Sora Enders-Comberg

Bibliothek weiterhin in Schieflage

Im Oktober 2008 begann eine Gruppe von Medizin-Studenten des dritten Semesters eine Aktion mit dem Ziel, die Situation der Bibliothek zu verbessern. Um ihren Initiator Anton Schmick bildete sich ein Konzept, das unter dem Namen „365 Tage für die Hochschulbibliothek“ ein Jahr
mit Aktivitäten für die Verbesserung des Buch- und Zeitschriftenbestandes der Lübecker Hochschulbibliothek sowie die Schaffung besserer Lernräume innerhalb der Bibliothek umfasst. Das Konzept wurde sowohl im AStA und Studierendenparlament als auch in den Fachschaften vorgestellt, wenn auch erst kurz vor dem Start oder gar im Januar 2009.

Spannungen zwischen den Gremien und den Veranstaltern schon zu diesem Zeitpunkt sind nicht abzustreiten. Im Protokoll vom 14. Januar 2009 der Fachschaften cs|mls wird notiert, dass eine Vertreterin der Organisation zur Sitzung gekommen ist, „um die kürzlich in einem StudentenPACK-Artikel behauptete Zusammenarbeit mit den Fachschaften auch Realität werden zu lassen“. Solche organisatorischen Verwirrungen sind typisch für das gesamte Jahr, in welchem oft Aktionen angekündigt, jedoch nie durchgeführt wurden und in dem trotz ständiger Ankündigung sich regelmäßig mit AStA und StuPa – die zahlreichen Risikoübernahmen und Kostenübernahmen im Laufe des Jahres gewährten – zusammenzusetzen, selten Vertreter in den Sitzungen berichteten.

Das Konzept, wie es im Januar vorgestellt wurde, hatte zwar klar unrealistische finanzielle Ziele, klang aber ansonsten interessant. Es umfasste kulturelle Veranstaltungen und Spendenaufrufe, um einerseits auf die Situation aufmerksam zu machen, andererseits aber auch die Situation zu verbessern.

Bereits vor der ersten offiziellen Aktion Anfang Januar gab es spontane Transparente im Vorklinikum. Es wurde ein Verein gegründet und die erste Aktion für den 17. Januar angekündigt. Dort wurde das Konzept präsentiert und einige Vortragende eingeladen. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch musikalische Unterhaltung. Dass das Konzept zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wirklich feststand, konnte auch Außenstehenden kaum verborgen werden. Finanziell war die Veranstaltung kein Erfolg.

An Ideen und Engagement mangelte es die darauffolgende Zeit nicht: Die Pop-Symphonics veranstalteten ein Konzert, dessen Einnahmen an den Verein der Aktion gingen. Es gab eine Kooperation mit der Blutspendezentrale und einzelne Verkaufsaktionen vor der Mensa sowie einen Kulturabend im Rathaus. Doch auch an Chaos mangelte es nicht: Früher vorgestellte Ideen wurden fallen gelassen, etwa eine Auktion von Bildern. Auch haperte es mit der Publicity. Trotz einiger Artikel, etwa im Wochenspiegel oder den LN, wussten viele nicht genau, was die Probleme seien und wie die Gruppe sie ändern wollte.

Eine Evaluation der Bibliothekssituation und Verbesserungswünsche seitens der Studenten fand zwar im Zusammenhang mit der Lehrevaluation statt. Eine Auswertung der Ergebnisse scheint intern wohl vorgenommen worden zu sein. Zu einer Veröffentlichung der Ergebnisse sieht sich die Initiative jedoch nicht verpflichtet, noch wurden erkennbare Konsequenzen aus diesen gezogen.

Neben einer adäquaten Analyse der Ursachen mangelte es außerdem an einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit: Niemand aus der studentischen Gruppe erwähnte, dass es bereits 1999 und 2003 Aktionen um Verbesserungen in der Bibliothek gab, was diese gebracht hätten und was man stattdessen nun besser machen könne, damit heute die Aktion eine langfristige Verbesserung bringt.

Vielseitig wurde vom StuPa, vor allem aber auch vom AStA angeboten, bei den Aktionen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Meist blieben auf den Sitzungen des AStA jedoch nur in den Raum gestellte Fragen unbeantwortet, wenn es um die Bibliotheksinitiative ging.

Bibliotheksmitarbeiter fordern derweil insbesondere eine bessere Kommunikation zwischen Bibliothek und Hochschulangehörigen, um Neuanschaffungen besser zu koordinieren. Es gibt für jeden Studenten die Möglichkeit, Anschaffungswünsche zu äußern, doch nur wenige nehmen dies wahr.

Es steht außer Frage: Eine Initiative zur Verbesserung der Situation der Bibliothek ist eine gute Idee. Es ist auch richtig, dass Studenten in die Auswahl und Anschaffung von Büchern und Zeitschriften einbezogen sein sollten. „365 Tage für die Hochschulbibliothek“ ist sicherlich aus vielen Gründen gescheitert: Das Interesse der Studenten war entweder nicht existent oder konnte nicht geweckt werden, das finanzielle Problem der Bibliothek einfach zu groß und leider die Organisation und Struktur der Gruppe nicht ausreichend.

Dennoch: Auch wenn das Ziel am Ende verfehlt wurde, sei festgehalten, dass die Veranstaltungen mit den Pop Symphonics oder im Rathaus eine hohe Qualität hatten. Insofern haben sich diese 365 Tage dann doch gelohnt.

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