Gerade im Notarztdienst werden vermehrt selbstständige Honorarärzte eingesetzt.Flickr Foto "Notarzt Lübeck" von OnkelKrischan unter einer Creative Commons ( BY ) Lizenz

Gerade im Notarztdienst werden vermehrt selbsständige Honorarärzte eingesetzt.

Selbstbestimmtes Arbeiten mit flexibler Gestaltung der Arbeitszeiten inklusive verbessertem Einkommen sowie neuen Erfahrungen und das Ganze noch ohne bürokratischen Aufwand! Es klingt schon verlockend, was die Vermittlungsagenturen für Honorarärzte versprechen. Grund genug sich das mal anzuschauen und zu fragen: „Wie wird man eigentlich Honorararzt? Und lohnt sich das überhaupt?“

Im Gegensatz zu Honorarprofessoren tragen Honorarärzte ihren Namen tatsächlich, weil sie dafür bezahlt werden. Sie sind nämlich Ärzte, die – anstatt in einer Klinik fest angestellt oder selbständig in einer Praxis zu arbeiten – ihre Tätigkeit als selbständige Unternehmer gegen Honorar bei ständig wechselnden Auftraggebern anbieten. Eine Klinik oder Praxis, die gerade einen personellen Engpass durchstehen muss, kann also über eine der vielzähligen Agenturen zumindest kurzfristig Ersatz finden. Mittlerweile beschäftigen laut Deutschem Krankenhausinstitut (DKI) zwei Drittel der deutschen Krankenhäuser diese „Leihärzte“ und der Bedarf steigt weiter. Für die Versorgung an sich macht das kaum einen Unterschied, da die meisten Honorarärzte bereits ihre Facharztausbildung absolviert haben und auch innerhalb dieses Gebiets vermittelt werden. Die Vermittlung dieser Dienste, die häufig nur ein paar Tage dauern, läuft meist über spezialisierte Agenturen auf Kosten der Klinik. Auch die Einsatzgebiete sind vielfältig: Von der Urlaubsvertretung auf Station über den Bereitschaftsdienst der niedergelassenen Ärzte bis hin zum Notarzt-Einsatz im Rettungsdienst ist alles dabei. Ebenso variabel ist der Einsatzraum. Man kann sich im Heimatkreis, aber auch bis nach Großbritannien vermitteln lassen. Diese hohe Flexibilität und die vielseitigen Arbeitsmöglichkeiten sind es wohl, die zu einem steten Anstieg dieser Freiberufler geführt haben. Nach Angaben des Deutschen Ärzteblatts waren bereits 2010 über 4000 Ärzte hierzulande außerhalb eines Angestelltenverhältnisses oder einer Praxis tätig. Und ihre Zahl steigt weiter, denn nicht zuletzt durch den in vielen Fachrichtungen herrschenden Ärztemangel steigt auch die Nachfrage immer weiter an.

Die meisten Honorarärzte arbeiten in der Anästhesiologie und in den kleineren, spezialisierten operativen Fächern sowie der allgemeinmedizinischen Versorgung. Äußerlich sind diese für den Patienten nicht von „normalen“ Ärzten zu unterscheiden. Wenn überhaupt, dann durch die Bezeichnung „BV-H e.V.“ auf dem Namensschild – dem Kürzel des „Bundeverbands für Honorarärzte“, also ihrer Gewerkschaft. In einem Punkt unterscheiden sie sich dann aber doch gewaltig: Honorarkräfte verdienen je nach Fachrichtung und Weiterbildung sehr viel mehr Geld als ihre festangestellten Kollegen in gleicher Position. Dies liegt vor allem daran, dass sie nicht nach festem Tarif bezahlt werden, sondern ihr Gehalt und ihre Arbeitszeiten mit dem Auftraggeber direkt aushandeln. Die Bezahlung wird also von Angebot und Nachfrage bestimmt, wobei bedingt durch den vielerorts herrschenden Ärztemangel das Angebot gering ist, die Nachfrage aber immer weiter ansteigt. Betrachtet man die Gehälter pro tatsächlicher Arbeitszeit – also inklusive Überstunden – verdient ein Honorararzt laut einer Umfrage unter BV-H-Mitgliedern gut und gerne das Doppelte im Vergleich mit einem angestellten Kollegen in einem kommunalen Krankenhaus.

Doch ganz so einfach ist das natürlich auch wieder nicht, denn es bestehen weiterhin Unklarheiten, was zum Beispiel den Versicherungsschutz angeht. Viele der eigentlich selbständig Tätigen wurden vom deutschen Rentenversicherungsbund als „scheinselbstständig“ eingestuft, da sie ja die gleiche Arbeit machen wie die festangestellten Kollegen und weder eigenes Kapital einsetzen, noch ein Unternehmensrisiko tragen müssen. In der Folge mussten sowohl Ärzte als auch Kliniken rückwirkend hohe Summen an Sozialversicherungsbeträgen bezahlen. Oft gibt es außerdem Schwierigkeiten bei den Abrechnungen sogenannter Wahlleistungen, die durch Leihärzte durchgeführt wurden. Diese können laut einem Gerichtsurteil nur von festangestellten Ärzten erbracht werden. Selten ist genau geregelt, über welche Befugnisse diese oft als Aushilfskräfte eingesetzten Mediziner überhaupt verfügen. Und für Arbeitsverhältnisse von wenigen Tagen Dauer wird dies nicht immer überprüft, wodurch das Risiko haft- oder arbeitsrechtlicher Konsequenzen für beide Parteien ansteigt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Honorararztwesen noch recht jung und daher rechtlich nicht in allen Einzelheiten abgeklärt ist, vor allem was arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Fragen angeht. Durch die hohe Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeiten und -platz sowie die deutlich besseren Verdienstaussichten bleibt die Tätigkeit als freiberuflicher Arzt weiterhin für viele Mediziner attraktiv.

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