Rückblick – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Wed, 15 Nov 2017 21:07:26 +0000 de-DE hourly 1 Mehr als nur Bakterien! https://www.studentenpack.de/index.php/2017/11/mehr-als-nur-bakterien/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/11/mehr-als-nur-bakterien/#respond Mon, 06 Nov 2017 08:50:21 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=302106
Prof. Dr. Werner Solbach war 20 Jahre lang Professor an der Uni Lübeck und brachte Generationen von Studenten die Mikrobiologie näher.Annika Munko | StudentenPACK.

Prof. Dr. Werner Solbach war 20 Jahre lang Professor an der Uni Lübeck und brachte Generationen von Studenten die Mikrobiologie näher.

20 Jahre ist es her, dass er an die Uni Lübeck kam: Prof. Dr. Werner Solbach, nicht nur Generationen von Medizinstudierenden aus Mikrobiologie-Praktikum oder -Prüfung bekannt. Im September hielt er nun seine Abschiedsvorlesung. Was ihn nach dem Studium in Mainz und wissenschaftlicher Arbeit in Erlangen in den Norden gelockt hat und welche Veränderungen er an der Uni Lübeck miterlebt hat, erzählt er nun im Interview. Darüber hinaus gibt Solbach interessante Einblicke in einige der zahlreichen Ämter, die er innehatte oder weiterhin hat und verrät, womit er in Zukunft gerne noch Zeit verbringen möchte.

StudentenPACK: Sie haben die Mikrobiologie schon im Studium für sich entdeckt – was begeistert Sie daran?

Werner Solbach: Das war im Grunde Zufall: Ich habe meine Doktorarbeit in der Medizinischen Mikrobiologie geschrieben. In meiner Arbeitsgruppe wurde damals mit T-Lymphozyten gearbeitet – Ende der 70er Jahre im letzten Jahrhundert wurden die in Deutschland so gut wie gar nicht erforscht. Meine Aufgabe war es herauszufinden, wie man T-Zellfunktionen durch Antibiotika beeinflussen kann. Dadurch habe ich die Mikrobiologie kennengelernt und festgestellt, dass hinter jeder Infektion ein kranker Patient steht. Diese Schnittstelle zwischen Patient und Erreger hat mir sehr gut gefallen. Das Fachgebiet ist mit den Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten außerordentlich abwechslungsreich. Dies hat mich sehr gereizt. In der Facharztweiterbildung gab es die Versuchung Kinderarzt zu werden. Auch ein tolles Gebiet. Aber im Bereich der Infektionen war es am Ende doch nicht so abwechslungsreich wie die Mikrobiologie, die es ja nicht nur mit Kindern zu tun hat. Ich habe meine Entscheidung nie bereut.

PACK: Was hat Sie vor 20 Jahren nach Lübeck gelockt?

Solbach: Ich hatte irgendwann das Gefühl, es wäre an der Zeit für einen Ortswechsel. Ich erhielt dann gleichzeitig zwei verschiedene Rufe, der eine kam aus Lübeck. Von Lübeck wusste ich ehrlich gesagt nicht so ganz genau, wo es liegt und vor allem nicht, dass es so nah an der damaligen Zonengrenze lag. Ich bin dann mal hier hochgefahren und mir hat nicht nur die Stadt gefallen, sondern ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass das Umfeld hier passt. Ich hatte von den damaligen Kollegen den Eindruck, dass alle an einem Strang ziehen und gemeinsam etwas erreichen wollen. Es gab eine außergewöhnliche „Willkommenskultur“. Außerdem gab es einen Sonderforschungsbereich in Kooperation mit dem Forschungszentrum Borstel und ein Graduiertenkolleg, beide hatten mit Infektionen zu tun. Das waren sehr gute Voraussetzungen und eine starke Motivation, an einem Forschungsschwerpunkt zu Infektionen mitzuarbeiten.

PACK: Was sind die größten Veränderungen, die Sie hier an der Uni miterlebt haben?

