Bildungspolitik – StudentenPACK. https://www.studentenpack.de Das Magazin der Studenten in Lübeck Mon, 03 Dec 2018 21:44:03 +0000 de-DE hourly 1 Im Glashaus der unbegrenzten Möglichkeiten https://www.studentenpack.de/index.php/2018/12/im-glashaus-der-unbegrenzten-moeglichkeiten/ https://www.studentenpack.de/index.php/2018/12/im-glashaus-der-unbegrenzten-moeglichkeiten/#respond Mon, 10 Dec 2018 09:00:39 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=399456 Zukunftsbasteln – so nannten wir den Nachmittag unter Freunden im WG-Zimmer einer Altbauwohnung. Eine Runde von Psychologiestudierenden trifft sich gegen Ende des fünften Semesters, um gemeinsam darüber zu diskutieren, wie es nach der Bachelorarbeit weitergehen soll.

Mit einem Psychologiestudium kommt man überall hin, dachte ich mir zu Beginn des Studiums. Die Psychologie findet Einhalt in immer mehr Gebieten des Lebens. Sei es in der Unternehmensberatung, Mensch-Technik-Interaktion oder Patientenversorgung und trotzdem muss ich nun feststellen, dass dem Horizont der unendlichen Möglichkeiten Grenzen gesetzt sind. Die Jobperspektiven mit einem Bachelor in Psychologie sind sehr gering und wenn man dann auch noch mit psychisch Erkrankten arbeiten möchte praktisch nicht existent. Also muss ein Masterabschluss her. Nur welcher? Wo? Und wie einen Masterplatz bekommen? Die angeblich beliebten Studierenden-Sprüche: Durchkommen ist alles; Hauptsache bestehen; Vier gewinnt; haben bei Psychologiestudierenden schon im Abitur nicht gezogen und leider ändert sich das während des Bachelorstudiums auch nicht.

Man lernt, kämpft, schwitzt und bangt gemeinsam, muntert sich gegenseitig auf, in jeder Klausurenphase dasselbe Spiel. Aber wenn am Ende die Noten vergeben werden, steht jeder für sich mit seinem Notendurchschnitt, mit dem er gegen die Kommilitonen/innen und vormals Mitstreiter/innen auf der Suche nach einem geeigneten Masterplatz antritt, alleine da.

Bewertet durch eine Zahl, die einen Studierenden hauptsächlich daran misst, an welcher Stelle auf dem Multiple-Choice Klausurbogen er seine Kreuzchen gesetzt hat, wird nun entschieden, wer eine Zugangsberechtigung für das Weiterstudieren eines Studiengangs erhält, der noch bis vor wenigen Jahren ohne sinnlose Untergliederung oder Selektion auskam und mit dem Erhalt des Diploms abschloss.

Wer heute nicht mit einem Bachelorschnitt jenseits der 2,0 nach Hause geht, bekommt schnell das Gefühl: Ein Bachelor in Psychologie ist nichts wert.

Ein Glashaus.Svenja Meyn | StudentenPACK.

Ein Glashaus.

Knapp ein halbes Jahr war es damals vom Zukunftsbasteln bis zum Ende der Bewerbungsfrist für Masterstudiengänge hin und das vorherrschende Gefühl war Unsicherheit. Fragen, die sich bisher jeder im Einzelnen gestellt hatte, wurden gesammelt und vielleicht zum ersten Mal laut ausgesprochen. Worauf spezialisiere ich mich? An welcher Uni sind meine Chancen am größten?

Wo ziehe ich hin, oder darf ich bleiben? Studiere ich lieber nochmal etwas ganz anderes? Was mache ich, wenn mein Plan A scheitert? Muss ich mich dann demnächst arbeitslos melden?

Mit bunten Farben zeichneten wir: Zukunftsvisionen von abenteuerlichen Weltreisen, verunglückte Deutschlandkarten mit möglichen Studienorten, Hochzeitspläne, Berufsperspektiven.

Die Trennung des Psychologiestudiums in einen Bachelor- und einen Masterstudiengang bietet den Studierenden die Möglichkeit der individuellen Spezialisierung und die Chance, über den Tellerrand der eigenen Universität hinaus schauen zu können.

Den Universitäten hingegen gibt es die Berechtigung zur Selektion. Jede Hochschule sucht nach den klügsten Köpfen, den besten Studenten/innen und erfolgreichsten Forschern/innen. Als ein hochökonomisches Mittel zur Trennung von Spreu und Weizen gilt, nach wie vor, der Numerus Clausus. Dafür nicht enthalten in der Beurteilung der Bewerbungen: Schufa-Auskunft der Eltern, Geschlecht und Ethnie, Anzahl der Twitter-Follower, Empathie- und Kommunikationsfähigkeit, Ambitionen, soziales Engagement.

Aber wozu die Selektion, wozu die Ablehnung von Bewerbungen solcher, die ihr Bachelorstudium abgeschlossen haben, vielleicht nicht mit summa cum laude, aber immerhin mit einem Bestanden oder besser?

Wenn es doch in Deutschland an psychologischen Psychotherapeuten/innen mangelt? Wenn doch auf der anderen Seite der Psychologie eine psychisch erkrankte Person steht, die nach Monaten oder sogar Jahren des Leidens endlich den mutigen Entschluss fasst, sich professionelle Hilfe zu holen und dann zunächst warten muss. Fast fünf Monate (19,9 Wochen) dauert es nach einer Studie der Bundespsychotherapeutenkammer von 2018 im Bundesschnitt von der ersten Anfrage des/der Patienten/in bis zum Therapiebeginn. Im April letzten Jahres ist ein neues Gesetz in Kraft getreten, nach dem Psychotherapeuten/innen mit Krankenkassenanerkennung wöchentlich feste Sprechzeiten für Interessierte anbieten müssen. Maximal vier Wochen darf die Wartezeit des/der Patienten/in für so einen 25 minütigen Termin dauern, ein Therapieplatz ist damit jedoch nicht gewährleistet.

Dass wir in Deutschland an einer psychotherapeutischen Unterversorgung leiden, ist ein offenes Geheimnis und dass die lange Wartezeit auf die Patienten/innen sowohl abschreckend als auch krankheitsfördernd wirkt, ist kein Wunder.

Wie können wir es uns als Gesellschaft leisten, an der psychischen oder sonst einer Gesundheit der Bevölkerung zu sparen, wo doch die nötigen Ressourcen (bereits drei Jahre ausgebildete Studierende) vorhanden sind?

Und die Bastelgruppe, die muss sich jetzt entscheiden. Am 15.07. enden in der Regel die Bewerbungsfristen für zugangsbeschränkte Masterstudiengänge.

Wer sich bereits beworben hat, der darf nun warten. Auf eine Zu- oder Absage von Plan A, dem Wunschmasterplatz, oder darauf, dass einige Absagen den Raum der angeblich unbegrenzten Möglichkeiten, auf ein „es bleibt ja immer noch die Warteliste“ reduzieren.

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Quote statt Note? https://www.studentenpack.de/index.php/2018/12/quote-statt-note/ https://www.studentenpack.de/index.php/2018/12/quote-statt-note/#respond Mon, 10 Dec 2018 09:00:04 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=399472
Medizinstudienplätze sind begehrt – nicht jeder bekommt einen.Lukas Ruge | StudentenPACK.

Medizinstudienplätze sind begehrt – nicht jeder bekommt einen.

Wie in jedem Jahr haben auch in diesem wieder Unmengen junger Menschen ein Studium begonnen. Diesmal über Tausend davon in Lübeck und von diesen circa zweihundert im Medizinstudiengang. Im Hinblick auf die kommenden Änderungen möchten manche von Ihnen vielleicht sagen: „Gerade nochmal Glück gehabt.“

Denn übernächstes Jahr soll sich das Vergabeverfahren für Humanmedizinstudienplätze (und vielleicht auch für Zahn- und Tiermedizin sowie Pharmazie) ändern. Das hat die Kultusministerkonferenz (KMK) im Juni dieses Jahres beschlossen, nachdem das Bundesverfassungsgericht im vergangenen Dezember das bisherige Verfahren als „teilweise verfassungswidrig“ bezeichnet hatte. Zu dem Gerichtsverfahren war es gekommen, weil zwei Studienplatzbewerber auch nach acht Jahren Wartezeit noch immer keinen Studienplatz erhalten hatten und daraufhin Klage eingereicht hatten. Wohlgemerkt nicht gegen eine Universität, wie es bei Studienplatzklagen üblich ist, sondern gegen das Vergabeverfahren an sich.

Ein bisschen kompliziert war es ja schon immer. Um einen Studienplatz in Medizin bewirbt man sich in der Regel nicht bei der Universität, sondern bei einer zentralen Organisation, die früher ZVS hieß und sich heute „hochschulstart“ nennt. Die vergibt dann die freien Studienplätze nach Quoten: 20 Prozent für die besten Abiturienten eines Bundeslandes, 20 Prozent für die, die schon am längsten warten und die restlichen 60 Prozent dürfen sich die Universitäten selbst aussuchen. Hierbei muss auch die Abi-Note berücksichtigt werden, zusätzlich dürfen aber Testverfahren, Berufsausbildungen oder Interviews die Auswahl beeinflussen. Nicht berücksichtigt sind hierbei Studienplätze, die zum Beispiel an die Bundeswehr oder an privaten Hochschulen vergeben werden.

Das darf so nicht bleiben, sagt das Bundesverfassungsgericht, und diese Entscheidung wurde landauf, landab von Politikern, Ärzten und Studierendenvertretern gelobt. Jahr für Jahr war es schwieriger geworden, einen Studienplatz zu erhalten. Die benötigte Wartezeit war auf 15 Semester gestiegen. Hier wird auch die wohl bedeutendste Änderung ansetzen: Die Wartezeitquote wird abgeschafft. Der KMK blieb wohl kaum eine andere Wahl, denn im Gerichtsurteil wurde festgestellt, dass einerseits die Wartezeit entbehrlich sei oder aber nach oben deutlich begrenzt werden solle, andererseits aber keinesfalls mehr Studienplätze über diese Quote vergeben werden dürften. Warten zu können, sei nunmal keine Eignung, hieß es da von Ulrich Steinbach, Amtschef im Wissenschaftsministerium Baden-Württemberg. Was mit all denen passiert, die bereits seit Jahren warten, bleibt erstmal unklar. Im Gespräch sind Bonus-Systeme für bereits gewartete Semester, ob Mit-den-Schultern-zucken-und-„Pech gehabt“-Murmeln auch eine Option ist, lässt die KMK noch juristisch prüfen. Unklar ist nämlich noch, ob das Vertrauen, das die Wartenden in das bisherige Verfahren hatte, schützenswert ist. Klar ist, dass eine Entscheidung zu Ungunsten zehntausender Studienplatzanwärter zahlreiche Folgeklagen nach sich ziehen dürfte. Zumindest wird es nicht mehr so sein, dass jeder mit Abitur in Deutschland prinzipiell Medizin studieren kann. Oberhalb einer bestimmten Notengrenze bleibt dann nur noch der teure Weg ins Ausland. Medizin könnte so für viele zu einem Studium werden, dass man sich leisten können muss.

Die Quote für die Abiturbesten bleibt bestehen und könnte sogar noch Studienplätze dazugewinnen. Hier wurde nur bemängelt, dass Abiturnoten in Deutschland kaum vergleichbar wären. Bis das Problem behoben ist, sollen die Plätze nicht mehr über die Note, sondern über den Prozentrang im eigenen Bundesland vergeben werden.

Für die hochschuleigenen Auswahlverfahren darf in der Neuregelung nicht mehr allein die Abiturnote herangezogen werden, sondern es müssen mindestens drei Kriterien in die Entscheidung einfließen. Welche das seien sollen, bleibt noch zu entscheiden. Vorstellbar sind Assessment-Parkours, schriftliche Tests oder Auswahlgespräche, wie sie bereits in Lübeck und an anderen Unis gängige Praxis sind. Schwierig ist hierbei jedoch, zu gewährleisten, dass keine Bewerbergruppe übervorteilt wird. So werden es sich manche nicht leisten können, an teuren Trainingscamps für die Auswahltests teilzunehmen. Was passiert, wenn im Auswahlgespräch eine Oberärztin dem Sohn eines Kollegen gegenübersitzt?

Nebulös ist noch ein neues Vergabeverfahren. Die sogenannte „Talentquote“ ist wohl als Ersatz der Wartezeit gedacht und soll das Abitur nicht allzu sehr berücksichtigen. Zu bedenken ist hierbei, dass es schwierig werden dürfte, der Vielfalt des Arztberufes gerecht zu werden. Werden nicht an eine Chirurgin andere Anforderungen gestellt als an einen Pathologen? Zugleich könnten umfangreiche Auswahlverfahren ein logistisches Problem werden. Bisher konnte man sich über Wartezeit an allen 35 Medizin-Fakultäten bewerben. Dass in Zukunft jeder Bewerber innerhalb von ungefähr zwei Monaten über das ganze Bundesgebiet an 35 Assessments teilnehmen kann, ist äußerst unwahrscheinlich. Eher werden sich die Bewerbungsmöglichkeiten weiter reduzieren. Dies scheint jedoch widersprüchlich zu einer Kernaussage des Verfassungsgerichtsurteils: Der Wahl der Wunschuni sollte eigentlich weniger Bedeutung zufallen – stehen statt den zurzeit vorhandenen sechs Auswahlmöglichkeiten aber nach der Regelung zum Beispiel nur noch drei zur Verfügung, führt dies wahrscheinlich zu gleichbleibenden Bewerberzahlen an den beliebten Standorten, während die Konkurrenz um Studienplätze in Standorten zweiter und dritter Wahl eher abnehmen dürfte. In der Folge könnten in zum Beispiel in Berlin, Münster oder Lübeck Studienanwärter abgelehnt werden, die, hätten sie sich stattdessen für eine andere Stadt entschieden, wahrscheinlich einen Studienplatz bekommen hätten.

Daneben sind weitere Auswahlkriterien Gegenstand hitziger Debatten. Als sicher gilt die Einführung sogenannter „Landarztquoten“. Nordrhein-Westfalen wird als erstes Bundesland ab Herbst 2019 7,6% seiner Studienplätze an Bewerber vergeben, die sich vertraglich verpflichten, nach Abschluss ihrer Ausbildung für zehn Jahre als Hausarzt in einer unterversorgten Region zu arbeiten. Bis dahin nachziehen werden wohl Bayern, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz. Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Sachsen, Baden-Württemberg und das Saarland sind auch dafür, klären aber noch, ob dieses Unterfangen überhaupt möglich ist. Bei Studierendenvertretungen kommt dieser Wandel längst nicht so gut an wie vielleicht bei vielen Patienten in der Provinz. Fest steht, selbst mit einer Einführung ab dem nächsten Wintersemester sind die ersten Effekte frühestens nach sechseinhalb Jahren Studium und fünf Jahren Facharztausbildung zu bemerken, tendenziell könnte es noch länger dauern. Und welches Bild wird durch solch eine Entscheidung transportiert? Statt ZDF-Romantik wird der Landarzt wohl eher zum Pflichtziel eines „Medizinstudenten zweiter Wahl“, der nach dem Selbstverständnis des Systems eigentlich gar nicht für dieses Beruf geeignet sein dürfte. Kriegen die „Landarztstudenten“ dann andere Kurse als ihre Kommilitoninnen? Ballast wie Interventionelle Radiologie oder operative Augenheilkunde könnte man dann ja weglassen, der Zug ist dann mit der Studienplatzannahme sowieso abgefahren. Warum also dafür Motivation aufbringen? Aber weil Zwangsbehandlungen rechtlich auch nicht ganz einfach sind, hält sich die Politik ein Schlupfloch offen. Ähnlich wie bei Bundeswehr-Studierenden soll man sich auch aus der Landarztverpflichtung mit einer Strafzahlung freikaufen können. Aber ist die Landarztquote dann nicht eher eine Reiche-Leute-Quote?

Apropos Quote: Die Lübecker Herzchirurgin und nunmehr auch CDU-Bundestagsabgeordnete Prof. Claudia Schmidtke forderte Anfang Oktober im Magazin „Der Spiegel“ eine „Männerquote“ im Medizinstudium. Zwar gebe es in ihrem Fachgebiet bundesweit keine einzige Chefärztin, dennoch drohe mit dem wachsenden Anteil an Ärztinnen ein „existenzielles Versorgungsproblem“, da diese ja alle in Teilzeit arbeiten und bereits in der Facharztweiterbildung eine Familie gründen würden. Frau Schmidtke nimmt übrigens in Lübeck auch Auswahlgespräche ab. Nur mal so.

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Ist die deutsche Bildung vergleichbar? https://www.studentenpack.de/index.php/2017/11/ist-die-deutsche-bildung-vergleichbar/ https://www.studentenpack.de/index.php/2017/11/ist-die-deutsche-bildung-vergleichbar/#respond Mon, 06 Nov 2017 09:00:16 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=301702
Abimotto: Ein Abi ohne Abimotto? Unvorstellbar!Frederike Heiden | StudentenPACK.

Abimotto: Ein Abi ohne Abimotto? Unvorstellbar!

1,4 oder 1,9 im Abi? Die Antwort ist klar: 1,4. Doch was, wenn die unterschiedlichen Ergebnisse nicht auf Grund von unterschiedlichen Noten entstehen? Was ist, wenn man mit exakt den gleichen Noten unterschiedliche Durchschnittsnoten erreichen kann? Dann befinden wir uns im deutschen Bildungssystem!

Wir befinden uns in einem System mit 16 verschiedenen Abiturprüfungsordnungen – also mit 16 verschiedenen Bildungssystemen. Doch trotz dieser Unterschiede soll angeblich niemand einen Nachteil haben – egal aus welchem Bundesland er kommt.

Ich wollte dem auf den Grund gehen. Wie gleich – beziehungsweise wie unterschiedlich – ist das Abitur in den verschiedenen Bundesländern? Ist es wirklich vergleichbar? Im Rahmen meiner Recherche las ich alle 16 Abiturprüfungsverordnungen, die alle unterschiedlich leicht oder schwer aufzufinden sind. Gott sei Dank gibt es Wikipedia.

Während ich fleißig Seite um Seite las, stieß ich auf weitaus mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten.

Gemeinsamkeiten der Abiturprüfungsverordnungen

Zu den Gemeinsamkeiten zählt der gemeinsame Punktemaßstab. Jedes Bundesland bewertet von 0-15 Punkten. Man muss in jedem Land in Block I mindestens 200 Punkte und in Block II mindestens 100 Punkte erreichen, um das Abitur zu bestehen. Der erste Block beinhaltet alle Noten aus den vier Halbjahren, während in den zweiten Block die Prüfungsnoten mit einfließen. Die Aufteilung in Block I und Block II ist in jedem Bundesland vorhanden und die groben Inhalte sind äquivalent. Daraus folgt natürlich, dass die Punktetabelle, nach der die Abiturnote festgelegt wird, ebenso in ganz Deutschland einheitlich ist. Doch hier hören so langsam die Gemeinsamkeiten auf. Die Art und Weise, wie man die Mindestpunktzahl in den Blöcken erreicht, unterscheidet sich stark. Während in zehn Bundesländern fünf Prüfungen Pflicht sind, gibt es drei Bundesländer, in denen das Abitur in nur vier Prüfungen abgenommen wird. In den restlichen drei Bundesländern können sich die Schüler aussuchen, ob sie sich in vier oder fünf Fächern prüfen lassen wollen. In Schleswig-Holstein können die Abiturienten wählen, ob sie zusätzlich zu ihren drei schriftlichen Prüfungen nur eine oder zwei mündliche Prüfungen absolvieren möchten. In fast allen Abiturprüfungsordnungen steht geschrieben, dass die mündliche Prüfung gegen eine besondere Lernleistung (BLL) ersetzt werden kann. Eine BLL kann aus einem vom Land oder Bund geförderten Wettbewerb, einer Jahres- oder Semesterarbeit, den Ergebnissen eines umfassenden und eventuell fachübergreifenden Projekts oder Praktikums oder einem Thema, für das sich der Schüler sehr stark interessiert, bestehen.

Wer jetzt vermutet, dass die fünf Prüfungen in jedem Bundesland gleich ablaufen, liegt falsch. Denn auch bei den Ländern, die die gleiche Anzahl an Prüfungen haben, gibt es Unterschiede. Viele verlangen vier schriftliche und eine mündliche Prüfung. Einige Bundesländer jedoch haben nur drei schriftliche Prüfungen, dafür dann jedoch zwei mündliche. Während in einigen Bundesländern zwischen normaler mündlicher Prüfung und Präsentationsprüfung gewählt werden kann, gibt es in anderen Ländern lediglich die „stinknormale“ mündliche Prüfung.

Eine weitere Gemeinsamkeit findet sich darin, dass die Prüfungen in Kunst, Musik oder Sport aus einem theoretischen und praktischen Teil bestehen. Jedoch muss man in Bayern schon recht früh wissen, ob man diese Prüfungen ablegen möchte, denn dann muss man während der Oberstufe das sogenannte Additum, einen doppelstündigen Zusatzkurs, belegen.

Die verschiedenen Abiturprüfungen in den Bundesländern.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Die verschiedenen Abiturprüfungen in den Bundesländern.

G8 oder G9?

