Schüler und Studenten marschieren durch die Königstraße

[media-credit id=14 align="aligncenter" width="645"] Schüler und Studenten marschieren durch die Königstraße

Es ist der Tag nach dem Bildungsstreik, als ich mich mit Christoph Leschczyk treffe. Er vermittelt den Eindruck, gerade etwas großes, wichtiges hinter sich gebracht zu haben. Christoph ist Teil des Lübecker Bildungsbündnisses und somit direkt an der Organisation des Streiks beteiligt.
Jetzt kann er erstmal durchatmen, denn für den Moment ist die Arbeit getan.

Die Vorbereitungen kosteten Zeit. Bereits zu Beginn des laufenden Semesters waren die Ämter verteilt worden, wenn auch nicht auf so viele Schultern wie erhofft. Doch beflügelt von den Ergebnissen des Streiks im Juni hat man auch diese Strapazen gerne auf sich genommen.

Der Demonstrationsaufruf stand eigentlich schon durch den Bundesweiten Bildungsstreik fest. Doch unterscheidet sich Lübeck von den meisten Unis in Deutschland. Hier ist alles kleiner, die Wege sind kürzer, die Probleme noch nicht so massiv. Und daher wurde der Aufruf zunächst auf Lübecker Bedürfnisse umgeschrieben, die Farben auf den vorgegebenen Plakaten geändert, um sich von der Bundesbewegung abzuheben. Ob die Lübecker Bevölkerung versteht, dass die Studenten hier mit etwas anderen Zielen auf die Straße gehen als im Rest Deutschlands? Christoph macht sich darüber keine Sorgen: „Ich denke, die Bevölkerung hat begriffen, dass der Streik nicht gegen die Unis geht, sondern gegen die Politik.“ Denn es seien nicht die Unis, die sich kümmern müssten, sondern die Bildungspolitiker.

Der nächste Schritt war der zur Polizei, um die Demonstration anzumelden. Normalerweise, so erzählt Christoph, stehe dann ein Kooperationsgespräch an, um Rahmenbedingungen abzustecken. Da aber bereits abzusehen war, dass es eine friedliche Demonstration geben würde, beschränkte sich die Polizei darauf, ihre Auflagen zu schicken: Die maximale Transparent-Länge durfte 2,50 Meter nicht überschreiten. Das Organisationskommitee musste Ordner stellen, einen pro 35 Demonstranten, um die Menschenmenge zu koordinieren und zusammen zu halten. Die Organisatoren hielten sich an die Angaben und so reichten Beamten in normaler Straßenuniform aus. „Die Polizei war ziemlich friedlich“, berichtet Christoph, keine Schlagstöcke, keine Wasserwerfer, kein übermäßig großes Aufgebot.

Auch die Demostrecke musste abgesprochen werden. Zwar sei sie durch das Grundgesetz geschützt; so könnten etwa Streckensperrungen schon von vorneherein ausgeschlossen werden. Trotzdem erfuhren die Bildungsstreiker gerade noch rechtzeitig, dass der Marktplatz gar nicht passiert werden konnte, da sich dort schon die ersten Händler des Weihnachtsmarkts ihren Platz gesucht hatten.

Nun waren die Rahmenbedingungen gesichert, es konnte an die Details gehen. Um sich eine Stimme zu verschaffen, benötigt man die zugehörige Technik. Ein Generator wurde zur Verügung gestellt, für Anlage und Demowagen sowie die Finanzierung von Flyern und Plakate kamen Sponsoren wie das StuPa der Uni, verschiedene Parteien und Jugendorganisationen sowie kleinere Privatgruppen auf. Doch das Rühren der Werbetrommel war lange nicht so effektiv wie vor einem halben Jahr. Während der letzte Streik von rund 2000 Schülern getragen wurde und sich etwa 20 Studenten beteiligt hatten, schätzt Christoph die aktuellen Zahlen auf vielleicht 700 Schüler und 100 Studenten. Andere wollten nur etwa 50 Studenten gesehen haben, die Polizei sprach von insgesamt rund 500 Streikenden. „Irgendwo dazwischen wird die Wahrheit liegen“, beurteilt Christoph die Hochrechnungen. Woran es jedoch liegt, dass das Interesse der Schüler zurück gegangen zu sein scheint, ließe sich nur erahnen. Man sei an das Stadtschülerparlament heran getreten, doch die Schülerverwaltungen der einzelnen Schulen hätten sich gerade erst für das neue Schuljahr konstitutioniert und so war es schwierig, eine ausreichende Anzahl an Schülern zu mobilisieren. Schulleitungen sollen Repressalien angedroht haben; dies sei jedoch noch nicht klar, man müsse das noch nachbereiten.

Zwar sei im Vorfeld des Streiks noch eine Pressekonferenz des Bildungsbündnis einberufen worden, doch wäre niemand gekommen. Am Streiktag aber seien vor allem die lokalen Medien vor Ort gewesen. Auch für diese war Christoph der erste Ansprechpartner, was sich schwierig gestaltete, da er gleichzeitig als Verantwortlicher für Musik und Moderation auf dem Demowagen fungierte. Eigentlich müsse für die Pressearbeit ein eigener Posten besetzt werden, doch auch hier fehlte es den Organisatoren des Bündnisses an Personal.

Trotz der einen oder anderen Unwegsamkeit zeigte sich Christoph zufrieden. Er sei zuversichtlich, dass die Bundes- und Landespolitiker auf die Probleme aufmerksam gemacht wurden und sich diese auch zu Herzen nehmen. Das Bildungsbündnis sehe seine Arbeit aber noch nicht als beendet an. Zunächst werde ein Resumée gezogen und in naher Zukunft solle es politische Diskussionen und Vorträge von Experten geben, um noch mehr Studenten politisch zu bilden, zu sensibilisieren und mit etwas Glück sogar zu mobilisieren.

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