Solbach: In der Forschung wurden damals viele Dinge in hanseatischer Tradition mit Handschlag und Vertrauen erledigt. Die Prozesse waren viel weniger formalisiert und es musste nicht alles kleinteilig dokumentiert werden. So wurde beispielsweise den verschiedenen Forschungszentren der Universität der gleiche Anteil des verfügbaren Budgets zugeteilt – das wäre heute undenkbar. Dass heute alles an Kennzahlen festgemacht wird, an deren Erhebung eine Vielzahl von Koordinatoren und Koordinatorenkoordinatoren beteiligt sind und deren Sinn teilweise niemand mehr hinterfragt, das betrachte ich als eine der größten Veränderungen. Es lohnt sich nicht, dem nachzuweinen, aber viele Dinge waren deutlich unkomplizierter.

PACK: Durch Ihr Engagement für die Themen, für die nun mit dem Z.I.E.L. ein zentrales Gebäude geschaffen wird, sind Sie selbst für eine große Veränderung mit verantwortlich. Was erhoffen Sie sich vom Z.I.E.L. für die Zukunft?

Solbach: Ich hoffe, dass das Z.I.E.L. den Forschenden eine fachwissenschaftliche Heimat geben kann. Denn diese Heimat entwickelt sich durch den ständigen persönlichen Kontakt zu Kollegen mit gemeinsamen Interessen am Erkenntnisgewinn. Zwischen CBBM und Z.I.E.L., da wird es eine Tür geben, um diesen Austausch von Wissen zu unterstützen. Wäre ich noch länger hier, dann würde ich versuchen, einen Sonderforschungsbereich für „Metaflammation“ ins Leben zu rufen – zusammengesetzt aus Metabolismus und Inflammation. Dafür haben wir alle Voraussetzungen. Die Leute im CBBM kennen sich mit Gehirn und Hormonen aus und im Z.I.E.L. sitzen die Experten für Entzündung. Lübeck hat also die idealen Voraussetzungen, an diesen Themen zu arbeiten.

PACK: Was ist Ihnen aus der Zeit in Lübeck besonders in Erinnerung geblieben?

Solbach: Unvergessen ist der „Lübeck kämpft“-Sommer. Zu der Zeit, im Mai 2010, war ich noch Dekan der Medizinischen Fakultät. Da las ich morgens in der Zeitung, die Medizin in Lübeck würde geschlossen. Der damalige Präsident, Professor Dominiak, hatte davon auch erst am Abend zuvor erfahren. Nach der anfänglichen Lähmung und einer Phase des Kopfschüttelns kam dann eine unglaubliche Bewegung in Gang, die ich nie vergessen werde. Die Studenten haben uns am Ende den Hintern gerettet: Was da von den Studierenden an Kreativität und Engagement aufgebracht wurde, was den Älteren gar nicht in den Sinn gekommen wäre, das hat allen Kraft gegeben. Der Höhepunkt war damals die große Demonstration mit 14.000 Personen in Kiel. Wir hatten Solidaritätsbekundungen von allen medizinischen Fakultäten Deutschlands und Kollegen weltweit, ausschlaggebend waren am Ende aber die Studenten und die Bevölkerung Lübecks. Einige Lübecker wussten vorher gar nicht, dass Lübeck eine Uni hatte. Wenn ich sehe, was jetzt hier gebaut wird, dann kann man die Diagnose wagen, dass dies ohne die Krise 2010 nicht so gekommen wäre. Alle hatten nach 2010 im Hinterkopf, dass solche Schließungsgedanken jederzeit wiederkommen könnten und wir uns auch deswegen wirklich anstrengen müssen. Auch das ist für mich ein Stück weit Lübeck: Da ziehen dann auf einmal alle an einem Strang.

„Die Studenten haben uns am Ende den Hintern gerettet“, sagt Solbach, der als Dekan der Medizinischen Fakultät auch bei den „Lübeck kämpft“-Aktionen mit dabei war.Thorsten Biet

„Die Studenten haben uns am Ende den Hintern gerettet“, sagt Solbach, der als Dekan der Medizinischen Fakultät auch bei den „Lübeck kämpft“-Aktionen mit dabei war.