Ein Thema, welches regelmäßig öffentlich von den Ländern diskutiert wird, ist „G8 oder G9“? In den letzten 15 Jahren haben alle Bundesländer versucht, sich dem internationalen Standard des Abitur in zwölf Jahren (G8) anzupassen, doch vor allem die westlichen Bundesländer sind sehr unzufrieden damit und wollen ihren Schülern lieber 13 Jahre (G9) Zeit lassen. Momentan ist Niedersachsen wieder vollständig zu G9 zurückgekehrt, Rheinland-Pfalz hatte nie flächendeckend G8 eingeführt und Bayern möchte ab dem nächsten Schuljahr zu G9 zurückkehren. Auch Schleswig-Holstein ist unzufrieden mit G8 und möchte zu G9, eventuell nicht ganz einheitlich, zurück. In den anderen alten Bundesländern herrscht entweder Wahlfreiheit an den Schulen, ob sie G8 oder G9 anbieten, oder es wird meist an Gymnasien G8 angeboten, an Stadtteilschulen oder Privatschulen hingegen können Schüler ihr Abitur nach der 13. Klasse abschließen. Doch was ist mit den neuen Bundesländern? Die sind voll und ganz zufrieden mit G8.

Die Vielfalt der Kurssysteme

Verzeiht es euren Kommilitonen, dass sie euch verdutzt anschauen, wenn ihr sie fragt, welches Profil sie hatten, denn außer den Schülern aus Schleswig-Holstein haben nur die Niedersachsen und die Hamburger sogenannte „Profile“ in der Oberstufe. Die Profile bestimmen den Schwerpunkt, zum Beispiel sprachlich, naturwissenschaftlich, sportlich oder ästhetisch, den der Schüler in der Oberstufe belegen wird. Im naturwissenschaftlichen Profil kann beispielsweise das profilgebende Fach Biologie sein und die profilbegleitenden Fächer Informatik und Geographie. In dem profilgebenden Fach muss eine Abiturprüfung abgelegt werden.

Im Großteil der Bundesländer herrscht das Prinzip von Leistungs- und Grundkursen. Es ist nicht immer gleich, wie viele davon belegt werden müssen. Doch was in Berlin, Bremen oder Sachsen Grund- und Leistungskurse heißt, heißt im Saarland E- und G-Kurse. Dahingegen nennt man sie in Brandenburg Fächer auf erhöhtem und grundlegendem Anforderungsniveau. In Mecklenburg-Vorpommern meint man auch das gleiche, nennt es dort aber Hauptfächer und Fächer. Etwas ausgefallener mögen es die süddeutschen Bundesländer. In Baden-Württemberg scheint es nichts Äquivalentes zu geben. Die Schüler dort müssen unter bestimmten Voraussetzungen fünf Kernfächer wählen. Das ist leicht verwirrend, denn in den meisten Abiturordnungen sind die Kernfächer definiert als: Deutsch, Mathe und eine fortgeführte Fremdsprache. Die Bayern haben auch ein ganz eigenes System aus Wahl-, Pflicht- und Profilbereichen. Der Begriff Profilbereich ist irreführend, denn hinter diesem Bereich verbirgt sich die Wahl des Wissenschaftspropädeutischen Seminars und des Projekt-Seminars. Im Wissenschaftspropädeutischen Seminar müssen die bayrischen Schüler eine Seminararbeit schreiben, welche Einfluss auf die Abiturnote hat. Das Projekt-Seminar dient der Studien- und Berufsorientierung. Ebenso zählt zu dem Profilbereich das vorher erwähnte Additum.

Gleiche Noten für alle?

Beim Durcharbeiten der Abiturverordnungen fiel mir auf, dass in einigen Bundesländern viel mehr Wert auf Sprachen als auf Naturwissenschaften gelegt wird. Da ich nicht ohne Grund an einer sehr naturwissenschaftlichen Universität studiere, stellte ich mir die Frage, ob naturwissenschaftlich begabte Schüler, die man mit Sprachen nur so jagen kann, in einigen Bundesländern benachteiligt werden.

Um das zu überprüfen, dachte ich mir zwei Schüler aus. Angelo, der sehr begabt in Sprachen ist, dafür jedoch nicht so gut in den Naturwissenschaften, und Martina, die wiederum sehr viel Talent in den Naturwissenschaften zeigt, jedoch mit den Sprachen auf Kriegsfuß steht. Mithilfe eines Abirechners (https://www.schuelerpilot.de/abirechner) errechnete ich jeweils für beide ihre Abiturnoten in den 16 Bundesländern. Damit eine möglichst hohe Vergleichbarkeit herrscht, gab ich beiden in der Gesamtheit die gleichen Noten. In allen Fächern des gesellschaftswissenschaftlichen Bereichs, in Kunst, Musik oder Darstellendem Spiel und in Sport haben die beiden in jedem Halbjahr 11 Punkte erreicht, wenn sie in einem der Fächer eine Prüfung ablegen sollten, dann haben sie dort ebenfalls 11 Punkte erworben. Übrig bleiben nun nur noch alle Fächer des mathematisch-naturwissenschaftlichen-technischen Bereichs, Deutsch sowie alle Fremdsprachen. Angelo hat durchgängig in Deutsch und den Fremdsprachen in allen Halbjahren inklusive der Prüfungen 14 Punkte bekommen, während er nur 7 Punkte in den Naturwissenschaften bekam. Martinas Noten waren genau umgekehrt.

Die Varianz der Abiturnoten überrascht. Angelo erreichte seinen besten Abiturdurchschnitt in Hamburg mit 1,4. Sein schlechtestes Ergebnis mit einem Durchschnitt von 1,9 erhielt er in Rheinland-Pfalz. 1,9 war auch sein Ergebnis in Baden-Württemberg, jedoch erwarb er hier 2 Gesamtpunkte mehr. Ganz anders sieht das Verhältnis bei Martina aus. Ihren besten Durchschnitt von 1,6 hätte sie in Mecklenburg-Vorpommern erreicht. Dagegen sollte sie besser nicht in Bayern oder Thüringen ihr Abitur machen, denn da würde sie nur einen Schnitt von 2,0 erreichen, wobei in Thüringen die 4 Punkte mehr den Schnitt auch nicht ändern. Im direkten Ländervergleich erreichten Martina und Angelo in Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt auf die Punktzahl genau die gleiche Note. In den Fällen, in denen sich die Durchschnitte unterscheiden, ist Angelo immer besser als Martina und das trotz gleicher Noten. Das liegt daran, dass in diesen Bundesländern in den Abiturprüfungen zwei der Kernfächer (Mathe, Deutsch und eine Fremdsprache) gewählt werden müssen oder alle drei Pflicht sind. Alleine durch diese Regelung ist Martina benachteiligt, denn ihr liegt nur ein Fach, Angelo jedoch zwei dieser Fächer. Die Frage, die sich hier stellt, ist: Warum werden heutzutage naturwissenschaftlich begabte Schüler benachteiligt, wo doch sprachliche Berufe genauso wichtig sind wie MINT-Berufe?

Doch wie groß waren die Unterschiede zwischen den einzelnen Abiturdurchschnitten zwischen Angelo und Martina in den einzelnen Bundesländern wirklich? Martina hatte dort immer einen um 0,2 schlechteren Abidurchschnitt. Sei es nun in Bayern oder Thüringen, wo Angelo mit 1,8 abschnitt, Martina sich aber mit einer 2,0 zufriedengeben musste, oder in Hamburg, wo Angelo mit einer sehr guten 1,4 abschloss, Martina jedoch im Gegensatz dazu nur eine 1,6 erhielt. Hier im “Echten Norden” hätte Angelo mit einem Schnitt von 1,6 besser abgeschnitten als Martina in ihrem naturwissenschaftlichen Profil mit 1,8.

Die Abiturdurchschnitte von Angelo und Martina in den einzelnen Bundesländern.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Die Abiturdurchschnitte von Angelo und Martina in den einzelnen Bundesländern.

Namensdiversität

Eine Kleinigkeit, die mir die Recherche und das Berechnen der Abinoten erschwerte, war die Tatsache, dass vor allem die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer in den Ländern sehr unterschiedlich heißen und zudem auch unterschiedliche Inhalte haben. Gibt es einerseits in einigen Bundesländern nur die Wahl zwischen Religion und Philosophie, so kann man sich in den anderen Ländern zwischen Religion und Ethik entscheiden. In Niedersachsen wird die Alternative zum Religionskundeunterricht „Werte und Normen“ genannt. Was in vielen Bundesländern Geographie heißt, heißt in anderen Erdkunde.

Und hinter die Unterschiede zwischen Wirtschaft, Wirtschaft und Politik, Sozialkunde, Politik/Gesellschaft/Wirtschaft, Politik, Gemeinschaftskunde und Wirtschaft und Recht zu steigen ist ebenfalls nicht leicht. Auch hier stellt sich die Frage der Vergleichbarkeit. Welches Fach vermittelt welche Inhalte? Und woher soll jede Universität, jede Fachhochschule und jeder Arbeitgeber in jedem Bundesland die Unterschiede kennen?

Einheitliche Bildung?!

Im Rahmen meiner Recherche stellte ich mir die Frage, warum es keine einheitliche Bildungspolitik in Deutschland gibt. Um diesen Aspekt besser analysieren zu können, schrieb ich die Mitglieder der Kultusministerkonferenz (KMK) jedes Bundeslandes an und befragte sie zu ihrer Meinung. In der KMK sitzen alle für Bildung und Kultur zuständigen Minister und Senatoren.

Eine Aufgabe der Kultusministerkonferenz ist, die Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit von Zeugnissen und Abschlüssen als Voraussetzung für die gegenseitige Anerkennung zu vereinbaren.

Die Kultusminister der Länder Sachsen, Baden-Württemberg, Saarland, Brandenburg, Bremen und Hessen sind sich einig, dass der Beschluss vom Oktober 2012 über die bundesweit einheitlichen Bildungsstandards in den Fächern Mathematik, Deutsch und einer Fremdsprache bei der allgemeinen Hochschulreife und der gemeinsam eingeführte Aufgabenpool für mehr Vergleichbarkeit und Anerkennung von Abschlüssen sorgen. „Es ist damit aber sichergestellt, dass jede Schülerin und jeder Schüler bundesweit am Ende einer gewissen Jahrgangsstufe die gleichen Kenntnisse und das gleiche Wissen vorweisen kann“, sagt die brandenburgische Bildungsministerin Britta Ernst.

Einig sind sich die Kultusminister darüber, dass der Bildungsföderalismus bleiben soll und seine Vorteile hat. Ein Vorzug des Bildungsföderalismus liegt für den hessischen Kultusminister R. Alexander Lorz in der „Beachtung regionaler Besonderheiten und [in der] größeren Nähe zu den tatsächlichen Problemen“. Diese Meinung vertritt auch Herr Commerçon, der saarländische Kultus- und Bildungsminister. „Lösungen, die in Wolgast passen, passen nicht in Rüsselsheim“ bringt es Herr Lorz auf den Punkt. Seiner Meinung nach würden die Entscheidungswege zu kompliziert, wenn die Entscheidungen in Bildungsfragen in Berlin getroffen werden würden und es eine Einheitsschule, an der Einheitslehrer nach Einheitsvorgaben unterrichten würden, gäbe. Dies möchte sich der hessische Kultusminister nicht vorstellen.

Frau Ernst plädiert für den Bildungsföderalismus: „Im Sinne der gewollten Vielfalt im Bildungswesen wird auf Detailregelungen verzichtet, um Raum für Innovationen zu lassen.“

Meinungen zur Aufhebung des Kooperationsverbots

Uneinigkeit herrscht bei dem Thema Aufhebung des Kooperationsverbots. Dieses beschreibt die Regelung, dass der Bund keinen Einfluss auf die Schulpolitik der Länder ausüben darf, insbesondere nicht durch die Finanzierung von Bildungsmaßnahmen. Die Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen stellten in der 960. Sitzung des Bundesrates den Antrag zur Aufhebung des Kooperationsverbots. Herr Ministerpräsident Weil aus Niedersachsen erwähnte im Rahmen dieser Sitzung, dass es bei der Einführung des Kooperationsverbotes darum ging, Mischkompetenzen zu vermeiden. Frau Senatorin Scheeres aus Berlin forderte auf: „Anstelle einzelner kleiner Reformschritte […] sollten wir mutig sein, Gemeinschaftsaufgaben zu formulieren und festzuschreiben. […] Es geht darum, bestimmte große Aufgaben gemeinsam anzupacken. Es geht darum, bestimmte Standards gemeinsam zu formulieren und in Deutschland sicherzustellen. […] Wenn wir das Kooperationsverbot überwinden, würde es gelingen, ein Programm für inklusive Schulen auf den Weg zu bringen, so dass alle Kinder und Jugendliche in Deutschland die Möglichkeit haben, in unseren Schulen ein inklusives Angebot zu erhalten.“

Frau Senatorin Dr. Bogedan aus Bremen bemängelt, dass der Bund heute etwa fünf Prozent des Gesamthaushaltes für Bildung aufwendet, während die Länder kontinuierlich immer größere Anteile ihrer Haushalte für Bildung aufwenden. „Eltern und Kindern ist es nicht mehr vermittelbar, dass es angeblich der Generationengerechtigkeit dient, wie der Bund trotz steigender Einnahmen zusieht, wie in den finanzschwachen Kommunen Schulgebäude verfallen und es beispielsweise an digitaler Infrastruktur fehlt.“ fügt Frau Dr. Bogedan hinzu. Frau Staatsministerin Dr. Hubig aus Rheinland-Pfalz sieht dies ähnlich: „Wir müssen eine tragfähige Grundlage schaffen, auf der Bund und Länder verlässlich Verabredungen treffen können, die dann für alle Beteiligten gelten. […] Dabei muss klar sein, dass die Verantwortung für die Bildung natürlich bei den Ländern liegt. An dieser großen Errungenschaft unseres Grundgesetzes wollen und dürfen wir nicht rütteln.“

Kultusminister Lorz aus Hessen sieht den Antrag einer Erklärung gleichkommen, dass die Länder ihre Kernaufgabe nicht erfüllen können und diese nur noch unter „dem Dach des Bundes erledigen könnten“ und „deshalb ihre Kompetenzen abgeben“ müssten.

Herr Bildungsminister Holter aus Thüringen ist der Meinung, dass „mit einer Aufhebung des Kooperationsverbotes […] sich der Bund an der Finanzierung gemeinsamer Bildungsaufgaben beteiligen [kann], ohne dass die föderale Verantwortung der Länder in Frage gestellt wird.“ Ergänzend schreibt Herr Holter: „Wir brauchen eine deutlich bessere Anerkennung der Bildungsleistungen über die Ländergrenzen hinweg. In einer Zeit, in der immer wieder Mobilität gefordert wird, dürfen Ländergrenzen keine Bildungsschranken sein!“ „Wenn wir wirklich eine ‚Bildungsrepublik Deutschland‘ werden wollen, brauchen wir eine neue Kooperationskultur zwischen Bund und Ländern. Dazu gehört auch eine stärkere Beteiligung des Bundes an der Finanzierung der Bildungsausgaben.“, stimmt Herr Commerçon aus dem Saarland zu.

Frau Staatsministerin Kurth aus Sachsen betont in ihrer Stellungnahme, dass „für Sachsen […] der Bildungsföderalismus ein Glücksfall“ ist. Die Verlässlichkeit und Kontinuität des sächsischen Schulsystems seien eine große Stärke. Frau Kurth unterstreicht: „Auf den Lehrer kommt es an! Unsere Lehrer konnten sich auf den Unterricht und auf ihre Schüler konzentrieren, statt sich dauernd in neuen Schulstrukturen oder Rahmenvorgaben orientieren zu müssen.“

Schüler: Zu Lernen bleibt beim Abitur nicht aus.Kevin Seelig

Schüler: Zu Lernen bleibt beim Abitur nicht aus.

Ein Fazit?

Zu Beginn meiner Recherche sprach für mich nichts gegen eine bundeseinheitliche Bildungspolitik. Doch je mehr ich mich mit der Thematik beschäftigte, desto mehr stimme ich mit den Politikern überein, dass es gut so ist, dass Bildung Ländersache ist. Trotzdem ist für mich die Bildung in Deutschland weder vergleichbar noch gerecht.

Wenn man in jedem Bundesland auf Grund anderer Regeln, Einbringungs- und Belegungsverpflichtungen, nicht den gleichen Abiturdurchschnitt erreichen kann und das mit exakt den gleichen Noten, dann ist dies für mich nicht vergleichbar. Wenn Schüler nur auf Grund ihrer Affinität zu den Naturwissenschaften in einigen Bundesländern schlechtere Durchschnitte erreichen, ist das nicht gerecht. Ich wäre für eine einheitliche Grundregelung, so dass in jedem Bundesland die gleiche Anzahl von Prüfungen abgenommen wird. Mathe und Deutsch sollten die einzigen fest vorgeschriebenen Abiturprüfungen sein, denn durch alle anderen Regelungen wird regelmäßig jemand benachteiligt. Deutsch und Mathe sind schon immer Grundlagenfächer gewesen, da wird auch niemand widersprechen, wenn diese Fächer verpflichtend sind. Ebenfalls sollte einheitlich sein, wie viele Kurse insgesamt eingebracht werden müssen, denn vor allem auf Grund der Unterschiede in der Einbringungspflicht entstehen die rein rechnerisch bedingten Differenzen in den Abiturdurchschnitten.

Doch manchmal können Schüler mit gleichem Wissen in unterschiedlichen Ländern nicht die gleiche Note erreichen, da vom Niveau her unterschiedliche Arbeiten geschrieben werden. Um dies gerechter zu machen, wurde das sogenannte Zentralabitur eingeführt. Jedes Bundesland gibt Aufgaben, die Lehrer ausgesucht haben, in einen Aufgabenpool. Die Aufgaben werden gegebenenfalls noch ein wenig angepasst. Zur Abiturprüfung dürfen sich die Länder aus diesem Pool Aufgaben wählen. Jedoch müssen nicht sehr viele Aufgaben aus diesem Pool abgeprüft werden, weswegen dann doch wieder die Uneinheitlichkeit von vorher herrscht.

Ich denke ebenfalls, dass eine Einigkeit bei der Frage „G8 oder G9?“ mehr Gerechtigkeit bringen würde. In drei Jahren Oberstufe kann mehr Unterrichtsstoff durchgenommen werden als in zwei Jahren. Dadurch gehen die Schüler schon mit unterschiedlichen Vorausetzungen an die Universitäten, sodass diese im ersten Semester erst versuchen müssen, alle auf ein Niveau zu bringen.

Letztendlich ist die Bildungspolitik nicht einfach zu gestalten, da bin ich mir sicher. Trotzdem gibt es an vielen Ecken Verbesserungsbedarf, sei es nur erstmal die Sanierung vieler Schulen.

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Immer wieder Neues https://www.studentenpack.de/index.php/2016/11/immer-wieder-neues/ https://www.studentenpack.de/index.php/2016/11/immer-wieder-neues/#respond Mon, 14 Nov 2016 09:00:18 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=248826
Bildunterschrift: Die Medizinische Hochschule Brandenburg ist nach einem Neuruppiner Apotheker benannt, der seinen Geburtsort im Alter von sieben Jahren für immer verließ und überregionale Bekanntheit mit einem Gedicht über Birnen erlangte. Quelle: Florian Schäffer (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Neuruppin_Am_Alten_Gymnasium_1-3_Altes_Gymnasium.JPG) unter Creative Commons (CC BY-SA 3.0) https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.enFlorian Schäffer

Bildunterschrift: Die Medizinische Hochschule Brandenburg ist nach einem Neuruppiner Apotheker benannt, der seinen Geburtsort im Alter von sieben Jahren für immer verließ und überregionale Bekanntheit mit einem Gedicht über Birnen erlangte. Quelle: Florian Schäffer  unter Creative Commons CC BY-SA 3.0

Seit ich vor fünf Jahren anfing, in Lübeck zu studieren, sind in Deutschland vier neue Studienorte wie Pilze aus dem Boden geschossen, weitere sind in Planung. So wird ab 2018 auch Augsburg eine medizinische Fakultät beherbergen. An keinem dieser Orte kann man jedoch „normal“ Medizin studieren, sondern es werden reformierte Formen und neue Modelle des althergebrachten Studiums ausprobiert. Grund genug mal einen kleinen Blick über den Tellerrand zu werfen.

Medizin studieren kann man – klar – in Lübeck. Daneben ist das in Deutschland aber noch an 39 anderen medizinischen Fakultäten möglich. Um eine möglichst vergleichbare Ausbildung zu gewährleisten, regelt die Approbationsordnung für Ärzte (ÄAppO) bundeseinheitlich fast alles, was mit der Ausbildung zu den akademischen Heilberufen zu tun hat. Ihre Vorgänger entstanden bereits im vorletzten Jahrhundert, ihre aktuelle Version wird im nächsten Jahr immerhin 15 Jahre alt. Falls ihr euch mal gefragt habt, warum es für das Chirurgie-Praktikum inklusive zwei Semester Vorlesung nur einen, für das zweiwöchige Sozialmedizinpraktikum aber ganze fünf einzeln benotete Scheine gibt, wisst ihr jetzt, wo ihr das nachlesen könnt.

Es wäre aber falsch zu denken, dass deshalb das Medizinstudium in Deutschland überall gleich abläuft. 16 der 40 Ausbildungsstandorte bieten sogenannte Modell- oder Reformstudiengänge an, die – meist zeitlich befristet – von dem üblichen Ausbildungsmodell abweichen. Hierbei wird zum Beispiel versucht, das Studium praxisorientierter auszulegen oder das Lehrsystem weg vom Frontalunterricht zu orientieren. Hier bietet zum Beispiel die private medizinische Fakultät der Uni in Witten/Herdecke einen Modellstudiengang an, der den Fokus auf das Problemorientierte Lernen (POL) legt, ein zentrales Element vieler Modell- und Reformstudiengänge, das Lübecker Medizinstudenten aus dem Fach „Klinische Umweltmedizin“ kennen. Die Idee klingt sinnvoll: Anhand beschriebener Symptome können in Kleingruppen Patientenfälle mit Differentialdiagnosen verschiedener Fachrichtungen erarbeitet werden. Also so, wie es im klinischen Alltag auch passiert. Ein weiterer Schwerpunkt wird hier auf das „Bedside-Teaching“ gelegt, also den Unterricht direkt am Krankenbett, der längst auch in Regelstudiengängen wie in Lübeck Einzug gehalten hat.

