Ein klares Meinungsbild.Bjarne Witten

Ein klares Meinungsbild.

Das Studierendenparlament zeigte sich überrascht, als von den studentischen Vertretern des Senats am 8. April verkündet wurde, dass die Umbenennung der Universität zu Lübeck kurz bevor stehe. Wie wir bereits in einem Online-Artikel berichteten, äußerten sich daraufhin Vertreter des AStA und auch der StuPa-Präsident empört darüber, dass die studentischen Gremien nicht von Beginn an in den Entscheidungsprozess eingebunden waren. Erst zwei Tage vor der entscheidenden Senatssitzung traf sich Präsident Lehnert auf Nachfrage der Studierendenschaft mit StuPa-Präsident Steffen Drewes und dem AStA-Vorsitz, um über die Planungen zu sprechen. Diese Kurzfristigkeit erweckte den Eindruck, dass eine Einbeziehung der Studierenden seitens des Präsidiums nicht von Beginn an geplant war, wodurch sich die Studierendenschaft übergangen fühlte. Der Eindruck verstärkte sich noch bei der Betrachtung der Tagesordnung der Senatssitzung für den 15. April in Tagesordnungspunkt (TOP) 9, die kurz nach dem Treffen entschärft wurde: Anstelle eines „Beschlusses zur Namensänderung“ wurde eine „Stellungnahme“ angekündigt.

Wie beschlossen wirkte trotzdem die Vehemenz, mit der sich in der Sitzung für den Namen „Thomas Mann“ eingesetzt wurde. Präsident Lehnert eröffnete im ungewohnt vollen Hörsaal H4 die Diskussion zur Namensänderung und betonte die Wichtigkeit, einen Konsens in dieser Frage anzustreben. Unterstützung fand er von Seiten der anderen Präsidiumsmitglieder, insbesondere von Professor Hartmann und Professor Buzug. „Thomas Mann“, so Lehnert, sei für sein weltoffenes, tolerantes, liberales und internationales Weltbild bekannt und somit als Namensgeber ein „guter Startblock für die Stiftungsuni“. Politische Vertreter von Stadt und Land hätten sich ebenfalls positiv für diesen Namen ausgesprochen. Der Name „Thomas-Mann-Universität zu Lübeck“ bringe die Uni in eine neue Liga von Universitäten, die sich nicht mehr so einfach schließen ließen, so Lehnert. Thomas Mann stehe für mehr als nur sein literarisches Werk, ergänzte Prof. Dr. Wißkirchen, Präsident der Deutschen Thomas Mann-Gesellschaft, der als Fachkundiger zu der Senatssitzung eingeladen wurde. Es gäbe viele Bilder von Thomas Mann, die ihn als naturwissenschaftlich und medizinisch interessierte Persönlichkeit darstellen. Insgesamt, so Lehnert, sei es eine ergebnisoffene Diskussion zwischen den Alternativen „Universität zu Lübeck“ und „Thomas-Mann-Universität zu Lübeck“. Andere Vorschläge schienen nicht gefragt zu sein. Die Anmerkung eines Senators, dass Persönlichkeiten wie Günther Grass oder Willy Brandt auch gut geeignet wären, wurde mit der Begründung einer mehrheitlichen Entscheidung innerhalb des Präsidiums abgetan. Auch das Argument, dass durch die Umbenennung gewisse Kosten anfallen würden, wurde vom Präsidenten als „verschmerzbar“ zurückgewiesen.

Der stärkste Widersacher des Vorschlags war neben den Studierendenvertretern jedoch Professor Westermann. „Ich bin dagegen“, sagte er klar. Die Universität zu Lübeck sei bereits eine eigene Marke für Forschung und Lehre und besitze ein einzigartiges Profil. „Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint – ein Name wirkt immer auf den ersten Blick. Thomas Mann ist geisteswissenschaftlich“, so Westermann. Man würde sich als etwas verkaufen, was man im Inneren nicht sei. Außerdem warnte er vor einer falschen Selbsteinschätzung. Von Seiten der Studierendenvertreter kamen unterstützende Töne. Die Außenwahrnehmung sei ein Aspekt, der zwar vielleicht für das Sammeln von Stiftungsmitteln hilfreich sein könne, aber, so Justus Ullrich: „Was ist mit der Identifikation nach innen?“ Vorschläge der Studierendenschaft sollten auch in die Betrachtungen einbezogen werden.

Als Zuschauer hatte man zeitweise Probleme keinem der Senatoren ins Wort zu fallen. Insbesondere als es um die Frage einer zeitlichen Verschiebung der Namensentscheidung ging. „Jetzt oder gar nicht!“, entgegnete Professor Hartmann auf den Einwand des studentischen Senatsmitglieds Christoph Leschczyk, dass keine Eile bei der Entscheidung geboten sei. Es ergebe keinen Sinn, die Universität erst in fünf Jahren umzubenennen. Warum, wurde nicht erwähnt.

Thomas Mann als Namensgeber?Bjarne Witten

Thomas Mann als Namensgeber?

Wir wollten daraufhin wissen, wie die nicht gefragten Studierenden zu dieser Frage stehen und haben deshalb eine Umfrage in der Mensa durchgeführt. Bei den Befragten stieß das Thema auf breites Interesse. Viele zeigten sich interessiert ihre Meinung zur geplanten Namensänderung abzugeben. Hierbei hielten 80% der 203 Befragten Thomas Mann nicht für eine gute Wahl als Namensgeber für die Universität. 83% aller Befragten identifizieren sich selbst mit dem Namen „Universität zu Lübeck“. Und 84% sprachen sich dafür aus den Namen „Universität zu Lübeck“ beizubehalten. 8% der Befragten sprachen sich hingegen positiv für den Namen „Thomas Mann-Universität zu Lübeck“ aus. Interessant waren auch die Vorschläge, die die Befragten als Alternativen eingetragen hatten. So fand sich der Vorschlag „Hanse-Universität zu Lübeck“ an erster Stelle, gefolgt von dem vor Jahren geänderten Namen „Medizinische Universität zu Lübeck“ und der „Sieben Türme-Universität“. Auch einige berühmte Lokalpersönlichkeiten fanden Einzug in die Liste der Namensvorschläge – unter ihnen die Professoren Enno Hartmann und Till Tantau. Zudem sollte eine Betrachtung anderer großer Namen aus der Lübecker Geschichte nicht außen vor gelassen werden. Cornelia Schorer beispielsweise lebte von 1863 bis 1939 und war die erste Frau aus Lübeck, die promovierte Ärztin wurde, damals natürlich noch nicht an der Universität zu Lübeck. Ex-Präsident Peter Dominiak verwies bei Twitter auf den Lübecker Universalgelehrten Joachim Jungius, der zwischen 1587 und 1657 wirkte. In einer ergebnisoffenen Diskussion über andere Namensvorschläge könnte man also noch viele gute Alternativen finden.

Der AStA plant eine große Umfrage unter allen Statusgruppen der Universität, um ein umfassendes Meinungsbild zu dieser wichtigen Frage zu erhalten. „Nun sollte man sich auf das Inhaltliche konzentrieren und über das Formelle hinwegsehen“, hieß es bei der Senatssitzung abschließend noch von Seiten des Präsidiums in Richtung der Studierendenvertreter. Um die ergebnisoffene Diskussion zu vertiefen, sollen in den folgenden Monaten für Studierende und Mitarbeiter Informationsveranstaltungen vom Präsidium zum Thema „Thomas Mann“ abgehalten werden. Dann könnte hier auch Ihre Werbung stehen…

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