PACK: Mit Aktionen wie dem Mibi-Quiz (Geld oder Schein?) am Semesterende haben Sie versucht, dieses für viele trockene, umfangreiche Fachgebiet lebendiger zu gestalten, was Ihnen spürbar Spaß gemacht hat…

Solbach: Ich habe immer gerne Lehre gemacht, das mache ich bis heute gern. Nach dem Physikum wollen die Studenten am liebsten Patienten sehen und möchten nichts über „stinkende“ Bakterien wissen. Aber nach der Hälfte des Semesters merkt man, dass es bei einigen „Klick“ macht, wofür man dieses Wissen doch brauchen könnte. Es hat mir immer Spaß gemacht zu sehen, wie dann plötzlich sehr kluge Fragen gestellt wurden. Ein Quiz „Geld oder Schein?“ zu veranstalten, das ist mir irgendwann mal eingefallen und hat riesigen Spaß gemacht. Es hat in der ganzen Zeit nie jemand das Geld genommen – da hätte man ohne Risiko auch 1000 Euro ausloben können.

PACK: Warum sollte ich als Medizinstudent heute Mikrobiologe werden und welche Eigenschaften sollte ich dafür mitbringen?

Solbach: Weil das Fach sehr vielfältig ist und über viele Jahre die Gelegenheit bietet, sich gemäß den eigenen Präferenzen zu spezialisieren. Ich kenne Mikrobiologen, die kriegen orgastische Gefühle, wenn sie die letzte Windung eines DNA-Schnipsels entdeckt haben, ich kenne aber auch Mikrobiologen, die sich für technische Aspekte, Mikrobiomik oder Epidemiologie interessieren. Und dann gibt es welche wie mich, die interessieren sich für die Reaktion des Patienten auf den Erreger. Das Spektrum ist ganz, ganz breit. Und, das darf man nicht vergessen: Die Freiheit in der Zeitplanung ist enorm, weil man nicht an die Patienten gebunden ist. Auch Teilzeitarbeit ist gut möglich. Wer sich vorstellen kann, nur indirekten Patientenkontakt zu haben, für den ist die Mikrobiologie ein tolles Fach. Ich kann es nur empfehlen.

PACK: Sie gehören der „Zentralen Kommission für Biologische Sicherheit“ an, die Entscheidungsträger in der Politik mit fachlichen Stellungnahmen unterstützt. Wie viel lässt sich dadurch beeinflussen?

Solbach: In dieser Kommission geht es darum, wie wir gewährleisten können, dass von genveränderten Mikroorganismen keine Gefahr für Umwelt und Gesundheit ausgeht. Da kommt man sehr schnell an die Schnittstelle von Wissenschaft und Ideologie. In Deutschland sind beispielsweise gentechnisch veränderte Lebensmittel verboten, weil die Bevölkerung keine gentechnisch veränderten Pflanzen will und es infolgedessen politisch so gewollt ist. Ich kenne bis heute niemanden, der durch „Gentechnik“ krank wurde. In der Politik gibt es inzwischen große Bemühungen, die umgesetzten Maßnahmen mit Evidenz zu untermauern. Die Kommission äußert sich dann zum Beispiel zu dem Vorhaben, Lachse zu züchten, die doppelt so schnell schlachtreif werden, oder zu Studien mit Influenzaviren, die vorhersehen lassen, dass diese durch die Passage in Mäusen immer virulenter werden. Die Empfehlungen beruhen dabei auf Wissenschaft und den gesammelten Erfahrungen der Kommissionsmitglieder. In der Regel werden diese Empfehlungen angenommen. Das ist viel Arbeit, aber ich sehe es als Beitrag zur Entideologisierung der Debatte. Die Herausforderungen werden mit der Verfügbarkeit ganz neuer Technologien des Genom-editings in naher Zukunft eine ganz neue Dimension annehmen.

PACK: Sie waren der letzte Dekan der Medizinischen Fakultät und haben die Abschaffung der Fakultäten bzw. die Einführung der Sektionen an der Uni Lübeck hautnah miterlebt. Was hat sich dadurch wirklich geändert?

