Tief in den Wäldern (naja, da ist ein Baum auf einer Wiese) hinter dem Campus der Uni Lübeck, in einem Herrenhaus, verborgen in einem Tresor, soll sie liegen. Sicher und Unantastbar: Die Ehrendoktorurkunde von Annette Schavan. Dort, so will es die Geschichte, welche man in den Lübecker Nachrichten, im Spiegel oder in der Frankfurter Allgemeinen nachlesen kann, liegt das bereits vom Präsident der Universität, Peter Dominiak, unterschriebene Stück Zeitgeschichte seit November 2011 und wartet. Wartet auf den Tag, an dem es frische Jahrestag-Luft schnappen kann und endlich übergeben wird.

Während es zwei mal Winterschlaf (und einen Sommerschlaf) hinter Schloss und Riegel verbrachte hat sich einiges geändert. Erst wurden anonyme Vorwürfe gegen Frau Schavan laut, dann Vorwürfe gegen die Uni Düsseldorf, welche diese zu prüfen versuchte. Frau Schavan beteuerte keine Fehler gemacht zu haben, dann vielleicht doch ein paar kleine Fehler. Die Uni Düsseldorf entschied sich, Schavan den akademischen Grad zu entziehen, Schavan entschied sich, zu klagen. Angela Merkel sprach der Ministerin ihr Vertrauen aus, Schavan kündigte. Die Urkunde liegt angeblich noch immer im Panzerschrank.

Wo das Dokument tatsächlich liegt ist dabei unwichtig. Der Panzerschrank ist das Symbol, welches das Präsidium insbesondere nutzen wollte, um dem Senat der Universität klar zu machen, dass eine Rücknahme des Entschlusses oder ein Entzug des noch nicht einmal verliehenen Titels nicht in Frage zu kommen habe. Eine Machtdemonstration, über welche der AStA sich aufregte, welcher die studentischen Vertreter im Senat aber dennoch zustimmten. Die Urkunde wird also übergeben! Oder vielleicht auch nicht? Denn die Urkunde ist fehlerhaft. Für sie bleibt nur ein Bestimmungsort: Der Papierkorb.

Warum kann die Urkunde, wo sie doch unterschrieben wurde, nicht übergeben werden? Warum wäre die Übergabe ein Fauxpas, eine Blöße, die sich die Uni niemals geben würde? Die Adressatin der Würde existiert nicht. Als Professor Dominiak die Urkunde unterschrieb, war Annette Schavan noch Ministerin und von Plagiatsvorwürfen hatte noch niemand etwas gesagt. Auf der Urkunde also wird „Dr. phil. Annette Schavan“ gewürdigt. Doch diesen akademischen Titel führt Frau Schavan nicht mehr.

Nun kämpft Frau Schavan zwar derzeit darum, diesen Titel behalten zu können, doch in der Presse zu lesende Einschätzungen räumen ihr dabei nur geringe Chancen ein. Annette Schavan ist nicht die erste, welche die Verwaltungsgerichte zu nutzen versucht, um einen verlorenen Doktorgrad zurückzugewinnen – bisher wurden die Entscheidungen der Universitäten grundsätzlich aufrechterhalten.

Die Uni Lübeck wiederum hat beschlossen, mit der Würdigung zu warten, bis das Verfahren beendet ist. Dann wird Professor Dominiak aller Wahrscheinlichkeit nach eine gänzlich neue Urkunde ausdrucken und unterschreiben müssen, Panzerschrank hin oder her.

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