Georg Männel | StudentenPACK.

Miteinander lustig samma

Für die Erstis ist es eine „absolut geile“ Woche mit vielen neuen Gesichtern, wenig Schlaf, literweise Bier und kontinuierlicher Beschallung mit einem Lied, das sie wohl nie vergessen werden. Was sich vermutlich keiner von ihnen vorstellen kann, ist: Es geht noch besser. Denn hinter den Kulissen der Vorwoche wird zwar viel gearbeitet, doch der Spaß kommt dabei nicht zu kurz.

Alles für diesen Moment

Bis letztendlich diese eine, möglichst gut organisierte Woche steht, ist eine Menge zu tun. Für die Drittsemester, die sich traditionell um Organisation und Durchführung der Vorwoche kümmern, beginnen die Planungen bereits ein halbes Jahr vorher. Noch früher geht’s für die sogenannte Kerngruppe los: Die Fünftsemester, die von der Vorwoche einfach nicht genug bekommen können und im Vorjahr durch eine besondere Portion Motivation und Engagement aufgefallen sind, tragen die Verantwortung dafür, dass die Drittsemester wirklich etwas auf die Beine stellen und dabei nicht den Spaß an der Sache verlieren oder sie über ihren Klausurvorbereitungen ganz vergessen. Sie stehen den Ersthelfern während der Vorbereitungen mit ihren Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr zur Seite, machen sich Gedanken um die Finanzierung und koordinieren, dass nicht plötzlich die AStA-Garage noch mit den Resten der letzten Party vollgestopft ist, wenn das Bier für die Stadtrallye geliefert wird. Ebenfalls nicht zu vergessen ist die Auswahl des Ersti-Lieds, die nicht nur viel Zeit – die Suche danach beginnt quasi mit der Einladung in die Kerngruppe – sondern auch einiges an Nerven kostet: Welches Lied nervt so sehr, dass man sämtliche Erstis binnen drei Minuten aus dem Mathevorkurs ins Audimax-Foyer treiben kann? Und welches Lied ist zusätzlich noch absolut partytauglich, bisher eher unbekannt, hat einen mitsingbaren Text, ein cooles Video und treibt nicht auch alle Helfer komplett in den Wahnsinn? Stundenlange Internetrecherchen, verteilt auf über ein halbes Jahr, bis dann kurz vor Beginn der Vorwoche plötzlich dieses eine Lied auftaucht, das nicht nur Soundtrack des Studienstarts, sondern auch Jahre später noch aussagekräftiger Indikator dafür wird, wie viele Studenten des jeweiligen Semesters auf einer Party anwesend sind. Denn egal, wie groß der Hass auf dieses Lied zwischendurch wird: Am Ende der Woche ist es mit so vielen Erinnerungen behaftet, dass jeder es liebt.

Doch im Vorfeld gibt es noch so einiges Handfesteres zu tun, als ein ultimativ nerviges Lied zu finden: Die Stadtrallye will geplant und der Stundenplan entworfen werden, die Ersti-Tüten brauchen möglichst viel Füllung, das Ersti-Hilfe-Heft muss aktualisiert werden und das Abendprogramm fällt auch nicht vom Himmel.

Mithelfen kann dabei jeder aus dem zu dem Zeitpunkt noch nicht ganz dritten Semester: Wer Lust hat, sich an der Organisation eines speziellen Programmpunkts oder allgemein des ganzen Rahmenprogramms zu beteiligen, trägt sich einfach bei einem der im Frühling stattfindenden Treffen auf eine E-Mail-Liste ein und ist damit ständig auf dem neusten Stand.