Solbach: Das ist eine sehr schwierige Frage. Bis 2010 war die Struktur an allen medizinischen Fakultäten in Deutschland gleich. Hier in Lübeck gab es dann eine Initiative von Seiten des Uni-Präsidiums, diese Struktur zu ändern, weil der Dekan der medizinischen Fakultät über mehr finanzielle Mittel verfügen konnte als die Universität insgesamt. Das war für das Selbstverständnis der Uni schwierig. Die Idee war dann, die Mittel zusammenzuführen, sodass die Uni das gesamte Budget verteilt. Die Fakultäten wurden aufgelöst und zu Unterausschüssen des Senats, der neue Posten des Sektionsvorsitzenden ersetzte den Dekan. Ein Sektionsvorsitzender heute ist dem Senat und gleichzeitig der Universität gegenüber verantwortlich. Das kann zu Interessenkonflikten führen. Mit dem neuen Hochschulgesetz gehen die Gelder für die medizinische Forschung nun auch nicht mehr an die Uni, sondern direkt ans Klinikum. Neu ist auch, dass der UKSH Vorstand erweitert wurde, um die Interessen von Forschung und Lehre in der Medizin zu vertreten. Dies ist zunächst begrüßenswert und versucht, Versäumnisse der Vergangenheit auszubügeln. Anderswo übernimmt diese Funktion der Dekan, doch wir in Lübeck haben keinen Dekan mehr. Deswegen musste das neue Amt des Vizepräsidenten Medizin geschaffen werden. Dieses Amt bedarf für die konstruktive Ausfüllung einer hohen Kompetenz: Der Vizepräsident Medizin ist der Universität, dem Präsidium und den Kollegen verantwortlich, andererseits ist er mitverantwortlich für das ökonomisch erfolgreiche Agieren des UKSH. Das ist eine schwierige Konstellation. Es gab und gibt zum Beispiel häufig den Wunsch in einem Klinikum, Geld für die Forschung abzuzweigen und es in die Krankenversorgung zu investieren – in diesem Punkt sind die Interessen von Universität und Klinikum sehr schwer miteinander vereinbar. Ich hoffe, dass bald ein geeigneter Kandidat gefunden wird.

PACK: Sie sind Präsidiumsbeauftragter für Forschungsangelegenheiten: Was können Sie jungen Forschenden empfehlen, um Betrug oder Plagiate in der Wissenschaft zu verhindern?

Solbach: Den Forschenden kann ich nur zu Wahrhaftigkeit, Redlichkeit und Vertrauen in der Zusammenarbeit raten, ganz einfachen Prinzipien. Wichtig ist auch Kommunikation, die vermisse ich manchmal auch hier in Lübeck. Da wird jungen Leuten von ihrem Chef „Mach mal, forsch mal!“ gesagt, ohne sie zu betreuen. Wenn dann noch ein Publikations- oder Leistungsdruck dazukommt, kann man, wenn man die entsprechende Persönlichkeit hat, schon mal in Versuchung geraten. Deswegen ist es sehr wichtig, in einer Gruppe angebunden zu sein, in der Probleme diskutiert werden können. Ich kann auch nur für das „near-incident-reporting“ werben: Ein offener Umgang mit Fehlern oder beinahe überschrittenen Grenzen ist wichtig. Für Situationen, in denen man den Verdacht hat, jemand könnte gefälscht haben, gibt es Personen wie den Ombudsmann oder den Vertrauensdozenten, sodass man sicher sein kann, nicht verpfiffen zu werden. Aber der Whistleblower zu sein ist schwierig.

„Nach dem Physikum wollen die Studenten am liebsten Patienten sehen und möchten nichts über ‚stinkende‘ Bakterien wissen“, erzählt Solbach – und auch, warum ihm die Lehre trotzdem immer viel Spaß gemacht hat.Annika Munko | StudentenPACK.

„Nach dem Physikum wollen die Studenten am liebsten Patienten sehen und möchten nichts über ‚stinkende‘ Bakterien wissen“, erzählt Solbach – und auch, warum ihm die Lehre trotzdem immer viel Spaß gemacht hat.

PACK: Sie sind DFG-Vertrauensdozent und unterstützen junge Forscher persönlich, zum Beispiel bei der Antragstellung. Was sind dabei die größten Hürden?

