Am Nachmittag des 27. Septembers, als dem Ministerpräsident Peter H. Carstensen die ersten Zahlen der Meinungsforschungsinstitute vorgelegt wurden, wusste dieser noch nicht, was sich erst am Morgen des nächsten Tages herausstellte.
Schwarz-Gelb mit den Spitzenkandidaten Carstensen (CDU) und Kubicki (FDP) konnte eine knappe Mehrheit der Sitze im Kieler Landtag gewinnen. Auch wenn die Rechtslage umstritten und die Mehrheit dem Wahlrecht nach etwas fragwürdig ist, so werden doch diese beiden Parteien die Geschicke dieses Landes für die nächsten fünf Jahre lenken (müssen). Die Spielräume des Landes Schleswig-Holsteins sind äußerst begrenzt, die Schuldenlast enorm, die Wirtschaftskraft zu gering, um auf Dauer den erworbenen Status halten zu können.

Was bedeutet dies nun für die Studenten in Schleswig-Holstein und im Speziellen für uns Studenten an der Universität zu Lübeck? Ein vorgezogenes und gewagtes Fazit.

Im Wahlkampf 2014, sollten sich die Parteien und allen voran der Noch-Ministerpräsident nicht wieder einmal vorzeitig überlegen, ob man nicht mal erneut wählen lassen sollte, wird der neue CDU-Ministerpräsident von Boetticher (Carstensen genießt mittlerweile seine Bezüge in Nordstrand) in Einvernehmen mit Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki von der FDP den Wählern erneut vieles versprechen. „Die Hochschulen müssen gestärkt, ihre Autonomie gefördert und der Bildung im Ganzen ein ganz neuer Stellenwert eingeräumt werden“.

Moment mal, kennen wir das nicht schon. Klar, von den anderen Parteien sowieso, aber stand nicht so etwas schon mal in den Wahlprogrammen der Schwarz-Gelben Koalition im Jahr 2009? Na ja, wird man schlagfertig antworten: “Man hat nicht alles erreicht in den letzten fünf Jahren, aber es ist viel auf den Weg gebracht worden“. So so.

Und überhaupt, die Finanz- und Weltwirtschaftskrise habe einen so großen Kahlschlag für die öffentlichen Finanzen mit sich gezogen, der Spielraum für politische Gestaltung sei extrem klein gewesen.

Schon gut, wir kennen dieses politische Spiel. „Wir hatten nicht genug Zeit, zu wenig Geld…“.

Vergleicht man beide Wahlprogramme von CDU und FDP in Bezug auf Hochschulpolitik, so sind diese fast kongruent. Zugegeben, addiert man ein bisschen jeweilige Ideologie oder subtrahiert diese, könnten die Texte von (fast) jeder Partei stammen. Wer fordert nicht, Bildung endlich zum Top-Thema zu machen. Kinder und deren Ausbildung seien schließlich der einzige Rohstoff, den Deutschland zu bieten hätte.

Nur passiert ist bisher in Deutschland und im Besonderen in Schleswig-Holstein recht wenig. Die großen Parteien haben abwechselnd ihre Hände in Richtung der Töpferscheibe gestreckt, mal haben sie Verformungen vorgenommen, mal ihre Hände schnell wieder zurückgezogen, als sich alles zu schnell drehte. Meist sind die Kunden unzufrieden, das Ergebnis ist oft nicht mehr ausreichend.

Soweit so gut (oder schlecht, wie man möchte). Eine gute Nachricht für unsere Geldbeutel gibt es allerdings. Wem es vor einer CDU/FDP- Regierung gegraut hat, weil diese in allen anderen (westdeutschen) Ländern Studiengebühren von bis zu 500 EURO einführte, der hat wohl die Wahlprogramme der Parteien nicht gelesen. Während die CDU zurückhaltend von „mangelnder gesellschaftlicher Akzeptanz“ der Studiengebühren spricht und diese daher derzeit „nicht durchsetzbar“ seien, ist die Position der FDP in dieser Thematik eindeutig und ihrem Grundsatzprogramm eigentlich widersprechend. In seltener Selbstkritik wurden frühere Vorstellungen (gerechtfertigt durch späteres höheres Einkommen, starkes Stipendienwesen für sozial Schwächere etc.) revidiert und als nicht zutreffend bezeichnet. In Wahlprogramm steht als Fazit: „Die FDP SH lehnt deshalb die Einführung allgemeiner Studiengebühren ab.“ Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn beide Parteien diese teils eindeutigen Positionen nach der Wahl über Bord werfen würden, obwohl nach der Wahl auch schon mal Null plus Zwei gleich Drei ist.

