Dieses Jahr gibt es zum ersten Mal seit Langem kein Campus Open Air Lübeck. Über den Grund ist an dieser Stelle des Öfteren geschrieben worden: es fehlt an Freiwilligen. Dies trifft nicht nur das COAL, es ist nur das prominenteste, sichtbarste Opfer. Alle Veranstaltungen kämpfen um Helfer. P++ hat, Party für Party, Mühen die Thekenschichten zu füllen. Die Fachschaft MINT kann effektiv nur die Hälfte ihrer Studiengänge vertreten; es gibt im StuPa wenige, die sich nicht auch noch in Mehrfachbesetzung für andere Gruppen einsetzen. Die AStA-Finanzen standen im September kurz vor dem Zusammenbruch und auch diese Zeitung lässt keine Ausgabe ungenutzt darauf hinzuweisen, dass wir mehr Autoren brauchen.

Dass es an Mitarbeitern fehlt, erscheint paradox, haben die Uni und die FH zusammen doch viel mehr Studenten als jemals zuvor. Warum finden sich immer weniger Studenten, die ehrenamtlich helfen möchten?

Ist vielleicht sogar die Größe der Grund, warum die Hilfsbereitschaft nachlässt? Je größer die Gruppe ist, der man zugehörig ist, desto anonymer, amorpher, erscheint diese Gruppe auch und desto weniger erscheint es einem sinnvoll, seine persönliche Zeit zu investieren um dieser amorphen Gruppe zu helfen.

Auf dieses Problem weist die Psychologie schon lange hin und Mancur Olson hat verschiedene Gründe dafür in seinem Buch „Logik des kollektiven Handelns“ zusammengefasst. Neben Trittbrettfahrern, welche die Vorteile nutzen, aber nicht beitragen möchten, als Problem weist Olson auf das Trivial-Contribution-Problem hin. Hier ist die Größe der Gruppe der Grund dafür, dass die Notwendigkeit oder Sinnhaftigkeit des eigenen Beitrags schwerer zu erkennen ist. Deshalb ist auch die Motivation geringer, einen Beitrag zu leisten. Vielleicht ist es zu früh schon jetzt den Notstand auszurufen, doch vielleicht hat die Uni Lübeck, ironischerweise mit dem Studiengang Psychologie, den Sprung von dem, was Olson eine mittelgroße Gruppe nennt (in der diese Probleme nicht wirklich auftreten), zu dem, was er eine latente Gruppe nennen würde, gemacht.

Im Sommer droht dieser Universität der alljährliche Prüfstein der Beteiligung: die Gremienwahlen. Dieses Mal mit noch mehr Fachschaften und mit noch mehr studentischen Mitgliedern, zum Beispiel im größer gewordenen Senat (vier Studierende). Vom geplanten Erweiterten Senat, der mit 16 Studenten zu Buche schlagen soll, ganz zu schweigen. Die Durchführung der Wahl bedeutet auch, dass sich Freiwillige finden müssen, die die Wahl durchführen. Darunter ein Wahlauschuss und viele Wahlhelfer, die ein paar Tage an den Urnen sitzen und nachher die Stimmen auszählen. Und schlussendlich bleibt die Wahl selbst, an der teilzunehmen für jeden Studierenden eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Die Beteiligung ist dort über die letzten Jahre von fast 45 Prozent (2010) auf 25 Prozent (2015) gefallen, während die Anzahl der Studierenden wuchs. Mancur Olson lässt grüßen.

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