Prof. Dr. med Gabriele Gillessen-Kaesbach ist Professorin für Humangenetik an der Universität zu Lübeck und Direktorin des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein. Sie ist zudem seit 2016 die erste weibliche Vorsitzende der Gesellschaft für Humangenetik und war von 2009 bis 2015 stellvertretende Vorsitze der Gendiagnostik-Kommission des Bundesministeriums für Gesundheit. An der Universität zu Lübeck ist sie seit 2006 unter anderem im Senat, der Studienkommission und im Habilitationsausschuss tätig gewesen.

Sie ist nun die erste Frau, die die Leitung der Universität zu Lübeck übernehmen wird.

Gabriele Gillessen-Kaesbach bei der Vorstellung im Senat.Johann Mattutat | StudentenPACK.

Gabriele Gillessen-Kaesbach bei der Vorstellung im Senat.

Gabriele Gillessen wurde am 16. Oktober 1953 in Heinsberg bei Aachen geboren, wo sie 1972 ihr Abitur erhielt und nach Straßburg wechselte, um dort Humanmedizin zu studieren. Das Studium unterbrach sie nach zwei Jahren und wechselte an die Ruhr-Universität in Bochum, um Chemie zu studieren, nur um ein Jahr später doch wieder zur Medizin zurück zu finden und 1980 ihr Studium in Essen abzuschließen.

1980 wurde Gillessen-Kaesbach Ärztin am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Essen. 1986 wechselte sie das berufliche Umfeld. „GG“, wie sie dort angeblich alsbald genannt wurde, begann ihre Arbeit als wissenschaftliche Assistentin am Institut für Humangenetik in Essen. Sie promovierte dort 1988 mit dem Titel „Untersuchungen zur Bestimmung des freien Cortisols im Serum“ in der endokrinologischen Abteilung der Kinderklinik.

1985 wurde ihr Sohn Till geboren, vier Jahre später ihr Sohn Jan.

Gillessen-Kaesbach wurde 1993 am Institut für Humangenetik zur Oberärztin befördert. 1997 folgte die Habilitation in der Humangenetik mit dem Titel „Das Prader-Willi-Syndrom. Eine klinisch-genetische Analyse“. Spätestens zu diesem Zeitpunkt galt sie als Expertin auf diesem Gebiet.

2002 wurde sie zur außerplanmäßigen Professorin ernannt, nachdem sie bereits 2001 begonnen hatte, den Bereich Klinische Genetik am Institut in Essen zu leiten.  Diese Position hatte sie inne, bis sie 2006 nach Lübeck wechselte, um dort den Lehrstuhl für Humangenetik zu übernehmen. Im Rahmen dieser Arbeit erfolgte eine neue Schwerpunktsetzung, hin zur klinischen Genetik und zur funktionalen Genetik. Mit der bundesweit ersten Genehmigung eines Zentrums für Präimplantationsdiagnostik kam 2014 ein weiterer Schwerpunkt hinzu. 2009 war das Institut Gründungsmitglied des „Lübecker Zentrums für Seltene Erkrankungen“. 2010 nahm Gillessen-Kaesbach an den Protesten zum Erhalt der Universität Lübeck teil.

Im Rahmen ihrer Arbeit am Institut für Humangenetik arbeitete Prof. Gillessen-Kaesbach mit verschiedenen Selbsthilfegruppen, wie der „Prader-Willi-Syndrom Vereinigung Deutschland“ für Menschen mit PWS, der Krankheit über die sie habilitierte, und deren Eltern.

2012 gelang in Lübeck die erste Geburt eines Kindes nach der Präimplantationsdiagnostik einer monogenetischen Erkrankung in Deutschland. Dafür hatte Gillessen-Kaesbach das Desbuquois-Syndrom intensiv studiert und ein Testverfahren entworfen, welches erlaubte, einen Embryo nach ungefähr drei Tagen beim Erreichen des Acht-Zellen-Stadiums auf diese Krankheit zu testen.

Auch weil ihre Themen die Öffentlichkeit aufrühren, in den Medien viel diskutiert und in Zukunft wohl noch Bedeutung gewinnen werden, lässt Gillessen-Kaesbach die Wissenschaftskommunikation mit der Öffentlichkeit nicht außer Acht. Nicht nur in Zeitungsartikeln kommuniziert sie die Details ihres Fachs, auch zum Beispiel beim Lübecker Frauentag 2012 oder als Expertin für „1000 Fragen“ beim SWR beantwortete sie verschiedene Zuschauerfragen zur Genetik.

2016 wurde sie als erste Frau an die Spitze der Gesellschaft für Humangenetik gewählt. Gerade weil die Bedeutung der Humangenetik stark zunehme, möchte sie: „Dafür einzutreten, dass es in Deutschland auch in Zukunft an jeder Medizinischen Fakultät einen Lehrstuhl für Humangenetik geben soll.“

2017 nun der nächste Schritt und wieder ist Gabriele Gillessen-Kaesbach die erste Frau im Amt: Nach über 50 Jahren männlicher Rektoren und Präsidenten steht sie an der Spitze der Universität zu Lübeck. Die Amtszeit beginnt im Sommer 2018 und beträgt sechs Jahre, die sie, obwohl sie im Oktober ihren 64. Geburtstag feierte, vollständig ausführen kann. Sie tritt die Nachfolge von Prof. Dr. Hendrik Lehnert an, der bereits nach drei Jahren im Amt seinen Posten wieder zur Verfügung stellte, um im kommenden Jahr Gründungsdirektor eines noch entstehenden Instituts der Leibniz-Gemeinschaft zum Themenschwerpunkt The Endocrine Brain zu werden.

Ein Interview mit der künftigen Präsidentin könnt ihr hier lesen.

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