Wer kennt das nicht? Das Wochenende steht bevor, die eigenen Pläne sind groß, doch das Budget ist klein. Eine etwas weitere Reise unternehmen, eine fremde Stadt besuchen oder einfach nur ein Wochenende im „Hotel Mama“ verbringen. Das wäre doch mal eine schöne Abwechslung vom Unialltag. Aber wie realisiert man solche Pläne am besten?

Die Reise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln

Das Fahrrad, das steht außer Frage, scheidet aus. Am sinnvollsten erscheint es daher, auf die öffentlichen Verkehrsmittel auszuweichen. Die Busse dürfen wir in Lübeck mit unserem Semesterticket immerhin kostenlos benutzen. Natürlich, mit Gepäck ist so eine Busreise nicht immer angenehm. Nicht selten stellt sich während der Fahrt, eingeklemmt zwischen einem Rollator und einem Kinderwagen, das berühmte Gefühl einer Sardine in der Büchse ein. Aber immerhin gelangt man so, vorausgesetzt man plant nicht früh morgens oder spät abends einen Bus zu nehmen, zum Lübecker Bahnhof, von wo die Reise weitergehen kann.

Doch auch eine Zugfahrt verläuft nicht immer stressfrei. Obwohl es BahnCards zu speziellen Studententarifen gibt, ist die Fahrt mit einem Zug recht teuer. Weiß man bereits im Voraus, wann man verreisen will, hat man zwar die Möglichkeit, ein günstiges Ticket über das Internet zu ergattern, doch ist dieses Kontingent meistens schnell erschöpft. Plant man eine spontane Reise anzutreten, so hat man keine Chance, noch ein Ticket zum Spartarif zu erstehen.

Weiterhin ist man in Zügen oft mit dem gleichen „Sardinenbüchsen-Problem“ konfrontiert, mit dem man schon im Bus Bekanntschaft machen durfte. Ohne Sitzplatzreservierung muss man sich zwangsläufig mit seinem Gepäck durch die engen Gänge zwängen, in der Hoffnung, irgendwo noch ein kleines freies Plätzchen zu erhaschen. Danach geht die Suche weiter, nun nach einem sicheren Platz für das eigene Gepäck. Die Ablagen über den Sitzen sind klein, in der Regel voll und für die weiblichen Reisenden nicht selten schwer zu erreichen. Die Gepäckablagen am Abteilanfang und –ende stellen da nur eine suboptimale Lösung des Gepäckproblems dar. Abgesehen davon, dass auch diese Ablagen meistens überfüllt sind, hat man während der Fahrt häufig nur einen schlechten Blick auf seine Reisetasche.

Hat man dagegen erst einmal einen guten Platz für sich und sein Gepäck gefunden, kann man sich häufig nicht entspannt zurücklehnen, sondern muss am nächsten Bahnhof schon wieder umsteigen. Und während man so an dem kalten Bahnsteig steht und wartet, dass der „in Kürze“ einfahrende Zug sich endlich zeigt, hofft, dass sich die Bahnmitarbeiter nicht zu einem neuen spontanen Streik durchgerungen haben und dass es keine wetterbedingten Zugausfälle gibt, wächst der Wunsch nach Unabhängigkeit, Freiheit und Mobilität.

Carsharing könnte die Lösung sein

Ein Auto. Das wäre definitiv eine Möglichkeit, um sich von den Unannehmlichkeiten, die die öffentlichen Verkehrsmittel mit sich bringen, zu befreien. Laut einer Studie des ADAC sind in Deutschland ganze 57 Millionen Autos zugelassen. Das bedeutet, dass mehr als acht von zehn Haushalten über ein eigenes Auto verfügen. Der „New Scientist“ hat allerdings herausgefunden, dass jedes dieser Autos pro Tag lediglich eine gute Stunde lang gebraucht wird. Die restlichen 23 Stunden des Tages bereitet es seinem Halter nur Kosten und natürlich die Freude, ein eigenes Auto in der Einfahrt stehen zu haben. Sprit, Kfz-Steuer, Versicherung, Kosten für den TÜV, kleinere Reparaturen, Reifen und nicht zuletzt auch der Wertverlust des Autos mit der Zeit, das alles führt dazu, dass von den Studenten, laut Focus-Online, nur weniger als jeder Dritte ein eigenes Auto besitzt. Die Sehnsucht nach Unabhängigkeit von den öffentlichen Verkehrsmitteln, wenigstens an einigen Tagen, besteht jedoch nach wie vor. Und so könnte das Modell des „Carsharings“ die perfekte Lösung für Studenten darstellen.

Doch was genau ist eigentlich „Carsharing“? Das Wort selbst legt ja schon einmal nahe, dass es sich um das Teilen eines Autos handelt. Im Grunde genommen trifft das die Idee von „Carsharing“ schon ganz gut. Ursprünglich wurde das Konzept entwickelt, um unsere Umwelt zu schützen und den CO2-Ausstoß zu vermindern. Das „Gemeinschaftsauto“, an einem zentralen Punkt geparkt, sollte gleich von mehreren Leuten genutzt werden und somit für zusätzliche Mobilität im Leben eines jeden sorgen. Von vielen Leuten wurde dieses Konzept allerdings als „Öko-Kram“ abgetan.

