Das Mittelalter: Wie oft werden an diese finsteren Zeiten erinnert bei unserem nächtlichen Gang durch Lübecks alte Straßen. Kaum jemand kann sich noch an diese frühen Jahre erinnern, und so müssen wir uns auf das verlassen, was unsere Vor-und Vorvorväter uns überliefert haben. Nehmen wir als Beispiel so namhafte Städte wie Bologna. Paris. Oder Oxford. Diese Städte wuchsen so schnell, daß es bald unübersichtlich wurde. Die Menschen suchten nach neuen Bindungen und fanden sie in den Genossenschaften, die sie universitates nannten. Auch die neu gegründeten allgemeinbildenden Schulen wurden so genannt. Ein studium generale in einer universitas: Einfach alles zu lernen, was es zu wissen gab, dieser Gedanke löste Jahrhunderte vor der Erfindung eines berühmten Mainzer Frage- und Antwortspiels noch kein Bestürzen aus. Aber die Zeiten änderten sich. Nur unwesentlich später als unsere drei mittelalterlichen Städte erhielt auch die Königin der Hanse das, wonach sie sich sehnte: Eine Universität. Und weil weniger manchmal mehr ist, beschränkte man sich auf das “Medizinische” und einige andere, neumodische Lehren. Studium generate bitte nur noch nach Feierabend! Dann bleibt genug Zeit, über andere Dinge nachzudenken. Zum Beispiel, ob in unserem Fall nicht tatsächlich mehr weniger ist. Ein Wort mehr im Namen, ein impact point weniger in den Publikationen. So befürchten zumindest einige unter den magistres. Und Professor Pöppl gar “leidet”. Unsäglich. Ein neuer Name also soll her! Ein schöner, ehrbarer, würdiger Name. Einer, der uns an unsere guten Zeiten erinnert, also an damals im Mittelalter, als unter den Gaslaternen in den Straßen wenigstens noch richtige Kutschen fuhren. Heinrich der Löwe bietet sich da an. Für den war sogar die Pariser Universitätsgründung noch Zukunftsmusik. Aber es gibt ja auch noch andere Möglichkeiten. Günter Grass zum Beispiel. Der brüllt auch manchmal wie ein Löwe, und außerdem ist er noch nicht ganz so verstaubt. Willy Brandt hingegen ist schon Staub, aber auch er war immerhin Nobelpreisträger. Als dritter im Bunde muß natürlich an dieser Stelle sofort und unverzüglich Thomas Mann genannt werden, und ob dieser ganz unglaublichen Anhäufung von Nobelpreisen in dieser Stadt denken wir insgeheim schon an das Eine: Die “Nobel-Universität”! Nomen est omen. Aber fragen wir doch die scotares. Jan, zweiundzwanzig, schlägt vor: “Holsten-Uni”. Kleiner Scherz, aha. Wir erinnern uns spontan an einen Spruch aus alten Schülertagen: Holsten knallt am dollsten. Da ziehen wir doch die “Hanse-Universität” vor, keine Frage. Dieser Name bringt jedoch einmal mehr dieses verflixte Mittelalter ins Spiel, und wir ahnen langsam, wohin die Reise geht: ins Mystische. “Sieben-Türme-Uni” klingt schon ziemlich mystisch, aber unsere Universität hat nur einen und zwar genau einen Turm. Daran ändern auch mehrfache Handzählungen nichts. So streichen wir zunächst weiter durch die nächtlichen Gassen, gehen noch einmal jeden einzelnen “Berg” in dieser Gegend durch, ohne auf die gewünschte Zahl sieben zu kommen, ärgern uns darüber, zu dieser nachtschlafenden Zeit nicht einmal sieben Zwergen zu begegnen, und bleiben schließlich vor einem hell erleuchteten Schaufenster stehen. In der Königstraße, wohlgemerkt. Plötzlich wird uns klar, was wir im Grunde schon immer gewußt haben. Und so schlagen wir hier und jetzt den einzig würdigen Namen vor, zauberhaft schön: “Harry-Potter-Universität”!

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