Mona Isabell Mittelstein | StudentenPACK.

Mona im Sommer 2010 bei der Arbeit in einem Workcamp in der Nähe von Bethlehem.

Als ich den Aufruf der Redaktion las, war ich begeistert und wollte unbedingt einen Artikel zum Thema des politischen Aktivismus schreiben – welch grandiose Möglichkeit, noch mehr Menschen meine Anliegen näherzubringen, die mein Antrieb sind. Doch nun, während ich den x-ten Versuch verfasse, kommen mir mehr und mehr Zweifel. Keine Chance, meinen politischen Werdegang, meine Ideale, Forderungen und Verbitterungen in wenigen Worten darzustellen – überhaupt: Leide ich nicht an Erwähnungszwang, einen Artikel über mich selbst schreiben zu wollen?

 

Auch meine Organisation und die Begründung, warum ich gerade dort aktiv bin, in diesen Zeilen darzustellen, scheint mir nahezu unmöglich. Da gibt es eine Menge zu sagen, denn ich halte nicht viel von Lobhudelei im Sinne von „die Partei, die Partei, die hat immer Recht“; auch wenn die Partei, die ich die meine nenne, medial oft als SED-Nachfolgerin abgetan wird.

Ich bin hier in Lübeck im Vorstand der LINKEN, bin Delegierte zu den Landesparteitagen und einer der Sprecher des BAK Gerechter Frieden für Nahost. Darüber hinaus bin ich im Netzwerk Marx21 organisiert – in all dieser politischen Arbeit kann ich kein Unterdrückerpotential feststellen.

Sicher finde ich nicht alles gut und richtig, doch die LINKE ist sehr vielseitig: Es gibt – ja genau – Genossen, die phantastische Arbeit leisten, ebenso wie solche, für deren Arbeit ich nichts übrig habe, mich teilweise sogar schäme, mit ihnen in der gleichen Partei zu sein.

Aber ich bin überzeugt davon, dass es viel einfacher ist, etwas zu verändern, wenn man im Rahmen der Übereinstimmung mit und in Gruppen arbeitet. Es gibt dabei immer Themen, bei denen man sich reibt und streitet, doch dadurch kann man sich weiterbilden, die eigenen Argumente schärfen oder die des Anderen als überzeugender anerkennen, ohne dabei das eigene Denken einzustellen. Das muss in der täglichen Arbeit dann aber auch praktisch umgesetzt werden.

Da dies der Fall ist und trotz innerparteilicher Differenzen eine Zusammenarbeit möglich ist, sehe ich für mich in der LINKEN die einzige nicht nur wählbare, sondern auch unterstützungswerte Alternative – es ist die einzige Partei, die sich konsequent gegen Krieg, für soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit einsetzt – alles Wortgebilde, die viel zu oft zu leeren Phrasen verkommen. Nicht aus dem Kopf heraus möchte ich mich engagieren, sondern aus dem Herzen heraus. Es ist mir ein inneres Bedürfnis mich für meine Mitmenschen einzusetzen, für andere aufzustehen. Nicht, um mich dann beruhigt für einen besseren Menschen halten zu können oder weil es eben „gut klingt“, sondern weil ich es anders gar nicht aushielte.

Das Leid in der Welt, egal ob in fernen Ländern oder hier vor Ort, zwingt mich, etwas zu tun. Es reicht nicht aus, heuchlerisch ein paar Euro an irgendwelche Organisationen zu überweisen – ich muss selbst aktiv werden, mir vor Ort ein Bild von der Situation machen und mit anpacken. So bin ich in den letzten beiden Sommersemestern nach Israel und Palästina gefahren: Ich habe miterlebt, gesehen, gehört – habe das Leben dort geschmeckt und in Teilen dokumentiert.

Während meiner anschließenden Kampagne zur Befreiung dreier palästinensischen politischen Gefangenen aus Ni’lin habe ich viel Unterstützung und Rückhalt durch Marx21 und die LINKE erfahren. Ich lernte es noch mehr zuschätzen, politisch organisiert zu sein.

Da nicht jeder die Möglichkeit hat, an jeden Ort zu fahren und sich mit jedem Thema – seien es die Probleme in der Bildungspolitik, die Kriege weltweit, die Situation schwangerer Häftlinge, die Abschiebelager usw. – eingehend zu beschäftigen, ist es umso wichtiger, sich zu organisieren, sich zu vernetzen, Kräfte und Informationen zu bündeln um gemeinsam stark zu sein.

Für eine gemeinsame Stärke braucht es gemeinsame und gleichberechtigte Diskussionen, es braucht ein politisches Umfeld, in dem sich jeder traut, den Mund aufzumachen, und man sich nicht erst durch jahrelange schweigende Mitgliedschaft das Wort erarbeiten muss. Bei uns ist jeder aufgerufen, sich zu beteiligen und seine Ideen und Visionen einzubringen. Durch Initiative einzelner – auch neuer – Mitglieder können ganz neue Arbeitsgruppen entstehen und weitere Gebiete erschlossen werden. Politische Arbeit bei der LINKEN beschränkt sich nicht auf Anti-Nazi-Demos und Plakate aufhängen. Wir haben zu jedem Thema etwas zu sagen, alle Interessensgebiete und Schwerpunkte sind vertreten. Gerade diese Themenvielfalt ermöglicht dann auch die oben erwähnte Meinungsvielfalt, die uns sowohl straucheln als auch wachsen lässt.

Die Wichtigkeit des „Gemeinsam“ erlebe ich als alleinsorgende Mutter tagtäglich. Ich sehe, an wie vielen Stellen es in unserer Gesellschaft Handlungsbedarf gibt und dass dies, ebenso wie die Bewältigung des oft stark erschwerten Alltages, eines Umfeldes, eines starken sozialen Netzes bedarf. Wenn Menschen mit unterschiedlichen Ideen und Stärken sich zusammen tun, ist so viel mehr möglich und Solidarität bleibt nicht nur ein Wort.

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