Jeder Helfer kann nun – abhängig von Motivation und zur Verfügung stehender Zeit – entscheiden, wie tief er in die Operation Vorwoche einsteigen möchte: Von einmaligen Aktionen wie dem Schreiben einer kurzen Vorstellung des eigenen Studiengangs über kontinuierliche Bemühungen, Sponsoren für die Ersti-Tüten zu finden, bis hin zur Koordination all dessen, was für eine Aktion wie die Stadtrallye organisiert und bedacht werden muss, ist alles dabei. Den sogenannten „Gruppenchefs“, die für die Planung der einzelnen Programmpunkte zuständig sind, steht dabei immer ein Kerngruppenmitglied als Ansprechpartner zur Verfügung, sodass die Ersthelfer ohne wegen hin- und hergeschobener Verantwortlichkeiten lange warten zu müssen, mit ihrer Arbeit fortfahren können und gleichzeitig die Kerngruppe insgesamt stets informiert ist.

Heute ein König

Die Kerngruppe, welche sich selbst auch gerne als Götter und Sklaventreiber bezeichnet, ist ab ihrer Einladung zur förmlichen Übergabe der Verantwortung permanent geistig mit dem Thema Vorwoche beschäftigt. Von Motivationsansprachen bis hin zu möglichen Strafen für Arbeitsverweigerung sollte dabei alles möglichst gut geplant sein. Dafür und damit wenigstens eine Handvoll Personen den sich Ersthelfer nennenden Ameisenhaufen überblicken und anweisen kann, steht die Kerngruppe permanent untereinander und mit den von ihnen auserwählten Veranstaltungsverantwortlichen in Kontakt. Bereits im Sommersemester davor finden etliche Treffen statt und in der heißen Phase zwei Wochen vorher trifft sie sich fast täglich.

Das Hauptaugenmerk, neben dem Überwachen der Drittsemester, liegt auf der Finanzierung und damit auf der Messe am Mittwoch. Nachdem der Antrag vom StuPa bewilligt wurde, beginnt die Jagd auf die schwarze Null. Da der Getränkeverkauf zu studentenfreundlichen Preisen nicht annähernd genug abwirft, um die Ausgaben zu decken, müssen Firmen, die einen Stand auf der Messe haben, 350 Euro bezahlen. Es gilt also schon sehr früh, Firmen anzuschreiben und auf eine Zusage zu hoffen. Außerdem ist darauf zu achten, dass die Firmen so zufrieden wie möglich sind und im nächsten Jahr wiederkommen. Neben den Firmen müssen auch studentische Gruppen bedacht werden, die in ihrer Kommunikation und Organisation manchmal etwas schludrig sind, sodass auch noch am Tag vorher Leute um Plätze auf der Messe bitten. Als Dank für die Bemühungen, den Standinhabern möglichst alles Benötigte zur Verfügung zu stellen und ihnen darüber hinaus die Zeit mit Marzipan zu versüßen, erhält man aber auch mal eine Einladung zum 50-jährigen Jubiläum der Burschenschaften.

Das insgesamt sehr arbeitsintensive Leben der Kerngruppenmitglieder wird in der Vorwoche außer mit dem Privileg, königlich auf dem roten Sessel zu thronen, zusätzlich mit viel Bier und wenig Schlaf vergütet. So wenig Schlaf, dass ein Teil es nachmittags nicht einmal mehr ins eigene Bett schafft und stattdessen ein Nickerchen im AStA hält, um zu neuen Kräften zu gelangen. Die benötigt man nämlich, um Ruhm und Ehre zu erlangen und den Erstis eine unvergessliche Vorwoche zu bescheren.

Annika Munko | StudentenPACK.

Nicht immer, aber immer öfter

Zeit für das Besondere

Bei der Planung der Aktionen geht es natürlich nicht nur darum, irgendein Programm auf die Beine zu stellen, nein: Es soll möglichst perfekt und außergewöhnlich sein. Daran arbeiten alle Beteiligten mit einer Einsatzbereitschaft, als ginge es um die eigene Geburtstagsparty.

