung liegt mir sehr am Herzen. Die Programme, die die FH Lübeck beispielsweise mit Milwaukee und Shanghai unterhält, sind beeindruckend.  Der sonstigen Datenlage nach gäbe es in der Internationalisierung an der FH auch durchaus noch Luft nach oben- beispielsweise liegt die Zahl internationaler Studierender unter dem deutschen Durchschnitt. Meine Erfahrung als Leiterin eines Dezernats Internationale Beziehungen hat mich aber gelehrt, genau hinzusehen. Internationalisierung ist unabdingbar, aber sie ist auch aufwendig, und Zahlen allein spiegeln nicht die ganze Wirklichkeit. Deswegen gilt hier für mich – wie bei allen anderen Bereichen der FH auch: Erstmal kennenlernen. Dann weitersehen. Ideen und Möglichkeiten für einen Ausbau und eine Stärkung internationaler Beziehungen gibt es genug, aber es geht ja darum, die richtigen und klugen zu forcieren.

Haben Sie allgemein schon Ideen, was Sie an der Fachhochschule verändern bzw. verbessern möchten?

Ich bin mit vier Ideen für die FH angetreten. Erstens, Profilschärfung. Außerdem sollte man Lehre, Forschung, und Internationalisierung immer zusammen  denken- und damit haben Sie eine weitere Antwort auf Ihre vorherige Frage. Drittens, die besten Köpfe nach Lübeck zu holen und hier zu halten – oder sie als gute ausgebildete Absolventinnen und Absolventen in die Welt zu entlassen. Vierter Punkt: Fokussierung. Mein erster Eindruck ist, dass die FH Lübeck prinzipiell sehr gut aufgestellt ist. Daran möchte ich anknüpfen und noch mehr „herauskitzeln.“

Sie haben in Psychologie promoviert. Dies ist ja nicht gerade ein technisches Fach. Sehen Sie Ihre Fachfremdheit eher als Stärke und Chance?

Ich bin mit den zuvor genannten Themen und aufgrund meiner beruflichen Erfahrungen und persönlichen Biographie zur Präsidentin gewählt worden- zum Glück nicht auf Grund meines technischen Sachverstandes! Das sehe ich durchaus als Chance…Natürlich fällt es an einer rein technisch ausgerichteten Hochschule wie der FH Lübeck eher auf, dass ich fachfremd bin. Aber, ganz ehrlich: Das ist der Job. Eine Präsidentin oder ein Präsident kann gar nicht in allen Fächern der Hochschule bewandert sein, sondern muss sich immer einigen Fächern erst nähern und auf diese neugierig sein.  Es kann durchaus ein Vorteil sein, dass mir niemand eine besondere Nähe oder Affinität zu einem einzelnen Fach an der FH Lübeck vorwerfen kann.So völlig fremd sind mir die Fachbereiche der FH Lübeck übrigens auch nicht: In meiner bisherigen Tätigkeit habe ich mit Bauingenieuren und –ingenieurinnen beispielsweise genauso zusammengearbeitet wie mit Hochschulmitgliedern aus der Architektur, Medieninformatik oder Stadtplanung.

Warum wollten Sie Präsidentin der Fachhochschule Lübeck werden? Und waren Sie aufgeregt, als Sie die Bewerbung geschrieben haben?

Ich habe nach einer Möglichkeit gesucht, mich beruflich weiterzuentwickeln. Die Überlegung war: Was möchte ich und was kann ich gut? Das war ein längerer Prozess, an dessen Ende stand, dass ich gerne Präsidentin oder einer Rektorin einer Hochschule wäre.Die Ausschreibung der Fachhochschule Lübeck sprach  direkt Personen auch aus dem Wissenschaftsmanagement an. Sie klang offen und innovativ- also habe ich angefangen, mich nach der FH Lübeck zu erkundigen und habe versucht, sie als Außenstehende so gut wie möglich kennenzulernen und zu verstehen. Dabei wurde sie mir immer sympathischer und der Wunsch, hier tätig zu werden, immer größer. Ich habe viel Zeit und Energie in diese Bewerbung gesteckt und es mit ihr sehr ernst gemeint.Es war übrigens die einzige Bewerbung, die ich geschrieben habe. Ich hatte ja keine Eile, von meiner aktuellen Tätigkeit wegzukommen, wollte nicht irgendetwas Neues, im Gegenteil: Ich wollte zur richtigen nächsten Stelle, und als diese drängte sich Lübeck mir geradezu auf.War ich aufgeregt? Klar. Aber jetzt ist Lübeck ist ein ganz logischer, wunderbarer nächster Schritt.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

