Anette Röttger – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Mon, 01 Jul 2013 09:48:10 +0000 de-DE hourly 1 Das tägliche Klein-Klein https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/das-tagliche-klein-klein/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/das-tagliche-klein-klein/#comments Mon, 13 May 2013 11:00:16 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=137409
Die Parteien buhlen wieder um Bürgerschaftssitze.

[media-credit id=14 align="aligncenter" width="645"] Die Parteien buhlen wieder um Bürgerschaftssitze.

„Wir leben in einer Demokratie! Da dürfen wir nicht in eine Zuschauermentalität verfallen. Man ist aufgefordert zum Mitmachen. Das Mitmachen beinhaltet für die Bürger, sich zu informieren über die Wahlprogramme der Parteien“, drängt Anette Röttger, bildungspolitische Sprecherin und Kreisvorsitzende der CDU in Lübeck, auf mehr Beteiligung am politischen Leben. Vor allem in Zeiten von Wahlen werden wir Bürger oft daran erinnert, wie wichtig es ist, dass wir unser Wahlrecht ausnutzen und demokratische Parteien wählen. So also auch jetzt. Am 26. Mai ist wieder Kommunalwahl. In Lübeck sind 175.000 Bürger dazu aufgerufen, ihre Vertreter in die Bürgerschaft zu wählen.

Die Bürgerschaft, das unbekannte Wesen

Die Bürgerschaft ist die Vertretung der Lübeckerinnen und Lübecker im Rathaus. Sie entscheidet über alle kommunalpolitischen Themen, wie zum Beispiel den Lübecker Haushalt, städtische Bauvorhaben und Kindergärten. „Man besucht um die acht Sitzungen im Jahr, diese müssen natürlich vor- und nachbereitet werden“, berichtet Oliver Dedow von den Piraten. Die Bürgerschaft besteht normalerweise aus 49 Mitgliedern. Aufgrund von Überhangmandaten und durch den Wegfall der Fünf-Prozent-Hürde waren es in der vergangenen Legislaturperiode 60 Mitglieder. Insgesamt zehn verschiedene Parteien, Wählerbündnisse und zusätzlich parteilose Mitglieder sind gewählt. „Hier kann man die Interessen der Bürgerinnen und Bürger hautnah vertreten. Man ist mit den Bürgerinnen und Bürgern hautnah in Kontakt“, freut sich Antje Jansen von der Partei LINKE. Die Bürgerschaft macht die Politik für das tägliche Geschehen in Lübeck.

Kommunalpolitische Ämter sind Ehrenämter. Insgesamt 15 bis 20 Stunden verbringe ein Kommunalpolitiker mit seinem Ehrenamt, meint Antje Jansen. Auch CDU-Frau Anette Röttger berichtet: „Die Kommunalpolitik fordert mich täglich ein.“ Die Mitglieder der Bürgerschaft bekommen zwar Aufwandsentschädigungen für ihre Tätigkeit, aber es gibt auf der kommunalpolitischen Ebene keine Berufspolitiker. „Da gehört ja auch einiges dazu, nicht nur die Teilnahme an Sitzungen. Da ist auch viel drum herum. Man geht mal zu Bürgerverbänden, setzt sich in andere Ausschüsse oder recherchiert“, berichtet Oliver Dedow. Insgesamt trifft sich die Bürgerschaft etwa einmal im Monat zu ihrer Sitzung, dort wird dann über Beschlüsse, die vorher in den diversen Ausschüssen gefasst wurden, beraten und abgestimmt.

In diesen 18 Ausschüssen beraten „Fachleute“ über den jeweiligen Fachbereich. Einige Themenbereiche sind Finanzen, Schule und der Kurbetrieb in Travemünde. Für die Vorbereitung der Bürgerschaftssitzungen gibt es zusätzlich den Hauptausschuss, der koordiniert, welche Themen in der nächsten Sitzung besprochen werden. Fasst einer der Ausschüsse einen Beschluss, wird dieser in der Bürgerschaft vorgestellt und dort wird endgültig darüber abgestimmt. Allerdings kann es vorkommen, dass die Mehrheit in der Bürgerschaft den Ausschüssen nicht zustimmt. „Die Ausschüsse müssten viel mehr Entscheidungskompetenz haben, in der Bürgerschaft sollten diese Beschlüsse nur noch durchgewunken werden. Es kann nicht sein, dass Fraktionen anders abstimmen als ihre Vertreter es vorher im Ausschuss getan haben“, beschwert sich Pirat Oliver Dedow über die aktuelle Situation in der Bürgerschaft. „Die Ausschusssitzungen sind wirklich uninteressant. Das muss man einfach so sagen“, beklagt sich Timon Kolterjahn von der FDP, der sich sicherlich auch mehr Kompetenzen in den Ausschüssen wünschen würde. Kommunalpolitik kann somit auch frustrierend sein.

