Klausuren kennt jeder. Und jeder geht damit etwas anders um. Wenn die Vorbereitung (oder das eigene Vertrauen in dieselbe) mal nicht ganz vollkommen ist, muss man sich halt bei höheren Mächten bedienen. Sprich: Glücksbringer, Talismane oder die Lieblingsunterwäsche.

Wenn solche Tricks nicht mehr helfen, muss man unter Umständen selbst tätig werden und zu mal mehr, mal weniger ritualisierten Handlungen greifen. Man könnte sogar so weit gehen, vor jeder Prüfung eine Mango (die festen, bloß nicht die reifen, matschigen) zu essen und sich währenddessen dreimal ,,I ain’t got no home in this world anymore” von Woody Guthrie auf Youtube anhören. So mach ich das. Funktioniert gut. Vielleicht wundert sich irgendein Amerikaner, warum das Video seines Umzugs („Seattle to Maine in 7 days“) mit einer sehr guten Coverversion eben dieses Lieds so viele Klicks hat. Die sind vermutlich zum größten Teil von mir. Natürlich weiß ich, dass mich dieses Prozedere in den wenigsten Situationen weiterbringt. Trotzdem: Wenn ich anders handeln würde, würde ich mich verfluchen, sollte es mal doch nicht klappen. Ist das jetzt normal? Vielleicht nicht. Bin ich jetzt bekloppt? Muss ich auf die Couch? Vielleicht schon.

Im Psychiatrie-Kurs wurde mir jetzt erklärt, dass es sich hierbei um Zwangsgedanken handelt. Viele Menschen haben sowas, die allermeisten haben keinerlei Probleme damit und müssen sich auch nicht in psychiatrische Behandlung begeben, solange sie noch ihren Alltagstätigkeiten nachgehen können. Eine Zwangsstörung liegt nämlich erst vor, wenn man sich dadurch gestört fühlt. Das tut es bisher noch nicht. Wie ich dazu gekommen bin, fragt ihr? Nun, ich führe das auf irgendein Vorklinik-Testat zurück, vor dem ich wohl nicht vor lauter Selbstbewusstsein geplatzt bin und mich eben so verhalten habe. Das Testat muss wohl gut gelaufen sein und so behielt ich aus purem Aberglauben mein minutiöses Ritual bei. Und der Erfolg gab ihm Recht! Testate, Biochemie-Klausuren, Physikum… Alles kein Problem, hatte schließlich Mango gegessen. Wahrscheinlich ist es genau das, was Psychologie-Studenten als „positive Verstärkung“ bezeichnen würden*. Jetzt stand die Klausur in Psychiatrie an und mit dem gewonnenen Wissen kam mir mein Handeln doch reichlich merkwürdig vor. Wie ist das mit klausurbezogenen Zwangshandlungen vor Psychiatrie-Klausuren. Führt man die aus oder lässt man die dank besseren Wissens sein? Ich bin erstmal dabei geblieben. Nicht auszudenken, was da hätte passieren können. Vielleicht zieh ich das einfach das ganze Studium über durch. Oder einfach jeden Morgen Mango zum Frühstück? Etwas teuer vielleicht, aber ich wäre wohl unbesiegbar.

* Da das PACK immer noch auf Psychologie-Studierende als Mitstreiter wartet, kann ich diese These nicht mit letzter Sicherheit bestätigen. Vielleicht kommen ja ein paar hinzu, jetzt da sie wissen, dass hier potentielle Kundschaft wartet.

Noch keine Kommentare, sei der Erste!