Das Interview führte Lukas Ruge.

Zum Beginn des neuen Semesters sprechen wir mit Maren Janotta, der Vorsitzenden des AStA der Uni Lübeck, und der AStA-Referentin Rahel Tabea Roseland über das kommende Jahr, über die Finanzsorgen der Studierenden, neue Referate im AStA, Diskriminierung auf dem Campus und die Forderungen der Studierendenschaft an eine Stiftungsuni.

Der neue AStA ist gewählt.

Der neue AStA ist gewählt.[media-credit id=14 align="aligncenter" width="645"]

StudentenPACK: Der neue AStA ist gewählt und der neue Vorsitz besteht aus Maren Janotta und Eva Clausen, die vorher schon in den Referaten Politik-Ausland-Soziales und Kultur-Umwelt-Sport aktiv waren. Was hat euch am Vorsitz gereizt?

Maren Janotta: Wie gesagt war ich bisher im PAS aktiv, in dem ich auch den Vorsitz gemacht habe und Eva war im KUS aktiv und diese beiden Referate machen sehr viel Projektarbeit im AStA. Ich habe allerdings auch schon im Referat sehr viel Hochschulpolitik gemacht, was hier im AStA ja Hand in Hand mit dem Vorsitz geschieht. Das letzte Jahr waren Eva und ich dann ein Jahr im Ausland. In der Zeit haben wir auch Gremienarbeit gemacht, aber eben nicht an dieser Universität. Als wir nach Lübeck zurückkehrten, war es im AStA etwas unklar, wer welche Aufgaben übernehmen würde. Da ich bei meinem Aufenthalt in Strasbourg letztes Jahr teilweise auch Politik studiert habe, mich überhaupt mehr mit Politik beschäftigt habe, wollte ich gerne so etwas wie hochschulpolitische Sprecherin des AStA sein, ein Amt, das wir aber nicht haben. Und da ohnehin sich niemand fand, der die Aufgabe übernehmen wollte, haben Eva und ich uns gesagt, wir kennen die Projektarbeit inzwischen gut, da gehen wir jetzt noch mal ein Jahr auf die politische und koordinierende Ebene.

PACK: Das Semester hat gerade erst begonnen, aber sicherlich wisst ihr schon von so einigen Projekten, die in den kommenden Monaten anstehen. Was können die Studenten in dieser Legislatur von ihrem AStA erwarten?

Maren: Wir führen die Arbeit des vorigen AStA weiter. Beliebte und bekannte Projekte wie das Campus Open Air wird es wieder geben. Aber auch Projekte wie die Ökostromberatung oder das Umweltkino, die beide schon wieder stattgefunden haben, werden von den Referaten wieder gemacht.

PACK: Viele Studenten fragen sich immer wieder, wann sie eigentlich ihr BAföG bekommen, und dieses Jahr könnte dies noch schlimmer werden. Was kann der AStA da tun?

Maren: Das ist ein Thema, das uns derzeit sehr beschäftigt und wo wir auf verschiedenen Ebenen aktiv werden. Zum einen in der Landes-ASten-Konferenz (LAK), wo wir mit den anderen ASten abgleichen, welche Probleme wo auftreten, und dazu Stellungnahmen herausbringen. Wir haben uns mit Wissenschaftsministerin Wende getroffen und ihr gegenüber direkt das Thema angesprochen. Das war sehr produktiv, die Ministerin hatte das Problem bisher nicht genau mitbekommen, war aber sofort sehr problemlösungsorientiert und hat sofort Ansätze mit ihren Mitarbeitern diskutiert. Aber eine richtige Lösung, muss man klar sagen, ist daraus noch nicht geworden.

Immerhin, die Einführung des neuen Programms zur Bearbeitung von BAföG-Anträgen wurde auf März verschoben. Insofern wird der Zustand beim BAföG zumindest erst einmal nicht schlimmer, was ja unsere akuteste Sorge war.

Auf der anderen Ebene wenden wir uns natürlich auch an das Studentenwerk, welches die BAföG-Bearbeitung durchführt. Dort besprechen wir dann, was man zusammen machen kann, ob man Kampagnen machen kann, wie man das Ministerium auf Probleme aufmerksam machen kann. Das Studentenwerk sieht nun dadurch, dass wir gemeinsam erwirkt haben, dass das neue Programm erst im März eingeführt wird, das Ganze etwas positiver. Zudem wurden vor einigen Monaten auch vier neue Mitarbeiter eingestellt, um die Anträge zu bearbeiten. Das geht alles in die richtige Richtung, aber man kann nicht sagen, dass das Problem mit den BAföG-Anträgen gelöst ist.

