Frederike Sannmann | StudentenPACK.

Plakatwerbung zur Wahl in Schleswig-Holstein.

Der Jüngste ist gerade einmal 23 Jahre alt, die Älteste dagegen bereits 62. Die Politiker, die zur diesjährigen Landtagswahl in Schleswig-Holstein als Spitzenkandidaten für ihre Parteien ins Rennen geschickt werden, könnten kaum unterschiedlicher sein. Sie alle haben die Landespolitik zu ihrem Beruf gemacht, doch wer sind die Kandidaten wirklich? Was sind ihre Beweggründe, ihre Überzeugung, die sie dazu bringt, für die Interessen ihrer Partei in Kiel zu kämpfen? Und was hat sie überhaupt dazu gebracht, sich politisch zu engagieren? Wir haben für euch nachgefragt.

Jost de Jager – CDU

Als heißeste Anwärter auf das Amt des Ministerpräsidenten gelten wohl die beiden Spitzenkandidaten von CDU und SPD, Jost de Jager und Torsten Albig. Der 52-jährige gebürtige Rendsburger Jost de Jager ist schon in frühester Jungend mit Politik in Berührung gekommen. „Ich komme aus einer sehr politischen Familie, bei uns wurde immer viel diskutiert. Ich bin dann auf dem Gymnasium schnell Schülersprecher geworden“, verrät er dem StudentenPACK und so war es für ihn nur konsequent, dass er bereits mit 16 Jahren ist der Jungen Union beitrat. Der Wunsch nach politischem Engagement und Verantwortung, haben ihn damals dazu bewegt. Politik war für den jungen de Jager nur ein Hobby. Doch warum fiel seine Wahl ausgerechnet auf die CDU? Nach eigenen Angaben waren es wohl die „christlichen Grundsätze“, die ihn letztlich überzeugt hatten.

Vom einfachen Parteimitglied führte der Weg de Jagers zuerst über ein Studium der Fächer Geschichte, Anglistik und Politologie. Doch bereits während seines Studiums stieg er zum stellvertretenden Vorsitzenden des CDU-Kreisverbandes Rendsburg-Eckernförde auf. 1996 folgte der Einzug in den Kieler Landtag. Bundesambitionen, so de Jager, habe er nicht: „Ich fühle mich sehr wohl in der Landespolitik, da man viel dichter an den Themen dran ist. Man ist auch unmittelbarer mit den Auswirkungen seiner Politik konfrontiert.“

Neun Jahre später, 2005, wurde Jost de Jager Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr in Schleswig-Holstein, in diese Zeit fällt die Diskussion um die Zusammenlegung der Universitäten Schleswig-Holstein, gegen die in Lübeck 2005 mit dem Slogan „Lübeck kämpft für seine Uni“ demonstriert wird. Die Zusammenlegung fand nicht statt doch de Jagers Karriere tat dies keinen Abbruch. Im Jahr 2009 wird er sogar Minister der schwarz-gelben Koalition unter Carstensen für das Wissenschaftsministerium. 2010 dann erneut Konflikte mit der Universität zu Lübeck, und erneut die gelben Schilder mit dem Slogan „Lübeck kämpft für seine Uni“ Auch diesmal blieb bekanntlich die Uni erhalten und de Jagers Karriere machte einen weiteren Sprung.

Der bisherige Höhepunkt seiner politischen Karriere folgte für de Jager im November 2011. Nachdem Christian von Boetticher als Landesvorsitzender der CDU aufgrund eines Sex-Skandals zurück trat, übernahm Jost de Jager dieses Amt und wurde zum Spitzenkandidaten der CDU. Nun kämpft er um das Amt des Ministerpräsidenten, um somit seine Heimat, Schleswig-Holstein, „gestalten und voranbringen“ zu können. Doch trotz dieser Bilderbuchkarriere, die Jost de Jager vorzuweisen hat, ist es für ihn stets von oberster Priorität, sich und seiner Heimat treu zu bleiben. Denn schließlich ist es unser Bundesland, zu dem sich de Jager zugehörig findet und das er liebt.

