Es ist in Deutschland leider immer noch so: Die soziale Herkunft entscheidet nicht nur über die besuchte Schulform, sondern später auch über den Zugang zu Universitäten. Während von 100 Akademikerkindern 71 eine Hochschule besuchen, liegt die Zahl bei Kindern nichtakademischer Herkunft lediglich bei 24, obwohl knapp 50 die Hochschulreife erworben haben. Dies ergab die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks. Während Bildungsexperten diskutieren, wie sich das ändern lässt, hat sich parallel dazu die Initiative Arbeiterkind.de entwickelt, die hier kurz vorgestellt werden soll.

Die Aktion Arbeiterkind kämpft für mehr Bildungsgerechtigkeit Arbeiterkind.de

Die Aktion Arbeiterkind kämpft für mehr Bildungsgerechtigkeit

Warum studieren? Was studieren? Wie finanzieren? Einige Fragen, die ich mir persönlich das ein oder andere Mal während meiner Schulzeit gestellt habe, besonders die Frage nach der Finanzierung. Ich selbst bin nämlich „Arbeiterkind“ – mein Vater ist Kfz-Mechaniker, meine Mutter Bankkauffrau. Bis weit in die Oberstufe hinein waren mir Begriffe wie Semester, Bafög, Fachschaft oder Physikum absolut unbekannt. Trotzdem habe ich es geschafft; ich habe als Erste in meiner Familie den „Hochschuldschungel“ betreten. Ich muss dazu sagen, dass meine Eltern mich dabei – auch wenn sie mir keinen fachlichen Rat geben konnten – stets unterstützt und bestärkt haben. Dennoch kenne ich auch Freunde, die gerne studiert hätten, aber nicht auf die gleiche Art unterstützt wurden. Stattdessen entschieden sie sich lieber für eine „solide Ausbildung“; die Hochschulwelt erschien unerreichbar.

An diesem Punkt setzt Arbeiterkind.de an. In ganz Deutschland engagieren sich ehrenamtlich Studierende und Berufstätige als Mentoren und stehen insbesondere den Schülern mit Rat und Tat zur Seite, die überlegen, als Erste in der Familie einen Studienabschluss anzustreben. Hätte ich die Initiative vor meinem Studium gekannt, wäre vieles für mich sehr viel einfacher gewesen. Jeder Mentor bringt seine persönlichen Erfahrungen aus seinem Bildungsweg mit und kann diese an Ratsuchende weitergeben, sei es über die Finanzierung des Studiums, das Ausfüllen eines Bafög-Antrages, Fragen zu bestimmten Studiengängen oder zur Wohnungssuche. Damit versuchen wir die Barrieren zwischen Abitur und Hochschulzugang zu verkleinern und auch Kindern aus nichtakademischen Familien den Hochschulzugang zu ermöglichen. Aber auch während des Studiums stehen die Mentoren weiterhin zur Verfügung, sei es zu Fragen bezüglich eines Auslandsstudiums, wissenschaftlichen Arbeitens oder Bewerbungen für Praktika. Wege können kurz sein; man muss sie nur finden. Dazu gibt es die Arbeiterkind.de-Website, auf der die lokalen Gruppen in Form eines sozialen Netzwerkes organisiert sind. Jeder Mentor hat dort sein Profil, auf dem er sein Studienfach und sonstige Erfahrungen im Bereich Universitäten nennen kann, sodass er über die Suchfunktion bei Bedarf schnell gefunden werden kann.

Deutschlandweit ist die Initiative mit über 1.300 Mentoren bereits ziemlich erfolgreich und findet in der Gesellschaft viele Unterstützer. Zu den Förderern gehören u.a. die Vodafone Stiftung Deutschland, die J.P. Morgan Chase Foundation und das Bundesministerium für Bildung und Forschung. 2009 wurde Arbeiterkind.de mit dem Deutschen Engagementpreis ausgezeichnet. Wir, die Ortsgruppe Lübeck, sind noch relativ neu und unsere Hauptaufgabe ist es zurzeit Arbeiterkind.de in Lübeck bekannt zu machen. Dazu gehen wir in die Schulen und stellen dort die Initiative vor, momentan hauptsächlich in den 12. und 13. Jahrgängen; zukünftig aber auch in der Sekundarstufe I. Damit wir möglichst viele Erfahrungen bündeln können, sind wir stets auf der Suche nach neuen Studenten und Akademikern, die uns unterstützen möchten. Arbeiterkind.de bietet nicht nur die Gelegenheit seine eigenen Erfahrungen an andere weiterzugeben, sondern auch die Chance sich auf Regionaltreffen oder dem Deutschlandtreffen (was uns im Übrigen keinen Cent kostet, weil die Initiative vom Bundesbildungsfonds gesponsert wird) mit anderen auszutauschen und dadurch seinen eigenen Horizont zu erweitern. Außerdem werden regelmäßig Mentorenschulungen angeboten, sodass man Hilfesuchenden noch effizienter helfen kann.

Wir treffen uns zurzeit einmal im Monat im Cloudsters in der Braunstraße um Aktuelles und unser weiteres Vorgehen zu besprechen. Zusätzlich bieten wir jeden ersten Donnerstag im Monat von 18-19 Uhr eine Sprechstunde für Ratsuchende an. Wenn du uns also als Mentor oder in der Schul- und Öffentlichkeitsarbeit unterstützen möchtest oder einfach einen Rat brauchst, bist du bei uns jederzeit herzlich willkommen. Kontakt zu uns kannst du entweder per Mail über luebeck@arbeiterkind.de oder über die Website www.arbeiterkind.de und dann über die Ortsgruppe Lübeck aufnehmen. Dort stehen auch immer die Daten, wann wir uns genau treffen. Natürlich kannst du auch direkt persönlich zu den Arbeitstreffen vorbeischauen. Wir würden uns freuen.

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