Einstieg in die Politik

Warum sind trotzdem einige Lübeckerinnen und Lübecker motiviert, sich in die Bürgerschaft wählen zu lassen? SPD-Mann Jan Lindenau kann da eine sehr konkrete Motivation angeben: „Mein damaliger Grund war der Anschlag auf die Lübecker Synagoge. Ich hatte das Gefühl, dass man sich mehr einbringen muss, um die Demokratie, die Freiheit und auch das Gemeinwohl weiter zu stärken, damit es keinen Nährboden gibt für rechtsradikale Tendenzen.“ Er engagierte sich zuerst überparteilich und später parteigebunden. Heute, 16 Jahre später, ist Lindenau Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses und auch Vorsitzender des Finanzausschusses. Im Jahre 2011 ist Lindenau als Nachrücker in die Bürgerschaft eingezogen.

Der ’86 geborene Politikwissenschaftsstudent Timon Kolterjahn von der FDP fühlt sich zu Höherem berufen. „Kommunalpolitik ist der Einstieg in die Politik“, erklärt Kolterjahn. Außerdem glaubt er, auf der kommunalen Ebene eher etwas verändern zu können. Ähnlich sieht das auch die 63 Jahre alte Erzieherin Antje Jansen, die bis 2012 für die LINKE im Schleswig-Holsteinischen Landtag und gleichzeitig Bürgerschaftsabgeordnete in Lübeck war. „Ich finde Kommunalpolitik bringt mehr Spaß, weil man da näher am Bürger ist“, resümiert sie ihre Zeit in der Landespolitik. „Da kann man über Themen entscheiden, die die Bürgerinnen und Bürger bewegen. Es bringt Spaß, da man Erfolge hat“, freut sie sich.

Etwas politisch umzusetzen war auch der Gedanke, als Anette Röttger sich 2008 entschied, zum ersten Mal für die Bürgerschaft zu kandidieren. Die Mutter von drei Kindern engagierte sich bereits über Jahre hinweg im vorpolitischen Umfeld. Als aktives Mitglied im „Landfrauen“-Verein stieß sie immer wieder auf Themen, die sie ändern wollte. „Vor wenigen Jahren wurde ich dann aufgefordert, genau dies zu tun, unsere Wünsche politisch umzusetzen und mich für die Bürgerschaft aufstellen zu lassen.“ Seitdem sitzt sie in der Bürgerschaft und freut sich, dass sie sich im Bereich Bildungs- und Schulpolitik verwirklichen kann. „Mit drei schulpflichtigen Kindern bin ich gerade in diesem Thema sehr fit“, begründet die bildungspolitische Sprecherin der CDU Lübeck ihre Schwerpunktwahl. Gerade im Bildungsbereich sind Landes- und Kommunalpolitik sehr verzahnt. Die Stadt ist Schulträger und daher zuständig für die Schulgebäude sowie Hausmeister und Schulsekretärinnen, während die inhaltlichen Fragen im Landtag besprochen und geklärt werden. An dieser Stelle, aber auch bei anderen Themen, wird Kommunalpolitik häufig mit Landespolitik verwechselt. „Da ist es unsere Aufgabe, den Unterschied darzustellen, aber die Anliegen der Bürger auch in die Landes- und Bundesebene zu tragen“, verspricht Silke Mählenhoff.

Mählenhoff kandidiert in diesem Jahr zum ersten Mal für die Bürgerschaft in Lübeck. Obwohl sie seit dreizehn Jahren in Lübeck wohnt, war sie bisher im Grünen-Kreisverband Ostholstein engagiert, da sie auch dort in einem Jobcenter arbeitet. Ein kommunalpolitisches Amt konnte sie dort allerdings nicht bekleiden, da man das nur an seinem Wohnort kann. So kam die Hobby-Politikerin zu den Lübecker Grünen. „Da sich die Lübecker Grünen momentan personell umstrukturieren, passte es insofern ganz gut, dass ich mich jetzt hier engagiere“, freut sich die Umweltfreundin. Mählenhoff ist schon seit gut 25 Jahren für die Umwelt und den Umweltschutz aktiv. Ihr Engagement möchte sie auch in der Lübecker Bürgerschaft weiterführen. „Zu meinen Themen wird der Ausbau des Radwegnetzes in Lübeck gehören, dazu kommen Themen wie die Kläranlage und die Deponie in Ihlendorf. Da müssen wir für den Umweltschutz eintreten.“ Doch nicht nur auf kommunale Themen werden Kommunalpolitiker des Öfteren angesprochen, häufig ist der Unterschied zur Landespolitik den Bürgerinnen und Bürgern nicht direkt geläufig. „Das passiert häufig wenn man in der Breiten Straße steht“, empfindet Anette Röttger (CDU). Neben dem Thema Bildung ist die Steuergesetzgebung einer der Schwerpunkte, bei denen Kommunalpolitiker wenig Macht haben. Der Haushalt sei, so Oliver Dedow (Piraten), zu 90 Prozent vorgegeben, mit den restlichen zehn Prozent könne man arbeiten.

