Irgendwann einmal, vor langer, langer Zeit in einer weit entfernten Galaxis, gab es noch keine Vorwoche. Irgendwann entwickelte sich eine Vorwoche mit ein paar Veranstaltungen. Diese wurden mehr und mehr und immer mehr, bis es jeden Tag mindestens eine Veranstaltung gab. Dieses Jahr begann der Mathe-Vorkurs schon zwei Wochen vor den eigentlichen Vorlesungen. Die Vorwoche sind nun – de facto – Vorwochen. Vorwochen brauchen ein Vorwochenprogramm. Um den Schnitt halten zu können, müssen wir uns nächstes Jahr sieben neue Veranstaltungen für die Erstis ausdenken. Niemand weiß, wo es enden wird.

Vier Wochen, acht Wochen, 16 Wochen, beginnt die Vorwoche vielleicht irgendwann parallel zur zehnten Klasse? Dieses Jahr gab es auch mehr Studenten denn je, in mehr Studiengängen denn je. Und schon im nächsten Jahr drohen uns drei neue Studiengänge! Wir lassen uns teurere und größere Gebäude auf den Campus pflanzen, die in Rekordzeit hochgezogen und von mehr Wissenschaftlern denn je besetzt werden. Und was bringt uns das ganze Höher, Schneller und Weiter, die Umbenennung in Felix-Baumgartner-Universität zu Lübeck zum 50. Geburtstag der Uni nächstes Jahr? Warum?

Ist es eine Midlife-Crisis? Das soll mit 50 Jahren schon mal vorkommen. Da ist es nicht ungewöhnlich, dass das Bedürfnis entsteht, einfach mal was Verrücktes zu tun. Warum nicht einfach eine Ehrendoktorwürde an eine amtierende Forschungsministerin kurz vor der Landtagswahl vergeben? Da soll noch mal jemand sagen, man sei auf seine alten Tage berechenbar geworden!

Oder ist es, weil sich die Uni einfach nicht beachtet fühlt? Als Silke Mählenhoff von den Grünen für die Lübecker Bürgerschaft kandidierte, wurde sie im LN-Forum gebeten, die Hochschulen der Stadt aufzulisten. Sie vergaß die Uni. Und wenn uns sogar die Lokalpolitik vergisst, wie soll uns dann erst die Landesregierung im Gedächtnis behalten? Eine Stiftungsuni dagegen kann man nicht ignorieren. Der Landtag muss einer Stiftungsuni ein Stiftungsgesetz zurechtschneidern, muss sie diskutieren. Die Landesregierung ist sogar im Stiftungsrat vertreten. Unignorierbar.

Fühlt sich die Uni etwa einfach nicht geliebt? Vielleicht würde es helfen, noch einen Studiengang mehr zu gründen, ein Gebäude mehr zu bauen, ein Forschungsprojekt mehr zu akquirieren, sich in einem Ranking zu verbessern, die Forscher mehr Preise gewinnen zu lassen. Vielleicht wird die Regierung sie dann endlich lieb haben.

Forscher in den USA vermuten, dass dieses Verhalten ein klassisches Kompensationsverhalten sei. Fakt ist: Die Uni Lübeck ist eine Uni mit kurzen Wegen. Umfragen haben zwar gezeigt, das StudentInnen das Studienplatzangebot, die Lage und den Humor für viel wichtiger halten als die Länge der Wege, aber wer glaubt schon solchen Umfragen? Kurze Wege kompensiert man durch Einsatz. Aber was, wenn die Performance leidet? Die Uni ist bald 50 Jahre alt, sowas soll vorkommen. Noch hat sich das CHE nichts anmerken lassen, aber was ist wenn? Die Uni-Köln hat legendär lange Wege. Was bleibt einem dagegen als kleine Uni noch, als an der Verbreiterung des Studienangebots zu arbeiten und zu beweisen, dass man noch ein Gebäude hoch kriegt, wenn es darauf ankommt?

Gut, dass wir jetzt Psychologen hier haben.

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