Jeden Monat erscheinen neue Ausgaben unzähliger wissenschaftlicher Journals, in denen neue Forschungsergebnisse publiziert werden. Die Leser können dieses Wissen dann verwenden, um zum Beispiel ihre eigenen Versuche darauf aufzubauen. Aus diesem Grund abonnieren Universitätsbibliotheken diese Fachzeitschriften. Die Preise für solche Abonnements sind mittlerweile jedoch so hoch, dass kleinere Bibliotheken oder solche in ärmeren Ländern sich diese nicht mehr leisten können. Allein die Lübecker Uni-Bibliothek gibt dieses Jahr laut Bibliotheksleiterin Rena Giese etwa 300.000 Euro für Online-Zugänge zu circa 160 medizinischen und biowissenschaftlichen Journals aus, für „nature“ und „science“ allein, die zu den renommiertesten gehören, jeweils um die 6000 Euro. Andere, wie zum Beispiel „cell“, könnten aufgrund der Kosten von über 10.000 Euro jährlich nicht mehr gehalten werden.

Hohe Kosten: Jährlich muss die Bibliothek einen Großteil ihres Budgets für Zeitschriften ausgeben.

 Hohe Kosten: Jährlich muss die Bibliothek einen Großteil ihres Budgets für Zeitschriften ausgeben.[media-credit name="Albina Schütz" align="aligncenter" width="645"]

Die großen Verlage haben bei der Preisbildung nahezu freie Hand. Der Preis für Institutionen wie etwa Universitätsbibliotheken orientiert sich zwar an der Anzahl der Studenten, jedoch können vor allem kleinere Einrichtungen der Preispolitik nichts entgegensetzen, da sie nach wie vor auf die Journale, die von den Dozenten als unentbehrlich erachtet werden, angewiesen sind. Dass mittlerweile im naturwissenschaftlich-technischen Bereich die fünf größten Unternehmen mehr als ein Drittel aller Zeitschriften verlegen, stärkt ihre Position weiter. Die größte Verlagsgruppe, Elsevier, erwirtschaftet jedes Jahr einen Gewinn in Milliardenhöhe. Dieses Geld kommt jedoch kaum der Wissenschaft, den forschenden Wissenschaftlern oder deren Kollegen, die ihre Veröffentlichungen im Peer-Review Verfahren Korrektur lesen, zu Gute. Während die Forschung aus öffentlichen Mitteln und Firmenspenden finanziert wird, arbeiten diese in der Regel unentgeltlich oder zahlen sogar eine Publikationsgebühr. Dass das häufig in Kauf genommen wird, liegt im Wesen der modernen Wissenschaft begründet, wo sich die Qualität der Arbeit direkt an der Anzahl der veröffentlichten Publikationen ablesen lassen soll („publish or perish“). Je höher dabei der sogenannte Impact-Faktor, das heißt je einflussreicher das Journal ist, desto besser. Auf dieser Grundlage werden dann viele Stellen und Forschungsstipendien vergeben. Insofern ist beinahe der gesamte Wissenschaftsbetrieb von ein paar wenigen großen Verlagen abhängig.

Dennoch, oder gerade deshalb, nehmen auch die Boykottaufrufe immer größerer Institutionen gegen die Verlage und ihre Preispolitik zu. Der Aufruf des Mathematikers William Timothy Gowers, der den Namen „The Cost of Knowledge“ trägt und dazu auffordert, Elsevier-Zeitschriften abzubestellen und die Mitarbeit an diesen unter den gegebenen Bedingungen zu verweigern, hat weltweit Aufsehen erregt und zur Zeit über 14.000 offizielle Unterstützer gefunden. So zum Beispiel auch die Mathematische Fakultät der TU München, die seit letztem Jahr keine Journals des Verlags mehr bezieht, auch, weil ihr die gewünschten Zeitschriften nur im Paket mit zahlreichen teuren Ladenhütern verkauft wurden. Ebenso bat bereits vor zwei Jahren die Bibliotheksleitung der Harvard University das gesamte Lehr- und Forschungspersonal, ihre zukünftigen Veröffentlichungen kostenlos zur Verfügung zu stellen, da die derzeitigen Kosten von 3,75 Millionen Dollar die Mittel übersteigen würden.

Dieses kostenlose Veröffentlichen wissenschaftlicher Publikationen existiert in der Open-Access-Bewegung schon seit mehr als zehn Jahren parallel zum klassischen kommerziellen Vertrieb. Open Access gewinnt seitdem immer mehr Beachtung und Einfluss. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass die Artikel für jedermann gratis zum Lesen, Kopieren und Zitieren zur Verfügung gestellt wird, während die meisten kommerziellen Publikationen für Privatpersonen 30-40 Dollar pro Artikel kosten. Außerdem behält bei Open-Access-Veröffentlichungen der Autor die Rechte an seinem Werk. Herausgegeben werden sie in Journalen wie der „Public Library of Science“ (PLOS), die zu den größten ihrer Art gehört und einflussreicher als manche etablierte kommerziell vertriebene Fachzeitschrift ist. Die Qualitätsstandards werden dabei durch ein ausgefeiltes Peer-Review-Verfahren ähnlich hoch gehalten. Die Bedeutung freier Publikationsmöglichkeiten ist so weit gestiegen, dass mittlerweile auch Projekte, die von vornherein auf die Open-Access-Veröffentlichung ausgelegt sind, von Fördergesellschaften, wie zum Beispiel der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG, unterstützt werden, wodurch zum Teil die auch hier benötigten, wenn auch niedrigeren, Publikationsgebühren zwischen 1000 und 2000 Dollar wegfallen.

Trotz dieser allgemeinnützigen Vorteile ist es den Open-Access-Zeitschriften noch nicht gelungen, den etablierten kommerziellen Journalen den Rang abzulaufen und ob sie das jemals schaffen können, ist fraglich. Schlussendlich muss jeder selbst entscheiden, ob er die Früchte seiner Arbeit lieber in einer großen Fachzeitschrift, wo sie unter Umständen auch mehr Beachtung finden könnte, lesen oder sie einem größeren Publikum umsonst zur Verfügung stellen möchte.

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