PACK: Du hast die LAK angesprochen. Vielleicht kannst du kurz erläutern, was diese Gruppe tut?

Maren: Einmal im Monat treffen sich die ASten der Hochschulen Schleswig-Holsteins, üblicherweise in Kiel. Dort besprechen wir dann Themen wie BAföG, die für alle Hochschulen relevant sind. Ein anderes aktuelles Thema ist die Novellierung des Landeshochschulgesetzes, was ja auch alle betrifft. Natürlich gehen zwischen Universitäten, Fachhochschulen oder Kunsthochschulen die Meinungen auch mal auseinander, aber wir versuchen dort gemeinsame Positionen zu entwickelt um sich gegenüber der Politik besser zu positionieren.

PACK: Studierende, insbesondere jene, die wenig Geld haben, werden bemerken, dass ihr Semesterbeitrag nicht unerheblich ansteigt, der Beitrag an die Studierendenschaft steigt von 7,50 auf 10 Euro pro Person. Das sind über 60.000 Euro jährlich. Was macht der AStA damit?

Maren: Ich kann da nicht wirklich mit Zahlen um mich werfen, da ich letztes Jahr bei der Diskussion über die Erhöhung der Beiträge nicht dabei war. Allerdings war der Beitrag lange nicht erhöht worden, so dass wir schon inflationsbedingt irgendwann erhöhen mussten. In den letzten Jahren ist zudem die Projektarbeit immer größerer Teil des AStA geworden, es werden mehr Projekte und mehr Veranstaltungen und viele dieser Veranstaltungen werden vom AStA subventioniert. Das Umweltkino nimmt zum Beispiel keinen Eintritt muss aber Lizenzgebühren für den Film bezahlen. Bei der Ökostromberatung gibt es auch mal eine Waffel umsonst, das kostet alles Geld. Eigentlich finde ich es aber toll, dass die Anzahl solcher Projekte zunimmt.

Rahel Tabea Roseland: Das Geld geht außerdem nicht nur an den AStA, sondern auch an die Fachschaften, die auch mehr Veranstaltungen organisieren, die Kosten verursachen. Auch Gruppen wie das Studierendentheater, Pop-Symphonics und viele andere erhalten von diesem Geld Unterstützung, damit es für Studierende leichter ist, sich dort einzubringen. Letztendlich sollte man nicht vergessen: Mit 7,50 Euro hatte die Uni Lübeck in Schleswig-Holstein den zweitgünstigsten Beitrag. Mit 10 Euro sind wir nun im Schnitt.

PACK: Dazu kommt bald ein 5 Euro Beitrag an den Hochschulsport, was hat es damit auf sich?

Maren: Dabei geht es um ein generell anderes Finanzierungsmodell für den Hochschulsport. Bisher zahlen nur die, die sich auch für den Hochschulsport anmelden. Man hat sich dann überlegt: Da der Hochschulsport ein Angebot ist, das wir gerne weiter haben möchten und man dort unterfinanziert ist, könnte man den Beitrag auf alle Studierende verlegen.

Rahel: Durch diese Gelder wird einerseits eine neue Stelle für den Hochschulsport geschaffen. Derzeit macht Petra Roßkopf das fast alleine und wenn sie mal krank ist, kann das zu Problemen führen. Gleichzeit heißt es aber auch, dass der Beitrag von 10 Euro, den Teilnehmer bisher zahlen mussten, wegfällt und trotzdem alle Kurse, die bisher kostenfrei waren, auch kostenfrei bleiben. Das Ganze kommt den Uni-Studierenden eigentlich zugute. Den Beitrag von 5 Euro zahlt dann ja nicht nur jeder, der an der Uni ist, sondern auch alle an der FH und an der Musikhochschule. Anteilsmäßig nutzen aber mehr Universitätstudierende den Hochschulsport. Insofern werden wir im Endeffekt von den anderen Hochschulen mitsubventioniert. Dennoch finden wir, dass so eine solidarische Lösung eine schöne Sache ist.

Maren: Insbesondere befürworte ich, dass dieses Modell parlamentarisch und demokratisch im Studierendenparlament so besprochen wurde. Dort sind Vertreter und Vertreterinnen aus allen Studiengängen und es wurde lange diskutiert, auch in einem Ausschuss und mit den anderen Hochschulen, und am Ende hat diese Lösung eine breite Mehrheit gefunden. Persönlich finde ich, dass es eine gute Entscheidung war.

