Kaum einer nutzt ihn: Der bezahlte Urlaub für HilfswissenschaftlerLukas Ruge | StudentenPACK.

Kaum einer nutzt ihn: Der bezahlte Urlaub für Hilfswissenschaftler

Die üblichen Jobs für studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte an der Uni (umgangssprachlich: Hiwi-Jobs) seien klassische Minijobs, so Frank Haßler, Fachanwalt für Arbeitsrecht, von der Lübecker Kanzlei Dr. Elsner. An einem regnerischen Apriltag erklärt er uns die für dieses Beschäftigungsfeld relevanten arbeitsrechtlichen Regelungen. Diese gelten für alle typischen Hiwi-Jobs wie das Betreuen eines Praktikums oder Präparierkurses, das Korrigieren von Übungszetteln oder das Leiten von Übungen.

Fundamental sei die Einordnung der Hiwi-Jobs als Arbeitsverhältnis, sagt Haßler. Dies äußere sich dadurch, dass dem Arbeitnehmer kein unternehmerisches Risiko aus seiner Arbeit entstehe. Stattdessen arbeite der Arbeitnehmer eingebunden in die Unternehmensstruktur seines Arbeitgebers, welcher in einem vorgegebenen Zeitrahmen und an einem vorgegebenen Ort Arbeitsaufträge nach „billigem Ermessen“ – also im Rahmen der im Arbeitsvertrag festgelegten Aufgaben – vergibt, geregelt durch Paragraph 106 der Gewerbeordnung. Dabei dürfe der Arbeitgeber seine Weisungsrechte auf andere Personen übertragen. Das bedeutet, dass beispielsweise der Dozent dem Hiwi Arbeitsaufträge geben darf, obwohl er selbst ein Arbeitnehmer der Uni ist. Auf diesem Weg kommt der Hiwi zu seinen Arbeitsaufträgen, die er im Rahmen seiner Arbeitszeit bearbeitet.

Zur Erfassung dieser Arbeitszeiten ist seit November 2015 laut einem Schreiben der Universitätsverwaltung das Führen von Stundenzetteln notwendig, um Vorgaben des Mindestlohngesetzes zur Arbeitszeiterfassung zu erfüllen. Diese Neuerung führte anfangs zu Unsicherheiten, wie Abweichungen von der vertraglich festgelegten Arbeitszeit zu handhaben sind. Dabei sind die Folgen der eingeführten Stundenzettel laut Rechtsanwalt Haßler eher gering und schwerpunktmäßig tatsächlich auf die Dokumentation der Einhaltung des Mindestlohns und des Arbeitsschutzrechts beschränkt. Decke das Formular der Univerwaltung zur minutengenauen Abrechnung auf, dass die vorgesehenen Arbeitsstunden nicht zur Erfüllung der Aufgabe ausreichen, sei eine geeignete Überstundenreglung längst überfällig. Hätte der Hiwi hingegen nach der Erfüllung seiner Aufgaben noch Arbeitsstunden über, wäre der Arbeitgeber im Annahmeverzug und müsste diese Stunden trotzdem bezahlen.

Aber was ist Annahmeverzug? Haßler verweist an dieser Stelle auf das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Dieses schreibt grob zusammengefasst fest, dass Teilzeitarbeitskräfte die gleichen Rechte und Pflichten wie Vollzeitbeschäftigte haben. Das Recht auf ein verlässliches Einkommen – für viele Hiwis nicht unerheblich, da das Gehalt zur Finanzierung der Nebenkosten des Studiums gebraucht wird – gehört dazu. Insbesondere zitiert Haßler Paragraph 12, Absatz 1, wonach die standardmäßigen Hiwi-Jobs als Arbeit auf Abruf (oder formal gemäß Arbeitsanfall) definiert sind. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Arbeitnehmer in dem Umfang zu bezahlen, wie es vertraglich vereinbart ist. Wenn der Arbeitnehmer die Arbeit schneller als erwartet erledigt und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine weiteren Tätigkeiten übertragen will oder kann, muss er dem Arbeitnehmer trotzdem den vollen Lohn bezahlen.

Im Zusammenhang mit den Stundenzetteln betont der Rechtsanwalt auch mehrfach, dass auf allen Stundenabrechnungen die tatsächlich geleistete Stundenzahl anzugeben sei, da absichtlich eingetragene Abweichungen einen Arbeitszeitbetrug darstellen und eine fristlose Kündigung sowie Schadenersatzansprüche zur Folge haben könnten.

Ein weiteres Thema, über das viele Hiwis vermutlich nicht Bescheid wissen, ist ihr Urlaubsanspruch. Hierzu erklärt Haßler, dass Studierende mit Minijob (gemäß Paragraph 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz) genau wie Vollzeitbeschäftigte sowohl einen Anspruch auf Urlaub als auch auf Entgeltfortzahlung haben, welche beispielsweise im Krankheitsfall erfolge. Weiter lege das Bundesurlaubsgesetz vier Wochen Mindesturlaub pro Jahr fest. Wie sich diese jedoch auf die meist auf vier Monate befristeten Verträge der Hiwis umrechnen ließen und wie die Regelung tatsächlich umgesetzt werden könne, sei eine Frage für eine Interessenvertretung der studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräfte.

Der offensichtlichste Vertreter für diese Interessen wäre der wissenschaftliche Personalrat der Universität. Ein Gespräch mit diesem ist geplant.

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