Auch die vorklinische Ausbildung ist Teil ständiger Reformen, wobei hier auch staatliche Fakultäten wie Aachen, Köln oder Hannover so weit gehen, gänzlich auf die Teilnahme am zentral geprüften Physikum zu verzichten und stattdessen äquivalente Einzelprüfungen anbieten. Oft werden statt einzelner Fächer wie Anatomie, Biochemie, oder Physiologie Module unterrichtet, in denen beispielsweise alle Aspekte eines Organs von der makroskopischen bis zur molekularen Ebene zusammenhängend betrachtet werden. Solche Abweichungen zu den Regelstudiengängen sorgen dafür, dass die Entscheidung für einen Reform- oder Modellstudiengang meist eine endgültige ist. Die verschiedenen Curricula erschweren die Anrechnung von Scheinen anderer Unis oder aus dem Ausland und damit einen Wechsel des Studienortes.

Ein verhältnismäßig junges Phänomen ist die Gründung privater medizinischer Fakultäten in Deutschland zum Teil als Tochteruniversitäten europäischer Institutionen. So studieren seit 2013 pro Semester 24 Studenten, die eigentlich an der University of Southampton immatrikuliert sind, an der Kassel School of Medicine. Der Unterricht ist bilingual und findet teils in England, teils in Kassel statt, als Abschluss dient nicht etwa das Staatsexamen, sondern der britische Bachelor of Medicine/Bachelor of Surgery, der EU-weit anerkannt wird und nach einem Anerkennungsjahr die deutsche Approbation (die Erlaubnis, einen Heilberuf ausüben zu dürfen) ermöglicht. Ähnlich verhält es sich mit dem Asklepios Campus Hamburg, der seit 2008 Studenten der Semmelweis Universität Budapest und weiterer ungarischer Fakultäten ausbildet, und der erst zwei Jahre alten Paracelsus Medizinischen Universität Nürnberg, einer Tochter der gleichnamigen Salzburger Universität. Beide verleihen ihren Absolventen ein sogenanntes Berufsdoktorat. Das bedeutet, der Abschluss des Studiums berechtigt direkt zum Führen des Titels „Dr. med. univ.“ ohne dass eine gesonderte Promotion erforderlich ist. Letztere prüft ihre Studenten mit der amerikanischen Zulassungsprüfung für Ärzte, deren erster Teil neben den Physikumsinhalten außerdem noch Mikrobiologie, Pathologie und Pharmakologie abprüft. Geschenkt gibt’s dort also auch nichts, auch nicht in finanzieller Hinsicht. Ein Studium an einer privaten medizinischen Universität in Deutschland kostet mindestens 50.000 Euro, oftmals werden Finanzierungsmodelle oder Stipendien angeboten, sollte man sich verpflichten, nach erfolgreicher Ausbildung auf bestimmte Zeit an den angebundenen Kliniken in der Region zu bleiben.

Zum Sommersemester 2015 immatrikulierten sich 48 Studierende an der bisher jüngsten Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane in Neuruppin, die gleichzeitig die erste medizinische Universität des Bundeslandes darstellt. Ihre Gründung soll den lokalen Ärztemangel verringern, die Studiengebühren liegen für die Mindeststudienzeit bei über 100.000 Euro.

Mittlerweile verschwimmen die Grenzen zwischen Regel- und Modellstudiengängen. So gibt es in Lübeck beispielsweise mit dem tüftl ebenfalls ein Trainingszentrum für praktische Fertigkeiten, Kleingruppenunterricht, Problemorientiertes Lernen und Seminare über Gesprächsführung. Ist die Ausbildung in Modellstudiengängen trotzdem besser? Die Ergebnisse im Staatsexamen sind zumindest ähnlich. Werden aus Studierenden neuer Studiengänge bessere Ärztinnen und Ärzte? Diese Frage wird sich kaum beantworten lassen, schon weil jeder eine etwas andere Vorstellung davon haben dürfte. Auch die Regelstudiengänge gehen mit der Zeit und entwickeln sich weiter, punkten aber gleichzeitig mit Erfahrung. Nichtsdestotrotz sind derartige Experimente meiner Meinung nach zwingend notwendig, um die Ausbildung stetig zu verbessern und den rasanten Entwicklungen in der Medizin gerecht zu werden.

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Ich werde Lehrerin https://www.studentenpack.de/index.php/2016/04/ich-werde-lehrerin/ https://www.studentenpack.de/index.php/2016/04/ich-werde-lehrerin/#respond Mon, 18 Apr 2016 07:55:06 +0000 http://www.studentenpack.de/?p=234537 Seit wenigen Wochen habe ich mein Referendariatszeugnis in der Hand. Ab sofort darf ich mich als Lehrerin für Informatik und Mathematik deutschlandweit an Gymnasien bewerben. Dabei habe ich nie auf Lehramt studiert. Es hat ganz anders als üblich angefangen: mit einem Informatikstudium. Als ich den Master in der Tasche hatte, zog es mich jedoch nicht in die nächste Firma oder zu einer Start-up-Gründung. Es zog mich in die Schule. Weil ich mit Informatik ein Mangelfach (korrekter: „Fach besonderen Bedarfs“) im Master grundständig studiert habe und zusätzlich ausreichend viele Inhalte für ein zweites Schulfach (Mathe) vorweisen konnte, durfte ich zum Beispiel in Niedersachsen einfach so, also ohne weitere Zwischenschritte, als sogenannter Quereinsteiger in das Referendariat starten. Nur noch ein halbstündiges Gespräch bei der Landesschulbehörde musste ich mit „geeignet“ bestehen und schon war ich zugelassen für das Referendariat, das mich heute nach meinem Bestehen jedem Gymnasiallehrer in Niedersachsen, der voll auf Lehramt studiert und dann das Referendariat bestanden hat, gleichstellt. Das heißt beispielsweise, dass auch ich im Schuldienst verbeamtet werden kann.

Warum ins Lehramt?

Die Idee, ins Lehramt zu gehen, kam in mir immer mal wieder auf, immer wieder bei meinen Hiwi-Jobs als Tutorin und ganz besonders dann, als ich an der Uni auch Schülerangebote wie das Informatik Summer Camp mit vorbereitete und betreute. Ich wollte meine eigene Begeisterung für das Fach gern weitergeben und bin an meiner Ausbildungsschule auf Schüler gestoßen, die sich begeistern lassen wollten. Vielleicht lag es an der Schule, vielleicht ist Informatik aber auch ein Fach, das polarisiert. Und da es, jedenfalls in Niedersachsen, kein Pflichtfach ist, kamen dann auch viele Hochinteressierte.

Unterrichten im Alltag

Von Tag eins des Referendariats an wurde ich den Schülern als Lehrer vorgesetzt – eine Einarbeitungszeit oder vorangegangene Hospitation gab es nicht. Man muss sich zunächst also selbst durchbeißen und stellt fest, dass die Verantwortungsbereiche nicht immer dort liegen, wo man sie erwartet hat. So hatte ich beispielsweise große Verantwortung für schöne, ordentliche Schulhefte – besonders in der sechsten Klasse. Nicht, dass mir selbst das immer so präsent gewesen wäre, aber insbesondere meine Schülerinnen erinnerten mich immer wieder mal liebevoll daran. Es fing an mit den Farben: “Frau Mielke! Ich habe aber gar keinen lila Stift dabei. Kann ich auch grün nehmen?” Während ich in den ersten Wochen noch dachte, dass es doch völlig schnuppe sei, welche Farbe nun, gingen meine Gedankengänge nach wenigen Monaten eher so:

Warum zum Kuckuck habe ich lila genommen?! Grün? Grün werden nachher die Nenner unterstrichen! Das geht nicht. Blau vielleicht… nein, zu tintenähnlich. Gelb? Sieht man kaum. Rot? Merksatzrahmenfarbe. Braun? Hässlich. Ratlosigkeit.

„Nimm einfach braun.“

„Hab ich auch nicht.“

Neben der sicherlich hochinteressanten Frage der geeigneten Farbe (die plane ich nun bereits im Voraus der Stunde!), war eine der ersten Fragen, die ich mir bereits vor Antritt des Referendariats stellte, eine Frage zu den Inhalten der Informatik: Kann man Schülern an der Schule überhaupt „echte“ Informatik beibringen oder geht es, wie früher häufig üblich, eigentlich um Word und Power Point?

Informatik an „meiner“ Schule

Wenn eine Schule Informatik anbietet, ist heutzutage – jedenfalls laut Lehrplan – auch so etwas wie Informatik drin. Und ich muss ehrlich gestehen, dass ich erstaunt war, was Schüler von heute an meiner Ausbildungsschule im Bereich Informatik so lernen konnten: In Klasse acht konnten diejenigen, die als projektartiges Wahlfach Informatik & Technik gewählt haben, mit Arduinos, also kleinen, programmierbaren Mikrocontrollern, Playmobilhäuser steuern. Sie haben LEDs, Lichtsensoren und Alarmanlagen eingebaut, verrückte Türöffnungskonstruktionen gebastelt und das Türöffnen über Bewegungsmelder ausgelöst. Sie haben Lego Mindstorms-Fahrzeuge auf Linien fahren lassen und Wettbewerbe durchgeführt, welches Fahrzeug zuerst die meisten Dosen umwirft. Und in Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag haben Elftklässler den Sechstklässlern Programmieren mit der visuellen Programmiersprache Scratch beigebracht.

Ab Klasse 10, in der der projektartige Charakter abnimmt und Informatik als „normales“ Unterrichtsfach neben anderen gewählt und auch als Abiturfach belegt werden kann, geht es dann auch um Dinge wie Algorithmik (inklusive Rekursion), Modellierung (zum Beispiel Klassenentwurf, Datenstrukturen wie Schlangen und Stapel), Datenbanken, Sicherheit (ich habe auch RSA und den Diffie-Hellman-Schlüsselaustausch unterrichten können) und vieles mehr. Die Abiturempfehlungen für 2017 geben das vor. Dafür, dass in Klasse zehn nur 90 Minuten pro Woche und in Abiturkursen 180 Minuten pro Woche zur Verfügung stehen, enthalten die Vorgaben fürs Abitur einen erstaunlich umfangreichen Querschnitt durch die Studieninhalte.

Kann man sich als Lehrer, der eigentlich aus der „puren“ Informatik kommt, trotzdem langweilen? Unabhängig vom Unterrichtsfach kommt man inhaltlich im Unterricht natürlich nie so weit wie im Studium, dennoch fühle ich mich intellektuell alles andere als unterfordert. Im Lehrerberuf ist es häufig nicht das Problem, die Inhalte selbst zu verstehen, wobei es natürlich auch hier Ausnahmen geben kann. Das Problem ist, die Inhalte in der so kurzen zur Verfügung stehenden Zeit für Schüler zugänglich zu machen. Nun arbeiten Schüler etwas anders als Studenten. Sie machen zwar Hausaufgaben, aber in der Oberstufe darf ich für ein 180-Minuten-Fach grob eine Stunde pro Woche für Hausaufgaben „blockieren“, damit die Schüler nicht auf mehr als zwei Stunden pro Tag kommen. Einführen, Verstehen und Üben müssen also bereits Teil der Unterrichtsstunde sein. Eine Vorlesung zu halten und die Schüler zuhause weiterarbeiten zu lassen ist daher nicht drin. Für mich war das anfangs eine große Hürde, denn mir fehlten schlicht die Beispiele und meine eigene Schulzeit lag nun ein paar Jährchen zurück. Aber genau diese Denkleistung macht für mich das Unterrichten zu etwas besonders Anspruchsvollem und zu einer hoch kreativen Arbeit, in der ich entscheiden darf und muss, mit welchem Material, mit welchen Vereinfachungen oder Metaphern, mit wie viel Abstraktion und wie viel Beispiel und in welcher Arbeitsform ich die Schüler erreichen kann. Während des Referendariats steht auch genau das auf dem Prüfstand.

So ganz allein ist man als angehender Lehrer im Referendariat mit den neuen Aufgaben und Eindrücken allerdings nicht. Wöchentlich finden verpflichtende Seminarveranstaltungen statt, in denen neben der Pädagogik (also im Wesentlichen der Frage, wie man mit Schülern umgehen sollte) die Transformation von Inhalt in Unterricht thematisiert wird. In sogenannten Unterrichtsbesuchen wird man zusätzlich vom eigenen Pädagogen und den Fachleitern zum eigenen Unterricht beraten – und am Ende von ihnen bewertet.

Fast so etwas wie eine Einstellungsgarantie

Insgesamt war das Referendariat anstrengend, aber ich habe an keinem Tag bereut, diesen Weg gegangen zu sein. Ich hoffe, dass noch viele Andere diesen Weg für sich entdecken und mithelfen, die Informatik in die Schulen zu tragen. Die politischen Mühlen mahlen langsam. Vor kurzer Zeit wurde der Vorstoß gewagt, Informatik als Pflichtfach in Niedersachsen einzuführen. Auch in Schleswig-Holstein ist das immer wieder mal in der Diskussion. Die Einführung des Pflichtfachs in Niedersachsen wurde dann doch gebremst – mit der Begründung, es fehlten Informatiklehrer. Kein Wunder, schließlich werden kaum welche für den Schuldienst ausgebildet. Viele Schulen hoffen jedoch trotz der noch sehr informatikarmen Bildungslandschaft darauf, dass sie Informatik anbieten können, denn auch die Eltern und Schüler haben erkannt, dass diese sowohl im privaten Umfeld als auch allgemeinbildend zunehmend an Bedeutung gewinnt. Daher hat ein ausgebildeter Informatiklehrer zur Zeit auch fast so etwas wie eine Einstellungsgarantie.

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Eine Herkulesaufgabe? https://www.studentenpack.de/index.php/2014/06/eine-herkulesaufgabe/ https://www.studentenpack.de/index.php/2014/06/eine-herkulesaufgabe/#respond Mon, 02 Jun 2014 09:10:59 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=211198 Früher waren die Rollen klar verteilt: Aufgabe einer Universität sind Forschung und theoretische Lehre, die der Fachhochschulen beschränken sich auf die praxisorientierte Lehre. Dabei durften nur die Universitäten als Forschungseinrichtungen Doktoranden ausbilden und Ihnen den begehrten Doktortitel verleihen. Im Zuge zahlreicher Bildungsreformen wurden jedoch die Studienabschlüsse beider Institutionen immer weiter angeglichen und der Forschungsauftrag der Fachhochschulen in jedem Bundesland fest ins Hochschulgesetz integriert. Für viele Fachhochschulen ist der nächste Schritt in diese Richtung – der Erhalt des Promotionsrechts, also die Möglichkeit Doktorgrade zu vergeben – nur die logische Konsequenz dieser Entwicklung. Dieser Ansicht ist auch die schleswig-holsteinische Wissenschaftsministerin Prof. Waltraud Wende, die als erste den Fachhochschulen des Landes dieses Recht fest zusprechen möchte. Umgesetzt werden soll dies mit dem 2015 in Kraft tretenden Hochschulgesetz. Sie begründet das in einer Stellungnahme: „An Fachhochschulen wird genauso geforscht wie an Universitäten. Zwischen der eher anwendungsorientierten Forschung der FHs und der eher grundlagenorientierten Forschung der Unis gibt es keinen Relevanzunterschied. Für mich gibt es nur Forschung. Nicht Forschung erster und zweiter Klasse.“

Arbeiten hier auch bald Doktoranden an ihren Promotionen?

Arbeiten hier auch bald Doktoranden an ihren Promotionen?[media-credit id=172 align="aligncenter" width="640"]

Alleine ist sie mit diesem Vorschlag nicht. Im Koalitionsvertrag der hessischen Landesregierung gibt es ihn auch, ebenso hat Baden-Württemberg eine „Experimentierklausel“ geschaffen, der forschungsstarken Fachhochschulen in einem zeitlich und thematisch begrenzten Rahmen das Promotionsrecht zum Ausprobieren verleiht. In Nordrhein-Westfalen hat die Landesrektorenkonferenz am 20. März im Schatten des Prozesses um eine gewisse Lübecker Ehrendoktorin den Plan vorgestellt, ein Graduiertenkolleg der Fachhochschulen mit eigenen Promotionen zu gründen.

Dr. Muriel Helbig, Dezernentin an der Bauhaus-Universität Weimar und ab August neue Präsidentin der Lübecker Fachhochschule, sagt dazu: „Ich halte das für einen interessanten Vorschlag. Es gibt durchaus forschungsstarke Fachhochschulen mit Professorinnen und Professoren, die eine Promotion sehr gut betreuen könnten. Und es gibt natürlich auch Absolventinnen und Absolventen an Fachhochschulen, die gerne promovieren möchten und das Zeug dazu hätten.“ Die Anzahl der promovierenden FH-Absolventen steigt stetig an, betrug aber zwischen 2009 und 2011 erst 1% der Gesamtpromotionen. Zurzeit führen vor allem zwei Wege den FH-Absolventen zum Doktortitel: Der Weg an die Universität, was in Lübeck durch enge Zusammenarbeit oft gelingt, für viele aber immer noch eine Odyssee aus Hürden und Ablehnungen darstellt, und der Weg zu Partnerhochschulen im Ausland. An diesen gelingt es oft eher an eine Promotionsstelle zu kommen. In beiden Fällen werden meist sehr gute Bachelor- und Master-Abschlüsse vorausgesetzt. Dr. Helbig sieht darin einen Missstand: „Hierfür an eine Universität wechseln, hat erstens nicht immer gut geklappt, und ist zweitens für die Fachhochschulen ein Verlust, die diese Personen gerne halten würden. Es wäre doch geradezu leichtfertig, dieses Potential nicht zu nutzen.“

Oft gibt es aber auch Vorbehalte über den Wissensstand. „Der Hauptunterschied ist, dass die Lehre an der FH deutlich weniger theorie- und forschungsorientiert ist und daher die Absolventen sowohl Defizite an Fachwissen aber auch an für die Forschung notwendigen Kompetenzen aufweisen, die durch die bei ihnen stark entwickelten Kompetenzen und Fähigkeiten in wirtschaftsnahen praktischen Bereichen nicht kompensiert werden. Universität und FH haben eben ihrer Aufgabe entsprechend unterschiedliche Bildungsziele.“, so Prof. Hartmann, Vizepräsident der Uni Lübeck, der selbst schon FH-Doktoranden betreut hat. Daher müsste seiner Ansicht nach ein möglicher FH-Doktorand in besonderem Maße die Fähigkeit einer schnellen Auffassungsgabe und einer selbstständigen Wissensaneignung besitzen, um in kürzester Zeit die fehlenden Kenntnisse erwerben zu können.

Nicht begeistert vom Vorschlag der Wissenschaftsministerin ist beispielsweise Prof. Westermann, Studiengangsleiter Medizin: „Ich halte davon nichts! Ich glaube, dass das Hauptaugenmerk darauf liegen muss, dass Promotionen eine hohe Qualität haben. Diese Qualität ist deswegen notwendig, weil Geld und zeitliche Ressourcen in die Promotionen fließen, was sich einfach bei niedriger Qualität nicht lohnt. Diese hohe Qualität ist an Strukturen gebunden, die oft über Jahre aufgebaut werden müssen. […] Diese Strukturen sind alle bei einer Fachhochschule nicht vorhanden. […] In erster Linie geht es auf Kosten derjenigen, die an der FH Doktorarbeit machen.“ Auch Prof. Dunst, Direktor der Klinik für Strahlentherapie, steht dem Gesetzentwurf ablehnend gegenüber: „Wir brauchen zukünftig mehr Exzellenz und Profilierung, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Der Vorschlag von Frau Ministerin Wende ist kontraproduktiv.“ Für Prof. Hartmann wäre das Promotionsrecht auch für die Fachhochschulen von Nachteil, da diese sich entweder „vertheoretisieren“ und dadurch ihr Profil verlieren müssten oder aber die Doktorarbeiten eine „Entwissenschaftlichung“ erführen. Beides wäre für den Wissenschaftsstandort Deutschland schlecht.

Sicherlich wird eine Fachhochschule nicht in dem gleichen Maße wie eine Universität Doktoranden ausbilden können. So müssen FH-Dozenten doppelt so viele Unterrichtsstunden wie ihre Kollegen an der Uni abhalten. Auch sind bei Fachhochschulen oft die finanziellen Ressourcen geringer. Dem statistischen Bundesamt zufolge warb 2011 ein Universitätsprofessor im Vergleich mit einem FH-Dozenten durchschnittlich das Zehnfache an nicht-öffentlichen Drittmitteln ein. Um die Fachhochschulen zu entlasten hat Prof. Wende hat ein Regelwerk entwickelt, in dem ein FH-Professor die Betreuung des Doktoranden übernimmt, während die Begutachtung einem Promotionsausschuss, der zum Großteil von Universitätsprofessoren gebildet wird, obliegt. „Das hat zwar auch Nachteile, würde aber auf einen Schlag viele Probleme lösen und ein deutliches Signal Richtung Qualitätssicherung senden. Auch für Promotionen an Universitäten könnte so ein Vorgehen durchaus sinnvoll sein.“, findet Dr. Helbig. Auch bestünde keine Promotionsverpflichtung, sondern vielmehr die Möglichkeit an besonders forschungsstarken Hochschulen zu promovieren, die auch über die notwendigen Ressourcen verfügen würden. So zum Beispiel an den Kompetenzzentren in Lübeck, die mit Drittmitteln bereits die notwendige Infrastruktur geschaffen hätten.