Torsten Albig – SPD

Der ärgste Konkurrent von Jost de Jager im Kampf um das Ministerpräsidentenamt heißt Torsten Albig, Spitzenkandidat der SPD. Auch für ihn war das Bedürfnis, sich zu engagieren und etwas zu verändern, der ausschlaggebende Punkt, um schon in seiner Jugend einer Partei beizutreten. Mit nur 19 Jahren fiel Albigs Wahl damals auf die SPD. Verantwortlich dafür war kein Geringerer als Helmut Kohl. Damals löste dieser Helmut Schmidt als Bundeskanzler ab: „Es war die Zeit des Bruchs der sozial-liberalen Koalition in Bonn. Helmut Schmidt ging, Helmut Kohl kam. Das hat mich bewegt. Ich wollte nicht mehr einfach nur zusehen, wollte etwas verändern und mich engagieren.“ Grund genug für Torsten Albig, um nicht länger dazusitzen und zuzusehen, sondern um zu handeln und „Position zu beziehen“.

Doch ganz so geradlinig durch die Kreispolitik bis hin zur Landespolitik Schleswig-Holsteins – wie im Fall von Jost de Jager – führte Albigs Weg nicht. „Ich bin kein Typ, der an irgendwelchen Gitterstäben rüttelt und ‚Ich will hier rein‘ ruft“, erklärt er, „Mein Leben und auch meine berufliche Entwicklung haben sich eher durch Momente des Zufalls verändert. Oft haben sich plötzlich Türen geöffnet, durch die ich dann gegangen bin.“ Einen nicht unerheblichen Teil seiner Jugend verbrachte er in Bielefeld. Dort studierte Torsten Albig Geschichte und Sozialwissenschaften, bevor er zu den Rechtswissenschaften wechselte. Während dieser Zeit war Albig Mitglied verschiedener Ortsvereine und engagierte sich lokal. Doch nach seiner Zeit in Bielefeld ging es für Torsten Albig zurück in den Norden. Unter anderem war er als stellvertretender Leiter der Landesfinanzhochschule Schleswig-Holstein in Malente tätig und auch als Stadtrat in Kiel. Seinen letzten großen politischen Erfolg konnte Albig im Jahr 2009 verbuchen. Bereits im ersten Wahldurchgang gelang ihm als neuer Oberbürgermeister der Einzug in das Kieler Rathaus. Damit löste er seine Vorgängerin von der CDU ab.

Auch wenn Torsten Albig nach eigenen Angaben nie darauf hingearbeitet hat, eines Tages Ministerpräsident von Schleswig-Holstein zu werden, hat ihn die breite Unterstützung durch seine Parteifreunde doch dazu bewogen, jetzt für dieses Amt zu kandidieren. Mit seiner Heimat fühlt er sich tief verbunden und beschreibt das Leben hier sogar als „Schatz, den es neu zu heben gilt“. Für Torsten Albig ist die Politik eine Möglichkeit für seine Visionen zu kämpfen. Dafür nimmt er es auch in Kauf, seinen Urlaub zu opfern, denn als Kieler Oberbürgermeister muss der Spitzenkandidat der SPD für seine Wahlkampftour frei nehmen.

Robert Habeck – Bündnis 90/Die Grünen

Doch wer steht neben den potentiellen neuen Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins noch zur Wahl? Da ist zum Beispiel noch Robert Habeck, erster auf der Landesliste von Bündnis 90/Die Grünen. Habeck ist der einzige „Lübecker Jung“, der bei der Landtagswahl kandidiert. Im Gegensatz zu den übrigen kandidierenden Politikern führte Habecks Weg jedoch erst relativ spät in die Politik. Erst im Jahr 2002 – da war Habeck bereits 33 Jahre alt – trat er den Grünen bei. Zuvor engagierte er sich zwar auch schon politisch, in dem Sinne, dass er sich „um die Umstände, die [sein] Leben betreffen, gekümmert“ hat, doch eine klassische Karriere eines Politikers, kann Habeck nicht vorweisen.