Details wie die Tatsache, dass die Stadtrallye am Dom beginnt und endet, werden unter die Lupe genommen und werfen eventuelle Probleme auf, an die man im ersten Moment nicht unbedingt denkt: Die Idee, dass die Polizei darüber informiert sein sollte, dass am Tag der Stadtrallye dutzendweise seltsam gekleidete und angeheiterte Studenten durch die Innenstadt ziehen, liegt noch nah, aber wer denkt daran, dass im Dom an einem Samstag im Oktober durchaus Hochzeiten oder Taufen stattfinden könnten und das an speziell diesem Tag eher ungünstig wäre? Auch die Getränkebeschaffung ist nicht „mal eben so“ zu erledigen: Die im Verlauf der Rallye ausgeschenkten 153 Liter Sangria mussten schon im Juli gekauft und abgeholt werden, bevor der Sangria aus dem Sortiment genommen wurde. Dieses Problem gibt es bei Bier bekanntermaßen eher nicht, trotzdem erfordert allein schon die benötigte Menge gewisse Planungen: 440 Sixer (= mehr als 1300l) kann man im Supermarkt nicht spontan mitnehmen. Und Bier in Sixern hat zwar super Flugeigenschaften, doch damit diese ausgenutzt werden können, braucht es eine aus vielen Händen bestehende Kette, die bis zu einem der Autos reicht. Im Auto ist dann selbstverständlich noch nicht Endstation, denn für die Stadtrallye wird das Bier an die in der gesamten Innenstadt verteilten Stationen geliefert. Am Ende des Tages sammeln die tapferen, den ganzen Tag nüchternen (!) Fahrer Restbier und Leergut wieder ein und bringen beides zum AStA, wo die vollen Flaschen auf ihren Abstecher zu den Flunky-Ball-Turnieren beim Grillen & Chillen und die leeren auf den Abtransport zum Supermarkt warten. Die Pfandrückgabe an sich ist auch nochmal eine lustige Aktion: Wie die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, arbeitet der Pfandautomat bei Real etwas schneller als der bei Aldi, sodass die Wahl des Supermarktes leicht fällt. Dennoch bleibt der Aufwand der gleiche: Jede einzelne Flasche muss in den Pfandautomaten gesteckt werden, was bei etwa 1200 Flaschen durchaus ein paar Stunden in Anspruch nehmen kann.

Vor den Großbestellungen wurde das Bier dieses Jahr übrigens vom Orga-Team ausgiebig getestet und allen auf der Stadtrallye gehörten Vorwürfen zum Trotz nicht nur nach dem Preis ausgewählt: Der Geschmack und das Verletzungsrisiko durch Glasflaschen spielten bei der Entscheidung ebenfalls eine Rolle.

Weitere zeitintensive Vorbereitungen sind beispielsweise die Suche nach der passenden Location und DJs für die Party am Donnerstag, die Wahl des Films für den Kino-Abend und die Entwicklung eines Stundenplans für die Mediziner, der es den Dozenten der im ersten Studienjahr relevanten Fächer erlaubt, ein bisschen für Bücher und das Fach an sich zu werben.

Die Überarbeitung des Ersti-Hilfe-Heftes erfordert ebenfalls einiges an Überblick und rechtzeitiger Organisation: Viele für Studenten interessante Gruppen müssen nicht nur einmal dazu aufgerufen werden, einen Artikel zu verfassen, sondern brauchen mehrmalige Erinnerungen, bestenfalls noch vor Beginn der Klausurenphase des Sommersemesters. Doch trotz aller frühzeitigen Bemühungen wird das Ersti-Hilfe-Heft letztendlich in einer Nacht gebaut: Die tatsächlich irgendwann eingehenden Artikel entsprechen meist in irgendeinem Punkt nicht den Anforderungen, was diverse Änderungen – warum sollte man eine vorgegebene Zeichenzahl einhalten und was ist eigentlich Rechtschreibung? – notwendig macht. Und auch damit ist es noch nicht getan: Layout, Satz und die Überwachung des Druckens folgen, bevor endlich das Resultat auf dem Tisch liegt und über die Ersti-Tüten verteilt werden kann.

