Aus universitären Kreisen wurde verlautbart, dass die Universität zu Lübeck (Stiftungsuniversität seit 2015) die Verleihung eines weiteren Ehrendoktortitels plant. Dies wäre der erste diesbezügliche Titel, der von dem neuen Präsidenten Prof. Lehnert verliehen wird. Die Universität plant dabei ein Novum, das derartig in Deutschland einzigartig ist. Internen Dokumenten zufolge, die dem StudentenPACK exklusiv vorliegen, will die Universität dem gesamten Senat die Doktorwürde ehrenhalber verleihen.

Begründet wurde der ungewöhnliche Schritt als Reaktion auf die aktuelle Kontroverse mit Prof. Dr. Winfried Stöcker, Gründer und Vorstand der Lübecker Firma EUROIMMUN. Die rassistischen Aussagen, die Prof. Stöcker in einem Interview der Sächsischen Zeitung geäußert hatte, drohten der frisch umgewandelten Stiftungsuniversität (seit 2015) einen neuen Skandal zu bringen. Der 68-jährige Unternehmer trägt an der Universität den Titel einer Honorarprofessur und ist mit seinem Firmenkapital ein wichtiger Stifter. Liest man die Universitätssatzung, ergeben sich zwei Möglichkeiten, diese Honorarprofessur wieder zu entziehen: Entweder, weil über zwei Semester keine Lehre durchgeführt wurde, oder aus Gründen, die einen Beamten aus dem Dienst entlassen würden. Während der AStA in einer früheren Pressemitteilung den Entzug der Honorarprofessur forderte, ist der Senat damit zurückhaltender.

Auf Nachfrage antwortete der Senatssprecher Uwe Schmidt, durch die beharrliche Einstellung, dieses Problem einfach auszusitzen, habe der Senat einen größeren Image-Schaden von der Universität abgewendet. „In der Tat hat der Senat maßgeblich dazu beigetragen, dass Lübeck seinen guten Stiftungsuni-Ruf behält und sich die Universität sich somit auch ihr Fundament sichert.“, so Schmidt. „Die Äußerungen von Herrn Professor Stöcker sind natürlich nicht tragbar“, gesteht Schmidt weiter, „wir haben aber Glück, dass die Verbindung zwischen uns und Stöcker kaum in den Medien Erwähnung findet.“ Ginge es nach der Universität, solle das auch so bleiben. Für sie kommen die Äußerungen nämlich denkbar ungünstig: „Selbstverständlich distanzieren wir uns voll von Prof. Stöckers Ansichten, aber in Zeiten, in denen eine Stiftungsuniversität für ihr Fundraising in gutem Licht erscheinen muss, können wir uns den Medienrummel nicht leisten – da muss man Prioritäten setzen“, betonte Schmidt.

Der Senat habe sich deshalb dazu entschieden, zunächst abzuwarten. Er wartet nun auf die Ergebnisse diverser Verfahren gegen Stöcker, darunter eine Anzeige wegen Volksverhetzung vom Zentralrat der afrikanischen Gemeinde in Deutschland. „Mit etwas Glück dauern diese Verfahren aber so lange, dass sich kein Mensch mehr an die Causa erinnert.“

Der Senat blickt bereits auf weitgehende Erfahrung zurück. „Das mit dem Aussitzen hat auch damals schon bei der #Schavan geklappt“, twittert Thomas Huber, ehemaliger Universitätspräsident. Auch die Studierendenschaft hält sich zurück. „Wir waren total überrascht“, sagte Senatsvorsitzender Andreas Wagner, „als das Interview mit Herrn Prof. Stöcker veröffentlicht wurde, haben wir einen großen Ansturm an Entrüstung seitens der Studierenden befürchtet, wenn man ihren sonstigen Einsatz gegen Rechts bedenkt. Zwar gab es einige Bedenken seitens der studentischen Vertreter im Senat, nachdem diese von uns als naiv abgestempelt wurden, haben sich aber auch diese aufgelöst.“

Jeder einzelne Senator, der sich nicht für konsequentere und härtere Reaktionen gegen die rassistische Einstellung Stöckers eingesetzt hat, habe damit also das Image der Stiftungsuniversität (seit 2015) gerettet. „Die Vergabe des Ehrendoktortitels an das gesamte Gremium sehen wir deshalb als gerechtfertigt an.“

Es gäbe zwar noch die Möglichkeit Herrn Prof. Stöcker die Honorarprofessur aufgrund ausgebliebener Lehre zu entziehen, aber das wäre „absurd“ – „Das müssten wir dann ja bei jedem unserer Honorarprofessoren untersuchen!“ erwidert Wagner. Auf den Einwand hin, dass die übrigen drei Honorarprofessoren mit ihrer teils regen Lehrtätigkeit nichts zu befürchten hätten, gab es keine Antwort.

Der AStA hat derweil angekündigt, in diesem Jahr keine Sponsoring-Gelder von EUROIMMUN anzunehmen, die sonst Veranstaltungen wie dem COAL oder der Vorwoche zugutekommen. Winfried Stöcker selbst begrüßt die Pläne der Stiftungsuniversität (seit 2015): „Ich bin keinesfalls ein Opportunist, aber natürlich ist das auch in meinem Interesse. Wenn es gut läuft, kann ich schon im März wieder meine Gelder an die Uni fließen lassen!” Vielleicht wird es dann ja doch noch was mit dem Garnelen-Spießen auf dem Campus-Open-Air.

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