Gute Führung ist gut gelaunte Unzufriedenheit– habe ich mal gehört. Ich würde hoffen, dass ich ein gut gelauntes Streben nach Optimierung mitbringe und Kolleginnen und Kollegen gegenüber zugewandt und zugleich professionell auftrete. Dabei bewege ich mich in einem Spannungsfeld: Terminlich stehen alle unter Druck, gleichzeitig verbringen wir unglaublich viel Lebenszeit mit Arbeit, was gewürdigt werden muss. Da will man auch mal lachen und nicht immer nur effizient sein müssen, auch wenn es natürlich vor allem darum gehen muss, das bestmögliche Arbeitsumfeld für alle herzustellen. Und auch, wenn es Konflikte bedeuten kann: Ich treffe lieber mal eine falsche Entscheidung als gar keine.

Was würden Sie sich von den Studierenden und der Belegschaft der Fachhochschule Lübeck wünschen?

Klare Worte und offene Ohren. Dafür wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mich für die Belange der Studierenden sensibilisieren und Ihre Themen, wie sagt man so schön, zeitnah und konstruktiv einbringen.Und ich wünsche mir, dass Studierende sich umeinander kümmern und aufeinander zugehen. In jeder Umfrage unter internationalen Studierenden lese ich beispielsweise, dass diese sich mehr Kontakt zu deutschen Studierenden wünschen. Ich kann mir vorstellen, dass dieser Wunsch nach mehr Kontakt für viele Studierendengruppen gilt: Erstsemestler zu Fortgeschrittenen, Angewandte Naturwissenschaftler zu Architekten, ältere Studierende zu jüngeren. Da ist ein unglaubliches Potential für Zusammenarbeit und Kreativität.

Wie könnte die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und den studentischen Gremien aussehen?

Hoffentlich offen und ehrlich, mit regelmäßigen und festen Terminen und Engagement auf beiden Seiten.  Die Gremien sind das Verbindungsglied zu den Studierenden, und ich baue sehr auf eine enge und gute Kommunikation. Vor allem, da ich selber keine Lehre halte, bin ich auf den Austausch über die Gremien dringend angewiesen.

Was halten Sie von sozialen Medien, wie Facebook, Twitter und Co? Und denken Sie die Hochschule sollte sich hier stärker engagieren?

Privat halte ich zu Post mit Briefmarke. Beruflich sehe ich soziale Medien erstmal als neutrale Instrumente, die in der Nutzung Fluch und Segen zugleich sein können. Als Informationsmedium inzwischen unabdingbar, aber der Druck, ständige Präsenz zu zeigen und das Bewusstsein dafür, dass sich jeder Fehltritt rasend schnell verbreiten kann, ist enorm. Meine Meinung ist, dass Hochschulen sich die Kanäle sehr genau auswählen sollten, über die sie kommunizieren- und dies dann aber auch sehr professionell. Gar kein Engagement ist keine Option mehr.

Abschließend würden wir gerne erfahren, was Sie positives  aus Ihrer Zeit an der Bauhaus-Universität Weimar mit nach Lübeck bringen möchten?

Es klingt banal, aber ich arbeite gerne. Ich gehe ins Büro und treffe Menschen, die ich schätze, und befasse mich mit Themen, die ich für relevant halte. Wenn ich abends nach Hause komme, bin ich erschöpft, weil viel geschafft wurde und ich viel gelernt habe und, gleichzeitig froh, weil noch so viele Ideen übrig sind. Wenn das in Lübeck so weitergeht und ich wie in Weimar als Fazit ziehen kann: Das war ein anstrengender, aber guter Tag- was will man mehr?

Wir möchten uns wirklich sehr bei Frau Helbig für ihre Teilnahme an diesem Interview bedanken und wünschen ihr viel Freude und Erfolg als Präsidentin an der Fachhochschule Lübeck.

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