„Wir hängen an St. Petri“: Positive Werbung für die gesamte Wissenschaft in Lübeck.

„Wir hängen an St. Petri“: Positive Werbung für die gesamte Wissenschaft in Lübeck. [media-credit name="Lukas Ruge" align="aligncenter" width="645"]

Seit dem Jahre 2004 suggeriert der Name „Universitätskirche St. Petri“, dass es irgendetwas gibt, das unsere Universität mit dem alten backsteingotischen Teil des örtlichen Weltkulturerbes verbindet. Tatsächlich ist es kein Zufall, dass die Immatrikulationsveranstaltung der Erstis in der Innenstadt stattfindet. Sondern es ist Bestandteil einer Kooperation von Universität und Kirche mit dem angestrebten Ziel, Wissenschaft im bildlichen wie auch räumlichen Sinne in die Stadt zu tragen.

Hierfür scheint sich die Kirche optimal zu eignen. Denn nachdem das Gotteshaus im zweiten Weltkrieg stark zerstört worden ist, war nach dem späten Wiederaufbau in den 1980er Jahren die Innenstadt bereits in genug Gemeinden aufgeteilt. Man brauchte also keine neue Gemeindekirche und St. Petri wurde kurzerhand zur „Kirche für die ganze Stadt“ erklärt. Seitdem gibt es in Lübeck ein großes Gebäude mit schlichten, weißen Wänden, das für kulturelle Veranstaltungen jeglicher Art von der gesamten Lübecker Bevölkerung genutzt werden kann und soll.

Entgegen der mit dem Namen „Kirche“ implizierten Bedeutung, warten Menschen, die sonntags den Gottesdienst in St. Petri besuchen wollen, jedoch solange auf dessen Beginn, bis sie hungernd und frierend wieder nach Hause gehen. Denn da St. Petri keine Gemeinde hat, gibt es auch keinen Sonntagsgottesdienst. Stattdessen werden Literaturveranstaltungen, Kunstausstellungen und wissenschaftliche Veranstaltungen durchgeführt, wobei in letzteren neben den Geisteswissenschaften auch die in der Stadt sehr präsenten Lebenswissenschaften vertreten sind. Im Veranstaltungskalender sind zwei Paradebeispiele zu finden. Einmal jährlich findet „Uni im Dialog“ statt. Hier stellen Doktoranden bei großem Rahmenprogramm ihr Forschungsthema auf einem Plakat allgemeinverständlich vor. Bei den monatlich stattfindenden „Petrivisionen“, bei denen bekannte Gesichter der Wissenschaft Kurzvorträge halten, kooperiert St. Petri oft mit Hochschulinstituten. Auch die anderen beiden Lübecker Hochschulen, die Fachhochschule und die Musikhochschule, arrangieren kulturelle und wissenschaftliche Begegnungen in der Stadt.

Neben dem gemeinsamen Engagement bei öffentlichen Veranstaltungen vereint die Uni und die FH, dass beide ihre Examensfeiern in St. Petri abhalten. Auch sind sie zusammen mit der Musikhochschule auf die Idee gekommen, am gemeinsam genutzten Gebäude durch einen Banner mit der Aufschrift „Wir hängen an St. Petri“, Einigkeit zu zeigen. Dr. Bernd Schwarze, der Pastor der Unikirche, sieht in dem Plakat auch positive Werbung für die gesamte Wissenschaft in Lübeck, womit vielleicht auch Touristen neugierig auf die Stadt gemacht werden könnten. Daneben zahlen die Hochschulen freiwillig eine Miete für die Fläche des Banners zum Erhalt der Unikirche. Diese Miete ist besonders im Hinblick auf die 2,8 Millionen Euro teure Sanierung des Kirchturmes, die in den nächsten Jahren ansteht, gerne gesehen.

Wer nun denkt, dass die Kooperation von Uni und Kirche zugunsten der Stadt nur theoretisch funktioniert, irrt gewaltig. Denn neben dem selbst verliehenen Titel „Wohlfühlhauptstadt“ wurde Lübeck im letzten Jahr auch der jährlich vergebenen Titel „Stadt der Wissenschaft“ verliehen. Dieser wird dafür vergeben, dass die Wissenschaft einerseits über Wirtschaft und Kultur vermittelt und angewandt wird, und andererseits, dass sie in der Öffentlichkeit als aktuelles Thema wahrgenommen wird.

Einen wesentlichen Teil zu diesem Erfolg tragen wohl die Hochschulen bei, zum Beispiel die Universität, die sich mit ihrer Ausrichtung auf die Lebenswissenschaften optimal mit Medizintechnikfirmen wie Dräger oder Euroimmun ergänzt. Ebenso lobt Pastor Dr. Schwarze die Hochschulkultur mit Elementen wie dem Uniorchester, dem Unichor, den Pop-Symphonics, der Theatergruppe und auch verschiedenen studentischen Literaturveranstaltungen wie „7 Tage, 7 Türme, 7 Bücher“, die existieren, obwohl unsere kleine Universität eher naturwissenschaftlich ausgerichtet ist. Das Gebäude, das die Wissenschaft der Bevölkerung näherbringt, ist jedoch weniger das Audimax, sondern vielmehr St. Petri.

Und so bleibt zu erwarten und auch zu wünschen, dass unsere Universitätskirche als Symbol erhalten bleibt und die Verbreitung der Wissenschaft in der Stadt fördert. Und es ist abzusehen, dass alle neuen Studenten der Uni solange dort immatrikuliert werden, bis der Turm einstürzt. Und das wird hoffentlich nicht so schnell passieren.

Noch keine Kommentare, sei der Erste!