Solbach: Jemand, der seinen ersten Antrag stellt, ist fachlich super informiert und will das verständlicherweise auch alles hinschreiben, aber er kommt oft nicht auf den Punkt. Auch das Wording für solche Anträge muss man sich erst aneignen. Die Anleitung, wie so ein Antrag geschrieben wird, bekommt man am besten von seinen akademischen Lehrern. Holen Sie sich Anleitung aus der Arbeitsgruppe: Gute Anträge kommen aus guten Arbeitsgruppen und in guten Arbeitsgruppen wird miteinander geredet. Gerne berate ich jeden, bevor der Antrag das Haus verlässt und das Dozierenden-Service-Center bietet auch dementsprechende Veranstaltungen an.

PACK: Welche Ihrer vielen Tätigkeiten hat Ihnen am meisten Spaß gemacht und warum?

Solbach: Noch so eine schwierige Frage! Es hat mir immer Spaß gemacht, Menschen aus verschiedenen Forschungsbereichen zusammenzubringen. Und was mir immer viel Freude bereitet hat sind die Studenten. Die Diskussionen mit den Studenten haben mich immer wach gehalten, mit all den klugen Bemerkungen und Fragen. Mir war gar nicht so bewusst, wie viel Erfüllung mir der Kontakt zu den Studierenden gegeben hat das wird mir fehlen.

PACK: Was haben Sie sich für die neu gewonnene Freizeit vorgenommen, wenn Sie der Uni den Rücken kehren?

Solbach: Nun, ich bleibe der Uni noch etwas erhalten. Die Uni ermöglicht mir, für ein weiteres Jahr mein Büro im Haus 2 zu behalten. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich habe auch noch eine ganze Reihe an Ämtern inne, bis nächstes Jahr bin ich zum Beispiel noch Präsident der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für antimikrobielle Chemotherapie. Da ist viel zu tun. Eine Sache gibt es aber noch, die mich immer interessiert hat: Ich bin katholisch und frage mich schon lange, wie dieser Bestseller „Bibel“ zustande gekommen ist. Das sind teilweise super Geschichten, die auch aufeinander Bezug nehmen und wenig widersprüchlich sind. Diese Geschichten sind uralt und entstanden zu einer Zeit, in der nur wenige Menschen lesen und schreiben konnten. Wie das bis heute zusammengeht, damit möchte ich mich noch beschäftigen.

PACK: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch genommen haben!

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Was bisher geschah https://www.studentenpack.de/index.php/2010/11/was-bisher-geschah/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/11/was-bisher-geschah/#respond Mon, 01 Nov 2010 08:00:13 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=108180
FS CS

Setzt die Segel, wir fahren nach Kiel!

Ruhe ist eingekehrt, der normale Uni-Alltag zurück. Die Universität zu Lübeck begrüßt in diesen Wochen ihre neuen Erstsemester. Studenten, welche nun die Geschichten, die Erlebnisse aus dem vergangenen Semester hören und an jeder Ecke erleben, nur eben nicht selber dabei waren. Eine Generation, die hoffentlich in ihrer Zeit an der Universität nicht erneut um deren Erhalt kämpfen muss.

Ähnlich waren die Hoffnungen nach 2005. Damals beschloss die Landesregierung, die medizinische Fakultät und die Unikliniken zusammen zu schließen und eine Landesuniversität Schleswig-Holstein zu gründen. 4.000 Menschen demonstrierten unter dem Motto „Lübeck kämpft“ gegen dieses Projekt. Mit Erfolg. Die medizinischen Fakultäten der Universität Kiel und Lübeck blieben getrennt, jedoch wurden die Unikliniken zum UKSH fusioniert. Die danach einkehrende Ruhe wurde bereits 2008 wieder gestört. Aus der Landesregierung erreichte die Universität die Nachricht, dass das UKSH privatisiert werden sollte. Dem UKSH Lübeck drohten damit nicht nur Kürzungen im personellen Bereich, sondern auch in der Lehre. Auch das Wohlbefinden der Patienten kann bei solch einer Umstrukturierung Sorge bereiten. Zusammen mit den Mitarbeitern der Klinik gingen einige Studenten auf die Straße. Bei den Tarifverhandlungen konnte verhindert werden, dass das UKSH Schleswig-Holstein privatisiert wurde, jedoch unter der Bedingung, dass die Mitarbeiter etwas von ihrem Gehalt abgeben, um die Sanierung der Klinik voranzutreiben.