Die Themen, die eigentlich nicht in die Kommunalpolitik gehören, werden trotzdem auch in der Bürgerschaft diskutiert. „Da wird über viele Sachen gesprochen, die in Lübeck gar nicht umsetzbar sind. Vieles ist für eine Bürgerschaft auch eigentlich gar nicht relevant. Da müsste man viel mehr differenzieren“, behauptet Timon Kolterjahn und erinnert sich an eine Resolution der Lübecker Bürgerschaft gegen die Todesstrafe vor zwei Jahren. Wie Resolutionen funktionieren erklärt Antje Jansen (LINKE): „Mit einer Resolution beauftragen wir dann den Bürgermeister, sich im Landtag oder im Bundestag für die und die Fragen einzusetzen. Der Bürgermeister schickt das an den Bundestag, dann wird gesagt, dass sie es bekommen haben, aber nichts daran ändern. Die entscheidenden Fragen werden auf der Bundes- und Landesebene behandelt.“ Timon Kolterjahn resigniert: „Das kann in Lübeck ausgesprochen werden, landet dann aber im Ministerium in Kiel in irgendeiner Schublade.“

Streiten und Entscheiden

Über die verbleibenden kommunalen Themen kann man sich trotzdem vorzüglich streiten. „Am meisten gestritten wurde über die Finanzen. Ob man jetzt dem Konsolidierungskurs zustimmt, wo man kürzt, wo man spart, wo es Mehreinnahmen geben kann“, berichtet Antje Jansen aus den letzten fünf Jahren in der Bürgerschaft. „Die weitere Rekordverschuldung der Stadt ist eine ganz fatale und traurige Entwicklung“, findet Anette Röttger (CDU). Darin sind sich die Bürgerschaftler parteiübergreifend einig. „Juristisch ist es nämlich so, dass Gesellschaften und Privatpersonen eine Insolvenz eingehen können, Lübeck kann das nicht. Das ist eine rechtliche Vorgabe, vielleicht kann man da auf Bundesebene etwas ändern“, erklärt Oliver Dedow von der Piratenpartei die Rechtslage. Dedow arbeitet eigentlich in einer Kanzlei als Rechtsanwalt und hat sich auf Straf- und Verkehrsrecht spezialisiert. „Wir wollen den Bürgerhaushalt, damit sich die Bürger einbringen können. Es ärgert mich ungemein, dass die Bevölkerung so viele Ideen hat, die zu Hause oder am Stammtisch formuliert werden, die aber nicht ins Rathaus gelangen, weil es dafür keine Plattform gibt.“ Vielleicht braucht es einen neuen Ansatz. Die Stadt hat aktuell 1,3 Milliarden Euro Schulden mit einer jährlichen Neuverschuldung von rund 80 Millionen Euro. Das Konzept eines Bürgerhaushalts beinhaltet, dass sich die Bürger aktiv an Finanzentscheidungen beteiligen können. Dieses Projekt wird in Schleswig-Holstein bereits in einigen Kommunen ausgetestet. Für Lübeck wurde allerdings noch kein funktionierendes Konzept entwickelt. Mit dieser Idee können sich auch die Parteien SPD, LINKE und Grüne anfreunden. „Finanzpolitische Entscheidungen […] werden wir im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern treffen“, verspricht Jan Lindenau (SPD). Er arbeitet hauptberuflich in einer Bank und verbringt so sehr viel Zeit mit Zahlen. „Der Haushalt wird immer ein Thema bleiben.“