PACK: Der AStA ist dieses Jahr anders aufgestellt als bisher, ein neues Referat hat sich dazugesellt, das QuARG: wofür steht dieses Kürzel überhaupt?

Rahel: Wichtig ist das kleine „u“. QuARG steht für „Queer, Awareness, equal Rights and Gender-Matters“.

PACK: Ich vermisse mindestens ein „e“.

Rahel: Das ist ja klein geschrieben, wenn man es ausschreibt, und es hört sich doch so viel schöner an.

„Beliebte und bekannte Projekte wie das Campus Open Air wird es wieder geben“

„Beliebte und bekannte Projekte wie das Campus Open Air wird es wieder geben“ [media-credit id=69 align="aligncenter" width="645"]

PACK: Wenn man ein Referat zu einem Thema gründet, dann ja wahrscheinlich, weil man glaubt, dass es in dem Bereich einiges zu tun gibt. Was willst Du im QuARG tun?

Rahel: Ich finde es generell wichtig, dass man alle Menschen gleich behandelt unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Herkunft oder Religion. Ich finde es schade, dass man im alltäglichen Leben, auch hier an der Uni, immer wieder merkt, dass da noch Vorurteile vorhanden sind. Es ist wichtig darauf aufmerksam zu machen, dass es noch Thema ist, und dadurch eventuelle Barrieren für einzelne Studentinnen und Studenten abzubauen. Ich denke wir haben als AStA auch die Aufgabe, allen Studierenden ein möglichst angenehmes Studium und möglichst angenehme Freizeitaktivitäten zu ermöglichen. Wir dachten, es wäre sinnvoll, zu diesen Themen mehr als bisher zu tun. Letztes Jahr war ich dann mit anderen ASten-Vertreterinnen auf einem Bundeskongress der Queer-Feministischen Referate, wo wir vieles gesehen haben, von dem wir dachten, es wäre doch schön, das auch an unserer Uni zu etablieren. Deswegen die Gründung des Referats.

Der AStA hat daher in letzter Zeit eine recht enge Kooperation mit der Gleichstellungsbeauftragten der Universität, Solveig Simowitsch. Mit ihr haben wir, insbesondere Justus Ullrich, der Gleichstellungsbeauftragte des AStA, uns schon vor Gründung dieses Referats mit Themen wie den Vorkommnissen von sexualisierter Gewalt unter Studierenden beschäftigt. Zudem haben wir über die Uni aber auch, wenn wir uns im AStA ausgetauscht haben, festgestellt, dass das Thema sexualisierte Gewalt bei Uni-Veranstaltungen doch mehr ein Problem ist, als wir dachten. Das ist vielen Studierenden gar nicht bewusst und da sollte man drauf aufmerksam machen. Immer wieder gibt es Fälle, die den Verdacht nahe legen, dass es hier regelmäßig Probleme mit K.O.-Tropfen auf Veranstaltungen der Studierendenschaft gibt.

PACK: Die Polizei sagt allerdings, ihr sei kein einziger solcher Vorfall bei Uni- oder FH-Veranstaltungen bekannt.

Rahel: Vielen ist auch gar nicht bewusst, was sexualisierte Gewalt ist, dass man dies zur Anzeige bringen kann. Es gibt mehrere Fälle, die mit der Gleichstellungsbeauftragten intern besprochen werden. Dort findet dann Mentoring und zum Teil auch psychologische Beratung statt. Die Anzeige ist allerdings immer eine große Hemmschwelle, daher sind dort die Dunkelziffern immer sehr hoch. Vielen Menschen gefällt die angebliche Opferrolle nicht, zudem ist es ein Tabu-Thema.

K.O.-Tropfen sind zudem problematisch, weil es sich um Stoffe handelt, die nur sehr kurz nachweisbar sind. Wenn man, und das ist hier sowohl bei Frauen wie auch bei Männern vorgekommen, von besorgten Freunden noch nach Hause gebracht wird und am nächsten Tag zum Arzt geht, ist da nichts mehr nachweisbar.

PACK: Und was könnt Ihr da tun?