Trotz dieses Tarifvertrages und der Bemühungen der Mitarbeiter erhielt der Standort am 23. April 2010 eine erneute Ohrfeige: Das Uniklinikum solle nun doch privatisiert werden. Das allgemeine Studierendenparlament berief eine Vollversammlung ein und mobilisierte zu einer erneuten Demonstration auf Lübecks Straßen. Diesmal sollte den Gerüchten, dass das UKSH in Lübeck und Kiel unabhängig voneinander verkauft werden sollten, entgegengetreten werden. Vor allem der Standort Lübeck mit seinen weniger sanierungsbedürftigen Gebäuden sollte gewinnbringend in private Hand übergehen. Lübeck und seine Umgebung würden also seinen medizinischen Maximalversorger verlieren. Bei der Abschlusskundgebung erreichte die Demonstranten dann der Paukenschlag: Die Haushaltsstrukturkommission, welche von der Landesregierung kurz nach der Landtagswahl eingesetzt wurde um eine weitere Neuverschuldung des Landes zu stoppen, veröffentlichte ihre Sparliste. Neben vielen Streichungen im Sozialbereich und dem Bildungswesen, die bereits einen fahlen Beigeschmack lieferten, enthielt der Bericht folgende Aussage: „Das Medizinstudium wird auf Grund der begrenzten Ressourcen bei der Förderung exzellenter Forschung und Lehre nach Kiel verlagert. […] Ab dem Wintersemester 2011/2012 werden deshalb keine neuen Studienanfänger für Medizin in Lübeck immatrikuliert.“ Außerdem wird in den Zeilen 892 ff. vorgerechnet, wie viel Geld in den nächsten Jahren durch diese Maßnahmen gespart werden soll. Des Weiteren wird verkündet, dass das Profil der Universität Lübeck im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich gestärkt wird.

Eine Milchmädchenrechnung und eine Verschleierung der Tatsachen, wie sich in den folgenden Wochen immer wieder und stärker zeigte. Die Universität Lübeck kann ohne den Medizinstudiengang nicht lange überleben. Die enge Verflechtung zwischen den einzelnen Instituten, viele interdisziplinäre Projekte – nicht zuletzt in den vergangenen Jahren gewollt und forciert durch die Landesregierung – und kleine Studentenzahlen, das alles würde beim Wegfallen der medizinischen Fakultät dafür sorgen, dass die gesamte Universität vor dem Aus stünde. Des Weiteren wurden in die Rechnungen der Haushaltsstrukturkommission die Mitarbeiter und Lieferanten außerhalb der Universität in die Rechnungen der Haushaltsstrukturkommission nicht miteinbezogen. Zahlreiche Unternehmen arbeiten eng mit der Universität zusammen und profitieren von ihr. In einer Umfrage der Industrie und Handelskammer im Juni gab jedes fünfte Lübecker Medizintechnik- und Gesundheitsunternehmen an, über einen Weggang nachzudenken, sollten die Pläne der Haushaltsstrukturkommission wirklich durchgesetzt.

„Lübeck kämpft“ wurde wieder entfacht. Wichtiges Kommunikationsmittel war und ist die Internetseite www.luebeck-kaempft.de, hier können immer noch alle möglichen Informationen und Ereignisse nachgelesen werden. Zum Beispiel die Fahrt nach Kiel am 16. Juni. 14 000 Studenten aus Flensburg, Kiel und Lübeck, Bürger, Hochschul- und UKSH Mitarbeiter zogen vom Kieler Bahnhof zum Landtag. Auch der Lübecker Sternenmarsch zum LN-Forum in St. Petri wird auf der Internetseite mit Bildern untermalt. Der Marsch ein wichtiger Baustein im Kampf um die Universität.

Dennis Boldt | StudentenPACK.