Zunehmend ist der Trend von einem Gemeinschaftsauto für mehrere Personen allerdings zu einem Auto für nur eine Person gegangen, das sich für einen kurzen Zeitraum, beispielsweise nur wenige Stunden, mieten lässt. Die Vermietung wird dabei über eine „Carsharing-Organisation“ abgewickelt. Diese unterhält die Autos, die auf zentral gelegenen Parkplätzen für die Mieter bereitstehen. Im Grunde genommen wird dabei allerdings die zunehmende Verstopfung unserer Straßen mit Autos nur noch weiter gefördert, anstatt zu einer Entlastung beizutragen.

Ein wichtiges Charakteristikum dieses klassischen „Carsharings“ ist, dass die Berechtigung, ein Auto anzumieten, mit einer Mitgliedschaft bei der entsprechenden Organisation einhergeht. Diese ist nicht selten mit einer Anmeldegebühr von 30 bis 100 € pro Fahrer verbunden. Zusätzlich fordern einige Organisationen noch einen monatlichen Beitrag (2 bis 32 €) ein. „StattAuto“, die einzige „Carsharing-Organisation“ in Lübeck, verlangt von seinen Kunden außerdem noch eine Kaution von 500 €.

Aus welchen Anteilen sich die Mietkosten für ein Auto zusammensetzen, ist abhängig von der entsprechenden Organisation. Beispielsweise zahlt man bei „stadtmobil carsharing“ und auch bei „StattAuto“ einen so genannten Zeittarif und zusätzlich noch einen Kilometertarif. Letzteren kann man quasi als „Tankpauschale“ betrachten, da die „Carsharing-Organisation“ hier die Tankkosten übernimmt. Der Zeittarif ist abhängig von dem gemieteten Auto und natürlich der Zeitspanne, über die man das Auto mietet.

Anders ist die Zahlung bei „car2go“ geregelt. Die Organisation bietet zwar ausschließlich Smarts an, dafür zahlt man allerdings auch nur für jede Minute, die man wirklich gefahren ist. Die Benzin- und Parkkosten sind inklusive, monatliche Beiträge gibt es nicht, eine Kaution muss nicht hinterlegt werden. Allerdings kann man die in Hamburg verfügbaren Smarts nur für maximal 48 Stunden mieten.

Ein Problem für uns in Lübeck stellt sicherlich unsere Abhängigkeit von „StattAuto“ dar. Ohne ortsansässige Konkurrenz bestimmt eine einzige „Carsharing-Organisation“ den Markt und bietet uns keine Möglichkeit, um den 500 € Kaution, den 100 € Anmeldegebühr und den monatlichen Beiträgen zu entkommen. Doch seit etwa einem halben Jahr beginnt sich ein ganz neues Netzwerk in ganz Deutschland aufzubauen, das uns schon bald eine Alternative bieten könnte.

Privates Carsharing als Alternative

Das Zauberwort lautet hier „privates Carsharing“. Als Vorreiter und Marktführer auf dem Gebiet gilt dabei ein kleines Unternehmen namens „tamyca“ (take my car), das erst seit August letzten Jahres existiert. Es wurde zum Teil sogar von Studenten gegründet, die sich der üblichen Probleme mit dem öffentlichen Verkehr und den klassischen „Carsharing-Organisationen“ bewusst waren. Daher haben sie das klassische Konzept überarbeitet und ein neues, attraktiveres Modell für Studenten ohne, aber auch für diejenigen unter euch mit Auto erstellt.

Die grundlegendste Änderung im Vergleich zum klassischen „Carsharing“ besteht darin, dass es keine Organisation gibt, die selbst Autos besitzt und diese ihren Kunden zur Verfügung stellt. Stattdessen ist „tamyca“ lediglich eine Internetplattform, auf der jeder Autobesitzer sich mit seinem Auto registrieren kann. Dieser kann dort individuell festlegen, wie viel es kosten soll, das betreffende Auto für vier Stunden, einen Tag und für eine Woche zu mieten. In der Regel liegen die Preise für einen Tag zwischen 10 und 50 €. Weiterhin werden die Zeiträume oder auch nur einzelne Tage festgelegt, an denen das Auto gemietet werden kann.

Gibt es einen Interessenten für ein Auto, so nimmt dieser mit dem entsprechenden Besitzer direkt Kontakt auf. Mit diesem kann abgestimmt werden, wann und wo genau das Auto abgeholt und zurückgegeben wird. Der Besitzer wird vorher über die Länge der Strecke aufgeklärt, die ein Mieter mit dem Auto beabsichtigt zu fahren. Wird diese Anzahl überschritten, muss der Mieter pro zusätzlichen Kilometer zahlen (mindestens zehn Cent). Um den Vermieter vor sämtlichen Unannehmlichkeiten zu schützen, falls es durch den Mieter zu einem Unfall kommt, greift eine spezielle Vollkaskoversicherung.