Im Jahr 1991 begann Robert Habeck ein Studium der Fächer Philosophie, Germanistik und Philologie. Im Jahr 2000 erwarb er sogar einen Doktor in Philosophie. Hauptberuflich arbeitet Robert Habeck heute als freier Schriftsteller – sowohl an Büchern, wie auch an Theaterstücken. Doch wann und wo war da noch Platz für Politik? In gewisser Weise ist Robert Habeck der „etwas andere Politiker“. Nach dem Parteieintritt 2002 wurde er noch im selben Jahr Kreisvorsitzender in Schleswig-Flensburg. Zwei Jahre später folgte dann der Aufstieg zum Landesvorsitzenden. Bis hierher sieht noch alles nach einer relativ klassischen Politikerkarriere aus. Doch 2006 weist genau diese einen deutlichen Knick auf. Habeck kandidierte für den Bundesvorstand und scheiterte. „Ich habe damals gedacht, ich mach es wie immer: Ich stell mich hin, stell mich vor, rocke den Saal und danach wählen mich die Leute. Ich habe mich vorgestellt und eine gute Rede gehalten, aber man hat einen anderen gewählt.“ Diese Erfahrung sollte Habeck nachhaltig beeinflussen. Als er 2008 die Chance bekam, als Nachfolger von Reinhard Bütikofer doch noch das Amt des Bundesvorsitzenden der Grünen zu übernehmen, lehnte Habeck. Begründung: Er wollte er selbst sein, Zeit für seine Familie haben und nicht nur permanent „ganz viele Kinken“ putzen. „Ich war nicht bereit, so viel Zeit und Nerven zu investieren, um dieses Spiel mitzuspielen, und meine Familie, als die Kinder noch sehr klein waren, allein zu lassen. Es ging eben nicht mit minimalem Zeitaufwand und den maximalen Zeitaufwand wollte ich nicht leisten, weil mir meine Familie mehr bedeutet als der scheinbar ach so große Bundesvorsitz.“

Stattdessen hat Robert Habeck nun seinen Platz in Schleswig-Holstein gefunden. Zwar lässt er nach eigenen Angaben die Zukunft immer noch auf sich zukommen und „plan[t] das überhaupt nicht“, doch über eines ist sich Habeck im Klaren: Er kandidiert, „um in Schleswig-Holstein Verantwortung zu übernehmen“.

Antje Jansen – Die Linke

Auch Antje Jansen, Mitglied der Partei Die Linke, geht bei der diesjährigen Landtagswahl in Schleswig-Holstein als Spitzenkandidatin ins Rennen. Doch neben all den anderen Kandidaten ist ihre Karriere wohl die verschlungenste. Alles begann im Jahr 1990 bei den Grünen, denn Antje Jansen war ganze elf Jahre lang Mitglied dieser Partei. Von dem Kreisvorstand führte ihr Weg in den Landesvorstand. Bis 1997 übernahm Jansen die Aufgabe der Landesvorsitzenden und vertrat die Grünen sogar noch bis 2001 als Fraktionsvorsitzende in der Lübecker Bürgerschaft.

Damals, im Jahr 1990 als Antje Jansen den Grünen betrat, überzeugte die gelernte Erzieherin die starke „Basisdemokratie“ der Grünen. Jansen strebte danach, „alternative Politik zu machen“. Die Grünen boten ihr damals eine Plattform dafür. Jansen setzte sich für die Gleichstellung der Frauen, den Kampf gegen Atomkraftwerke und ganz besonders den Kampf gegen Krieg ein. Doch gerade letzterer Punkt war am Ende dafür ausschlaggebend, dass Jansen im Jahr 2001 wieder bei den Grünen ausgetreten ist. Ihre Überzeugung, den Afghanistankrieg, der von der damaligen rot-grünen Regierung beschlossen wurde, nicht zu unterstützen, ließ ihr keine andere Alternative offen. „Den Afghanistanbeschluss [konnte ich] nicht akzeptieren“.

Als fortbestehendes Mitglied der Lübecker Bürgerschaft, war Jansen für einige Jahre parteilos, arbeitete jedoch in den folgenden Jahren zeitweise mit der PDS zusammen. Und schließlich, im Jahr 2005, trat Antje Jansen der PDS bei. Laut Antje Jansen waren die Sozialpolitik und „dass Oskar Lafontaine bei den Linken mitgemacht hat“ die Gründe, die sie letztlich zu diesem Schritt bewogen haben.

Insgesamt hat Jansen in ihrer politischen Karriere bereits schon viel erlebt. Selbst einen Ausflug in die Bundespolitik im Jahr 2002 kann sie verbuchen. Doch noch einmal würde sie diesen Schritt nicht machen. Für Jansen, die nun bereits seit vielen Jahren in der Lübecker Bürgerschaft vertreten ist und 2009 ihren Weg in den Kieler Landtag gefunden hat, gibt es auch in diesem Jahr nur ein Ziel: den Einzug in den Landtag.

Torge Schmidt – Die Piraten

Sie ist der neue „Shooting-Star“ am politischen Parteien-Himmel: die Piratenpartei. Auch in Schleswig-Holstein setzt sie gerade ihren Siegeszug durch Deutschlands politische Landschaft fort. Ihr Erstplatzierter der Landesliste: Torge Schmidt. Der 23-jähre ist der mit Abstand jüngste unter den zahlreichen Spitzenkandidaten. Erst seit 2009 ist er überhaupt Mitglied der Piratenpartei, andererseits, für die junge Partei ist das eine lange Zeit. Aber wie wird man überhaupt „Pirat“?