Landtagsabgeordnete in Kiel: „Ich hoffe zumindest, das alle Parteien aus diesem Sommer etwas gelernt haben.“

Im Juli dann die Lösung aus Berlin, im Hintergrund etwas kompliziert. Das Kieler Leibniz-Institut für Meereskunde soll in ein Institut der Helmholtz-Gemeinschaft umgewandelt werden, damit wird das Institut künftig durch 90 Prozent vom Bund getragen. Das Land finanziert das Institut zurzeit noch mit 50 Prozent. Hier knüpft vermutlich auch der Plan an, welcher vom Präsidium der Universität zu Lübeck ausgearbeitet wurde.In diesem Entwurf wurde aufgelistet, an welcher Stelle die Universität selber sparen kann und welche Umstrukturierungen dieses ermöglichen werden. Ganz vorne das Vorhaben, eine Stiftungsuniversität zu gründen und den Studiengang Medizin zu verkleinern. Leider fiel in diesem Zusammenhang auch das Wort Studiengebühren.

Diese Konzepte werden die Universität vielleicht sichern. Klar ist jedoch auch, dass die Universität durch diese Zeiten der Unruhe geschwächt wurde: Denn in einen labilen und umstrittenen Standort investiert man und dort bleibt man nicht. Umso ärgerlicher die Worte von Herrn Kubicki, Fraktionsvorsitzen- der der FDP im Kieler Landtag: „Die Universität stand nie auf der Kippe.“

Einen Standort so zu gefährden, nur weil man Kommunikationsschwierigkeiten hat, ist doch sehr fragwürdig. Unsicherheit bleibt, denn noch wurde keine offizielle Stellungnahme veröffentlicht. Die Liste der Haushaltsstrukturkommission steht scheinbar unverändert. Entschieden wird im Landtag im Dezember.

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Wer A sagt muss auch B(ib) sagen https://www.studentenpack.de/index.php/2010/02/wer-a-sagt-muss-auch-bib-sagen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2010/02/wer-a-sagt-muss-auch-bib-sagen/#respond Sun, 31 Jan 2010 23:00:28 +0000 http://www.phibography.de/StudentenPACK/artikel/?p=58

Platz nehmen und lernen – die Bib hat längere Öffnungszeiten. Foto: Sora Enders-Comberg

 

Vor gut achtzehn Monaten traten eine Hand voll engagierter Studenten zusammen, mit dem einzigen Ziel, auf die Missstände der Universitätsbibliothek zu Lübeck aufmerksam zu machen. Die sonst im CHE-Ranking so hervorragend bewertete Uni Lübeck besaß nach wie vor ein schwarzes Schaf: ihre mit veralteten Literaturbeständen gefüllte Bibliothek, die zudem noch zu kurze Öffnungszeiten hat.

Doch wie sollte man das Ganze angehen? Keiner der enthusiastischen Studenten hatte bis dato Erfahrung mit Vereinsarbeit und bei den wenigsten ließ sich Gremienerfahrung im Lebenslauf vorweisen. Auch die Vorstellungen in den bestehenden studentischen Organisationen wie AStA und StuPa waren ernüchternd, man diskutiere hier bereits in regelmäßigen Abständen über mögliche Verbesserungsstrategien. Alles sei zu festgefahren. Ohne konkrete Projektplanung, wie sie in Wirtschaftsunternehmen üblich seien, brauche man gar nicht mit einem Einsatz zu starten. Und schließlich habe es in der Vergangenheit immer wieder Bestreben gegeben, etwas zu verändern, alle seien gescheitert. Also sollte es auch dieser Gruppe vorherbestimmt sein? Das wollten die Neulinge einfach nicht glauben und so wurde die Initiative „365 Tage für die Hochschulbibliothek e.V.“ ins Leben gerufen. Dass sie den Verein eintragen ließen, war weniger ein Affront gegen die bestehenden Strukturen als vielmehr eine rechtliche Notwendigkeit zur Einnahme von Spendengeldern.

