Mit Tränen in den Augen, auf Knien einherschleichend hat mich die Redaktion aus meinem Bau gelockt, damit ich ihr helfe, den Raum zwischen den Anzeigen des Sanatoriums zu füllen, eingedenk meiner Fähigkeit, Mißstände markig zu markieren. Niemand komme und sage, es habe hier vorher nicht gestunken (“Sind wir nicht ein netter kleiner Kreis!”). Gegen Freund und Feind werde ich giften, nachdem ich semesterlang meine Duftdrüse verschlossen hielt – secretum retentum venenum est.

Hurra, wir haben eine neue Regierung! Nicht sehr leicht war die Wahl. Sieben Sportreferenten und ein Reisebüroleiter kandidierten, zu 75% in elitären Männerbünden (Kandidatenvorstellung: “Ich. habe keine Führereigenschaften… ich interessiere mich überhaupt nicht für Politik… aber ich glaube, ich bin liberal”). Das Wahlsystem ist neu und sehr gut, weil man eigentlich garnicht wählen muß. Nach der Wahl gehen die Kandidaten mit Spectabilis knobeln. Die Wahlurne bleibt versiegelt und man kann sie für’s nächste Jahr weiter benutzen, Berlingeschädigte bekommen einen Platz an der Sonne.

Ich bin überzeugt, daß die neue Fachschaft genauso Hervorragendes leisten wird, wie die alte; lübkoide Ansprachen von stiller Einfalt und edler Grösse, Diskussionen wie Fortsetztngskrimis und Abstimmungsergebnisse mit mannigfachen Exegesemöglichkeiten (“Wer ist dafür?” “Wofür?” “Bitte weitere Fragen nach der Abstimmung”).

Nur mit Ehrfurcht erhebe ich meinen Schwanz gegen IHN, der jede Studentenversammlung zu einer Messe SEINER Divinität werden läßt (links und rechts in Amt und Würden setzt und absetzt, parzig webend) und den Weihrauch der Verehrung, den IHM die Menge ausschwitzt, gierig atmet.

Nein, es ist schon ganz schön hier. Ich freue mich auf den Frühling, wenn der Maler mit dem Eimer umhergeht und städtisch braunes Barackoko in akademisches Weiß taucht, und so den schnellen Aufbau einer modernen Akademie vorantreibt.

Hier ist es ruhig, hier läßt sich’s leben. Durch Lübeck werden Teufel und Dutschke nur im plombierten Wagon fahren. Was man so in der Zeitung liest über Deutsche Universitätsstädte, kommt die Professoren nur in Albträumen nach reichlich Labskaus am Abend an (die hiesigen Linksaußen des phthitischen Tönnchen-Kreises werden nicht zulassen, daß man ihnen die Schnitzel vom Tisch fortträgt)! Albträume :

“Auch. Lübeck hat ein Recht auf Herztransplantationen!” – “Kommt der Kritischen Gegenuniversität zuvor!” – oder : “Haut dem Lankau auf die Finger!” – Man täte Letzterem unrecht. Gerade ihm ist hohes Lob zu zollen, weil er in unermüdlichem Einsatz über die Ausschreitungen der Lübecker Studentenschaft, auch die nur möglichen, mit unglaublichem Sachverstand und gefürchteter Detailstreue Berichte schreibt, die Berichte unter einem Pseudonym verleitartikelt und die Leitartikel unter weiteren Pseudonymen mit so vielen Leserbriefen versieht, daß es nicht Wunder nimmt, wenn für eine ohnehin überflüssige Darstellung der Fachschaft kein Platz mehr da ist. Vielleicht im Anzeigenteil unter: Verloren – Gefunden. Bringt überdies noch Piepen – non olet.

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