Auch die Füllung der Ersti-Tüten ist hier erwähnenswert: Heimlich, still und von den meisten Nichtbeteiligten unbemerkt werden bereits Monate vor der Vorwoche dutzende Mails oder Briefe geschrieben, Telefonate geführt und die Vorteile einer für Studenten brauchbaren Sachspende erläutert. Hartnäckigkeit und viel Geduld in Warteschleifen sind nötig, um überhaupt an den richtigen Ansprechpartner zu geraten, der nach Murphys Gesetz wahrscheinlich gerade im Urlaub ist. Bis zum zwei Wochen später stattfindenden Gespräch mit dem Entscheidungsbefugten ist aus der begeisterten dreiminütigen Vorstellung der Ersti-Tüten dann eine Drei-Satz-Präsentation geworden, was aber nichts am Resultat ändert: Viele überregionale und die meisten Lübecker Firmen und Geschäfte stehen der Möglichkeit, in der Ersti-Tüte für sich zu werben, sehr positiv gegenüber, sodass sich der Sitzungsraum des AStAs Mitte September in ein riesiges Lager mit Kartons voller Müsliriegel, Kondome, Gutscheine und Informationsbroschüren verwandelt. Doch nicht alles, was einem angeboten wird, landet letztendlich auch in den Tüten: Mal versucht eine Apotheke, leere Bonbondosen loszuwerden, mal bietet ein Copyshop insgesamt 50 Gratis-Kopien für alle 630 Studienanfänger zusammen an und ein anderes Mal folgt auf die Zusage eines Schuhgeschäfts ein Haufen jahrzehntealt aussehender, original verstaubter Fußmessschalen bis Schuhgröße 27.

Für gute Unterhaltung ist also gesorgt und auch wenn zeitweise so wenig neue Zusagen eintreffen, dass es absolut unmöglich erscheint, alle Tüten zufriedenstellend zu füllen: Die Mühe lohnt sich. Nicht nur, weil am Ende ein Meer von blauen Tüten beweist, was man auf die Beine gestellt hat, sondern auch, weil die Tütenpackerei den Helfern Erlebnisse beschert, die sie sonst nie gehabt hätten. Wer kann schon von sich behaupten, mit 600 Müsliriegeln im Bus quer durch die Stadt gefahren zu sein? So etwas bleibt hängen, ebenso wie die riesige Gemeinschaftsaktion, bei der an einem sonnigen Nachmittag im und vor dem AStA die Tüten gepackt werden: Viele, viele Ersthelfer, die wie am Fließband Tüten herumreichen und immer wieder das gleiche hineinwerfen, bis der Karton leer ist und ein neuer angefangen wird. Dabei sollte der Weg der Tüten von einer Packstation zur nächsten klar definiert sein, Mediziner- und MINTler-Tüten müssen abgezählt und getrennt werden und ganz zum Schluss findet sich bestimmt noch irgendetwas wichtiges, was in all dem Gewusel vergessen wurde und nachträglich in jede einzelne Tüte gesteckt werden muss. Aber das macht ja nichts: Der nächste Tag ist auch noch ein Tag und die Aussicht auf übrigbleibende Traubenzuckerlollis, Douglas- oder Biergutscheine ein zusätzlicher Anreiz wiederzukommen.

Georg Männel | StudentenPACK.

Genuss für Leib & Seele

Vorwoche – Das Leben ist schön

Dann ist es plötzlich so weit: Montagmorgen, acht Uhr, mehr oder weniger mitten in den Semesterferien: Rund 40 Ersthelfer treffen sich im AStA, gut gelaunt und freiwillig.

Neugier und die Bereitschaft, wirklich mitanzupacken liegen in der Luft, und obwohl abgesehen von der Kerngruppe niemand einen Plan hat, was passieren muss, sind nach der Verteilung der Ersthelfer-Shirts alle hoch motiviert dabei, irgendetwas zu tun: Tische aufstellen, Tüten hin- und hertragen, Schilder aufhängen – der Countdown zum ersten offiziellen Kontakt mit der bisher unbekannten Spezies „nüchterner Ersti“ läuft und beflügelt ungemein. Mit „BFB! BFB!“ im Ohr erwarten die Ersthelfer die busweise Ankunft der Erstis, die natürlich zeitgleich von der Begrüßungsveranstaltung in St. Petri aufbrechen und damit auch mehr oder weniger gleichzeitig in der Uni eintrudeln. Um diesen Ansturm in den Griff zu bekommen, hat jeder seine Aufgabe: Da stehen Einweiser vor dem Vorklinikum, hinter den Check-In-Schaltern sitzen für einen Studiengang zuständige Teams mit Namenslisten und im hinter der Front wuseln all die herum, die T-Shirts oder Tüten anreichen.