Für Prof. Hartmann ist wichtig, dass FH-Doktorarbeiten vor allem qualitativ mithalten können, da es sonst zu schwerwiegenden Problemen mit der Anerkennung deutscher Promotionsabschlüsse im In- und Ausland käme. Diese Qualität benötige jedoch ein Mindestmaß an „Über-den-Tellerrand-blicken“ in einer theoriegeprägten Forschungsumgebung, die von den FH-Instituten hohen personellen Freiraum und eine an universitäre Standards angepasste sachliche Ausstattung verlange. Dies sei weder bezahlbar noch bei dem aktuellen Fachkräftemangel zu leisten. Prof. Westermann ist ähnlicher Meinung: „Wenn die Struktur, die Kultur und das Geld fehlen, kann man sich noch so viel Mühe geben, die Qualität kann nicht so gut sein.“ Prof. Karl-Friedrich Klotz, Vorsitzender der Promotionskomission der Sektion Medizin, sieht das weniger drastisch: „Es ist sicher schwierig, wenn nicht unmöglich, Promotionsvorhaben in verschiedenen Fakultäten miteinander in ihrer Qualität und ihrem Niveau zu vergleichen. So gehe ich davon aus, dass es keinen grundsätzlichen systematischen Niveau-Unterschied zwischen den verschiedenen Hochschulen geben muss.“ Dennoch ist auch er der Meinung, die FH-Institute seien anders ausgestattet, als es für Promotionsvorhaben geeignet sei.

Ganz anders schätzt Dr. Helbig die Lage ein: „Das [diese Ressourcen] hat die FH Lübeck selbstverständlich. Formale Voraussetzungen und Strukturen wie Promotionsordnung, Graduiertenkommission, Promotionsurkunde lassen sich meiner Einschätzung nach rasch umsetzen. An vielen Universitäten gibt es aber weitere zentrale Angebote wie beispielsweise Stipendienformate, universitätsübergreifende Graduiertenakademien mit besonderen Angeboten und Ansprechpartnern, oder formale Optionen wie Cotutelle-Verfahren [binationale Promotion]. Das haben Fachhochschulen natürlich in diesem Umfang (noch) nicht. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass diese nach und nach nicht nur Bewährtes übernehmen, sondern auch neue, pfiffige Ideen speziell für Promovierende an Fachhochschulen entwickeln und umsetzen.“

Ihrer Ansicht nach würde auch die Universität profitieren. „Es wäre doch toll: An der Universität den Druck wegnehmen, dass jede (Grundlagen-)Forschung – ich übertreibe bewusst – sofort in ein patenfähiges, verwertbares Produkt überführt werden können muss. Promotionen mit Praxisnähe könnten mehr den Fachhochschulen überlassen werden.“

Sollten die Fachhochschulen das Promotionsrecht bekommen, ist es also an ihnen zu zeigen, dass sie damit umgehen können. Einen Versuch ist es allemal wert.

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Studieren mit Geld-zurück-Garantie? https://www.studentenpack.de/index.php/2014/02/studieren-mit-geld-zuruck-garantie/ https://www.studentenpack.de/index.php/2014/02/studieren-mit-geld-zuruck-garantie/#respond Mon, 03 Feb 2014 09:30:40 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=209079 „Heb bloß alle Kassenzettel für Bücher, Laptops und Kittel auf – das kannst du später alles von der Steuer absetzen!“, sagten vermutlich nicht nur meine Eltern, als ich 2011 mein Studium begann. Jetzt steht ein Schuhkarton mit Rechnungen unter meinem Bett und ich frage mich, ob ich davon jemals etwas haben werde. Bekomme ich wirklich Geld zurück und wenn ja, wie stelle ich das an?

Wer auch zu viele Mäuse und Kröten in die Uni gesteckt hat, kann sich unter Umständen vom Finanzamt Geld zurückholen.

Wer auch zu viele Mäuse und Kröten in die Uni gesteckt hat, kann sich unter Umständen vom Finanzamt Geld zurückholen.[media-credit name="Albina Schütz" align="aligncenter" width="645"]

Student ist nicht gleich Student

Nicht für alle Studenten sind die Aussichten gleich gut, Geld für ihr Lernmaterial zurückzubekommen: Unterschieden werden die echten Erststudenten von den Studenten, die vor dem aktuellen Studienabschnitt schon eine Berufsqualifikation erworben haben. All diejenigen, die mit ihrer Ausbildung schon arbeiten könnten, haben es leichter, ihr in Bücher investiertes Geld steuerlich abzusetzen. In diese Kategorie der Zweitstudenten fallen nicht nur die Studenten, die bereits ein abgeschlossenes Studium wie beispielsweise einen Bachelor haben: Alle, die eine Ausbildung haben – und wenn es nur der im Rahmen des Zivildienstes gemachte Rettungssanitäter ist –, können ihre Ausgaben auf die gleiche Weise steuerlich absetzen. Wer nach einem Studium an der Promotion arbeitet, hat die gleichen Möglichkeiten.

Für die echten Erststudenten hingegen ist es deutlich schwieriger: Sie kommen direkt aus der Schule oder aus dem Ausland und können somit noch nichts, womit sie gleich einen Beruf ausüben könnten. Auch ein abgebrochenes Studium qualifiziert nicht zum Arbeiten, sodass bis zum ersten anerkannten Abschluss alle Ausbildungsaktivitäten „Kosten der privaten Lebensführung“ verursachen. Diese Kosten hat jeder junge Erwachsene zu tragen, eine steuerliche Absetzung ist lediglich über Sonderausgaben denkbar.

Beschließt jemand nach dem Erlangen eines berufsqualifizierenden Abschlusses, sich weiterzubilden und beispielsweise noch ein Masterstudium zu absolvieren, wird diese Motivation sozusagen durch steuerliche Vorteile honoriert. Dabei ist vollkommen irrelevant, ob erste und zweite Ausbildung fachlich in die gleiche Richtung gehen: Entscheidend ist, dass der Zweck der Ausbildung objektiv erkennbar eine spätere Erwerbstätigkeit ist. Bei einem Rentner ist deswegen nicht damit zu rechnen, dass er seine Ausgaben für ein aus privatem Interesse aufgenommenes Studium generale steuerlich absetzen kann.

Was zählt als „Studienkosten“?

Die offensichtlichsten Studienkosten sind wohl Fachliteratur und Lernmittel wie prüfungsvorbereitende Skripte. Doch auch darüber hinaus ist einiges zu holen: Müssen Studien- und Prüfungsgebühren entrichtet werden, sind diese steuerlich absetzbar; das gleiche gilt anteilig für Internetkosten sowie über eine Kilometerpauschale für Fahrtkosten zur Uni oder sogar zu Lerngruppentreffen, wenn diese mit Ablaufplänen und Aufzeichnungen glaubhaft belegt werden können. Auch die Anschaffung von Arbeitsmitteln wie Taschenrechner, Computer oder benötigten Programmen kann zumindest teilweise berücksichtigt werden. Unter Umständen können sogar die Kosten für Wohnung oder WG-Zimmer am Studienort geltend gemacht werden, nämlich genau dann, wenn eine sogenannte doppelte Haushaltsführung vorliegt. Das bedeutet, dass am Heimatort eine vollständige zweite Wohnung unterhalten werden muss – das Mitbewohnen des alten Kinderzimmers reicht also nicht aus.

Allerdings dürfen Ausgaben nur dann steuerlich geltend gemacht werden, wenn die Kosten nicht erstattet werden: Steuerfrei von einer Stiftung erhaltenes Büchergeld ist ausschließlich für Ausbildungszwecke wie die Bücheranschaffung gedacht, diese Summe muss also von den Ausgaben abgezogen werden. Nicht mit den Studienkosten verrechnet wird dagegen BAföG, weil dieses auch zur Sicherung des Lebensunterhalts dient.

Kassenbons aufbewahren, einreichen, fertig?

Ganz so einfach ist es dann doch nicht: Ohne Steuererklärung läuft auch für Zweitstudenten nichts. Diese Steuererklärung kann sich allerdings lohnen, denn im Gegensatz zu Erststudenten können sie ihre Ausgaben für Lernmaterialien auch dann anrechnen lassen, wenn sie während der Studienzeit kein oder nur ein geringes Einkommen haben. Bei ihnen läuft die Absetzung der Ausgaben für Kittel und Co., wenn sie gar nicht oder als Angestellte arbeiten, über die sogenannten Werbungskosten. Die Voraussetzung für die Absetzbarkeit dieser Werbungskosten, nämlich dass die Summe aus Einkommen und Ausgaben negativ ist, ist bei den meisten Studenten erfüllt. Wenn entsprechende Nachweise vorliegen, können unbegrenzt Werbungskosten berücksichtigt werden.

Wichtig ist in dem Zusammenhang noch, mit welcher Art Job das Geld verdient wurde: Steht auf dem Gehaltszettel etwas von „Personengruppe 109“, handelt es sich um einen Mini-Job, der die Absetzung von Studienkosten nicht beeinflusst. Einnahmen aus einer Beschäftigung als Werkstudent (Personengruppe 106), auch wenn diese in geringfügiger Höhe entlohnt wird, wie beispielsweise eine HiWi-Stelle, können sich hingegen nachteilig auswirken.

Die Studienausgaben können dabei auf zwei verschiedene Arten abgesetzt werden, wobei der Verlustvortrag die bei Studenten übliche Variante ist. Dabei wird die Steuerersparnis in die Zukunft verschoben, auf den Zeitpunkt, wenn der Berufsanfänger arbeitet und Steuerabgaben zu entrichten hat. Wie viel Geld ein Student zurückbekommt, ist dann abhängig von seinem späteren Einkommen und dem Zeitpunkt im Kalenderjahr, zu dem er seine erste Stelle antritt. Prinzipiell gilt, dass es sich positiv auf die Steuerersparnis auswirkt, wenn das Einkommen hoch ist und die Berufstätigkeit möglichst früh im Kalenderjahr beginnt. So sind Konstellationen denkbar, in denen ein Student durch Steuerersparnis im Nachhinein etwa ein Drittel seiner Studienkosten zurückerstattet bekommt.

Wer in den vergangenen Jahren keine Einkommensteuererklärung abgegeben hat, kann seine Verluste durch Studienkosten auch jetzt noch nachträglich für die letzten vier Jahre feststellen lassen – vorausgesetzt, die Belege sind noch vorhanden. Hier zahlt sich der Schuhkarton voller Kassenbons unter dem Bett also aus.

Arbeiten für die Steuerersparnis?

Erststudenten sollten sich auf diese Aussicht, solch einen großen Anteil ihrer Studienkosten später zurückzubekommen, lieber nicht zu früh freuen: Die momentane Gesetzeslage sieht zwar vor, dass jährlich bis zu 6000 Euro Studienkosten als Sonderausgaben abgesetzt werden können, allerdings lohnt sich dieses nur dann, wenn die Einnahmen im gleichen Jahr den Steuerfreibetrag von 8130 Euro (für 2013) überschreiten. Einkünfte in dieser Höhe dürfte kaum ein Studierender haben, sodass diese Möglichkeit bei den meisten verpufft.

Dadurch ist es momentan so, dass ein Erst- und ein Zweitstudent im gleichen Kurs sich das gleiche Buch kaufen können und nur einer von ihnen die Ausgaben dafür steuerlich absetzen kann: Der Zweitstudent profitiert, wenn er vor dem Studium beispielsweise 520 Stunden in die Ausbildung zum Rettungssanitäter investiert hat, der Erststudent bleibt auf seinen Kosten sitzen.

Viele Studenten finden das ungerecht und haben daher Klage bei den Finanzgerichten eingereicht. Ein erstes Verfahren wurde im November 2013 entschieden – leider zum Nachteil der Erststudierenden. Denn die Richter des Bundesfinanzhofs halten die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Erst- und Zweitstudium für in Ordnung. Doch es gibt noch immer Hoffnung für die Erststudenten: Noch sind einige Klageverfahren beim Gericht anhängig. So unterstützt der Bund der Steuerzahler beispielsweise einen BWL-Studenten, der die Kosten für sein Auslandssemester geltend machen will. Wie in diesen Verfahren entschieden wird, bleibt abzuwarten. Vielleicht ergibt sich nach dem nächsten Urteil ja wieder eine Zeit, in der auch Erststudenten ihre Ausgaben für das Studium als Werbungskosten absetzen können.

Wer nichts unversucht lassen will, sollte deswegen bis zum 31. Dezember eine Steuererklärung abgeben und darin die Berücksichtigung seiner Studienausgaben als Werbungskosten beantragen. Mit Verweis auf die aktuelle Rechtslage wird dies vorerst abgelehnt, doch gegen diesen Bescheid kann mit Verweis auf die laufenden Verfahren Einspruch eingelegt werden: Bis der Bundesfinanzhof eine Entscheidung getroffen hat, bleibt der Fall offen und dann wird gemäß dieser Entscheidung verfahren. Nähere Infos zu dem Thema gibt‘s auf unserer Internetseite. Zudem besteht außerdem die Möglichkeit, sich vor Ort von der Vereinigten Lohnsteuerhilfe beraten zu lassen, die dieses Jahr voraussichtlich auch wieder einen Vortrag an der Uni anbieten wird.

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Bundesstudienförderung – Ein Kommentar https://www.studentenpack.de/index.php/2014/02/bundesstudienforderung-ein-kommentar/ https://www.studentenpack.de/index.php/2014/02/bundesstudienforderung-ein-kommentar/#respond Mon, 03 Feb 2014 09:00:55 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=209052 Immer mal wieder ertönt der Ruf nach einem bedingungslosen Grundeinkommen für Studenten. In letzter Zeit hat das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) wieder für mehr Diskussionen über die „Bundesstudienförderung“ gesorgt. Gerade in Zeiten der schlechten Wirtschaftslage klingt ein Grundeinkommen für Studenten nach einem Angebot, das man nicht unbedingt ablehnen möchte. Wie aber soll man sich das ganze Projekt und vor allem seine Finanzierung vorstellen?

Das CHE nennt noch keine Zahlen, einige Medien sprechen von etwa 250 Euro, die jeder Student als Sockelzahlung bekommen soll. Nach Einzelfallprüfung kann es Zuschüsse geben. Wie die genau aussehen sollen, steht noch in den Sternen, man könnte sich wohl an den BAföG-Richtlinien orientieren. Als Drittes gibt es einen Darlehensanteil, der nach persönlichem Bedarf pro Monat geregelt wird, aber auch verzinst wird. Kurz: Ein Student stünde mit 250 Euro pro Monat da, falls er nicht als sonder-förderungsberechtigt gilt und keine Schulden aufnehmen möchte. Das soll die Lösung sein?

Zugegeben ist der Dschungel an Möglichkeiten zur aktuellen Förderung während des Studiums sehr dicht und verwirrend und es bedarf einiger Zeit, sich dort durchzuarbeiten. Aber meiner Meinung nach lohnt sich die Anstrengung, da es viele Möglichkeiten gibt, eine Förderung zu erlangen. Oft wird behauptet, eine Bundesstudienförderung reduziere Verwaltungsaufwand und -kosten. Das so eingesparte Geld könne für die Sockelförderung verwendet werden. Nur drängt sich die Frage auf, wer die Übersicht behält, wie viele Studenten es gerade gibt, wie die Überweisungen geregelt werden und vor allem, wer für die Einzelfallprüfung verantwortlich ist. Außerdem heißt es beim CHE, der Sockelbetrag solle regelmäßig überprüft und angepasst werden. Das klingt so, als wäre eine nicht geringe Zahl an Personen nötig, damit die Finanzierung zu jedem Semester reibungslos abläuft.

Schon jetzt gibt es Personen, die nur immatrikuliert sind, um die Vorzüge des Studentenstatus zu erlangen, sprich Vergünstigungen und eventuelle Zuschüsse durch BAföG und Wohngeld. Bietet man eine Bundesstudienförderung an, wird die Zahl der „Passivstudenten“ drastisch steigen, da sie so leicht an Geld kommen. Den Aufwand der Einschreibung wird man für 250 Euro im Monat in Kauf nehmen. Auch die Formulierung für die Zuschüsse nach Einzelfallprüfung ist sehr schwammig. Bekommt automatisch jeder Student, der nicht in seinem Heimatort studiert, mehr Geld? Oder werden sich nur noch wenige von Zuhause wegbegeben, da ein Studium an einem anderen Ort zu teuer ist? Auch bleibt offen, ab wann die Eltern als nicht förderungsfähig eingestuft und wie genau unterschiedliche soziale Schichten berücksichtigt werden.

Ich denke, eine grundsätzliche Förderung von Studenten ist eine sehr gute Idee. Leider birgt sie aber einige Probleme, die nicht so leicht zu bewältigen sind. Der vermeintliche Rückgang des Verwaltungsaufwands ist auch keiner, da das vorgeschlagene System trotz allem Papier- und Verwaltungsarbeit verlangt. Solange es keine fundierte Förderung durch die Politik gibt, welche sich aber noch nicht ernsthaft dazu geäußert hat, bleibt die Bundesstudienförderung Zukunftsmusik mit einer gut gemeinten Idee.

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Deutliche BAföG-Verzögerungen befürchtet https://www.studentenpack.de/index.php/2013/07/deutliche-bafog-verzogerungen-befurchtet/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/07/deutliche-bafog-verzogerungen-befurchtet/#respond Sun, 21 Jul 2013 14:13:47 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=158749 Seit Jahren ist bekannt, dass im bargeldlosen Zahlungsverkehr ab Anfang 2014 anstelle der alten Kontodaten das SEPA-Verfahren eingesetzt werden muss. Für Behörden und Organisationen heißt dies, dass sie ihre Systeme umstellen müssen. Auch für BAföG gilt dies. Doch so wie es aussieht, scheint die Software nicht rechtzeitig zu kommen, oder sogar wenn sie kommt, nicht wirklich zu funktionieren.

Für Studierende bedeutet dies potentiell größere Verzögerungen bei der Überweisung ihres Geldes. Schon jetzt sind laut Landes Asten Konferenz (LAK) bei der Bearbeitung von Anträgen manchmal Wartezeiten von drei Monaten gegeben. Dies ruft nun die Studentenwerke in den Bundesländern auf den Plan. Die Studentenwerke sind in den Bundesländern für die Bearbeitung der Anträge und die Verteilung der Gelder, also die gesamte Logistik verantwortlich. Sie befürchten im ersten Quartal 2014 nicht alle Förderungsgelder verteilen zu können. Es gibt Alternativen neben dem in Auftrag gegebenen, sich wahrscheinlich verzögernden System, doch diese müssten extra eingekauft werden. Das Studentenwerk Schleswig-Holstein favorisiert derzeit, eine alternative Software zu kaufen, doch die Landesregierung Kiel wiegelt ab. Sie hofft, dass es zu keinen Verzögerungen kommen wird. Anders hat man sich in Bayern entschieden, wo bereits eine Software eingekauft wurde.

Angesichts des inzwischen nahenden Jahreswechsel hat sich nun die LAK Schleswig-Holstein mit einer Erklärung in die Diskussion eingeschaltet. Laut verschiedener Stellen im Studentenwerk, so heißt es in der Stellungnahme „wird sich die Bearbeitung von BAföG-Anträgen deutlich verzögern, da die nötige neue Software weder fehlerfrei funktionieren soll, noch die SachbearbeiterInnen ausreichend mit ihr vertraut sind.“ Sie „fordert […] die Kieler Landesregierung auf, dem Studentenwerk Schleswig-Holstein die erforderlichen Mittel für den Erwerb einer entsprechenden Software, den zeitnahen Ausbau der SachbearbeiterInnenstellen und die notwendige Schulung des Personals zur Verfügung zu stellen oder aber Lösungen anzubieten, wie dennoch eine unbürokratische Finanzierung des Lebensunterhaltes von BAföG-AntragsstellerInnen sichergestellt werden kann.“

Neben der konkreten Frage, wie ab 2014 BAföG ausgezahlt werden soll, ist auch eine grundsätzliche Frage zu stellen: Wie kann es sein, dass eine über Jahre bekannte Umstellung nicht rechtzeitig umgesetzt werden konnte? „Für eine derart schlechte Vorbereitung auf eine seit Jahren anstehende Umsetzung der SEPA-Richtlinien fehlt uns jegliches Verständnis“, heißt es in der Erklärung der LAK. Das Studentenwerk allerdings hat keine Wahl, es ist an die Weisung des Ministeriums gebunden.

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Auch mal abschalten dürfen https://www.studentenpack.de/index.php/2013/07/auch-mal-abschalten-durfen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/07/auch-mal-abschalten-durfen/#comments Mon, 01 Jul 2013 09:00:33 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=158631 Der Bachelorstudiengang schlaucht. Warum eigentlich? Tatsächlich müssen Bachelor nicht mehr lernen als ihre Vorgänger in anderen Modellen und belegen auch nicht mehr Fächer. Die Analyse der zweimal im Jahr durchgeführten Evaluation an der Sektion MINT zeigt, dass der Arbeitsaufwand in den meisten Vorlesungen nicht höher ist als vorgesehen. Doch die Veränderung im empfundenen Stress lässt sich nicht leugnen.