Zersplitterung und Fluktuation

Entscheidungsfindung ist in der aktuellen Bürgerschaft schwierig. Das Bundesverfassungsgericht hat die Fünf-Prozent-Klausel für Kommunalwahlen abgeschafft. Deshalb kam es zu einer Splitterung der Lübecker Bürgerschaft. In der letzten Legislaturperiode waren zehn verschiedene Parteien vertreten. Jetzt kandidieren elf Listen. Eine Partei braucht bei 49 vorgesehenen Sitzen für einen Sitz in etwa zwei Prozentpunkte. CDU-Frau Röttger mahnt an: „Wir brauchen keine Splitterungen oder kurzfristigen Aktionismus. Wir brauchen den weiten Blick und im Grunde genommen die längerfristigen Perspektiven.“ Die Zersplitterung frustriert auch Jan Lindenau: „Es können keine verlässlichen Mehrheiten gebildet werden, die für verantwortungsvolle Politik zwingend erforderlich sind. Ständig gibt es wechselnde Positionen bei den kleineren Wählergemeinschaften. Setzt sich ein Mitglied einer Wählervereinigung mit seiner Ansicht nicht durch, gründen sich neue Fraktionen und Wählervereinigungen.“ Ganz anders sieht dies naturgemäß Pirat Dedow. „Als kleine Fraktion, oder auch als Parteiloser habe ich die Möglichkeit, auf […] Missstände aufmerksam zu machen, und kann Ideen einbringen.“ Dedow entschloss sich vor einigen Jahren, einen neuen Bürgerverband mit einigen Mitstreitern zu gründen, die „Bürger für Lübeck“ (BfL). Für diese Fraktion ist er 2009, nachdem eins der gewählten Fraktionsmitglieder aus Lübeck wegzog, in die Bürgerschaft eingezogen. Mittlerweile hat Dedow die BfL verlassen und ist bisher als Parteiloser in der Bürgerschaft. „Ich bin da momentan noch als Einzelkämpfer unterwegs, hoffe aber, dass wir nach der Wahl eine richtige Fraktion werden.“ Die Mitglieder einer Partei, die in die Bürgerschaft gewählt wurden, werden zur Fraktion, sobald sie mit mehr als drei Personen gewählt wurden.

Hier finden die Bürgerschaftssitzungen statt.

[media-credit id=16 align="aligncenter" width="645"] Hier finden die Bürgerschaftssitzungen statt.

Zusätzlich zur Splitterung der Parteienlandschaft ist auch die große Fluktuation an Abgeordneten ein Problem, in den letzten fünf Jahren wurden mehr als ein Drittel der Mitglieder ausgetauscht. Scheidet eine Person aus der Bürgerschaft aus, rückt der nächste auf der Liste nach, so auch Jan Lindenau und Oliver Dedow. Die Fraktionen bekommen dann von der Stadt einen gewissen Etat und Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Insgesamt bekommen die Fraktionen zusammengerechnet 770.000 Euro von der Stadt. Dieses Geld wird zwischen den Fraktionen anhand der Mehrheitsverteilungen in der Bürgerschaft aufgeteilt. Die Fraktionen bezahlen von diesem Geld beispielsweise ihre Fraktionsgeschäftsführer. Dedow ist der Meinung, dass das zu viel Geld sei und möchte auf Missstände hinweisen: „Die Fraktion der Piratenpartei im Landtag hat das Geld, das übrigblieb von dem erhaltenen Fraktionsgeld, an das Land zurückgegeben. Das kommt bei anderen Parteien nicht so häufig vor. Da wird lieber noch eine Ausfahrt geplant.“

Doch was geht das ganze Diskutieren, Streiten und Beschließen nun Studenten an? Die meisten Studenten wohnen in Lübeck und sind hier wahlberechtigt. Aber ist Kommunalpolitik wirklich so wichtig für uns? Was wird da entschieden, das uns tatsächlich angeht? „Wo finde ich eine günstige Wohnung? Ist wohl eine der wichtigsten Fragen, die Sie sich stellen müssen, oder?“, beantwortet Silke Mählenhoff von den Grünen diese Frage. In den letzten Jahren hat die Stadt größtenteils Eigentumswohnungen bauen lassen. In den nächsten fünf Jahren werden sich die Fraktionen dafür einsetzen, dass auch der soziale Wohnungsbau weitergeführt wird. Auch die Linken-Politikerin Jansen sieht dies genauso. Sie wirbt dafür, dass sich auch Studenten in der Kommunalpolitik einsetzen sollten. „In den einzelnen Parteien der Bürgerschaft gibt es zu wenig junge Leute, die vielleicht auch das ganze Geschehen in der Bürgerschaft umkrempeln könnten. Im Durchschnitt sitzen dort ja immer noch die Älteren.“ Jansen hält es auch für wichtig für Lübeck, dass es viele Studenten gibt. Sie ist noch immer beeindruckt von der „Lübeck kämpft“-Aktion im Sommer 2010. Auch die Frage nach Arbeitsplätzen ist für Studenten interessant. Einmal während des Studiums, aber auch danach. „Wir als CDU sind in dieser Hinsicht auch sehr bestrebt, dass wir hier in Lübeck auch bezahlte Arbeitsplätze schaffen“, erklärt Anette Röttger die Pläne ihrer Partei für die nächsten fünf Jahre. Die Bürgerschaft möchte Lübeck als Wissenschaftsstandort weiterhin stärken. Auch „Lübeck kämpft“ ist immer noch ein Thema für die Kommunalpolitiker. Die Kreativität und der Ideenreichtum der Studenten haben die Bürgerschaft beeindruckt. „Ich hätte gerne mehr von der Uni hier in der Stadt und vielleicht auch mehr von der Stadt in der Uni“, wirbt Grünenpolitikerin Mählenhoff für die Vernetzung von Uni und Stadt. Auch die Lübecker Schulen sollen mehr mit der Universität vernetzt sein.