Wie für viele seiner Parteimitglieder, gab auch für Torge Schmidt das Streitthema „Vorratsdatenspeicherung” den entscheidenden Ausschlag zum Eintritt in die Piratenpartei. Der Student der Wirtschaftsinformatik hat durch dieses Thema erst angefangen sich mit der Politik zu beschäftigen. Handeln statt meckern – das wurde für Schmidt zur Devise. Für ihn ist es von Bedeutung, dass „junge Leute in die Politik gehen“ und somit „alle Generationen der Gesellschaft“ im Landtag vertreten sind. Doch wie sähe es aus mit einer anderen Partei? Das kam für Schmidt allerdings nie in Frage. Gerade weil die Piratenpartei noch so neu war, es noch „viele Möglichkeiten der Mitgestaltung“ gab und die Piraten jederzeit offen für neue Vorschläge waren, war sie für Schmidt die ideale Möglichkeit um sich und seine Vorstellungen einzubringen. Und das mit Erfolg.

Bereits bei der letzten Landtagswahl in Schleswig-Holstein kandidierte Torge Schmidt als Direktkandidat in seinem Wahlkreis. Die Wahl in den Parteivorstand folge ein Jahr später. Und heute ist Schmidt Spitzenkandidat der Piraten in Schleswig-Holstein. Doch das Engagement hat auch seinen Preis. Hobbies? „Für Hobbys bleibt derzeit leider kaum Zeit.“ Studium? „Das Fernstudium ruht im Moment, da ich das sehr flexibel gestalten kann.“ Job? „Derzeit bin ich für zwei Monate von meiner Arbeitsstelle unbezahlt beurlaubt.“ Doch wenn Schmidt den geplanten Einzug in den Kieler Landtag schafft, hofft er das Studium in den nächsten fünf Jahren zu beenden.

Wolfgang Kubicki – FDP

Fehlt als letzter im Bunde noch Wolfgang Kubicki von der FDP. Der gebürtige Braunschweiger ist eigentlich studierter Volkswirt. Doch noch bevor Kubicki als Unternehmens- und Steuerberater arbeitete, trat er bereits 1971 – mit gerade einmal 19 Jahren – der FDP bei. Schon während seines Studiums engagierte er sich für „die Gelben“, wenn auch erst im Rahmen des Liberalen Hochschulverbandes, später als Landesvorsitzender der Jungdemokraten in Schleswig-Holstein und schließlich als Mitglied des FDP-Landesvorstandes.

Für die FDP arbeitete Kubicki zeitweilig sogar als wissenschaftlicher Mitarbeiter und studierte ganz nebenbei nach dem erfolgreich abgeschlossenen VWL-Studium auch noch Rechtswissenschaften. Aus diesem Grund betrieb Wolfgang Kubicki für einige Jahre eine eigene Kanzlei – wohl gemerkt in Kooperation mit einem Ex-CDU-Abgeordneten. Doch noch bis heute ist Kubicki als Rechtsanwalt und Strafverteidiger tätig.

Eine Zeit lang verlief Wolfgang Kubickis Karriere auf der Überholspur, doch im Jahr 1993 nahm sie ein jähes Ende. Die sogenannte „Affäre um die Mülldeponie in Schönberg“, bei der es hauptsächlich um hohe Honorare und zweifelhafte Beratung ging, zwang Kubicki zum Rücktritt als Landesvorsitzender. Auch sein Mandat als Bundesvorstands-Mitglied der Liberalen gab der FDP-Politiker ab. Doch Kubickis politische Abstinenz dauerte nur drei Jahre an und bereits zur Landtagswahl 1996 feierte er sein Comeback als Fraktionsvorsitzender der FDP. Es folgte der erneute kurzzeitige Einzug in den Bundestag im Jahr 2002 und die Führung der Opposition in Schleswig-Holstein 2005. Doch warum wurde Wolfgang Kubicki, der sich so vehement an die Spitze der Schleswig-Holsteinischen FDP zurückgekämpft hatte, 2009 kein Mitglied der Landesregierung sondern „nur“ Fraktionsvorsitzender? Ganz einfach – denn nur so war es für Kubicki möglich seine Arbeit als Politiker mit der als Rechtsanwalt unter einen Hut zu bekommen. Und so kämpft er auch dieses Jahr wieder als Fraktionsvorsitzender der FDP für den Einzug seiner Partei in das Landesparlament.

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