Psychologen an der Uni Heidelberg haben dieses Phänomen untersucht und ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Psychologische Rundschau“ veröffentlicht. Unter Leitung von Professorin Monika Sieverding nutzen die Forscher das in der Arbeitspsychologie verbreitete Demand-Control-Modell um herauszufinden, was Studierende nach der Bologna-Reform so unglücklich macht. Das vom Soziologen Robert Karasek entwickelte Demand-Control-Modell stellt die Anforderungen den Handlungsspielräumen eines Jobs gegenüber. Sind Anforderungen und Spielräume hoch (wie es oft in Diplom- und Magisterstudiengängen war), steigert dies die Motivation. Sind jedoch die Spielräume gering, während die Anforderungen gleich bleiben (wie im Bachelorstudiengang), entstehen Stresssymptome. Das Ergebnis der Heidelberger Studie deutet an, dass fehlende Freiheit bei der Auswahl der zu belegenden Fächer sowie die Überzeugung, innerhalb von sechs Semestern das Studium beenden zu müssen, bei dem Gefühl fehlender Spielräume den Ausschlag geben.

Sieverding belässt es allerdings nicht bei der Problemanalyse. In der Lehre haben sie und ihre Kollegen nun begonnen, den Studiengang Psychologie zu korrigieren. Um dem Eindruck fehlender Freiheit entgegenzuwirken wurden unbenotete Wahlfächer wieder eingeführt. Dabei ist es zwar Pflicht eine bestimmte Menge an Fächern zu belegen, doch die Studenten haben die Wahl. Indem alle Fächer unbenotet sind, sogenannte B-Scheine, ist die Auswahl eher vom intrinsischen Lerninteresse als vom Arbeitsaufwand für eine gute Note geleitet. Eine andere Technik eine geringere Anzahl von Klausuren zu erreichen ist mehrere, aufeinander aufbauende Fächer in einer Prüfung enden zu lassen. Manchmal sei es schon hilfreich die Klausuren über einen längeren Zeitraum in die Semesterferien zu strecken anstelle sie in kurzer Zeit abzuwickeln.

Dem Leistungsdruck wirkt Sieverding mit einem subversiven Trick entgegen. Sie entschleunigt künstlich den als Turbo-Studiengang eingeführten Bachelor. Schon im ersten Semester erfahren ihre Studierenden, dass für einen Bachelor auch acht oder mehr Semester angesetzt werden können, dass es keinen Grund gibt so schnell wie möglich zu studieren. Es sei im Sinne einer Hochschule, dass neben dem Studium Zeit sei für Persönlichkeitsentwicklung. Ob ein ausgedehnter Urlaub, ein Freisemester, Hineinschnuppern in einen anderen Studiengang oder ein Hobby: Zeit muss sein, sonst kann das Studium krank machen.

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Friedenstauben und Kampfjets https://www.studentenpack.de/index.php/2013/04/friedenstauben-und-kampfjets/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/04/friedenstauben-und-kampfjets/#respond Thu, 04 Apr 2013 09:00:19 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=122187 Pierre Teilhard de Chardin sagte, „Der Zweifel ist der Beginn der Wissenschaft. Wer nichts anzweifelt, prüft nichts. Wer nichts prüft, entdeckt nichts. Wer nichts entdeckt, ist blind und bleibt blind.“ Zweifel sind dabei auch immer der eigenen Überzeugung entgegenzubringen, die es immer wieder zu überprüfen gilt, um Fehler oder Trugschlüsse zu vermeiden. Die an deutschen Hochschulen tobende Debatte um die Zivilkausel lässt solche Zweifel an der eigenen Überzeugung leider auf beiden Seiten vermissen. Denn wer sich mit der Frage beschäftigt, merkt schnell, dass es keine einfache Antwort gibt. Ein Versuch die Debatte zusammenzufassen:

Eine Zivilklausel ist entweder eine gesetzliche Verpflichtung oder eine Selbstverpflichtung einer Hochschule, keine Forschung vorzunehmen, die mit militärischem Nutzen oder Zielsetzungen verbunden ist. Aus der Friedensbewegung entstanden führen heute elf Hochschulen eine solche Klausel in ihren Satzungen, darunter die Universität Bremen, die TU Berlin, die TU Dortmund, die Universität Tübingen und die Uni Rostock. Zwischen 1993 und 2002 war die Zivilklausel im Niedersächsischen Hochschulgesetz zu finden und unterband somit theoretisch jegliche Militärforschung in dem Bundesland. Insbesondere in den letzten Jahren ist die Diskussion um die Zivilklausel an mehr und mehr Hochschulen entbrannt. Studierendengruppen, unter anderem in Köln und Augsburg, haben sich in Abstimmungen und Vollversammlungen mit dem Thema auseinandergesetzt. Doch längst nicht überall findet die Idee Unterstützer. Gerade dort, wo die Forschung direkt von Rüstungsunternehmen abhängig ist, sind auch Studierendenvertreter dagegen.

In Schleswig-Holstein gibt es derzeit keine Zivilklausel, weder an einer der Hochschulen noch im Hochschulgesetz. Das Motto der Uni Lübeck „Im Focus das Leben“ suggeriert eine grundsätzlich friedliche Einstellung, verpflichtet aber nicht dazu. An der Uni Kiel ziert man sich nicht: Immerhin an 15 wehrtechnischen Projekten, also solchen Projekten, die Ausrüstung und Waffen verbessern, wird dort gearbeitet. Die aktuelle Regierungskoalition in Schleswig-Holstein aus SPD, Grünen und SSW hat sich selbst verpflichtet, die Einführung einer Zivilklausel zu prüfen. Die viel diskutierten Fragen sind also nicht theoretisch, sie betreffen die deutsche Forschungslandschaft, sie betreffen Arbeitsplätze und sie betreffen Lübeck. Doch was sind die Argumente? Was spricht für oder gegen eine Zivilklausel?

Das gesetzliche Argument

„Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei“ (Artikel 5, Grundgesetz). So einfach argumentieren Gegner der Zivilklausel und meinen die Diskussion sei damit beendet. Schon allein deshalb, könne man keine Forschung mit militärischem Ziel verbieten, man verletze damit die Grundrechte der Forscher. Doch das Argument greift zu kurz. Schon Artikel 5, Absatz 3 schränkt die Freiheit ein, sie „entbindet nicht von der Treue zur Verfassung“. Weitere Gesetze setzen enge Rahmen für die Forschung an Chemiewaffen, Atomwaffen, Streubomben und anderen geächteten Technologien. Ethikrichtlinien, mit Verweis auf die Menschen- und Tierwürde, untersagen eine große Anzahl von Experimenten. Forschung ist eben doch nicht frei, sie ist den Gesetzen und dem moralischen Konsens einer Gesellschaft unterworfen.

Was der Konsens dieser Gesellschaft sein soll, so meinen die Befürworter einer Zivilklausel, haben Vertreter der beiden deutschen Staaten 1990 zur Wiedervereinigung im Zwei-plus-Vier-Vertrag beschrieben, in dem erklärt wird, „da[ss] von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird“. Ein solcher Beschluss lässt sich schwer in Einklang bringen mit Auslandseinsätzen, Waffenexporten und Forschung an Panzern und Drohnen. Darf also eine staatliche Universität in Deutschland überhaupt an Waffen arbeiten, wenn von deutschem Boden nur Frieden ausgehen soll? Zu unpraktisch, zu theoretisch, erwidern die Gegner, denn angesichts der Tatsache, dass von deutschem Boden ganz offensichtlich nicht nur Frieden ausgeht, da deutsche Soldaten im Ausland kämpfen, müssen deutsche Hochschulen da nicht unterstützend tätig werden? Ist denn Militärforschung unmoralisch, mag ihr Befürworter fragen, ist sie nicht viel mehr moralisch? Denn Deutschland leistet sich ja nicht aus Versehen eine Bundeswehr. „Die Bundeswehr ist eine Einrichtung mit Verfassungsrang. Alle wollen, dass die Bundeswehr in der Mitte der Gesellschaft bleibt […]. Ich kann überhaupt nicht einsehen, warum die Bundeswehr nicht auch an Universitäten ihren Platz haben soll, wie andere Institutionen auch.“, meint Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) im Magazin UNICUM. Wenn die Bundeswehr, und damit Ihre Einsätze, zur Gesellschaft gehöre, so müsse auch die Forschung mit den Geldern aus dem Verteidigungsministerium zu dieser Gesellschaft gehören. Und wenn sie dazugehören, sind sie nicht unmoralisch und wenn sie nicht unmoralisch sind, wozu dann eine Zivilklausel?

Moralische Militärforschung?

Als bekannt wurde, dass an der Universität Tübingen, trotz einer Zivilklausel, mit Geldern der Bundeswehr geforscht wird, war die Empörung groß, doch die Rechtfertigung der Forscher folgte prompt: Das vom Verteidigungsministerium geförderte Projekt diene der Erforschung der besseren Behandlung von Patienten, die Organophosphaten ausgesetzt gewesen sind. Organophosphate kommen auch in chemischen Waffen vor, aber auch in Pestiziden. Nach Expertenschätzungen sterben jährlich 300.000 Menschen, hauptsächlich in der dritten Welt und hauptsächlich in Folge von Pestizideinsätzen, an der Vergiftung. Der zivile Nutzen verbesserter Behandlungsmethoden ist einleuchtend. Nicht jede militärische Forschung erscheint also auf den ersten Blick unmoralisch. Doch nicht für jeden heiligt der Zweck die Mittelgeber: Dietrich Schulze aus dem Beirat der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative für Frieden und Zukunftsfähigkeit gegenüber der TAZ: „Wenn dem Projekt ‚eine ausschließlich humanitäre Motivation‘ zugrunde liegen würde, müsste es aus Mitteln des Bundesforschungsministeriums oder anderen zivilen Quellen gefördert werden.“

Doch normalerweise gibt es kein Geld vom Verteidigungsministerium sondern von Rüstungsfirmen. Das Verteidigungsministerium fördert Universitäten lediglich mit 10 Millionen Euro bundesweit, im Verhältnis zu den Investitionen der Wirtschaft fällt das nicht weiter auf. Die Förderung durch Wirtschaftsunternehmen lässt sich hingegen schwieriger schönreden, immerhin entwickeln hier Firmen Rüstungsgüter unter Zuhilfenahme staatlicher Infrastruktur, nämlich einer Uni, und wenig bezahlter Mitarbeiter, zum Beispiel Hiwis, um Produkte zu erstellen, welche sie dann an den Staat, der sie bereits subventioniert hat, weiterverkaufen, sofern dieser sich diese leisten kann. Zudem verkaufen sie diese Technik auch an andere Staaten und somit entsteht für die Bundeswehr kein technischer Vorteil. Muss man also vielleicht differenzieren zwischen Forschung für oder mit der Bundeswehr und Forschung für Rüstungsunternehmen?

Die Ausgaben der Rüstungsindustrie allerdings sind derart gigantisch, dass ein Überleben ohne sie für viele Lehrstühle oder Universitäten nicht mehr realistisch erscheint. Wer an der TU München Luft- und Raumfahrttechnik studiert, weiß, dass viel Geld von Unternehmen wie EADS kommt und in Forschungsbereiche geht, die auch militärischen Nutzen haben, so zum Beispiel der Hubschrauberbau. Würde die TU eine Zivilklausel unterschreiben, müsste man die eine oder andere Fakultät dicht machen. Auch an der Uni Kassel nimmt man Rüstungsgelder. Die Universität kooperiert in der Verfahrensoptimierung mit dem Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann, Europas größtem Panzerhersteller. Paradebeispiel ist allerdings das Massachusetts Institute of Technology: 650 Millionen Dollar, fast die Hälfte seines Forschungsetats, erhält das MIT vom Verteidigungsministerium der USA.

Realitätsferne

Kann man also ohnehin, ob man nun will oder nicht, gar nicht mehr auf Militärforschung verzichten? Ist also die Zivilklausel einfach nur realitätsfern? Denn die Rüstungsindustrie würde ihre Forschung ja nicht einstellen, sondern würde entweder hauseigene Forschungsinstitute vergrößern oder sich an nichtstaatliche Hochschulen wenden. Die Militärforschung würde dennoch stattfinden und den Unis würde das Geld fehlen. Besonders zahnlos erweist sich die Klausel schon deshalb, weil sie sogar von den Universitäten, die sie sich selbst verschrieben haben, ständig ignoriert wird. Ein Beispiel ist die Uni Bremen, Vorreiter in Sachen Zivilklausel: Im Jahr 2012 wurde bekannt, dass die Universität fast eine halbe Million Euro für Forschung erhält, die militärischen Nutzen haben könne. In einer langen Debatte bekannte sich schlussendlich der Senat zur Zivilklausel. Wissenschaftler sollen nun zu Beginn ihrer Beschäftigung über die Zivilklausel informiert werden. Doch was Militärforschung und damit an Unis wie Bremen zu unterlassen ist und was nicht, müssen Forscher selbst entscheiden, und das ist gar nicht so einfach. Insbesondere dann, wenn Geld oder Know-How vom Verteidigungsministerium oder Rüstungsfirmen kommt, der Forscher aber in erster Linie einen zivilen Wissensgewinn sieht.

Im Neudeutschen hat sich der Begriff „Dual Use“ (doppelte Verwendbarkeit) eingeschlichen, um Forschung mit potentiell militärischem Nutzen zu rechtfertigen. „Dual Use“ heißt schlicht und einfach, dass das Projekt auch für zivile Zwecke nützlich sein kann. So rechtfertigt die Uni Tübingen auch ein zweites Projekt: Dabei geht es darum, Drohnen zu entwickeln, die sich eigenständig an Hindernissen vorbei bewegen können. Dabei stellen sich zahlreiche Herausforderungen, unter anderem die Verarbeitung von Videobildern, um Hindernisse zu erkennen. Partner in dem Projekt ist das Unternehmen Thales, das auch Rüstungsgüter entwickelt. Obwohl das Tübinger Projekt nicht explizit militärisch ist – Hinderniserkennung ist Grundlagenforschung und das Geld kommt von der EU – braucht es keine all zu blühende Fantasie, um zu erkennen, dass auch militärische Drohnen von den Ergebnissen profitieren können. Für Befürworter der Zivilklausel ist dies genug und „Dual Use“ ein Deckmantel.

Die Diskussion um die Vorgänge in Tübingen zeigt auf, dass die Grenzen zwischen militärischer und nicht-militärischer Forschung schwimmend sind und dass nicht immer klar ist, ob die geldgebende Organisation, die Motivation der Forscher selbst oder die anvisierte Nutzung der Ergebnisse das ausschlaggebende Argument sein soll. Das Dilemma geht noch viel weiter: Viele Erfindungen, sogar wenn sie zuerst militärischen Zweck hatten, sind heute zivil genutzte Technologien. Bei einigen, zum Beispiel dem GPS und dem Internet, kann man gar argumentieren, dass sie erheblich zur Verbesserung der Leben vieler beigetragen haben. Gleichzeitig sind Ergebnisse aus friedlicher Forschung auch immer wieder zu militärischem Nutzen gekommen. Eine Kristallkugel gibt es nicht.

Dem Gewissen verpflichtet

Der Physiker Robert Oppenheimer schrieb 1945 nach dem Test der ersten Atombombe in sein Tagebuch: „Now I am become Death, the destroyer of worlds“. In den Jahren nach dem Krieg versuchte er, bekanntermaßen erfolglos, die Ausbreitung und Weiterentwicklung von Atomwaffen zu stoppen. Es ist müßig zu diskutieren, ob er die Mitarbeit im Manhattan Project hätte verweigern sollen oder ob sein Gewissen nicht etwas spät einsetzte. Die Suche nach dem Gewissen in der Forschung und in jedem Forscher hingegen muss in der Diskussion eine stärkere Beachtung finden. Die Vorstellung, Rüstungsforschung in Deutschland zu stoppen, mag unrealistisch und trotzdem gleichzeitig erstrebenswert sein. Vielleicht ist dies eine kognitive Dissonanz, mit der wir leben lernen müssen. Von der Idee, dass Forschung lediglich die Suche nach Wahrheit ist, inhärent frei von den Fragen nach richtig und falsch, weder moralisch noch unmoralisch, kann man sich in jedem Fall verabschieden.

Wer weiterdenkt, muss sich die Frage stellen, ob es wirklich nur die Rüstungsindustrie ist, welche den Frieden bedroht. Pharmaunternehmen, Lebensmittelforschung, Saatgutunternehmen, Textilindustrie und viele mehr finanzieren Wissenschaft und sind bekanntermaßen nicht über jeden Zweifel erhaben. Die Ausbeutung der dritten Welt für billige Arbeitskraft, Monokulturen, von denen sich eine Bevölkerung nicht ernähren kann, unbezahlbare Preise für lebensrettende Medikamente… Die logische Konsequenz glauben 27 europäische Professoren gefunden zu haben: In ihrem Zürcher Apell fordern sie im März 2013 eine grundsätzliche Überprüfung nicht-staatlicher Mittel in der Forschung, eine Universitätslandschaft, die frei ist „von politischen, ideologischen oder ökonomischen Verwertungsinteressen“.

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Der Kampf ums Überleben https://www.studentenpack.de/index.php/2013/01/der-kampf-ums-uberleben/ https://www.studentenpack.de/index.php/2013/01/der-kampf-ums-uberleben/#respond Wed, 16 Jan 2013 11:00:51 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=93454 Der Spruch „Am Ende des Geldes ist immer noch zu viel Monat übrig“ bewahrheitet sich leider viel zu oft. Gerade als Student hat man häufig nur die minimalsten finanziellen Möglichkeiten um den Monat einigermaßen zu überstehen. Und selbst nachdem man sich vier Wochen inständig bemüht hat sparsam zu sein, lässt einen der Blick auf den Kontostand erstarren. Was also tun? Gerade für Studenten mit geringverdienenden Eltern wurde das sogenannte BAföG (Bundesausbildungsförderungsgesetz) eingeführt. Dass sich der Erhalt von eben jener Unterstützung zumeist recht nervenaufreibend darstellt, ist leider keine Seltenheit mehr. Laut dem Tagesspiegel ist lediglich ein Prozent der abgegebenen Anträge vollständig, manche Bescheide bleiben fast ein halbes Jahr liegen. Auf der Seite des Studentenwerkes Schleswig-Holsteins heißt es: „Ausbildungsförderung wird vom Beginn des Monats an geleistet, in dem die Ausbildung aufgenommen wird, frühestens jedoch ab Antragsmonat. Es wird in der Regel für zwei Semester Ausbildungsförderung gewährt. Für die Anschlussförderung ist ein neuer sogenannter Weiterförderungs- oder Wiederholungsantrag zu stellen.“

Die Antragsstellung.

Am Anfang ist der Antrag. Im Schnitt sind nicht weniger als zehn Seiten pro Antrag auszufüllen, dazu kommen noch die Einkommensnachweise der Eltern von vor zwei Jahren, sowie Schul-, Ausbildungs- und sonstige Bescheinigungen der Geschwister.

Insgesamt gibt es acht Formblätter sowie eine Anlage zum ersten Formblatt. Da wäre zuerst das selbstverständliche Formblatt 1 (Antrag auf Ausbildungsförderung). Dieses Formular muss bei jedem Antrag auf BAföG neu ausgefüllt und abgegeben werden. Die dazugehörige Anlage (schulischer und beruflicher Werdegang) ist beim Erstantrag, bei einem Antrag auf BAföG im Ausland sowie nach einer Unterbrechung der Ausbildung auszufüllen. Es folgt das Formblatt 2 (Bescheinigung nach §9 BAföG über den Besuch einer Ausbildungsstätte, die Teilnahme an einem Praktikum oder Fernunterrichtslehrgang). Hier reicht zumeist die Immatrikulationsbescheinigung mit dem Hinweis „BAföG“ (kann man am SSB-Schalter der Uni ausdrucken); in diesem Fall muss das Formblatt 2 nicht separat mit abgegeben werden. Der Nachweis über den Besuch der Hochschule muss bei jedem BAföG-Antrag neu abgegeben werden. Formblatt 3 (Erklärung des Ehegatten, des Vaters, der Mutter) ist wahrscheinlich das aufwendigste aller Formblätter. Hier will das Amt Nachweise erbracht haben, wie viel eure Eltern beziehungswiese Ehepartner im für das BAföG relevante Jahr verdient haben. Es gilt die Regel, dass zuerst das Einkommen des Partners, dann das Einkommen der Eltern gezählt wird. Auch dieses Formblatt muss bei jedem Antrag erneut abgegeben werden – die Ausnahme ist, wenn Ihr Elternunabhängiges BAföG beziehen wollt. Nun zum nächsten Formblatt: 4 (Zusatzblatt für Ausländerinnen und Ausländer). Jenes ist – wie der Name schon verrät – nur von Ausländern beim Erstantrag abzugeben. Formblatt 5 (Bescheinigung nach §48 BAföG) ist für Studierende am Ende des 4. Semesters wichtig. Auch unter dem Namen „Leistungsnachweis“ bekannt, müssen eine bestimmte Menge an ECTS-Punkte nachgewiesen werden, möchte man weiterhin die Ausbildungshilfe erhalten. Hier sind 88 ECTS-Punkte notwendig (Uni Lübeck). Möchte man in das Ausland, dann ist Formblatt 6 (Antrag für eine Ausbildung im Ausland) vonnöten. Ändert sich das Einkommen einer oder mehrere das BAföG betreffende Parteien, dann tritt das Formblatt 7 (Antrag der/des Auszubildenden auf Aktualisierung nach §24 Abs. 3 BAföG) in Kraft. Im Anschluss findet dann eine Neuberechnung der zustehenden BAföG-Höhe statt. Das Formblatt 8 (Antrag auf Vorausleistungen nach §36 BAföG) schließlich hilft Studenten beim Überbrücken längerer Wartezeiten oder wenn die Eltern keinen Unterhalt zahlen.