Weitere Themen, die für Studenten relevant sind, sind wohl der Busverkehr, der ausgeweitet werden soll. Vielleicht wird es weitere Bahnstationen zusätzlich zu dem Bahnhof in St. Jürgen geben. Für Studenten mit Kind ist es wichtig, dass die Bürgerschaft sich für eine bessere und flexiblere Kinderbetreuung einsetzen will.

Mehr Transparenz für Lübeck

Weiterhin wird es in Lübeck um Transparenz in der Politik gehen. Die Piraten fordern bekanntermaßen schon lange eine öffentlichere Politik. Das Konzept wird auch „gläsernes Rathaus“ genannt. „Es wäre vielleicht einfacher für den Bürger, die Kommunalpolitik zu verstehen, wenn er den Politikern auch mal über die Schulter schauen könnte”, motiviert Pirat Dedow. Ein Schritt in diese Richtung ist das neue Bürger- und Ratsinformationssystem „Allris“. Das ist ein Internetportal, auf dem Informationen wie Verwaltungsvorlagen und politische Beschlüsse zur Verfügung gestellt werden. „Das sollte noch viel mehr ausgeweitet werden“, findet FDP-Kandidat Timon Kolterjahn. Einige der Parteien möchten sich dafür einsetzen, dass die Bürgerschaftssitzungen per Livestream im Internet übertragen werden. Durch Bookmarks können dann die Diskussionen über bestimmte Themengebiete findbar gemacht werden. „Von Bürgerbeteiligung halte ich sehr viel“, bestätigt auch Silke Mählenhoff (Grüne), „das finde ich sehr kostbar.“ Im Zeitalter des Internets werde man da eine Lösung finden können.

Dies ist auch nötig, denn der Mehrheit der Kommunalpolitiker fällt es gerade zu Wahlkampfzeiten auf, dass die Bürger nicht ausreichend informiert sind über das, was im Rathaus vorgeht. „Es kommt ja immer viel Protest, wenn es um Kürzungsgeschichten geht, wie Privatisierung oder sowas, dann gibt es immer einen großen Protest vor dem Rathaus“ sagt Antje Jansen (LINKE). „Ich höre leider in der Bevölkerung eine Verbitterung gegenüber der Politik. Ich mag mich manchmal schon gar nicht outen als Politiker, es käme häufig besser an, wenn ich Sportler wäre. Ich bitte aber alle anderen, dort mitzumachen und ihre Ideen einzubringen“, ruft Oliver Dedow von der Piratenpartei auf.

Die Frage ist nun, wer zieht eigentlich die Fäden in der Kommunalpolitik und wie viel Macht haben die gewählten Vertreter? „Der Souverän ist das Volk. Wir Politiker geben den Auftrag an die Verwaltung, etwas auszuarbeiten oder umzusetzen“, glaubt Silke Mählenhoff. Doch die Kandidaten, die bereits Mitglieder in der Bürgerschaft waren, sehen dies etwas anders. „Bürgerschaftsbeschlüsse werden durch die Verwaltung, möglicherweise aufgrund von Bearbeitungsvorgängen, anders mit Priorität versehen, als die Bürgerschaft sich dies wünscht.“, berichtet Jan Lindenau aus seinen Erfahrungen. Anette Röttger von der CDU sieht dies nicht ganz so eng: „Die Hauptverwaltung ist die hauptamtlich arbeitende Ebene, während die kommunalpolitische Ebene immer ehrenamtlich bleiben wird. Es ist nicht vorgesehen, dass die Kommunalpolitiker die Verwaltungsvorlagen erstellen sollen. Das würde auch nicht funktionieren.“ Auch Timon Kolterjahn von der FDP sieht die Situation kritisch: „Eigentlich müssen die gewählten Vertreter das alles beeinflussen. Mittlerweile ist der Spielraum sehr stark eingeschränkt.“ Er beschwert sich weiterhin, dass es nicht sein könne, dass die Verwaltung selbstständig entscheide und daraufhin die Politik gezwungen sei, einen Nachtragshaushalt einzureichen. „Das sind Sachen, die müssen schleunigst unterbunden werden.“ „Es gibt schon mal ein Kräftemessen zwischen Verwaltung und Politik“, sagt Jan Lindenau (SPD). „Wenn wir beispielsweise in die Finanzen mal hineinschauen wollen, wird das immer gleich boykottiert“, so Antje Jansen, die parteiübergreifend dazu aufruft, die Initiative zu ergreifen: „Der Bürgermeister steht der Verwaltung vor und der muss geknackt werden!“