Rahel: Es soll nun eine Kooperation mit der Rechtsmedizin geben, dass, wenn solche Fälle auftreten und diese auch kommuniziert werden, die Betroffenen zur Notaufnahme gehen können, damit es dann einen Nachweis gibt. Bisher gibt es viele Berichte. Die Sozialmedizin arbeitet, was diese Berichte angeht, mit uns zusammen und stellt in diesen Berichten sehr häufig einen charakteristischen Verlauf für K.O.-Tropfen fest.

PACK: Du sagtest, du wünschst dir, dass jeder und jede gleich behandelt wird. Werden wir doch mal konkret: Wer wird an der Uni Lübeck diskriminiert und von wem?

Rahel: Das ist ganz unterschiedlich. Da wäre zum Beispiel ein männlicher Student, der sich nicht so verhält, wie das manche erwarten, hinter dessen Rücken dann getuschelt wird, ob er homosexuell sei oder nicht. Aus der Erfahrung als Medizinstudentin kann ich auch sagen, auf Station werden die Männer, sobald sie in den Raum kommen, oft eher ernst genommen. Mir ist es selbst schon vorgekommen, dass ich einen Verbandswechsel machen wollte und es hieß, „Schwester, wollen Sie das nicht den Herrn Doktor machen lassen“, und mit Herr Doktor war der 18-Jährige Zivi gemeint, der vorgestern angefangen hat.

Maren: Ich war relativ geschockt, wie viele Vorurteile gerade in der Medizin, vielleicht auch aufgrund der hierarchischen Strukturen in Krankenhäusern, noch vorherrschen. Eine gute Freundin von mir möchte gerne Neurochirurgin werden. Sie wurde am ersten Famulaturtag gefragt, ob sie nicht lieber Frauenärztin werden möchte, von Frauen, die Neurochirurgie machen, halte man nichts. Es gibt also auch ganz offenen Sexismus, und das hätte ich am Anfang meines Studiums nicht erwartet.

Rahel: Auch bei mir hat es fast fünf Jahre gedauert, zu erkennen, dass es da wirklich noch massive Vorurteile und Probleme gibt. Deswegen beginne ich eben, mich jetzt da zu engagieren.

PACK: Welche konkreten Impulse können wir denn vom QuARG erwarten?

Rahel: Wir haben einiges geplant, da jetzt alles aufzuzählen würde sicherlich den Rahmen sprengen. Wir haben als erstes einen Stammtisch gegründet, der jeden Montag um 19:00 Uhr im Friends stattfindet. Da ist jeder und jede eingeladen, auch die, die dieser Arbeit etwas kritisch gegenüber stehen.

Wir werden eine Schulung bekommen, wie man im Erstkontakt mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt umgeht. Daraus soll einerseits eine Beratung hier im AStA resultieren und andererseits ein Notfalltelefon während Uni-Partys. Dadurch gibt es dann geschulte Ansprechpartner, sollte es auf diesen Veranstaltungen zu Vorfällen wie denen kommen, über die wir gesprochen haben.

Das Referat will einen Workshop zum Umgang mit sexualisierter Gewalt anbieten, der für alle interessierten Studenten und Studentinnen offen ist. Dieser ist sozusagen eine Erweiterung des Selbstverteidigungskurses, der bereits jedes Jahr für Erstsemesterinnen angeboten wird.

Wir wollen uns zudem mit dem Thema beschäftigen, dass es mehrfach Beschwerden gab, dass sich Personen genötigt fühlten, sich auf der Stadtrallye in der Vorwoche auszuziehen oder Alkohol zu trinken. Wir sind dagegen, dass irgendjemand sich zu irgendetwas genötigt fühlt. Da möchten wir einen Leitfaden entwickeln, um die Leute, die die Stationen leiten zu briefen, aber auch die Teilnehmer und Teilnehmerinnen.

Zudem wird es eine Kampagne zum Thema K.O.-Tropfen geben, ein monatliches Café ohne Grenzen mit Lesungen und Vorträgen und vieles mehr, einen Aktionstag gegen Homophobie im Zusammenarbeit mit dem CSD und es ist ein Projekt zum Thema „Sexistische Werbung an Hochschulen“ und Alltagssexismus geplant. Es wird sich zeigen, in welchem Zeitraum sich das alles verwirklichen lässt, aber wir sind da ganz stark am arbeiten.

PACK: Vielleicht das zentrale Unterfangen der nächsten Jahre ist die Umwandlung der Uni Lübeck zu einer Stiftungsuniversität. Wie ist die Studierendenvertretung in diesen Umwandlungsprozess involviert?