Natürlich gilt es auch eine Zeitfrist einzuhalten. Hier werden von den BAföG-Ämtern pauschal erst mal zwei Monate angesetzt. Kommt man zu spät, so besteht die Gefahr, dass das Geld für einen oder mehrere Monate ausgesetzt wird.

Der Normalfall ist leider, dass der Antrag erst einmal abgewiesen wird. Oft fehlt hier noch ein Nachweis, dort eine Unterschrift. Selbst Anwälte, die die Studenten bei ihren berechtigten Forderungen nach dem BAföG unterstützen, wissen oft nicht was mit bestimmten Formulierungen gemeint ist. Dies weiß ich aus eigenen Erfahrungen. Meinem Anwalt kam sogar der Satz „BAföG-Anträge sind schwieriger auszufüllen als Hartz IV- Anträge!“ über die Lippen. Was man davon halten soll, darf jeder für sich entscheiden.

Kommen wir nun zu den „Spezialfällen“. Diese liegen beispielsweise vor, wenn die Eltern getrennt wohnen oder man zu einem der Geschwister keinen Kontakt mehr hat. Der aufzubringende Zeitaufwand potenziert sich hier recht leicht, kann im schlimmsten Fall sogar mit einer Minderung des Geldes enden, wenn man geforderte Nachweise nicht erbringen kann.

Der Antrag ist ausgefüllt und fristgerecht abgeschickt worden? Du fühlst dich in Sicherheit? Denkste! Spätestens seit dem letzten Jahr (doppelte Abiturjahrgänge, Abschaffung des Wehrdienstes) werden von den Ämtern keine Eingangsbestätigungen mehr verschickt. Wer da nicht die blinkenden Hinweise „Bitte nicht anrufen!“ auf den Webseiten ignoriert, da die Mitarbeiter nicht mit der Bearbeitung fertig werden, kann da schon eine böse Überraschung erleben.

Es ist völlig richtig, dass für den BAföG-Bezug Nachweise eingefordert werden. Aber ist es im Sinne der Erfindung, dass die gesamte Angelegenheit sich eigentlich immer über mehrere Monate erstreckt? Um einer längeren Bearbeitungszeit vorzubeugen, kann man letztendlich nur raten, sich tatsächlich mindestens an die zwei Monate Vorlaufzeit zu halten, eventuell in Gruppen die Anträge auszufüllen, um Fehler (und damit Nachforderungen) zu vermeiden und sich nach dem Eingang der Papiere zu erkundigen.

Wird einem letztendlich dann das BAföG gewährt, so erhält man einen Bescheid des entsprechenden Amtes (Schleswig-Holstein: Kiel), in dem genau aufgelistet ist, welchen Teil des Geldes das BAföG-Amt übernimmt und welchen Teil die Eltern zu tragen haben. Das BAföG wird immer für ein Jahr bewilligt.

Normalerweise wird BAföG nur innerhalb der Regelstudienzeit (6 Semester Bachelor, 4 Semester Master) gewährt. Unter gewissen Voraussetzungen (Mitarbeit als gewählter Vertreter in studentischen Gremien wie AStA und StuPa aber auch anderes Engagement) kann sich die Förderungshöchstdauer verlängern, wobei sich das Verhältnis auf 2:1 beläuft: 1 Jahr Mitarbeit bringt 1 Semester Bafög.

Der BAföG-Satz

Die Bedarfssätze berechnen sich aus verschiedenen Faktoren. Entscheidend ist zum einen die Ausbildungsstätte (Abendschulen, Kollegs, Hochschulen) und zum anderen, ob man bei den Eltern wohnt oder eben nicht. Zusätzlich kann ein Kranken- und Pflegeversicherungszuschlag beantragt werden. Ein Universitätsstudent, der bei seinen Eltern lebt, hat einen Bedarfssatz von 422 Euro; ist der gleiche Student nicht bei den Eltern wohnend, so steigt jener auf 597 Euro an. Die Höhe des BAföGs berechnet sich aus den eingereichten Unterlagen. Es ist in der Regel so, dass das BAföG nicht den kompletten Bedarfssatz deckt und ein Restbetrag überbleibt, den die Eltern übernehmen müssen.

Aber wie gestaltet sich nun die Rückzahlung des BAföGs? Studenten, die ihr Studium nach dem 28. Februar 2001 aufgenommen haben, müssen nur insgesamt 10.000 Euro zurückzahlen. Maßgeblich dabei ist die tatsächlich gezahlte Summe. Spätestens 5 Jahre nach Beendigung des Studiums setzt die Rückzahlungspflicht ein. Außerdem hat man bei einem Monats-Mindestbeitrag von 105 Euro 20 Jahre Zeit das Darlehen zurückzuzahlen. Ein schnelles Rückzahlen lohnt sich: geht man von 10.000 Euro Kreditschulden aus und zahlt man auf einen Schlag die Hälfte zurück, so hat man gute Chancen, dass einem bis zu 50 Prozent erlassen werden. Genaueres kann man dem „Merkblatt mit Hinweisen zur Rückzahlung von zinsfreien Staatsdarlehen nach dem BAföG“ entnehmen.

Ein kleines Rechenbeispiel: Ein Student erhält fast den Höchstsatz an BAföG – gehen wir der Einfachheit halber von 600 Euro aus. Das sind dann 300 Euro Schulden im Monat, welche nach 34 Monaten (2 Jahre und 10 Monate) die Schuldengrenze von 10.000 Euro erreichen. Alles Weitere ist komplett geschenkt, sofern man am Ende des Studiums 5.000 Euro auf einmal zurückzahlen kann. Um diese neben dem Studium zusammen zu bekommen, müsste man monatlich 85 Euro (5.000 Euro / (12 Monate * 5 Jahre Studium)) zur Seite legen, was mittels HiWi-Job machbar sein sollte. Als Belohnung winkt ein schneller Schritt aus der Schuldenfalle. Der Freibetrag eines Single-Studenten beträgt 5.200 Euro.

Was kann die Universität für die Studierenden tun? – Die Mikroförderung.

In einem Gespräch mit Frau Voigt (Studienberatung) habe ich über die von der Universität angebotene Mikroförderung gesprochen. 2010 durch Initiative von Frau Voigt eingeführt und von zahlreichen Lübecker Stiftungen, wie beispielsweise der Parcham’schen Stiftung, der Possehl-Stiftung und der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung zu Lübeck sowie Sponsoren aus der Wirtschaft – hier ist die Firma Euroimmun zu nennen – getragen, sieht diese vor, dass geeignete, bedürftige Studenten eine Förderung von 250 Euro monatlich beantragen können. Die Universität zu Lübeck ist damit die erste staatliche Hochschule, die ihren eigenen Studienfonds auf den Weg gebracht hat. Die Förderung wird zunächst für ein Jahr gewährt, mit der Option bis auf vier Jahre verlängert zu werden. Im Gegensatz zum BAföG, wo die Hälfte des Geldes vom Staat „geschenkt“ ist und die andere Hälfte aus einem unverzinsten Darlehen besteht, wird die Mikroförderung über einen einkommensabhängigen Beitrag zurück in den Studienfonds bezahlt. Letztendlich gestaltet sich der Rückzahlungsprozess solidarisch: Wer mehr verdient, der zahlt etwas mehr zurück – wer weniger verdient, der zahlt etwas weniger zurück. Und was alle wissen: Hier wird neuen Studenten in einer ähnlichen Situation geholfen. Die Mikroförderung wird übrigens unabhängig vom BAföG-Satz gezahlt, soll jenes also ergänzen. Zum jetzigen Zeitpunkt werden alle förderungswilligen Studenten gefördert – dies ist jedoch von den Stiftungsmitteln abhängig und kann sich von Jahr zu Jahr ändern. Wer an einer Förderung interessiert ist, der möge sich bitte persönlich bei Frau Voigt melden.

Frau Voigt hob mehrfach hervor, dass die Universität mit der Mikroförderung nicht nur den Besten eine Unterstützung gewähren möchte, sondern für alle da sei. Es sei nicht hinnehmbar, dass Studenten ihr Studium aus finanziellen Gründen niederlegen müssen. Nähere Infos finden Interessierte unter http://www.uni-luebeck.de/studium/studierenden-service-center/studienfonds.html.

Des Weiteren redeten Frau Voigt und ich über die allgemeine Situation bezüglich der Bearbeitung der BAföG- Anträge. Die Uni sei nicht zufrieden mit dem Status Quo und versuche die Studenten so gut es geht zu unterstützen. Sollten unüberwindbare Probleme mit dem Sachbearbeiten auftreten, so kann man sich gerne in den Sprechzeiten bei ihr melden, um gemeinsam Lösungsstrategien zu entwickeln.

BAföG-Beratung in der Mensa – jeden 1. und 3. Montag des Monats, 9:00 – 13:00 Uhr.

[media-credit id=14 align="aligncenter" width="645"] BAföG-Beratung in der Mensa – jeden 1. und 3. Montag des Monats, 9:00 – 13:00 Uhr.

Hat man als Lübecker Student Probleme mit dem Ausfüllen des Antrages oder sonstige das BAföG betreffende Fragen, so kann man sich natürlich auch an die Beratung in der Mensa wenden. Wäre da nicht eine klitzekleine Einschränkung: die Stelle ist nur jeweils an zwei Tagen im Monat (jeden 1. und 3. Montag des Monats) besetzt und das dann auch nur für jeweils vier Stunden (09:00 – 13:00 Uhr). Darüber hinaus ist die Beratung für Universitäts-und Fachhochschulstudierende zusammen. Wir reden also von einer Menge von ungefähr 7.000 Studenten. Eine leichte Unterbesetzung ist erkennbar…

Ein Appell.

An dieser Stelle sei auch noch einmal ein Appell an die Universität gesetzt: Wir brauchen eine bessere BAföG- Beratung in Lübeck! Es kann nicht sein, dass für die Menge an Studierenden lachhafte acht Stunden im Monat zur Verfügung stehen. Auch wäre es sinnvoll, dass alle Mitarbeiter im Studierenden-Service-Center über die Öffnungszeiten Bescheid wissen. Wenn schon diese, nachdem sie auf die mangelnde Beratungszeit aufmerksam gemacht wurden, mit weit aufstehenden Mündern und großen Augen dastehen, stellt sich doch ernsthaft die Frage, wie groß (oder eben nicht) das Wissen darüber erst bei der Universitäts-Leitung ist. Anscheinend sind diese Missstände nicht einmal so wichtig, dass die Service-Einrichtung für Studierende Bescheid weiß. Da kann definitiv mehr von universitärer Seite erwartet werden.

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Mehr Menschen haben Probleme mit dem Vögeln als mit dem Fliegen https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/mehr-menschen-haben-probleme-mit-dem-vogeln-als-mit-dem-fliegen/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/02/mehr-menschen-haben-probleme-mit-dem-vogeln-als-mit-dem-fliegen/#respond Fri, 10 Feb 2012 12:00:17 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2453 Simone Weigel | StudentenPACK.

Wovon ich rede? Von der Sexualmedizin, besser gesagt, von der nicht mehr vorhandenen Lehre der Sexualmedizin an der Universität in Kiel!

Da die Uni Sexualmedizin scheinbar als Nischenthema ansieht, beschloss man, das Lehrangebot einfach auszusetzen. Aber ist es nicht eine Schande, eine Sektion, die seit 1973 existiert und national und sogar international anerkannt ist, einzustampfen? Die Medizinische Fakultät rangiert beim nationalen Ranking im untersten Bereich und hätte mit der Sexualmedizin ein Alleinstellungsmerkmal halten können, da sexualmedizinische Forschung und Lehre nur an vier (in Zahlen: 4!!) Universitäten in der Bundesrepublik angeboten wird!

Als Wahlpflichtfach für Psychologie- und Rechtswissenschaftsstudenten waren die Seminare von Prof. Dr. med. Bosinski (Leiter der Sektion für Sexualmedizin) bereits meist für mehrere Semester im Voraus ausgebucht und die Evaluation war regelmäßig exzellent! Doch da Sexualmedizin in der Approbationsordnung für Ärzte nicht vorgesehen ist (aber Bestandteil der Ärztlichen Prüfung) und nebenbei auch nicht zu den fünf langfristig angelegten Forschungsschwerpunkten der Medizinischen Fakultät der CAU gehört, wurde die Weiterfinanzierung als nicht wichtig genug angesehen.

Im Raum steht also primär die Frage der Finanzierung, die immer noch unklar ist. Bisher trug das UKSH die Kosten großteilig, obwohl dieses eigentlich nur für die Patientenversorgung zuständig ist. Doch wer soll zukünftig die Forschung und Lehre in dem Gebiet der Sexualmedizin bezahlen? Die formale Ebene war für die Studierendenschaft schnell geklärt: Unsere Uni und das Wissenschaftsministerium sind dafür zuständig! Offensichtlich ist das diesen beiden Parteien nicht bewusst, da die Sektion seit dem 1. Januar 2012 um die Hälfte der Mitarbeiter reduziert wurde.

Der Großteil der Politik hat dieses Bewusstsein scheinbar auch noch nicht erlangt, sorgte doch die Regierung des Landes Schleswig-Holstein dafür, dass ein Antrag der Finanzierung durch das Land abgelehnt und einem Änderungsantrag, diese Thematik im Bildungsausschuss erneut, zum X-ten Male, zu diskutieren, zugestimmt wurde.

Darum fehlen eigentlich nur 150.000€ im Jahr, um den Erhalt zu sichern, doch die Mitarbeiter, die Drittmittel (die über diesem Wert stehen) akquirierten, mussten gehen oder sind gegangen, da die Zukunft ihrer Anstellung unsicher war. Wie soll man seine Arbeit fortsetzen, wenn einem die Logistik entzogen wird? Anstatt sich dem Problem zu stellen, welches seit Oktober 2011 bereits im Raume steht, wird der „Schwarze Peter“ der Zuständigkeit von Einem zum Anderen geschoben.

Das Präsidium der Uni Kiel reagierte bisher einzig auf dieses Problem damit, dass die Stelle für die Lehre über die Psychologie neu ausgeschrieben wurde. Da kommt doch die Frage auf, warum es scheinbar Mittel für die Bezahlung eines neuen Lehrbeauftragten gibt, nicht aber Geld für die ja schon vorhandenen Mitarbeiter der Sektion, die nun finanziell nicht mehr zu halten waren?!

Alle Beteiligten sind sich einig, dass die Sektion wichtig ist, trotz allem muss Herr Prof. Bosinski seit über zehn Jahren um den Erhalt kämpfen! Es gab einige Lösungsvorschläge, zum Beispiel den, die Sektion für Sexualmedizin als eigenständige Struktur im Zentrum für Integrative Psychiatrie (ZIP) anzusiedeln, doch das wurde vom Unipräsidium abgelehnt. Prof. Bosinski stellte mehrfach Anträge, die Sexualmedizin als Wahlfach anzunehmen, was an anderen Universitäten möglich ist. Zumal Sexualmedizin im Bereich der Neurowissenschaften angesiedelt ist und diese zu den Forschungsschwerpunkten des UKSH gehören. Auch das wurde abgelehnt! Schaut man sich diese Fakten an, bleibt einzig die Annahme, dass die Universität und das Wissenschaftsministerium diese Sektion einfach nicht weiterführen wollen!

Dabei ist ihr Erhalt so wichtig, denn diese Sektion am UKSH ist die einzige Einrichtung, die sowohl Forschung, Lehre, als auch Patientenversorgung (Prävention, Diagnose, Therapie) bei Opfern und Tätern anbieten kann. Forschungen zu Ursachen, Verlauf, Diagnostik, Begutachtung und Therapie von sexuell gestörtem und übergriffigem Verhalten (kurz: Sexualdelinquenz und Paraphilien) wurden vorangetrieben und besonders hervorzuheben ist ebenfalls das bundesweit einzige sexualphysiologische Forschungslabor! Es gab sogar Forschung zur effizienten Gestaltung einer Therapie, die durch Drittmittel des Landesministeriums für Justiz unterstützt wurde.

Die Politik hatte genau dies schon einmal begriffen, denn ab 1996 begann man sich ein Zentrum zu leisten, welches Beratung und Therapie in diesem Bereich anbietet und das, obwohl Schleswig-Holstein schon damals zu den armen Bundesländern gehörte! Das Verständnis für diese Thematik war also da, doch wo ist sie nun hin? Oder liegt es vielmehr daran, dass da jemand von oben Ansagen macht? Denn erst seit andere Bundesländer ebenfalls Zentren aufbauen, wird das Zentrum in Schleswig-Holstein abgebaut!

Das Thema Sexualmedizin scheint mittlerweile ein heikles zu sein, gerade deshalb haben wir die Verpflichtung aufzuklären und zu helfen! Intersexualität und Homosexualität ist noch heute in unserer Gesellschaft nicht vollends akzeptiert. Paraphilie und Pädophilie wird häufig totgeschwiegen.Und obwohl Alle sexuelle Gewalt verteufeln, engagiert sich kaum einer für die Therapien der Opfer und Täter! In Bezug dazu steht, dass ca. 35% der Bevölkerung an einer sexuellen Störung leidet! Gerade deshalb sollten sexuelle Themen nicht weiter ausgeblendet werden!

Und noch etwas Anderes wird deutlich und das ist erschreckend: Die Universität kann einfach, ohne Ausweichangebote anzubieten, die Lehre von einem zum anderen Semester einstellen und zwar in jedem beliebigen Fach!

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Von roten, gelben und grünen Punkten https://www.studentenpack.de/index.php/2012/01/von-roten-gelben-und-grunen-punkten/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/01/von-roten-gelben-und-grunen-punkten/#respond Mon, 16 Jan 2012 12:00:37 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2168
Quelle: www.che-ranking.de

Unter die Lupe genommen: Das CHE lässt die Unis bewerten.

Es waren diese vier von fünf grünen Punkte, die mich damals dazu veranlasst haben, Lübeck auf meinen ZVS-Antrag zu schreiben. Sie standen in einer langen Liste aus rot, gelb und grün, mit unzähligen Universitätsstädten und irgendwie stach Lübeck da ein wenig hervor. Wie genau diese Punkte in das Ranking des Centrums für Hochschulentwicklung – kurz: CHE – kommen, war mir dennoch ein Rätsel und die Frage blieb über all die Semester bestehen.

Vor wenigen Wochen bekam ich dann einen Brief des Präsidiums der Universität, darin ein schlichtes Blatt mit viel Text. Es werde wieder gerankt, erfuhr ich beim Lesen, in diesem Jahr seien die Fächer Naturwissenschaften, Mathematik, Informatik, Pharmazie, Medizin, Zahnmedizin, Pflege und Sport an der Reihe. Also quasi das komplette Lehrangebot unserer Uni. Zunächst fühlte ich mich geehrt, doch schnell stellte sich heraus, dass die überwiegende Mehrzahl meiner Kommilitonen ebenfalls angeschrieben wurde.

Die Auswahl der Studenten, die am Ranking teilnehmen sollen, sei begrenzt, berichtet Sabine Voigt vom Studierendenservice-Center. Alle zwei Jahre werde sie vom CHE kontaktiert. Dabei erhalte sie blind die Briefe, die sie an die Studenten weiterleite. Bei der Auswahl gehe es dann in erster Linie um die Anzahl der absolvierten Semester, denn „je mehr Erfahrung die Studenten haben, desto besser sind die Aussagen“, so Voigt. Im Klartext heißt das: Mediziner sollten mindestens das 7. Semester erreicht haben, Bachelor-Studenten können bereits ab dem 3. ausgewählt werden. In diesem Jahr hat Sabine Voigt 388 Briefe an Mediziner verschickt. An die MINTler gingen insgesamt 449, wobei die MLSler und Informatiker bereits im Bachelor angeschrieben wurden. Und wenn die Briefe verschickt sind? Dann hat Sabine Voigt ihre Arbeit getan: Über Rückläufe und Ergebnisse wird sie nicht informiert.

Also logge ich mich mit dem individuell für mich generierten Passwort ein. Erst muss ich angeben, was ich studiere, wo, in welchem Semester. Dann wird gerankt. Wie sehr belastet mich mein Studium? Wird mein wissenschaftliches Denken und Arbeiten geschult? Wie wurde ich an den Patienten herangeführt? Wie sind die Räume ausgestattet, die Technik der Labore? Werden meine Evaluationen beachtet, werde ich über Auslandsaufenthalte informiert und habe ich einen Computerzugang und eine brauchbare Bibliothek? Brav klicke ich mich durch Lickert-Skalen: Gefällt mir gut, gefällt mir nicht so gut, hab ich keine Ahnung, trifft zu, trifft überhaupt nicht zu. Es folgen Angaben zu meinem Studienort, zum öffentlichen Nahverkehr, zu Mietpreisen und Wohnungsgrößen.

Am Ende noch einige statistische Angaben und die Frage, warum ich an dieser Uni gelandet bin… wegen des Rankings, kann ich eingeben – und so schließt sich der Kreis. Nach einer knappen Viertelstunde bin ich durch, klicke auf absenden und habe das gute Gefühl, Abiturienten auf ihrem Weg zum Studium geholfen zu haben.

Doch was passiert nun mit meinen Daten? Dr. Sonja Berghoff ist Statistikerin, arbeitet seit 2000 beim CHE, wo sie für die Studentenbefragung zuständig ist. Dort werden Hochschulen verglichen, die den Kriterien der Hochschulrektoren-Konferenz entsprechen. Um ranken zu können, braucht Berghoff je Hochschule mindestens 50 Studenten. Die Erfahrung zeigt: Nur etwa 25 Prozent der angeschriebenen Studenten bewerten ihre Uni tatsächlich. „Es dürften gern mehr sein“, so Berghoff. Damit ein Ergebnis veröffentlicht werden kann, müssen mindestens 15 Studenten ihre Bewertung abgegeben haben; sind allerdings die Aussagen zu unterschiedlich, wird eine höhere Anzahl benötigt. Ebenfalls befragt werden übrigens Professoren, die jeweils angeben können, welche Universität sie in ihrem Fachbereich als führend ansehen.