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Interview mit Anette Röttger (CDU) https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-anette-rottger-cdu/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/05/interview-mit-anette-rottger-cdu/#respond Sat, 11 May 2013 22:00:01 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=139600 A_Röttger
Anette Röttger

StudentenPACK: Hallo Frau Röttger, es freut uns, dass dieser Termin so gut geklappt hat. Sie sind Kreisvorsitzende der CDU in Lübeck und bildungspolitische Sprecherin sowie Bürgerschaftsmitglied und in fünf Ausschüssen, verbringen Sie sehr viel Zeit mit Kommunalpolitik?

Anette Röttger: Als Bürgerschaftsmitglied bin ich bildungspolitische Sprecherin der CDU und habe letzten Sommer das Amt der Kreisvorsitzenden übernommen. Dadurch verbringe ich mehr Zeit mit der Kommunalpolitik und arbeite sehr stark daran, dass die Lübecker CDU wieder ein junges und frisches Bild gewinnt. Dazu gehört auch, Menschen anzusprechen, zu aktivieren und zu begeistern für Politik, Kommunalpolitik in erster Linie. Das erfordert, wenn man diese Aufgabe ernst nimmt, auch Zeit.

PACK: Was macht ein Kommunalpolitiker den ganzen Tag?

Röttger: Als Mutter von drei Söhnen bewirtschafte ich hier einen landwirtschaftlichen Betrieb. Das ist meine vorrangige Aufgabe. Kommunalpolitik ist eine ehrenamtliche Aufgabe, die ich in meiner Freizeit ausübe. Da bleibt nicht mehr viel Zeit für andere Freizeitaktivitäten. Man muss das also als mein Hobby bezeichnen.

PACK: Wie viel Zeit nimmt die Politik in Anspruch?

Röttger: Das habe ich nicht direkt aufgeschrieben, aber es fordert mich schon täglich ein. Nicht nur durch die Tätigkeiten in der Bürgerschaft, sondern auch gerade im Moment zur Vorbereitung der Kommunalwahl können Sie davon ausgehen, dass ich täglich Programmpunkte habe. Das sind dann Veranstaltungen, an denen ich teilnehme, oder einfach Arbeiten vom Schreibtisch aus. Das, was wirklich Zeit kostet, ist, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, an Veranstaltungen teilzunehmen, präsent zu sein und sich auszutauschen mit anderen.

PACK: Wie kamen Sie dazu, sich für CDU und die kommunalen Themen in Lübeck zu engagieren?

Röttger: Ich gehöre zu den Menschen, die sehr verwurzelt in dieser Region sind. Wir haben eine sehr große erweiterte Familie, wir sind alle hier und haben nicht das Bestreben, hier wegzuziehen. So ein landwirtschaftlicher Betrieb bindet einen sehr stark an die Region. Dann fängt man an, darüber nachzudenken und sagt sich „Ich will das hier nicht alles laufen lassen, ich will das alles etwas mit entwickeln in dieser Region.“ Ich schätze einfach diese Stadt, die mir so am Herzen liegt, und das Umfeld der Stadt, ich spreche da speziell auch vom Süden Lübecks und den Lüb’schen Dörfern. Diese zählen alle zur Stadt hinzu und brauchen auch ein Sprachrohr im Lübecker Rathaus. Ich komme aus einem langjährigen Engagement im vorpolitischen Raum. Seit vielen Jahren bin ich in den Landfrauen aktiv und habe mich dort mit Menschen getroffen und mich ausgetauscht. Dabei dachte ich immer wieder: „Das muss politisch umgesetzt werden.“ Vor wenigen Jahren wurde ich dann aufgefordert, genau dies zu tun, unsere Wünsche politisch umzusetzen und mich für die Bürgerschaft aufstellen zu lassen. Das habe ich zur letzten Kommunalwahl 2008 getan und wurde auch in die Bürgerschaft hineingewählt und habe schwerpunktmäßig das Thema „Schule und Bildung“ gewählt. Als Mutter von drei schulpflichtigen Kindern bin ich in dem ganzen Prozess auch fit bin. Ich habe sogar selbst mal an Schulen unterrichtet, da ich von Beruf Ökotrophologin bin. Das alles führte dazu, dass ich immer tiefer in diese Materie hineinwuchs und immer mehr Menschen kennenlernte und ein Engagement dafür entwickelte. Ich denke, an so etwas muss man dranbleiben und eine Kontinuität herstellen, denn das ist, was Kommunalpolitik braucht in dieser Zeit. Wir brauchen keine Splitterungen oder kurzfristigen Aktionismus. Wir brauchen den weiten Blick und im Grunde genommen die längerfristigen Perspektiven. Diese müssen auch von Personen vertreten werden, die längerfristig in dieser Region bleiben wollen.