Besonders faszinierend daran ist, dass keiner herumlaufen und Anweisungen geben muss, wer was zu tun hat: Irgendwie findet sich das alles von alleine.

Nach dem Check-In zerstreut sich der rote Schwarm allmählich: Ein Teil baut alles wieder ab, ein anderer macht sich schon wieder bereit, im Mathevorkurs Victoria Justice anzustellen oder nur mit den Medizin-Erstis die Vorwoche zu eröffnen und der Rest geht erstmal zum Essen in den AStA. Denn fleißige Helfer brauchen nicht nur Bier, sondern auch eine handfeste Grundlage dafür.

Um zu gewährleisten, dass diese trotz des eventuell spärlich ausfallenden Frühstücks – weil zum Brotkaufen einfach keine Zeit blieb – vorhanden war, gab es einen ausgefeilten Essensplan und täglich andere Freiwillige, die für die etwa 20 im AStA anwesenden Personen kochten. Dennoch mussten einige Stundenplaner hungern beziehungsweise auf die Mensa ausweichen: Das morgendliche Abschätzen, wie viele Esser mittags unabhängig davon, ob sie sich auf die Liste eingetragen haben oder nicht, da sind, funktioniert offensichtlich nicht, wenn etliche Ersthelfer zum Ende der Woche hin erst ihren Rausch ausschlafen und dann gegen halb zwölf in den AStA kommen. Irgendwann am Nachmittag, wenn jeder nach eigenem Empfinden genug getan hat oder einfach keine Arbeit mehr findet, geht es nochmal kurz nach Hause, bevor zum Abendprogramm die meisten wiederkommen. „13 Semester“ und viele Erstis mit Fragen wie „Du studierst doch Medizin, kannst du mir sagen, wann ich mit der Doktorarbeit anfangen sollte?“ sind durchaus unterhaltsam, zumal am Montag von Kater und Erschöpfung noch nicht die Rede sein kann.

Prinzipiell genauso wie der erste Tag läuft auch der Rest der Woche ab: Morgens findet eine im Laufe der Woche immer schlechter besuchte Vorbesprechung im AStA statt, an die sich ein wechselndes, nur wenig Leerlauf lassendes Programm anschließt.

Vor der Messe beispielsweise muss nicht nur das Audimax-Foyer den Stehtisch- und Stellwand-Wünschen der Firmen entsprechend hergerichtet werden, sondern auch die Brötchen für Erstis und Helfer wollen geschmiert werden. Brötchenschmieren – etwas ganz gewöhnliches, das in dem Ausmaß aber sicher keiner der Beteiligten so schnell vergisst: Wie oft erlebt man es, dass der Kühlschrank mit Panzertape zugeklebt ist, damit er angesichts der Mengen an Aufschnitt und –strich darin nicht von alleine wieder aufgeht? Wer hatte schon Muskelkater davon, dass er kistenweise Mett, Käse und Putenbrust über den Campus trägt? Wann bestreicht oder belegt man stundenlang 1400 halbe Brötchen, schneidet dekorative Paprikastreifen oder Zwiebelringe und hat auch noch Spaß dabei? Wer fährt Wagen mit Tabletts voller Brötchen durch die Gegend und wem fiel schon mal die überaus verantwortungsvolle Aufgabe zu, solche Mengen zu bewachen, damit sie nicht dem vorzeitigen Verzehr zum Opfer fallen?