Eingenommen haben sie diese durch verschiedene Aktionen, wie den Kulturabend „Sprache, die für dich dichtet und denkt“ im Rathaussaal, das spektakuläre Konzert der Lübecker Pop Symphonics im Schuppen 6, die Tombola beim 1. Lübecker Hochschulball in der MUK, diverse Verkaufsstände auf dem Uni-Gelände, wie zum Beispiel der Getränkeausschank beim Studium generale und nicht zuletzt durch direktes Anschreiben potentieller Sponsoren. Auch die Aktion „Blut für die Bib“ in Kooperation mit der Transfusionsmedizin, die das Projekt nahezu das ganze Jahr begleitete, brachte Erfolge in die Kasse.

Klar kann man kritisch anbringen, dass mehr Ideen im Raum schwebten, als letztlich durchgeführt werden konnten. Aber ist das nicht in allen ehrenamtlichen Organisationen so? Offiziell angekündigte Aktionen wurden umgesetzt – und zwar mit Erfolg!

Auch hieß es im letzten StudentenPACK, die Gremien AStA und StuPa seien über Pläne nicht eingeweiht worden. Woher haben sie dann allerdings die Kenntnis über die vermeintlich geplanten, aber nicht durchgeführten Veranstaltungen? Auch dass die „Bibleute“ nie zu AStA-Sitzungen gingen, entspricht nicht ganz der Wahrheit. Denn die Vereinbarung war gewesen, den AStA über Neuigkeiten zu informieren. Neuigkeiten, die sich aus verschiedenen Gründen nicht im Wochenrhythmus der AStA-Treffen takten ließen. Aber ist es abgesehen davon überhaupt angebracht, nur die Bringschuld der Initiativaktiven zu erwähnen? Hätte man nicht auch mehr gegenseitiges Interesse erwarten können? Engagierte Studenten sind heutzutage leider viel zu rar. Solche, die versuchen, sich dabei gegenseitig auf die Füße zu treten, erzeugen bedauerlicherweise ein peinliches Trauerbild.

Doch nun zurück zu den Errungenschaften der Aktion! Geld allein macht bekanntlicherweise nicht glücklich und ist in der Bibliotheksproblematik wahrlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Also wurde zum Ende des Sommersemestesters evaluiert, um den Ursachen der Missstimmung gegenüber der Bibliothek auf den Grund zu gehen. Was stört die Studenten?

Dabei kam heraus, dass Mediziner wie auch TNF’ler längere Öffnungszeiten, vor allem in der Prüfungszeit forderten. Außerdem wurde von beiden Gruppen besonders die Verfügbarkeit und Aktualität der ausleihbaren Exemplare bemängelt.

Besonders die Mediziner wünschten sich außerdem mehr ruhige Arbeitsplätze mit angenehmerer Atmosphäre. Auf Öffnungen an Sonntagen konnte die Mehrzahl beider Gruppen verzichten. Diese Evaluation soll schon bald ihre Früchte tragen! Das Studiendekanat hat bereits den Vorschlag diskutiert, die Verlängerung der Bibliotheksöffnungszeiten mit Hilfe von HiWis zu finanzieren. Das würde bedeuten, dass die Bibliothek dann werktags bis 22 Uhr und samstags bis 18 Uhr geöffnet sein könnte. Die offizielle Entscheidung wird in Kürze erwartet. Engagement lohnt sich also doch!

Nun, aller Kritik zum Trotz, kann von einer gelungenen Aktion gesprochen werden.

Studenten haben geschafft, sich neben ihrem zeitintensiven Studium für etwas einzusetzen, Aufmerksamkeit zu erregen.

Sie haben sich ein Jahr lang in die Arbeit gekniet, für den einen oder anderen hat sich durch seinen Idealismus sogar die Studienzeit verlängert. Doch es hat sich gelohnt!

Am Ende dieses Projektes hat jeder Teilnehmer etwas gelernt, jeder hat seinen Beitrag dazu geleistet und neben der bisherigen Summe von rund 7000 Euro an Spendengeldern für die Bibliothek auch persönliche Erfolge verbuchen können. Besonderer Dank gilt dabei allen Vereinsmitgliedern, Sven Rieper mit den „Lübecker Pop Symphonics“, der „Prosthetischen Gruppe“, Prof. Borck, Prof. Westermann, Prof. Dominiak, Prof. Prestin, der Transfusionsmedizin, sowie all’ denen, die die Aktion unterstützt haben!

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