In Kooperation mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten und Lübecker Kulturförderer Björn Engholm hat das Technikzentrum Lübeck den Debütroman „ImPuls der Stadt“ der hiesigen Autorin Hanne Tech veröffentlicht. Die Werbetrommel wird eifrig gerührt: Eine eigene Homepage und Facebook-Seite sind eingerichtet. Unter anderem im „Haus der Wissenschaft“ – welches im Roman häufiger Erwähnung findet – wurde der Roman vorgestellt. Grund genug für euch, einen Blick in das knapp 250 Seiten starke Buch zu werfen.

Der Schauplatz des Buches

Der Schauplatz des Buches[media-credit id=51 align="aligncenter" width="640"]


Das Leben der 39-jährigen Christiane könnte schlechter nicht laufen. Ihrem kleinen Filmunternehmen „HanseHERZ“ gehen die Aufträge aus und ein erhoffter Dreh wird abgesagt. Von ihren Eltern, die Oberhäupter einer bekannten wohlhabenden Lübecker Bürgerfamilie sind, bekommt sie keine Wertschätzung für ihre Arbeit und sie trauen ihr keine Übernahme der Familiengeschäfte neben ihren Brüdern zu. Auch die Ehe mit ihrem Gatten Lars ist eingeschlafen: Während er sich völlig auf den Bau eines Krankenhauses in Bolivien konzentriert, flüchtet Christiane sich in eine Affäre. Nicht zuletzt das oberflächlich gewordene Verhältnis zu ihrer Tochter Vanessa, die sich mit ihren 19 Jahren nicht stärker von den biederen, konservativen Großeltern unterscheiden könnte, macht ihre Midlife-Crisis komplett.

Selbst als der langersehnte Riesenauftrag an Christianes Firma geht, scheint es nicht besser zu werden. Sie steht vor der Aufgabe einen Image-Film für den Lübecker Tourismusverband zu drehen. Aber gute Ideen sind rar, denn Holstentor und Co. hat schließlich jeder schon tausendmal gesehen. Zum Glück gibt es die Rettung – in Form des TZL! Über Vanessas Freund bekommt sie Einblick in die Lübecker Technologie-Szene und Inspirationen für ihr Projekt. Doch es läuft nicht alles so perfekt, wie man es sich wünschen kann und weitere Probleme bahnen sich an…

Beim ersten Lesen des Rückentextes war die Befürchtung groß, eine 250-seitige Werbebroschüre für das TZL vor sich zu haben. Ganz frei von Eigendarstellung ist der Roman freilich nicht – die Beschreibungen des TZL, des BioMedTec-Campus und der zugehörigen Firmen sind im Kontext der Geschichte teilweise unangenehm lang und detailreich, durchgehend positiv sowieso. Deutlicher lässt sich der Unterschied von „Vision, Start-Up und High-Tech“ zur Wirtschaft und konservativen Gesellschaft kaum darstellen. Dadurch erhält man einen guten Überblick über das Technikzentrum; in der Hoffnung, dass die Realität ebenso vor Ideen, Energie und Motivation strotzt wie im Buch.

Doch den Roman auf TZL-Werbung zu reduzieren ist ungerechtfertigt, denn inhaltlich und stilistisch hat er einiges mehr zu bieten. Die Sorgen und Gedanken Christianes (und einiger anderer Charaktere, zu deren Blickwinkel im Verlaufe des Romans gewechselt wird) werden auf überzeugende Art und Weise beschrieben – es fällt nicht schwer, sich in die Figuren und in die Geschichte hineinzuversetzen. Letzteres klappt auch zu großen Teilen durch die bekannte Kulisse, die sehr detailreich und realistisch umschrieben wird. Sei es die Campus-Suite, das MFC oder der Abendspaziergang durch die Altstadt, der im Blauen Engel endet. Dadurch wirkt die Geschichte umso realistischer. Die Geschichte ist in drei Abschnitte aufgeteilt: Krise, Hoffnung und Aufbruch, die die Grundstimmung bestimmen und an die Spannungspyramide der Akte klassische Dramen erinnern, obwohl in diesem Falle die Wende eher zum Guten geschieht. Zwischenzeitliche, auch spannende und unvorhersehbare Wendungen in der Geschichte sorgen aber dafür, dass sie nicht zu linear wird.

Insgesamt also eine unterhaltsame, phasenweise spannende Geschichte, leider mit dem leicht bitteren Beigeschmack der Selbstdarstellung des TZL. Darüber hinwegsehend ist der Roman eine schöne, leichte Lektüre als Abwechslung zum Uni-Alltag. Eigentlich schade, dass das Ergebnis von Christianes Projekt nicht Realität ist – ich hätte es gerne gesehen.

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