Maren: Der Prozess findet ja nun schon relativ lange statt und ich finde das sehr gut, dass alle Statusgruppen, auch wir als Studierendenschaft, wirklich mit dabei waren. Wir wurden gleich am Anfang gefragt, was wir von der Idee halten und auch was uns wichtig wäre. Im Koalitionsvertrag steht auch: Wenn die Stiftungsuni kommt, müssen alle Statusgruppen zustimmen. Wir haben also in diesen Verhandlungen eine sehr starke Postion und verhalten uns auch dementsprechend.

Es gibt nun einen ersten, öffentlichen Gesetzentwurf zur Stiftungsuniversität. Über den wird nun diskutiert und bis zum 20. Dezember müssen wir dazu in einer Anhörung Stellung nehmen.

Rahel: Zusätzlich gibt es noch einen Lenkungsausschuss, die sogenannte Nielsen-Kommision, in der alle Statusgruppen vertreten sind. Das hat für die Studierendenschaft Georg Engelbart gemacht, den ich vertrete, solange er im Ausland ist. Dort wurden dann die verschiedenen Meinungen der Statusgruppen ausgetauscht und ein gemeinsames Konzept entwickelt, das dann mit der Landesregierung und dem Finanzministerium ausgearbeitet wurde. Das Ergebnis ist jetzt dieser Gesetzesentwurf.

Ein erster entwurf des Gesetzes liegt vor, jetzt wird diskutiert.

Ein erster entwurf des Gesetzes liegt vor, jetzt wird diskutiert. [media-credit id=14 align="aligncenter" width="645"]

PACK: Neben dem Stiftungsgesetz, welches mit dem Land verhandelt wird, gibt es eine sogenannte Zuwendungsrichtlinie. Was ist das?

Maren: Dabei geht es darum, dass, wenn die Uni Lübeck eine Stiftungsuni wird, Spendengelder akquiriert werden sollen. Dies ist ein sensibles Thema. Es ist ja nicht immer gut, wenn man Geld kriegt, man sieht das an Stiftungsunis wie Frankfurt, wo es durchaus Vorwürfe gab, dass da Mauscheleien laufen, dass da gezielt die Forschung durch Spenden beeinflusst wurde. Solchen Vorwürfen will man an der Uni Lübeck sehr früh entgegenwirken, schon in der gesetzgebenden Phase, bevor die Stiftungsuni gegründet ist. Man hat sich also überlegt: Welche Regeln kann sich eine Stiftungsuni geben, um die Spendenakquirierung möglichst transparent zu gestalten und nach klaren Kriterien zu entscheiden, welche Gelder man annehmen kann und welche nicht.

Auch hier konnten wieder alle Statusgruppen benennen, was sie in der Richtlinie finden möchten, und die Studierendenschaft hat sich da sehr aktiv beteiligt, weil uns dieses Thema sehr wichtig ist. Erfreulicherweise wurde fast alles aufgenommen. Das Präsidium ist glaube ich in dieser Frage sehr offen, weil sie auch Angst haben, dass es zu solchen Vorwürfen wie in Frankfurt kommen könnten und dies Stifter und Stifterinnen abschrecken könnte.

Momentan wird sogar überlegt, ob man diese Richtlinie nicht sogar auf sämtliche Drittmittel ausweiten kann, aber da ist noch nichts in trockenen Tüchern. Wir halten das für eine sehr gute Idee und es wäre, sollte es so kommen, wohl die fortschrittlichste Richtlinie in diesem Bereich in Deutschland. Drittmittel sind momentan in Deutschland leider sehr intransparent. Aus Kiel kennen wir da ganz viele Fälle, in denen der AStA anfragt, ob ein Projekt drittmittelgefördert ist oder wer die Förderung stellt, wo einfach keine Antworten aus den Instituten kommen. Sollte es also eine solche Richtlinie geben, wäre das toll.

PACK: Was sind die konkreten Wünsche der Studierenden für diese Richtlinie?

Maren: Es soll eine paritätisch besetzte Kommission geben, die dann bei Summen über 20.000 Euro prüft, ob dies der Richtlinie entspricht. Zudem kann jedes Mitglied der Universität diese Kommission anrufen und darum bitten, etwas nochmal zu prüfen, wenn ihm oder ihr etwas komisch vorkommt. Dann muss diese Kommission Auskunft geben. Derzeit ist das alles in der Entwurfsphase aber wir hoffen, dass in strittigen Fällen, in denen nicht klar ist, ob Spenden angenommen werden oder nicht, die Kommission entscheidet und nicht das Präsidium der Universität.