Die Kosten für den Mieter setzen sich bei „tamyca“ im Regelfall nur aus dem Mietpreis für das betreffende Auto, Geld für den verbrauchten Sprit und 7,50 € pro Tag als Gebühr für die Plattform „tamyca“ zusammen. Zwar muss man, um ein Auto vermieten oder mieten zu können, bei „tamyca“ angemeldet sein, doch ist diese Anmeldung kostenlos. Einen monatlichen Beitrag gibt es nicht, eine Kaution muss nicht hinterlegt werden.

Grund für dieses verhältnismäßig preiswerte Angebot ist, dass das Unternehmen „tamyca“ selbst mit nur sehr geringen Fixkosten konfrontiert ist. Es müssen keine neuen Autos gekauft werden, keine Parkplätze angemietet werden, keine Tankkosten für die Mieter übernommen werden. Im Prinzip zahlt jeder Mieter nur, was er auch wirklich selbst verbraucht und muss nicht für die Kosten aufkommen, die eine Organisation normalerweise auf seine Kunden umlegt. Im Allgemeinen ist der Mieter also mit deutlich geringeren Kosten konfrontiert, als wenn er bei einem der klassischen „Carsharing-Organisationen“ ein Auto mieten würde.

Einen weiteren Vorteil von „tamyca“ stellt die Verfügbarkeit von Autos dar. Obwohl die Plattform erst seit Oktober tatsächlich aktiv ist, werden bereits jetzt in großen Teilen Deutschlands viele Autos zur temporären Anmietung zur Verfügung gestellt. Sogar in Kappeln, einer Kleinstadt mit weniger als 10.000 Einwohnern, wird bereits ein Fiat zur Vermietung angeboten. Leider ist Lübeck zurzeit noch ein gänzlich unbeschriebenes Blatt, was das Angebot von Autos betrifft. Im Moment kann man nur in Kiel, Hamburg und Wismar Autos mieten.

Natürlich ist es auch eine Frage des Vertrauens, einer wildfremden Person sein Auto zu überlassen. Das sieht auch Michael Minis, Geschäftsführer der tamycaGmbH, ein. „Natürlich können wir verstehen, dass […] sich manche Menschen erst an den Gedanken, ihr Auto zu teilen, gewöhnen müssen.“ Wenn tatsächlich etwas passieren sollte, kann man sich zwar auf die Versicherung stützen, doch es fällt schwer zu glauben, dass dies gänzlich ohne Unannehmlichkeiten für den Vermieter ablaufen soll. Auch werden nicht alle Schäden an einem Auto zwangsläufig durch einen Unfall verursacht, beispielsweise eine starke Verschmutzung durch den Mieter. Doch für solch einen Fall gibt es das so genannte Rückgabeprotokoll. Dort wird die Verschmutzung erfasst und der Mieter muss für die Kosten aufkommen.

Problematisch könnte jedoch weiterhin die Koordinierung der Automietung sein. Besonders die klassischen „Carsharing-Organisationen“ schreiben sich auf ihre Fahnen, dass man nur zu ihren Fuhrparks kommen braucht, sich ein Auto aussucht und dieses via Chipkarte spontan mietet. Da gleicht der Weg über das Internet, wie es bei „tamyca“ der Fall ist, einem langen, umständlichen Umweg. Doch dabei handelt es sich ganz offensichtlich um ein Vorurteil. Wie Michael Minis betont gibt es „Fälle wo eine Anmietung innerhalb einer halben Stunde vor Fahrtantritt erfolgt“. In der Regel erfolgt die Anfrage bei einem Vermieter allerdings etwa zwei Stunden im Voraus.

Ein großer Vorteil von „tamyca“ in diesem Zusammenhang stellt zweifelsohne die völlige Unabhängigkeit des Portals von gewöhnlichen Öffnungszeiten dar. Ob am Tag oder in der Nacht, am Wochenende oder unter der Woche, ein Auto kann jederzeit abgeholt und zurückgebracht werden, sowie Vereinbarungen zwischen Mieter und Vermieter getroffen werden. In Fuhrparks werden die Pforten dagegen häufig schon um 18 Uhr in der Woche geschlossen und bleiben dies auch nicht selten das ganze Wochenende über.

Michael Minis ist überzeugt von „tamyca“ und dem Konzept: „Menschen verbinden, Ressourcen schonen und die Individualmobilität nachhaltig gestalten“. Die Gesamtanzahl der Autos auf unseren Straßen ist hoch genug, um jedem Einwohner Mobilität zu garantieren. Es kommt lediglich auf eine sinnvolle Koordinierung an, was die Verfügbarkeit der Autos betrifft. Wenn es gelingt ein dichtes Netzwerk aufzubauen, über das Gelegenheits-Autofahrer in einem quasi nachbarschaftlichen Kontakt zueinander stehen, dann, so glaubt Michael Minis, „können wir die Bedenken minimieren“.

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