Bei dem ganzen Trubel darf die möglichst eindrucksvolle Beschallung der Erstis in jeder Pause mit „ihrem“ Lied selbstverständlich nicht in Vergessenheit geraten. Dabei sollte Lautstärke allerdings nicht vor Qualität gehen: Dass Lautsprecher nur bis zu einer gewissen Lautstärke eine qualitativ hochwertige Musikwiedergabe erlauben, sollte gerade Naturwissenschaftlern eigentlich hinreichend bekannt sein, trotzdem waren die Boxen im Audimax oft übersteuert, sodass selbst „BFB“ nicht mehr gut klang. Auf die Motivation der Ersthelfer, alle eineinhalb Stunden aufs Neue für musikalische Pausenuntermalung zu sorgen, hatte dies allerdings keine Auswirkungen.

Ein weiteres Highlight des Vormittagsprogramms bleibt das Malen der Dekoration für die Mensa-Party am Freitag: Passend zum Motto „Die Welt geht unter – wir gehen steil“ entstand in wenigen Stunden ein für unsere doch sehr naturwissenschaftlich ausgerichtete Universität ziemlich kreatives Deko-Konzept mit etlichen maritimen Komponenten und vielen Füßen, die steil die Wand hochgehen. „An den Füßen angemalt zu werden fühlt sich richtig gut an“, sagt einer der Ersthelfer, dessen Fußabdrücke noch immer im Mensa-Foyer hängen und der ohne Angst vor Erkältungen als einer der ersten die Schuhe auszog. Als Dank dafür hält sich die Farbe nun hartnäckig in seiner Dusche.

Andere Tage erscheinen im Vergleich hierzu nahezu unspektakulär: Erstis beim Kittelkauf beraten, damit die Ärmel nicht zu kurz sind, klingt nicht wirklich spannend, doch jede Aktion ist, was man daraus macht: Die Zeit des Wartens auf den großen Ansturm kann sehr gut genutzt werden um zu beweisen, dass „Best Friend’s Brother“ ein Discofox ist oder aber um den Songtext zu lernen – den Refrain hat spätestens nach einer Stunde jeder drauf, doch an Tag zwei hapert es noch bei vielen an den Strophen.

Auch das Löschen und Saubermachen des Grills am Donnerstagmorgen gehört zum Aufgabenbereich der Ersthelfer und bietet interessante Eindrücke, was passiert, wenn von Asche bedeckte, noch immer glühende Kohle mehr oder weniger unkontrolliert mit viel Wasser übergossen wird: Dass die Windrichtung dabei eine Rolle spielt, ist sicher eine der wichtigeren Lehren, die daraus gezogen werden können.

Philip Queßeleit

Veierabend für die Kerngruppe

Hopfen und Malz erleichtern die Balz

Dem zumindest für die MINT-Erstis eher wenig abwechslungsreichen Tagesprogramm aus „BFB“ und Mathevorkurs folgt abends dann die Gelegenheit, Mathe mal vollkommen zu verdrängen und Kontakt zu Medizinern oder aber den allgegenwärtigen Ersthelfern aufzunehmen. Letztere sind zu der Zeit zwar nicht mehr zwangsläufig in roten Shirts anzutreffen, aber deswegen nicht weniger um das Wohl der Studienanfänger und besonders Studienanfängerinnen besorgt: Gerüchteweise soll es zu Auseinandersetzungen beim Kampf mehrerer Drittsemester um die Gunst einer Erstine gekommen sein, was aber von keinem der Beteiligten als Grund bestätigt wurde.

Überhaupt bot gerade das Abendprogramm dieses Jahr einiges an Pannen und unerwarteten Komplikationen: Beim Grillen & Chillen beispielsweise führte eine bildungsorientierte Konkurrenzveranstaltung in einem der Seminarräume dazu, dass die Musik bis zur Siegerehrung der Stadtrallye nur leise laufen durfte. Quasi als Entschädigung für den verhältnismäßig ruhigen Auftakt wurde die Musik danach umso lauter gedreht – was damit endete, dass die Boxen durchbrannten.