PACK: Und nach welchen Maßstäben würde die Kommission entscheiden?

Maren: Es gibt da keine Liste mit Ja-Kriterien und Nein-Kriterien. Das wird dann bei strittigen Fällen im AStA oder im StuPa diskutieren. Sicherlich gäbe es keine Einwände, wenn die Possehl-Stiftung spendet, aber anfangen könnte es – dies ist ein Beispiel aus Kiel – bei ThyssenKrupp, wo man sich überlegen muss, ob man das will. Da geht es natürlich um ethische Einschätzungen, die Frage, was der Spender sonst so macht, und woher das Geld kommt.

Rahel: Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Bewahrung von Forschung und Lehre. Es darf kein Druck entstehen, indem ein Spender sagt, dass er für sein Geld auch eine bestimmte Forschung bekommen möchte. Natürlich hat diese Universität Forschungsschwerpunkte, aber innerhalb dieser müssen wir als Uni frei entscheiden können, in welchen Bereichen Forschung betrieben wird.

PACK: Und was stünde, ginge es nach dem Willen das AStA, im Stiftungsgesetz?

Maren: Ersteinmal sollten in allen Gremien, die irgendetwas entscheiden, Studierende in einer Viertelparität vertreten sein. Das steht auch fast drin. Es wird ein neues, wichtiges Gremium mit sehr weitreichenden Kompetenzen geben: Den Stiftungsrat. Am Anfang waren wir demgegenüber sehr skeptisch, weil dieser Rat an anderen Stiftungsuniversitäten einfach durch Externe, die nur auf wirtschaftliche Gesichtspunkte prüfen, besetzt wird. In Schleswig-Holstein soll dies nun so sein: Vier Mitglieder kommen direkt aus den vier Statusgruppen, vier externe Mitglieder werden durch eine paritätisch besetzte Kommission gefunden, und zudem wird ein Vertreter der Stifter in diesem Rat sitzen. Damit ist so etwas wie eine Parität in dem Gremium, in dem wirklich entschieden wird, fast erreicht und das ist schon toll.

PACK: Parallel tut sich einiges am UKSH. Das lange für sicher geglaubte Modell einer Public-Private-Partnership ist plötzlich gar nicht mehr so sicher. Was ist passiert?

Maren: Das ist tatsächlich ein sehr großes Thema. Schon alleine, weil es so komplex ist, ist es eines der Hauptthemen im AStA. Das beginnt mit der Frage, was ist Uni und was ist UKSH? Wo kann sich der AStA wie einmischen? Das PPP-Modell, wie es ursprünglich geplant war, lehnen wir grundsätzlich ab, aber jetzt, nach dem Regierungswechsel, sieht es etwas anders aus. Mit der kleinen Novellierung des Hochschulgesetzes kann nun das UKSH Kredite aufnehmen und ein Großteil der Finanzierung soll über diese geschehen. In Kiel sagt die Regierung nun gerne, das Modell sei nun kein PPP-Modell mehr, aber so sehen wir das nicht, es ist teilweise doch noch PPP.

Aber die große Sorge ist, ob das überhaupt finanzierbar ist. Das UKSH schreibt ja seit langem rote Zahlen und ist deswegen in der Presse. Ich war vor einigen Wochen im Finanzministerium und dort ist den Leuten auch bewusst, dass die Finanzierung sehr kritisch ist und man nicht weiß, woher die Rendite kommen soll.

Eine zweite Sorge ist, dass bei all dem Neubau die so genanten nicht medizinischen Mitarbeiter, outgesourced werden sollen. Doch wo macht man da die Grenze: Wenn ein OP nicht geputzt ist, kann man nicht operieren. Ebenso ist ein Problem, dass Kliniken, die nicht mit der Patientenversorgung direkt betraut sind, ausgelagert werden. So entsteht dann ein forschender Campus und ein Krankenversorgungs-Campus und es droht eine Entakademisierung des Studiums. Die Trennung zwischen UKSH und Uni sowie die Trennung zwischen nicht medizinischem und medizinischem Personal ist ein Problem. Ein Uniklinikum sollte eben auch vollständig in öffentlicher Hand bleiben und solche Trennungen sind ein erster Schritt in eine gefährliche Richtung.

PACK: Ich danke für das Gespräch.

Noch keine Kommentare, sei der Erste!