Bis zum 15. November konnte man dieses Jahr wieder einen Schuhkarton voller Weihnachtsgeschenke packen und über den AStA der Uni Lübeck bedürftigen Kindern in aller Welt schicken. Das Projekt nennt sich „Weihnachten im Schuhkarton“ und wird von dem „Geschenke der Hoffnung e.V.“ organisiert. Das Referat für Politik, Ausland und soziale Angelegenheiten des AStAs führte die Aktion vor einigen Jahren an der Universität ein und war damit sehr erfolgreich.

Stimmen innerhalb Studentenschaft sehen die Aktion allerdings kritisch. Was ist der Grund dafür?

„Geschenke der Hoffnung e.V.“ ist ein christliches Missions- und Hilfswerk evangelischer Konfession. Als Aufgabe wird „die Weitergabe des Evangeliums und die Unterstützung Bedürftiger, ungeachtet ihres religiösen, sozialen oder kulturellen Hintergrundes“, angegeben. Ganz neutral schien die Geschenkevergabe vor einigen Jahren nicht zu verlaufen, denn beim Öffnen des Schuhkartons fand jedes glücklich beschenkte Kind ein beigelegtes Heftchen, in der kurz gefasst die Bibelgeschichte erzählt wurde. Dies wurde nach Protesten geändert: Man verteilt das Heftchen nun separat und optional. Sollte die örtliche Gesellschaft die christliche Religion nicht unterstützen, werden laut „Geschenke der Hoffnung e.V.“ weiterhin Pakete verteilt. Trotzdem sind Mitarbeiter angehalten, „bei Interesse“ den christlichen Glauben zu verkünden.

Hinzu kommt, dass die US-amerikanische Muttergesellschaft „Samaritan’s Purse“, eine Organisation der evangelikalen Kirche, proklamiert: „Our most important mission is to provide spiritual help by proclaiming the Good News of Jesus Christ”, und offen für die Bekehrung Andersgläubiger eintritt. Die Verschärfung religiöser Unterschiede, die durch eine missionierende und Almosen spendende christliche Kirche auftreten kann, trägt zur Konfliktbildung bei und ist gerade in Krisengebieten wie Serbien und dem Kosovo nicht angeraten.

Die Frage nach der wahren Ausrichtung des Vereins ist schwer zu klären. Trotz der engen Zusammenarbeit mit „Samaritan’s Purse“ scheint bei „Weihnachten im Schuhkarton“ nicht die Missionierung, sondern das Beschenken armer Kinder als Akt der Nächstenliebe im Vordergrund zu stehen.

Laut Entwicklungshilferichtlinien leistet das Projekt damit jedoch keine nachhaltige Unterstützung zur Selbsthilfe. Dazu sind die Weihnachtsgeschenke natürlich nicht gedacht, doch werfen sie das Problem auf, Kinder armer Verhältnisse mit bis dahin unerreichbaren Waren einer anderen Kultur zu konfrontieren. Sind die Geschenke, die ohne Zweifel begeistert aufgenommen werden, nach einiger Zeit aufgebraucht, kaputt oder geklaut, bleibt den Kindern nichts außer dem Verlangen nach mehr. Für die meisten ist so ein Wunsch unerreichbar – eine Erkenntnis, die den Kindern die ohnehin schwierigen Lebensverhältnisse nicht erträglicher macht.

Armen Kindern persönliche Geschenke zu machen mag gerade in der Vorweihnachtszeit sentimentalen Reiz haben und dem einen oder anderen ein reines Gewissen bescheren. Wahrscheinlich ist, dass sich dieses Geld in seriöseren Hilfsorganisationen vernünftiger und effektiver einsetzen lässt.

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