PACK: Was waren seit 2008 große Streitthemen, worüber wurde am heftigsten diskutiert?

Röttger: Da gibt es definitiv einige. Wenn wir uns den Bildungsbereich nehmen, ist uns immer wieder die überraschende Schulschließung der sanierten Schule in Moisling. Das hätten wir uns so nicht gewünscht. Wir als CDU haben das auch verhindern wollen. Doch dazu ist es nicht gekommen, das haben die Mehrheitsentscheidungen anders befunden. Eine andere Geschichte ist der Flughafen. Das war ein ständiger Dauerbrenner, eine ständige In-Frage-Stellung. Heute bin ich heilfroh, dass sich ein Investor gefunden hat, der einfach an diese Region glaubt. Er ist genauso wie ich überzeugt davon, dass Lübeck eine tolle Stadt ist, dass hier Entwicklungspotential ist. Er hat eine Vision, hier etwas weiterzuentwickeln. Da können wir wirklich froh sein, dass wir das zusammen mit den Bürgern in einer Vernunftentscheidung gemeinsam mit der SPD entschieden haben. Das sind ganz markante Punkte, die auch immer wieder deutlich gemacht wurden. Eine weitere ganz fatale und traurige Entwicklung ist die immer weiter wachsende Rekordverschuldung der Stadt. Da können wir froh sein, dass es den Konsolidierungsfonds des Landes gibt, der unter Peter-Harry Carstensen eingeführt wurde, wo wir auch mit Stimmen der CDU dazu beitragen konnten, dass Lübeck an diesem Pakt teilnimmt. Weitere Punkte sind natürlich in der gesamten Schul- und Bildungsentwicklung die Schulreform auf den Weg gebracht worden. Gemeinschaftsschulen und Gymnasien entstanden sind, da es jetzt auf ein Zwei-Säulen-Programm hinauslaufen wird. Dazu muss man noch sagen, dass wir Mensen bauen konnten und Gebäude sanieren konnten aufgrund des Konjunkturpakets der Bundesregierung. Das ist wichtig, zu wissen, wo das Geld herkommt. Da ist eine ganze Menge passiert.

PACK: Welche Themen sind kommunal, welche nicht? Wo liegt der entscheidende Unterschied?

Röttger: Da muss man sich sicherlich ein bisschen hineindenken. Nehmen wir als Beispiel den Bildungsbereich, auf kommunaler Ebene haben wir eine reine Schulträgerpolitik zu verantworten. Wir sind zuständig für Schulgebäude, Schulsekretärinnen, bewegliche Ferientage und solche Dinge. Die Entwicklung des Bildungsganges als solches, oder Lehrer-Stellenzuweisung. Hier findet allerdings eine Durchmischung statt, weil vor Ort die Bedürfnisse formuliert werden. Da gibt es dann Ausschüsse, die die Entwicklungen begleiten. Die dritte Ebene ist die Bundesebene, die in den letzten Jahren durch Gelder die Möglichkeit gab, energetische Sanierungen durchzuführen.

PACK: Werden Sie häufig von Bürgern auf gerade diese nicht-kommunalen Themen angesprochen?

Röttger: Das passiert häufig, wenn man in der Breiten Straße steht. Hier vor Ort im eigenen Wahlkreis passiert das nicht so oft. Hier kommt es eher dazu, dass die Leute auf mich zukommen und mir ihre lokalen Probleme schildern. Natürlich kommt es auch häufig vor, dass ich zu dem einen oder anderen Thema nur sagen kann, dass ich das weiterleite. Damit kann ich dann aber auch helfen. Als Kreisvorsitzende der CDU bin ich auch landesweit vernetzt und im Landesvorstand. Dadurch kann ich Verbindungen herstellen.

