Nele Reuter | StudentenPACK.

Simon Schumacher

Simon Schumacher studiert im 9. Semester Kirchenmusik an der Musikhochschule Lübeck. Er ist einer der letzten, die noch auf Diplom studieren, die kommenden Semester lernen für den Bachelor und Master of Arts. Ich habe erfahren, wie man in Lübeck „Musik studiert“:

Wie kommt man auf den Gedanken, Kirchenmusik zu studieren?

Als Kind, mit 6 Jahren habe ich begonnen, Klavier zu spielen. Nach einer längeren Musizierpause in der Jugend wurde es meinen Eltern zu bunt und ich sollte mir, das war zu Beginn der Oberstufe, ein Instrument suchen. Mein bester Kumpel aus dem Nachbarort spielte Orgel, also entschied ich mich für die Orgel!

Mit einem Pastor als Vater und einer Klavierlehrerin als Mutter blieb zum Studieren quasi nur Kirchenmusik. (Anm.: Er macht nicht den Eindruck, als wäre er dazu gezwungen worden!)

Wie war die Eignungsprüfung hier in Lübeck?

Naja, man spielt Orgel, Klavier und muss singen. Wenn man einen guten Eindruck hinterlässt, also glaubhaft macht, dass man arbeiten kann und lernen will, dann hat man gute Chancen.

Aber du hattest vorher Gesangsunterricht?

Ja, schon. Es gibt extra Vorbereitungsseminare für die Eignungsprüfung in den Ferien in denen man alles übt, also singen, ein bisschen dirigieren. Eben gerade so viel, dass es für die Aufnahme an der Hochschule reicht.

Warum Lübeck?

Schöne Stadt und schöne Orgeln! Also für mich kamen Lübeck, Heidelberg und Freiburg in Frage und es ist dann Lübeck geworden.

Wie läuft der Unterricht ab, wie kann ich mir das vorstellen?

Einmal wöchentlich haben wir Einzelunterricht, also Stücke vorspielen, daran arbeiten. Ansonsten gibt es noch Kleingruppenunterricht, also 2-5 Leute, in den Fächern Musiktheorie, Gehörbildung, Komposition und Liturgie.

Ich habe gelesen, dass ihr auch Orgelbau lernt?

Ja, ein bisschen…

Du kannst eine Orgel bauen?

Naja, ich könnte eine Orgelpfeife bauen… eine ganze Orgel ist ein Lebenswerk!

Wie gestaltet sich eine Abschlussprüfung?

Man dirigiert dann einen Chor mit bis zu 30 Leuten und ein Orchester, da kommt man dann schon mal ins Schwitzen…

In den Prüfungen kann man ja auch als Zuhörer dabei sein, wie ist das für euch Musiker, seid ihr dann nervöser?

Nein, eigentlich haben wir Spaß dabei, der schlimmste Stress ist das Organisieren vorher: die Musiker, die Proben….

Die Musiker sind Kommilitonen…?

Ja, in der Regel schon. Wir haben fast alles an der Hochschule, außer Tuba. Es kann dann schon mal sein, dass man einen Musiker von außerhalb „einkaufen“ muss.

Wie viele Prüfer sind anwesend?

In der Kommission sitzen so 3–5 Prüfer, davon ein Auswärtiger, nämlich der Landeskirchenmusikdirektor.

Gibt es eigentlich ein Wohnheim oder irgendwelche extra Wohnmöglichkeiten für euch, oder habt ihr auch Wohnungsmarktstress?

Nee, also ein Wohnheim gibt es nicht. Wir müssen Wohnungen suchen, wie alle anderen auch.

Aber üben könnt ihr ja in der Hochschule.

Ja, für uns Organisten gibt es sieben Orgeln zum Üben und viele Klaviere.

In den Lübecker Kirchen könnt ihr nicht mal üben?

Hmm, da muss man sich dann mit dem Küster und den Touristenführern streiten. Das ist eigentlich nicht so gern gesehen, außerdem ist es in den Kirchen momentan sehr kalt (das Interview fand Ende Januar statt), da hält man es nicht lange aus.

Wie ist es mit Arbeiten nebenbei?

Die Orchestermusiker haben es gut, die können nebenbei in Ensembles und bei Events in Lübeck ein bisschen Geld verdienen. Ich spiele sonntags bei Gottesdiensten und gebe außerdem Orgelunterricht. Einige von uns geben auch Klavierunterricht.

Wieviel Freizeit hast du, wie lange musst du üben?

Ohje, das darf mein Prof jetzt nicht lesen: üben sollte ich täglich schon an die fünf Stunden, am Wochenende mehr. Aber man braucht natürlich auch mal etwas Ausgleich…

Wie ist die Geschlechterverteilung bei euch?

Unterschiedlich, wir sind mehr Männer, würde sagen 70/30%.

Gibt es einen Grund?

Nicht dass ich wüsste, in anderen Jahrgängen ist es anders.

Welche Rolle spielt Religion in diesem Studium?

Für Kirchenmusik muss man, denke ich, schon Mitglied einer Kirche sein, aber es ist egal ob erzkonservativ oder eher leger. Aber ich denke, dass es auch irgendwie sinnvoll ist, wenn man weiß, wovon man singt und wenn man Kompositionen auch in religiöser Hinsicht interpretieren kann.

Wo taucht Religion im Stundenplan auf?

Wir haben den sogenannten „frommen Freitag“ mit Liturgie und Gregorianik.

Was planst du für die Zukunft?

Ist noch nicht klar, man könnte nach dem Studium direkt eine Stelle als Kirchenmusiker suchen…

…in den Gemeinden?

Ja, genau. Die inserieren in Zeitungen oder ähnliches. Weitere Berufsfelder sind Orgelkonzertmeister, Schulmusik, wobei man hier noch mal ein Aufbaustudium braucht oder man promoviert.

Oder man baut eine Orgel?

Ja, das vielleicht auch.

Gibt es in der nächsten Zeit schon feste Spieltermine, wo wir was hören dürfen?

Ja, bald auch auf meiner Homepage www.simonschumacher.de und www.kirchenmusik-luebeck.de

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