Neben dem Ranking werden die Daten der Studenten für „wissenschaftliche Begleitforschung“ genutzt, so Berghoff. So werde geschaut, ob „demographische Merkmale mit bestimmten Bewertungen zusammen hängen“, ob die Ergebnisse mit den Erwartungen übereinstimmen oder ob es Hinweise darauf gibt, dass das Ergebnis durch Selbstselektion verzerrt wurde.

Ist alles ausgewertet, können die Hochschulen eine aggregierte Version der Ergebnisse in den einzelnen Fragen bekommen und diese nutzen, um eventuelle Missstände zu beseitigen. Die Rohdaten selbst werden nicht weitergegeben, so Berghoff. Also gilt es nun für die Uni wie auch für die Teilnehmer, zu warten, bis es sie dann pünktlich zur nächsten Abiturszeit wieder gibt: die langen Listen mit den roten, gelben und hoffentlich vielen grünen Punkten.

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Hohe Semesterbeiträge https://www.studentenpack.de/index.php/2012/01/hohe-semesterbeitraege/ https://www.studentenpack.de/index.php/2012/01/hohe-semesterbeitraege/#respond Mon, 16 Jan 2012 11:00:07 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2327  

Philipp Bohnenstengel | StudentenPACK.
Wie sicherlich viele, die in den ersten Tagen des neuen Jahres den Studentenbeitrag an das Studentenwerk überwiesen haben, bemerkt haben, müssen wir alle in diesem Jahr tiefer in die Tasche greifen. Mit 109,10 Euro stieg der Beitrag um mehr als 10 Euro.

Aufgeteilt wird das Geld zwischen dem Studentenwerk, dem Stadtverkehr, der Autokraft GmbH und den studentischen Gremien. Mit 1,80 Euro erhält die Autokraft GmbH den geringsten Anteil unseres Geldes. 7,50 Euro erhalten unsere studentischen Gremien, wie der AStA, die Fachschaften und das Studierendenparlament. Daher geht fast die gesamte Summe, die wir für jedes Semester zahlen, an den Stadtverkehr (46,80 Euro) für unser Semesterticket und an das Studentenwerk (53 Euro).

Das Semesterticket ist um 3 Euro teurer geworden im Vergleich zum Wintersemester. Somit bleibt beim Beitrag an das Studentenwerk eine Erhöhung von 7,50 Euro. Woran liegt das eigentlich? Linda Krause, Vorstandsmitglied des Studentenwerks Schleswig-Holstein, begründet die Erhöhung damit, dass der Zuschuss des Landes Schleswig-Holstein in diesem Jahr geringer ausfalle als in den Vorjahren und daher die Kosten auf die Studierenden umgelegt werden mussten. Aus dem Geschäftsbericht des Studentenwerks geht hervor, dass der Zuschuss des Landes stark gekürzt wurde. Weiterhin entstanden im vergangenen Jahr Mietausfälle von mehreren Hunderttausend Euro, wodurch die Finanzlage des Studentenwerks merklich beeinflusst wurde. Insgesamt sei der Zuschuss des Landes an das Studentenwerk im bundesweiten Vergleich sehr gering, berichtet Linda. Trotz knapper Kalkulation auf Seiten des Studentenwerks sei ein Minus entstanden, was nur durch eine Erhöhung der Studentenbeiträge zu bedecken sei.

Das Land kürzte seinen Zuschuss an das Studentenwerk im Rahmen des sogenannten Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG), ein Grund, der auf den ersten Blick wenig Sinnvoll erscheint, denn das Gesetz soll Kosten verringern, die im Bereich der Rechnungslegung von kleinen und mittleren Unternehmen anfallen. Im Zusammenhang mit dem gestiegenen Semesterbeitrag bleiben hier allerdings Fragen offen.

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Gleichheit, Chancen, Studium https://www.studentenpack.de/index.php/2011/11/gleichheit-chancen-studium/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/11/gleichheit-chancen-studium/#respond Mon, 14 Nov 2011 15:06:41 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=2078 Es ist in Deutschland leider immer noch so: Die soziale Herkunft entscheidet nicht nur über die besuchte Schulform, sondern später auch über den Zugang zu Universitäten. Während von 100 Akademikerkindern 71 eine Hochschule besuchen, liegt die Zahl bei Kindern nichtakademischer Herkunft lediglich bei 24, obwohl knapp 50 die Hochschulreife erworben haben. Dies ergab die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks. Während Bildungsexperten diskutieren, wie sich das ändern lässt, hat sich parallel dazu die Initiative Arbeiterkind.de entwickelt, die hier kurz vorgestellt werden soll.

Die Aktion Arbeiterkind kämpft für mehr Bildungsgerechtigkeit Arbeiterkind.de

Die Aktion Arbeiterkind kämpft für mehr Bildungsgerechtigkeit

Warum studieren? Was studieren? Wie finanzieren? Einige Fragen, die ich mir persönlich das ein oder andere Mal während meiner Schulzeit gestellt habe, besonders die Frage nach der Finanzierung. Ich selbst bin nämlich „Arbeiterkind“ – mein Vater ist Kfz-Mechaniker, meine Mutter Bankkauffrau. Bis weit in die Oberstufe hinein waren mir Begriffe wie Semester, Bafög, Fachschaft oder Physikum absolut unbekannt. Trotzdem habe ich es geschafft; ich habe als Erste in meiner Familie den „Hochschuldschungel“ betreten. Ich muss dazu sagen, dass meine Eltern mich dabei – auch wenn sie mir keinen fachlichen Rat geben konnten – stets unterstützt und bestärkt haben. Dennoch kenne ich auch Freunde, die gerne studiert hätten, aber nicht auf die gleiche Art unterstützt wurden. Stattdessen entschieden sie sich lieber für eine „solide Ausbildung“; die Hochschulwelt erschien unerreichbar.

An diesem Punkt setzt Arbeiterkind.de an. In ganz Deutschland engagieren sich ehrenamtlich Studierende und Berufstätige als Mentoren und stehen insbesondere den Schülern mit Rat und Tat zur Seite, die überlegen, als Erste in der Familie einen Studienabschluss anzustreben. Hätte ich die Initiative vor meinem Studium gekannt, wäre vieles für mich sehr viel einfacher gewesen. Jeder Mentor bringt seine persönlichen Erfahrungen aus seinem Bildungsweg mit und kann diese an Ratsuchende weitergeben, sei es über die Finanzierung des Studiums, das Ausfüllen eines Bafög-Antrages, Fragen zu bestimmten Studiengängen oder zur Wohnungssuche. Damit versuchen wir die Barrieren zwischen Abitur und Hochschulzugang zu verkleinern und auch Kindern aus nichtakademischen Familien den Hochschulzugang zu ermöglichen. Aber auch während des Studiums stehen die Mentoren weiterhin zur Verfügung, sei es zu Fragen bezüglich eines Auslandsstudiums, wissenschaftlichen Arbeitens oder Bewerbungen für Praktika. Wege können kurz sein; man muss sie nur finden. Dazu gibt es die Arbeiterkind.de-Website, auf der die lokalen Gruppen in Form eines sozialen Netzwerkes organisiert sind. Jeder Mentor hat dort sein Profil, auf dem er sein Studienfach und sonstige Erfahrungen im Bereich Universitäten nennen kann, sodass er über die Suchfunktion bei Bedarf schnell gefunden werden kann.

Deutschlandweit ist die Initiative mit über 1.300 Mentoren bereits ziemlich erfolgreich und findet in der Gesellschaft viele Unterstützer. Zu den Förderern gehören u.a. die Vodafone Stiftung Deutschland, die J.P. Morgan Chase Foundation und das Bundesministerium für Bildung und Forschung. 2009 wurde Arbeiterkind.de mit dem Deutschen Engagementpreis ausgezeichnet. Wir, die Ortsgruppe Lübeck, sind noch relativ neu und unsere Hauptaufgabe ist es zurzeit Arbeiterkind.de in Lübeck bekannt zu machen. Dazu gehen wir in die Schulen und stellen dort die Initiative vor, momentan hauptsächlich in den 12. und 13. Jahrgängen; zukünftig aber auch in der Sekundarstufe I. Damit wir möglichst viele Erfahrungen bündeln können, sind wir stets auf der Suche nach neuen Studenten und Akademikern, die uns unterstützen möchten. Arbeiterkind.de bietet nicht nur die Gelegenheit seine eigenen Erfahrungen an andere weiterzugeben, sondern auch die Chance sich auf Regionaltreffen oder dem Deutschlandtreffen (was uns im Übrigen keinen Cent kostet, weil die Initiative vom Bundesbildungsfonds gesponsert wird) mit anderen auszutauschen und dadurch seinen eigenen Horizont zu erweitern. Außerdem werden regelmäßig Mentorenschulungen angeboten, sodass man Hilfesuchenden noch effizienter helfen kann.

Wir treffen uns zurzeit einmal im Monat im Cloudsters in der Braunstraße um Aktuelles und unser weiteres Vorgehen zu besprechen. Zusätzlich bieten wir jeden ersten Donnerstag im Monat von 18-19 Uhr eine Sprechstunde für Ratsuchende an. Wenn du uns also als Mentor oder in der Schul- und Öffentlichkeitsarbeit unterstützen möchtest oder einfach einen Rat brauchst, bist du bei uns jederzeit herzlich willkommen. Kontakt zu uns kannst du entweder per Mail über luebeck@arbeiterkind.de oder über die Website www.arbeiterkind.de und dann über die Ortsgruppe Lübeck aufnehmen. Dort stehen auch immer die Daten, wann wir uns genau treffen. Natürlich kannst du auch direkt persönlich zu den Arbeitstreffen vorbeischauen. Wir würden uns freuen.

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Bachelor of MTA https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/bachelor-of-mta/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/bachelor-of-mta/#comments Mon, 18 Jul 2011 04:00:26 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1935 In Österreich gibt es keine medizinisch-Technischen Assistenten (MTA) mehr. Die Bezeichnung Assistent erschien nicht angebracht für eine derart hochwertige Ausbildung. Das mag auch daran liegen, dass seit 2006 aus der Ausbildung zum Assistenten ein Fachhochschulstudium zum biomedizinischen Analytiker oder Radiologietechnologen, beides ein Bachelor of Science, wurde. Ein Schritt, den der Berufsverband der biomedizinischen AnalytikerInnen nicht bereut: „Es war dies ein dringender und längst notwendiger Schritt, der den österreichischen biomedizinischen AnalytikerInnen die Anerkennung ihrer sehr guten Ausbildung auch im europäischen Ausland bringt“, betont Geschäftsführerin Elfriede Hufnagl.

In Deutschland könnte die Universität zu Lübeck eine der ersten staatlichen Universitäten sein, die den Schritt zum MTA-Studium wagt.

Das Berufsfeld der MTA

Bisher wurde die drei Jahre dauernde MTA-Ausbildung in Deutschland, geregelt durch das Gesetz über technische Assistenten in der Medizin, an Berufsfachschulen in einer Mischung aus theoretischem und praktischem Unterricht durchgeführt. Je nachdem, welche Möglichkeiten der Schule zur Verfügung stehen kann sich ein Auszubildender zum medizinisch-technischen Assistenten für Funktionsdiagnostik (MTFA), medizinisch-technischer Laboratoriumsassistent (MTLA), medizinisch-technischer Radiologieassistent (MTRA) oder aber auch zum veterinärmedizinisch-technischer Assistent (MTVA) ausbilden lassen. Jedes dieser Fächer bezeichnet durchaus unterschiedliche Kompetenzen, die allerdings alle vom 20.000 Mitglieder starken Berufsverband dvta (Deutscher Verband technischer Assistentinnen/Assistenten in der Medizin e.V.) vertreten werden.

In Lübeck werden in einer MTA-Schule, die parallel zur Universität im Jahr 1964 gegründet wurde MTLA und MTRA ausgebildet, lange in einer zweijährigen, inzwischen, aufgrund immer größerer Anforderungen, in einer dreijährigen Ausbildungszeit.

Die Lübecker MTRAs finden nach ihrem Staatsexamen unterschiedlichste Berufsfelder. Dabei geht es oft um bildgebende Verfahren und die Bedienung von Großgeräten wie dem Computertomographen und Kernspintomographen. Ebenfalls finden MTRAs Einsatz in der Nuklearmedizin, helfen beispielsweise bei der Diagnose von Krankheiten an der Schilddrüse durch ihre Expertise mit computergesteuerten Gammakameras. Auch in der Strahlenterapie sind MTRA im Einsatz. Damit passen sie inhaltlich zu Studiengängen wie Medizin, Medizinische Ingenierswissenschaften, angewandter Mathematik in den Lebenswissenschaften oder auch der medizinischen Informatik.

Die Zukunft der MTA-Ausbildung

Es handelt sich bei der MTA-Ausbildung um eine teure Ausbildung, was die Landesregierung schon in den letzten Jahren veranlasste, die Ausbildung aus dem UKSH in die Tochtergesellschaft UKSH-Akademie zu verlegen. Eine Maßnahme, so wird von manchen vermutet, die das Universitätsklinikum für Käufer attraktiver machen soll. Kein privater Investor würde die defizitäre Ausbildung mittragen wollen. Diese Kosten sind es unter anderem auch, die als Grund für die Einstellung einiger der Ausbildungen Schleswig-Holsteins zum Oktober 2012 genannt werden. Darunter alle Ausbildungen zum Laborassistenten im gesamten Bundesland. Eine Entwicklung die Anke Ohmstede, Vorstandsvorsitzende des dvta, in einer Stellungnahme 2010 „fatal“ nannte. „Wie steht das im Einklang mit dem Anspruch, eine qualitativ hochwertige Medizin anbieten zu wollen, aber auf Fachkräfte zu verzichten?“ Dabei gibt es Tätigkeiten im klinischen Alltag, die nur von Laborassistenten durchgeführt werden können, ein hausgemachter Fachkräftemangel, kritisiert der dvta. „Diese Aufgaben können nicht an andere Berufsgruppen wie Gesundheits- und Krankenpfleger oder medizinische Fachangestellte übergeben werden“, heißt es in einer weiteren Stellungnahme. Hier geht es nicht um Kompetenz, tatsächlich ist gesetzlich geregelt, dass Laborassistenten gewisse Tätigkeiten ausführen müssen, somit sind sie im Alltag von Laboren unersetzlich.

Den Fachkräftemangel bemerken jetzt schon jene, die technische Assistenten benötigen. Dr. Hans-Jürgen Brodersen, Chefarzt der Klinik für Strahlentherapie im St. Franziskus-Hospital Flensburg bestätigt, dass es jedes Mal schwierig ist, frei werdende MTRA-Stellen zu füllen. Eine Erfahrung, so sagt er, die auch seine Kollegen in der Radiologie bestätigen könnten. Derzeit nutze man die guten Kontakte zur MTRA-Schule in Heide.

Auch die MTA-Schule in Lübeck schließt zum Oktober 2012 ihre Tore. Die Landesregierung konzentriert die Ausbildung der MTRA in Kiel. Parallel zur der Schließung der MTRA-Schulen in Lübeck wird in Kiel die letzte verbleibende MTLA-Ausbildung in Schleswig-Holstein ausgesetzt. Eine neue MTRA-Ausbildung am Kieler NRock, dem Nordeuropäischen Radioonkologischen Zentrum, wird hingegen aufgebaut.

Die Aussetzung der MTLA-Ausbildung hat laut Anja Vollack, Geschäftsführerin der UKSH-Akademie, welche in Kiel und Lübeck die Ausbildungen koordiniert, hauptsächlich den Grund, dass sich das Berufsfeld in den letzten Jahren massiv verändert hat, das Ausbildungsgesetz aber gleich geblieben ist. Die derzeitige Ausbildung gehe am Arbeitsmarkt vorbei. Die Schuld dafür kann man bei der dvta suchen. Schon vor Jahren, so betont Dr. Andreas Dalski, der früher an der MTA-Ausbildung auf dem Lübecker Campus mitgewirkt hat, hätte sich der Berufsverband darum bemühen müssen, eine Gesetzesänderung anzustoßen. Man sah sich in Deutschland auf der „Insel der Glückseligkeit“, während in Skandinavien und Österreich die notwendigen Reformen umgesetzt wurden, jetzt habe man den Anschluss verpasst. Wenn der Anstoß nun käme, würde es Jahre dauern die Regeln zu reformieren.

Gerüchteweise hört man aber von einem weiteren Plan: Die MTA-Ausbildung soll am Campus Lübeck erhalten bleiben – als Bachelorstudiengang. Auch Flensburg denke über eine akademische Ausbildung nach.

Studium zum Assistenten?

Es gibt verschiedene Gründe, warum in Gesundheitsberufen der Drang zur akademischen Ausbildung stärker zu bemerken ist. Die Möglichkeit im komplexen Gesundheitswesen möglichst gut vorbereitet anzukommen, auch die Möglichkeit einen berufsspezifischen Masterstudiengang anzuschließen. Es geht oft auch um Ansehen, insbesondere gegen die meist akademisch mit höchsten Ehren besehenen Ärzten. Mehr Geld erhalten die studierten MTA üblicherweise nicht. In Lübeck kommt hinzu, dass ein MTA-Studiengang das Profil der Universität zwischen Gesundheit und Technik unterstützen könnte.

Der Gedanke ist nicht neu, einige private Universitäten bieten bereits vergleichbare Studiengänge an. Dabei handelt es sich aber meist nicht tatsächlich um ein MTA-Studium. Um als Technischer Assistent zertifiziert zu sein, bedarf es des Abschlusses des Staatsexamens, nur mit diesem Abschluss ist es einer Person, die MTLA ist, erlaubt, bestimmte Operationen in einem Labor durchzuführen. Ebenfalls qualifizierte Personen mit einem Bachelor dürfen dies nicht. Da aber technische Assistenten Tariflöhne bekommen und oftmals ein Bachelor bereit ist, für weniger zu arbeiten, sind in Laboren manchmal einige wenige ausgebildete technische Assistenten eingestellt, um alle notwendigen Prozeduren zu unterschreiben, die meiste Arbeit wird jedoch durch die billigeren Bachelor erledigt. Ein Zustand, der laut Dr. Dalski, der heute am Institut für Humangenetik an der Universität zu Lübeck tätig ist, gewollt herbeigeführt wurde. Dass der MTA-Beruf dabei an Relevanz verliert, wurde ignoriert.

Das Gedankenspiel in Lübeck, entweder an der Universität oder in Kooperation mit der Fachhochschule einen Studiengang für Labor- und Radiologieassitenten zu etablieren, hatte Dalski ebenso begleitet. Inzwischen sagt er aber, dieser Gedanke sei zu den Akten gelegt. Ein zur Ausbildung gleichwertiges Studium zu liefern, welches mit dem Staatsexamen abschließt und gleichzeitig auch noch den wissenschaftlichen Anspruch an einen Bachelor erfüllt, sei mit der aktuellen Gesetzeslage einfach nicht zu vereinbaren. Die einzige Möglichkeit wäre, einen weiteren Studiengang zu schaffen, aus dem junge Wissenschaftler hervorgehen, die das dem technischen Assistenten vorbehaltene Prozedere nicht durchführen dürfen.

Die Fachhochschule in Flensburg überlegt derzeit ebenfalls, ob der Fachkräftemangel einen Studiengang rechtfertigt. Schon Anfang des Jahres hatte es Gespräche zwischen Kliniken, Wissenschaftsministerium und der Leitung der Fachhochschule Flensburg gegeben.

Wenn ein Studiengang zum Laborassistent beginnt, so sagt Anja Vollack, kann sich die UKSH-Akademie sehr gut vorstellen, an einen dualen Studiengang im Bereich der MTRA-Ausbildung mitzuwirken. Es sei aber wenig sinnvoll, die Ausbildung in Kiel und den Studiengang in Lübeck oder Flensburg unabhängig voneinander laufen zu lassen.

Für alle, die derzeit die Ausbildung machen, kann Anja Vollack aber garantieren, dass sie diese auf jeden Fall beenden können, die Aussetzung bedroht ihren Abschluss nicht.

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Frischer Wind für die Hochschulpolitik? https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/frischer-wind-fur-die-hochschulpolitik/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/07/frischer-wind-fur-die-hochschulpolitik/#respond Sat, 02 Jul 2011 14:21:54 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1648 Teilnehmer: Prof. Dr. Wintermantel, Präsidentin der Universität des Saarlandes und Vorsitzende der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) , Rasmus Andresen (Grüne Landtagsfraktion), Daniel Günther(CDU-Landtagsfraktion), Prof. Dr. Hanno Kirsch (Präsident der Fachhochschule Westküste), Prof. Dr.Waldtraut Wende (Präsidentin der Universität Flensburg) und Georg Engelbart (AStA-Vorsitzenderder Universität zu Lübeck).

Moderation: Dr. Robert Habeck (Vorsitzender Grüne Landtagsfraktion)

Könnte ein frischer Wind durch die Hochschulpolitik in Schleswig-Holstein wehen? Sucht man tatsächlich nach konstruktiven, zukunftsträchtigen Konzepten für die Zukunft? Die konkrete Frageder Veranstaltung der Grünen Landtagsfraktion, die am Abend des 6. Juni im Kieler Landtagsgebäudestattfindet, lässt hoffen: „Welche Hochschulpolitik braucht Schleswig-Holstein?“

Einleitend hält Frau Prof. Wintermantel einen Vortrag mit dem Titel „Hochschulpolitik in Schleswig-Holstein – ein Blick von außen“. Bereits in der allgemeinen Betrachtung der bundesweitenHochschullandschaft zeichnen sich düstere Zukunftsperspektiven ab und speziell im Blick aufSchleswig-Holstein wird die Strukturlosigkeit der Bildungspolitik angeprangert.