PACK: Glauben Sie, dass die Bevölkerung genau Bescheid weiß, was im Rathaus passiert?

Röttger: Ja, darüber bin ich sehr traurig. Ich versuche immer, meinen Kindern zu vermitteln, dass wir in einer Demokratie leben, wir dürfen nicht in eine Zuschauermentalität, ein Geschimpfe über Politiker und Politikverdrossenheit verfallen. Man ist aufgefordert zum Mitmachen. Das Mitmachen beinhaltet für die Bürger, sich zu informieren über die Wahlprogramme der Parteien und dann auch zur Wahl zu gehen. In der letzten Wahlperiode hat die Bürgerschaft ein schlechtes Bild abgegeben, denn über ein Drittel der Bürgerschaftsmitglieder wurden ausgetauscht. Dazu haben sich die Fraktionen immer weiter zersplittert. Mittlerweile haben wir zehn verschiedene Fraktionen im Rathaus sitzen, was im Grunde zu einer Handlungsunfähigkeit geführt hat. Das war für mich ein Grund, mich definitiv einer der großen Parteien anzuschließen. Wir müssen als Fraktion eine gewisse Fraktionsstärke haben, damit Kommunalpolitik noch als Ehrenamt leistbar ist. Mit etwa zwanzig Personen kann man alle Fachbereiche abdecken, das funktioniert nicht in kleinen Gruppen von zwei bis drei Personen. Wir wollen konstruktiv nach Lösungen suchen und gemeinsam hier und da einen Kompromiss schließen. Studenten haben eine sehr gute Schulausbildung und streben einen Hochschulabschluss an, damit sind Sie Teil der qualifizierten Bevölkerung. Sie können sich nicht dieser Verantwortung entziehen und nicht wählen gehen.

PACK: Welche Themen sind aus Ihrer Sicht relevant für Lübecker Studierende?

Röttger: Für Sie wird es immer spannend sein: Wo und wie bekomme ich einen Arbeitsplatz? Die zweite Frage wird dann sein, ob Sie eine Familie gründen möchten. Dann drängt sich die dritte und letzte Frage auf, wo möchte ich wohnen. Kann ich den Wohnraum bezahlen und von dort aus alles erreichen? Auch die Bildungsangebote für Kinder sind da wichtig. Während des Studiums geht es eher um die Frage, wie der öffentliche Personennahverkehr läuft, wie ist die Uni ausgestattet und wie ist mein Umfeld gestaltet. Habe ich bezahlbare kulturelle Angebote, ist die Stadt attraktiv? Da hat Lübeck mit „Stadt der Wissenschaft“ und im Zuge der Absicherung der Uni einen erheblichen Schritt nach vorne getan. Dazu gehören auch Studenten, die den Kontakt zu den Schulen aufrecht erhalten. Das wird zukünftig nicht anders gehen, die Schulen müssen sich vernetzen mit den Hochschulen. Das hängt immer mit Personen und Persönlichkeiten zusammen und je besser wir das aufstellen, umso besser funktioniert das. Wir als CDU sind in dieser Hinsicht auch sehr bestrebt, dass wir hier in Lübeck auch bezahlte Arbeitsplätze schaffen. Der Standort bleibt ja immer davon abhängig, ob es Arbeitsplätze gibt. Das sind Themen, die man im Geldbeutel spürt. DA muss man Studenten auch drauf stoßen und sagen „Bringt euch ein.“

PACK: Wer macht Politik? Sie oder die Verwaltung?

Röttger:Die Hauptverwaltung ist die hauptamtlich arbeitende Ebene, während die kommunalpolitische Ebene immer die ehrenamtliche bleiben wird. Es ist nicht vorgesehen, dass die Kommunalpolitiker die Verwaltungsvorlagen erstellen sollen. Das würde auch nicht funktionieren. Die Verwaltung gibt die Dinge vor, aber die Politik ist durchaus durch Mehrheitsfindung in der Lage, diese Vorlagen zurückzuweisen und Änderungsanträge zu stellen, wir geben dem Ganzen die Handschrift. Deswegen sind Mehrheiten auch sehr wichtig, das verstehen die Bürger manchmal auch nicht so richtig, denn es ist ja ziemlich schwammig geworden zwischen den Parteien. Es kommt allerdings auf die Haltung an, in der CDU ist diese sehr von einem christlichen Menschenbild geprägt, da wird sparsam mit Geld umgegangen. Dies beeinflusst auch ein Verwaltungshandeln, die Verwaltung muss schon schauen, ob sie bei den von den Bürgern bestimmten Mehrheiten mit ihren Vorlagen durchkommt oder eben nicht.

PACK: Wir bedanken uns für das Gespräch!

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