Ministerpräsident Torsten Albig bei einer Rede im Landtag.Fabian Schwarze | StudentenPACK.

Ministerpräsident Torsten Albig bei einer Rede im Landtag.

Politik ist langweilig, realitätsfern und elitär. Sie schließt die Bürger aus und agiert intransparent. Fühlt es sich auch so an, wenn man mal in den Landtag geht?

Der Landtag von Schleswig-Holstein: Das am Westufer der Förde gelegene Backsteingebäude mit dem prominenten zum Wasser hin verglasten Plenarsaal liegt 30 Minuten Fußweg vom Kieler Hauptbahnhof entfernt. Es ist der einzige Landtag mit direkter Sicht auf das Meer – hier die Kieler Förde – und bietet den Abgeordneten einen beeindruckenden Blick auf eine Lebensader des nördlichsten deutschen Bundeslands.

Der Weg zum Landtag führt an der Förde entlang und bietet einen Blick auf den komplett umglasten Plenarsaal und die darin tagenden Abgeordneten. Um den verregneten Plenaranbau streift ein einsamer Polizist nur in Begleitung eines Hundes. Vor dem Gebäude wird eine Bühne für eine Demo errichtet.

Als Mitglied der StudentenPACK-Redaktion bin ich zusammen mit einem weiteren Redaktionsmitglied im Landtag, um ein Interview mit Kristin Alheit, der Ministerin für Soziales, Gesundheit und Wissenschaft zu führen. Wenn wir schon dort sind, verfolgen wir auch die stattfindende Sitzung. Am Finanzministerium vorbei folgen wir der Einfahrt zum Eingang, wo wir freundlich von den Pförtnern empfangen werden, die unseren Ansprechpartner zwar nicht erreichen können, uns aber trotzdem die Türen zum lichtdurchfluteten Foyer öffnen.

Im Foyer – neben den berühmt berüchtigten Paternosteraufzügen – werden wir vom Pressesprecher der Ministerin begrüßt. Nach einem kurzen Überblick über die Anliegen der heutigen Landtagssitzung – Terrorgefahr, Krippengeld und Neuausrichtung der Hochschulmedizin – beschließen wir der Diskussion von der Empore aus zu folgen. Dort erwartet uns eine große Auswahl an Zuhörern. Nicht nur die üblichen Journalisten – bekannte Gesichter aus NDR und von Lokalzeitungen – sondern auch Schüler, Studierende, „unbeteiligte“ Bürger und Angehörige der Bundeswehr folgen zusammen mit den Abgeordneten und deren Mitarbeitern den Diskussionen im Landtag. Auf der Regierungsbank sitzt unsere Gesprächspartnerin.

Die Sitzung hat eine Pause. Wir verlassen die Tribüne und begeben uns in die bereits stark gefüllte Cafeteria an der Seite des Gebäudes. Dort erwartet uns bereits die Ministerin. Völlig in einen Zeitplan verwickelt folgt sie während unseres Gesprächs beiläufig der Sitzung im Nebenraum auf ihrem Smartphone, um den nächsten Punkt der Tagesordnung, der ein Gesetz ihres Ministeriums zum „Krippengeld“ betrifft, vorzubereiten.

Eine volle Cafeteria, geschäftiges Treiben, hohe Lautstärke und viel Kaffee – ein Landtag im Normalbetrieb, aber eine etwas ungewöhnliche Stimmung für ein Interview. Kein privates Treffen im privaten Büro mit perfekter Aufnahmemöglichkeit. Dazu kommt der Zeitdruck.

Das Gespräch ist beendet, die Ministerin zurück im Plenarsaal, die Cafeteria leert sich allmählich. „Kennen Sie bereits den Ministerpräsidenten?“, fragt uns der uns durch den Landtag begleitende Pressesprecher. Kurz darauf finde ich mich im Smalltalk mit Torsten Albig wieder. Wenig später verlässt auch der Regierungschef die Cafeteria, um der Sitzung, der die Ministerin schon seit einigen Minuten folgt, beizuwohnen. Wenig später wird er eine Rede im Landtag halten.

Auf dem Weg, die Tribüne erneut zu betreten, treffen wir den Oppositionsführer aus den Reihen der CDU, dem wir vorgestellt werden und mit dem wir einige Worte wechseln.

Beim Verlassen des Landtags teilt uns unser Ansprechpartner noch mit, dass der Terminplan leider sehr voll sei. Vor dem Eingang wird eine Demonstration vorbereitet. Die Bühne ist bereits mit Transparenten gefüllt und circa fünfhundert Leute von verschiedensten Hilfsorganisationen demonstrieren gegen das Bundesteilhabegesetz.

Ein Besuch im Landtag ist jedem Bürger jederzeit möglich und jedem zu empfehlen – vor allem für all jene, die eine Intransparenz von Seiten der führenden Politiker verspüren. Nicht nur, dass sowohl eine sehr offene Atmosphäre gewahrt wird, sondern auch die Politiker keine von Security umkreisten, unnahbaren Roboter sind. Gerade in Anbetracht der kommenden Landtagswahlen und der damit verbundenen letzten Regierungsmonate der aktuellen Landesregierung bietet sich die Möglichkeit, den hitzigeren Debatten zu folgen und sich ein eigenes Bild von der Regierungspraxis zu bilden.

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