Die Rednerin kritisiert das Kooperationsverbot der Förderalismusreform und fordert konkreteFinanzierungskonzepte ebenso wie neue Rekrutierungstrategien und Qualitätssteigerung derLehre. Ohne diese werde in naher Zukunft eine Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Raum nichtmehr zu halten sein. Dabei beruft sich Frau Prof Wintermantel vor allem auf ökonomische undgesellschaftliche Folgen einer auf lange Sicht sinkenden Zahl der Studierenden.

Auf dieser Grundlage beginnt die Podiumsdiskussion, die sich zunächst mit der mangelnden Miteinbeziehung der Hochschulen in die sie direkt betreffende Politik beschäftigt, dann mit strukturellen Problemen der einzelnen Hochschulen.

Bald bildet sich ein enttäuschender Konsens der Gäste – die Haushaltslöcher werden bedauert, das Akkreditierungsverfahren für Studiengänge als zu unausgegoren und kostspielig kritisiert. Eine richtige Debatte ergibt sich bezüglich dieser offensichtlichen Probleme ebenso wenig wie konkrete Lösungsvorschläge.

Intensiv diskutiert wird schließlich vor allem die Notwendigkeit der Drittmittelbeschaffung. Daniel Günther spricht sich deutlich gegen Drittmittel als Grundfinanzierungsmittel aus, bringt stattdessen die bisher unerwähnt gebliebenen Studiengebühren als reale Möglichkeit zur Finanzierung in die Debatte mit ein. Die klare Antwort Georg Engelbarts, er sei bereit, im Berufsleben mehr Einkommenssteuer zu zahlen, wenn dafür Studiengebühren ausblieben, bleibt eine der wenigen konkreten Aussagen des Abends.

Sollte nicht über Konzepte für die Zukunft geredet werden? Als das Publikum in die Diskussion mit einbezogen wird, stellt eine Studentin die alles entscheidende Frage: „ Wie stellen Sie sich die Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein in fünf Jahren vor?“.

Doch ebenso wie auf viele andere der sehr konkreten Fragen der Zuhörer bleibt auch hier eine Antwort aus. Schade.

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Studiengebühren: Totgesagte leben länger https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/studiengeburen-totgesagte-leben-langer/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/studiengeburen-totgesagte-leben-langer/#respond Sat, 25 Jun 2011 16:42:01 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1625 Eigentlich schien mit einem Satz im Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP alles klar zu sein: “CDU und FDP sind sich einig, dass reguläre Studiengänge […] frei von Studienbeiträgen sein sollen.” Doch das solche Vereinbarungen nicht viel zu sagen haben hatte die Landesregierung im letzten Sommer selbst bewiesen und die Hochschulleitungen in Schleswig-Holstein, unter ihnen das Präsidium der Uni Lübeck, haben dies verstanden.

Präsident Dominiak (bei einer Pressekonferenz am 6. July 2010): "Je mehr Spielräume eine Hochschule habe, desto besser kann sie ihr eigenes Profil entwikeln und sich im bundesweiten und internationalen Wettbewerb behaupten."Lukas Ruge

Präsident Dominiak (bei einer Pressekonferenz am 6. July 2010): "Je mehr Spielräume eine Hochschule habe, desto besser kann sie ihr eigenes Profil entwikeln und sich im bundesweiten und internationalen Wettbewerb behaupten."

Jetzt fordern sie gemeinsam die Einführung von “sozialverträglichen Studiengebühren”, die shz berichtete am 24. Juni:

Die Debatte um die Einführung von Studiengebühren an den Universitäten und Fachhochschulen in Schleswig-Holstein ist neu entbrannt. Die Landesrektorenkonferenz (LRK) hat den Landtag aufgefordert, den Hochschulen die Einführung “sozialverträglicher, nachgelagerter Studienbeiträge” zu erlauben. Auch dies gehöre zur Hochschulautonomie, heißt es in einem Beschlusspapier der Rektorenkonferenz.

Die Asten der Universität Lübeck und Kiel haben schnell und ungehalten reagiert, in einer Presseerklärung des AStA der Uni Lübeck heißt es.

Wie wir mit erschrecken feststellen mussten, hat die Landesrektorenkonferenz SH die Landesregierung aufgefordert den Weg für Studiengebühren frei zu machen […]. Der AStA der Universität zu Lübeck spricht sich zum wiederholten Male gegen jede Form von Studiengebühren aus, denn es gibt keine sozialverträglichen Studiengebühren!

Ein Hochschulstudium hängt in Deutschland nach wie vor maßgeblich vom sozialem Status undEinkommen der Eltern ab. Hier gilt es die Situation nicht weiter zu verschärfen, sondern dem entgegen zu wirken.

[…]

Eine Einführung von Studiengebühren wird von der Studierendenschaft nicht akzeptiertwerden.  Sollte die Forderung bestehen bleiben, werden wir entschlossen dagegen vorgehen. Dabei haben die Studierenden Schleswig-Holsteins schon im Sommer 2010 gezeigt, dass sie ihre Forderungen deutlichst zu artikulieren wissen.

Gerade vor der Einigkeit im letzten Sommer empfiden die AStA Mitglieder den Zug der Uni-Leitung als unerklärlich:

Wir empfinden es als Affront, nach den gemeinsamen Protesten im  letzten Sommer, als die Studierenden entscheidend zur Rettung der Uni beitrugen, dass das Präsidium uns nun in den Rücken fällt.

Das die Einigkeit unter den Studierenden weiterhin besteht beweist die Presseerklärung des AStA der CAU Kiel, welcher sich ähnlich ließt

Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Christian-Albrechts-Universität(CAU) zu Kiel lehnt diese Forderung entschieden ab und wird alles in seiner Machtstehende gegen die Einführung von Studiengebühren, welcher Art auch immer, unternehmen.

René Geßner, Vorsitzender des AStA der CAU ergänzt: “Bildung in Schleswig-Holstein muss weiterhin für alle kostenlos bleiben!”

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Alles Bologna? https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/alles-bologna/ https://www.studentenpack.de/index.php/2011/06/alles-bologna/#respond Sun, 12 Jun 2011 22:01:29 +0000 http://www.studentenpack.uni-luebeck.de/?p=1991 Warum eigentlich Bologna? Bologna ist eine italienische Stadt im Herzen des Landes, größer als Lübeck, geprägt durch römische Architektur und Kultur. Diese Stadt, als Hauptverkehrspunkt des Landes bezeichnet, wurde 1999 von 30 europäischen Bildungsministern herausgesucht, um über die Bildungszukunft von Europa zu diskutieren und gemeinsame Ziele zu finden. Am Ende der Konferenz wurde eine nicht bindende Erklärung unterschrieben, welche für das Erreichen eines einheitlichen Europäischen Hochschulraumes sorgen sollte. Vorwiegend sollte durch das gemeinsame Ziehen an einem Strang erreicht werden, dass das europäische Hochschulsystem konkurrenzfähiger würde. Durch Vereinheitlichung sollte die Anerkennung europäischer Abschlüsse zunehmen. Die Schlagwörter, dieses umzusetzen, kennen alle zu genüge: vergleichbare und leserliche Abschlüsse, Einführung einer Punktebewertung für Studenten, erreichte Lernziele und Steigerung der Mobilität, sei es für Studenten, als auch für Lehrende. Ein Studium sollte in zwei Abschlüsse aufgeteilt werden, in das Grundstudium und in das vertiefende Studium. Dabei sollte es möglich sein, nach dem Grundstudium in das Arbeitsleben einzusteigen. Die Punktebewertung sollte es vereinfachen, europaweit Fächer zu vergleichen und eine erfolgreiche Teilnahme überall anerkennen zu lassen. In der Erklärung steht kein festes Datum, nur, dass diese Umstrukturierung im ersten Jahrzehnt des neuen Millenniums umgesetzt werden sollte.

Was ist los in Deutschland?

Diese europaweite Vorgabe wurde in Deutschland dazu genutzt, das ganze Hochschulsystem zu erneuern und neu zu strukturieren. Die Ergebnisse finden wir überall um uns herum, der erste Abschluss wurde Bachelor, der zweite Master genannt, wobei je nachdem nach welcher Fachrichtung studiert wird „of Arts“, „of Science“ usw. angehängt wird. Auch in Deutschland gilt: Im Bachelor sollen Grundlagen gelegt und auf die jeweiligen Berufsfelder vorbereitet werden, im Master soll das Ganze anwendungsorientierter und tiefgreifender in den Stoff eingetaucht werden. Bevor Studiengänge in der Praxis umgesetzt werden dürfen, müssen sie akkreditiert oder reakkreditiert werden. Dann gibt es die 30 Leistungspunkte (ECTS), die pro Semester erworben werden sollen. Das entspricht 40 Stunden pro Woche, wobei Noten aus jedem Semester in die Abschlussnote mit einbezogen werden. Neben dem Medizin-, Jura- und Theologiestudium gibt es in Deutschland kaum noch einen anderen Studiengang, der nicht nach diesem System funktioniert.

Was wurde bis heute erreicht?

Alle zwei Jahre treffen sich die europäischen Minister und ziehen Bilanz über Fortschritte der letzten Jahre. Klar ist, die Umstrukturierung des europäischen Hochschulraumes ist noch nicht wie 1999 besprochen 2010 erfolgreich beendet worden, sondern von den Zielen noch entfernt. Zwar sind bereits 82 Prozent aller Studiengänge in Deutschland auf das Bachelor- und Mastersystem umgestellt, doch die Mobilität über die Grenzen einer Hochschule hinaus ist immer noch sehr schwierig. Genauso fehlt das Vertrauen in die nun erreichbaren Abschlüsse, so sind diese im internationalen Vergleich weniger anerkannt als die alten Diplomabschlüsse. Die Meinungen an den Hochschulen ist meistens gleich, viel muss noch getan werden. So kann man von der Ludwig-Maximilian-Universität München lesen: „Diese formale Umstellung bedarf vielfach aber noch der weiteren Implementation. Die Inhalte der einzelnen Studiengänge müssen weiter auf das neue System angepasst werden.“ Die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg schreibt zur Reform: „Es täte dem Bologna-Prozess gut, seine Ziele klarer und deutlicher zu formulieren und zu konkretisieren, bis hin zu Kennzahlen, an denen er sich messen lassen will. Sind die Absolventen wirklich jünger?“ Damit spricht die Hochschule ein weiteres Thema an, denn die Bologna-Reform sollte das Studium verkürzen, Studenten schneller auf den Arbeitsmarkt bringen und Langzeitstudenten von den Hochschulen vertreiben. Weiter schreibt sie „Durch die Straffung der Diplom-Studiengänge auf Bachelor von 8 auf 6 Semester war eine weitere Verschulung die Folge.“ Auch dieses Thema sollte längst durch den Prozess vom Tisch sein, Studienordnungen und Pläne sprechen jedoch andere Zahlen, da muss man sich Wahlfreiheit der naturwissenschaftlichen und technischen Studiengänge der Universität zu Lübeck anschauen. Weitere Pro- und Kontra-Argumente wurden einem bereits im Zuge des Bildungsstreiks näher gebracht.

Was gibt es also wirklich Neues zu berichten?

Im Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) vom 10. März 2011 findet man nichts Neues, denn es wurde zwar viel getan und noch weiter umstrukturiert, die Ziele sind jedoch immer noch die gleichen, nur in neue Worte verpackt. So liefert der Schluss des Berichtes: „Die Kultusministerkonferenz erwartet, dass die Hochschulen und ihre Mitglieder den Bologna-Prozess weiterhin engagiert vorantreiben, die Bedeutung der Lehre stärken, ihre Qualität und die gegenseitige Anerkennung von Studien- und Prüfungsleistungen entsprechend der Lissabon-Konvention nachhaltig verbessern. Sie wird auch weiterhin die Entwicklung des Bologna-Prozesses in den Hochschulen aktiv begleiten, unterstützen und auch die soziale Dimension dabei nicht aus den Augen verlieren.“

Und auf der zweiten nationalen Bologna-Konferenz?

Am 6. Mai 2011 fand in Berlin zum zweiten Mal eine Bologna-Konferenz statt. Im Vorfeld erklärte Kai Gehring, Sprecher für Hochschulpolitik: „Für Studierende und Lehrende ist eine weitere Schavan-Konferenz des Gesundbetens und Schönredens der Bologna-Reform unzumutbar. Wenn eine Nationale Konferenz mehr als eine Schavan-Show sein soll, hätte sie feste Verabredungen, klare Zwischenziele und Fahrpläne zur Bologna-Korrektur erbringen müssen…“

Der Blog der Jusos titelt am 11. Mai „Bildungsverantwortliche stellen sich taub – Bologna-Konferenz gescheitert.”Und erklärt weiter: „Am vergangenen Freitag lud Bildungsministerin Schavan“ (und Präsident der KMK, Bernd Althusmann) „zur zweiten nationalen Bologna-Konferenz nach Berlin, um mit Politik, Hochschulen und Studierenden über Probleme in der Umsetzung der Bologna-Reform zu diskutieren. Es ist keine Willkür, wenn bei der Aufzählung die Studierenden an letzter Stelle stehen, denn die Konferenz vermittelte den beteiligten Studierenden nicht den Eindruck, dass ihnen überhaupt zugehört wurde.“

In Berlin waren dennoch viele Studierendenverbände vertreten, wie eben die Juso-Hochschulgruppen, aber auch CampusGrün, fzs, DGB Jugend, Linke.SDS und LHG (siehe Infobox). Genau diese Studierendenverbände hatten zuvor in einem Schreiben für einen freien Zugang zum Masterstudium plädiert und wie zum Bildungsstreik zu bundesweiten Aktionen aufgerufen. Klar war dieses Thema auch Gegenstand der Konferenz. Der Jusos Blogeintrag dazu jedoch: „Trotzdem wurde nicht über Probleme diskutiert und Lösungsansätze blieben aus.“

Bereits im Vorfeld zur Konferenz wurde Kritik aus Studentenkreisen laut, denn die Studierendenverbände hatten kein Mitspracherecht bei der Organisation und konnten dadurch keinen Einfluss auf die Themenfindung, noch Diskussionsbereitschaft nehmen. „Wieder nur heiße Luft. Wieder keine Ergebnisse.“, ist auf dem Juso-Blog zu lesen. CampusGrün titelt seinen Artikel am 10. Mai 2011 zur Konferenz: „Nationale Bologna-Konferenz schönt den Zwang zu Mobilität und vergisst die wichtigen Studienplätze“ und schreibt bereits im ersten Abschnitt, wie enttäuschend sie die Nationale Bologna-Konferenz fanden. „Nach einjähriger Debatte wurden die wesentlichen, unter dem Druck der starken Bildungsproteste gemachten Versprechen von Ministerin Schavan und dem BMBF nicht umgesetzt.“ Eher wurde der Bericht über die Chancen von Bachelor-AbsolventInnen in der Arbeitswelt bejubelt.

Auf der Internetseite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ist nachzulesen, was Bundesbildungsministerin Annette Schavan zum Thema sagte: „Wie die aktuellen Studien zeigen: Die Abschlüsse Bachelor und Master kommen immer mehr im Alltag an. Bachelor-Absolventen haben auf dem Arbeitsmarkt gute Chancen.“ Der Jusos Blogeintrag kontert, denn in den Studien würde nicht festgehalten, in welchem Arbeitsverhältnis sich die Absolventen befänden. „Prekäre Verhältnisse, befristete Stellen oder Praktika sind wirklich keine erstrebenswerten Ziele für Studierende. Daher ist es nicht verwunderlich, dass immer noch 63% aller Bachelor-Studierenden einen Master anstreben.“ als Quelle gibt der Blog den 19. Sozialerhebungs-Sonderbericht „Studierende im Bachelor-Studium 2009“ des Deutsches Studentenwerks an. Weiter steht dagegen in der Pressemitteilung „Hochschulreform auf gutem Weg“ herausgegeben am 06. Mai 2011 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung: „Die Sorge, dass es nicht genügend Masterstudienplätze gibt, sei unbegründet: ‚Die Zahlen, die die Länder auf der Konferenz vorgelegt haben, deuten vielmehr darauf hin, dass bundesweit kein Mangel an Masterplätzen besteht, wenn die Studierenden flexibel sind. Und was die Zukunft betrifft: Bund und Länder tragen mit dem Hochschulpakt schon jetzt dazu bei, dass die Zahl der Studienplätze insgesamt zunimmt‘, so Schavan.“ Hier entsteht eine Pattsituation, denn die Hochschulgruppen sind hier anderer Meinung. Sie geben an, dass vielen Interessierten an einem Masterstudium der Zugang verwehrt bliebe.

Der Jusos Blogeintrag zu der Konferenz: „Über Probleme beim Übergang vom Bachelor in den Master wurde nicht einmal diskutiert.“ CampusGrün liefert noch weitere Argumente, warum dieses Thema höchsten Stellenwert haben sollte, und legt damit das Schönreden des Ministeriums offen. „…der Kampf um Studienplätze wird vor dem Hintergrund doppelter Abiturjahrgänge und der ausgesetzten Wehrpflicht härter. Alle Prognosen zeigen, es wird in den nächsten Jahren an tausenden von Studienplätzen fehlen.“ Daher haben sie mit anderen Hochschulverbänden eine Aktion für den freien Masterzugang ins Leben gerufen (www.freier-masterzugang.org). Ein weiteres Mal der Satz von Bildungsministerin Schavan. Es hat den Anschein, dass „bundesweit kein Mangel an Masterplätzen besteht, wenn die Studierenden flexibel sind“. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, heißt es doch nichts anderes als, „Studierende müssen sehr oft ihren Studienplatz wechseln, nicht weil sie wollen, sondern weil es ihnen politisch so vorgegeben wird.“, formuliert es CampusGrün aus. Weiter: „Dass Studierende gegeneinander im Wettbewerb um einen Studienplatz ausgespielt werden, hat mit dem Gedanken von Bologna nichts zu tun!“
Das Fazit der Juso-Hochschulgruppe ist vernichtend: „Die Ergebnisse, oder eben die nicht existenten Ergebnisse der Bologna-Konferenz sind enttäuschend. Die Gelegenheit, unter großer medialer Aufmerksamkeit und in großer Runde ausführlich Probleme zu diskutieren und Lösungsansätze zu entwickeln, wurde nicht genutzt. Es ist an der Zeit, endlich sinnvolle Strategien und Aktionen zu entwickeln und auch umzusetzen. Die Bologna-Konferenz scheint dafür kein Ort zu sein. Sollten sich die Rahmenbedingungen nicht grundlegend ändern, werden die Juso-Hochschulgruppen nicht mehr daran teilnehmen. Denn die studentische Beteiligung an dieser Konferenz ist wirkungs- und sinnlos.“ CampusGrün schreibt ähnlich „Auf der Konferenz […] schob man sich lieber gegenseitig die Schuld zu, statt an den Problemen zu arbeiten und zusammen mit den jungen Menschen ein gerechteres Bildungssystem zu entwerfen.“

Aber entscheidet selber bei den Worten von Bundesministerin Schavan: „Die Entwicklung im Masterbereich werden wir allerdings in den kommenden Semestern weiter verfolgen. Wir müssen darauf achten, dass die neuen Studienplätze, die wir mit dem Hochschulpakt finanzieren, auch in ausreichendem Maße im Masterbereich entstehen.“ oder “Der Wechsel ins Ausland ist durch die Bologna-Reform einfacher geworden. Da muss es erst recht möglich sein, von einem Bundesland in ein anderes umzuziehen.” Auch KMK-Präsident Bernd Althusmann bekräftigte: “Es ist erfreulich, dass wir mit der diesjährigen Bologna-Konferenz den konstruktiv-kritischen, intensiven Dialog mit allen Beteiligten über Stärken und Schwächen bei der nationalen Umsetzung fortsetzen. Die Kultusministerkonferenz hat mit der Änderung der ländergemeinsamen Strukturvorgaben im Februar 2010 umfassend auf die Kritik an der Bologna-Umsetzung reagiert…“ Des Weiteren: „Von Engpässen im Masterbereich kann nicht gesprochen werden. Die Kultusministerkonferenz nimmt die Befürchtungen auch im Hinblick auf die doppelten Abiturjahrgänge und die steigende Zahl der Bachelorabsolventen ernst und wird die Entwicklung weiter verfolgen. Bei Bedarf müsste zu gegebener Zeit überlegt werden, den Ausbau der Masterstudienplätze in die Verhandlungen zum Hochschulpakt einzubeziehen“. Die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) Margret Wintermantel ist ein bisschen konkreter: “Alle Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen sollen die Chance auf einen Studienplatz in einem Master-Programm bekommen. Hier ist die Politik gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es den Hochschulen ermöglichen, ausreichend Studienplätze anzubieten. Wir brauchen ein Angebot, welches sich an den Eignungen und Neigungen der Studierenden und den Entwicklungen am Arbeitsmarkt orientiert.“

Die Frage bleibt: „Ja, wann denn?“ Daher hofft CampusGrün „…,dass sich die Studierenden in den kommenden Semestern gegen diese hochschulpolitische Irrfahrt stellen werden. Es geht schließlich um Ihre Zukunft – berufliche Chancengerechtigkeit fängt mit der Bildung an!“

 

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