Auch bei der Planung der Kneipentour gab es bis zuletzt Probleme, sich auf die teilnehmenden Kneipen festzulegen: In letzter Sekunde landete noch der Klosterkeller auf der Liste, von dem bisher selbst höhere Semester nicht wussten, dass es ihn gibt oder wie gut er ist. Eine andere Kneipe stand zwar schon länger auf der Liste und war darüber auch informiert, hatte an dem betreffenden Abend allerdings entweder nur zufällig frisch gefüllte Lager oder aber vergessen, auch die Bedienungen über den zu erwartenden Studentenansturm in Kenntnis zu setzen. Wie auch immer: Derartige Schwierigkeiten hinter den Kulissen hatten keinerlei Einfluss auf die erhoffte Wirkung: Die Erstis die ganze Woche über betrunken und gut gelaunt, sodass selbst am Donnerstag, dem Tag, an dem normalerweise einige eine Pause einlegen, um sich für Freitag zu schonen, extrem viele im Parkhaus anzutreffen waren: Es war so voll wie noch nie, das Abendprogramm folglich ein voller Erfolg!

Caroline Müller

Abends Bit, morgens fit

In Leverkusen daheim, in Lübeck zuhause

Neben dem Ersti-Lied ständig mit dabei war in der Vorwoche noch etwas: Das Vorwochen-Maskottchen, Margarete 44. Während sie die meiste Zeit bei den MINTlern im Mathevorkurs verbrachte, wurden dieses Jahr erstmals auch die Mediziner offiziell mit ihr bekannt gemacht: Im Rahmen des allmorgendlichen Frühsports, der knallhart bis zum letzten Tag durchgezogen wurde und mit einem gewissen Alkoholpegel vom Vorabend durchaus zu einer Herausforderung werden konnte, stand unter anderem eine Buddy-Ogün-Choreografie auf dem Programm, die namensgebend für die schwarz-weiß gefleckte Schnapfuh war. Gefunden wurde sie, schmutzig und stinkend, im vergangenen Jahr am Montag der Vorwoche auf dem Weg zur Petri-Kirche neben einem Müllcontainer. Irgendwie gelang es ihr, das Mitleid der vorbeikommenden Ersthelfer zu wecken, die sie prompt mitnahmen – wenn auch wegen des Gestanks nicht im Auto, sondern an ausgestreckten Armen aus dem Fenster gehalten. Im Wagen vor eben jenen Ersthelfern fuhr übrigens zufällig Prof. Dr. Peter Dominiak, Präsident unserer Universität, über dessen Gedanken zu diesem geschichtsträchtigen Ereignis allerdings nichts bekannt ist. Seit diesem Tag ist Margarete adoptiert und bei allen Vorwochenaktionen mit dabei, wird gehegt und gepflegt und hat sogar eine eigene Facebook-Seite.

Elena Warrlich

Was dagegen?

Das einzig Wahre

Vorwoche ist gleichzusetzen mit Ausnahmezustand. Nicht nur für die Erstis, sondern auch für alle vor oder hinter den Kulissen aktiven Helfer. Der Haushalt liegt eine Woche brach, Abspülen kann durch Einfrieren ersetzt werden, da Geschirr im Gefrierfach zum Glück nicht schimmelt, und Einkaufen oder Wäsche waschen tut nur, wer vorher versäumt hat, ausreichende Vorräte anzulegen.

Denn wenn die Nächte kurz und die Tage anstrengend sind, kann die Zeit zwischen Tages- und Abendprogramm mit einer Stunde Schlaf deutlich sinnvoller genutzt werden als mit der Beschaffung neuen Joghurts.

Doch ganz egal, wen man fragt: Jeder, der eine Woche lang öfter im AStA als zuhause war, mehr Flaschen Flens getrunken als Stunden geschlafen hat und unglaublich viel Energie in die Organisation der Vorwoche gesteckt hat, würde es wieder tun. Die Stimmung im AStA und das Gefühl, gemeinsam etwas ganz Großes auf die Beine zu stellen, sind unglaublich toll und eindeutig besser als nur eine weitere freie Woche.

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