Auch wenn auf zusätzliche Einnahmen durch Studentinnen und Studenten verzichtet wird, so stehen doch beide Regierungsparteien für eine „Spitzenforschung“ in Schleswig-Holstein ein. Die FDP möchte gerne „Spitzenforscher“ für Kiel, Lübeck und Flensburg gewinnen und diesen mit einem „Innovationsbudget“ das Arbeiten erleichtern, während die CDU sogar von „internationaler Wettbewerbsfähigkeit“ und einem Wettstreit um die „besten [!!] Forscher und Nachwuchswissenschaftler“ spricht.
Na da kommt aber einiges auf uns zu. Wenn diese Regierung unsere Uni international wettbewerbsfähig machen möchte, dann sollte man sich fragen, was sie darunter versteht. Möchte die Regierung Spitzenforschung und Lehre à la USA und Großbritannien und das auch noch ohne Studiengebühren? Dass dies so kommt kann mit Recht mehr als bezweifelt werden. Schon heute fehlen Gelder, um eine Grundausbildung und -forschung zu gewährleisten. Dies wird sich in der Zukunft nicht groß ändern, schon gar nicht in den Zeiten von Finanz- und damit Haushaltskrisen. Wenn die CDU nun verspricht die Universitäten „besser auszustatten“, „mehr Studienplätze zur Verfügung zu stellen“ und eine „bessere Finanzierung“ auf den Weg zu bringen, dann ist schon hier ein großer Zweifel anzumelden. Wenig wird sich auf diesem Feld tun, weiterhin werden die Bedingungen nicht optimal sein, es werden Plätze fehlen und zu wenig Geld da sein. Auch wenn die Uni vielem entgegenwirken kann, irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem es nicht mehr aus sich heraus geschehen kann.
Die Parteien sollten allesamt ruhigere Töne anstimmen und nicht großposaunig die Menschen mit waghalsigen Versprechen blenden. Es wird sich auch in fünf Jahren viel zu wenig getan haben, schon in den grundlegenden Bereichen. Da hilft es wenig, von internationaler Spitze zu sprechen, schon national sieht es schlecht aus. So lange Bildungspolitik ein ewiges Hin und Her von Bundes- und Landespolitik ist, kann und wird sich viel zu wenig ändern, dabei ist es höchste Zeit.

Von der FDP im Wahlkampf gefordert und von Teilen der CDU schon immer favorisiert, geistert ein neues Gespenst umher im Hochschulschloss Lübeck: Das der Stiftungsuniversität.
Die Liberalen möchten „eine Perspektive zur Umwandlung in eine öffentlich-rechtliche Stiftungsuniversität eröffnen“. Hierzu müsse erst einmal das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein „defusioniert“ werden, um dann für Lübeck „private Stiftungsmittel“ generieren zu können.
Im Programm der CDU liest sich dies aber noch ganz anders. Von erfolgreichen „Sanierungs- und Umstrukturierungsprozessen“ ist hier die Rede, auch wenn das UKSH als „unwirtschaftlich“ und „hochverschuldet“ bezeichnet wird. Zugleich solle es allerdings eine „Weiterentwicklung zu einem Zentrum für Spitzenmedizin“ geben.

Am 17. Oktober haben dann schließlich die Christ- und Freidemokraten ihren Koalitions-vertrag unterzeichnet. Nachdem das Landesverfassungsgericht eine Klage der Grünen ablehnte, die sich mit der strittigen Sitzverteilung befasste, sind die Wege jetzt frei für eine neue Regierung.
Überraschenderweise hält die Regierung an der Fusion des UKSH bis mindestens 2015 fest, auch wenn zuvor andere Stimmen zu hören waren. Somit ist eine der größten Hürde auf dem Weg zur Stiftungsuniversität weiterhin nicht genommen, weitere Fragen werden in den laufenden Jahren zu klären sein. Man “prüfe“ die Wünsche der Universitätverwaltung, was das heißt ist wohl klar, erstmal passiert herzlich wenig. Dies Handeln wird allerdings auch Freunde finden.

Soweit zur neuen Regierung. Ist wirklich so wenig Neues und Gutes für uns Studenten zu erwarten?

Man lässt sich gerne positiv überraschen.

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